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ö der am Donnerstag, 24. d. M., unter dem Vorsitz Deg Prãäsidenten des Staats⸗Ministeriums, Staats⸗ ärs des Innern Dr. von Boetticher abgehaltenen rsitzung des Bundesraths wurde dem Entwurf einer ordnung, be nd die , eines Zollzuschlags für aus Spanien und den spanischen Kolonien kommende Waaren, die Zustimmung ertheilt. Zugleich wurden Ausführungs- bestimmungen zu dieser Verordnung erlassen.
ute hielt der Ausschuß des Bundesraths für Justiz⸗ ö itzung.
Der Entwurf zu der heute im amtlichen Theil (vgl. Deutsches Reich“ veröffentlichten Verordnung, betreffend die Erhebung eines , , . für aus Spanien und den spanischen Kolonien kommende Wgaren, war dem Bundesrath mit einem Anschreiben des Reichskanzlers zugegangen, worin der Antrag auf Erlaß einer Verordnung, wie i. begründet wurde: .
m 15. d. M. ist das Handelsprovisorium mit Spanien abge, aufen, ohne daß es inzwischen möglich gewesen wäre, den am 8. August 1893 zu Madrid unterzeichneten neuen deutsch⸗ spanischen Handels⸗ vertrag zu ratifizieren. Eine , Verlängerung des seit dem 1. Februar 1893 nicht weniger als zehnmal verlängerten, im wesent⸗ lichen auf der Grundlage der gegenseitigen Meistbegünstigung, be⸗ ruhenden Provisoriums, bei welchem die Vortheile, in über wiegendem Maße auf spanischer Seite lagen, konnte mit Rücksicht auf die bei der Durchberathung des vorgedachten Vertrages in den spanischen Kortes von der Senatskommission eingenommene, Haltung deutscherseits nicht in Aussicht genommen werden. Denn während der Vertrag vom 8. August 1893 in Deutschland schon im Dezember v. J. die parlamentgrische Genehmigung erlangt hatte, beschloß die spanische Senatskommission, als der Vertrag in Spanien endlich im April d. J. zur Vorlage an die Kortes gelangt war, eine Enguste, über den Vertrag einzuleiten, welche nach Lage der erhältnisse lediglich den Zweck haben konnte, die Durchberathung des Vertrages zu verschleppen und denselben auf diese. Weise zu Fall zu bringen. Thatsächlich ist ein Ende der Berathung des Vertrages in den Kortes auch nicht abzusehen. Bei dieser den inter ⸗ nationalen Gepflogenheiten in keiner Weise entsprechenden Haltung der parlamentarischen Vertretung Spaniens unserem Handelsvertrage gegenüber konnte an ein weiteres Eingehen auf, ein Provisorium, bei welchem Spanien deutscherseits Vortheile gewährt würden, die nicht ihren vollen Ausgleich in spanischen Gegenkonzessionen fänden, nicht
gedacht werden. . Mit dem Ablauf des Handelsprovisoriums trat von selbst vom
16. d. M. ab der deutsche autonome Tarif gegen die spanische Einfuhr in Anwendung. Es durfte erwartet werden, daß die spanische Re— gierung nach . der Verhältnisse sich 6 würde, ihrerseits bis um Abschlusse der Kortesverhandlungen über den Vertrag den an sich . hohen spanischen Minimaltarif auf die deutsche Einfuhr zur Anwendung zu bringen und die letztere nur von denjenigen Zollvergünstigungen unter den spanischen Minimaltarif auszuschließen, welche vom J. Ja- nuar d. TJ ab in Spanien auf Grund der Verträge dieses Landes mit der Schweiz. Norwegen und den Niederlanden in Kraft getreten waren. Diese Erwartung hat sich indessen nicht erfüllt. Nach einem Bericht des Kaiserlichen Botschafters in Madrid hat vielmehr der spanische Ministerrath beschlossen, den spanischen Maximaltarif gegen die deutsche Einfuhr in Kraft zu setzen. .
Unter diesen Umständen ist die Voraussetzung gegeben, unter welcher dem Bundesrath die Befugniß zusteht, die Sätze des auto— nomen Tarifs um 50 o/o zu erhöhen. Von dieser Befugniß wird dem⸗ gemäß Spanien sowie den spanischen Kolonien und Besitzungen gegen Über für alle wichtigeren Einfuhrartikel in vollem Ausmaß Gebrauch zu machen sein, sobald der spanische Maximaltarif gegen Deutschland in Kraft tritt. . .
Um eine Schädigung deutscher Interessen zu vermeiden, wird es sich empfehlen, für die am Tage des Inkrafttretens der Zoll⸗ erhöhungen bereits über die deutsche dels g eingeführten oder in den deutschen Zollausschüssen befindlichen Waaren eine Ausnahme
zuzulassen.
Für die Zeit vom 1. April 1893 bis zum Schlusse des Monats April 1894 sind von Einnahmen C(enschließlich der kreditierten Beträge) an Zöllen und gemeinschaftlichen Verbrau . ern sowie von anderen Einnahmen im Deutschen Reich zur Anschreibung gelangt:
ölle 27 376 851 M6 (gegen denselben Zeitraum des Vorjahrs 43770 049 S6), Tabacksteuer 628 453 SJ (4 25 381 t), Zuckermaterialsteuer — (4 1468320 ), Zuckersteuer 5 00M 582 66 — 589 574 M6), Salzsteuer 2 863 664 56 7454 S), Maischbottich und Branntweinmaterialsteuer
393 S (4 238 981 „M), Verbrauchsabgabe von Brannt⸗ wein und Zuschlag zu derselben 9913 891 M (4 141 540 M), Brausteuer 2 658 156 0 (4 95431 Mh, ,,, abe von Bier 268 101 S (— 6620 e Summe 59626 M60 M (4 5136 054 S6). — Spielkartenstempel 91 080 M¶ j
* 5502 M, Wechselstempelsteuer 704 767 M (4 27 712 40), tempelsteuer für: 34. Werthpapiere 807 698 S C 501 104 4), b. Kauf⸗ und ien Anschaffungsgeschäfte 760715 60 — 91620 S6), C. Loose zu: Privatlotterien 144 269 6 * 49 884 S), Staatslotterien 179 000 S (— 138 600 M6). ost⸗ und Telegraphen⸗Verwaltung 23 632 291 6 4 1590 232 S6), Reichs⸗Eisenbahn⸗Verwaltung 5 044 000 M6 * 49 000 t). .
