Deutscher Neichs / Anzeiger nnd
oniglich Preußischer
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taats⸗ Anzeiger.
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M 127.
Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht: dem Direktor des Vereins junger Kaufleute in Berlin, Kaufmann Oskar Goldschmidt hierselbst den Königlichen Kronen⸗Orden vierter Klasse, dem katholischen Hauptlehrer Körfer zu Rheydt im Kreise Gladbach den Adler der Inhaber des Königlichen Haus— Ordens von Hohenzollern, . dem bisherigen Ortsvorsteher Fojutowski zu Jablowko im Kreise Schubin, dem Provinzial-Wegemeister zweiter Klasse a. D. Hieby zu Herford, dem Schutzmann a. D. — 1 zu Breslau und dem Polizeisergeanten Caspar zu . im Kreise Schleswig das Allgemeine Ehrenzeichen, owie dem Kanonier Paul Zimpel im Feld⸗Artillerie⸗Regi⸗ ment General⸗Feldzeugmeister (2. Brandenburgisches) Nr. 18 die Rettungs-Medaille am Bande zu verleihen.
Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht:
dem Königlich großbritannischen Obersten Swaine, Militär⸗Attachs in Berlin, den Rothen Adler-Orden zweiter Klasse zu verleihen.
Königreich Preußen.
Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht: die Geheimen Finanz-Räthe und vortragenden Räthe im Finanz-Ministerium Erdtmann und Hummel zu Geheimen Dir inc m stäthen, den Regierungs⸗Assessor Grafen von Merveldt in Recklinghausen zum Landrath des Kreises Recklinghausen, und den Lehrer der Geodäsie hr. Reinhertz in Poppelsdorf zum Professor an der Landwirthschaftlichen Akademie zu Poppels⸗ dorf zu ernennen.
Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht;
bie Amtsgerichts⸗Räthe Schäfer in Inowrazlaw und 7 ö in Sangerhausen zu Landgerichts-Direktoren in Vstrowo,
den Landgerichts⸗Rath Sperlich in Glatz zum Land⸗ gerichts-Direktor in Beuthen O⸗S.,
den Landgerichts Rath Wagner in Verden zum Land⸗ gerichts⸗-Direktor daselbst,
den Ober⸗-Landesgerichts⸗Rath Dr. Büscher in Hamm zum Landgerichts-Direktor in Münster, und
die Landgerichts⸗Räthe Keber in Kottbus und Niedieck in Bielefeld . den Amtsgerichts⸗Rath Hense in Bochum zu Ober⸗Landesgerichts⸗Räthen in Hamm zu ernennen; ferner
den Gerichtsschreibern, Sekretären Grieswaldt bei dem Amtsgericht in Königsberg i. Pr. und Klink in Osterfeld den Charakter als Kanzlei⸗Rath zu verleihen.
Ju stiz⸗Ministerium.
Der Rechtsanwalt Paul Schulz in Deutsch⸗Wilmersdorf ist zum Notar für den Bezirk des Kammergerichts, mit An⸗ n, . seines Wohnsitzes in Deutsch⸗Wilmersdorf, ernannt worden.
Ministerium für Landwirthschaft, Domänen und Forsten.
Der Forstmeister Haß zu Osche ist auf die Oberförster— stelle Kummersdorf im Regierungsbezirk Potsdam, und
der Oberförster Werner zu Brandoberndorf auf die ö Osche im Regierungsbezirk Marienwerder ver⸗ etzt worden.
Der Forst Assessor 64a ist zum Oberförster ernannt und ihm die Oberfoͤrsterstelle Brandoberndorf im Regierungs—⸗ bezirk Wiesbaden übertragen worden.
Ministerium der öffentlichen Arbeiten.
g Der Kreis⸗Bauinspeltor Adalbert Schultz zu Gum⸗ innen ist in 6 Amtseigenschaft nach Recklinghausen (Regierungsbezirk Münster) versetzt worden.
Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal⸗Angelegenheiten.
Dem Privatdozenten in der medizinischen Fakultät der Königlichen Friedrich⸗Wilhelms⸗Universität zu Berlin Dr. Karl Posner und ;
dem Dozenten an der Technischen Hochschule zu Aachen . Wiener ist das Prädikat Professor beigelegt worden.
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Berlin, Freitag, den J. Juni, Abends.
X
1894.
Nichtamtliches. Deutsches Reich.
Preußen. Berlin, 1. Juni.
