1894 / 125 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 30 May 1894 18:00:01 GMT) scan diff

1 und dem Königin Augusta Garde⸗Grenadier⸗ Regiment Nr. 4 (Kommandeur Oberst und Flügel⸗ Adsutant von Braunschweig), und 2. dem linken Flügel die zusammengestellte Brigade unter Befehl des General⸗Majors Knappe, Kommandeurs der Eisenbahn-Brigade, gebildet aus dem 1. Bataillon Garde⸗Fuß⸗Artillerie⸗Regiments (Regiments⸗ Kommandeur Oberst Freiherr von Reitzenstein, dem Garde⸗ Pionier⸗Bataillon ',, . Oberst⸗Lieutenant Schubert), dem Eisenbahn⸗ Regiment Nr. 1 (Kommandeur Oberst Schilh, dem Eisenbahn⸗Regiment Nr. 2 (Kommandeur Oberst⸗-Lieutenant Creuzinger, dem Eisenbahn⸗Regiment Nr. 3 Oberst Taubert) und der Luftschiffer⸗Abtheilung (Kommandeur Major Nieber).

Im zweiten Treffen standen eine zusammengestellte Garde⸗ Kavallerie⸗Brigade unter Befehl des General-Majors Prinzen u Salm⸗Horstmar, Kommandeurs der 1. Garde⸗Kavallerie⸗ Hege bn und zwar:; Garde⸗Kürassier⸗Regiment (Kommandeur Oberst⸗Lieutenant Graf von Klinckowstroem) und 2. Garde⸗ Ulanen⸗Regiment (Kommandeur Oberst⸗Lieutenant Freiherr von Langermann und Erlencamp), die dritte Garde⸗Kavallerie⸗ Brigade befehligt vom General⸗ Major von Kotze: 1. Garde⸗Dragoner⸗Regiment Königin von Großbritannien und Irland (Kommandeur: Oberst-Lieutenant von dem Knesebech und 2. Garde-Dragoner-Regiment (Kommandeur 2berst

einrich XIX. Prinz Reuß Durchlaucht), auf dem linken . die Garde⸗Feld⸗Artillerie⸗Brigade und das Garde⸗

ratn⸗Bataillon unter Befehl des Kommandeurs der Garde⸗ Feld⸗Artillerie⸗Brigade, General-Majors Freiherrn Neubronn von Eisenburg: J. Garde⸗Feld⸗Artillerie⸗Regiment (Komman⸗ deur Oberst von Sluytermann⸗Langeweyde), 2. Garde⸗ Feld⸗Artillerie⸗ Regiment 1. und 2. Abtheilung Kom⸗ mandeur Oberst von Saldern tn und das Garde⸗ Train⸗-Bataillon (Kommandeur Oberst-Lieutenant Eiswaldtäz. Die Bataillone standen in aufgeschlossener Doppelkolonne, die 4. Bataillone in aufgeschlossener Tiefkolonne, die Luft⸗ schiffer⸗Abtheilung in Kompagniekolonne, die Kavallerie in n f der Flanke abgeschwenkter Regimentskolonne, Artillerie in Breitkolonne, das Garde⸗Train⸗Bataillon in Linie.

Beim Erscheinen Ihrer Majestäten wurden die K uerst im ganzen, dann brigadeweise ausgeführt. Die National⸗ ymne wurde nicht gespielt. .

Die Besichtigung des zweiten Treffens erfolgte vom linken

Flügel aus. .

Es fanden zwei Vorbeimärsche statt. Beim ersten Vorbei⸗ marsch defilierte das erste Treffen in Kompagniefronten, vom zweiten Treffen die Kavallerie in Eskadronsfronten mit halbem Tiefenabstand, die Artillerie in Batteriefronten, das Garde— Train⸗Bataillon in Kompagniefronten sämmtlich im Schritt.

Der zweite Vorbeimarsch wurde von den Infanterie⸗ Regimentern in Regiments⸗Kolonne, die 14. Kompagnie links neben der 13. Kompagnie, von den selbständigen Bataillonen in Kompagnie⸗Front⸗Kolonne, von der Eisenbahn-Brigade in Brigade⸗Kolonne, von den Truppen des zweiten Treffens wie der erste Vorbeimarsch, jedoch im Trabe, die Kavallerie mit ganzem Tiefenabstand, ausgeführt. Die Haupt⸗-Kadetten⸗ anstalt und die Luftschiffer-⸗Abtheilung fielen beim zweiten Vorbeimarsch aus. Nach beendeter Parade formierten sich die Truppen zum Abmarsch und rückten unter klingendem Spiel in ihre Quartiere ab. .

Die Fahnen und Standarten waren heute früh 7i/ Uhr aus dem Königlichen Schloß abgeholt worden, und zwar die Fahnen durch eine Kompagnie des 2. Garde-Regiments F die Standarten durch eine Eskadron des Garde⸗ kur fier Regiments. Nach der Parade wurden die Feldzeichen durch eine Kompagnie des 2. Garde⸗Regiments z. F. bezw, durch eine Eskadron des Garde-Kürassier⸗Regi⸗ ments nach dem Königlichen Schloß zurückgebracht. Seine Majestät der Kaiser und König begleiteten die Fahnen— Kompagnie. -

Zur Verminderung von Verkehrsstockungen hatten die Truppentheile beim Marsch zu und von der Parade 6. östlich und westlich der Friedrichstraße genommen, nur die Fahnen⸗ Kompagnie, die Standarten⸗Eskadron, das Garde⸗Füsilier⸗ Regiment, das Füsilier⸗Batagillon des Kaiser Alexander— Garde⸗Grenadier⸗Regiments Nr. 1 und das 2. Garde⸗Feld⸗ Artillerie⸗Regiment passierten die Friedrichstraße, das Hallesche Thor und die Belle⸗Alliancestraße. : .

eute Abend 8 Uhr findet im Opernhause eine Militär⸗Fest⸗ vorstellung statt, zu welcher an die bei der Parade betheiligt ge— wesenen Stäbe und Truppentheile Billets ausgegeben worden sind.

Die vereinigten Ausschüsse des Bundesraths für Zoll— und Steuerwesen und für Handel und Verkehr hielten heute eine Sitzung.

