1894 / 252 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 25 Oct 1894 18:00:01 GMT) scan diff

Italien.

Die „Agenzia Stefani“ theilt über die Auflösung der sozial istischen gesellschaften 2 mit: Die Auf⸗ lösung sei in 35 Provinzen des Festlandes erfolgt; in den übrigen Provinzen hätten keine Sektionen der italienischen Arbeiterpartei bestanden. Einige Gesellschaften, die den Nachweis erbracht hätten, daß die Arbeiterpartei im Gegensatz zum wahren Sachverhalt ihre Zugehörigkeit zu der Partei angemeldet habe, seien nicht aufgelöst worden. Andere Gesellschaften seien nur ver⸗ warnt worden. Unter den beschlagnahmten Dokumenten sei auch das jüngste Zirkular gefunden worden, das die Arbeiterpartei an die Chefs der Sektionen gerichtet habe, und worin diese aufgefordert worden seien, dies Zirkular den Mitgliedern der Gesellschaft nicht mitzutheilen; weiter sei ihnen darin gerathen worden, den Konsequenzen der letzten Gesetze über die öffentliche Sicherheit aus dem Wege zu gehen; auch seien sie zum Wider— stand gegen die bestehenden Gewalten aufgereizt worden. Die Gesammtzahl der aufgelösten Vereine betrage 2A, die ins⸗

esammt der Partei der italienischen Arbeiter angehörten und 6 zu dem Programm bekännten, das den Berathungen des Kongresses in Neggio d'Emilia entspreche und ausdrücklich besage, daß es auf der Basis des internationalen Klassenkampfes 9. auf der Nothwendigkeit einer illegalen Aktion beharre, und als Grundsatz aufstelle, daß die Haltung der Partei nach Wesen und That eine revolutionäre sein müsse. Es sei kon⸗ statiert, daß bei der Auflösung der genannten Gesellschaften keine Verhaftung nothwendig gewesen sei, ausgenommen in Verona, wo fünf Individuen wegen ihrer hon n auf Caserio und die Anarchie verhaftet worden seien. .

Infolge der Auflösung der sozialistischen Gesellschaften ist nach einer Meldung des, W. T. B.“ in Mailand ein mit 84 Unterschriften versehenes Manifest veröffentlicht worden, worin gegen die Auflösung protestiert und die Gründung einer „italienischen Liga zur Vertheidigung der Freiheit“ angekündigt wird. Unter den Unterzeichnern des Manifestes befinden sich acht Deputirte der äußersten Linken.

Unter dem Vorsitz des Papstes fand gestern die erste Berathung über die Vereinigung der orientalischen Kirchen mit der katholischen Kirche statt. Der Berathung wohnte auch der Sekretär der Spezialabtheilung der Pro⸗ paganda für die Angelegenheiten des orientalischen Ritus bei. Der Papst hielt eine Rede über den Wiederanschluß der orientalischen Kirchen an die katholische Einheit und forderte den Kardinal Langsnieux, den ö. und den melchitischen Patriarchen sowie den Vertreter des Maroniten⸗ Patriarchen auf, ihre Gedanken darzulegen. Der Papst schloß sodann die Sitzung mit dem Bedeuten, daß er die Versammelten in einigen Tagen zu einer weiteren Konferenz einberufen werde.

Gegenüber der Meldung, daß der armenisch⸗katholische Patriarch Msgr. Azarian verhindert worden sei, sich nach Rom zu begeben, und daß einige Mächte bei dem Großvezir gegen die Vereinigung der katholischen Bekenntnisse vorstellig geworden seien, ist die „Agence de Constantinople“ in der Lage zu versichern, daß beide Nachrichten jeglicher Begründung entbehrten.

Spanien.

Der Kriegs-Minister beabsichtigt dem „W. T. B.“ zu— folge die spanische Armee mit Mausergewehren zu be⸗ waffnen und hofft, daß die Gewehrfabrik in Oviedo in sieben Jahren 119 000 Gewehre werde herstellen können. Der Kriegs—⸗ Minister hält diese Produktion aber für ungenügend und wird in den Cortes einen Kredit beantragen, damit die Arbeiten Tag und Nacht gefördert werden könnten.

Bulgarien.

Wie „W. T. B.“ berichtet, hielten am Dienstag sämmt—⸗ liche Ostrumelien angehörenden Mitglieder der So— branje in Philippopel eine Versammlung ab, worin be⸗ schlossen wurde, sich zu einer konservativen Partei mit Stoilow als Führer zu vereinigen. Diese Entscheidung sei dem Prinzen Ferdinand von Sach sen-Coburg durch ein Telegramm mitgetheilt worden, das die Unterschriften sämmtlicher bei dem Parteitag anwesenden Deputirten getragen habe. Die konservative Partei werde als Präsidenten der Sobranje den Advokaten Thodorow aus Rustschuck vorschlagen; Zankow habe für diesen Posten Bala— banow empfohlen, der im Jahre 1883 im Kabinet Zankow ein Portefeuille inne hatte.

Schweden und Norwegen.

Seine Majestät der Deutsche Kaiser hat, wie „W. T. B.“ berichtet, den deutschen Gesandten Grafen von Bray-Steinburg beauftragt, auf dem Sarg des Reichs— Yin fhoñ⸗ Freiherrn von Bildt einen Kranz niederzulegen. „Dagens Nyheter“ zufolge wird das Reichs⸗Marschallamt wahr— scheinlich von dem früheren Staats-Minister Freiherrn G. von Akerhjelm übernommen werden.

Asien.

Wie dem „Reuter'schen Bureau“ aus Chemulpo vom 19. . M. gemeldet wird, soll eine Streitmacht von Japanern und Koreanern am 15. d. M. Söul verlassen und sich nach Süden gewandt haben, um den Aufstand der Tonghaks

u unterdrücken, deren Unzufriedenheit und aufrührerische Propaganda eine beständige Drohung für die japanischen Be— hörden bildeten. Die Japaner seien bemüht, das Volk durch Ver— theilung einer großen Menge Silbers zu gewinnen. Es ver— laute, auf diese Weise seien allein in Söul 100 000 Yen ver— ausgabt. In den von den Japanern besetzten und durchzogenen Gegenden herrschten schlechte sanitäre Zustände. Eine große

. kranker japanischer Soldaten sei von Ping jjang nach

hemulpo gebracht worden, wo die sanitären Einrichtungen ebenfalls sehr mangelhafte seien. ;