Die zur Reichskasse gelangte Ist-Einnahme abzüglich der ö und Verwaltungskosten beträgt bei den nachbezeichneten Einnahmen bis Ende April 1894: Zölle 26 008 559 1M (4 3742 036 S6), Tabacksteuer 756 562 666
4 942651 6), Zuckermaterialsteuer — (4 1462 304 ), uckersteuer 7454 293 S6 (4 948985 M6), Salzsteuer
J 806 585 M (4 319 222 S), Maischbottich und Brannt⸗ weinmaterialsteuer 1 546118 S ( — 37 951 MS), Verbrauchs⸗ abgabe von Branntwein und Zuschlag zu derselben 9 384 490 6 263 120 M6), Brausteuer und Uebergangsabgabe von Bier 2479939 S (= 75381 ge); Summe 50 436 546 M 6 341 106 1Sä). — Spielkartenstempel 112 004 M
4 2423 M).
Von den Drucksachen der Silberkommission sind , erschienen und durch die Reichsdruckerei in Berlin 8W., ranienstraße 90 / gl, zu beziehen: Nr. 13. Der deutsche Thalerumlauf; ; Nr. 14. Zur Vorgeschichte der deutschen Münzreform; vorgelegt von Hr. Arendt; 6 sowie die Protokolle der 2. bis 7. Sitzung.
Der Regierungs⸗Assessor Dr. Henry Meyer zu Weißen⸗ fels ist der Königlichen Regierung zu Breslau zur weiteren dienstlichen Verwendung überwiesen worden. .
Der neuernannte Regierungs⸗Assessor Dr. Mettenheimer
aus Cassel ist bis auf weiteres dem Landrath des Kreises
Weißenfels, Regierungsbezirk Merseburg, zur Hilfeleistung in den landräthlichen G er . . worden.
Der neuernannte Regierungs⸗Assessor Freiherr von Qu adt⸗ Bykradt⸗Hüchtenbruck ist, dem Königlichen 6 ö zu Breslau zur dienstlichen Verwendung überwiesen worden.
Laut telegraphischer Meldung an das Ober⸗ Kommando der Marine ist S. M. Kreuzer „Sperber“, Kommandant Korvetten⸗Kapitän von Arnoldi, am 22. Mai in Gaboon und S. Vt. Schulschiff „Moltke“, Kommandant Kapitän h See Koch, am 24. Mai in Dartmouth angekommen. S. M. Kreuzer Sperber“ geht am 26. Mai nach Kamerun weiter, und S. M. Schulschiff „Molt ke“ setzt am 28. Mai die Heim⸗ reise über Arendal fort.
Der Nachtrag zur Rangliste der Kaiserlich deutschen Marine far das Jahre 1894, abgeschlossen am 20. Mai, redigiert im Marine ⸗Kabinet, ist soeben bei E. S. Mittler und Sohn, Königliche Hofbuchhandlung
hierselbst, erschienen.
Sigmaringen, 25. Mai. Ihre Königlichen Hoheiten der 8a von Hohenzollern und der Prinz und die Prin⸗ zessin Ferdinand von Rumänien sind heute Vormittag nach Bruͤssel abgereist.
Baden.
Seine Durchlaucht der Fürst von Waldeck und Pyrmont ist, wie die Karlsr. Ztg. meldet, vorgestern von Stuttgart zum Besuch Ihrer Königlichen Hoheiten des Groß— herzogs und der Großherzogin in Baden-Baden ein⸗ getroffen und daselbst bis gestern verblieben. .
hre Königliche Hoheit die Kronprinzessin von Schweden und Norwegen wird voraussichtlich am 29. d. M. in Baden⸗Baden eintreffen.
Braunschweig. Der Landtag hat sich gestern bis zum Januar 1895
vertagt. . Reusz ä. L.
4 Ihre Durchlauchten die Prinzessinnen Emma, Marie und Karoline sind am 23. d. M. von Stadthagen nach Greiz zurückgekehrt. .
Elsasꝛ⸗Lothringen.
In der vorgestrigen Sitzung des Landesausschusses eröffnete bei der zweiten Lesung der Gemeindeordnung der Stagtssekretär von Puttkamer die Debatte, indem er darauf hinwies, daß die Regierung ihre Zustimmung zu den Kommissionsbeschlüssen gegeben, obgleich sie manche Bedenken gegen einzelne Punkte gehabt habe. Sie habe. 6 einem Kom⸗ prömiß beitragen wollen, es sei aber in politischer Beziehung die Grenze der Zugeständnisse der Regierung erreicht. Der Abg. Jau nez verlas eine von den meisten Lothringern unterzeichnete Erklärung, worin ausgesprochen wird, daß sie dem Gesetz⸗ entwurf zustimmen würden, nachdem die Regierung zu ihrem Bedauern keine weiteren Zugeständnisse machen zu können erklärt habe und sie in dem Gesetz doch einen großen Fort⸗ schritt für die Gemeindeverwaltung erblicken müßten. Der Abg. Petri schloß sich diesen Ausführungen an, verneinte die der Kommission von der Presse vorge— worfenen reaktionären Bestrebungen und knüpfte daran die Bemerkung, daß sich der Landesausschuß durch derartige Angriffe nicht beirren lasse. Der Abg. Massing trat der Erklärung des Abg. Jaunez ebenfalls bei. Nachdem von dem Abg. Petri einige redaktionelle Aenderungen beantragt worden waren, denen die Regierung zustimmte, entspann 6 über S 5b eine längere Debatte. u diesem Paragraphen hatte der Abg. Spies folgende neue Fassung beantragt: „In den übrigen Gemeinden werden die Bürgermeister und die Beigeordneten aus der Zahl, der Mitglieder des Ge⸗ meinderaths durch den Bezirks⸗Präsidenten ernannt“, er verzichtete indeß auf seinen Antrag zu Gunsten eines Unterantrags Winterer, der aus dem 8 5h die Worte „in der Regel“ gestrichen haben wollte. Dieser Unter⸗ antrag wurde abgelehnt, nachdem der Unter⸗Staatssekretär von Köller in längerer Ausführung den Standpunkt der Regierun auseinandergesetzt hatte. An der Debatte betheiligten sich noch die Abg. Back und Bägert. Schließlich wurde 8 5b in der Kommissionsfassung angenommen, welche lautet:
„In den übrigen Gemeinden werden die Bürgermeister und Bei⸗ geordneten aus der Zahl der Mitglieder des Gemeinderaths durch den Bezirks⸗Präsidenten ernannt. Ausnahmẽsweise kann eine dem Gemeinde⸗ rathe nicht angehörige Person zum Bürgermeister oder Beigeordneten ernannt werden. Die Ernennung erfolgt in diesem Falle durch das Ministerium, in der Regel aus der Zahl der wahlberechtigten Ein—⸗ wohner der Gemeinde 3 24.“ . —⸗
In der am Nachmittag fortgesetzten Sitzung wünschte der Abg. Back bei § 6 bestimmte Beamtenkategorien nicht von der Ernennung zu Bürgermeistern und Beigeordneten aus—⸗
eschlossen zu 6 drang jedoch mit seinem Wunsche nicht . Nach einem Antrage des Abg. Ditsch soll zu Abs. 4 des 57 („Das Ministerlum kann hinsichtlich der gemäß Sz 5b ernannten Bürgermeister die Dienstbezuͤge in Gemeinden von 2000 und . Einwohnern . Anhörung des Gemeinderaths festsetzen“ hinzugefügt werden: „wenn die Ein⸗ nahmen dieser Gemeinden 40 000 A übersteigen.“ Dieser Antrag wurde zurückgezogen, bis die Regierung Ma⸗ terial gesammelt haben werde um die Konsequenzen des Antrags zu übersehen. Die Berathung des 8§ 8 Abs. 1 („Die Bürgermeister und Beigeordneten werden auf längstens neun Jahre ernannt“) wurde auf Antrag des Abg. Back bis zur Berathung über 8 30 ausgesetzt. Ferner beantragte der Abg. Dit sch, S8 Abs. 2 („Auf Antrag des Gemeinderaths kann die Ernennung der besoldeten Bürgermeister und der besoldeten Beigeordneten auf eine längere Dauer swie neun Jahre] er⸗ n, zu streichen. Nach längerer Debatte zwischen den Abgg. Dit sch, Back, Jeanty, Petri, Mieg, Köchlin und dem ö von Köller wurde der Antrag abgelehnt, ebenso ein Antrag des Abg. Henry zu 5 14, wonach die Mitglieder des Gemeinderaths bei öffentlichen Versteigerungen, welche Ausführungen und Lieferungen zum Gegenstande haben, nicht Ansteigerer sein dürfen. . 5s 17 Abs. 2 gelangte ein Antrag des Abg. Köchlin zur Annahme, dahin gehend, daß die Entlassung der Bürgermeister und Beigeordneten durch diejenige Behörde zu erfolgen habe, welche die Ernennung vellzogen habe. Die übrigen Paragraphen bis zu 5 22 wurden ohne Debatte erledigt.
Oesterreich⸗ Ungarn.
Der König von Rumänien traf, wie ‚W. T. B berichtet, e, Abend in Wien ein und setzte nach . Aufenthall seine Reise nach Brüssel fort.
In dem Klausenburger Memorandumprozeß machte der Präͤsident die Mittheilung, daß die erhanz lung gegen Albini wegen schwerer Erkrankung desselben verschoben worden sei.
Großbritannien und Irland.
Gladst one hat sich, wie ‚W. T. B.“ berichtet, gestern Vormittag am rechten Auge operieren lassen. Die Gperagtien glückte; der Staar wurde entfernt.
Das Unterhaus verwarf gestern mit 40 Stimmen Majorität den von Lubbock namens der Opposition ein— gebrachten Antrag auf eine Zerlegung des Budget— entwürfs in zwei Theile. Der Antrag ,, dem Ober⸗ hause zu gestatten, über einen bestimmten Theil der Finanz= projekte Harcourt's getrennt abzustimmen.
Bei einem gestern Abend in der St. James“ Hall den Offizieren des amerikanischen. Kriegsschiffs „Chieago“ von englischen Seeoffizieren unter dem Vorsitz Lord George Hamilton's gegebenen Bankett wurden mehrere Reden gehalten, worin auf die Bande des Blutes, welche die beiden Völker vereinigten, hingewiesen wurde.
Frankreich.
Ueber den weiteren Verlauf der Ministerkrisis liegen folgende Meldungen des „W. T. B.“ vor: Der Präsident Carnot berief gestern Vormittag den Präsidenten der Depu⸗ tirtenkammer Du puy in das Elysse. Dieser erklärte, er halte es für angezeigt, einen Versuch mit der radikalen Politik zu machen; er werde mit verschiedenen Abge⸗ ordneten Besprechungen abhalten und dem Präsidenten im Laufe des Nachmittags über das Resultat derselben berichten. Bei dem Empfang am Nachmittag lehnte Dupuy jedoch, wie der „Frkf. Ztg. berichtet wird, die Bildung eines Ministeriums ab. Darauf ließ der Präsident Carnot den früheren Finanz-Minister Peytral in das Elyse berufen, der den Auftrag, ein Kabinet zu bilden, aber ebenfalls abgelehnt hat. Peytral wollte sich gestern Abend mit seinen Freunden besprechen und dann dem Präsidenten Bericht erstatten.
Die Zollkommission der Deputirtenkammer be— schloß, jede Erhöhung des Zolles auf Rosinen abzu⸗ lehnen; ferner wurde ein Zoll von 10 bezw. 12 Centimes auf aus ländische Melasse beschlosen. /
Der in Paris verhaftete Anarchist Gauche soll die Lütticher Anarchisten durch Geldmittel unterstützt haben. Bei ihm wurde ein Testament gefunden, worin er sein ganzes Vermögen im . von 300 000 Fr. dem ebenfalls ver⸗ hafteten Anarchisten Grave für Zwecke der Propaganda ver⸗ macht hat.