Unter Vorsitz des Ministers für Landwirthschaft, Domänen und Forsten von Heyden ward gestern die General⸗ diskussion über die Berathungsgegenstände der Agrar— Konferenz fortgesetzt. Im en. der Verhandlung über⸗ nahm zeitweilig Ministerial⸗Direktor Ster neberg den Vorsitz.

. Dr. Gonrad⸗Halle wünschte eine Fortführung der Agrarstatistik in verschiedenen Richtungen, da es ihm zu einer völlig 1 Beurtheilung der Verschuldungsverhältnisse des länd— lichen Besitzes an einem allen Anforderungen genügenden Material egenwärtig fehle. Immerhin, führte er aus, erfordere die prekäre age der Landwirthschaft eine intensive, staatliche Hilfe. Bei den Maßregeln auf dem Gebiet der Verschuldungsfrage sei seines Erachtens zwischen bäuerlichem und , zu unterscheiden. ür ersteren dürfte sich die Einführung einer fakultativen Ver— chuldungsgrenze mit gleichzeitigen angemessenen Kreditbegünstigungen empfehlen, für letzteren bedeutungslos sein; obligatorisch würde sie für beide verderblich sein. Hinsichtlich der Frage der Erbrechtsänderung sei mit obligatorischer Einfuhrung des Anerbenrechts vorzugehen; die Größe der diesem zu unterstellenden Güter dürfe jedoch nicht zu niedrig bemessen werden. Die Neubildung von Bauerngütern durch Zerschlagung größeren ,,. halte er in einzelnen , für an⸗ gezeigt, warne jedoch vor einer derartigen prinzipiellen Maßnahme. General⸗Landschafts⸗Direktor Bon⸗Königsberg i. Pr. vertritt seinen gestern bereits dargelegten Standpunkt, indem er sich wiederholt egen eine gesetzliche Verschuldungsgrenze erklärt. Da nach n. einung 66 bis 760/90 aller Hypothekenschulden auf. Durchführung von Meligrationen und unverschuldete Nothlagen ,. seien, erscheint ihm Professor Serings Forderung der Schuldbeschränkung, der er für diese Fälle eine Ueberschreitung der Verschuldungsgrenze estatten will, schon aus diesem Gesichtspunkt nicht als wirksam. dir Hinweis auf die Schwierigkeiten der Gründung einer allgemeinen Kreditanstalt zur Ablösung der Hypotheken, nach Erörterung über die seines Erachtens unrichtige Ausführung der Stein⸗Hardenberg'schen Gesetzgebung betreffs zahlreicher Gemeinheitstheilungen des Ostens und nach einer Betrachtung der Rentenguts⸗Gesetzgebung, ihrer

Wirkungen und ihrer Durchführung, trug Redner seine Ansicht über die Verschuldungsverhältnisse Ost . vor und theilte statistische Daten mit, aus denen er den Schluß zog, daß die Lage des Grund⸗ besitzes nicht so ungünstig sei, wie sie von vielen Seiten geschildert

erde. Eine wirklich bedenkliche Situation erkannte er vor allem für die kleineren, nicht dem bäuerlichen Stande , , . sondern aus anderen Kreisen hervorgegangenen Besitzer und für die Bauern polni⸗ scher Nationalität in efwa neun Kreisen Ostpreußeng an.

Finanz⸗Minister Or. Miguel erklärte nach Richtigstellung ver⸗ schiedener Ausführungen des Vorredners, daß er sich bei der gegen⸗ wärtigen Konferenz aller positiven Vorschläge enthalte. Zweck selner

estrigen und heutigen Bemerkungen sei ausschließlich der, auf die ohe Bedeutung der zur Berathung stehenden Fragen hinzuweisen, und die Pflicht des Stagts, in eine besonnene Erörterung der un= , vorhandenen Mißstände und der Mittel zu ihrer Beseiti⸗ gung einzutreten, durch nähere Beleuchtung der Erbrechts⸗ und Ver⸗ schuldungsfrage darzulegen. ; .

Geheimer Ober⸗Regierungs⸗ Rath. Gam p- Berlin erblickt die Hauptursachen der Verschuldung des ländlichen Besitzes im Osten der Monarchie in den drückenden Staatssteuern, Schul⸗, Armen und Wegebau-⸗Lasten, Kreis und sonstigen Kommunalsteuern, in der bedeu⸗ tenden Anspannung des Meliorations⸗ und Betriebskredits zufolge der hohen technischen Entwickelung der Landwirthschaft, in den zu hohen Zinssätzen bei weitgehendem Kreditbedürfniß und er hofft betreffs aller dieser Punkte von einer die ungünstige Lage der Landwirthschaft würdigenden Gesetzgebung Abhilfe der vorhandenen Mißstände. Er tritt ein für eine Zwangsamortisation der Hypotheken mit erhöhten Amortisgtionsbeträgen zu etwa 2 00 des Kapitals unter der Zulässigkeit des Nachlasses der letzteren in einzelnen Jahren, und wünscht zur Durchführung dieser Maßnahme die Vermittelung der vom Staat dieserhalb , . auszustattenden Landschaften. Die staatliche Unterstützung soll nach seinem Vorschlage darin be⸗ stehen, daß die Alters, und Invaliditäts-Genossenschaften die aus landwirthschaftlichen Betrieben stammenden Beiträge in Pfandbriefen anzulegen verpflichtet werden, und daß diese von der Reichsbank im Falle der Lombardierung ebenso behandelt werden wie die Konsols. Auch wird seinerseits die Ueberweisung des auf 20j0 zu erhöhenden Im— mobiliarstempels an die Landschaften in Anregung gebracht. Nach eingehenderen Ausführungen über die , des Personalkredits tritt Redner der Forderung nach einer obligatorischen . (3 des als kapitalisierter Pachtzins gedachten Kaufpreises) bei; bringt zur Erwägung, ob nicht Beamtenpensionen und Alters und Invaliditäts⸗ renten auf Wunsch des Empfängers gegen die Verpflichtung zum Er⸗ werbe von Grundbesitz in Kapitalabfindung umgewandelt werden können, und schließt nach kurzer Berührung der Erbrechtsfrage, auf die von ihm weniger Gewicht gelegt wird, mit der Bitte um Aufnahme einer Statistik des Besitzwechsels gelegentlich der Erhebung des Immobiliarstempels. .