Nr. 43 der ‚Veröffentlichungen des Kaiserlichen Ge— sundheitsamts“ vom 24. Oktober hat folgenden Inhalt; Cholera in Hamburg von Gaffty. Ankündigung. Gesundheitsstand und Gang der Volkskrankheiten (Cholera u. s. w.). Zeitweilige Maß— regein gegen Cholera ꝛc. Desgl. gegen Pest. Deffentliches Gesundheitswesen im Reg. Bez. Aurich 1839/91. = Desgl. im Reg.“ Bej. Aachen. Infektionskrantheiten in Baden, Hamburg, Moskau, 1593. Todezurfachen in Italien, 1891/92. Gesundheitszustand im belgischen Heere, 1392. Lepra in Britisch-Ostin dien. Gesetz⸗ gebung u. s. iw. (Preußen. Neg⸗Bez, Oppeln.) Diphtherie / Heil⸗ serum. (Hessen) Prüfung der Nahrungsmittel ⸗Chemiker. Braunschweig) Desgl. Desterreich; Bauten mit größerer

rbeiter⸗Anfammlung. Arzneimittel in Materialwagrenhand— lungen. Bauten in der Nähe von Heil⸗ und Humanitätsanstalten. (Schweiz, Kanton Appenzell J.⸗Rh.) Markt- Gesundheite polizei u. s. w. Rumänien). Sanitaͤtsgefetz. (Fortsetzung)] Gang der Thier seuchen

1

seuchen. (Deutsches Reich, Bayern, Luxemburg). Rechtsprechung. n e, m. München.) Abgabe von Arzneien ohne 9 iche Erlaubniß. Vermischtes. (Preußen). Nahrungsmittel ⸗Unter⸗ suchungsanstalt zu Düsseldorf, 1893/94. (Oesterreich). Aus dem Verwaltungsbericht der,, 2c, 1890. (Frankreich). Hygienische Tagesfragen, 18923. Wochentabelle über die Sterbefälle in deutschen Städten mit 40 9090 und mehr Einwohnern. Desgl; in größeren Städten des Auslandes. Erkrankungen in Krankenhäusern deutscher Großstädte. Desgl. in deutschen Stadt und Landbezirken. Witterung. Gerichtliche Entscheidungen zum Nahrungsmittelgesetz

in Oesterreich, 3. Vierteljahr. Zeitweilige Maßregeln 4 Thier⸗

(Fruchtsäfte, Zucker, Honig, Gurken, Kartoffeln, Sauerkraut, Tabackh.

Entscheidungen des Reichsgerichts.

In Bezug auf § 300 des Strafgesetzbuchs, wonach Aerzte ꝛe, wenn ö unbefugt Privatgeheimnisse offenbaren, die ihnen kraft ihres Standes anvertraut sind, mit Geldstrafe bis zu 1500 0 oder mit Gefängniß bis zu 3 Monaten bestraft werden, hat das Reichsgericht, IV. Strafsenat, durch Urtheil vom 26. Juni 1894 aus- gesprochen, daß als ein „‚anvertrautes Privatgeheimniß' je de Tha t⸗ fache zu erachten ist, deren Geheimhaltung, wie der Arzt sich sagen muß, im Interesse der ihn konsultierenden Person liegt. Als „Offenbarung“ derartiger Privatgeheimnisse ist jede Mittheilung an einen Anderen zu erachten, und sie ist auch dann strafbar, wenn sie sich auf Thatsachen bezieht, welche in ungenauer Form bereits in die Oeffentlichkeit gedrungen sind. Ein Arzt hatte auf Verlangen der Ehefrau T. deren Körper zur Konstatlerung der ihr angeblich von ihrem Ehemann zugefügten Miß⸗ handlungen untersucht, und die T. hatte vor und ö. der Unter⸗ suchung anderen Personen erzählt, daß und wie sie von ihrem Ehe— mann mißhandelt worden. Später machte der Arzt dritten Personen auf deren Befragen nach der Richtigkeit des die Mißhandlung der X. betreffenden Geredes Mittheilungen über die Ergebnisse der von ihm vorgenommenen Untersuchung. Der Arzt wurde von der Strafkammer aus § 300 Str.⸗G. B. verurtheilt und seine Revision wurde vom

Reichsgericht verworfen, indem es begründend ausführte: „Ist es auch

richtig, daß man nicht etwas offenbaren kann, was schon allgemein bekannt ist, so handelte es sich hier doch um Dinge, die authentisch noch nicht in die Oeffentlichkeit gedrungen waren, insbesondere um die Ergebnisse der Untersuchung, also um Thatsachen, die nicht allgemein bekannt sein konnten und . waren. Der Begriff des „Offen⸗ barens“, der nach der Entstehungsgeschichte des Paragraphen an die Stelle des anfangs beabsichtigten Ausdrucks „Veröffentlichen“ ge⸗ treten ist, wird durch jede Mittheilung an einen Anderen erfüllt. Ein Geheimniß ist dem Arzt anvertraut, wenn ihm bei der Ausübung seines Berufs Thatsachen be— kannt werden, deren Geheimhaltung, wie er sich sagen muß, im In⸗ teresse der ihn konsultierenden Person liegt. Wollte der Angeklagte auf den Umstand, daß das eheliche Verhältniß der X.'schen Eheleute allgemein bekannt gewesen-seinen Glauben gegründet haben, daß ihm geheim zu haltende Thatsachen nicht anvertraut gewesen seien, so würde er sich in einem Irrthum befunden haben, der ihm, da er das Verständniß des 5 300 Str. G.⸗-B. betraf, gemäß 5 9 Str. G. B. nicht zu gute kommen würde“. (1828/94)

Entscheidungen des Ober⸗BVerwaltungsgerichts.

Die Ortspolizeibehörde ist, nach einem Urtheil des Ober Verwaltungsgerichts, JII. Senats, vom 15. Februar 1894, befugt, gegen das ie die Anwohner gesundheitsgefährliche Geräusch eines nicht besonders konzessionierten Gewerbebetriebs, ins⸗ besondere gegen das nervös machende Geräusch einer Feilen⸗ hauerei, einzuschreiten und von dem Eigenthümer des Hauses, in welchem das Gewerbe mit seiner Genehmigung betrieben wird, Ein—⸗ richtungen zu verlangen, durch welche die Gefahr beseitigt werden kann. Die Ortspoltzeibehörde ist sogar nach einem weiteren Urtheil desselben Senats vom 25. Juni 1894 befugt, gegen einen durch Geräusch gesundheitsgefährlichen Gewerbebetrieb einzuschreiten, wenn zwar dadurch nicht normal veranlagte Durchschnittsmenschen, wohl aber etwaige nervöse Anwohner in ihrer Gesundheit ge⸗— fährdet werden können. Ebenso hat das Ober⸗Verw.Gericht, 1II. Senat, durch Urtheil vom 109. Mai 1894 die Polizeibehörde zum Einschreiten gegen das Signalisieren mittels einer Dampf— pfeife in einer Fabrik, wodurch nervenschwache Anwohner noch nervöser gemacht werden können, für befugt erachtet.

