1894 / 148 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 26 Jun 1894 18:00:01 GMT) scan diff

blick bei Ihnen und Ihrer Familie sind. Möge Gott Ihnen die Kraft verleihen, diesen furchtbaren Schlag zu ertragen. Seines großen Namens würdig, ist Herr Carnot wie ein Soldat auf dem Felde der Ehre gestorben. Wilhelm. I. R.“

Die vereinigten Ausschüsse des Bundesraths für 2 und Verkehr und für Justizwesen hielten heute eine ung.

Die Kommission für Arbeiterstatistik berieth am 2. d. M. zunächst über eine von dem Reichskanzler in Aussicht genommene Abänderung der Geschäftsordnung vom 7. Januar 1893 Die Abaͤnderung, welche die Zu⸗ stimmung der Kommission fand, soll dahin gehen, daß den von der Kommission vernommenen Aus⸗ ö außer 9 der ihnen erwachsenen Reisekosten als Entschädigung für andere Unkosten und für Zeitversäumniß künftighin ein Pauschalsatz gewährt wird, da die bisher für jeden einzelnen Fall vorzunehmende besondere est ung u erheblichen Unzuträglichkeiten geführt hat. eiterhin beschäftigte sich die Kommission mit Be⸗ rathung des Gutachtens, welches dem Reichskanzler über die Regelung der Arbeitszeit in Bäckereien und Konditoreien h erstatten ist. Die Mehrheit entschied sich dafür, eine egelung zu empfehlen, nach welcher die Gehilfen täglich zwölf oder einschließlich einer mindestens einstündigen Pause 13 Stunden, die Lehrlinge im ersten Lehrjahre 2 Stunden, im zweiten Lehrjahre 1 Stunde weniger beschäftigt werden dürfen. Außerhalb der 12⸗ bezw. 13 stündigen Schichten dürfen nach dem Entwurf die Gehilfen und Lehrlinge . eines Zeitraums von 2 Stunden nur zu gelegent— lichen Dienstleistungen herangezogen werden, unter allen Umständen aber muß ihnen zwischen je 2 Arbeits⸗ schichten eine ununterbrochene Ruhezeit von 8 Stunden ge⸗ währt werden. Für die Fälle besonders gesteigerten Bedürf⸗ nisses oder unvermeidlicher Verzögerung des Backprozesses sieht der Entwurf die Zulässigkeit von Ueberarbeit an einer Anzahl von Tagen im Jahre vor. Die Sonntagsruhe soll 16 Stunden betragen; in Baͤckereien sollen diese Ruhestunden sämmtlich, in Konditoreien sollen 12 derselben im ununterbrochenen Zu⸗ sammenhang gewährt werden. Doch sind besondere Ausnahmen für die Thätigkeit des Eispostens sowie für gewisse Vor⸗ bereitungsarbeiten vorgesehen. Die Kontrolvorschriften des Entwurfs sind auf das unentbehrliche Maß beschränkt.

Aus Caräcas in Venezuela vom 19. Mai wird uns eschrieben: Die hiesige Regierung hat zur Abwehr des . unterm 14. d. M. eine Verordnung erlassen, die die Fremdeneinwanderung unter staatliche Auf⸗ sicht stellt. Nach dieser aus 7 Artikeln bestehenden Verord⸗ nung haben künftig die Fremden, die nach Venezuela kommen, bei dem Zolloerwalter des Ankunftshafens eine amtlich beglaubigte Erklärung über ihre eigenen Personalien sowie über die der sie begleitenden Familien⸗ glieder und über ihre Berufs- und sonstigen Lebens⸗ verhältnisse abzugeben, von deren Inhalt der betreffende Beamte telegraphisch die National⸗Exekutive in Kenntniß zu setzen hat. Eine entsprechende Erklärung haben die seit den letzten sechs Monaten bereits im Lande lebenden Ausländer vor der zuständigen Distrikts,, Staats⸗ oder Ortsbehörde zu machen. Fällt diese Erklärung nicht zufriedenstellend aus, so steht der National⸗Exekutive die Entscheidung darüber zu, ob der Fremde als gemeingefährlich ausgewiesen werden soll oder nicht.

Der General der Infanterie von Rauch, Chef der Land— Gendarmerie, und der General⸗Lieutenant von Schweinichen, Inspekteur der Jäger und Schützen, sind hierher zurückgekehrt.

Der Kaiserliche Botschafter in Wien Graf zu Eulen⸗ burg hat seinen Posten verlassen, um sich dem Gefolge Seiner Majestaͤt des Kaisers und Königs auf der bevorstehenden Nordlandsreise anzuschließen. Während seiner Abwesenheit fungiert der Erste Sekretär der Kaiserlichen Botschaft, Lega⸗ tions⸗Rath Prinz von Ratibor als Geschäftsträger.

Der Unter⸗Staatssekretär im Auswärtigen Amt, Wirkliche ee, . Legations-Rath Freiherr von Rotenhan ist vom Urlaub nach Berlin zurückgekehrt und hat seine Geschäfte wieder übernommen.

Der Regierungs⸗-Rath Weckbecker zu Königsberg i. Pr. ist an die Königliche Regierung zu Aachen versetzt worden.

Der bisher bei der Königlichen Polizei⸗Direktion zu un beschäftigte Regierungs⸗-Assessor von Schwerin ist der Königlichen Regierung daselbst zur weiteren dienstlichen Verwendung überwiesen worden.

