Mecklenburg⸗Strelitz. Seine Königliche Hoheit der Erbgroßherzog ist vor— gestern aus St. kee. wieder in Neustrelitz eingetroffen.
Desterreich⸗ Ungarn.
Der Kaiser ist gestern mit dem Erzherzog Wilhelm und den fremden Militär⸗Attachés zur Inspizierung der Truppen in Bruck a. d. Leitha eingetroffen. Zum Empfang waren der Korps⸗Kommandant sowie die Spitzen der Behörden anwesend. Nach Entgegennahme militärischer Meldungen begab sich der r fer nach dem Uebungsplatz, wo Allerhöchstderselbe mit großer Aufmerksamkeit die Ge⸗ fechtsübung des Kaiser Alexander⸗ Regiments, die taktischen Uebungen des Jellacic⸗ Regiments sowie die Exerzitien des Korpsartillerie⸗ Regiments verfolgte. Der Kaiser sprach dem ‚W. T. B.“ zufolge sowohl dem Offizierkorps wie den Mannschaften seine vollste Anerkennung und Zu—⸗ friedenheit aus. .
Der Prinz⸗Regent Luitpold und die Pxinzessin Therese von Bayern sind gestern Abend von Wien nach München zurückgekehrt. . c
Der Kronprinz und die Kronprinzessin von Griechenland sind mit den Prinzen Georg und Alexander gestern Vormittag in Wien eingetroffen und . gestern Abend die Reise nach Frankfurt a. M. fort⸗
etzt. ; ttzꝛach der „Politischen Korrespondenz“ hat der serbhische Gesandte Simic am Montag dem . Auswärtigen ngen Kälnoky den Verfassungswechsel in seinem Lande notifiziert. .
Im österreichischen Abgeordnetenhause erklärte gestern bei der Debatte über das Budget des Ju stiz⸗Ministe riums der Justiz-Minister Graf Schönborn, die Regierung werde das Zustandekommen des von dem Ausschuß des Herren⸗ hauses abgeänderten Ratenhandelsgesetzes eifrigst, fördern. Ein Gesetzentwurf über Friedensgerichte und ein damit zusammenhängender Gesetzentwurf über Gemeinde⸗-Einigungs— ämter sei fertiggestellt, ein Entwurf über die Er⸗ richtung von Trinkerasylen werde vorbereitet. Gegenüber den Ausführungen des Abg. Gregr in der Sitzung ö 10. April, der denjenigen Mitgliedern der Regierung, welche auch dem früheren ine angehörten, Inkonsequenz vorgeworfen habe, wies der Men darauf hin, daß der Koalitions⸗ gedanke schon unter der Regierung des Grafen Taaffe praktisch angewendet und ö die Zurückstellung politischer Streitpunkte sowie die Schaffung wirthschaft⸗ licher Gesetze zum Programm erhohen worden sei. Der Justiz-Minister wies ferner die Behauptung des Abg. Vasaty zurück, daß die Konfiskation der Abdrücke von den in nichtdeutscher Sprache gehaltenen Reichsrathsreden nur auf eine Bosheit des Justiz-Ministers zurückzuführen sei. Eine solche Rancune würde ein Schurkenstreich sein, den ihm niemand zumuthen werde. Hinsichtlich des Omladinaprozesses erklärte der Minister, es sei aus verschiedenen, nicht bloß amtlichen Berichten zu ersehen, daß die Ange—⸗ klagten ihrem leidenschaftlichen Sinne und Trotze gegen die Richter so heftig Ausdruck gegeben hätten, daß jeder Unpar⸗
parteiische dem Präsidenten in jenem . alles Andere eher r
vorwerfen könne, als eine zu scharfe Behandlung der An⸗ geklagten. (Der Minister wurde hierbei wiederholt, von den Jungezechen unterhrochen. Der Abg. Sokol erhielt einen Ordnungsruf). Der Minister versicherte, daß gegen die Angeklagten mit möglicher Schonung vorgegangen worden sei; man solle sich durch das Mitleid für die jugendlichen Angeklagten nicht zu Ungerechtigkeiten verleiten lassen. Im letzten Jahre seien Konfiskationen von Zeitungen haufiger als früher vorgenommen worden; den Anlaß hierzu habe die unruhige Stimmung in Böhmen gegeben, wo die fortwährenden Aufreizungen der . nicht . werden dürften. In diesem Jahre habe sich die Zahl der Beschlagnahmungen ver⸗ mindert. Der Minister bat schließlich, die Justizverwaltung bei der Erreichung ihres Zieles: Reform des materiellen und prozessualen Rechts, zu unterstützen. Die Interpellation über die Angelegenheit Deckert könne er jetzt noch nicht beantworten, doch werde dies gewiß im Laufe der Session geschehen.
Das ungarische Unterhaus begann gestern die Be⸗ rathung des Gesetzentwurfs über die staatlichen Matrikel. Mehrere Redner sprachen gegen die Vorlage, deren Annahme der Minister des Innern unter dem Beifall der Rechten empfahl. Die Debatte sollte heute fortgesetzt werden.
Großbritannien und Irland.
Wie die heutigen Londoner Morgenblätter melden, würde der gegenwärtige Kanzler des Herzogthums Lancaster Bryce als Nachfolger von Mundella Präsident des Handelsamts werden und Lord Tweedmouth an seine Stelle treten.
Im Unterhause theilte, wie „W. T. B.“ berichtet, gestern der Parlamentssekretär des Auswärtigen Sir E. Grey mit, daß der. Regierung keine Benachrichtigung darüber
egangen sei, daß eine französische Expedition fig 6 oder einem anderen Punkt des Nils nahere. Im weiteren Verlauf der Sitzung nahm das Haus die zweite Lesung der schottischen Lokalverwaltungs⸗Bill ohne besondere Abstimmung an. Die Vorlage wurde hierauf zum Zweck der Spezialberathung dem staändigen Ausschuß für schottische Angelegenheiten überwiesen. .