reiherr von Hu ene⸗Groß⸗Mehlendorf erläutert, die Noth⸗ wendigkeit, welche bei der gegenwärtigen 3 der Landwirthschaft für die Staatsregierung bestehe, in eine sorgfältige Berathung der zur Erörterung gebrachten . einzutreten. Für die etwa zu ergreifenden gesetzgeberischen Maßnahmen wünscht er keine Unterscheidung zwischen roßem und kleinem Grundbesitz. Er spricht sich für eine zwangsweise , der Hypothekenschulden ohne zu weit gehende Staats—⸗ hilfe aus und hält die Einführung des Anerbenrechts als Intestat- erbrecht dort für angängig, wo die Sitte der Vererbung, des Besitzes auf einen Familienangehoörigen noch thatsächlich geübt wird. ,

Graf von Doenhoff⸗Friedrichstein erläutert die schwierige Lage der Landwirthschaft, besonders im Osten der Monarchie. Er weist hin auf die dortige große Einschränkung der Arbeitszeit zufolge der ungünstigen klimatischen Verhältnisse und setzt die erheblichen Nachtheile dieses Umstandes auseinander. Als andauernd steigendes Hauptdruckmoment für die Landwirthschaft bezeichnet er die im In— lande vorhandenen bedeutenden ausländischen Werthe insofern, als deren Zinsen zum großen Theil als Naturprodukte fremder ackerbau— treibender Länder zu uns gelangen.

Rittergutsbesitzer von Puttkamer-Plauth konstatiert die all⸗ gemeine erhebliche Verschuldung des ländlichen 5 Er ist der Ansicht, daß Maßnahmen auf dem Gebiete des Erbrechts und der Entschuldung absolut ungenügend seien, der Nothlage der Landwirth⸗ schaft abzuhelfen. 3 Erörterung des seines Erachtens in erster Linie dringend nothwendigen reformatorischen Vorgehens betreffs verschiedener anderer, diedandwirthschaft berührender Gegenstände (Eisen⸗ bahntarife, Kleinbahnen, Viehseuchengesetzgebung, Wollzoll ꝛc. unterzieht er die von mehreren Seiten zur Umwandelung der Hypothekenschulden in unkündbare amortisierbare Renten gemachten Vorschläge einer ab— fälligen Kritik und gelangt zu dem Resultat, daß er keinen jener Wege für genügend gangbar und annehmbar anzusehen vermöge. Dagegen glaubt er, ah eine Reform des Erbrechts in der Richtung des An⸗ erbenrechtsz sich ermöglichen lasse, wenngleich er auch hierfür wie für alle zur Berathung stehenden Maßnahmen überhaupt den jetzigen Zeit⸗ punkt als ungeeignet bezeichnet. Er wünscht in erster Linie Maßregeln

egen das Sinken der Bodenwerthe und der Reinerträge, damit die zandwirthschaft sich zunächst wieder kräftigen und die großen Reformen ertragen könne, ermahnt im übrigen aber zu vorsichtigem Vorgehen.

Professor Dr. Adelf. Wa gner⸗Berlin wünscht, gleich Professor Conrad, weitere agrarstatistische Erhebungen, wenn auch nicht für die Zwecke der gegenwärtigen Konferenz. Er beleuchtet, den Gegensatz in der sozialen Auffassung des Eigenthumshegriffs, wie er bei der bis— herigen Berathung zwischen der germanistischen Eigenthumsanschauung und der individualistischen Eigenthumsvorstellung des römischen Rechts hervorgetreten sei. Im allgemeinen bekennt sich der Redner zu den von e, Sering entwickelten Grundsätzen. Er hält eine obli« gatorische Einführung des Anerbenrechts für angezeigt, möchte die gesetzliche Verschuldungsbeschränkung, welche den Realkredit schwäche und die Kaufpreise der Landgüter drücke, nicht generell, sondern nur für gewisse Fälle eingeführt sehen und empfiehlt zur Umwandlung der Hypotheken in Renten wie zur besseren Organisation des länd⸗ lichen Kredits überhaupt die Entwickelung eines Systems öffentlicher, . ö. die Gemeindeverbände stützender Banken für die ganze

onarchie.

General ˖Kommissions⸗Präsident Metz Frankfurt a. O. zieht aus dem Umstande, daß der General⸗-Kommission zu grantfurt a. O. zahlreiche Anträge auf Rentengutzbildungen aus Pommern und Brandenburg, und zwar für eine Fläche von 46 089 ha vorliegen, Schlüsse auf die erhebliche Verschuldung des dortigen ländlichen Besitzes, die durch statistisches Material näher begründet werden. Des weiteren e, er sich über die bei Ausführung der Rentengutsgesetze gemachten Erfahrungen der General⸗Kommission. -

Rittergutsbesitzer von Knebel⸗Döberitz auf. Lübgust (Pommern) schildert die Ueberschuldung des mittleren und die un⸗

ünstige Lage des übrigen Grundbesitzes seiner Heimath, der nach . Erfahrungen bei der , , von Konsumvereinen vielfach in eine wirthschaftlich sehr schädliche Abhängigkeit von Handels und Geschäftsleuten gerathen sei, und tritt auf das lebhafteste für baldige und er g Maßnahmen auf dem Gebiete des Erbrechts und der Schuldentlastung bezw. Beschränkungen der Verschuldungsfreiheit ein.

Die Verhandlung wurde auf heute, Mittwoch, Vor⸗ mittags 10 Uhr, vertagt.

Roßla, 2. Mai. Die Fürstin⸗Mutter zu Stol⸗ berg⸗Roßla, , Prinzessin zu MYsenburg und . ist heute früh 5 Uhr von einer gesunden Tochter glücklich entbunden worden.

Bayern.

Seine Königliche Hoheit der Prinz⸗Regent nahm gestern mit Seiner Durchlaucht dem Fürsten von Waldeck und Pyrmont die Parade uͤber die Münchener Garnison ab. Am Nachmittag begab sich der Fürst von Waldeck und Pyr⸗

mont zum Besuch Seiner Königlichen Hoheit des Groß— herzogs von Luxemburg nach Schloß Hohenburg bei Tölz.