1) Der ersten Entscheidung lvom 15. Februar 1894) liegt fol⸗ gender Fall zum Grunde: Der Eigenthümer eines Grundstücks in Hildesheim hatte das Hinterhaus an einen Feilenhauer zum Betrieb feines Gewerbes vermiethet. Die Bewohner eines tief gelegenen Nachbarhauses beschwerten sich über das Geräusch und die Boden⸗ erschütterungen, welche durch den Betrieb der Feilenhauerei verursacht würden, und der Kreisphysikus begutachtete, daß dieses Geräusch ge—⸗ eignet sei, in der Nachbarschaft wohnende gesunde Personen nervös und netvöse Personen kränker zu machen. Hierauf richtete die Polizei⸗Direk⸗ tion eine Verfügung an den Hauseigenthümer, durch welche ihm aufgegeben wurde, den Keller unter der Feilenhauerwerkstätte vollständig mit Erde, Sand u. dgl. auszufüllen, um damit den Schall und die Erschütterung zu dämpfen. Der Hauseigenthümer focht diese Verfügung mittels Klage an. Das O. V.⸗-G. wies als n fn rn nn die Klage ab, indem es begründend ausführte: Die Feilenhauerei ist weder kon⸗ zessioniert, noch bedarf sie einer Konzessson; insbesondere gehört sie nicht zu den im 5 16 Reichs⸗Gewerbeordnung aufgeführten Hammer⸗ werken. Wie das O.⸗V.⸗G. schon vielfach ausgesprochen hat, ist die Polizeibehörde befugt, wegen des Betriebs eines nicht konzessionspflich⸗ tigen und demgemäß nicht a n,, Gewerbes einzuschreiten, wenn der Betrieb eine Gefahr für das Publikum oder einzelne Mitglieder desselben mit sich bringt. Ein solches polizeiliches Einschreiten kann sich gegen den Eigenthümer des Grundstücks, auf welchem der Betrieb stattfindet, richten, wenn der Eigenthümer das Grundstück zu dem be⸗ treffenden Gewerbebetriebe vermlethet hat und nicht eine besondere Art und Weise des Betriebs, sondern schon der gewöhnliche Betrieb des jenigen Gewerbes, für welches die Vermiethung stattgefunden hat, ge— sährlich ist, also die Vermiethung des Grundstücks durch den Eigen thümer die Gefahr mitverursacht. (III 192.)

2) Der Entscheidung vom 25. Juni 1894 liegt folgender Fall zum Grunde: Dem Hauseigenthümer N. in Düsseldorf wurde die polizeiliche Erlaubniß zur Errichtung einer Schlosser⸗ und Sch miedewerkstatt in einem Lagerraum seines Grundstücks ver— . Die Klage des N. gegen die Polizeiverwaltung wurde vom Ober⸗Verwaltungsgericht abgewiesen, nachdem von dem ärztlichen Sachverständigen begutachtet worden war, daß, wenngleich der Betrieb einer Schmiede oder Schlosserei in. dem Lagerraum nach Beschaffenheit und Lage desselben nicht geeignet erscheine, die Gesundheit normal veranlagter Durchschnittsmenschen zu efährden, vorausgesetzt, daß 6 Betrieb auf die Tages⸗ 5 beschränkt bleibe, doch dann, wenn die Anwohner krank und nervös seien, die Möglichkeit, ja Wahrscheinlichkeit einer Ge⸗ sundheitsgefährdung durch den gelegentlich des Betriebs entstehenden Lärm nicht von der Hand zu weisen sei. „Mit dieser Wahrscheinlich⸗ keit“, führt das R. G. aus, „einer Gesundheits fir n nervöser Personen ist aber zu rechnen, da, wie das We rg. wiederholt, z. B. in dem Urth. v. 26. Sept. 1892, ausgesprochen hat, hb ei der we il ten Verbreitung nervöser n,, zu berücksichtigen ist, daß sich unter den Anwohnern auch nervöse Personen befinden und in ihrer Gesundheit leiden können.“ (III 740.)

3) Der dritten Entscheidung vom 10. Mai 1894 liegt folgender Fall zum Grunde: Der Fabrikbesitzer B. in Frankfurt a. M. ließ in . Fabrik des Tags über neunmal mit der Dampfpfeife

s . wobei jedegmal die Benutzung der Dampfpfeife bis z Minute dauerte. Auf das Gutachten des Kreisphysikus, daß

könne, gab das auf, ieren mittels der Die B. gegen den Polizei⸗ indem es ausführte:

Statistik und VBolkswirthschaft.

Wohlfahrtsbestrebungen für Arbeiter.

In sehr dankenswerther Weise 1 seit einiger . der Hohen⸗ steinsche Pfarrverein bestrebt, der unter den Hauswebern im Regie⸗ rungsbezirk Erfurt herrschenden Noth dadurch einigermaßen zu steuern, daß er mit finanzieller Unterstützung aus Staats-, Provbinzial⸗, Kreis« und Privatmitteln auf eine Ueberführung der Webersöhne in andere Erwerbszweige hinzuwirken sucht und zur Erreichung dieses Zwecks den Eltern eine Prämie von 75 S in Aussicht stellt. Daß diese Bemühungen nicht ohne Erfolg geblieben sind, beweist die Thatsache, daß von den in den Jahren 1892 bis 1894 konfirmierten 226 Weber— söhnen 78 einen anderweiten Erwerbszweig ergriffen haben.

Zur Arbeiterbewegung.

