der Riviera begeben, um dort mit Ihren Königlichen Hoheiten dem Erbgro herzog und der Erbgroßherzogin zu⸗ sammenzutreffen, die um jene Zeit etwa in St. Martin bei San Remo angekommen sein werden. Der Erbgroßherzog unter⸗ nahm bei dem schönen Wetter der letzten Tage täglich Aus— fahrten in offenem Wagen. n
Sachsen⸗Coburg⸗ Gotha.
Seine Königliche Hoheit der Herzog hat am Sonnabend Abend den hisherigen preußischen Gefandten und bevollmäch— tigten Minister von Derenthall in feierlicher Audienz empfangen, um dessen Abberufungsschreiben entgegenzunehmen. An den Empfang schloß sich eine Galatafel an. Ihre Kaiserliche und Königliche Hoheit die Herzogin
hat sich vorgestern nach Sinaja begeben.
Desterreich⸗Ungarn.
Der König Alexander von Serbien, der Belgrad . früh in Begleitung des österreichisch⸗ungarischen Ge— andten Freiherrn von Thoemmel und des serbifchen Ge— sandten in Wien Simic verlassen hatte, traf am Nachmittag mit den ihm bis an die Landesgrenze enigegengeschickten Ehren lavalieren in Bud apest ein und wurde auf dem reich geschmückten Bahnhofe von dem Kaiser und dem Erzherzog Joseph erwartet. Auch der Minister des Innern Hieronymi und die Spitzen der Militär- und Zivilbehörden, sowie der serbische General-Konsul und viele Mitglieder der serbischen Kolonie hatten sich zum Empfang eingefunden. Der Kaiser begrüßte den König mit herzlichem Händedruck und stellte den Erz— herzog und mehrere Würdenträger vor, denen der König die en reichte. Nach Abschreiten ber Ehrenkompagnie fuhren beide
onarchen unter . Kundgebungen der Bevölkerung, die den Kaiser bereits auf der Fahrt nach dem Bahnhof enthusiastisch begrüßt hatte, gemeinsam nach der Ofener Hofburg. Beim Eintreffen uaselbs stellte der Kaiser dem Könige die Hoöͤfwürden— träger und den Minister-Präsidenten hr. Wekerle vor. Der König sprach den Grafen Kälnoky als Bekannten und auch die übrigen Vorgestellten an. Bald darauf stattete der König dem Kaiser einen Besuch ab und tauschte mit dem Erzherzog erh Besuche aus. Um 6 Uhr fand in der Hofburg ein Galadiner statt, dem außer dem Kaiser und dem König der Graf Kälnoky, die ungarischen Minister und Bannerherrn, die in Pest anwesenden Diplomaten, darunter der deutsche Gesandte in Belgrad Freiherr von Waecker⸗ Gotter, die Spitzen der Zivil- und Militärbehörden, die Hof— würdenträger und das Gefolge des Königs beiwohnten. Vor Beginn des Diners, während dessen eine Militärkapelle kon— jzertierte, sprach der Kaiser den serbischen Gesandten Simic und, den österreichisch-ungarischen Gesandten in Belgrad ern von Thoemmel, der König von Serbien die Minister Graf Kälnoky und Dr. Wekerle an. Nach dem vierten Gange erhob sich der Kaiser und brachte in fran⸗ zösischer Sprache folgenden Toast aus: „Ich erhebe mein Glas auf das Wohl Seiner Majestät des Königs Alexander von Serbien“. Der König von Serbien erwiderte! „Indem ich Eurer Majestät für die ausgedrückten freundschaftlichen Gefühle meinen Dank abstatte, kann ich Eurer Majestät ver⸗— sichern, daß es mein stetes Bestreben sein wird, dahin zu wirken, daß die guten Beziehungen zwischen beiden Län⸗ dern sich auch in Zukunft immer mehr festigen. Es sei mir deshalb gestattet, mein Glas auf das Wohl Seiner Majestät des Kaisers und Königs Franz Joseph zu erheben“ Nach dem Diner wurde ein einstündiger Cercle abgehalten, wobei die Monarchen zahlreiche Personen mit Ansprachen beehrten. Darauf fuhren der Kaiser und der König, auf dem ganzen Wege von der Volksmenge lebhaft begrüßt, zur Oper, wo Massenet's „Mädchen von Novara“ sowie ein Akt des , er. „Czardas“ und eine Allegorie zur Aufführung gebracht wurden.
In der vorgestrigen Sitzung des ungarischen Unter— hauses legte der Präsident das Nuntium des Oberhauses über die Annahme des Gesetzentwurfs über die staatliche Matrikel vor und theilte mit, daß der Gesetzentwurf der Sanktion des Monarchen werde unterbreitet werden. Ferner legte der Präsident das Nuntium des Oberhauses über die Ablehnung des Gesetzentwurfs wegen der Rezeption der Israeliten vor. Der Präsident wurde ermächtigt, die Verhandlung über dies Nuntium sofort nach der Berathung des Gesetzes über die freie Religionsübung auf die Tages⸗ ordnung zu setzen. Der Gesetzentwurf über die Religion der Kinder, woran das Oberhaus Abänderungen vorgenommen hatte, wurde den Ausschüssen überwiesen. Die nächste Sitzung findet am Mittwoch statt. Auf der Tagesordnung steht der i n üher die freie Religionsübung. .