Die Kaiserin von Oesterreich ist gestern von München nach Wels abgereist. ;

Die Kammer der Reichsräthe hat gestern die Vor⸗ lage über die Aufbesserung der Gehälter der Geist⸗ lichkeit unverändert angenommen. Der Bischof Stein und der Konsistorial⸗Präsident Stählin dankten der Re ierung. Das Haus erledigte dann eine Reihe von Etats, darunter den fuͤr Reichszwecke und den Zoll⸗Etat, wobei der Berichterstatter Pr. Buhl der Ansicht des Ausschusses dahin Ausdruck gab, daß die Festlegung der finanziellen Beziehungen zwischen dem Reich und den Einzelstaaten für beide Theile ein großer Segen sein würde. Die Tabackfabrikatsteuer werde von den Interessenten als die richtigste Steuerart betrachtet. Die von der Kammer der Abgeordneten beschlossene Novelle über Abänderung des Heimathgesetzes lehnte das Haus mit allen egen eine Stimme ab, weil die Novelle die Brücke zu dem en des Unterstützungswohnsitzes bilde und für die Ge⸗ meinden von sehr fraglichem Nutzen sei. Die von der Kammer der Abgeordneten gestrichenen 100 000 S für den Plan eines Donau == Main⸗Kanals stellte das Haus wieder ein. Der Gesetz⸗ entwurf über Einrichtung einer Kettenschiffahrt von Aschaffen⸗ burg bis Kitzingen durch Staatsbetrieb wurde einstimmig an⸗ genommen.

Württemberg.

Die Kammer der Abgeordneten trat gestern in die Berathung des Entwurfs eines Verfassungsgesetzes über eine anderweitige Zusammensetzung der Ständekammer ein. Am Ministertisch hwatten sämmtliche Staats-Minister Platz genommen. Der Berichterstatter der Kommissionsmehrheit Vize⸗Präsident Dr. von Göz begann seinen Vortrag mit dem Wunsch, daß die Berathungen unter dem Eindruck des Zitats stehen möchten: der Worte sind genug ge— wechselt, laßt Uns nun endlich Thaten sehen. Eine ideale Zusammensetzung der Ständekammer gebe es nicht, und er empfehle auch die Kommissionsvorschläge nicht unter dem Ge⸗ sichtsßpunkt der Vollkommenheit, sondern als die Zusammen⸗ fassung derjenigen Punkte, über die unter den jetzt obwaltenden Verhältnissen am ehesten eine Verständigung der 1 Faktoren möglich sei. Die Kommissionsvorschläge bewegten ich in der Mitte zwischen dem Entwurf und den Payer'schen Anträgen. Gegen die neuen Elemente, die der rt i in die . Kammer einzuführen vorschlage, werde die Deutsche Partei geschlossen stimmen. Weder diese Institution neuer Privilegierten, noch der Antrag einer reinen Volkskammer hätten Aussicht durchzudringen. Abgesehen von der Stellungnahme der Staatsregierung und der Ersten Kammer würde der Antrag Payer nicht einmal in der Kammer der Abgeordneten die er⸗ forderliche Zweidrittel⸗Mehrheit finden, selbst wenn die Deutsche Partei geschlossen für ihn eintreten wollte. Es kämen also lediglich die Kommissionsvorschläge ernsthaft in Betracht. Die weiteren Ausführungen des Redners galten der Untersuchung, ob für diese die erforderlichen 60 Stimmen gewonnen werden könnten. Er appellierte in dieser Hinsicht „an die freudige Opferwilligkeit oder die vernünftige Resignation“ der Ritter⸗ bank, die, wenn der jetzige Entwurf an ihrem Wider⸗ stand scheitern sollte, kaum erwarten könne, bei dem nächsten Versuch einer Verfassungsrevision so glimpflich wegzukommen. Er wandte sich ferner an seine Parteigenossen mit dem Hinweis, daß von den drei im neuen Programm der Deutschen Partei aufgestellten Forderungen zwei (staͤrkere Ver⸗ tretung der großen Städte und Reform der Ersten Kammer) jetzt sofort in Erfüllung gehen könnten und im dritten Punkt (Beseitigung der Privilegierten) wenigstens etwas erreicht und eine künftige völlige Erfüllung erleichtert werde, während bei Verwerfung der Kommissionsvorschläge einfach alles beim alten bleibe. Endlich wandte sich der Redner an die Linke bezw. die Volkspartei, die allerdings durch eine Koalition mit den Privilegierten die Kommissionsvorschläge leicht zu Fall bringen könne, damit aber nur diesen ihre Sitze gerettet haben werde, während sie selbst dann in eine andauernde Kampf⸗ stellung gegen alle Freunde der jetzt möglichen , , ,,. werde, bei der leicht andere wichtige Aufgaben nothleiden und wobei die Vorkämpfer der reinen Volkskammer eine Ent⸗ täuschung über die Zugkraft dieser Parole erleben könnten. Mit der Mahnung an alle Gruppen des Hauses, den Augen⸗ blick zu ergreifen und in der Beschränkung sich als Meister zu zeigen, , der Redner unter dem Beifall seiner Partei⸗ reunde. e Mitt nacht das Wort und begründete die Regierungs⸗ vorlage in mehr als einstündiger, oft von Beifall begleiteter Rede. Außerdem sprachen noch die Abgg. Bantleon und von Weizsäcker.

Baden.

Ihre Königliche Hoheit die Kronprinzessin von Schweden und Norwegen ist gestern Mittag aus Italien in Baden⸗Baden eingetroffen. Ihre Königlichen Hoheiten der Großherzog und die Großherzogin waren Höchstderselben bis Oos entgegengefahren. Die Kronprinzessin gedenkt 14 Tage in Baden zu verweilen.

Braunschweig.

Seine Königliche Hoheit der Prinz Albrecht von Preußen, Regent des Herzogthums Braunschweig, Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin, 3. der Prinz . Wilhelm sind gestern Nachmittag von Blankenburg na Berlin abgereist. Im Gefolge befanden sich: die Hofdame Fräu⸗ lein von Boehn, der Zeremonienmeister Graf Keller, der Ritt⸗ meister von Stangen und der Premier⸗Lieutenant von der Osten.

Elsasß⸗Lothringen.