Dem Unterhause ist ein zwischen dem König der Belgier, als Souverän des Unabhängigen Congo— staals, und der großbritannischen Regierung ab⸗ geschlossener Vertrag über die Einflußsphären Groß⸗ britanniens und des Congostaats in Qst- und Zentral⸗ Afrika zugegangen. Der Vertrag ist in Brüssel am 12. Mai unterzeichnet worden. Der König Leopold erkennt darin die englische Einflußsphäre an, wie 3. in der englisch-deutschen Konvention vom 1. Juli 1890 festgesetzt ist England giebt dem König Leopold gewisse Landstriche im westlichen Flußgebiete des Nils, umfassend die Provinz Bahr⸗elscHazal, in Pacht. Diese Zession soll so lange dauern, als die Gebiete am Congo in der Gestalt des Unabhängigen Congostaats oder als belgische Kolonie unter der Souveränetät des Königs Leopold oder seiner Nachfolger bleiben. Der Congostaat seinerseits giebt England einen Gebietstreifen in Pacht, der in einer Breite von 25 km vom Nordende des Tanganyika⸗-Sees bis zum Südende des Albert⸗Edward⸗Sees reicht. Dieser Pachtvertrag dauert ebenso lange wie der erstere.
Frankreich. Das Ministerium Casimir Périer, hat dem Präsidenten Carnot seine Entlassung eingereicht.
Ueber die Vorgänge in der Deputirtenkammer, die diesen Ent⸗ . hrt haben, liegen folgende Mittheilungen des
T. B.“ vor:
ö In der gestrigen Sitzung brachte der Deputirte Jules Guesde einen Antrag auf Einführung des achtstünd igen Arbeitstags ein und verlangte die Dringlichkeit. Der Minister der öffentlichen Arbeiten Jon nart bekämpfte den Antrag auf Dringlichkeit, der mit 401 gegen 94 Stimmen abgelehnt wurde. Der Antrag Guesde wurde einstimmig der Arbeitskommission überwiesen. Hierauf richtete der Deputirte Salis eine Anfrage an die Regierung wegen der Weigerung der Eisenbahn⸗Gesellschaften, ihren Beamten und Ar⸗ beitern Urlaub zur Theilnahme an dem Kongreß der vereinigten ,, , zu gewähren. Der Minister der öffentlichen Arbeiten Jo nnart erwiderte, er könne nicht in amtlicher 6 auf die Eisenbahn⸗ Gesellschaften einwirken, er habe sie aber aufgefordert, den Arbeitern jeden möglichen Urlaub zu gewähren. Die Regierung könne es nicht gestatten, daß die Arbeiter der Staatseisenbahnen sich zu Syndikaten vereinigten, weil sie Beamte des Staats seien. Der Deputirte Jour de beantragte, daß die Anfrage in eine Interpellation umgewandelt werde. Der Minister Jon⸗ nart stimmte dem Antrage zu. Die Deputirten Jourde und Millerand protestierten energisch gegen das Verbot des Zu⸗ sammentretens der Arbeiter der Staatseisenbahnen zu Syndi⸗ katen Millerand brachte eine Tagesordnung ein, worin der Minister der öffentlichen Arbeiten , wird, dahin zu wirken, daß das Syndikatsgesetz vornehm⸗ lich von den Staatseisenbahnen respektiert werde. Der Minister Jonnart wiederholte seine vorige Erklärung. Der Deputirte de Ramel von der Rechten he⸗ antragte eine Tagesordnung in demselben Sinne, wie die⸗ jenige Millerand's; durch Zurufe aus dem Zentrum wurde die einfache Tagesordnung gefordert. Der Minister⸗Präsident Casimir Pöérier erklärte, er lehne die von Millerand und von de Ramel eingebrachten Tagesordnungen ab. Die ein⸗ fache Tagesordnung wurde sodann unter dem Beifall der Linken mit 265 gegen 225 Stimmen verworfen, worauf der Minister⸗-Präsident und sämmtliche Minister den Saal verließen. Die Majorität bestand aus den Sozialisten, den Radikalen und einem Theil der Rechten. Die Kammer nahm dann mit 251 gegen 228 Stimmen die Tagesord⸗ nung de Ramel's in folgender Fassung an: In Erwägung, daß das Gesetz über die Syndikate ebensowohl auf die stgat⸗ lichen Arbeiter wie auf die Arbeiter der Privatindustrie Anwendung findet, fordert die Kammer die Regierung auf, diesem Gesetz Achtung zu verschaffen, und geht zur Tages⸗ ordnung über. Hierauf wurde die Sitzung aufgehoben und die nächste auf Montag, den 28. d. M., anberaumt.
Der Minister-Praäͤsident Casimir Périer erstattete so⸗ fort, nachdem er das Palais Bourbon verlassen hatte, dem Präsidenten Carnot Bericht über die Sitzung der Kammer ab. Später traten die Minister in dem Ministerium des Aus⸗ wärtigen zusammen. Heute Vormittag überreichte das Kabinet dem Präsidenten Carnot seine Demission. In politischen Kreisen ist man der Ansicht, daß infolge der Haltung, welche die Kammer gegenuber der Anwendung des Syndikats⸗Gesetzes vom Jahre 1884 ange⸗ nommen hat, die Linke den Ausschlag bei der Bildung des neuen Ministeriums geben werde. Man nimmt an, daß Bourgeois mit der Bildung des neuen Kabinets werde be— auftragt werden, und daß dieser Ribot, Poincarrsé, Brisson und Cavaignac auffordern werde, in das neue Kabinet ein⸗ zutreten.
Die Mehrzahl der heute erschienenen Pariser Blätter ist der Ansicht, daß der unvorhergesehene Sturz des Ministeriums von letzterem absichtlich herbeigeführt worden sei, und daß die Intervention Casimir Périer's das Kabinet würde haben halten können. Die ministeriellen Zeitungen be— glückwünschen die Regierung zu ihrer Haltung und machen der Majorität den Vorwurf, sich in die Arme der Sozialisten ge⸗ worfen zu haben. Mehrere Blätter weisen von vornherein den Plan eines Konzentrierungskabinets zurück. Die radikalen und sozialistischen Organe sagen, das Kabinet sei zurückgetreten, um seinem demnächstigen unvermeidlichen Sturze aus dem Wege zu gehen; die Demission sei die Folge seiner klerikalen Politik. Die „Petite Röpublique“ meint, die gestrige Abstimmung sei ein sozialistischer Sieg, der Triumph der Republik über die finanzielle und industrielle Oligarchie. Die konservativen Blätter loben das Ministerium, weil es das ' der Autorität vertheidigt habe, und sprechen die Ansicht aus, Casimir Périer . andere Gründe zu seinem Rücktritt gehabt, als die gestrige Abstimmung. Ein⸗ müthig ist die Presse der Meinung, daß die Lösung der Krisis schwierig sei.