er ungarische Justiz-Minister von Szilagyi hielt am Sonnabend im Rathhaus zu Preßburg eine Rede, worin er seinen Dank für seine Wahl zum Ehrenbürger der Stadt ausdrückte. Der Minister erklärte, daß die Regierung an der freien Religionsübung und der Rezeption der Israeliten festhalte. Er hoffe, das Oberhaus werde sich den schwerwiegenden Motiven nicht lange verschließen, damit die Kirchenpolitik zu einem Ruhepunkt gelange. Der Liberalismus müsse jederzeit der Polarstern jeder un— garischen Politik sein. Die Unabhängigmachung des Staates von, der Kirche und die Gleichstellung aller Kirchen müsse die Basis der weiteren Entwickelung sein. Der Minister wider⸗ legte ferner die Anschuldigungen, als ob die Regierung staats⸗ rechtliche 67 für die, Reformen in den Kauf gegeben habe und als ob Irreligiosität verbreitet und die Nationalitäten unterdrückt würden. Die Religiosität werde infolge der Reformen, ebenso wie anderswo, gesteigert werden. Eine baldige Erledigung dieser Fragen sei erwünscht, damit die Legislative auch andere Neformen in Angriff nehmen könne, so namentlich die Verwaltungsreform. Zu der rumãänischen rage bemerkte der Minister, man habe mit den gegenwärtigen Vorlagen auch die Nationalitätenfrage verquickt, damit die Regierung mit den stärksten Gefühlen des Menschen zu kämpfen habe; doch nie habe jemand auch nur versucht, zu beweisen, inwiefern durch die Vorlagen die Muttersprache der Nationalitäten oder ihre gesetzlichen Rechte angegriffen würden. Wenn nationalistische Hetzer, die sich nicht um die Ruhe des Landes kümmerten, diesen Vorwand gebrauchten, so wollten sie nur ihrer nationalen Antipathie gegen alles Aus⸗ druck geben, was den ungarischen Staat kräftige und seine Konsolidierung fördere. Bei einem Theil der Bürger sei die Anhänglichkeit an den Staat in dee Abnahme bes re. Die
Unter den rumänischen Mitbürgern werde mit ge— wissenlosen Waffen gekämpft. Man e. Ungarn vor Europa so hin, als wolle es die Rechte der Rumänen mit Füßen treten. Es sei bei dieser Gelegenheit nicht am Platze, alles zu sagen, was geschehen sei, was versäumt worden sei und was geschehen könne, aber es sei seine Pflicht, zu erklären, daß die Einheit des nicht gestört werden dürfe. Die Regierung werde mit allen‘ kon⸗ stitutionellen Mitteln. darnach streben, daß dies zur klaren und festen Ueberzeugung aller Staatsbürger werde. Andererseits aber sei keinerlei konstitutionelle Bewegung im Lande ausgeschlossen. Die Rumänen müßten überzeugt werden, daß die Wohlthaten, die der Staat allen seinen Buͤrgern ge⸗ währe, auch ihnen zukämen, und daß er bestrebt sei ihren Klagen ebenso abzuhelfen, wie denen aller anderen Staatsbürger. Er könne aber die Thatsache nicht über— ehen, k die Rumänen von Hetzern, die von materiellen e eff geleitet seien, irregeführt würden. Keinesfalls jedoch dürften Konzessionen auf Kosten der territorialen Staats⸗ einheit und der Staatssprache gemacht werden. Das Bestreben, konfessionelle Parteien i bilden, müsse aufs schärfste ver⸗ urtheilt werden. Der Minister schloß mit einem Appell an die Liberalen, gegen solche Bestrebungen mit allem Eifer anzu⸗ kämpfen, damit die liberalen Schöpfungen durch Agitationen nicht gefährdet würden. Die Rede fand lebhaften Beifall. Zum Obmann des Klubs der deutschen Landtags— Abgeordneten Böhmens ist am Sonnabend in Prag ein— stimmig an Stelle Schmeykal's Dr. Schlesinger gewählt worden. Die gestern in Prag abgehaltene Versammlung der deutschen Vertrauensmänner genehmigte sämmt— liche Vorschläge des Exekutivcomités und nahm eine Resolution an, worin der Koalitionsregierung das Vertrauen votiert wird. Der König von Griechenland, der auf der Rückreise von Kopenhagen in Wien eingetroffen ist, empfing daselbst am Sonnabend Nachmittag den Minister des Auswärtigen Grafen
Kälnokn. Frankreich.
Der Kriegs⸗Minister General Mercier, der sich, wie in der vorgestrigen Nr. d. Bl. gemeldet wurde, nach Limoges begeben hatte, um das aus Reservisten gebildete und mit requirierten Pferden beritten gemachte 61. reitende Jäger⸗ Regiment zu besichtigen, hat sich dem „W. T. B.“ zufolge mit den ausgeführten Uebungen für durchaus befriedigt erklaͤrt.
Nach Meldungen aus Avignon ist die auswärts ver⸗ breitete Nachricht, daß dort mehrere Anarchisten verhaftet seien und eine geheime Druckerei entdeckt worden sei (siehe die vor— gestrige Nr. d. Bl.), vollständig unbegründet.
Rußland. Amtlich wird gemedet: Der Kaiser empfing am Freitag in Livadia den Botschafter Nelidow. Der Finanz⸗Minister Witte ist, wie W. T. B.“ meldet, am Sonnabend Vormittag wieder in St. Petersburg ein⸗ getroffen.
ungarischen Staates
Italien.
Der Marine⸗Minister vollzog am Sonnabend in Genua an Bord des Kriegsschiffs „Re d'Italia“ in Gegen⸗ wart der Admiralität, der Schiffsstäbe, der Vertreter der Be⸗ hörden und fünfhundert geladener Gäste im Namen des Königs die Uebergabe einer reich gestickten Flagge, die der König Humbert dem seinen Namen führenden Kriegsschiff ge⸗— widmet hat. Der Minister hielt hierbei eine Ansprache, die von dem Kommandanten des Schiffs, der die Flagge in Empfang nahm, mit einer stürmischen Beifall hervorruüfenden Rede erwidert wurde. Die Menge am Quai und in den Barken gab ihre lebhafte Begeisterung in Hochrufen auf den König kund. Zu der Feier waren Hö italienische Kriegsschiffe im Hafen von Genua versammelt.