Der Landesausschuß hat in ö. gestrigen Sitzung

in dritter Lesung den . über die neue Ge mein de⸗ or dnung mit einer unwesentlichen Aenderung in der von der Spezialkommission in Uebereinstimmung mit der Re⸗ ierung vorgelegten Fassung in dritter Lesung angenommen. ger er Abstimmung, die eine namentliche war, stimmten 42 Abgeordnete für den Gesetzentwurf, 4 dagegen, und 4 enthielten sich der in f iermit war die Tages⸗ ordnung erschöpft. Der Staatssekretar von Puttkamer verlas hierauf im Namen des Statthalters eine Kaiserliche Ordre, durch welche die 21. 3. geschlossen wird. Der Präsident Dr. Schlumberger schloß die Sitzung mit einem dreimaligen Hoch auf Seine Majestät den Kaiser.

Sodann ergriff der Minister⸗Präsident Dr. Freiherr

Oesterreich⸗ Ungarn.

Der Kaiser hat, wie W. T. B.“ meldet, den Herzog von Sachsen⸗Coburg und Gotha zum Oberstinhaber des 84. Infanterie⸗Regiments ernannt.

An der Tafel, die gestern im Zeremoniensgal der Hofburg abgehalten wurde, nahmen außer dem Kaiser theil: Der König beider Sizilien, der Herzog von Sachsen— Coburg und Gotha, der Graf von Caserta, die in Wien anwesenden Erzherzoge und k die Prinzen Ludwig August, Äugust Leopold und Ludwi von Sachsen-⸗Coburg, der Kardinal Fürst⸗ abi hg, Gruscha, der deutsche Boischafter Graf zu Eulenburg, der eng⸗ lische Botschafter Monson, die obersten Hofchargen, die Minister⸗Präsidenten Fürst Windischgrätz und Dr. Wekerle, die Minister Graf Käalnoky, von Kallay und von Krieghammer, die General⸗Adjutanten, die Suiten vom 3 und vom Ehrendienst, sowie eine Deputation des

nfanterie⸗Regiments 84. Dem Hofkonzert am Abend wohnten der Kaiser, die in Wien anwesenden Fürstlichkeiten und die Mitglieder des Kaiserlichen Hauses, sowie das diplo⸗ matische Korps, die österreichischen und die zur Zeit in Wien anwesenden ungarischen ,. außer dem Grafen Tisza bei. Während der Pausen sprach der Kaiser den Nuntius Agliardi, die Botschafter, sowie die Gemahlinnen derselben an. Nach dem Konzert hielt der Kaiser Cercle und drückte den mit⸗ wirkenden Künstlern und Künstlerinnen seine vollste Aner— kennung aus.

Der ungarische Handels-Minister von Lukäcs konferierte gestern Nachmittag mit dem Minister des Auswärtigen Grafen Kälnoky über Angelegenheiten seines Ressorts. Später kon—⸗ ferierte der ungarische Minister-Präsident Dr. Wekerle mit dem Finanz⸗Minister Dr. von Plener.

Bas Herrenhaus hat gestern den Staats⸗Vor— anschlag und das Finanzg ö. für das Jahr 1894 an⸗— genommen.

Im Abgeordnetenhause beantragte bei der weiteren Berathung der Preßnovelle der Abg. Schwarz, einen beson— deren Paragraphen über den Schutz des Abdrucks der Reichs⸗ rathsreden einzufügen. Der Antrag wurde abgelehnt. Im Laufe der Debatte betonte der Abg. Kopp, es sei wünschens— werth, den Antrag zugleich mit der Frage der Staats— sprache zu behandeln. Der Justiz-Minister Graf Schönborn erklärte sich gegen den Antrag; es sei Sache der Ge— richte, über die Wahrheitstreue der Berichterstattung aus dem Parlament zu entscheiden. Das Preßgesetz ziele dahin, die wirklich gehaltenen Reden zu schützen, nicht das, von dem jemand behaupte, daß es gesprochen worden sei. Der Minister wies als⸗ dann die Behauptung der Jungczechen energisch zurück, daß er ein Feind des böhmischen Volkes sei; nur blinder Haß könne so sprechen.

Der Bericht, welchen der volkswirthschaftliche Aus— schuß des Abgeordnetenhauses über die österreichisch⸗ russische Handelskon vention erstattet hat, erkennt auf das wärmste den erfreulichen und ersprießlichen Erfolg an, den die Regierung durch die . dem Wege freundschaftlicher Verständigung erzielte Lösung der aufgetauchten Schwierig— keiten im Verkehr mit Rußland erreicht habe. In dem Bericht heißt es, dieser Erfolg sei um so höher anzuschlagen, als er den Interessen beider Theile gleich⸗ mäßig Rechnung trage. Die von seiten Ruß⸗ lands erreichten Begünstigungen entsprächen vollkommen den vom Abgeordnetenhause am 9. März 1894 ausgesprochenen Erwartungen, und andererseits ließen die Rußland eingeräumten Konzessionen keinen Grund zu Einwendungen gegen die Handels⸗ konvention zu. Oesterreich räume nunmehr allen Staaten, mit denen es Verträge abgeschlossen habe, das Recht der Meist— begünstigung ein. Der Ausschuß empfiehlt die Annahme der Konventlon.

Großbritannien und Irland.

Das Unterhaus setzte gestern die Budgetdebatte fort und verwarf, wie ‚W. T. B.“ berichtet, mit 231 gegen 199 Stimmen ein von Sir Richard Webster eingebrachtes Amendement zu der Erbschaftssteuer. Die Regierung hatte dieses Amendement bekämpft.

Frankreich.

Dem Vernehmen nach hat Dupuy, wie „W. T. B.“ meldet, die Bildung des Kabinets beendet, das folgendermaßen nnn eg f, sein soll: Du puy Prãäfidium, Inneres und Kultus, Gusrin Justiz, Hanotea ux, bisher Direktor im Auswärtigen Amt, Auswärtiges, . Finanzen, Leygues Unterricht, Mercier Krieg, Felix Faure Ma⸗ rine, Barthou oͤffentliche Arbeiten, Delcasss Kolonien, Lourties Handel und Viger Ackerbau. Die amtliche Be— kanntmachung im, Journal officiel“ wird für morgen erwartet.