Dem Landrath Dr. Lotz zu Leer, Regierungsbezirk Aurich, ist die kommissarische Verwaltung des Landrathsamts im Kreise Melsungen, Regierungsbezirk Cassel,

dem Regierungs⸗ Referendar a. D. Grafen von Wedel * Loga, im Kreise Leer, die kommissarische Verwaltung des

andrathsamts im Kreise Leer, . Aurich,

dem Regierungs⸗Rath Wallraf zu Aachen die kom— missarische Verwaltung des Landrathsamts im Kreise St. Goar, Regierungsbezirk Koblenz, und

dem bisher als Hilfsarbeiter im Königlichen Ministerium für Handel und Gewerbe beschäftigten Regierungs⸗AUssessor Dönhoff aus Arnsberg die kommissarische Verwaltung des Landrathsamts im Kreise Solingen, Regierungsbezirk Düssel⸗ dorf, übertragen worden. .

Neuwied, 25. Juni. Die Königin von Rumänien ist, wie die „Köln. Ztg.“ mittheilt, jetzt von ihrer Krankheit soweit wieder hergestellt, daß Ihre Majestät in übersehbarer Zeit in die Heimath werde zurückkehren können.

Bayern.

Seine Königliche Hoheit der Prinz⸗Regent hat, wie die M. „Allg. Ztg.“ meldet, am 23. d. M. den neuernannten französischen Gesandten de Coutouly zur Entgegennahme des Beglaubigungsschreibens in feierlicher Audienz empfangen. Eingeführt wurde der Gesandte durch den Oberst-Kämmerer Freiherrn von Malsen.

Das „Gesetz und Verordnungsblatt“ veröffentlicht eine vom 21. Juni datierte Verordnung, wonach zum Zweck der Förderung der landwirthschaftlichen Thierzucht insbesondere durch Wanderlehrthätigkeit für das Königreich ein eigener k mit dem Titel „Landes ⸗Inspektor für

hierzucht“ angestellt wird. Er hat seinen Sitz in München und ist dem Staats⸗Ministerium des Innern unter⸗ stellt. Seine Geschäftsaufgabe wird durch eine nach Einver⸗ nehmen des General⸗Comités des Landwirthschaftlichen Vereins vom Staats⸗Ministerium des Innern zu erlassende Dienst⸗ instruktion geregelt. In diese neu geschaffene Stellung ist der städtische Bezirks⸗Thierarzt Pr. Vogel in Nürnberg berufen worden.

Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach.

Die bevorstehenden Wahlen zum Landtag sind, wie die „Thür. Korr.“ schreibt, bis jetzt noch ziemlich unbeachtet eblieben. Nur in einer sozialdemokratischen Versammlung ist

er Beschluß gefaßt worden, an den indirekten Wahlen sich zu betheiligen. Mecklenburg⸗Strelitz.

Seine Königliche Hoheit der Großherzog ist am 23. d. M. Abends von Neustrelitz nach London abgereist.

Sachsen⸗Meiningen.

Der Landtag hat, wie der „Hann. Cour.“ meldet, den Gesetzentwurf über die Bestrafung der Forst⸗ und Feldvergehen mit einigen unwesentlichen Aenderungen angenommen. Die darin angeordneten Strafen sind milder als bisher bemessen. Auch der Gesetzentwurf über ärztliche Gebühren in Gerichts⸗ sachen wurde genehmigt. Ferner bewilligte der Land⸗ tag den Ersatz von 2118 S6 Fehlbetrag aus den Betriebsergebnissen der Eisenbahn Rentwertshausen —Röm⸗ hild, deren Bau und Betrieb Bayern übernommen hat. Der , zu dessen Ersatz Meiningen . verpflichtet ist, erstreckt sich nur auf die ersten beiden Betriebs⸗ monate November und Dezember v. J. Eine neue Vorlage fordert die Bewilligung von 9000 M zum Ankauf eines Schieferbruchfeldes.

Sach sen⸗Coburg⸗Gotha.

Auch der Landtag des Herzogthums Gotha ist, wie die „Goth. Ztg.“ meldet, zum 2. Juli einberufen worden.

Schwarzburg⸗Sondershausen. Seine Durchlaucht der Fürst und Ihre Hoheit die Fürstin haben sich am 23. d. M. zu längerem Aufenthalt nach dem Jagdschloß Possen begeben.

Oesterreich⸗ Ungarn.

Nach einer Mittheilung der „Politischen Korrespondenz“ begab sich der Minister des Auswärtigen Graf Kälnoky gestern persönlich nach der französischen Botschaft, um namens der Regierung den tiefsten Abscheu über die ruchlose That und die aufrichtigste Theilnahme an dem Ableben des hoch⸗ verdienten, auch in Oesterreich-Ungarn hochgeachteten Staats⸗ oberhauptes auszudrücken. Unter denen, welche dem fran⸗ . Botschafter persönlich kondolierten, befand sich auch der Minister⸗Präsident Fürst Windischgrätz..

Das ungarische Abgeordnetenhaus nahm gestern mit großer Majorität den Gesetzentwurf über die Religions⸗ freiheit als Grundlage für die Spezialdebatte an. Heute be⸗ schloß das Haus einmüthig, seiner Entrüstung und seinem Schmerz über das gegen den Präsidenten Carnot verübte Attentat proötokollarisch Ausdruck zu geben.

Nach Meldungen polnischer Blätter ist der Fürst Ladis⸗ laus Czartoryski, Mitglied des österreichischen Reichs⸗ raths und des ungarischen Magnatenhauses, am Montag in Paris gestorben.

Großbritannien und Irland.