Aus Frankfurt a. M. wird über die Verhandlungen des sozialdemokratischen Parteitages weiter berichtet:

Zu dem Streit der sozialdemokratischen badischen Landtagsmit— glieder nahmen Dreesbach, Dr. Rüdt, Redakteur Geck u. a. das Wort. Der Parteitag erklärte schließlich, das Verhalten des Hr. Rüdt bei der Ordensfrage im badischen Landtage entspreche nicht den Prinzipien und der Gepflogenheit der sozialdemokratischen Partei; der Parteitag sprach seine entschiedene Mißbilligung aus. Die weiteren badischen Angelegenheiten wurden der Be— schwerdekommisfion überwiesen. Es folgten Erörterungen über das Verhalten der sozialdemokratischen Mitglieder der bayerischen Kammer der Abgeordneten. Bebel und Genossen hatten einen Antrag ein— gebracht, dessen Schluß im wesentlichen lautet: Da die Regierungen die sozialdemokratischen Bestrebungen bekämpfen und jedes Mittel ergreifen, um die Sozialdemokratie wenn möglich zu vernichten, so ist die nothwendige Folge, daß die Vertreter der Partei in den Landtagen den Regierungen ein Zeichen des Vertrauens nicht geben können und, da die Bewilligung des Gesammtbudgets als Vertrauensvotum gilt, in der Gesammtabstimmung gegen das Budget zu stimmen haben. Der Delegirte Stadthagen wollte den Antrag dahin fassen, daß gegen das Budget gestimmt werden soll, insoweit die Bewilligung als Ver— trauensvotum gilt. DerzDelegirte von Vollmar bekämpfte den Bebel'schen Antrag in längerer Rede, die Bebel beantwortete. Grillenberger schloß seine Rede gegen den Antrag mit der Be—⸗ merkung, er erkenne den Parteitag als die höchste Instanz zur Ent— scheidung von Prinzipienfragen an. Hier handele es sich aber um eine rein taktische Frage eines Landes, über die die Genossen dieses Landes einig seien; er warne den Parteitag, einen Beschluß zu fassen, den die bayerischen Abgeordneten schließlich nicht befolgen könnten. Als annehmbar bezeichnete er das Amendement Stadthagen. Die Ver⸗ handlungen wurden hierauf abgebrochen.

In Leipzig beschloß der „Lpz. Ztg.“ zufolge eine Versammlung von etwa 1060 Steinarbeitern am Dienstag, die Steuern zum Unterstützungsfonds während der Wintermonate einzustellen und einen Lohntarif für die Marmorarbeiter zu entwerfen, der im Frühjahr den Arbeitgebern vorgelegt werden soll.

In Bornbirn in Vorarlberg stellten, wie dem „Vorwärts“ berichtet wird, sämmtliche Arbeiter und Arbeiterinnen der dort erst neu angesiedelten schweizerischen Firma Oberholzer und Müller (Spinnerei und Weberei) infolge einer großen Lohnkürzung am 15. Ok— tober die Arbeit ein.

Aus Rive-de⸗-Gier meldet . W. T. B.“: Die drei deutschen Arbeiter Reinhert, Depersy und Fisch, die im September und Oktober verhaftet wurden, weil sie von der Firma Richarme an— geworbene ausländische Glasarbeiter mit dem Tode bedrohten, sind ausgewiesen und an die Grenze gebracht worden.

Kunst und Wissenschast.

A. B. Das astrophysikalische Observatorium bei Potsdam. Bericht über das Jahr 1893.

Im Anschluß an unsere Mittheilungen aus den Vorjahren geben wir im Nachstehenden einen kurzen Bericht über die wissenschaftlichen Arbeiten, welche im Jahre 1893 auf dem astrophysikalischen Obserbatorium bei Potsdam ausgeführt worden sind (vergl. z. B. Nr. 257 vom 29. Oktober 187 und Nr. 260 vom 30. Oktober 1893).

Nachdem es mit Hilfe der spektroskopischen Beobachtungs⸗ methoden gelungen war, den Nachweis zu führen, daß einige , r . Sterne von kurzer Periode enge Doppelstern⸗ systeme sind, war es selbstverständlich, daß der Versuch gemacht werden mußte, diese Methoden auch auf andere geeignet erscheinende Objekte anzuwenden. Leider sind aber die meisten hierher gehörigen Sterne zu lichtschwach für die Potsdamer Instrumente, und es wurde daher zunächst nur einer der helleren, nämlich der durch seinen wunderbaren Lichtwechsel auffällige Stern 6 Lyrae, der auch in spektralanalytischer Beziehung zu den iateressantesten Himmelskörpern . in den Bereich der Beobachtungen gezogen. Die Lichtkurve dieses Sterns, dessen Periode 12 Tage 22 Stunden umfaßt, zeigt zwei etwa gleichstarke Maxima und zwei Minima, von denen das eine beträchtlich tiefer als das andere ist; sein Spektrum ist im sichtbaren Theile von einzelnen hellen Linien durchzogen. Der Gedanke, diese hellen Linien, deren Sicht⸗ barkelt Schwankungen unterworfen zu sein schien, in Verbin—⸗ dung mit dem Lichtwechsel des Sterns zu bringen, lag nahe; jedoch haben die von verschiedenen Seiten gemachten Anstren⸗ gungen, einen solchen Zusammenhang . zu machen, zu keinem befriedigenden und abschließenden Resultat geführt

Es wurde nun von Dr. Wilsing zunächst eine große Anzahl von photographischen Aufnahmen des Spektrums von 5 Lyrae zu verschiebenen Zeiten der Lichtphase hergestellt Die meist vorzüglich gelungenen Spektrogramme lassen ein eigenthümliches Doppelspektrum erkennen; helle, und dunkle Spektrallinien stehen dicht bei einander und zeigen zu ver— schiedenen Zeiten der Lichtphase geringe Veränderungen . Bezug auf ihre relative Lage. Das reiche Veoba kung material (169 Platten) hat der Direktor des Instituts, Geheime Regierungs⸗ Rath, Professor Dr. H. Ce, Vogel, bearbeitet und eine erste Zusammen tellung der Resultate der Akademie der Wissenschaften . Berlin vorgelegt. Die Beobachtungen sollen auch in dies ö. Jahre eifrig fortgeführt werden, da eine befriedigende Ei klärung aller mit dem wunderbaren Doppelspektrum des Ste

in Zusammenhang stehenden Erscheinungen trotz des großen Beobachtungsmaterials noch nicht vollstaͤndig 6 5 Rur so viel geht mit großer Bestimmtheit aus den Be— obachtungen hervor, daß man es nicht mit einem Körper, son⸗ dern mit zwei oder mehreren, einander nahe stehenden Himmels— körpern zu thun hat, die durch ihre gegenseitige Bewegung den eigenthümlichen Lichtwechsel sowohl, als auch die Linien— verschiebungen im Spektrum bedingen.