Die gemäßigten Blätter äußern sich sehr be⸗ friedigt über das neue Ministerium und konstatieren, daß sämmtliche Mitglieder in der Syndikatsfrage für das Ministerium Casimir Périer gestimmt hätten. Nach einer Meldung des „Journal des Bébats“ werde Poincarés den Budgetentwurf Burdeau's nicht zurückziehen, damit die Kommission die Prüfung der AUusgaben fortsetzen könne. Inzwischen werde Poincarés ein rektifiziertes Einnahme⸗ budget vorbereiten.

Italien.

Der König . wie „W. T. B.“ aus Rom berichtet, gelen unerwartet in der Universität, während die Studenten en Jahrestag der Schlacht bei Curtatone feierten. Der Minister Baecklli geleitete den König in die Aula und er⸗ klärte den Studenten, daß Allerhöchstderselbe, eingedenk der Theilnahme des Studenten-Bataillons an jenem Gefecht, in (. Mitte erschienen sei. Die Studenten bereiteten dem

J 64 enthusiastische Ovationen. .

. ie „Agenzia Stefani“ erklärt die Nachricht des Temps“ für unrichtig, daß der französische Minister⸗Präsident Casimir Périer bei dem ilalienischen Kabinet Vor⸗ behalte in Betreff der englisch⸗italien ischen Konvention über die Abgrenzung der Einflußsphäre in ben Regionen des Golfs von Aden gemacht habe. ]

Die Deputirtenkammer setzte gestern die General⸗ ö über die Finanzmaßregeln fort. Der Deputirte Vendramini sprach dem SchatzMinister Sonnino seine An⸗ erkennung über die Offenheis aus, mit der er die Wahrheit über die Lage des Landes gesagt habe. Er un hie jedoch, daß die Meinungsvers ,. zwischen der Regierung und der en, ion ausgeglichen werde, angesichts des Umstandes, daß zwischen den beider⸗ seitigen Standpunkten Berührungen bestäͤnden. Der Depu⸗

tirte Cambray⸗Digny erklärte sich mit dem Ueber⸗ . zur Berathung der einzelnen Artikel einverstanden, enen er der Mehrzahl nach zustimme; 856 müsse er den Getreidezoll und die . der Renten. Nach dieser Rede wurde mehrfach der Schluß der Debatte verlangt, die Berathung sedoch fortgesetzt. Der De⸗ putirte Pellerano bekämpfte die Erhohung der Renten⸗ steuer, der Deputirte della Rocca befürwortete eine Tages⸗ ordnung, wonach die von der Regierung beantragten Finanz⸗ maßregeln durch andere ersetzt werden sollten, besonders dur eine Reihe von Monepolen auf Alkohol, Explosivstoffe, Spielkarten und Zündhölzer. Der Deputirte Giacomo Sani bezeichnete es als inopportun, in die effektiven Budgetausgaben die Ausgaben für die Eisenbahnen einzureihen; er halte zur Erhöhung des Ordinariums eine weit geringere Summe für ausreichend, als das Ministerium fordere, Man müsse von jeder Ausnahmesteuer auf die Rente und einer übermäßigen Belastung des a, , . absehen. Die Deputirten de Nicolo, Tecchio und de Bernardis nn die Regierungsanträge. Die Sitzung wurde sodann geschlossen. .

Die „Politische Correspondenz“ meldet aus Rom, der Papst arbeite eine Eneyklika über die Frage der Ver⸗ einigung der katholischen und der griechisch-ortho⸗ doxen Kirche aus.

Portugal.

Castillo, der Kommandant des Mindello“ ist, nach einer Meldung des „W. T. B.“ aus Lissabon, bis zu seinem Erscheinen vor dem Kriegsgericht in Haft genommen worden.

Selgien.

Prinz Friedrich Leopold von Preußen ist gestern Abend 10 / Uhr wieder von Brüssel abgereist. Der deutsche Gesandte Graf von Alvensleben und die zum Dienst bei dem Prinzen für die Zeit des Aufenthalts in Brüssel kommandierten belgischen Offiziere geleiteten Höchstdenselben bis zur Grenze.

In der gestrigen Sitzung der Deputirtenkammer brachte der Finanz⸗Minister eine Gesetzesvorlage ein, durch welche die Finanzkon vention mit der Congo-Eisen⸗ bahn . wird, sowie eine andere Vorlage, durch welche die Frage der Gebühren für Signalfeuer und Fanale geregelt und Zölle auf gewisse Waaren gelegt werden. In der letzteren wird vorgeschlagen, einen Eingangszoll für je 100 kg Margarine von 25 Fr, Hafer von 2 Fr, Mehl von 116, Fr, konserviertes Gemüse von 10 Fr., Hafermehl von 3 Fr., Kon⸗ serven von Fleisch, auch Wildpret und Geflügel von 30 Fr. und ebenso verschiedene Zölle für Gewebe zu erheben.

Bulgarien.

Das gesammte Kabinet Stambulow hat, wie die Agence Balcanique“ meldet, seine Entlassung eingereicht. Wie die „Pol. Korresp.“ erfährt, ist der Entschluß des Ministerraths am Sonnabend gefaßt und sofort dem Prinzen Ferdinand von Sachsen-Coburg übermittelt wor⸗ den, der deshalb seine Abreise von Ebenthal nach Sofia beschleunigte. in das Palais, um mit ihm zu konferieren.

Die Agence Balcanique“ sagt in Bezug auf die Lage: Aus der Besprechung des Prinzen Ferdinand mit Stambulow gehe hervor, daß die Demission des Kabinets un⸗ vermeidlich sei und daß sie angenommen werde. Grekow lehne, von denselben Gründen wie Stam⸗ bulowm geleitet, die Mission der Kabinetsbildung ab; der Hauptgrund der Demission Stambulow's sei dessen Ruhe⸗ bedürfniß nach langjährigem, erbittertem Kampf. Grekow habe dem Prinzen gerathen, die Führer der Opposition zu konsultieren. Die „Swoboda“ kündigt die Demission des Kabinets ohne Kommentar an.

Der Metropolit Chement ist gestern gänzlich in Freiheit gesetz; worden. Er erhielt die Erlaubniß, in seine Diözese zurückzukehren. Sobald alle Mitglieder der Synode ein⸗

getroffen sein werden, sollen deren Berathungen beginnen. Amerika.