Der Prinz von Wales, der Minister des Auswärtigen Lord Kimberley sowie alle Vertreter der auswärtigen Mächte statteten gestern dem französischen Botschafter Decrais Beileids⸗ besuche ab. Der Lordmayor sandte im Namen der Bürger Londons Beileidsbezeugungen an Decrais und Madame Carnot.

Der Gier fe se . der auswärtigen Angelegenheiten Lord Kimberley hat den englischen Botschafter bei der französischen Republik Dufferin angewiesen, namens der Königin der französischen Regierung das Entsetzen aus⸗ zusprechen, welches die Ermordung des Präsidenten Carnot in England hervorgerufen habe. Auch der Minister Lord Rosebery sandte an den Botschafter Dufferin telegraphisch die Weisung, dem französischen Ministerrath seine Entrüstung auszusprechen über das Ereigniß, welches Frank⸗ reich eines so loyalen und patriotischen Präsidenten beraubte.

In der gestrigen Sitzung des Unterhauses erklärte der Parlaments⸗Sekretär des Auswärtigen Grey: entsprechend der Aufforderung des Königs der Belgier habe die britische Re— gierung ein Abkommen mit ihm unterzeichnet, durch welches

der Artikel II des Abkommens vom 12. Mai, betreffend

die Verpachtung des Terrains zwischen dem Tangan⸗ jika und dem Albert-Edward⸗See, zurückgezogen sei, und fügte in Beantwortung einer Anfrage hinzu, daß die Zurückziehung erfolgt sei, ohne daß weitere Be⸗ dingungen gemacht worden seien. Der Kanzler der Schatz—⸗ kammer, Harcourt, kündigte unter dem ö. des Hauses an, daß er heute eine Adresse an die Königin beantragen werde, um den Ausdruck des tiefen Bedauerns und der Entrüstung zu übermitteln, mit welchen das Haus die Er⸗ mordung des Präsidenten der französischen Republik erfahren habe, und die Königin zu bitten, daß sie bei Uebermittelung der eigenen Gefühle über das beklagenswerthe Ereigniß an die gerne ff ! Regierung auch den Abscheu der Kammer über das Verbrechen und deren Theilnahme für die französische Regierung und das französische Volk ausdrücke. (Beifall.) Im Oberhause kündigte der Premier⸗Minister Rosebery einen gleichlautenden Antrag für morgen an.

Dem Parlament ist ein amtlicher Ausweis über die Verhängung der Prügelstrafe in England vom 31. Juli 1876 bis zum Februar 1894 zugegangen. In dieser Zeit sind S509 Hiebe mit der neunschwänzigen Katze“ ausgetheilt worden.

n England wird die Prügelstrafe nur bei Raub, namentlich traßenraub, verfügt. Von den Richtern hat die meisten Hiebe, nämlich 3387, welche 110 Personen erhielten, der Richter Day verfügt. In England haben einige Richter, unter ihnen der Lord⸗Oberrichter Cockburn und der Lord⸗ Richter Bower, niemals die Strafe verfügt. In England be⸗

kommen die Gefängnißwärter Sonderzahlung für die Prügel. , strafe, obwohl sie gesetzlich ist, kaum je zur Anwendung ge⸗

kommen. Frankreich.

Die beiden Kammern sind gestern in Paris zusammen— getreten, um von der Regierung die Mittheilung von der Er— mordung des Präsidenten Carnot und darauf bezüg— licher Beschlüsse entgegenzunehmen.

Im Senat verlas der Präsident Challemel⸗Lacour unter lebhafter Bewegung einen Brief des Minister⸗Präsidenten Dupuy (s. die folgende Mittheilung aus der Deputirtenkammer) und hielt mit bewegter Stimme eine Ansprache, in der er sagte, er schließe sich dem Gefühle des Schreckens an, welchen das Attentat einflöße. knüpfte daran eine Lobrede auf die Würde und die Geradheit Carnot's. Europa würdige den Adel und die Unantastbarkeit seines Charakters und nehme theil an der Trauer Frankreichs. Der Präsident richtete sodann auch Worte des Beileids an die Familie, indem er sagte, Carnot hätte bei seiner Güte allem Haß und jedem Fanatismus entgehen müssen. Das Ereigniß werde den energischen Entschluß befestigen, die Grundgesetze der gesell⸗ schaftlichen Ordnung zu vertheidigen und die Mensch⸗ lichkeit bis zum äußersten zu beschützen. Der am Mittwoch zusammentretende Kongreß werde wissen, mit Kalt⸗ blütigkeit sein unerschütterliches Vertrauen in die Festigkeit der stagtlichen Einrichtungen zu beweisen. Die Wahl des Kongresses werde sicherlich eine solche sein, welche die große Mehr⸗ heit der Franzosen billige, denen einzig und allein daran liege, nach außen die Ehre des Staats, nach innen die Einigkeit zu sichern. Hierauf wurde die Sitzung geschlossen.