Rußland.
Das Gesetz wegen Herabsetzung der Spiritus⸗ Exportprämie und wegen Einführung von Prämien bei der Ausfuhr von Branntweinfabrikaten und gereinigtem Kornbranntwein ist, wie „W. T. B.“ aus St. Petersburg erfährt, vollzogen worden.
Italien.
Die Deputirtenkammer nahm in ihrer gestrigen Sitzung die Handels⸗ und Schiffahrtsverträge mit Columbien und Paraguay an. Darauf wurde die Debatte über die Finanzmaßregeln wieder auf⸗ genommen. Der Deputirte Alessandro Costa erklärte, er nehme die Schlußfolgerungen des Finanzexposés Sonnino's an, wünsche aber größere Ersparnisse, und sprach sich gegen eine Erhöhung der Rentensteuer aus. Der Deputirte Barzilai bekämpfte die Vorschläge des Ministeriums. Der Deputirte Guicciardini erklärte sich für die von Sonnino für die Bedürfnisse des Budgets an⸗ gegebene Ziffer, schloß sich aber dem von der Kommission an⸗ genommenen Gegenprojekt an und verwarf eine Reduktion der Rente. Der Deputirte Vollenborg sprach gegen das Re⸗ gierungsprojekt. Darauf wurde die Sitzung ö. lossen.
Spanien.
Der Ministerrath hat dem „W. T. B. zufolge bei der Feststellung des Ausgabenbudgets eine Iris um 25 Millionen Pesetas in Aussicht genommen. — Das Rekrutierungsgesetz setzt den thatsächlichen Stand der Armee auf 82 000 Mann fuͤr Spanien und auf 16000 Mann für die Antillen fest.
Portugal.
Der König empfing gestern Nachmittag, wie ‚W. T. B.“ berichtet, eine Beputation von Senatoren und Depu⸗ tirten der Opposition, die gegen die Verzögerung der Einberufung der Cortes reklamierten.
Belgien. - Die Deputirtenkammer hat der „Köln. Itg.“ zufolge die Einführung des proportionalen Ra hisystem mit 61 gegen 41 Stimmen verworfen. 37 Deputirte, darunter sämmtliche Minister, enthielten sich der Abstimmung.
Serbien.
Dem „W. T. B.“ zufolge bestätigt sich die von der „Frkf. Ztg.“ gebrachte . von der . des radikalen Bauernführers Ranko Taisic; dagegen ist die Meldung des Wiener . von der Entdeckung einer ge⸗ heimen Fabrik von Munition für n, . unbegründet. — Der ehemalige Bauten⸗Minister Michael Bogicewie ist zum Bürgermeister von Belgrad ernannt worden.
Bulgarien. . Der Zusammentritt der bulgarischen Synode ist laut
Meldung des „W. T. B.“ wegen des Ausbleibens zweier Mit⸗ glieder um einige Tage verschoben worden.
Amerika.
Der Senat hat, nach einer Meldung des „W. T. . aus Washington, beschlossen, auf Weißblech einen Zoll vo 11½ Cents zu legen. . ö
Wie dem „New⸗Hork Herald“ über Buenos Aires s. f Rio de Janeiro gemeldet wird, theilte der Maric . Peixoto dem Kongreß in einer Botschaft mit, bie St el. frage zwischen Portugal und Brafllien fei gütlich g regelt worden.
Dem „New⸗York Herald“ wird ferner aus La Libertad
emeldet, daß seit dem 15. 8. M. schwere Kämpfe zwischen den ? , ,,. und den Regierungstruppen von San Salvador ausgefochten und dabei über 3000 Mann gefallen
und viele Mannschaflen verwundet worden seien.
Parlamentarische Nachrichten.
39 der heutigen 72. Sitzung des Hauses der Ab⸗ geordneten erklärte vor Eintritt in die Tagesordnung der
Abg. von Eynern (al): Bei der Berathung der Synodal⸗ n am 28. April habe ich die Aeußerungen zweier Mit⸗ glieder des Herrenhauses aus dem Jahre 1876 zitiert, die eine vom Grafen von Krassow, die andere vom Freiherrn von Maltzahn. Irr⸗ thümlicher Weise habe ich die Worte des letzteren Herrn als von dem Grafen Udo von Stolberg gesprochen angeführt. Ich möchte diefes Versehen hiermit berichtigen.
Zur Berathung stand zunächst der Antrag des Abg. Ring (kons) und Gen., betreffend Ergänzung der Kreis⸗ ordnung, weicher von der Kommission dahin geändert ist, daß dem 5§ 86 folgender Zusatz e en, werden soll:
Auf Antrag eines Provinzialausschusses kann durch Königliche Verordnung für einzelne Kreise der betreffenden Provinz bestimmt werden, daß von der anzurechnenden Grund- und Gebäudesteuer — . die Hälfte des Mindestbetrages auf die Grundsteuer ent— allen muß.“
Von dem Abg. Richter (fr. Volksp.) lag der Antrag vor: für den Fall der Annahme dieses Zufatzes weiter zu bestimmen:
„Wird eine selche Bestimmung getroffen, so sind diejenigen Landgemeinden der betreffenden Kreise, welche mehr als 10 060 Cin— e, ,,,. für die Kreistagswahlen dem Verbande der Städte zuzutheilen.“
Der Berichterstatter Abg. Frhr. von Richth ofen Jauer (kons.) erklärt sich gegen den Antrag, obgleich derfelbe der Kommission nicht vorgelegen habe.