Tpanien. Die Königliche Familie ist vorgestern in Madrid wieder eingetroffen; die Gesundheit des Königs hat sich sehr gekräftigt. Die Nachricht, daß unter den Ministern Meinungs— verschiedenheiten beständen, wird dem „W. T. B.“ zufolge in Madrid für unrichtig erklärt. Immerhin sei es möglich, daß, um die Beziehungen zwischen der Regierung und der Majorität zu kräftigen, mehrere Minister vor dem Wieder— zusammentritt der Kortes ihre Portefeuilles an einige Mit— glieder der Majorität abgeben würden. Das Programm der liberalen Regierung werde nicht geändert werden. Der Ministerrath wird heute zusammentreten. In Cuenca sind zahlreiche Finanzbeamte wegen Unterschlagungen verhaftet worden. Weitere Verhaftungen werden an verschiedenen Punkten Spaniens erwartet.
Belgien. Gestern haben in ganz Belgien zum ersten Male die Parlamentswahlen auf Grund des allgemeinen obli⸗ gatorischen Stimmrechts stattgefunden, wobei jeder 35 Jahre alte, verheirathete oder verwittwete, fünf Franken Steuer zahlende, oder auch jeder jüngere, aber im Besitz eines Grundstücks von 2000 Franken Katasterwerth oder einer Rente von 100 Franken befindliche Wähler eine zweite Stimme hat, und den Wählern von einem gewissen Bildungsgrade eine dritte Stimme zugebilligt wird. Die Wahlen haben sich, wie „W. T. B.“ berichtet, abgesehen von einigen persönlichen Streitigkeiten, in Ruhe vollzogen. In Alost kam es zu Zu⸗ sammenstößen der Parteigänger von Woeste und Daens, Üm 2 Uhr wurde überall entsprechend den gesetzlichen Bestim⸗ mungen der Wahlakt geschlossen. In Brüssel wurden bis Mitternacht für die Kammer 37 666 liberale, 45 868 katho⸗ lische und 29 578 sozialistische Stimmen gezählt. Die liberale Liste für den Senat wird im ersten Wahlgange durchgehen. In Arlon ist der Liberale Finet zum Senator gewählt. Der bisherige katholische Deputirte Staats-⸗Minister Nothomb wird durch einen Liberalen ersetzt. In Virton ist der Progressist Lorand an Stelle des Katholiken Debriey gewählt. In pern und Dim u de sind die Katholiken wiedergewählt worden. In Namur wird nach den letzten Meldungen Stichwahl zwischen Katholiken und Liberalen stattfinden, die Liberalen haben die meisten Stimmen. In Th uin wird ebenfalls Stichwahl zwischen Katholiken und Liberalen stattfinden. In Gent ist die Wiederwahl der Katholiken mit großer Mehrheit gesichert. In Charleroi und Lüttich gewinnen die vereinigten Pro⸗ gressisten und Sozialisten ,. Boden. Die Wahl der Progessisten und i in Lüttich würde die Niederlage Fräre⸗Orban's, des Chefs der gemäßigten liberalen Partei, nebst 10 anderen liberalen Depulirten und 5 liberalen Seno⸗
relativ meisten Stimmen. In Termonde ist der Minister Debruyn wiedergewählt. In allen vlämischen Städten werden die Katholiken ihre Position mit großer Majao⸗ rität behaupten. In Ostende wurden an Stelle zweier Gemäßigt⸗ Liberalen 2 Katholiken gewählt. In Ant werpen wurden die Katholiken mit großer Majorität wiedergewählt. In Philippeville verlieren die Katho⸗ liken zwei Sitze, in Tournai werden sie wahrscheinlich in die Stichwahl kommen. Der Sitz des liberalen Staats. Ministers Bara ist daselbst bedroht. In Verviers findet für die Kammer Stichwahl zwischen Sozialisten und Ka— tholiken statt, die Liberalen sind dort verdrängt, für den Senat findet theilweise Stichwahl statt. In Dinant sind die Katholiken wiedergewählt. — Unter den im ersten Wahl ang gewählten Sozialisten befinden sich: für Lüttich ue n Vorstand und Gründer des sozialistischen Vereins „Vooruit in Gent, ferner der Agitator Defuisseaux, der vor kurzem Frank— reich verließ und augenblicklich in Mons im Gefängniß ist, Cälestin Demblon, der seinerzeit als . in Lüttich abgesetzt wurde, außerdem Hector Dönis, der ehemalige Rektor der Universität Brüssel, der von der Universität infolge der Zwischenfälle ab— ing, die seinerzeit wegen der von Elyfse Reckus beabsichtigten orlesungen vorkamen. In Charleroi wurde im ersten Wahl- gang unter den Sozialisten Callewaert, der Führer der Ritter der Arbeit“, gewählt, im Bezirk von Charleroi der Brüsseler Sozialist Vandevelde. Von den in Mons aufgestellten Sozialisten wurden die beiden Brüder Defuisseaux gewählt, von denen der eine auch in Lüttich durchdrang, ferner Maroilles, der wegen Ausschrei— tungen bei Strikes verurtheilt war. Bei den Stich— wahlen in Brüssel werden die Sozialisten den Ausschlag geben; wenn es nicht zu einer Verständi— gung zwischen den Sozialisten werden die achtzehn katholischen Kandidaten für Brüssel gewählt. In Mons werden die Liberalen die Sitze für den Senat gewinnen. Im allgemeinen werden die Parteiver— hältnisse im Senat nicht erheblich verändert werden, denn die Sozialisten haben für den Senat keine eigenen Kandidaten aufgestellt und, in den Arrondissements, wo sie geschlossen für die sozialistischen Deputirten stimmten, bezüglich der Senatssitze ihre Stimmen in großer Zahl zu Gunsten der Liberalen abgegeben.
Im allgemeinen ist das Resultat der Wahlen ein be— trächtlicher Verlust für den gemäßigten Liberalis— mus. Die Sozialisten haben einen Theil der von den Liberalen verlorenen Sitze erobert, die Katholiken behalten die Majorität und bleiben Regierungspartei. Die offiziellen Wahlresultate werden erst heute Nachmittag bekannt. Wenn der Minister⸗Präsident de Burlet bei der Stichwahl in Nivelles , die Liberalen gewählt wird, so erscheint das Kabinet vollzählig in der Kammer; seine Wahl hängt von den Stimmen der Sozialisten ab.
Griechenland.