In der Deputirtenkammer herrschte lebhafte Be⸗ wegung. Als der Präsident Casimir Périer den Saal betrat, erhoben sich alle Anwesenden von den Sitzen. Casimir Pöérier verlas darauf tiefbewegt das Schreiben des Minister⸗ Präsidenten Dupuy, welches den Tod Carnot's mit⸗ theilt, und worin es weiter heißt: „Ganz Frankreich, über dieses furchtbare Verbrechen entsetzt, giebt der Regie⸗ rung seine Bewegung und seinen Schmerz kund. Frankreich beweint in dem Verstorbenen einen ergebenen Diener und rechtschaffenen Bürger, der mit Ehren und Treue die nationale Fahne hochgehalten und Europa Empfindungen eingeflößt hat, welche ein Trost sind in der harten Prüfung, welche uns auf⸗ erlegt ist. Die Republik wird das Andenken Carnot's hoch— halten; die Sympathien, welche er genoß, sind auch seiner

amilie sicher, welche ihn beweint und die, wie er, Frankreichs a ist. Das ganze Land theilt den Äbscheu über das Attentat, welcher die Regierung und das Parlament erfüllt. Nach Verlesung des Schreibens fügte Casimir Périer hinzu: „Die Kammer und Frankreich schließen sich den Worten des Minister-Präsidenten an. In dieser Stunde der Andacht wollen wir uns ehrfurchtsvoll vor dem Grabe beugen, in dem ein dem Vaterland und der Republik ergebenes Leben seine Ruhestätte gefunden.“ Casimir Périer schloß mit dem Ausdruck tiefsten Mitgefühls für die Familie Carnot's und mit der Versicherung, daß Frankreich auch an diesem Tage der nationalen Trauer wachsam und stark bleibe. Nachdem der Präsident mitgetheilt hatte, daß der Kongreß zur Wahl des Präsidenten der Republik am Mittwoch, Nachmittags 1 Uhr, in Versailles zusammentritt, wurde die Sitzung aufgehoben.

Die radikale Linke und die äußerste Linke der Depu⸗ tirtenkammer haben beschlossen, Brisson die Kandidatur für den Präsidentenposten anzutragen. Die Gruppe der repu— blikanischen Deputirten hat Casimir Périer als Kandidaten aufgestellt. Die demokratische Vereinigung beauftragte ihr Unter⸗ bureau, sich mit den Bureaux der anderen republikanischen Gruppen in Verbindung zu setzen, um sich über einen gemeinsamen Kandidaten zu einigen. Das linke Zentrum des Senats hat ich rückhaltlos für die Kandidatur von Casimir Périer aus—⸗ gesprochen. Die Bureaux der verschiedenen Parteigruppen des Senats beschlossen, für morgen eine Plenarsitzung sämmtlicher republikanischen Gruppen einzuberufen. Die sozialistische Gruppe der Deputirtenkammer beschloß, obwohl sie immer für die Aufhebung der Präsidentschaft der Republik eingetreten ist, an der Präsidentenwahl theilzunehmen, um die Wahl eines reaktionären Kandidaten zu verhindern.

Nach einer Meldung des „Soir“ gab Challemel— Lacour allen Gruppen des Senats bekannt, daß er jede Kandidatur für die e n ich. ablehne. Dagegen er— klärte der Minister-Präsident Dupuy auf Anfrage ver⸗ schiedener Mitglieder des Parlaments, daß er als Kandidat für die i der Republik auftrete. Er sei der Ansicht, es erfordere im gegenwärtigen Zeitpunkt mehr Aufopferung als Ehrgeiz, sich um diesen mit Verantwortlichkeit schwer belasteten Ehrenposten zu bewerben.

Der Zug mit der Leiche des Präsidenten Carnot ist heute Nacht um 31, Uhr auf dem Lyoner Bahnhof in Paris eingetroffen. In Lyon gaben dem Sarge, der auf einer Kanonenlafette lag, gestern Abend bei seiner Ueberführung nach dem Bahnhof die sämmtlichen Behörden und Korpora⸗ tionen das Geleite. In der Präfektur hatte der Erzbischof am Sarge ein Gebet gesprochen. Eine ungeheure, in ehrerbietiger und bewegter Haltung verharrende Menschen⸗ menge erfüllte, wie aus Lyon berichtet wird, die von dem Zuge berührten Straßen, in denen alle Läden geschlossen waren. Nachdem der Zug vorüber war, wurde die Menge unruhig, man schrie: „Rachen wir Carnot!“ „Nieder mit dem Mörder!“ Als der Sarg auf dem Bahnhof eingetroffen war, wurde er in einen Salonwagen gesetzzt, den die Offiziere des Militärstaats des Präsidenten bestiegen. Madame Carnot, welche Morgens um? Uhr von Paris in Lyon eingetroffen war, nahm mit ihren drei Söhnen in einem anderen Waggon Platz. Eine zahlreiche Menschenmenge wohnte entblößten Haupts der Abfahrt bei. In Dijon zog eine . Menschenmenge auf dem Bahnhof vor dem

aggoh, der die 1er. Carnot's barg, vorüber. In Paris wurde die Leiche von dem Präfekten des Seine⸗Departements, dem Polizei⸗Präfekten und dem Kabinets⸗-Chef des Palais Elysse empfangen und zu Wagen nach dem Elysse gebracht. Dem Wagen mit der Leiche folgten fünf weitere Wagen; in einem derselben befand sich Madame Carnot. Im Elysse waren zum . der Leiche die Mitglieder des Militär⸗ und des Zivilstaats Carnot's anwesend. Der Sarg wurde in

dem zu einer Trauerkapelle , Salon nieder⸗

etz die Feierlichkeit trug einen durchaus privaten Charakter. ie Minister wohnten ihr nicht bei. Madame Carnot zog sich nach der Feier alsbals in ihre Gemächer zurück. Die Regierung wird von den Kammern die Veranstaltung eines

nationalen Leichenbegängnisses verlangen.