Vorgestern Abend wurde vor der Thür der im ersten Stock eines Hauses der Avenue du Maréchal Niel gelegenen Wohnung des Abbé Garnier eine Bombe mit angezündeter rh gefunden. Der Concierge des Hauses löschte die
ündschnur aus. Die Bombe wurde nach dem Laboratorium gebracht, wo die vorgenommene Untersuchung ergab, daß sie Chloratpulver und Eisenstücke enthielt.
Rußland.
Das Gesetz, betreffend das russisch⸗niederländische Uebereinkommen wegen Auslieferung von Ver— brechern, ist, wie „W. T. B.“ aus St. Petersburg meldet, heute amtlich veröffentlicht worden.
Italien.
Der Papst empfing dem „W. T. B.“ zufolge gestern den Legations⸗Sekretär der preußischen Gesandtschaft beim päpst⸗ . Stuhl Pr. Mumm von Schwarzenstein vor dessen Abreise nach Berlin.
Numänien.
Das Nationalfest ist nach einer Meldung des, W. T. B.“ aus Bukarest mit Le Deum, Truppenrevue, Hofdiner, Illu⸗ mination und Feuerwerk begangen worden. 3 der Truppen⸗ revue und dem Hofdiner waren die fremden Militär⸗Attachés ir useösgen, Die Stadt Bukarest war beflaggt. — Heute Abend gedenkt der König nach Brüssel abzureisen.
Serbien.
Garaschanin ist, wie „W. T. B.“ meldet, zum Ge⸗ sandten in Paris ernannt worden. Der bisherige General⸗ Konsul in Pest Costa Cristic hat bereits das Amt des Ersten Sektionschefs im Ministerium des Auswärtigen an⸗ getreten. Die Installation des neuen Staatsraths, des OQbersten Gerichtshofs sowie des Rechnungshofs ist ohne Zwischenfall vor sich gegangen. Der Staatsrath stellte sich dem König vor und wurde alsdann von
dem König Milan empfangen. In Belgrad sowie im nen Lande herrscht vollständige Ruhe und ö Aus Anlaß der Proklamation fanden an vielen Orten Festlichkeiten statt. Der König und die Minister erhielten zahlreiche Zustimmungg— Telegramme von Korporationen und Gemeinden.
Die serbischen und die bulgarischen Delegirten haben sich von Zaribrod an die Grenze begeben, um den Sachverhalt des Grenzkonflikts zu prüfen.
Amerika.
Wie „W. T. B.“ aus Washington meldet, hat der Sen at beschlossen, den Eingangszoll für Eisenerze auf 40 Cents pro Tonne und für Roheisen, Brucheisen und Bruchstahl auf 4 Dollars pro Tonne festzusetzen. — Das Repräsentantenhaus hat eine Kommission zur Untersuchung der angeblichen Betrügereien bei Lieferung von Panzern für die Marine durch das Haus Carnegie ernannt.
Nach Nachrichten aus Rio de Janeiro hat die Deputirten kammer das Verhalten des Vize⸗Präsidenten Peixoto gegenüber Portugal gebilligt.
Der diplomatische Zwischenfall zwischen Portugal und Argentinien hat dank der keen Führung der Unterhandlungen durch den portugle . Geschãäftstrãger Vicomte de Faria eine günstige Lösung gefunden.
In Buenos Aires eingetroffenen Meldungen zufolge hat Chile die Zahlung der Zölle in Gold angeordnet.
Afrika.
Aus Tanger erfährt „W. T. B.“, daß in Rabat (Marokko) Brasilianer den dortigen portugiesischen Vize⸗Konsul durch Stockschläge mißhandelt hätten.
Parlamentarische Nachrichten.
Im weiteren Verlauf der gestrigen Sitzung des Hauses der Abgeordneten (. den Anfangsbericht in der Dienstags⸗ Nummer d. Bl.) wurde bei den Wahlprüfungen die Wahl des Abg. Beinhauer (ul.) (4. Wahlbezirk des Regierungs— bezirks Cassel) ohne Debatte für gültig erklärt.
Darauf wurde die Gesammtabstimmung über den Gesetzentwurf, betreffend die Landwirthschafts— kamm ern, vorgenommen und die Vorlage in nament— licher Abstimmung mit 213 gegen 1266 Stimmen ange— nommen. Dafür stimmten geschlossen die Konservativen und die Freikonservativen sowie die große Mehrheit der National— liberalen; dagegen stimmten geschlossen das Zentrum, die Polen . ö. beiden freisinnigen Gruppen sowie etwa 15 National⸗ iberale.
Es folgte die dritte Berathung des Gesetzentwurfs 9 Ausführung des Reichsgesetzes, betreffend die
lbänderung des Gesetzes über die Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen, vom 1. Mai 1894.
Abg. von kö (kons.) bat den Minister, bezüglich der Molkereien . arfe Vorschriften wegen der Abwehr der Maul— und Klauenseuche zu erlassen. .
Die Vorlage wurde genehmigt, ebenso ohne Debatte in dritter Berathung der Gesetzentwurf, betreffend die Rechte des Vermiethers an den in die Mieths räume eingebrachten Sachen.
— Auf der Tagesordnung der heutigen 71. Sitzung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Finanz⸗Minister Dr. Miquel und der Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen mit Kommissarien beiwohnten, stand zunächst die Berathung der beantragten Resolutionen zu dem Gesetz— entwurf, betreffend den Bau eines Schiffahrts— kanals vom Dortmund —Ems⸗Kanal bis zum Rhein.
Eine Resolution des Abg. Dr. Rintelen (Sentr.) wegen Vorlegung eines Gesetzes über die Kanalisierung der Lippe bis zum Rhein wurde von dem Antragsteller zurückgezogen.