Professor Scheiner hat seine Unter suchungen über die Spektra der helleren Sterne abgeschlossen; er hat hierbei einige interessante Resultate erhalten, von denen an dieser Stelle nur Folgendes angeführt werden soll.

Nach dem Vorschlage von Professor Vogel werden die Fixsterne nach der Natur ihrer Spektra in drei Klassen ge— theilt, und zwar bilden die Sterne, in deren Spektren nur wenige (hauptsächlich die Wasserstoff) Linien auftreten, die erste Klasse; diejenigen, deren Spektra zahlreiche (Metall⸗ Linien aufweisen, gehören zur zweiten, endlich die, deren Spektra von breiten Bändern durchzogen sind, zur dritten Klasse. Nun stellte Professor Scheiner fest, daß in fast allen untersuchten Spektren der ersten Klasse eine dem Magnesiumspektrum angehörende Linie durch Breite oder Intensität stark hervortritt, daß sie dagegen in den Spektren der zweiten Klasse, zu denen auch das Sonnenspektrum gehört, sehr schwach und in den Spektren der dritten Klasse am schwächsten ist. Genau das entgegengesetzte Verhalten zeigt aber eine andere Magnesiumlinie; sie tritt in keinem der linienarmen Spektra der ersten Klasse auf, beginnt erst sichtbar zu werden in den linienreicheren Spektren dieser Klasse, ist in den Spektren der zweiten Klasse sehr hervorragend und erscheint in dem Spektrum von a Orionis (Klasse III) als eine der stärksten Linien. Laboratoriumsversuche ergahen nun, daß sich diese Linien in den von glühenden Magnesiumdämpfen erhaltenen Spektren je nach der Temperatur der Dämpfe ebenfalls verschieden ver— hielten; die erste ist im Spektrum des frei brennen⸗— den Magnesiums und in dem des elektrischen Bogenlichts nicht zu erkennen, erreicht dagegen sehr große Intensität und Breite im Funkenspektrum. Die zweite zeigt gerade die umgekehrten Erscheinungen. Auf Grund dieser Thatsachen stellt nun Pro— fessor Scheiner folgenden Satz auf:

Die Temperatur der sogenannten absorbierenden Schicht der obersten Schicht der Photosphäre auf den Sternen der Spektralklasse II ist annähernd gleich derjenigen des elek— trischen Bogens (etwa 3000 Grad bis 4000 Grad); auf der Sonne und auf den Sternen der Klasse L ist sie höher, er⸗ reicht aber nicht diejenige des Funkens der Leydener Flasche; auf den Sternen der Klasse J ist sie annähernd gleich der Temperatur dieses Funkens (asbere Grenze etwa 15 000 Grad).

Hiermit ist gleichzeitig zum ersten Mal ein direkter

Beweis für die Richtigkeit der physikalischen Deutung der f Hen Spektralklaffen gegeben, nach welcher sich die Klasse IJ durch Abkühlung aus 1, Klasse III durch noch weitere Abkühlung aus II entwickelt. Betreffend die Beobachtungen an großen Planeten im Jahre 1893 sei hier erwähnt, daß Dr. Lohse konstatiert hat, daß der rothe Fleck auf dem Jupiter immer noch vorhanden war; ferner hat der Genannte am Saturn einige Messungen ausgeführt.

In Bezug auf die in den früheren Berichten ausführlicher besprochene photometrische Durchmusterung der nördlichen Hemisphäre, welche Professor Müller und Dr. Kempf gemein⸗ schaftlich unternommen haben, wollen wir hier nur bemerken, daß der erste Theil dieser Arbeit, der die Zone von O bis 4. 20d Deklination umfaßt, am Ende des Jahres bereits zum größten Theil gedruckt vorlag. Die Beobachtungen für den zweiten Theil dieser Durchmusterung, Zone 4 200 bis 4 406, sind fortgeführt worden, jedoch etwas langsamer als im Vorjahre, da die Vorbereitungen zu einer wissenschaftlichen Expedition nach dem Aetna viel Zeit in Anspruch nahmen.

Der Hauptzweck dieser Expedition ist die Feststellung der absoluten Absorption der Luftschicht zwischen Catania und dem Aetna; es handelt sich hierbei um die gleichzeitige photometrische Beobachtung derselben Sterne von beiden Beobachtungs— stationen aus. Die erwähnten Vorarbeiten bestanden in der Untersuchung der zu verwendenden Instrumente, in der Aus⸗ wahl und Durchmessung der zu benutzenden Sterne und in Untersuchungen über die persönliche Gleichung der Beobachter.

Professor Müller hat die speziell für die Expedition an— gefertigten Apparate bereits zu einigen anderen Versuchen be— nutzt, nämlich zur Vergleichung des aschfarbenen Mondlichts mit der Helligkeit des Mondes selbst; zur Vergleichung der Helligkeiten verschiedener Stellen der Mondoberfläche und zur Vergleichung des Sonnen⸗ und Mondspektrums. Diese Beob⸗— achtungen m im laufenden Jahre in größerem Umfange fortgeführt werden.

Zum Zweck der Sonnenstatistik hat Dr. Lohse im ver⸗ gangenen Jahre 151 Sonnenaufnahmen von 10 cem Durch⸗ messer hergestellt, womit die Zahl der auf dem Observatorium angefertigten Sonnenphotographien auf 2027 angewachsen ist. Professor Spoerer hat die Sonne an 244 Tagen beobachtet; die Zahl der Fleckengruppen einschließlich der einzelnen Flecke war 1706. Die Häufigkeitszahlen der Jahre 1892 und 1893 stehen im Verhältniß : 5, die der Jahre 1831 und 1893 im Verhältniß 1: 2. Die Steigerung der Fleckenzahl im ver⸗ floßenen Jahre betrifft hauptsächlich die südliche Halbkugel, während das Jahresmittel für die nördliche Halbkugel keine Steigerung zeigt.

im Sommer 1893 ist nach i , der noch ent⸗ gegenstehenden Schwierigkeiten mit den Aufnahmen zur Her⸗ tellung der photographischen Himmelskarte und zwar speziell denjenigen mit kurzer Expositionszeit, welche zur Aufstellung eines Sternkatalogs benutzt werden sollen, begonnen worden.

ie hierzu sowie zur Ausmessung der Platten erforder—⸗ lichen Vorarbeiten sind von Lire Scheiner und Dr. Schwaßmann erledigt worden. Sie bestanden in der Ausstellung der Urbli nn für die dem Obser⸗ datorium zufallende Jone von 4 310 bis 4 390 Deklination, der if ung des Messungs- und Reduktionsverfahrens und der hierfür definitiv in Anwendung kommenden Schemata. Die Zahl der von Professor Scheiner und Dr. Schwaßmann bisher gemachten Äufnahmen beträgt 166. Mit der Aus—= messung der Platten und der Reduktion der Messungen big r Ableitung der definitiven rechtwinkligen Koordinaten ist Dr. Schwaßma nn beauftragt.