Abg. Richter (fr. Volksp.): Mir ist kein Fall bekannt wie hier, wo mit einer solchen Ueberstürzung eine so tiefgehende Veränderung in, einem großen organischen Gesetz beschlossen werden soll. Man hätte doch wenigstenz dafür sorgen müssen, daß der Antrag früher eingebracht und auf die Tagesordnung gestellt würde. Wären wir in der Gemeindekommission vertreten gewesen, so würden wir darauf gedrungen haben, wenigstens die thatsächlichen. Unterlagen zur Klarstellung des Antrags in umfassender Weise zur Ver—⸗ öffentlichung zu bringen. Nach, dem Kommissionsbericht sind bis jetzt nur die Berichte einzelner Regierungs- Präsidenten über die Wirkung des Antrags eingegangen. Der Referent hat eine private Enguste veranstaltet und die schkesischen Kreise aufgefordert, sich über die Wirkung des Antrags zu äußern. Danach würde im Landkreise Breslau der Kommissionsbeschluß eine Verminderung der Wähler im Verbande der Großgrundbesitzer um 33 nach sich ziehen. Die Kommission hat . des obligatorischen Antrags Ring eine Fakultät vorgeschlagen, wonach die Provinzialausschüsse mit Königlicher Genehmigung ermächtigt sind, für die einzelnen Kreise zu bestimmen, daß in dem Zensus für den Wahlverband der Groß⸗ ö mindestensz 112 „ Grundsteuer enthalten sein müssen.
in solcher Vorgang ist sonst in der Kreisordnung nicht enthalten. Es werden nur die Provinzialvertretungen ermächtigt, in gewiffen Grenzen den Zensus für den Wahlverband der k zu ändern. Dieser ganze Antrag ist bekanntlich hervorgegangen aus den Verhältnissen des Kreises Teltow. Es ist nun ein ganz eigenartiger Vorgang, daß der Landrath Stubenrauch sich mit Mütheilungen 16 diesen Kreis nicht mit Hilfe der Stagtsregierung, sondern für sich an die Kommission gewandt hat. Will man dies aber gelten lassen, so hätte wenigstens sein Material auch dem Haufe unterbreitet werden müssen. Der Berichterstatter hat aus dem übersandten thatsächlichen Material über den Kreis Teltow Einzelnes herausgerissen, und in tendenziöser Weise zugespitzt. Im Kommissionsbericht wird behauptet, daß in Schöneberg und Rir— dorf allein 354 wahlberechtigte Hauseigenthümer vorhanden find. Nach der amtlichen Liste von 1891 sind aber in die Wählerliste des Ver— bandes der Großgrundbesitzer von Teltow überhaupt nur 217 Wähler eingetragen, Was Niederbarnim betrifft, so ste nach der letzten Liste nur 87 Wähler vorhanden, während der Bericht 133 Wahlberechtigte, davon 80 e aufführt. Eine so große Vermehrung der Wahlberechtigten in so kurzer Zeit wäre doch sehr ungewöhnlich. Jedenfalls
. man das ganze Material zum Vergleich heranziehen können.
Besonders urgiert wird in dem Bericht, daß unter den 354 wahl— berechtigten Hauseigenthümern ein großer Theil aus Bauunternehmern und Handwerksmeistern besteht. Sonst sprechen die Herren doch nicht o geringschätzig von diesen Kategorien. Unter den Mitgliedern des Wahlkörpers befinden sich guch einige Fräulein; sind die auch Ver— treter der Landwirthschaft? Als etwas ganz Erschreckliches wird mit getheilt, daß bei den letzten Reichstagswahlen Vertreter des rund 36 Quadrat ⸗Mellen umfassenden domänen⸗ fiskalischen Grundeigenthums und der etwa 3 Duadrat⸗Meilen großen Güter des HFöniglichen Hausfideikommisses nicht wieder⸗ gewählt sind, dagegen der Vertreter der Rieselgüter der Stadt Berlin ein Kreistags mandat erhalten hat. Es wäre aber ganz unnatürlich, wenn die Stadt Berlin als drittgrößte Grundbesitzerin des Kreises in der Vertretung desselben nicht repräͤsentiert wäre. Der Königliche 5 und das Hausfideikommiß repräsentiert im Kreise nur einen rund⸗ und Gebäudesteuerwerth von 21 000 Sς. gegenüber einem Gesammtwerth, von 300 0090 6. Es kommt nicht auf die Zahl der, Quadratmeilen an, sondern der Menschen und der Steuerktäfte. Wäre der Kommissionzantrag angenommen, so blieben von den 217 Wählern des Kreises Teltow nur 48 in dem Verband übrig. Sind denn im Kreise wirklich vorwiegend alte Geschlechter vertreten? Die Namen sprechen hier wie im Kreise Niederbarnim dagegen. Da die großen Güter immer mehr parzelliert oder von Berlin oder Terrain⸗ gesellschaften angekauft werden, so muß der Großgrundbesitz immer mehr an Bedeutung zurücktreten, während die Vororte Berlins immer mehr an Bedeutung gewinnen. Diese Vororte können entsprechend ihrer Einwohnerzahl und Steuerkraft eine ertretung im Kreistag, verlangen. Rixdorf, Schöneberg, et alf repräsentieren nach ihrer Einwohnerzahl mehr als ein Drittek, nach ihrer Steuerkraft über die Hälfte des . Nehmen Sie nun diesen Kommissionzantrag an, so werden ihre 16 Kreistags⸗ Abgeordnete auf 5H reduziert und sie werden an den Verband der andgemeinde verwiesen. Der Kreis Teltom hat allein einen Etat von 12090 009 S in Einnahme und Ausgabe. Wieviel Schulden er hat, weiß ich nicht. Sicher ist, daß große Summen für ein neues Kreishauß, für ein Kreis, Krankenhaus 'in Britz und füc unpassende Chausseen ausgegeben worden sind, und es ift ein offenes Geheimniß, daß der Ia r Stubenrauch nur ni ft, daß die großen Vororte don Berlin noch eine Reihe von Jahren in dem Verbande des Kreises gehalten werden, um die Steuerkraft dieser Vororte auß— zunützen im Interesse wesentlich der zurückliegenden Dörfer und Ortschaften. Da ist es kein Wunder, daß man ine Einverleibung der Vororte mit Berlin wünscht. Gs ist das richtigste, daß man diejenigen Orte, welche thatsächlich inen städtischen Charakter haben, bei den Kreistagswahlen auch dem Wahlverband der Städte zurechnet. Wollte man die Kreisorbnung ändern, so würden sich sehr viele andere Wege mehr empfehlen, als der hier vorgeschlagene. Für das richtigste würde ich eine Theilung des reises halten in einen eis der Vororte und einen mit landwirthschaftlichem Charakter. Dag wäre besser als eine [ . der Kreisordnung. Ich kann nur warnen, einen hic 2 zu betreten. Sie können aber nicht leugnen, daß ie thatsaͤchlichen Verhältnisse nicht entfernt durch den Komm ifsiong⸗
bericht erschöpfend zur Darstellung gekommen sind, und deshalb bitte ich, den Bericht an die Kommission zurück zu verweifen.