Der Antrag der Konservativen lautet:
Die Staatsregierung zu ersuchen:
I) bei Feststellung von Kanalgebühren auf die Deckung der Verwaltungs⸗ und Unterhaltungskosten, sowie auf eine entsprechende Verzinsung der Anlagekosten Bedacht zu nehmen und die bestehenden Kanalgebühren einer Prüfung zu unterziehen, um diesen Grundsatz, soweit solches mit den Wirthschafts und Verkehrsverhältnissen vereinbar ist, zur Durchführung zu bringen;
2) die Einführung von Gebühren zum Auszleich für die Kosten,
welche für die Verbesserung der natürlichen Wasserstraßen auf— gewandt sind oder werden, in Erwägung zu ziehen. . Der Abg. Gothein (fr. Vg.) beantragt, der Resolution folgende Fassung zu geben: Die Regierung zu ersuchen:
1) bei Feststellung von Kanalgebühren auf die Deckung der Verwaltungs, und Unterhaltungskosten, sowie bei den neueren, den jetzigen Verkehrsbedürfnissen entsprechenden künst— 36 Schiffahrtstraßen auf eine entsprechende Verzinsung der Anlagekosten, soweit dieselben für besondere der Schiff⸗ fahrt dienende Einrichtungen aufgewendet sind, Bedacht zu nehmen und die bestehenden Kanalgebühren einer Prüfung zu unterziehen, um diesen Grundsatz, soweit solches mit den Wirth— aft und Verkehrsverhältnissen vereinbar ist, zur Durchführung zu bringen;
2) von dem zu verzinsenden Anlagekapital aber den Kosten—⸗ betrag für Festlegung der Ufer und Verbesserung der Vorfluth wie überhaupt für allgemeine Flußregulierungsarbeiten, sowie schließlich den kapitalisierten Werth der durch Kanäle oder Kanalisierungen erzielten landwirthschaftlichen Meliorationen in Abzug zu bringen;
3) bei Feststellung der Gebühren jede Wasserstraße für sich zu behandeln. ;
Abg. Winckler (kons. ): Unsere Resolution bezweckt, die Er⸗ hebung von Kanalgebühren in anderer Weise zu regeln als bisher. Die Erhebung von Kanalgebühren auf denjenigen Wasserstraßen, welche in den letzten Jahrzehnten erbaut sind, ist nicht in der im Interesse des Staats wünschenswerthen Weise geregelt, und die auf— gewendeten Kapitalien sind nicht hinreichend nutzbar gemacht. Die 76 Millionen Mark, welche zu Kanalbauten verwendet sind, werfen nur durch die Einnahmen aus den Kanal— gebühren eine Verzinsung von 1116000. 66, abe, ergeben also einen Fehlbetrag, von 3 000 og. S½ jährlich. Wir halten, abgesehen davon, daß eine so große Zahl von Millionen nicht in der Weise verzinst wird, wie es nöthig wäre, eine Erhöhung der Ein⸗ nahmen aus den Kanalgebühren um so mehr für wünschenzwerth, als abermals von dem Hause eine große und kostspielige Kanalanlage be⸗ schlossen ist. Im allgemeinen stehen wir Kanalvorlagen weder ab⸗ lehnend noch besonders sympathisch gegenüber. Wir halten aber dafür, daß zunächst alle Unklarheiten in Bezug. auf die Rentabilität der Wasserstraßen beseltigt werden müssen, und haben zu diesem Zweck unsere Resolution eingebracht. Der Resolution des Abg. Gothein vermögen wir nicht , e., obgleich sie im all , dasselbe erstrebt, wie die unsrige, weil der Wortlaut t, selben sich zu sehr in Einzelheiten verliert und für eine pätere Be⸗/ schlußfassung über etwa noch ju bauende Kanäle die n g Unter⸗ lage nicht abgiebt. Wir bitten Sie, unserer Resolution zuzustimmen.
1 Gothein fr. Vs.): Daß meine Resolution den fingn⸗ ellen Effekt beeinträchtigen würde, kann ich nicht annehmen. Die Henserval ven haben selbst eine erhebliche Einfschränkung in ihren An— trag hineingebracht durch die Wendung: soweit solches mit Wirth⸗ chafts⸗ und Verkehrsverhältnissen vereinbar ist.!. Allgemein dürfen die Anträge nicht gefaßt sein, wenn sie einen Erfolg haben sollen. Deswegen wäre es auch besser, wenn man diese Frage nicht im Hause allein zur Be⸗ rathung bringt, sondern in einer Kommission genau prüft; denn das Material, welches vorliegt, ist ein sehr allgemeines und zeigt nicht die Verhältnisse der einzelnen Wasserstraßen. Es sind z. B. in Bezug auf die märkischen Wasserstraßen alle Strecken zusammen⸗ geworfen und sogar einfache Regulierungs⸗ und Melioration kosten in Rechnung gestellt worden. aß die Gebühren so hoch sein sollen, daß die Wasserstraßen rentabel sind, ist durchaus kein konservativer Grundsatz. Ich kenne viele Gutsbesitzer, die gar keine Freunde der, Gebühren sind, soweit es sich um die Chausseen handelt. Gewisse Wasserstraßen, z. B. der neue Elbe — Trave⸗Kangl und die Korrektion der Unterweser erfordern so viel Kosten, daß die Gebühren unmöglich eine Verzinsung des Kapitals ergeben können. Die Abweichungen meiner Resolution von der konservativen sind einfacher und eigentlich selbstverständlicher Art. Erhebliche Gebühren können natürlich nur auf Kanälen erhoben werden, die den Anforderungen der neueren Zeit entsprechen. Denn wollte man auf Kanälen mit unzulänglichen Einrichtungen die Gebühren erheblich erhöhen, so würde man den Verkehr überhaupt todt machen. Daß in Nr. 2 meines Antrages die Kosten für Fest⸗ legung der Ufer von dem zu verzinsenden Kapital abgezogen werden sollen, entspricht den hestehenden reichsgesetzlichen Bo fe en, Denn nach der Reichs⸗Verfassung sollen Gebühren auf natürlichen Waffer⸗ straßen, nur erhoben werden für solche Anlagen, welche für die Schiffahrt besonders , ,. sind. Sobald die Kanalisierung eines Flusses im landwirthschaftlichen Inter⸗ esse erfolgt, kann. man nicht die Schiffahrt belasten. Der Mittelland⸗Kanal, der jetzt allerdings in die Ferne gerückt ist, wird, auch für verschledene, versumpfte Landstriche erhebliche Meliorationen mit sich bringen, die Millionen im Werth darstellen. Soll die Schiffahrt die darauf verwendeten Kosten tragen? Eine allgemeine gleiche Regulierung der Gebühren ist unmöglich, denn die Verhältnisse sind bei den einzelnen Wasserstraßen sehr verschieden und namentlich sind nicht alle Wasserftraßzen so ausgestaltet, daß sie von dem Schiff zu jeder Zeit mit der vollen Ladung befahren werden können, wie das z. B. auf den märkischen Wasserstraßen in den letzten Jahren der Fall ist. Was soll der ober⸗ schlesischen Industrie die Regulierung der Oder nützen, wenn die Wassertiefe niemals 1 i übersteigen wird? Da würde nur eine durchgreifende Reform der Eisenbahntarife der Industrie des Ostens helfen können.