Professor Scheiner hat noch, mit dem photographischen efraktoꝛ und meist auch gleichzeitig mit dem Eurystop siwa dreißig Aufnahmen interessanter Objekte bei meist sehr ö Expositionszeiten erhalten. Eine größere Anzahl von

ufnahmen des Orionnebels, mit Expositionszeiten von

5 Minuten bis 31 Stunden hergestellt, sollen zu einer syste⸗ matischen Ausmessung des Nebels und der in seiner nächsten Umgebung befindlichen Sterne benutzt werden. Die Vor⸗ arbeiten hierzu sind bereits abgeschlossen, auch sind die Po⸗ sitionen der Sterne auf der Zi estündigen Aufnahme schon be⸗ stimmt; ihre Anzahl beträgt circa 400 auf einem Areal von ungefähr zwei Quadratgraden.

Bei Gelegenheit der Ableitung der Parallaxe von 61 Cygni aus den photographischen Aufnahmen ist Dr. Wilfing auf Anomalien gestoßen, die ihn veranlaßten, weitere Aufnahmen 2 Sterns zu machen. Es sind auf 34 Platten ca. 270 Auf⸗ nahmen ange ertigt worden, wesentlich zum Zweck der Be⸗ stimmung der relativen Bewegungen der Komponenten des Doppelsterns Die Untersuchungen haben zu dem überaus interessanten Resultat geführt, daß die beobachteten periodischen Schwankungen bis zu O“3 im Abstand der beiden Kom⸗ ponenten von 61 CEygni als reell angesehen werden müssen, und daß die Ursache dieser Schwankungen nur in dem Vorhandensein eines oder mehrerer Begleiter der Sterne gesucht werden kann. Nach den bisherigen Beobachtungen scheinen die Distanzänderungen einer Periode von 22 Monaten unterworfen zu sein. Systeme dieser Ordnung würden ge⸗ eignet sein, die Lücke auszufüllen, welche bisher noch zwischen den optisch auflösbaren und den von Vogel und Pickering auf , Wege gefundenen engen Doppelsternen

esteht.

Die Ausführung der meteorologischen Beobachtungen nach dem hisher am Potsdamer Observatorium innegehaltenen Plan hat mit dem 31. Dezember 1893 ihr Ende erreicht, da das hierher verlegte Meteorologische Observatorium seine Beob⸗ achtungen aufgenommen hat. Vom 1. Januar d. J. ab ist nur die Terminbeobachtung um 2 Uhr beibehalten worden, so⸗ wie eine je einmalige Ablesung des Maximum⸗ und Minimum⸗ Thermometers am Vor⸗ und .

Professor Scheiner hat in Gemeinschaft mit dem zu seiner Ausbildung sich hier aufhaltenden Assistenten an der Stern⸗ warte zu Tokio, Shin Hirayama, auf photographischem Wege eine Üntersuchung über Hie Fraunhofer schen Beugungs⸗ erscheinungen unter Anwendung verschiedener Oeffnungen aus⸗ geführt, wobei das Heliometerobjektiv eine besondere Berück— sichtigung gefunden hat.

Von den Publikationen des Observatoriums wurde im Druck vollendet:

das vierte Stück des VIII. Bandes, Nr. 30: G. Müller, Helligkeitsbestimmungen der großen Planeten und einiger Asteroiden.

Am Schluß des Jahres befanden sich im Druck:

der IX. Band, Nr. 31: G. Müller und P. Kempf, Photo⸗ metrische Durchmusterung J. Theil, und

das erste Stück des X. Bandes, Nr. 32: G. Spoerer, Beobachtungen von Sonnenflecken in den Jahren 1885 bis 1893.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.

Die Deutsche Gesellschaft für öffentliche Gesundheitspflege theilt mit, daß die Eintrittskarten zu den morgen, Freitag, stattfindenden Vorträgen der Herren Professor Ehrlich und Dr. Wassermann über das Behring'sche Diphtherie⸗Heilserum sämmtlich ver⸗ griffen sind, daß aber eine baldige Wiederholung dieser Vorträge in Aussicht genommen ist.

Cholera.

Deu tsches Reich. In der Woche vom 15. bis 22. Oktober Mittags wurden, wie in den „Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamts / mitgetheilt wird, nachstehende Erkrankungen (und Todesfälle) gemeldet:; Ostpreußen; 4 (1, davon je 1 auf der Ueber⸗ wachungestelle Lapsau (Landkr. Königsberg), der Kontrolstation Grabenhof (Kr. Labiau) letzterer mit tödtlichem Aug⸗ gang —, in Königsberg bei einem Matrosen und, in Cosse (Landkr. Königsberg). Weichselgebiet: 17 (7), davon inz⸗ gesammt 14 (6 in 2? Orten des Landkreises Elbing, 2 (h. Marienburg bei Strafgefangenen im Gerichtsgefängniß, 1è' in Kurze⸗ brack (Kr. Marienwerder). Netze⸗Warthegebiet: 8 (—, in Nakel. Qbersch le sien:;: Vom 14. bis 29. Oktober 19 (6), davon 6. (G3) in 3 Orten des Kreises Kattowitz, 1 (— in 1 Orte des Kreises Groß -Strehlitz, 3 (2) in 2 Orten des Kreises Pleß. Rheingebhiet: 1 in Neuwied bei einem Arzt, welcher den (in Nr. 246 d. Bl.) er⸗ wähnten Cholerakranken behandelt hatte,

Danzig, 24. Oktober. In Eichholz bei Tolkemit sind von neuem zwei und in Elbing ein Cholerafall festgestellt worden.

Breslau, 24. Oktober. Bei der Regierung zu Oppeln ist gestern aus Ober⸗Glogau und Myslowitz je ein Cholerafall ge—⸗ meldet worden.

Oesterreich⸗Ungarn. In Galizien wurden dem ‚Oester. San. W.“ zufolge in der Zeit vom 58. bis 14. Qktober Haß Erkran⸗ kungen (und 327 Todesfälle) festgestellt, in der Bukowina 10 (89).

