1894 / 255 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 29 Oct 1894 18:00:01 GMT) scan diff

Sachsen, Königliche Sehr, sowie andere militärische Mel⸗ dungen 8 und kehrten Nachmittags mit dem Zuge um 3 Uhr 5 Minuten nach dem Neuen Palais zurück.

eute Morgen um ½ Uhr empfingen Seine Majestät den Ehef des Zivilkabinets und nahmen anschließend daran die Vorträge der Marine entgegen.

Die Kommission für die zweite Lesung des Ent⸗ wurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuchs für das Deu tsche Reich setzte in den Sitzungen vom 22. bis 24. Ok= sober die Berathung der Vorschriften über das Vermächtniß (88 1842 bis 1885) fort. :

Der §z 1864 bestimmt, daß ein Vermächtniß, dessen Gegenstand eine nur der Gattung nach bestimmte Sache ist, nach den Vorschriften über das Wahlvermãächtniß sz 1862) zu beurtheilen ist, wenn der Wille des Erblassers erhellt, die Auswahl auf die im Nachlasse befindlichen Sachen zu beschränken. Die Vorschrift wurde gestrichen. Man war einverstanden, daß es mit Rücksicht auf die Verschiedenartigkeit der in Betracht kommenden Fälle richtiger sei, von der Auf— stellung einer gesetzlichen Regel abzusehen.

Eine eingehende Erörterung knüpfte sich an die Vorschrift des 8 1865, wonach durch das Vermächtniß für den Ver⸗ mächtnißnehmer nur eine Forderung gegen den Beschwerten auf Leistung des Gegenstandes des Vermächtnisses begründet, mithin das sogenannke Vindikationslegat beseitigt wird. Dem⸗ gegenüber war von verschiedenen Seiten beantragt, in ge⸗ . Umfang auch das Vindikationslegat anzuerkennen, Die Mehrheit trat indessen dem Entwurf bei, Mit Rücksicht auf die Nichtanerkennung des Vindikations— legats bestimmt der 3 1866, daß, wenn eine dem Erblasser gegen den Erben zustehende Forderung Gegenstand des Vermächtnisses ist, das Schuld verhältniß in Ansehung des Vermächtnisses nicht als durch Vereinigung erloschen gilt. Die Vorschrift fand mit der Erweiterung

ustimmung, daß, wenn ein eine Sache oder ein Recht des Erben belastendes Recht des Erblassers Gegenstand des Ver⸗ mächtnisses ist, das Recht des Erblassers nicht als durch Ver⸗ einigung aufgehoben anzusehen ist.

Die Vorschriften des 3 1867 über den Anfall des Vermächtnifses, d. h. über den Zeitpunkt, in welchem der Vermächtnißanspruch, vorbehaltlich des Ausschlagungsrechts, zur Entstehung kommt, gelangten sachlich nach dem Entwurf ur Annahme. Hinzugefügt wurde der Satz, daß, wenn das Vermächtniß unter Bestimmung eines Anfangstermins an⸗ geordnet ist, der Anfall mit dem Eintritt des Termins erfolgt. Gegen den 3 1868, welcher die Wirksamkeit des Vermächt⸗ nisses davon abhängig macht, daß der Vermächtnißnehmer den Erblasser überlebt, erhob sich kein Widerspruch.

Der 8 1869 stellt im Anschluß an die Vorschriften des S 1813 uͤber die zeitliche Begrenzung der Nacherbfolge auch für die Entstehung aller Vermächinisse, die nicht mit dem Erbfalle dem Bedachten anfallen, eine zeitliche Grenze auf. Die Vorschriften wurden entsprechend den Beschlüssen zu § 1813 umgestaltet.