Abg. Ring (kons.): Nachdem der Abg. Richter selbst ausge⸗ führt, daß es das beste sei, die Einverleibung zu vollziehen oder k Städteordnung den größeren Vororten zu verleihen, hätte man er⸗ warten sollen, daß er seinen Eventuglantrag zurückgezogen hätte. Aus dem Antrag Richter würde den Gemeinden gar kein Vortheil erwachsen, dem Interesse der Vororte ist damit nicht gedient. Nach unserer Auffassung giebt es nur den einen Weg der Ein gemeindung. Eben weil man bei der Schaffung der Kreisord. nung nicht an solche Verhältnißse gedacht hat, thut es noth, Abhilfe zu schaffen. Der Kreis Teltow erhebt 30 o, von der Ein? kommensteuer. von welchen er aber 120/‚0 an die Provinz abzugeben hat, und 1509 von der Gebäudesteuer. Heute sind 135 Landgemeinden vertreten durch 6 bäuerliche Vertreter und 13 Vertreter der Vororte, und der Wahlverband des ländlichen Gro grundbesitzes durch 6 Groß⸗ d, r,. und. 1 Greßindustriellen. it dieser Zusammensetzung bei der ingemeindungsfrage zu verhandeln, ist eine Unmöglichkeit. Ich bitte Sie, den Antrag Richter abzulehnen.
6 Abg. Richter:; Mein Antrag ist mir gerade aus der Mitte der reise Teltow und Niederbarnim nabe t und vorgeschlagen worden. Alle, Kundgebungen aus diesen 3 richten 6 gegen den Antrag Ring. Hätte man den Kreisen mehr Zeit gelassen, fo würden sich die Kreise, die durch den Antrag in ihrer Bedeutung herab⸗ esetzt werden sollen, noch in umfassenderem Maße dagegen erklärt 6 Die Ziffern der privaten Liste können wir nicht kontrolieren und können nicht beurtheilen, inwieweit tendenziöse Auslegungen obwalten. Von altangesessenen Geschlechtern kann man im ganzen Kreise Teltow kaum noch sprechen; es giebt höchstens acht Güter, auf denen dieselbe Familie schon im vorigen Jahrhundert an⸗ gesessen war. Unter den Vertretern des Großgrundbesitzes mögen ja auch Hausbesitzer sein, die wohl Gebäudesteuer, aber wenig oder gar keine Einkommensteuer zahlen; aber es giebt auch Gutsbesitzer, die so hoch verschuldet sind, daß sie keine Cinkommen⸗ steuer zahlen. Was die Kreisberwaltung von Teltow betrifft, so ist nirgends im Staat ein solches Mlllionen Kreishaus gebaut worden. Allerdings habe ich bei der ersten Lesung eine falsche Ziffer genannt, aber die 1 800 000 1ƽ, welche für das Kreishaus verwandt sind, sind noch hoch genug. Die Voranschläge sind dabei reicherer Ausstattung der Fagade, des Inneren, namentlich der Sitzungssäle und der elektrischen Beleuchtungskörper wesentlich Überschritten worden. Wo in der Welt kommt eine solche Kreiswirthschaft vor? Dabei hat dieser Kreis keinen definitiven Charakter, er kann nicht auf die Dauer als einheitlicher Kreis verwaltet werden. Durch Annahme des Antrags Ring würde diese schlechte Wirthschaft, welche die Schöne berg Hausbesitzer abstellen konnten, wieder eingeführt werden. Abg. Ring: Meine Ziffern über die Anzahl der Hausbesitzer
als Vertreter des , , sind amtlich bestätigt worden. Der Landrath von Stubenrauch hat nicht der Kommission die amt— lichen Zahlen gegeben, sondern die Kommisston hat meine Ziffern von ihm auf ihre Richtigkeit prüfen lassen. Nach sehr eingehenden Be— rathungen war die Kommission der Meinung, daß eine ö er⸗ folgen müsse. Ich bitte Sie daher dringend, den Kommissionsantrag anzunehmen. ;
Der Antrag Richter auf k an die Kom⸗ mission wird hierauf gegen die Stimmen der beiden (schwach vertretenen) konservativen Parteien und einiger Zentrums—
mitglieder angenommen. (Schluß des Blattes.)
— Bei der gestern im 23. sächsischen Wahlkreis vorgenommenen Ersatzwahl zum Reichstag sind dem „W. T. B.“ zufolge bis jetzt gezählt worden: Für Geris (Sozialdemokrat) 8913 Stimmen, für Uebel (Kartellkandidat 5302, für Schabert (Antisemit) 498 und für von Schwarze fer Volksp.) 1764 Stimmen. Man nimmt als vorautz—⸗ sichtliches Resultat Stichwahl zwischen Gerisch und Uebel an.
. immer infolge
Kunst und Wissenschaft.