Auf Befehl Seiner Majestät des Kaisers und Königs haben die Unterzeichneten Allerhöchstdemselben heute Morgen eine kleine Balggeschwulst aus der linken Wange ent⸗ fernt. Die Operation wurde ohne Narkose in wenigen Minuten vollzogen.
Neues Palais, den 1. Juni 1894, 1 Uhr Vormittags.
von Bergmann. Leuthold. Schlange.
Seine Majestät der Kgiser und König empfingen am Mittwoch den Fir en chf von Olmütz Kohn in Audienz.
Der Bundesrath versammelte sich heute zu einer Plenarsitzung. Vorher beriethen die vereinigten Ausschüsse für Eisenbahnen, Post und Telegraphen, für Justizwesen und für Rechnungswesen.
Die Agrarkon ferenz ging gestern zur Spezi al⸗ diskussion über. Punkt 1 der gestern festgestellten Tages⸗ ordnung „Erbrecht für den Grundbesitz (Anerben? Rentenprinzip? ꝛc“ bilbete den Gegenstand der Berathung.
Präͤsident des Königlichen Ober⸗Landeskulturgerichts Glatzel⸗ Berlin ging bei seinem Vortrage von der Ansicht aus, daß in den von der Königlichen Staatsregierung in Aussicht genommenen Maß⸗ regeln auf dem Gebiet des Erbrechts des länolichen kö ein Mittel zur Besserung der Lage der Landwirthschaft zu erblicken sei. Er führte aus, daß die ihrem Abschlusse , den Arbeiten der Kommission für das Bürgerliche Gesetzbuch des Deutschen Reichs zur Beschleunigung der energisch, aber mit Vor⸗ sicht zu treffenden gesetzgeberischen Maßnahmen drängen. Mit Ent⸗ schiedenheit spricht sich der Redner gegen Einführung eines fakul⸗ tativen Anerbentechts aus, erörtert auch eingehend diejenigen Gründe, welche nach seiner Auffassung einer Umgestaltung der Höfe—⸗ rollen in der zu A l, 1 des Berathungsprogramms bezeichneten Weise entgegenstehen, und vertheidigt unter Darlegung aller in Betracht zu ziehenden Gesichtspunkte folgendes Ergebniß seiner Erwägungen:
„Zur ausreichenden Sicherung des ,. Uebergangs des ländlichen Grundbesitzes auf einen Familienangehörigen empfiehlt sich von den vorgeschlagenen Maßregeln allein das Intestgtanerbenrecht. Neber Ziel und Zweck, Grundzüge und räumliche , e,, . der vorgeschlagenen Erbrechtsregelung sind die ländlichen Grundbesitzer — durch Vermittelung der Landwirthschaftskammern oder der land⸗ wirthschaftlichen Vereine — zu hören.“
Geheimer Justiz⸗Rath, Professor hr. Bru nner-⸗Berlin stellt die Folgen der Vererbung des laͤndlichen Grundbesitzes auf mehrere Erben dar und fordert, da auf die weitverbreitete Sitte der Uebertragung oder Vererbung des Gutes auf einen Hofesannehmer kein genügender Verlaß sei, weil dieser Gebrauch zu wanken beginne, die Einführung des Anerbenrechts für den ländlichen Besitz, in erster Linie für den bäuerlichen, aber auch für den nicht gebundenen großen Grundbesitz. Er unterscheidet 4 Anerbenrechtssysteme:
1) Das System der fakultativen Höferolle. Dies wünscht er dort eingeführt zu sehen, wo die Vererbung auf mehrere Erben und Naturaltheilung üblich ist.
2) Die Höferolle mit Eintrag von Amtswegen. Dies System scheint ihm für die meisten Theile der Provinz Hannover em— pfehlenswerth.