Abg. von Eynern nl): Ich werde für den Antrag Bandelow stimmen. Ueber die Rentabilität einer Kanalanlage oder einer Eifen⸗ bahn kann weder die Staatsregierung, noch sonst ein Mensch im Lande eine bestimmte und positive Zusage machen. Wir wissen nicht, in welchem Umfange Verkehrzerleichterungen auch Verkehr hervorrufen. Durch die Anlage von Kanälen können Industrien hervorgerufen werden in einem Umfange, wie es garnicht vorherzusehen war. In den übrigen Ländern haben sich mit dem Bau von Kanälen plötzlich und unerwartet große Industrien an der Seite dieser Kanäle ent— wickelt. Auch ist eine Schädigung von Eisenbahnen durch den Bau von Kanälen nicht in allen Fällen bedingt. Als längs des Rheins eine Eisenbahn gebaut werden sollte, wurde diese Absicht geradezu lächerlich gemacht. Heute gehören beide Eisenbahnen längs des Rheins zu den rentabelsten Eisenbahnen; sie können den Verkehr kaum noch bewältigen. Bei dem Bau von Kanälen und CGifenbahnen ist lediglich die Frage gufzuwerfen: Sind Menschen, Güter und Bodenschätze da? Ist dies der Fall, dann wird eine Anlage rentabel oder wenigstens der Volkswohlfahrt dienlich fein. Gegen den Dortmund — Rhein-Kanal sind auch technische Bedenken geltend gemacht worden. Vielleicht lassen sich diefe Bedenken beseitigen, wenn wir die Kosten der Vorarbeiten für diese abgelehnte Stelle bewilligen. Wenn diese Vorarbeiten fertig abgeschlossen sind, die ohnehin erforderlich sind, wenn der Kanal überhaupt in Angriff genommen werden soll, dann läßt sich übersehen, ob die technischen Bedenken wirklich begründet find oder nicht. Wir schweben mit diesen Bedenken vor der . noch völlig in der Luft, da die Techniker verschiedener Ansicht find. Ich frage die Regierung, ob sie uns noch in dieser Session eine Vor— lage . Bewilligung der Kosten für diese Vorarbeiten zu machen gedenkt.
Abg. Richter (fr. Volksp.): Aus der Ablehnung der Kanal⸗ vorlage darf nicht geschlossen werden, daß man in der Fürsorge für die Bevölkerung nicht weiter gehen will als bisher. Diefe Annahme würde in Widerspruch damit stehen, daß gerade in dieser Sesfion für. den Elbe —Trave⸗Kanal und die Sekundärbahnen er hebliche Summen bewilligt sind, und daß überhaupt zu keiner Zeit für Wasserbauten so viel bewilligt ist, wie in den letzten Jahren. Ber Prüfung der Rentabilität braucht man sich allerdings nicht auf jeden Fall zu entziehen. Die ohne Staatsgarantie gebauten Privateisenbahnen sind auch nicht wegen des Gemelnwohls bon den Privaten unternommen worden, sondern in der Aussicht, daß die Bahnen sich rentieren werden. Für Vorarbeiten zu Kanälen in gewissen Grenzen besitzt die Regierung schon Dispositionsfonds, die fie flüf sig machen kann. Wird eine besondere Vorlage Über Vorarbelten für den Dortmund — Rhein -Kanal eingebracht, so werden die oben erledigten Fragen wieder don neuem aufgeworfen, und man kann auch fragen, ob eine solche Vorlage mit der , , vereinbar wäre, wonach eine ab⸗ gelehnte Vorlage in derselben Session nicht wieder eingebracht werden kann. In beiden Resolutionen finde ich richtige Gedanken; ich kann aber nicht beurtheilen, ob, die Ausdruckzweise nach jeder Richtung herrekt ist und man sich nicht in dieser Frage präjudizieren würde. Nach den Erklärungen der Regierung stößt man mit dieser Reso⸗ lution offene Thüren ein. Mit unseren Resolutionen haben wir soenst auch keine günstigen Erfahrungen gemacht. Es ist chwer, in einer Resolution den. Inhalt eines Gesetzes im voraus zu fixieren, ohne daß später Mißverstaäͤndnisse entstehen. Außerdem handelt es sich um 4ußerst schwierige Ver⸗ hältnisse Es fehlt uns auf diesem Gebiet vollständig an einer ver⸗ öffentlichten Statistik. Mil Recht hat der Abg. Gothein darauf guf— merksam gemacht, daß diese Frage nicht nur die Schiffahrtsinteresfen, ondern auch die Intereffen bes Üferschutzes, der landwirthschaftlichen Meliprationen zr. berührt. , , sich auch, ob nicht eine Erhöhung der Gebühren eine Verminderung der Einnahmen herbeiführen würde, da es sich nicht nur um neue Wasserstraßen, sondern auch um solche handelt, die bereits dem Verkehr übergeben sind. Unter diesen Um⸗ ständen halte ich den Vorgang des Abg. Rintelen für praktisch; zumal am Schlusse dieser 6. wäre es richtiger, die Anträge zurückiuziehen. .
Mi . Schluß des Blattes sprach der Finanz⸗Minister Dr. Miquel.
— Die Kommission des Hauses der Abgeordneten für das Gemeindewesen hat über den Antrag der Abgg. Ring (kons.) und Genossen auf Annahme eines Gesetzentwurfs, betreffend Abänderung des 3 85 Absatz 1 der Kreisordnung vom 153. Dejember 872,19. März 1881, Bericht erstattet und den Entwurf folgender— maßen abgeändert:
§ 1. Im § 86 der Kreisordnung für die Provinzen Ost und Heslbreußen Brandenburg, Pommern, Schlesien und Sach sen vom 3. Dezember 1577,15. Mär; 1881 (Gescß-Samml. 1851 S. I76) wird zwischen Abf. 3 und folgender Absatz eingefügt: .