Der Politischen Korrespondenz“ wird aus Athen ge— meldet: Sofort nach dem Eintreffen der Nachricht, daß die russische Kaiserfamilie einen Aufenthalt auf Korfu be— absichtige, sei der Ministerrath zusammengetreten, um über die Empfangsmgßregeln zu beschließen. Der Ministerrath habe die Instandsetzung des Lustschlosses „Mon repos“ als Residenz der Kaiserlichen Familie verfügt und an— geordnet, daß sich die Panzerabtheilung der griechischen Flotte bereit halten solle, um dem Kaiser von Rußland entgegen⸗ zufahren. ;
Rumänien.
„Die jüngst geborene Prinzessin ist in das Zivilstands— register mit dem Namen Elisabeth eingetragen worden. Als Zeugen waren der Erbprinz von Sachsen⸗Coburg und Gotha sowie der Erbprinz und die Erbprinzessin von Sachsen-Meiningen zugegen.
Serbien.
Nach einer Meldung; der „Frankfurter Zeitung“ aus Belgrad hätte der Minister-Präsident Nicolajewic zum dritten Mal seine Entlassung eingereicht und den König vor die Alternative gestellt, den Finanz⸗-Minister PetrowiFe und den Justiz-Minister Antonovie, mit denen er, der Minister— Präsident, nicht weiter arbeiten wolle, zur Demission auf— zufordern oder seine eigene Entlassung anzunehmen. Der König werde sich nach seiner Rückkehr aus dem Ausland ent— scheiden.
Der Belgrader Gerichtshof hat den früheren Minister Tauschanowie und den Professor Nenadowic, die in dem Hochverrathsprozeß gegen den Industriellen Cze⸗ binac mitangeklagt, sind und sich im Ausland aufhalten, aufgefordert, sich binnen fünfzehn Tagen dem Gericht zu stellen, widrigenfalls die Verhandlung gegen sie mit bestellten Vertheidigern werde durchgeführt werben.
Bulgarien.
Der Minister des Auswärtigen Natschowic hat sich zu kurzem Aufenthalt nach Varna begeben, um dem Prinzen Ferdinand über die laufenden Angelegenheiten Bericht zu erstatten.
Nach einer Meldung der „Köln. Ztg.“ hätte der Minister Tontschew in Varna den Prinzen Ferdinand mündlich ge— beten, seine Entlassung zu genehmigen. Keineswegs werde Tontschew bei der Eröffnung der Sobranje noch Minister sein.
Die Regierung hat den diplomatischen Agenten in Kon⸗ stantinopel Dimitrow beauftragt, dem Sultan und der Pforte den Dank des Prinzen Ferdinand und der bulgarischen Regierung für den Empfang auszusprechen, den die Deputation, welche dem Sultan ein bulgarisches National⸗ geschenk überbrachte, in Konstantinopel gefunden habe.
Schweden und Norwegen. Das definitive Resultat der Storthings wah in Christignia ergab für die Linke 8339 und für die Rechte 969 Stimmen. Infolge dessen ist die Stadt Christiania im Storthing von vier Mitgliedern der Linken vertreten, während sie bisher vier Mitglieder der Rechten entsandt hatte, Die von der Partei der Linken errungene Majorität ist dem, W. T. B. zufolge darauf zurückzuführen, daß die Zahl der Urwähler gegen die letzte Wahl um das Doppelte vermehrt worden ist. Das Storthing wird wahrscheinlich aus 58 Mitgliedern der Linken und 56 der Rechten zusammengesetzt sein. Anläßlich des Wahlresultats fand gestern Nachmittag in Christignia ein großer Volksaufzug statt, wohei der y Staats⸗Minister Steen eine Rede hielt, worin er die Zukunft Norwegens
Presse, namentlich die Nationalitäten⸗Presse, sei bestrebt, gegen die Bürger anderer Sprachen Haß zu erwecken.
toren bedeuten. In Mons haben die Sozialisten die
beleuchtete.
und Liberalen kommt,
Amerika.
Nach einer in New-⸗-York eingetroffenen Meldung aus Lima hatten die Regierung strup pen die Auf ständischen bei Huaras völlig in die Flucht geschlagen. In dem Kampfe seien 90 Mann getödtet und 40 verwundet worden. — Der Senat hat eine Anleihe von 200 009 Pfd. Sterl. em⸗ pfohlen, um die Geschäfte mit der „Peruanischen Gesellschaft⸗“
zu ordnen.
Asien.
Wie dem „Reuter'schen Bureau“ aus Simla vom heutigen Tage berichtet wird, erklären weitere Meldungen gegenüber den früheren Mittheilungen, daß der Emir von Fi n en istan ernstlich erkrankt sei. Der Rath des indischen Vizekönigs trat sofort zu einer besonderen Sitzung zusammen. . .
Aus Teheran von gestern erfährt das „Reuter'sche Bureau“, daß der General-Gouverneur von Ispahan während der Abwesenheit des Mollah auf einer Pilgerfahrt nach Mesched die Bauern angewiesen habe, den Tabackb au wieder aufzunehmen, und das Verdikt beseitigt habe, durch das der Mollah im Jahre 1892 die Bevölkerung verpflichtet hatte, keinen Monopoltaback zu kaufen, sowie keinen Taback mehr zu bauen. Ebenso habe der General— Gouverneur noch weitere von dem Mollah angeordnete Be⸗ schränkungen aufgehoben, die einen starken Rückgang der Ein— nahmen aus dem Taback-Monopol und ernste Verluste der Bauern veranlaßt hätten. .
Nach einer Meldung aus Shanghai von gestern ist das Gerücht, daß Chefoo ven der japanischen Flotte ge⸗ nommen worden sei, wie, W. T. B.“ berichtet, un begründet. Ein Angriff auf Chefoo habe nicht stattgefunden. Dagegen be⸗ stätigt es sich den heutigen Londoner Morgenblättern zufolge, daß in der Mongolei ein Aufruhr ausgebrochen sei. Die Rebellen sollen ziemlich gut bewaffnet sein. Die Behörden hätten ver⸗ sucht, den Aufstand zu unterdrücken, jedoch keinen Erfolg gehabt. Zwei Mandarinen seien getödtet worden; man befürchte, daß die Rebellen gegen Wuischang vorrücken würden, dessen Garnison an die Küste geschickt worden sei.