3. Das Anerbenrecht als Intestaterbrecht, welches er als Regel wünscht, und .
4) ein die . einschränkendes absolutes Anerbenrecht, welches er nur bei solchen Gütern angewendet wissen will, die Gegen⸗ stand einer mit öffentlicher Hilfe vorgenommenen Schuldentlastung geworden sind. ; . ;
General Kommissions ⸗ Präsident Küster⸗Düsseldorf stimmt den Ausführungen des Präsidenten Glatzel zu, schildert eingehend die landwirthschaftlichen Verhältnisse der Hohenzollernschen Lande und der Rheinprovinz und kommt hinsichtlich der Erbrechtsfrage zu dem Ergebniß, daß er die Einführung des Anerbenrechts für die Hohen⸗ zollernschen Lande empfiehlt, weil dort die Sitte der Gutsvererbung auf einen , . ganz allgemein verbreitet sei, während er die⸗ selbe für die Rheinprovinz als inopportun und mit den Grundsãätzen des rheinischen Rechts unvereinbar bezeichnet. Gegen die fakultative Einführung der Höferolle in der Rheinprovinz hat er keine Bedenken, zumal die gegenwärtige Judikatur dahin geht, daß von der Natural theilung der Immobilien abgesehen und der gesammte Immobiliar⸗ besitz einem Kinde übertragen werden kann. ö
Geheimer Ober Regierungs-Rath Dr. Herm es-⸗Berlin führte aus, daß die Frage nach der inhaltlichen und territorialen Gestaltung des zu schaffenden neuen Anerbenrechts eine genaue Feststellung der in den einzelnen Landestheilen herrschenden Vererbungssitte voraussetze. Da augreichendes Material für die Beurtheilung der Art und Weise, in welcher die Vererbung und der Besitübergang in der Familie unter Lebenden fich in den verschledenen Gegenden thatsächlich voll. ziehe, zur Jeit jedoch nicht vorliege, sei eine umfassende Untersuchung dieses wichtigen Punktes durch Befragung der Amtägerichte und Landräthe bers its eingeleitet. Er empfahl die gesetzliche Cinführung des Anerben⸗ rechts als Intestaterbrecht dort, wo es noch in der Rechts überzeugung
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der Bevölkerung lebt und in der üblichen Vererbungsart sich kund giebt, und zwar in der Weise, daß unter Beibehaltung der Höferollen eine Eintragung der dem Anerbenrecht unterstellten Landgüter von Amts⸗ è erfolge. Eine Aenderung des solcher Gestalt eingeführten gesetzlichen Erbrechts dem Eigenthümer zu gestatten, liege wohl kein Grund vor, es genüge, ihm die volle Testierfreiheit und die Verfügung unter Lebenden, nicht aber das Recht auf Austragung aus der Höferolle zu gewähren. Redner gab dann eine historische Barstellung der Entwickelung der Grundeigenthumsverhältnisse des römischen Staats. Er wies an der Hand derselben nach, daß das k römische Recht, wie es auch den modernen Kodifikationen zu Grunde liegt, auf einem Boden erwachsen sei, wo nach der allmählichen ntwickelung der Ver⸗ hältnisse der ländliche Grundbesitz weder in wirthschaftlicher, noch in nationaler, noch in sozigler Hinsicht eine besondere Aufgabe im Staatsleben erfüllte oder zu erfüllen hatte. Zur Zeit der Entstehung dieses Rechts im Ausgange der Republik und in der römischen Kaiser⸗ zeit sei der Grund und Boden nach dem Verschwinden des Bauern⸗ standes lediglich Kapitalsanlage gewesen; irgend welche Tendenz auf Erhaltung und Befestigung des ländlichen Grundbesitzes wäre damals unberechtigt gewesen, während in Deutschland nach der bestehenden Besitzvertheilung zum Glück noch ganz andere Verhältnisse obwalteten.
Professor Dr. Paasche⸗Marburg möchte bei der Frage, für welchen Grundbesitz das Anerbenrecht einzuführen sei, den großen, mittleren und kleineren Besitz nicht völlig gleich behandeln, wenngleich er aus praktischen Gründen nach oben hin keine Grenze ziehen will. Er empfiehlt in eingehender Ausführung Beibehaltung der Höferollen und obligatorische Eintragung der Güter in dieselben als Regel; wünscht neben der Rentengutsgesetzgebung ein Intestatanerbenrecht mit Ausschluß oder Beschränkung der Testierfreiheit, empfiehlt für das Anerbenrecht das Minorat und einen Schutz der Miterben durch ein auf Zeit beschränktes Vorkaufsrecht.
Staats⸗Minister Graf von edlitz⸗Trützschler spricht sich für ein Intestatanerbenrecht mit Te tierfreiheit für großen und kleinen lãndlichen Grundbesitz ohne Unterschied aus, 3 sich aber gegen eine zu große Gebundenheit des Grundbesitzes.