Nach einer Meldung des „W. T. B.“ aus Rio de Ja neiro verlautet daselbst gerüchtweise, Saldanha da Gama werde versuchen, in Europa Geld aufzunehmen, um den Auf⸗ stand aufs neue zu beginnen.

Aus Buenos Aires wird berichtet, der Finanz-Minister Dr. Terry habe eine Besichtigung des Zollamts und der Bank in Rosario vorgenommen und mehrere Beamte des Zoll⸗ amts ihrer Stellungen enthoben. Dagegen sei festgestellt worden, daß die Lage der Bank eine ausgezeichnete und ihre Verwaltung eine korrekte sei.

Parlamentarische Nachrichten.

Der Bericht über die gestrige Sitzung des Herren⸗ hauses befindet sich in der fen Beilage.

In der heutigen 16. Sitzung des Herrenhauses, welcher der JustizMinister Dr. von Schelling, der Finanz- Minister Dr. Miquel, der Minister fuͤr Landwirthschaft ꝛc. von Heyden und der Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen beiwohnten, stand zunächst zur einmaligen Schluß⸗ berathung auf der Tagesordnung der Gesetzentwurf, be⸗ treffend die Rechte des Vermiethers an den in die Miethsräume eingebrachten Sachen.

Der Berichterstatter Professor Dr. Hinschius empfahl die unveränderte . der Vorlage, und das Haus beschloß demgemäß ohne Debatte.

Die Nachweisung über die Verwendung der Sperrgelder wurde auf Antrag der Finanzkommission durch Kenntni , für erledigt erklärt.

Dann folgte die Berathung des Gesetzentwurfs über die Landwirthschaftskammern.

Berichterstatter Rittergutsbesizer von Bethmann-Hellweg befürwortete namens der Le fh die unveränderte Annahme der Vorlage; die Beschlüsse des anderen Hauses seien lediglich infolge eines n,, es zu stande gekommen, und deshalb möge man angesichts der Geschäftslage des Hauses von Anträgen möglichst ,,

Rittergutsbesitzer von Bemberg⸗ , eim: Die Kommission hat ihre Bedenken, die sie gegen die Vorlage hatte, mit Rücksicht auf die Geschäftslage unterdrückt; meine Bedenken in letzter Stunde vorzu

um so schwieriger würde es für mich sein, 5 zumal meine Aus⸗ 3 auf die i. über das Gesetz nicht wirksam

ein werden; aber es beruhigt mich, daß eine große Anzahl namentlich kleiner Landwirthe dabei hinter mir stehen. Als fakultativ kann man die Vorlage nicht mehr bezeichnen,

wenn die Regierung nach Anhörung des Provinzial Land

Der Prinz berief gestern Abend Stambulow

tages doch thun kann, was sie will. Ich fühle mich berufen, von . . leder ster be , jede 5 3 uwenden, zumal wenn e n um eine r wirth⸗ schaftliche Sache handelt; denn es sollen dabei die Kreistage mil wirken, die nicht bloß aus Landwirthen bestehen. Das Landes. Dekonomie⸗Kollegium wollte nur fakultative Kammern einrichten und zwar nur auf Antrag der landwirthschaftlichen Jentralvereine. Man will für landwirthschaftliche Zwecke mehr Geld ede sfen, die Kammern sollen eine bessere Vertretung der Landwirthschast sein, und schließlich will man, daß die Kammern mehr mitarbeiten sollen an en öffentlichen Angelegenheiten. Redner fucht an, dem Beispiel des Rheinischen Jentralpereing nachzuweisen, daß die freien K gut und vielleicht besser wirkten als irgendwelche Zwangsorganisatignen. Bedenklich sei auch die rage der staatlichen Subventionen. Der Minister habe zwar deren Fortdauer zugesichert, aber bei schlechter Finanzlage werde der Finanz-⸗Minister nicht blöde sein. Wo, fährt Redner fort, steht im Gefe daß der Minister die Gutachten der Kammern 36. beachten müsse? Werden denn die Gutachten der Kammern besser sein als die, der e nn,, n,, deren Leiter doch alle im praktischen Leben stehen? Eine bewährte Einrich- lung wird geschädigt, aber irgend welche Vortheile werden nicht erzielt durch die neue Einrichtung, welche durch die Steuer von vornherein verhaßt sein wird. Wie auch die Abstimmung ausfallen möge, ich hoffe, daß die Provinzen, die eine rege Vereinsthäͤtigkeit haben, die⸗ selbe behalten, und diejenigen, ö sie nicht haben, bekommen mögen, denn die Landwirthschaft bleibt doch die Hauptstüͤtze des