Afrika.
Wie das „Reuter'sche Bureau“ aus Port Said von gestern meldet, würden sich die dort eingetroffenen britisch en Kreuzer „Spartan“ und „Edgar“ nach Singapore begeben, von wo sie sich dem Admiral Fremantle, dem Kommandeur der chinesischen Station, zur Verfügung stellen würden.
Aus Kapstadt wird demselben Bureau berichtet, die Regierung von Transvaal habe sich bereit erklärt, den Portugiesen im Falle der Noth in Bethätigung ihrer Freundschaft beizustehen. In der Kapkolonie zeige sich die öffentliche Meinung über dieses Angebot beunruhigt, weil es als Verletzung der Suzeränetät Englands über Transvaal an— gesehen werde. .
Nach einer in Brüssel eingetroffenen Nachricht aus dem Congostaat ist der Lieutenant Baert, der an Stelle van Kerkhove's den Oberbefehl über die Expedition nach dem Ubanghi⸗Uelle übernommen hatte, am 15. August in Leopold⸗— ville gestorben.
Kunst und Wissenschaft.
In Rom werden die öffentlichen Sitzungen des Kaiserlich Deutschen Archäologischen Institüts mit der Winckelmannfeier am 7. Dezember beginnen und bis zur Paliliensitzung am 19. April 1895 an jedem zweiten Freitag stattfinden. Der Erste Sekretar Herr Petersen wird von Januar bis April Vorträge in den Museen halten und außerdem in den vatikanischen Museen Uebungen im Aufnehmen antiker Bildwerke leiten. De Zweite Sekretar 3. Hülsen wird vom 15. November bis Weihnachten ungefähr zwanzig Vorträge über die Topographie von Rom halten und vom Januar bis April zweimal wöchentlich epigraphische Uebungen leiten. Im Frühjahr sollen Ausflüge nach Ostia, der Villa des Hadrian, Palestrina und längs der Via Appia unter Führung der beiden Herren Sekretare stattfinden. Im Juli wird Herr Mau, wie bisher, einen achttägigen Kursus in Pompeji abhalten, über dessen Zeit später genauere Auskunft vom römischen Sekretariat zu erhalten sein wird.
In Athen beginnen die öffentlichen Sitzungen am Mittwoch, den 12. Dezember und werden bis Ostern jeden . Mittwoch abgehalten werden. Der Erste Sekretar Herr Dörpfeld wird seine Vorträge über die antiken Bauwerke und die Topographie von Athen, Piräus und Eleusis Mitte Oktober beginnen und wöchentlich einmal bis um April, fortsetzen. Der Zweite Sekretar, Herr Wolters wird vom Dezember bis zum April Uebungen zur Einführung in die Antikensammlungen Athens halten. Die gewöhnliche Reise des Instituts durch den Peloponnes bis Olympia wird voraussichtlich am 15. April angetreten werden und etwa 14 Tage dauern. Da die Zahl der Theilnehmer nur eine beschränkte sein kann, ist eine möglichst frühzeitige Meldung empfehlenswerth. Die zweite nach mehreren Inseln und Küstenplätzen des ägäischen Meeres gerichtete Neise wird wahrscheinlich vom 6. Mai ab statt⸗ nden. Sie soll, wenn es möglich ist, bis Troja ausgedehnt werden. Meldungen zu beiden Reisen sind an den Ersten Sekretar in Athen zu richten.
— An der Humboldt-Akademie beginnen morgen Abend noch folgende Vorfragzeyclen und kate r eta! In NW. Georgen⸗ straße 36szl 6— 7 Ühr Professor Iör. F. Kirchner, Deutsche Gräm— matik; 7—8 derselbe, Deutsche Literatur des 19. Jahrhunderts. Die Romantiker; Dr. Cl. Klein, Deutsche Geschichte. Mittelalter; 3896 (nicht 7— , wie irrthümlich im Stundenplan angegeben) Dr. C. emme, Hygiene; einige weitere Kapitel (mit Demonstrationen und Exrkurstonen); Ihr. L. Treitel, ie Sprache und ihre Störungen. In W. Lützowstraße 34d. 7-8 Dr. M. Klein, Datz Welträthfel und seine Lösung; Dozent E. F. Frey, Sophokles' Tragödien; 8 — 9 derselbe, Goethe's Frauengestalten in feinen , werken; pre Dr. S. Herrlich, Das alte Rom (mit Abbildungen). Außerdem 6 unt ebenfalls in W. am Freitag, 19. Oktober, 6— 7, noch Dojent Ch. Marelle, Gours de prononciation frangaise. Der rte Vortrag jedes Eyclus ist für Herren und Damen auch ohne drerkarte zugänglich. ;
— Am Montag, 8. Oktober, trat hier der Ausschuß zusammen, . zur Entscheidung in dem Wettbewerb um den von dem f ut schen , , ausgeschriebenen . für eine künst erisch ausgestat ete ahlspruchtafel berufen war. Das Preis⸗ Wicht bestand aus folgenden Herren: e . Woldemar Friedrich, ert dich enn Dr. Max Jähns, Baumeister Otio March, Ge⸗ simer Baurath Otto Sarrazin und Profeffor Anton von men Direktor der Königlichen Akademie der Künste. ach Würdigung der eingegangenen 117 Skizzen entschied
en Meister⸗
man sich dahin, die mit dem Kennwort Dem Deutschen das Deutsche⸗
versehene Skizze zur Ausführung zu bestimmen, unter dem Vorbehalt, daß der Urheber sich zu . Aenderungen in der Anordnung und künstlerischen Durchführung bereit erkläre. Außerdem wurde besb a en, die mit dem Kennwort „Germania IIe versehene Skizze zu erwerben, und zwar zu dem Zweck, sie unter Umständen für eine Mitgliedskarte zu verwenden. Als Urheber der erstgenannten Skizze ergab sich der Maler C. Schröder in Altona, als dersenigs der zweitgenaunten der Prosessor Max Läuger in Karlsruhe (Baden).