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Im Elysée sind Kondolenzlisten ausgelegt, in die überaus zahlreiche Personen eintragen. ** deutsche 6h schafter Graf Münster hat nicht nur, dem Allerhöchsten Befehle emäß, der fr fl chen Regierung die Theilnahme Seiner ajestät des Kaisers Wilhelm zum Ausdruck gebracht, sondern auch in seinem und seiner Tochter Niamen der Madame Carnot ga ic sein Beileid übermittelt. Kaifer . Joseph hat eigenhändig abgefaßte Beileids— elegramme an Madame Carnot und an den Minister⸗ räsidenten Dupuy gerichtet. Von König Humbert traf folgendes Telegramm an den Minister-Präsidenten ein: „Die verabscheuungswürdige That, welche Frankreich seines Staatsoberhauptes beraubte, dessen Person die allgemeine Achtung und Sympathie genoß, hat mich in den innersten Gefühlen meines Herzens getroffen. Der Tag, welcher bisher dem Gedächiniß des gemeinsamen Ruhmes beider Nationen gewidmet war, vereinigt sie heute in gemeinsamer Trauer.“ An die Wittwe Carnot's telegraphierte König Humbert: „Der Streich, der Ihren Gemahl getroffen, erfüllt gleichzeitig mein Herz und das Herz der Königin mit tiefem Schmerz. Italien ist nicht minder wie Frankreich durch das verübte Verbrechen verwundet und schließt sich ganz und gar Ihrer Trauer an. Ich bin niemals so sicher gewesen als heute, seine wirklichen . zu verdolmetschen.“ Auch der italienische Botschafter Ressmann richtete ein Tele⸗ gramm an die Wittwe, worin er dem lebhaften Schmerz über das Attentat Ausdruck giebt. Ebenso drückte der 6 Botschafter Baron von Mohrenheim der Wittwe sein Beileid telegraphisch aus. Der König von Rumänien hat gleich⸗ falls an die Wittwe ein in warmen Worten abgefaßtes Beileids⸗ Telegramm gerichtet, und ebenso wurde der rumänische Ge⸗ sandte in Paris von seiner Regierung beauftragt, der fran⸗ zösischen Regierung im Namen Rumäniens das tiefe Bedauern über den unermeßlichen Verlust auszudrücken. Auch aus anderen Staaten Großbritannien, Serbien, Vereinigte Staaten von Nord-Amerika liegen entsprechende Beileidskundgebungen vor. Der Präsident des . Munizipalraths richtete ein Schreiben an den Minister—⸗ Präsidenten, worin er dem Abscheu und dem Schmerz der Stadt Paris über das Attentat Ausdruck giebt. Sämmtliche Korporationen in Paris haben an Madame Carnot Beileidsschreiben gesandt. Aus allen Theilen Frankreichs gehen Kundgebungen der Trauer und des Abscheus uber das Attentat ein. Die italienische Handelskammer in Paris läßt seitens ihrer Mitglieder eine Beileidsadresse unterzeichnen, und das Comité der französisch⸗italienischen Liga ühersandte dem Minister⸗Präsidenten ein Schreiben, worin es heißt, das Comité sende der edlen französischen Nation sein sympathisches und wärmstes Beileid.

In Paris herrscht nach einer Meldung von gestern Abend fortgesetzt Ruhe; nirgends, auch nicht in den äußeren Stadttheilen in der Nähe der Fabriken, wo italienische Ar⸗ beiter beschäftigt sind, kam bisher eine anti-italienische Demon⸗ stration vor. Die Nachrichten aus den Departements, be⸗ sonders aus Lyon, Marseille, Lille und Bordeaux geben die allgemeine Erregung und Bestürzung und den Abscheu über das Attentat wieder. Die Fahnen auf sämmt— lichen öffentlichen Gebäuden in Paris sind mit Trauerflor umhüllt, die Bewegung in der Bevölkerung ist sehr groß, man reißt sich um die 5 welche über die letzten Augen⸗ blicke Carnot's berichten. Nach einer Meldung aus Grenoble wurden dort von Seiten französischer Arbeiter Kundgebungen gegen die Italiener gerichtet.

Das von den Aerzten unterzeichnete Protokoll über den Leichenbefund lautet: „Die Verwundung ist eine der ent⸗ setzlichsten, die man je gesehen. Die Leber war in einer Tiefe von 12 em vollständig durchschnitten. Das große Blutgefäß war an zwei Stellen zerschnitten; eine Rippe war gebrochen. Die Waffe war in ihrer ganzen Länge von 18 em einge⸗ drungen. In der Bauchhöhle wurden 2 1 Blut gefunden.“

Der Untersuchungsrichter unterzog gestern Vormittag den Mörder einem Verhör; letzterer weigerte sich indessen hart⸗ näckig, Rede zu stehen, und erklärte, er werde nur vor den Geschworenen Aufklärung geben. Der Mörder nennt sich genau Cesario Santo Hieronimo, er ist Bäcker und 21 Jahre alt. Ueber ihn wird weiter aus Mailand gemeldet: er ist der Sohn einer gewissen Marie Broglio und eines Mannes Namens Antonio Cesario. Im Januar 1892 schloß er sich den Anarchisten an und versuchte, in Mailand mit . anderen gefährlichen Anarchisten ein J,, Blatt jerauszugeben. Er fand jedoch nicht die erforderlichen Geldmittel. Die italienische Polizei überwachte ihn bis Ende 1893, zu welcher t er sich nach der Schwei begab. Nach einer Mel . aus Cette (am 6h von Lyon) befand sich der Verbrecher noch am Sonn⸗ abend dort, wo er acht Monate als Bäckergeselle bei dem Bäcker Viala beschäftigt war. Am Sonnabend erhielt er von seinem Arbeitgeber 80 Fr. und ging fort mit dem Be⸗ merken, er würde dahin gehen, wohin ihn die Umstände führen würden. Sonnabend Nachmittag 2 Uhr 45 Minuten verließ er die Stadt. Den Dolch, mit welchem das Attentat aus⸗ geführt wurde, hatte er am Freitag gekauft. Pariser Blätter ehaupten, er . unter falschem Namen bei dem italienischen Weinhändler Berti in Paris in der Rue Traversière gewohnt. Der Polizei⸗Präfekt Lepine, welcher am Montag aus Lyon nach Paris zurückgekehrt war, theilte einem Reporter mit, daß