Staats. Graf Klinckowstroem: Der . Zentral verein ist aben ich aber für

allerdings gegen das Selch; viele Lokalvereine dasselbe ausgesprochen. Sie Zentral. und mit ihnen die Lokal vereine sind für die Zwecke, welchen die Landwirthschaftskammern dienen sollen, gänzlich ungeeignet. Die Lokalpereine sind eine vollständig freie Vereinigung, in denen nicht bloß der , sondern auch die andern Berufẽstãnde vertreten sind. Außerdem sind bedeutende Kreise gar nicht im Zentralverein vertreten, namentlich der kleine 1 auf dessen Vertretung wir ein großes Gewicht legen. Die große Bethei⸗ ligung an den Zentralvereinen hat erst angefangen, nachdem dieselben sich mit wirthschaftlich⸗ pölitischen Fragen ö haben. Das ist in Zukunft. geradezu unmöglich. Fallen die Landwirthschaftskammern, dann gießt es eine wirkliche Vertretung der Landwirthschaft über⸗ haupt nicht mehr. Die , des anderen Hauses trägt den Cha⸗ rakter eines Kompromisses. Vieles ist uns nicht ganz wünschengz⸗ werth, aber nichts ist darin, mit dem wir un nicht ab⸗ finden können. Wir hätten lieber die obligatorische Fassung gewünscht, aber auch mit der jetzigen Faffung wird genau dasselbe erreicht. Würde der eine oder der andere Provinzial⸗Landtag eine solche Kammer ablehnen, dann würde die Staatsregierung zu prüfen haben, ob nicht die betreffende Provinz der Landwirthschaftzz= kammer einer anderen Provinz angeschlossen werden könnte. Würde z. B. Schlesien mit Posen verbunden, dann, glaube ich, würde Schlesien sehr bald darum bitten, eine eigene Landwirthschaftskammer und eine, eigene Verwaltung zu bekommen. Die Anhörung der Provin . entspricht ganz unseren Wünschen; einer Beschlußfa ung derselben würden wir nicht zustimmen können. Wir sind den Nationalliberalen dankbar, daß sie das Kompromiß zu stande gebracht haben. Die Verlegung der Wahl in den Kreista halten wir für einen besonders glücklichen Griff. Es wird dadur die bei jeder Neuwahl entstehende Agitation erspart. Der kleine Grundbesitz wird unter allen Umständen berücksichtigt werden, sofern sich nur Leute finden, welche fähig und willig sind, eine Wahl anzunehmen. Zu tadeln haben wir nur, daß dag aktive und Passive Wahlrecht immer weiter ausgedehnt worden ist, sodaß schließlich kein Mensch übrig bleibt, der nicht gewählt werden könnte. Dieses Bedenken ist aber nur theoretischer Natur, denn schließlich sind es doch immer 1 Leute, welche wählen und gewählt werden, die Landwirthe. Die Zwangslage, in welche wir leider, wie so oft, durch die Einbringung der 6 vor , versetzt werden, zwingt uns unser Votum für die Vorlage nicht ab. Durch die Vorlage wird nicht ein einziges konservatives Prinzip verletzt. Sie bildet das Fundament, auf dem der große agrarische Bau sich langsam erheben soll, Sofort erhält die Landwirthschaft in den Kammern eine berechtigte Vertretung, einen berechtigten Einfluß auf die öffentliche Meinung und, was sehr vortheilhaft ist, eine Kontrole der Produktenbörse. Unter Mitwirkung des Reichs muß dann weiter an⸗ gestrebt werden eine Aenderung des Erbrechts, eine Umwandlung der

vpothekenschuld in eine Rentenschuld, eine Ausdehnung des

ersonalkredits namentlich für den kleinen Besitzer und eine Hann ift Vertheilung der Bevölkerung auf das ganze Land. Das ist sehr wohl möglich auf dem Wege der Verwaltung und einer entsprechenden Regelung der Tarifverhältnisse. Die Hauptsache aber ist, daß die Landwirthschaft , wird und eine Rente abwirft. In diesem Betracht enthielt der Antrag des Grafen Kanitz einen vernünftigen Kern. Geht erst unsere Landwirthschaft zu Grunde, 0 hört auch die Wehrkraft des Staats auf und damit seine politische Selbständigkeit. Die Landwirthschaft führt ihren Antheil am Nationalpvermögen, bereits vorher ab in Gestalt der Pro—⸗ duktionskosten, Löhne, Abgaben, Steuern u. s. w., und deshalb hat niemand, im Staat ein Recht darauf, die Produkte der Land— wirthschaft billiger zu erwerben als sie sie selbst produzieren kann. Mit minus kann niemand wirthschaften. Eine mäßige Verzinsung des Grundbesitzes wäre also der erste Programmpunkt der un tien Agrarpolitik. Alsdann wäre an die Schuldentilgung und dann an eine Befestigung des Besitzes zu denken. Die Erfüllung dieser Wünsche ist die Voraussetzung fuͤr die Kraft und Widerstandsfähigkeit des Staats, deren er heute mehr als je bedarf. Meine Freunde werden mit einer einzigen Ausnahme für die Vorlage eintreten. Ich bitte aber auch die neutralen Herren, mit uns zu stimmen. Die Ablehnung der Vorlage würde ein Fehler sein, der sich vielleicht nie wieder gut machen 53

Graf zu Inn⸗ und Knyphausen: Die Organisation auch

der landwirthschaftlichen Berufsstände ist eine Aufgabe von hoher Bedeutung. Ich bestreite aber für einzelne Provinzen die Noth wendigkeit einer Neuorganisation. Sie sind vorzüglich organisiert, und im Landes⸗Oekonomie⸗Kollegium hat sich auch die Mehrzahl der land⸗ ir e , Zentralvereine gegen die obligatorische Bildung der Land wirthschaftskammern ausgesprochen; namentlich wollen auch die hannoverschen Vereine von diefer Zwangs organisation nichts wissen. Der Bund der Landwirthe, über den ich mich nicht weiter äußern will, beruht auf der Freiwilligkeit; aber er wird eine solche Bedeutung gewinnen, daß man mit ihm wird. 4 müssen, mehr als mit jeder Zwangsorganisation. Daß die kleinen Leute in den land⸗ wirthschaftlichen Vereinen nicht vertreten seien, müsse entschieden be⸗ stritten werden. Der kleine Mann sei in den Vereinen mehr ver treten, als er in Zukunft in den Kammern vertreten sein werde. Ebenso sei es mit den Handelskammern . So lange sie freie Vereinigungen gewesen, hätten sie eine Be⸗ deutung gehabt; soba sie einen behördlichen Charakter erhielten, sei ihre Thätigkeit auf ein Minimum herabgesunken. Daß die Landwirthschaftskammern den einzelnen Provinzen aufgezwungen werden könnten, sei . billigen, besonders wegen der Form der Besteuerung nach dem Maßstabe der Frundsteuer. Die Provinz Hannover werde 250 000 M für die Kammer aufbringen müssen, während sie bisher freiwillig 199 000 aufgebracht habe, nicht für bureaukratische Zwecke, sondern für praktische Zwecke der Landwirt 1. Die Landwirthschaftskammer für Hannover würde 140 bis 150 = glieder umfassen: das sei eine so oh Behörde, daß damit nicht gearbeitet werden könne. Werde die Kammer in Unterverbände ein⸗ getheilt, so werde eine große Animosität unter den Unter- verbänden eintreten, die nur schädlich sei. Die Wahlen würden 6 mehr Mühe und. Kosten verursachen als die bis-

erigen Wahlen in den , Vereinen. Deshalb könne er (Redner) sic nicht für die Vorlage erwärmen; er nehme an, daß die Provinzen nicht zwangsweise zur Bildung von Landwirth⸗ schaftskammern angehalten werden könnten. Das wäre auch ein sehr