Schulwesen.
In festlicher Weise leitete das Viktoria Lyceum gestern Vor⸗ mittag sein neues Schuljahr ein. Die Freunde und Anhänger der Anstalt füllten, wie wir den „Neuest. Nacht. entnehmen, den Saal bis auf den letzten Platz: in erster Reihe die Schülerinnen der ver— schiedenen Kurse, dann aber auch viele ältere Damen und eine große Zahl anderer Persönlichleiten, welche die Sache felbständiger höherer Frauenbildung zu fördern streben. Als Chrengast war der Minister der geistlichen u. . w. Angelegenheiten Dr. Bosse erschienen. Der Staatssekretär a. D. Herzog hielt die Weiherede. Er gab zunächst einen ausführlichen Rückblick auf die erfreulichen Erfolge des ver⸗ flossenen Schuljahres und sprach sodann über die Pflichten, die den Frauen der gebildeten Klassen gegenüber den Frauen der Arbeiter obliegen.
Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maszregeln.
Preußen.
Seit dem 6. Oktober 18941 ist in dem Ueberwachungsbezirk Schmallening ken die gesundheitspolizeiliche Ueberwachung der im Stromgebiet der Mem el und des Pregels verkehrenden Fahrzeuge in gleicher Weise wie im Vorjahre wieder eingeführt worden. Von sämmtlichen die preußische Grenze auf der Memel bei Schmalleningken stromab passierenden Fahrzeugen (Flößen und Schiffen jeder Art und Größe), wird zur theilweisen Deckung der durch die gesundheits— polizeiliche Ueberwachung des Stromverkehrs erwachsenden Kosten eine Vergütung nach bestimmten Abstufungen erhoben.
Cholera.
Wien, 12. Oktober. Nach den am 12. d. M. eingetroffenen Nachrichten über den Stand der Cholera kamen in Galizien 75 Erkrankungen und 37 Todesfälle, in der Bukowina keine Erkrankung und kein Todesfall an Cholera vor. Im Stadtgebiet Lemberg erkrankte eine Person an Cholera.
Handel und Gewerbe.
Nachdem die Meinungsverschiedenheit zwischen Groß— britannien und den Vereinigten Staaten von Amerika über den Robbenfang in der Behrings-See durch den im August v. J. abgegebenen Spruch des zu diesem Zweck in Paris zusammengetretenen Schieds— gerichts beigelegt worden ist, haben die Regierungen
er genannten beiden Staaten nunmehr auf Grund der von dem Schiedsgericht in dieser Beziehung gemachten Vorschläge gleichmäßige Bestimmungen zum Schutz der Robben in der Behrings⸗See erlassen und Zu⸗ widerhandlungen dagegen mit Geld⸗ oder Freiheitsstrafe und mit Einziehung von Schiff, Geräthschaften und Beute bedroht.
Die wichtigsten dieser Bestimmungen sind folgende:
l) In einem Umkreise von 60 geographischen Meilen um die Pribiloy⸗Inseln ruht der Robbenfang gänzlich.
2) In den übrigen Theilen der ö ist die Robbenjagd in si; Zeit vom 1. Mai bis zum 31. Juli jedes Jahres emschließlich verboten.
3) Zur Robbenjagd sind nur Segelschiffe oder ungedeckte, mit Segeln oder Rudern vorwärts getriebene Boote zu verwenden.
4) Der Gebrauch von Netzen, Feuerwaffen oder Ezplosivstoffen ist bei der Jagd auf die Robben in der Behrings⸗See verboten.
5) Jedes Robbenjäger⸗Schiff soll mit einem behördlichen Erlaub⸗ nißschein versehen sein und eine besondere, seitens der zuständigen Be⸗ hörden bestimmte Flagge führen.
6) Die Führer der Robbenjäger⸗Schiffe sollen genaue Listen über Zeit und Ort jedes Robbenfanges, sowie Über die Zahl und das Ge— schlecht der erbeuteten Thiere führen.
Wenngleich eine Betheiligung deuischer Schiffe am Robben⸗ fang in der Behrings⸗-See bisher nicht stattgefunden hat und auch für die Zukunft nicht zu erwarten steht, erscheint es doch angezeigt, die deutschen schiffahrttreibenden Kreise auf die er— lassenen Vorschriften ausdrücklich hinzuweisen.
Zwangs⸗Versteigerungen.
Beim Königlichen Amtsgericht 1 Berlin stand am 13. Oktober das Grundstück Pankstr. 5, dem Maurermeister Matthes Sabbelat gehörig, zur Versteigerung; Fläche 7,61 a; für das Meistgeboet Von 165 9009 M wurde der Kaufmann Philipp Bloch, Behrenstr. 309, Ersteher — Aufgehoben wurde das Verfahren der Zwangeversteigerung wegen der nachbenannten Grundstücke:; Gr. Görschenstr. 6, den Maurer. und Zimmermeistern E. Eggert und F. Magnus gehörig. — Katzlerstr. 17, dem Kaufmann Paul Schönberg gehörig.