Im wissenschaftlichen Kunstverein hielt am 25. v. M. der Historienmaler Herr Bochenek einen Vortrag über „die Normalproportionen der menschlichen Gestalt', bei welchem der Vortragende die von ihm jüngst herausgegebenen fünf Tafeln Goldener Schnitt, Normalgestalten“ zur Veranschaulichung brachte. se, . führte der Redner aus, daß die Proportionsaufstellungen der Egypter, die in altindischen und griechischen Schriften hierüber enthaltenen Angaben die Annahme rechtfertigen: ‚die Kunst habe schon in ihren . eine Einheitlichkeit zwischen den Gliedern und Formen der menschlichen Gestalt vermuthet und der Lösung dieser Frage stets nachge⸗ strebt. Leider * von diesen Aufzeichnungen gerade das am meisten vollendete griechische System, aller Wahrscheinlichkeit nach seiner Einfachheit wegen, die es zum Gemeingut der Künstler hat werden lassen, mit dem Unter— gang der griechischen Kunst verloren gegangen. Die Beschäftigung mit dieser Materie gab dem Vortragenden schon während seiner Studienzeit in Rom die Gewißheit, daß wie die Kunst des Mittel- alters so auch die Renaissance, mangels eigener Wurzeln beziehungs« weise Grundformen, nur auf der empirischen Nachahmung der Antike basiere, deren Bedeutung schon aus der Hochachtung eines Raffael, Michel Angelo, Leonardo da Vinci ꝛc. fuͤr dieselbe zu folgern sei. Daß jede Kunstrichtung sich immer wieder an der antiken Kunst regeneriere, habe auch der hiesige Universitäts-Professor Dr. rey, in seinen Vorträgen nachgewiesen, und es sei unbestritten, daß die Antike selbst die volle Erkenntniß der Verhältniß - Harmonie der einzelnen Theile untereinander und zum ganzen zur Grundlage t habe. Diese Verhältniß⸗ Harmonie wieder aufzufinden, war Bochenek's Bestreben, wobei ihm die Kenntniß des goldenen Schnittes“ zur eth ff diente. Da jedoch die antike Kunst die Haupt⸗ charakteristik ihrer Gebilde stets der Zweckbestimmung anpaßte, wodurch z. B. die Amazone eine männliche, die Bacchus -Gestalt dagegen eine weibliche Brustbreite erhielt, konnte, bei diesen Abweichungen von der normalen Gestalt und besonders auch bei der großen Bewegung in den Formen, in der Antike selbst der Schlüssel zur Normal-⸗Proportion nicht gefunden werden. Nach eifrigem 6 gelang es nun Bochenek, ein eigenartiges geometrisches
onstruktionsverfahren zunächst für die männliche Gestalt aufzufinden, welches nach seiner Ansicht diese in vollendeter Form und so streng logisch ergebe, wie h. z. B. die Krystallisation der Salze vollziehe. Noch eines tieferen Eindringens in das erschlossene Gebiet aber bedürfte es, ihm zufolge, um mit Hilfe desselben Schlüssels die Profile, und noch mehr, um die weibliche Gestalt zu konstruieren, die sich zur männ⸗ lichen verhalte wie der Dur⸗ zum Moll⸗Aceord.
Nach diesen einleitenden Ausführungen demonstrierte der Vor⸗ tragende sein System, und unter Zuhilfenahme eines von ihm konstruierten Doppelzirkels, dessen Major und Minor im Theilungs⸗ verhältniß des „goldenen Schnittes“ zu einanderstehen, suchte er an den Tafeln ‚Normalgestalten“ nachzuweisen, daß die einzelnen Glieder sowohl unter sich wie zur ganzen Gestalt in einem einheitlichen Ver⸗ hältniß sich befinden, daß somit bei allen Körpertheilen einer Normalgestalt einerselts eine maßliche Abhängigkeit, andererseits aber auch eine volle Uebereinstimmung vorhanden sei. So z. H; korrespondlerten die Längen der Glieder mit ihren Breiten, es ständen die Ausladungen und Einschnitte, die Beugen und Kondylen, ja selbst die Sinnesorgane zueinander in einem einheitlichen Ver⸗ ältniß und die aus diesem , ,, heraus gebildete Gestalt müsse als eine 3 bezeichnet werden. Dieses ,. würde bei der von dem Vortragenden , , llebertrag⸗· barkeit auf das Thier, Pflanzen. und Mineralreich eine Per= spektive von weittragender Bedeutung eröffnen und einen bisher
ungekannten Aufschluß über die Grundformen der Natur. gebilde geben. Wenngleich das System, wie der Vortragende ausführte, mit der Darwin'schen , die Aehnlichkeit der Formen bis zu einem gewissen Gra .
habe, so stehe es dieser doch direkt gegenüber, weil es cht die Auf ⸗· lösung der Arten untereinander 6 e, sondern im Gegentheil die
charfe Abgrenzung aller Gattungen im Thier und Pflamzenreich alg eschlossene Arten, allerdings unter Anerkennun vielseitiger en n der . . Gegenstand des ng mache. Dies suchte der Redner auch speziell bei dem Menschen darzuthun, indem er die verschiedenen Raffen auf drei Rasfentypen zurückführte und diese wiederum auf eine Einheit reduzierte. Der Bocheneß⸗ chen Systematit würde, die Richtigkeit vorausgesetzt, eine e . 8m für die bildenden Künste nicht abzusprechen sein; denn m
Dilfe derselben würde die antfke Kunst leichter verständlich werden und die bisher nothwendig gewesene empirische Nachahmung dieser sich erübrigen und ein neues Fundament zum Kunst-Aufbau gewonnen sein. Eine eingehendere Prüfung des Systems wird künstlerischen Autoritäten dorzubehalten sein. Uebrigens sind die eingangs erwähnten nf Tafeln Goldener Schnitt, Normalgestalten . — welche die aße der Hauptansichten und Bewegungen der J, und weiblichen Gestalt mit den Skeletformen enthalten, — von Wendler, Wilhelm⸗ kel 99, Heß, Mohrenstr. 56, und Gold, Unter den Linden 41, zu eziehen.
Land⸗ und Forstwirthschaft.
Weinernte und Weinhandel.
Aus dem Reg.-Bez. Trier wird geschrieben: Der Abstich des 1893er Weins ist beendet. Der Jahrgang gilt als ein hervorra 4 Im Weinhandel herrschte in den beiden ersten Monaten dieses Fahres nur wenig Leben. Hierin trat jedoch mit Beginn der alljãhrlich im Heile. in Trier stattfindenden Weinversteigerungen der bekanntesten
. an Mosel und Saar eine Aenderung ein. Auf diesen Versteigerungen, deren Besuch von Jahr zu Jahr gestiegen ist und auf denen nur Weine von völliger Reinheit zugelaffen werden, ge⸗ langten im ganzen 1090 Fuder zu 960 bis 1600 1 zum Verkauf. Die Weine gehörten zum weitaus größten Theil dem ebenfalls vor⸗ züglichen Jahrgang 1392 an und erzielten einen Gesammterlös von 1749 3900 M60 oder durchschnittlich 1604 „ für das Fuder; der niedrigste Preis für 1 Fuder betrug 610 M und der böchste 5640 M
Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.