3 Auf Antrag eines Provinzial. Ausschusses kann durch Königliche
C ordnung für einzelne Kreise der betreffenden Provinz bestimmt
erden daß von, der anzurechnenden Grund⸗ und. Gebäudesteuer
. die Hälfte des Mindestbetrags auf die Grundsteuer ent⸗ iß.
ö 2. Dieses Gesetz tritt mit der Verkündigung in Kraft.
Nr. 29A des „Zentralblatts der Bauverwaltung‘, her— ausgegeben im M inisterium der öffentlichen Arbeiten, hat ö. Inhalt: Zur Geschichte des deutfchen Lokalbahnwefens Schluß). Wettbewerb um Entwürfe zu Hofbeamtenwohnungen in Stuttgart (Schluß). — Hochbauten des preußischen Staats im Jahre 1893. — Vermischtes: Kongreß für den Kirchenbau des Profestan— tismus. — Enthüllung der Bäste von Effenwein's im Germanischen e nn K 1166 k , n,. des
useums in Nürnberg. — Li n ü Portland Zement. — H. Oberbeck 9 V
gKuuft und Wissenschaft.
Seine Majestät der Kaiser und König hat, wie die A. C. meldet, der öffentlichen Bibliothek in Gravesend auf die Bitte des Bibliothekars Lange achtzehn Werke, meist Armee und Marine betreffend, geschenkt.
J Dekan der philosophischen Universität, Geheime Regierungs- Rath, rofessor Dr. August Kundt, Direktor des physikalischen ¶ Institutz, ist, wie der Nat. ⸗Ztg.“ gemeldet, wird, vorgestern auf feinem Land hause zu Isrgelsdorf bei Lübeck im Hö. Lebensjahre ver⸗ storben. Die Naturforschung erleidet dadurch einen großen schmerz⸗ lichen Verlust. Kundt war am 18. Nobember 1859 in' Berlin ge⸗ boren und hat hier unter hem o Kirchhoff und Magnus senne wissenschaftliche Ausbildung erhalten. Im Jahre 1867 habilitierte er sich als Privatdozent in seiner Vaterstadt und folgte 1368 einer Berufung als Professor an das Polytechnikum in Zürich. 1870 bis 1572 wirkte er an der Universität Würzburg und dann sechzehn Jahre in Straßburg. 1888 wurde er Nachfolger von Helmholtz, als diefer die Leitung deg physi⸗ kalischen Instituts in Berlin niederlegte, um die Präsidentschaft der physi alischttechnischen Reichanstalt zu übernehmen. Die Resultate seiner Forschungsexperimente sind zahlreich und mannigfach. In der Physikalischen Gesellschaft zu Berlin zeigte er vor fast 31 Jahren zuerst seine Staubfiguren in longitudinal schwingenden Glasröhren. Aus diesen Versuchen entwickelte er durch eine Reihe von Arbeiten eine der merkwürdigsten Methoden der messenden Phyfik. Hieraus entstand später eine erneute Bestimmung der Schallgeschwindigkeit in den Gasen, und auf demselben Wege stellte er an den sogenannten Luftplatten eine Art chladnischer Klangfiguren dar, die man bisher nur an festen Scheiben oder gespannten Häuten kannte. Mit Warburg gelang es Kundt, die spezifische Wärme des Queck— silbergases als die kleinste aller bisher bekannten festzustellen und, den Ermittelungen der Chemie entsprechend, daz Molekül jenes Gafes als kein solches, sondern als ein Atom zu erkennen. Neben der Akustit wandte der auggezeichnete Forscher seine sinnreiche, tief durchdachte Kunst der Optik zu. Früh zeigte er die doppelte Berechnung longitudinal und transversal schwingender Spiegelglaestreifen, später die in, bewegten, reihenden Fluͤssigkeiten 2ꝛc. Kundt war es vorbehalten, mit Röntgen zuerst in Schwefelkohlenstoffdampf, dann in Luft, Sauerstoff, Kohlenoxyd und Sumpfgas die elektromagnetische Zirkumpolarisation an elastischen Flüssigkeiten darzuthun, waz selbst Faraday umsonst versucht hatte. Im Gegensatz zu der verschwindenden Größe ermittelte er dann ihren ungeheuren Betrag im metallischen Eisen. Als Kundt nach zwanzigjähriger Abwesenheit in die Heimath zurückkehrte, nahm die Akademie der Wissenschaften ihn sofort als Mitglied auf, und du Bois Reymond begrüßte den Forscher in ge⸗ dankenreicher Rede, Hier debütierte Kundt mit einer Arbeit, welche — was beim ersten Anblick, fast unmöglich erschien — die Berechnungs⸗ ponenten so undurchsichtiger Körper wie die Metalle bestimmte. Veröffentlicht sind seine Arbeiten meist in Poggendorff's Annalen. Für seine PVerdienste hat es dem großen Gelehrten nicht an Auszeich— nungen gefehlt. Er war Ritter der Friedensklasse des Ordens pour ls msrite, Mitglied des Kuratoriums der physikalischtechnischen Reichsanstalt und zuletzt Dekan der philosophischen Fakultät.