Beim Königlichen Amtsgericht 1 Berlin standen die nachbezeichneten Grundstücke zur Versteigerung: das im Grundbuch von Weißen fee Band 45 Blatt Nr. 1270 8. den Namen des Stations⸗ Assistenten . D. Ferdinand Sydow zu Berlin eingetragene, zu Weißen see belegene Grundstück; Fläche 7 a; , , 72 6; Mindestgebot 29 699 S; für das Meistgebot von 29 682 M wurde die Frau Landgerichts⸗-Assistent Bertha Lindemann, geb. Schuster, zu Berlin, Rykestr. 21, Ersteherin. — Das im Grundbuch von Weißensee Band 48 Blatt Nr. 1406 auf den Namen des Bauunter⸗ nehmers Theodor Gehrke eingetragene, zu Neu⸗-Weißensee belegene Grundstück; Fläche 8, o6 a;. Mindestgebot 490 M; für das Meistgebet von 500 ν wurde die Aktiengesellschaft in Firma Terraingesellschaft Weißensee“ in Liquld. zu Berlin, Heiligegeiststraße 38, Ersteherin. — Das im Grundbuch von Rummelösburg Band 4 Blatt Nr, 1065 auf den Namen des Molkereibesitzets August Tietel in Rummelsburg⸗Boxhagen eingetragene, zu Rummelsburg-Boxhggen, Schilierstraße 23, belegen, Grundstück; Fläche 160,99 a; Nutzungswerth 2650 0; Mindestgebot 79 563 „ für das Meistgebot von 87 000 ι wurde der Rentier Gustav Gürndt zu Berlin, Rathenowerstraße gh, Ersteher. — Aufgehoben wurden die Termine wegen der Ver⸗ steigerung des Kaufmann Wilhelm Helms'schen Grundstücks zu Reinickendorf, Holländerstraße 21 belegen.
Theater und Musik.
Königliches Opernhaus.
Ein wirkliches Märchen, das sich in dem naiven Gedankenkreise und in der reinen Stimmung der Kinderwelt und des Kindergemüths bewegt, hat, in einer musikalisch bedeutenden Bearbeitung vorgestern auf der Königlichen Bühne einen . Erfolg erzielt. Engelbert Humperdinck zeigt in seinem Märchenspiel Hänfel und Gretel“, daß auch die moderne dramatische Mufik leicht lieblich und melodisch sein darf, ohne ihre Wirkungskraft auf Gemüt und Seele der Hörer zu verlieren. Der Komponist gehört in jedem Sinne der neudeutschen Richtung gn und bewährt vom ersten Satz der Ouvertüre bis zum Schluß der Oper eine ungewöhnliche Meister⸗ schaft in der Instrumentation. Aber nicht sowohl seine Technik, als viel. mehr sein Vermögen musikalischer Charakteristik bedingt den Erfolg seines Werkes, das sich im Stil des Wagner'schen Musikdramas bewegt und
für die wechselnden Stimmungen der Märchenwelt, für Fröhlichkeit
und Trauer, für kindliche Tändelei und Kindesschmerz nicht nur den
wahrhaften Ausdrug findet, sondern welches auch die aug dem unge
trübten Borne der Natur in das Gemüth sich ergießenden 5.
und das Wirken der geheimnißvollen Liebesmacht, die die Herzen der
Menschen lenkt und namentlich in der Kinderseele mächtig ist,
melodisch und harmonisch in der Seele der Hörer wiederklingen
läßt. Dabei fehlt es der musikalischen Sprache Humperdincktz
auch nicht an der geistigen Würze des Humors, der die zuweilen kind=
lich bescheidenen musikalischen Gedanken anregend erweitert und ver⸗
tieft. Die ganze Musik des Mäͤrchenspiels ist melodisch; alles singt
und klingt. Einfache Kinderlieder, wie man sie volksthümlich überall
hört, sind als wirkungsvolle Motive verwandt; des Waldes Weben
mit Elfenzauber und himmlischer Engel Reigen, die schon in der
Duvertüre anklingen, bilden den Höhepunkt der Musik, die sich hier bis zum
Erhabenen steigert. Das Märchenspiel zerfällt in drei Bilder, von denen die beiden ersten musikalisch einheitlich zufammengefaßt sind. In der ärm⸗ lichen Hütte des Besenbinders Peter sitzen Hänsel und Gretel bei der von der Mutter aufgetragenen Arbeit; aber bald kommt die kindliche Spielsucht über sie ünd beim Tanzen und sich Haschen wird die Milch in dem schönen neuen Topf umgeworfen, die den einzigen Vorrath für das Abendessen bildet. Da kehrt die Mutter heim und vor ihrem strafenden Zorn flüchten sich vänsel und Gretel in den Wald, um wenigstens noch Beeren für das Nachtmahl zu suchen. Das Körbchen ist gefüllt, aber das kindliche Gemüth hat wieder alle Sorgen ver⸗ gessen, und spielend, halb unbewußt, naschen sie die mühsam ge— sammelten Waldbeeren auf. Die Dunkelheit überrascht sie, und da sie den Rückweg nicht mehr finden, schlafen sie von Engeln bewacht nach einem rührenden Abendgebet mit Bangen ein. Der helle Morgen erweckt sie und führt fie vor das
Haus der Knusperhexe, die, wie es das Märchen erzählt, von Hinsel überlistet und von beiden Kindern in den Backofen geworfen wird. Mit Hilfe der Wünschelruthe werden all die Kinder wieder lebendig, die die Hexe umgebracht, und zum Schluß finden sich auch die Eltern ein, die ihre Kinder im Walde gesucht hatten, und ein Danklied beschließt das Märchen stimmungsvoll. — Das Libretto, das von Adelheid Wette herrührt, hat das Volksmärchen geschickt für die musikalische Bearbeitung umgestaltet; poetische Lieder und sinniges Gespräch treten in Gegensatz zu der Komik des Hexenspuks. Ueberall hat der Ton⸗ dichter die Stimmung und die Empfindungen mit seinen überraschenden Kunstmitteln treu wiedergegeben. Der Gesang auf der Bühne bildet mit der Orchestration eine Einheit, in der allerdings die Instrumente das herrschende Ausdrucksmittel bilden. Auch wo es sich um die einfachsten Vorgänge des täglichen Lebens handelt, wird die musikalische Sprache nicht niedrig, aber ihre schönsten Wirkungen liegen auf dem Gebiet der Gesühlswärme und Innigkeit und in dem Ausdruck religiöser Empfindungen. Daher ist, wie erwähnt, das zweite Bild: die Kinder im Walde, mit dem Erscheinen des Sand⸗ männchens und Thaumännchens und der gleichsam aus den Wolken berabsteigenden Engelschaar das musikalisch ergreifendste, wie es auch scenisch den künstlerisch erfreulichsten Anblick gewährt.