Hieronimo dem Wagen Carnot's nachlief und dabei mit beiden

Händen ein Bouquet hielt. Am Wagen angelangt, bot er Carnot mit der linken Hand das Bouquet. Carnot beugte sich vor, um das Bouquet zu erfassen. In diesem Augenblick zog der Verbrecher den Dolch, der in der Manschette des Bouquets verborgen war, und stieß ihn Carnot von oben nach unten in den Leib.

Nach einer Meldung des „Paris“ soll in Lyon ein Mann verhaftet worden sein, der kurz nach dem Attentat erklärte, daß er sich darüber nicht wundere, da er Tags zuvor von einem Friseurgehilfen gehört habe, daß Carnot erdolcht werden würde. Das Individuum konnte keine genaue Aus⸗ kunft über den Friseurgehilfen ertheilen und wurde fest— genommen. . ,

Der Untersuchungsrichter ist der Ansicht, daß die Er⸗ mordung Carnot's mik den Vorgängen von Aigues-Mortes in Verbindung stehe. Der Verbrecher habe die Anarchisten und e seine Landsleute rächen wollen. 1 der Polizei⸗ Präfektur scheint man davon überzeugt zu sein, daß der Mörder mit 1 Anarchisten in Verbindung stand.

Auch gestern Abend durchzogen, wie aus Lyon gemeldet wird, zahlreiche Trupps, zum ktheil mit Fahnen an der Spitze, die Straßen der tabt' und verwüsteten die italienischen Spezereiläden und andere Geschäfte, deren Schild den Namen

eines V Besitzers trägt, ohne jedoch die letzteren zu belästigen. ie Guillotiere und der Stadt⸗ theil auf dem linken Rhoneufer waren der Hauptschau— platz dieser Scenen. In der inneren Stadt. erzwan die Menge die Schließung eines Cafés. Militär un Polizei verhinderten mit ln bie! aller Kräfte größere Un⸗ ruhen. Eine Schwadron Kürassiere hielt die Rue de la Re— publique frei. Ein Polizeiagent wurde schwer verwundet, als er die Menge von der Plünderung eines Spezereiladens ab⸗ halten wollte. Im Innern der Stadt herrschte im übrigen Ruhe. Das italienische Konsulat ist militärisch bewacht. Dank der energischen Haltung der Behörden dürfte der Schaden nur ein materieller sein. Im ganzen wurden 300 Verhaftungen vorgenommen. (Vgl. Tel. Dep.)

Auch in Marseille herrscht wegen des Attentats gegen Carnot allgemeine Entrüstung. Alle Schiffe haben Trauer— flaggen gehißt. Das italienische Konsulatsgebäude, welches als eines der ersten Gebäude die Trauerflagge hißte, ist militärisch besetzt; die Präfektur und die Mairie sind geschlossen. Gestern Abend kam es in Marseille zu einer feindlichen Kundgebung gegen Italien; die Menge wurde indessen von der olizei zerstreut. Verwundungen kamen nicht vor. Um 2 Uhr früh war die Ruhe wieder hergestellt.

In Toulon kam es gestern zwischen den französischen Matrosen eines Schiffes und den mit der Entladung beschäf— tigten italienischen Arbeitern zu einem Handgemenge. Ein Italiener hatte das Andenken des Präsidenten Carnot geschmäht, worauf ihm ein Matrose mit einer Stange einen Schlag auf den Kopf versetzte. Der Italiener zog sein Messer, wurde indessen überwältigt und sterbend nach dem Hospital , die Menge konnte nur mit Mühe zurückgehalten werden.

In Cette hat die Staatsanwaltschaft bei zehn Anarchisten Haussuchung halten lassen, acht wurden verhaftet.

In der Deputirtenkammer sind die Abgg. Doumer und Cavaignac neuerdings mit ihrem Einkommensteuer— entwurf hervorgetreten., Er enthält folgende Grundzüge: Jahreseinkommen unter 4000 Fr. sind steuerfrei; desgleichen werden von den höheren Einkommen je 4000 Fr. abgezogen. Die Steuer ist steigend, und überdies wird das aus Kapitalien herrührende Einkommen doppelt so hoch besteuert, als das durch Be⸗ triebs und Handelsunternehmungen oder irgend einen Beruf er⸗ worbene. Kapitaleinkommen zahlt i Proz. für 4000 bis 10000 Fr, 11 Proz. für 10 000 bis 20 000 Fr, 3 Proz. für 20 000 bis 59 000 Fr., 5 Proz für 50 000 bis 100 000 Fr. und 7 Proz. über 1090 9000 Fr. Das Erträgniß dieser Steuer wird von den Antragstellern auf 52 Millionen geschätzt.

Rußland.

In Begleitung des Kaisers sind gestern Großfürst Michgel Alexandrowitsch, der Kriegs-Minister General Wan⸗ nowski, der Kommandant des Hauptquartiers General von Richter und General Tscherewin nach Borki abgereist. Die Kaiserin hat sich gestern mit der Großfürstin Penig und dem Großfürsten Alexander Michailowitsch mittels Dampfers von Batum nach Noworossisk begeben.