Cholera. Königsberg i. Pr., 25. Mai. Nach der ‚Königsb. Allg. Ztg.“ hat der Regierungè . Präsident infolge Auftretens der Cholera . . russischen Grenzprovinzen angeordnet, daß der ÜUebertritt von Personen aus Rußland nach den Kreisen Neidenburg und Ortels⸗ burg nur in Illowo stattfindet.
Verkehrs⸗Anftalten.
Laut i von Herbesthal vom 25. Mai 6,8 Uhr Vormittags ist die zweite englische Post über Ostende . Mai ausgeblieber Grund: Ungünstiges Wetter auf See.
Bremen, 25. Mai. (W. T. B) Norddeutscher Lloyd. Der Schnelldampfer Spreen, von New-⸗Vork . ist 63 24. Mai, 36 Uhr Nachmittags, auf der Weser angekommen. Der Reichs⸗Postdampfer »Sachsen⸗ hat am 24. Mai, g Uhr Vormittags, die Reise von Port Said nach Neapel ., Der Dampfer Uggndar, am 14. April von Bremen abgegangen, ist am 23. Mai in Rio de Janeiro angekommen. Der 8 önelldampfer Havel“, am 15. Mai von Bremen und am 16. Mai von Southampton abgegangen, ist am 23. Mai, 10 Uhr Vormittags, in New⸗Jork an⸗ kommen. Der Schnelldampfer Trave hat am 25. Mal, 4 Uhr
achmittags, die Reise von Southampton nach New-⸗Jork fortgesetzt. Der Schnelldampfer Fulda, am 12. Mai von New Hork und am 21. Mai von Gibraltar abgegangen, ist am 25. ai, 4 Uhr Nachmittags, in Genua angekommen. Der Postdampfer Weimg n“, am 19. Mai von Bremen abgegangen, ist am 23. Mai, 5 Uhr Morgens, in Baltimore angekommen. Der Postdampfer Graf Bismarcks, von Brasilien kommend, hat ain 35. Mai, 10 Uhr Abends, Plissingen passiert. Der Postdampfer Weser *, am 16. Mai von Neapel abgegangen, hat am 23. Mal, 7 Uhr Abends in New-⸗Jork angekommen. Der Postdampfer Darm stadt⸗ ist am 25. Mai, 2 Uhr Nachmittags, von Baltimore nach der Weser ab— gegangen. Der er d e stan 'r Salier“ hat am 25. Mai, 5 Uhr Abends, die Reise von Neapel nach Port Said fortgefetzt.
„London, 24. Mai. (W. T. B.) Die nion am pfer »Athenian“ und ‚Gaul' sind am Mittwoch auf der Heimreise von Kapstadt abgegangen.
Theater und Musik.
Königliches Opern haus.
Gestern wurde jum ersten Mfal Die verkaufte Braut“, komische Oper in drei Akten von Friedrich Smetana, Tert von K. Sabina, aufgeführt. Der Komponist, im Jahre 1824 zu Leitomischl in Böhmen geboren und 1884 in Prag , een, hinter ließ außer der genannten Oper, die am meisten Verbreitung gefunden hat und im vorigen Sommer bereits von einer böhmischen . im Theater Unter den Linden öfter gegeben wurde, noch 5 andere Dpern, einige symphonische Dichtungen, sowie Kammermusikwerke. Die Handlung ist etwas leicht entworfen, bietet aber Stoff zu vielen heiteren und dramatis wirksamen Seenen. Micha, ein reicher Bauer, besitzt zwei Söhne: Wenzel und Hans, von denen der letztere, aus erster Ehe stammend, das Haus seiner Stiefmutter längst verlassen hat und im Dorfe als ein bereits Verschollener betrachtet wird. Bei der Heimkehr giebt er sich niemandem zu erkennen, verliebt sich in die Tochter Marie des Bauern Kruschina, findet jedoch einen Nebenbuhler in seinem Stiefbruder Wenzel, der bei seinem lächerlichen Wesen zwar keine Gegenliebe findet, aber bemittelt ist, während Hans als Knecht sein Leben fristet. Wenzel beschließt daher, ihm seine Braut abzu⸗ kaufen. Der kluge Hans geht scheinbar darauf ein, macht jedoch in dem Kontrakt die Bedingung, daß nur ein Sohn Micha's die Braut heimführen darf, was ohne Bedenken gewährt wird. Nach allgemeinem Entsetzen des Volks und der Braut über diese That führt er, der ch als Sohn aus erster Ehe zu erkennen iebt, schließlich seine Marie heim. Die Musik, welche vielfach dem Vorbild Lortzing's folgt, übertrifft diesen durch größere Feinheit der Instrumentierung und durch den Reichthum an kunstvoll gebauten Chorgesängen und kleinen Ensemblesätzen. Von durchschlagender Wirkung ist die schon aus den Symphenie - Konzerten der Königlichen Kapelle, bekannte Ouvertüre, deren graziös auf- und absteigende melodiöse Violinfiguren ein reizendes böhmisches Tanzmotiv umschweben, das im . Chor und in den zahlreichen Ballets cenen wiedererscheint. Das erste Duett zwischen Hans und Marie, sowie das sich J Terzett „Alles ist so gut wie richtig' und das Finale des ersten Akts mit dem höchst lebendigen Ballet wurden von dem sehr zahlreich — ublikum mit rauschendem Beifall aufgenommen. Eine gleich inf ge Aufnahme wurde der Trinkseene des zweiten Akts, den komischen Gesängen des stotternden Wenzel und dem Duett. des Heirathsvermitt Kezal mit Hans zu theil. Der dritte Akt enthält einige Längen, doch ist die rührende Erkennungsseene der Eltern und dag Finale von bedeutender dramatischer und musikalischer . Unter den Dar⸗ stellern zeichneten sich Fräulein Weitz (Marie) durch ihren bis ins hohe 0 mit Leichtigkeit sich hinaufschwingenden klangvollen Sopran und ihre
Spielgewandtheit, sowie Herr Som mer (Hans) durch seine s