Professor hr. Gierke. Berlin empfiehlt gleichfalls das Anerben. recht als Intestaterbrecht und befürwortet, die unter dieses en,.
estellten Landgüter im Grundbuch als solche zu bezeichnen. Ein ab⸗ olutes Anerbenrecht mit Ausschluß der Testierfreiheit scheint ihm selbst auch nicht für gewisse Fälle erforderlich, dagegen glaubt er eine Festsetzung der Unkheilbarkeit für bestimmte Verhältnisse nicht entbehren zu können. Er widerlegt die gegen das Anerbenrecht oft ins Feld geführten Bedenken und giebt eine eingehende Erläuterung der territorialen Ausdehnung und des seines Erachtens wünschenswerthen Inhalts (Ertragswerth, Rentenabfindung der it⸗ erben, Vorkaufsrecht derselben oder surplus Reservat). Ein gesetz- 63 Vorgehen Preußens auf dem in Frage kommenden gr ält er trotz der vorgeschrittenen Arbeiten der Kommission für das Bürgerliche Gesetzbuch für angezeigt.
General⸗Kommissions⸗Präsident Beutner⸗Bromberg giebt eine interessante Schilderung der Thätigkeit der Königlichen General- Kommission ju Bromberg auf dem Gebiet der Rentenguts⸗Gesetz⸗ gebung und weist an verschiedenen Beispielen nach, daß die schleunige Einführung des Anerbenrechts in Form der obligatorischen Eintragung des Gutes in die Höferolle zur Sicherung der Existenz der Renten güter unerläßlich sei.
Professor Pr. Conrgd-⸗Halle tritt für das Intestatanerbenrecht, Rentenanspruch der Miterben und Sicherung der letzteren durch gesetz · liches Vorkaufsrecht ein.
Geheimer Regierungs⸗Rath Dr. Meitzen⸗Berlin — für Bauerngüter das Anerbenrecht in Form der ebligatorischen Ein- tragung in Matrikeln. Er weist hin auf die Schwierigkeiten hin 6 ig der Altentheilsverträge und der Taxe durch lokale Schätzer,
ält dieselben jedoch nicht für unüberwindlich. Zweifelhaft ist ihm,
ob das Anerbenrecht sich auch für Rittergüter zur Anwendung bri 6
ngen lasse, da vor allem die Taxaufnahmen äußerst schwierig sich gestalten würden.
Oekonomie Rath Winkelmann⸗Westfalen tritt auf das wärmste für Beibehaltung der Höferollen mit obligatorischer Ein tragung und Einführung derselben in denjenigen Landestheilen ein, in denen die Sitte der Vererbung des ländlichen Grundbesitzes auf einen Gutsübernehmer geübt werde. Die Aufhebung des Gesetzes von 1836, betreffend das ländliche Erbrecht in Westfalen, habe theils auf den Strömungen der 48er Zeit, theils auf einzelnen unzweckmäßigen Be stimmungen, welche das e, e Bauern mißliebig gemacht hätten beruht, mit der allgemeinen Tendenz des Gesetzes sei man aber a damals einverstanden gewesen.
Geheimer Ober⸗Regierungs Rath Dr. Thiel-⸗- Berlin macht darauf aufmerksam, daß für den Inhalt des Anerbenrechts a wichtigster Gesichtspunkt die angemessene Bevorzugung des Anerben den Geschwistern gegenüber in Betracht komme, und widerlegt die Ansichten derer, welche gegen eine solche Bevorzugung, insofern sie im Vergleich zu dem von den Anerben zu übernehmenden Risiko wirkl eine folche sei, Gründe aus allgemeinen Gleichheite ideen oder aus der Gefahr der Vermehrung der Sozialdemokratie durch die im Erbgang nicht gleichmäßig Bedachten geltend machen, oder welche von dem Bewußtsein des Anerben, ö. dieses Vorzugs theilhaftig zu
werden, ungünstige Wirkungen auf den Charakter und die . fähigkeit des Anerben befürchten. Wenn ein solcher schädlicher Ginfti des Bewußtseins, zu erben, wirklich in dem Maße existiere, müsse man folgerichtig das Erbrecht überhaupt abschaffen. Jö Dr. Secht⸗Mannheim trägt die n n. einer e, vor, zu welcher in Baden der Gesetzentwürf über das Aner recht und eine Denkschrift des badis ustiz⸗Ministeriums über denselben Gegenstand Veranlassung gege haben, und überreicht das inter. essante Material zu den . . Geheimer Regierungs Rath Professer Lr. Adolph Wa Berlin würde ein absolutes Intestat. Anerbenrecht mit hesch Testierfreiheit vorziehen, weil dabei sicherer der sozjalpolitis erreicht würde. Er bält daher für an . iß die Zu letztwilliger, vom geltenden gesetzlichen Erbrecht abweichender stimmungen wenigstens an die Zustimmung eines Familienratl der Landwirthschaftskammern oder ähnlicher Organe geknüpft
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