Der „Regierungsbote“ sagt in einem dem Präsidenten Carnot ge widmeten Nachruf, Frankreich habe in der Person Carnot's einen tadellos ehrenhaften, freimüthigen und hoch⸗ herzigen Bürger, einen großen Patrioten, einen musterhaften Familienvater und ein musterhaftes Staatsoberhaupt verloren, welches allen Parteiinteressen fernstend und das Wohl . über alles stellte. Das amtliche Blatt weist chließlich darauf hin, daß der Czar die Verdienste des Prä⸗ zar durch die Verleihung des Andreas⸗ Ordensgewürdigt habe. Das „Journal de St. Péters⸗ bourg“ widmet Carnot ebenfalls einen sehr sympa⸗ thischen Nachruf und schreibt; in der ganzen Welt werde die lebhafteste Entrüstung über die Ermordung des Präsidenten Carnot herrschen; Rußland, das immer die höchste Achtung für Carnot gehegt habe, schließe sich voll und ganz der Trauer Frankreichs an. Ebenso bringen alle Privatblätter meist mit Trauerrand versehene Nachrufe, in welchem sie das Entsetzen und die tiefe Trauer über die Ermordung des illustren hochverehrten Staats⸗ oberhaupts ausdrücken und betonen, daß während der Präsident⸗ schaft Carnot's die freundschaftlichen Beziehungen Rußlands zu Frankreich gefestigt worden seien. Die Ermordung Carnot's habe die russische Gesellschaft auf das tiefste erschüttert. Carnot's Name sei umstrahlt von der Märtyreraureole. Das gehobene ,, der Republik erleichtere die Aufgaben des Nachfolgers Jarnot's.

Nach einer Meldung aus St. Petersburg ist den Per—⸗ sonen isrgelitischer Religion, welche im Widerspruch mit den gesetzlichen Bestimmungen in den inneren Gouvernements leben, das Recht verliehen, . bis zu den durch das Ministerium des Innern für die Uebersiedelung nach dem keel lich begrenzten Ansiedelungsrayon bestimmten Fristen zu ösen.

sidenten Carnot

Italien.

Sobald die Regierung von der Ermordung des Prä⸗ sidenten der ,, Republik Carnot Kenntniß erlangte, befahl sie, die Flaggen auf allen öffentlichen Gebäuden des Königreichs auf Halbmast zu hissen. In Rom und in ganz Italien hat das Ereigniß Entrüstung und tiefe Trauer hervor⸗ gerufen. Aeußerst zahlreiche Depeschen, darunter solche vom König Humbert, von dem Papst, dem Minister⸗-Präsidenten Crispi und der Regierung sind nach Paris abgegangen. Alle Zeitungen gaben“ Extrabläͤtter aus, worin das Attentat ge⸗ brandmarkt, die Entrüstung darüber, sowie die Theilnahme an der Trauer Frankreichs über diese schreckliche That aus⸗ gedrückt wird.

In der gestrigen Sitzung des Senats machte der Mi nister-Präsident Erispi in Gegenwart aller Minister Mittheilung von der Ermordung Carnot's, während die Senatoren sich von ihren Plätzen erhoben. Crispi sagte, der Verbrecher sei ein geborener Italiener. Derselbe

ehöre aber der berüchtigten Sekte an, die weder ein Vaterland, noch die Familie anerkenne, einer Sekte, die jede Regierung sei sie republikanisch oder monarchisch bekaͤmpfe und gegen welche die Gesellschaft sich er⸗ heben und schützen sollte, damit sich ähnliche Mordthaten nicht wiederholten. (Lebhafte Zustimmung.) Crispi forderte den Senat auf, Frankreich den einmüthigen Ausdruck des Schmerzes und des Abscheus über das Attentat zu übermitteln. Hierauf hob der Präsident des Senats hervor, Italien theile die Trauer der französischen Nation. Der Senat nehme an dieser Trauer mit tem Schmerz theil. (Sehr lebhafte Bewegung.) Der Präsident fuhr fort: „Unser Schmerz und unsere Erregung ist um so größer, als bas Werk—

i solcher Ruchlesigkeit aus unserem Lande gebürtig ist.

ögen der . Schmerz und die gemeinsame Ent⸗ rüstung, welche heute Frankreich und Italien verbinden, beide Nationen zu dauernder Eintracht vereinigen!“ (Allgemeine 3 stimmung. )] Nach Genehmigung derselben Antraͤge en r Trauerkundgebungen, welche die Kammer angenommen hatte e , die folgende Mittheilung), wurde die Sitzung auf⸗ ehoben.