Wien, 24. Oktober. Nach den gestern hier eingegangenen Nach— richten über den Stand der Cholera lamen in Galizien 67 Er— krankungen und 41 Todesfälle, in der Bukowina keine Erkrankung und kein Todesfall vor.

Rußland. In der Stadt St. Petersburg sind amtlichen Nachrichten zufolge vom 9. bis 15. Oktober 13 Erkrankungen (4 Todesfälle) angezeigt, in den Gouvernements Warschau vom 6. bis 11. Oktober 1 (4), Petrikau vom 6. bis 10. Oktober 20 (10), Lublin vom 3. bis 8. Oktober 33 (13).

Niederlande. In Monat Juli d. J. starben, wie der Staats- Courant“ meldet, 11 Personen ay cholera asiatica und ebensoviel an cholera, nostras. Vom 6. bis 13. Oktober wurden folgende Erkrankungen (Todesfälle) gemeldet: aus Nordholland 1 in Enkhuizen, (l) in Ankeveen, ? (1) in Weesp; aus der Provinz Utrecht (IU) in Utrecht, in de Meern im ganzen bisher 8 (6). In Amsterdam ereigneten sich bis zum 8. Oktober 100 (35) Fälle, am 9. Oktober 1 weiterer Fall, ferner in Kralingen bei Rotterdam, sowie in Kapelle an der Yssel je . In Nederhorstz den Borg und in Hilversum wurde je 1 verdächtige Krankheit beobachtet.

Belgien. Zufolge amtlicher Mittheilung vom 15. Oktober d während der, mit dem 6. Oktober abschließenden Woche in der

rovinz Lüttich 19 Todesfälle festgestellt worden. Die Seuche kann angeblich als erloschen betrachtet werden in der Stadt Lüttich, wo seit dem 1. Oktober ein neuer Fall nicht mehr zur Anzeige gekommen ist; im Erlsschen begriffen ist sie in der Provinz Lüttich. In den anderen Provinzen Belgiens wurden gemeldet: 4 Fälle in Houppertingen (Limburg), 3 in Willebroeck (Ant⸗ werpen), sowie je 1 Fall in Pontillas (Namur), Rupelmonde (Ostflandern, Steendorp (desgl) und Brainele⸗ Chateau (Brabant).

Türkei. In Konstantinopel sind weitere Erkrankungen nicht zur Anzeige gekommen. Aus den Provinzen wurden zufolge Mit- theilung vom 10. Oktober die nachstehend aufgeführten Erkrankungen (und Todesfälle) gemeldet: Vilajet Konia in Boskir vom 17. bis 20. September 2. (3), in Hodja am 21. September 1 1); Vil. Angora in Beibazar vom 24. September bis 1. Oktober 8 (8; Vil. Hudavendkier in Brussa vom 27. September bis 6. Ok⸗ tober 1 (13), in Biledjikk vom 1. bis 2. Oktober 6 6 Vil. Erzerum in, Musch vom 2. bis 6. Oktober 51 G38) Vil. Adrianopel in Lule Burgas vom 29. September bis 7. Oktober

16 (8), in Torodik am 29. September 12 (7), vom 1. bis 4. Or- , ,,. gart

O stindien. alkut ta. Vom 9. bis 15. Septemb starben 6 Personen an Cholera. ; a,,

Handel und Gewerbe.

Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks K * . rh 33 ö. n nen. An der Ruhr sind am 24. d. M. gestellt 12 280, ni = eitig eto * . ñ ; nicht tn In er esien sind am 23. d. M. gestellt 5053, ni rechtzeitig gestellt keine Wagen. u oö, nn

( é 33wangs⸗Versteigerungen.

Beim Königlichen Amtsgericht 1 Berlin stand am 24. Oktober das Grundstück Lehrterstr. 338 belegen, dem Maurer⸗ meister G. Berg fee zur Versteigerung; Fläche 12,61 a; Mindestgebot 230 090 ; für das Meistgebot von 267 000 6 wurde die Frau Maurermeister Marie Berg, geb. Blisse, Lehrterstr. 4 a, Ersteherin. . Aufgehoben wurden die Termine zur Versteigerung des Grundstücks Wildenowstr. belegen, dem Bauunternehmer S. Brumm gehörig.

Ausweis über den Verkehr auf dem Berliner Schlachtviehmarkt vom 24. Oktober 1854. Auftrieb und Marktpreise nach Schlachtgewicht mit Ausnahme der Schweine, welche nach Lebendgewicht gehandelt werden. Rinder. Auftrieb 226 Stück. (Durchschnittspreis für 100 kg.) I. Qual. Mp, II. Qual. , III. Qual., 96 —- 194 M, IV. Qual. 85 - 22 M Schweine. Auftrieb 7564 Stück. (Durchschnittspreis für 100 kg.) Mecklenburger 110 „. Landschweine: a. gute 106— 108 M, b. geringere 98 104 S, Galizier „M, leichte Ungarn 6 bei 20 ο Tara, Bakonyer 82-84 S bei 2,5 kg Tara pro

Stück. Kälber. Auftrieb 1063 Stück. (Durchschnittspreis für

1g.) J. Qual. 1,23 - 1,49 M, II. Qual. 1.209 1.26 0, III. Qual. 1L08—- 1,16 4 Schafe. Auftrieb 786 Stück. (Durchschnitts. preis für 1 kg.) I. Qual. Æ, II. Qual. M, III. Qual. 4A

Vom oberschlesischen Steinkehlen markt berichtet die „Schl. Ztg.. In den letzten beiden Wochen hat das oberschlesische Kohlen geschäft eine wesentliche Aufbesserung zu verzeichnen gehabt, und der gesteigerte Eingang an Aufträgen hat weiter angehalten. In der ersten Berichtswoche blieb die Nachfrage in Stückkohlen zwar noch etwas zurück, ebenso zeigte sich in Nußkohle ein kleiner Rück— gang, jedoch besserte sich die Lage in der letzten Woche, und es ent⸗ wickelte sich ein recht flotter Absatz. Der Absatz für Stückkohlen hat sich stark gehoben und mußte, da die frische Förderung die Nachfrage nicht deckte, ein Theil vom Bestand entnommen werden. Würfelkohlen waren etwas weniger, doch noch be⸗ friedigend begehrt. Nußkohlen waren ebenfalls stark begehrt, sodaß auch diese theilweise vom Bestand verladen wurden. Erbskohlen fanden guten Absatz als Hausbrandkohlen im kumulativen Verkauf. Gries und Stauhkohlen kamen etwas geringer zur Abfuhr, doch blieb die verminderte Nachfrage ohne ö. auf den Betrieb. Kleinkohle wurde als Betriebskohle schlank abgefahren. und Gas sowie Koks—⸗ kohlen blieben, wie bisher, stark begehrte Qualitäten. Im Koks⸗ geschäft machte sich infolde des etwas abgeschwächten Hüttenbetriebs eine geringere Nachfrage bemerkbar, und auch in Theer und Theer⸗ produkten hat das Geschäft etwas nachgelassen.