. Verwaltungsausschuß des Germanischen National— Museums zu Nürnberg hielt am 16. und 16. d. M. dort seine Jahresversammlung ab. Da die Stelle des Ersten Direktors zur Zeit noch nicht besetzt ist und dessen Stellvertreter im Präsidium des Aus⸗ schusses, Justix Rath Freiherr von Kreß, durch Erkrankung verhindert war, an den Sitzungen theilzunehmen, so wählte der Ausschuß den Ge— heimen Rath Dr. von Hegel aus Erlangen zum Vorsitzenden. Die wich⸗ tigste Aufgabe, die der dies jährigen k zur Erledigung oblag, bildete die Wahl eines Ersten Direktors an Stelle des verstorbenen Geheimen Raths Dr. A. von Essenwein. Die Perfönlichkeit, welche die Kommission empfahl, erkannte auch der Ausschuß als geeignet, und er beschloß einstimmig, sie Seiner Königlichen Hoheit dem Prinz— Regenten zur Ernennung in Vorschlag zu bringen, wie dies die neuen Satzungen vorschreiben. Diesem fur die , des Museums wichtigen Alt reihte sich die schon (lin Rr. 115 d. Bl.) ge— meldete Enthüllung der Büste A. von Essenwein's im ersten Saale des Museums an, welchen auch die Büsten des Kaifers Wilhelm JI. und des. Begründers der Anstalt Freiherrn Dang, von und zu Aufseß schmücken. Die übrige Zeit der zweitägigen Versammlung wurde durch die alljährlich dem Ausschuß ohliegenden Arbeiten in Anspruch genommen. Die Berichte, weiche die mit der Prüfung der Sammlungen und der Verwaltung beauf— tragte Kommission in der zweiten Plenarsitzung erstattete, gaben dem Ausschuß Gewißheit, daß das Direktorium der Anstalt unermüd⸗ lich thätig gewesen sei, im Geiste Essenwein s weiter zu arbeiten. Besonders freudig wurden die zahlreichen Erwerbungen für die ,, begrüßt und deren Bedeutung und sorgfältige Auswahl hervorgehoben. Auch das Finanz und Kassenwesen wurde in bester Ordnung befunden. Bei der Aufstellung des Etats für 1895 und eines Nachtrags⸗Etats für 1894 konnten in folge der dankbar begrüßten Mehrbewilligungen von seiten der ö der Königlich bayerischen Staatsregierung und der Stadt Nürnberg die Posten für die Verwaltung wesentlich erhöht und damit 3 den Beamten und Bediensteten eine Erhöhung der Gehalte gewährt werden. Am Schluß der Sitzung sprach der Verwaltungsausschuß dem Direktorium sowie den Beamten Dank und Anerkennung für ihre Mühewaltung bei der förderlichen Lösung der Aufgaben des Museums aus. — Wie den, Münch. N. Nachr. aus Nürnberg gemeldet wird, ist der Privatdozent Gustav von Bezold aus München zum Nachfolger Essenwein's gewählt worden.
— Dag mächtige neue Gebäude des Königlich sächsischen Finanz⸗ Ministe riums in Dresden geht seiner Vollendung entgegen. Es 8 mit seiner Hauptfront, die noch länger ist als die des neuen
eichstagshauses, der Brühl'schen Terrasse gegenüber auf dem rechten Ufer der Elbe und zwar zum Schutz gegen die Ueberschwemmungen auf ziemlich hoch geführtem Unterbau. Zwischen dem Gebäude und dem Elbspiegel . ich grüne Wiesen. Das Haus ist im Dresdner Renaissance⸗Stil gebaut, einfach und in ansprechenden Ver— hältnissen. Einen besonderen Schmuck hat es durch ein arbiges Giebel bild erhalten, das in voriger Woche enthüllt worden ist. Dieses Bild ist nicht weniger als 21,16 m lang, in der Mitte 445 m hoch und besteht aus 1609 einzelnen sechseckigen Stücken, die, in Zement eingelassen, zu einheitlicher Wirkung verbunden sind. Das Ganze ist ein Werk der bekannten Firma Villeroy und Boch. Die Königlich sächsische Regierung hat durch diesen Schmuck, der ihk ganz trefflich wirkt, Gelegenheit gegeben, die neue wetterbeständige Malerei der genannten 5 einmal im großen praktisch zu erproben. Die Bemühungen für eine solche sind schon ziemlich alt, aber bisher erfolglos eblieben. In Florenz trifft man wohl hier und da ein altes farbiges . das sich seit der Nenaissancezeit erhalten, in Egypten halten 6 die ,, persischen Fliesen ,, Freien. Diese nachzuahmen ist bisher nicht gelungen. Unserer y,, gar der Seeluft hat bisher kein Verfahren dauernd 5 iderstand geleistet, weder die Freskomalerei, noch Salviati⸗Mosaik oder Fayence malerei und sonstiges Malweisen, die in den letzten Jahren angepriesen
akultät der hiesigen
worden sind. Wie aus dem Funde beim Berlin . hat, hat Klöber etwa vor fünfzig Jahren e, n 823 machen wollen, doch sind die Arbeiten offenbar unterbrochen worden. Dag neue Verfahren von Villeroy und Boch beruht auf den sogenannten Mettlacher Fliesen, deren volle Wetterbestandigkeit um Haltbarkeit gegenüber allen mechanischen Angriffen erprobt f Die Bestandtheile dieser Fliesen sind durch und durch ,. (d. h. geschmolzen) und haben sich zu einer ganz 16 arten und glatten Masse ver⸗ bunden, die dem Wasser keine Gelegenheit zum Eindringen bietet. Letztens aber ist der Haupftfeind aller bisherigen Wand malereien im Freien, namentlich im Winter, wenn der rost die Wassertheilchen zum Frieren bringt, sodaß die nd⸗ masse nach und nach zersprengt wird. Auf die Mettlacher Fliesen Wird mit Frittenfarben, bermischt mit der Masse der Fllefen, gemalt. Die Malerei besitzt die gleichen Eigenschaften wie die Fliesen se bst. Uchrigens ist daß groß. Bild am Finanz- Ministerium in Dregoln nicht daz erste in dieser Weise ausgeführte. Zwes Bilder von beden! tender Ausdehnung — die , nach Paul Mohn und eine Allegorie auf Deutschland und die Vereinigten Staalen = zierten die deutsche Abtheilung in der Columhischen Ausstellung zu Chieggo, und vier allegorische Figuren sind für die neue Gewerbeschule zu Stuttgart ausgeführt worden. Das Dresdner Bild kenn⸗ zeichnet in seinsr Komposition trefflich die Aufgaben des Finanz Ministeriums, Wir sehen in der Mitte die Saxonia als kraftvolle Jungfrau in langem weißen Gewande, gepanzert, mit Scepter und Wapyenschild zu ihrer Linken den Staatshaushalt ebenfalls als 2 dann den , , dargestellt durch den Erbauer deg Dauses Ober⸗Baurath ankel mit dem Modell des Haufes, dann Eisenbahn⸗ und Brückenbau in Gestalt eines Mannes, ber ein Rad über eine Brücke geleitet. Zur Rechten der Saxonia folgt zunächst die Industrie mit dem goldspendenden Füllhorn, dann die ger ht schaft als Förster mit einem Eichbaum und der Flinte auf dem Rücken, endlich der Bergbau als Bergmann mit dem halbgefüllten Hund. Das Bild ist , Anton Dittrich entworfen und vom Raler eutzius (bei Villeroy und Boch) in exaktester Weife aus eführt. s wirkt auch auf die große Entfernung von der Brühl'schen Terrasse noch vortrefflich.