In der Deputirtenkammer nahm der Minister⸗ . Crispi, während der Präsident, sowie alle Minister und Deputirten sich von ihren Sitzen erhoben, mit tiefbewegter Stimme das Wort zu folgender Mittheilung: „Der Telegraph überbrachte die traurige Nachricht von dem ver⸗ abscheuungswerthen Morde, welcher an dem Praͤsidenten der französischen Republik begangen worden ist. Sadi Carnot, dessen Voreltern in ruhmvoller Weise dem Vaterlande dienten, war ein rechtschaffener Mann, der keine . haben konnte und keinen zu erwecken vermochte. r fiel unter dem Dolche eines Mörders, welcher zu unserem großen Schmerz in Italien geboren ist. Der einzige Trost ist der Gedanke, daß die Anarchisten kein Vaterland besitzen und daß, gleichwie sie ihr Vaterland verleugnen, sie auch vom Vaterlande ver⸗ leugnet werden. (Sehr gut.) Die Kammer, welche die Nation vertritt und in lebhaftester Weise die Bande der Zu⸗ neigung und Freundschaft gegen die Nachbarnation fühlt, wird sich der allgemeinen Trauer über den bitteren Verlust anschließen, von dem Frankreich betroffen worden ist.“ Crispi theilte unter lebhafter Zustimmung mit, daß der König und die Regierung der unglücklichen Wittwe und der fre n Regierung das Beileid Italiens telegraphisch ausdrückten. Er forderte die Kammer auf, ihr ref durch Ver⸗ mittelung des Präsidenten aussprechen zu lassen, und beantragte, die Sitzung aufzuheben. Pr i asiben; hielt eine Rede, in welcher er dem lebhaften Schmerz über den Trauerfall Ausdruck gab, von dem Frankreich betroffen wurde. Zustimmung) Er zollte dem Andenken Carnot's hohes Lob, der die Mission erfüllte, die Völker zu versöhnen und speziell zwischen Italien und der Nation, deren Oberhaupt er war, das Band der Eintracht und der Zuneigung zu sein. (Zustimmung.) Der Präsident beantragte, daß die Kammer als Zeichen ihrer Trauer, die gegenwärtige und die Nachmittags⸗-Sitzung auf⸗ hebe, während der laufenden Session Trauer anlege und ihren Präsidenten damit betraue, sich zum Dolmetsch ihrer Gefühle des Schmerzes und des Beileids beim Chef der französischen National⸗ vertretung zu machen. Diese Vorschläge wurden einmüthig gebilligt und sodann die Sitzung aufgehoben. Nach der Sitzung begaben sich sämmtliche Minister, Deputirte und Senatoren auf die französische Botschaft, um ihre Namen in die dort aufliegenden Listen einzutragen. Die ge⸗ sammte vornehme Gesellschaft Roms folgte diesem Beispiel. Die Börsen von Mailand, Florenz, Turin und Rom blieben gestern zum Zeichen der Trauer geschlossen.

In der Sitzung des Gemeinderaths der Stadt Rom

gedachte der Bürgermeister Fürst Ruspoli in warmen ehrenden Worten des Präsidenten Carnot und gab dem Abscheu über das Attentat sowie der . an der Trauer Frank⸗ reichs Ausdruck. Es wurde einstimmig beschlossen, ein Bei⸗ leids⸗Telegramm an die französische Regierung zu richten. ö wurde die Sitzung zum Zeichen der Trauer auf⸗ gehoben. Im Laufe des Abends begab sich eine große Anzahl Manifestanten nach dem Kapitol und von dort nach dem Palais Farnese, wo sie sich in die dort ausliegenden Beileids⸗ listen einschrieben. Die Manifestanten zerstreuten sich ohne Zwischenfall. Aus Bari und vielen anderen Ortschaften werden . Kundgebungen der Sympathie und der Trauer ge⸗ meldet.

Die gesammte liberale und klerikale Presse der Haupt⸗ stadt und der Provinz giebt einmüthig ihrem Abscheu über das Attentat gegen Carnot und dem Schmerz über das Frank⸗ reich widerfahrene Leid Ausdruck, indem sie gleichzeitig die anarchistische Bewegung, auf welche die Greuelthat zurückzufuͤhren sei, auf das schärfste verdammt.

Spanien.

In der Deputirtenkamm er hielt der Minister⸗-Präsi⸗ dent Sagasta eine Lobrede auf den ermordeten Präsidenten Carnot, welcher sich sämmtliche Deputirte anschlossen.

Türkei.

König Alexander von Serbien traf Sonntag Abend in Salonichi ein und wurde von den Behörden empfangen. Die gesammte Garnison bildete Spalier. Am Montag schfffte sich der König auf der Galayacht „Sultanis“ nach Kon⸗ stantinopel ein. .

Der Khedive ist gestern in Konstantinopel angekommen und ohne besonderes Zeremoniell von einigen Hofwürden⸗ trägern empfangen worden.

Rumänien. Der König und der Thronfolger sind zum Sommer⸗ aufenthalt nach Sinaja abgereist. Dänemark. Der König ist gestern Vormittag nach Kopenhagen zurückgekehrt. Die Königin wird noch vierzehn Tage in Gmunden verbleiben.

Amerika.

Aus Washington wird gemeldet: Die auswärtigen Vertreter machten dem französischen Botschafter Beileids⸗ besuche. Die Repräsentantenkamm er beschloß eine Sym⸗ pathiekundgebung für Frankreich. Stone beantragte eine Bill, welche . Verbrechen, die den Tod eines Menschen herbeiführen, mit der Todesstrafe bedroht. In dem Gebet, mit welchem gestern die Sitzung des Senats eröffnet wurde, geschah der Ermordung des Präsidenten Carnot Erwähnung. . . wurde alsdann zum Zeichen des Beileids auf⸗ gehoben. .

Gerüchtweise verlautet in Buenos Aires. der Norden von Peru befände sich in der Gewalt der Aufständischen

Parlamentarische Nachrichten.

Im 5. Potsdamer Landtags wahlbezirk, Stadt Potsdam, ist der Geheime Regierungs Rath Dr. Kelch in Berlin (frkons.), welcher infolge Befoͤrderung sein Mandat 2 hatte, mit 157 Stimmen ,, worden.

Der Gegenkandidat ultra wtf Engels in Potsdam lfreis. Volksp.) hat 13 Stimmen erhalten. ö