Während der diesjährigen Thüringer Gewerbe- und Industrie⸗ Ausstellung ist von Vertretern fast aller Thüringer Gewerbevereine beschlossen worden, eine Kommission zur Errichtung eines Muster⸗ k 3 in Erfurt einzusetzen. Das Lager soll von einem technisch gebildeten Direktor geleitet werden und, vor allem der Thüringer Kleinindustrie, die keins kostspieligen Reisenden und Ver⸗ treter im Auslande halten kann, Gelegenheit geben, ihre Erzeugnisse den rr gruen 3. zu führen.

Die nächste Börsenversammlung zu Essen findet am 29. Oktober 1894 im Berliner Hof statt. ; .

,, 24. Oktober. (W. T. B.) Zuckerber icht. Korn⸗ zucker exkl., von 92 0,0 —, neue 10 60 —= 140,70. Kornzucker exkl., S8 oz Rendement 10,10 - 10,15, neue 10, 10—- 10,20, Nachprodukte exkl., 75 0,0 Rendement 7, 1098 30. Stetig. Brotraffinade 1 23, 95. Brotraffinade II 25,00. Gem. Raffinade mit Faß 22,50 —253, 50. Gem. Melis 1 mit Faß 2150. Ruhig. Rohzucker J. Produkt Transito f. a. B. Hamburg pr. Oktober 10, 025 Gd., 1007 Br., pr. November 10,05 Gd., 10,7 Br., pr. Dezember 10,075 Gd, 10,123 Br., pr. Januar März 10,273 Gd. 10,32 Br. Stetig.

Leipzig, 24. Oktober. (W. T. B.) Kammzug-⸗-Termin⸗ handel. La Plata. Grundmuster B pr. November 3,05 M, pr. pr. Dezember 3. M5 „M, pr. Januar 3,07 „6, pr. Februar 3, 16 M, pr. März 3, 12 „6, pr. April 3,125 M, pr. Mai 3.15 (, vr. Juni 3.20 „S6, vr. Juli 3, 20 v, pr. August —, —. per September Umsatz 55 000 kg.

Mannheim, 24. Oktober. (B. T. B. Produkten markt. 6 ö . . pr. . . Roggen pr. Nov. 2 pr. März 11.45, Hafer pr. Nov. 11,95, pr. März 12,10. Mai pr. Nop. 11.30, pr. März 11,70. h ; Na

Sremen, 24. Oktober. (W, T. B.) Börsen⸗Schluß⸗Bericht. Raffiniertes Petroleum. (Offizielle Notierung der Bremer Petroleum-Börse. Ruhig. Loo 495 Br. Baum wol le. Ruhig. Upland middl. loko 30 . Schmalz Ruhig. Wilcox 397 3, Armour sbield 3887 , Cudahy 10 3, Fairbanks 33 3. Speck. Ruhig. Sbort clear middl. loko 38. Ta back. Umsatz: g8 Faß Kentucky, 80 Faß Virginy.

Wien, 24. Aktober. (W. T. B.) Ausweis der öster rei chisch⸗ unggrischen Staatsbahn (österreichisches Netz vom 11. bis 20. Oktober 908 350 Fl, Mehreinnahme gegen den entsprechenden Zeitraum des vorigen Jahres 18 224 Fl.

Die Brutto⸗ Einnahmen der Orientbahnen betrugen in der 39. Woche (vom 24. September bis 30. September 1394) 331 14913 Fr., Zunahme gegen dag Vorjahr 73 gl, 13 Fr. Seit Beginn des Betriebsjahres vom 1. Januar bis 30. September 1894) betrugen die Brutto- Einnahmen 7936 268,85 Fr., Abnahme gegen das Vorjahr 1 277 177,11 Fr.

35. Oktober. (W. T. B.) Ausweis der Südbahn in der Woche vom 15. Oktober bis 21. Oktober 938 916 Fl., Minder einnahme 29 962 Fl.

Pe st, 24. Oktober. (B. T. B.) Pro dukten markt. Weizen matt, ver September Ottober 6,30 Gd, 6zb,. Br., pr,. Früh- git 6,72 Gd 6.73 Br, Roggen pr. Herbst 5,33 Gd., „5h Bre, pr.

rühjahr 5,2 Gd, 5,5 Bre, Hafer pr. Herbst b, 80 Gd, 5, Zz Br., pr. Frühjahr 6,06 Gd., 6,07 Br., Mais pr. Oktober 1894 6,40 Gd. 6,50 Br., pr. Mai⸗Juni 5,89 Gd., 5, 90 Br.

London, 24. Oktober. (W. T. B.) 6 0,0 Javazucker loko 13 ruhig, Rüben ⸗Rohzucker loto 10 ruhig. Chile⸗Kupfer 401, pr. 3 Monat 412.

Paris, 24. Ottober. (W. T. B.) Unter der Mitwirkung des Crédit Lyonnais“ soll, wie der Temps“ meldet, eine Gesellschaft gegründet werden, deren Hauptzweck die Ausbeutung der Goldz-⸗ minen im Tran vaalland sein soll. Das Kapital der Gesell= schaft ist auf 109 Millionen Franes festgesetzt, von denen eine Million sofort einzuzahlen ist.

An sterdam, 24. Oktober. (W. T. B.) Java Kaffee good ordinary 509. Banegzinn 40.

NewYork, 24. Oktober. (W. T. B.) Die Börse eröffnete träge und schloß nach sehr ruhigem Verlauf lustlog. Der Umsatz der Aktien betrug 63 000 Stück.

Weizen anfangs fest, stieg später infolge großer . für Rechnung des Auslandes, sowie für lokale Rechnung, dann abgeschwächt

und fallend auf Realisierungen und auf Nachrichten aus Liwerpool.

Schluß schwach. Mais steigend nach Eröffnung infolge großer Käufe und auf nasses Welter im Westen; dann abgeschwächt und fallend entsprechend der Mattigkeit in den Weizenmãrklen. Chieggo, 24. Oltober. (W. T. B) Weizen anfange steigend auf festere ausländische Märkte und infolge reger & nf,

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