— Wie der . N. A. Ztg. aus Athen berichtet wird, hat bei dem letzten Erdbeben leider auch der Parthenon etwas gelitten. An der Nordseite ist von der vierten äußeren Säule, vom Burgaufgang gerechnet, ein fast dreiviertel Meter langes Stück in der vollen Stärk der Säulentrommel herausgesprungen. An der Westfront hat das Gebälk der inneren Säulenreihe mehrfach gelitten; dort ist an der Nordwest⸗ECcke zwischen den beiden ersten Säulen ein dreiviertel Meter langes Stück aus dem Architrav ahgesplittert, und noch schlimmer sieht es bei den Säulen vor der Thür aus, wo ein ganzer Haufen von Marmerstücken herabgestürzt ist und andere, jetzt aus ibrer Lage gerissene Gebälktheile jeden Augenblick nachzufolgen drohen. Es ist dies die Rückseite jener Theile des Cella⸗Umgangs, die den kostbaren Reiter⸗ und Wagenfries tragen. Die Sachverftändigen, Kommission hat sich, um weiteren Zerstörungen Einhalt zu thun, dahin geeinigt, starke eiserne Bänder um das Gebälk zu legen.
Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.
Der Gesundheitsstand in Berlin blieb auch in der Woche vom s. bis 12. Mai ein günstiger und die Sterblichkeit eine niedrige (von je 1009 Einwohnern starben, aufs Jahr berechnet, 16,0). Eine wesentliche Abnahme zeigten unter den Todesursachen akute Ent. , der Athmungzsorgane, die guch in der uͤberwiegen, den Mehrzahl, der Fälle einen milden Verlauf nahmen. Er krankungen an Grippe sind wenig zur Beobachtung gekommen, doch . noch ein Todesfall an Grippe zum Bericht. Erheblich ge— teigert war aber das Vorkommen von akuten Darmkrankheiten und endeten dieselben, erh nur bei kleinen Kindern, in gesteigerter Zahl tödtlich. Die Betheiligung des Säuglingsalters an der Sterb— lichkeit blieb eine kleine; von je 10005 Lebenden starben, aufs Jahr berechnet, 44 Säuglinge. — Von den Infeftionskrankheiten kamen nur Erkrankungen an Masern etwas häufiger, an Scharlach und Diphtherie etwas seltener zur Anzeige. Erstere waren in der n n, Luisenstadt, letztere im Stralauer Viertel, in der Rosen⸗ thaler Vorstadt und . dem Wedding am zahlreichsten. Erkran⸗ kungen an Unterleibstyphus blieben selten. Rosenartige Entzündungen des Zellgewebes der Haut wurden etwas seltener beobachtet; Erkran⸗ kungen an Kindbettfieber wurden fünf bekannt. Erkrankungen an Keuchhusten, die in zwei Fällen zum Tode führten, kamen seltener zur ärztlichen Behandlung. Rheumatische Beschwerden aller Art zeigten in ihrem Vorkommen im Vergleich zur Vorwoche keine wesent⸗ liche Veränderung.
Paris, 23. Mai. Die Blättermeldung, daß in Saint⸗ Nazaire Cholerafälle vorgekommen seien, wird in einem Telegramm des W. T. B.“ für unrichtig erklärt.
Verkehrs⸗Anstalten.
Bremen, 23. Mai. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Schnelldampfer Elbe“, am 12. Mai von New⸗Jork abgegangen, ist am 21. Mai 5 Uhr Nachmittags, in Southampton angekommen und hat 6 Uhr Abends die Reise nach Bremen fortgesetzt. Derselbe überbringt 435 Passagiere und volle Ladung. Der Postdampfer München!, von Süd⸗Amerika kommend, ist am 22. Mai, 7 Uhr Morgens, auf der Weser angekommen. Der Dampfer Lancelot hat am 21. Mai, 6 Uhr Abends, die Reise von Oporto nach Lissabon fortgesetzt. Der Schnelldampfer, Kaiser Wilhelm II., am 10. Mai von Genua und am 12. Mai von Gibraltar abgegangen, ist am 21. Mai, 12 Uhr Mittags, in New⸗York angekommen.
Theater und Musik.
Im Königlichen Opernhguse geht morgen zum ersten Mal „Die verkaufte Braut. von Friedrich Smetana, Tert von K. Sabina, deutsch von Max Kalbeck mit folgender Besetzung in Scene; Kruschina: Herr Stammer, Kathinka: Fräulein Lopka, Ma rie: Fräulein Weitz, Micha: Herr Krasa, Agnes: . Götze, Wenzel: Herr Lieban, Hans: Herr Sommer,
ezal: Herr Mödlinger, Springer: Herr Philipp, Esmeralda: k Dietrich, Muff Herr Schmidt. Kapellmeister
eingartner dirigieri. In Scene gesetzt ist das Werk vom Ober⸗ Regisseur Tetzlaff.
Im Königlichen Schauspielhause wird morgen Shake⸗
,. Sommernachtstraum mit Mendelssohn's Mussk gegeben.
egen der starken Nachfrage nach Billets zu den Lu tspielen Der Tugendwächter! und „Die Dienstboten“ wird diese vrstellung am Freitag, Sonnabend und Sonntag wiederholt. Die nächste Auffüh⸗ rung des „Wintermärchens“ findet am Dienstag, 29. ö M. .
Im Deutschen Theater geht, wie bereits erwähnt, am Frei tag Don e g. zum 13 Heal unter der Direktion Adolph WäUrronge's in Scene. Die Titelrolle spielt Joseph Kainz, den König Philipp Max Pohl, den Marquis Posg Otto Sommerstorff, die
önigin Teresina Geßner, die Prinzessin Eboli Marie Frauendorfer.
Die im Berliner Theater heute und am Freitag statt⸗ findenden Aufführungen von Goethe's ‚Faust‘ beginnen bereits um
Uhr. Die Vorstellungen am Donnerstag — Scribe's Lustspiel Das Glas Wasser! — und am Sonnabend — Der Hüttenbesitzer n, mit Ludwig Barnay als Bolingbroke und Derblay — nehmen um 7E Uhr ihren Anfang. Am Sonntag Nachmittag findet zu ermäßigten
reifen eine Wiederholung von Goethe's ‚Faust' statt, rend bends das Schauspiel Die Waise von Lowood“ mit Ludwig Barnay als Rochester in Scene geht.