Die vorgestrige Aufführung war in allen Theilen vortrefflich vor⸗ bereitet und gewährte den Hörern einen vollen und ungestörten Kunst— genuß. Von den Darstellern fällt dem Geschwisterpaar änsel und Gretel die schwierigste Aufgabe in gesanglicher wie schau pielerischer Beziehung zu, die von den Damen Rothauser und Dietrich überraschend glücklich und einwandsfrei gelöst wurde. Beiden gelang es, das kindlich sorglose Gemüth in ihrem Wesen widerzuspiegeln; vielleicht hätte Fräulein Rothauser das Knabenhafte in ihrer Rolle etwas stärker betonen können. Fräulein Dietrich erfreute noch im besonderen durch die Innigkeit und Klarheit ihres Liedervortrags. Die Knusperhexe gestaltete Frau Goetze mit drastischem Humor, auch in der Tongebung. Die kleineren Partien des Elternpaares wurden von Herrn Fränkel und Fräulein Kopka und dig des Sandmännchens und Thaumännchens von Fräulein Weitz und Frau Herzog durchaus beifalls⸗ würdig gelungen und dargestellt. Anerkennung verdient schließlich auch das Orchester, das unter Herrn Kayellmeister Weingartner's Leitung den schwierigen instrumentalen Theil der Oper mit seinem Gestaltenreichthum in feinster Ausführung zu Gehör brachte, und endlich die musterhafte und geschmackvolle Inscenierung.
Der Vorstellung wohnten Fhre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin bis zum Schluß bei.
Berliner Theater.
Dem neuen Lustspiel Das Heirathsnest“‘ von Gustav Davis wurde bei seiner ersten Aufführung am Sonnabend eine sehr freundliche Aufnahme zu theil. Der Verfasser hat sich die anspruchs⸗ losen und unterhaltenden Lustspiel⸗ und Schwankdichter der Gustav von Moser'schen Richtung zum Vorbild genommen und diesem Stil gemäß ein gefälliges militärisches Lustspiel geschaffen. Die große Anzahl von Personen, die in dem Heirathsnest“ auftreten, tragen alle den Stempel ein es Geisteg, nämlich den des sorglosen, fröhlichen Lebensgenusses, der sich ohne Ausschreitung fein säuberlich in den Grenzen sittsamer Wohlan⸗ ständigkeit bewegt. Die stärkeren Wirkungen werden durch die neidische Schwatzhaftigkeit kleinstädtischer Bürgerfrauen, die ihre Töchter mit allen
Mitteln unter die Haube bringen wollen, hervorgerufen und durch
einige pirklich gut erfundene, herzhaftere ,,, in
denen der Humor kräftig zur Geltung kommt. Diesen drastischen Episoden gegenüber erscheinen die gefühlvollen und scherzhaften Liebes⸗ idylle der Cf re die in dem entlegenen Städtchen, dem sogenannten „Heirathsnest“', zur Ehe schreiten müssen, wenn sie nicht vor Langer⸗ weile sterben wollen, nur im Licht gedämpfter Heiterkest. Der Vor- zug der Dichtung liegt in dem Umstand, daß die der Handlung innewohnende frohsinnige Stimmung auch wirklich auf die Zuhörer und Zuschauer übertragen wird; damit hat das Lustspiel, das nur eine launige Abendunterhaltung ohne literarische Hintergedanken bieten will, seinen Zweck erfüllt. An der Darstellung war alles glatt und freundlich; die Damen Reisenhofer, Elsinger und Riska traten als Generalswittwe und Generalstöchter elegant und liebens · würdig auf, und die Herren Prechtler und Körner spielten als verliebte Offiziere mit Fecher Elch ei. e . hoff (Oberst von Grodicki) entwickelte als ehescheuer Hau— degen, der in dem „Heirathsnest! einer interessanten Wittwe zum Opfer fällt, Humor und charakteristisches Gestaltungsvermögen. Fräulein Marie Meyer als Gastwirthin zum Rössel' und Majors⸗ wittwe erheiterte durch ihre militärisch gefärbte drastische Komik; aber am wirkungsvollsten trat Herr WalLdow in der Rolle des polnischen Burschen Stanislaw hervor; er erzielte mit seiner lächelnden Gemüth⸗ Lieben 3 Bild der Einfalt und bäurischer Schlauheit den stärksten acherfolg.
Konzerte. . . Am Sonnabend ließ sich im Saal Bechstein die Königliche Hofepernsängerin Fräulein Irene Pe wny aus München zum ersten Mal hierselbst hören. Sie besitzt eine aufs sorgfältigste ausgebildete Sobpranstimme, die bei großer Kraft und Klangschönheit auch in allen Lagen big zum hohen,. D hinauf gleichmäßig, leicht anspricht und stets vollkommene Reinheit der Intonation bewahrt. Langtaktige Bindungen größerer Tongruppen bei, nie hörbarem Athemansaß, Triller selbst in den höchsten Tonlagen und eine ungewöhnli Koloraturgewandtheit sind besondere Zierden ihres Gesanges, die gewiß in einem Bühnenraum noch viel mehr zur Geltung kommen, da für den Konzertsaal die Stimme fast zu kräftig erscheini. Bei so vortrefflichen Mitteln gelangen der Sängerin die Briefarie aus Mozart's Don Juan“ und die meisten der hieraaf folgenden Lieder von Beethoven, Schubert, Schumann. Brahms,. Grieg, Massenet. Georg Liebling und anderen vortrefflich zumal temperamentvolle Aus drucksweise und musterhaft deutliche Aus sprache der Ausführung stetz zur Seite standen. Stürmischer Beifall und Hervorruf folgte ihren Vor. trägen. Der durch seine künstlerischen Leistungen bereits vortheilhaft bekannte Hofpignist Herr Georg Liebling, trug mehrere Pideen von Chopin. Schumann, Moszkowski, Liebling ünd Liszt vor, die leichfalls den wohlverdienten Beifall des n. erschienenen ublikums erweckten. Die Begleitung sämmtlicher Gesänge harte Herr Liebling ebenfalls übernommen.