Der sachliche Inhalt der 88 1870 bis 1872, welche die Anwachsung bei Vermächtnissen regeln, erfuhr keine Anfech⸗ tung. Auch die Vorschriften des 5 1873 über die Annahme und Aussch lagung des Vermächtnisses wurden sachlich, ge— billigt. Einem Antrage, über die Annahme des Vermächt— nisses keine Bestimmungen aufzunehmen, wurde keine Folge gegeben.

Nach dem § 1874 ist das Vermächtniß unwirksam, wenn dem Bedachten eine Handlung zur Last fällt, wegen deren ein Erbe nach 8 2015 erbunwürdig sein würde. Man war darüber einverstanden, daß das Vermächtniß in einem solchen Falle nur für anfechtbar zu erklären sei.

Zustimmung fand der 3 1875, wonach die Unwirksam—⸗ keit eines Vermächtnisses, vorbehaltlich der Vorschriften über Ersatzberufung und Anwach ung, dem Beschwerten g statten kommt; desgleichen der 3 1876 Abs. 1, welcher estimmt, daß ein Vermaͤchtniß im Zweifel durch den Weg⸗ fall des Beschwerten nicht unwirksam wird, sondern in einem solchen Falle derjenige als beschwert anzusehen ist, welchem der Wegfall des zunächst Beschwerten zu statten kommt. Gebilligt wurde auch die Vorschrift des 51876 Abs. 2, wonach, wenn einem Vermächtnißnehmer eine Beschwerung auferlegt ist, im Falle der Unwirksamkeit des Vermächtnisses derjenige, welchem die Unwirksamkeit zu statten kommt, wegen der Beschwerung nur in demselben Maße haftet, wie der Vermächtnißnehmer gehaftet haben würde; die Bestimmung soll jedoch dem 1881 angeschlossen werden.

Die Vorschrift des 3 1877 über die Zeit, zu welcher der mit einem Vermächtniß beschwerte Vermächt—

zu erfüllen hat, wurde

der mit dem Vermächtniß eines es Beschwerte dem Ver⸗

=

des 5 1878 gerichteten ir, den 5 1878 durch

* 1 3 *I LM achtnẽiß ehm

die seit der erlangten Kenntniß von dem Anfalle des Ver⸗ mächtnisses gezogenen Früchte sowie das seit dem Anfalle des Vermächtnisses auf Grund des vermachten Rechtes Erlangte herauszugeben. Die auf die Gewinnung der Früchte ver⸗ wendeten Kosten sind dem Beschwerten insoweit zu ersetzen, als sie einer orbnungsmäßigen Wirthschaft entsprechen und den Werth der Früchte nicht übersteigen.“

Der § 1879 verweist für ben Fall, daß eine nur der Gattung nach beslimmte Sache als Vermächtniß zugewendet ist, soviel die Gewährleistungspflicht des Erben den Vermächtnißnehmer betrifft, auf bie allgemeinen Vor⸗ schriften über bie Gewährleistung eines veräußerten Rechts und wegen Mängel einer veräußerten Sache (33 0 ff, 381 ff. des Entw. IJ. Unter Berücsichtigung der in zweiter Lesung gefaßten Beschlüsse hinsichtlich der Gewährleistungspflicht des Verkäufers (55 375 ff, ss 397 ff. des Eniw. II) einigte man

sich dahin, an Stelle des 5 1879 folgende Vorschriften auf⸗ zunehmen:

„Ist eine nur der Gattung nach bestimmte Sache ver⸗ macht, so hat der Beschwerte einen Mangel im Recht, nach Maßgabe des 375 Abs. 1, der s§5 376 bis 3,9, des 3 382

Abs. 2, 3 und der S8 883 bis 385 (des Entw. II) zu vertreten.

It die geleistete Sache mangelhaft, so kann der Ver⸗ mächinißnehmer verlangen, daß ihm an Stelle derselben eine a . eliefert wird. arglistig verschwiegen, so kann der Vermächtnißnehmer statt der Lieferung einer mangelfreien Sache Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen.“

Für den Fall, daß ein nicht zum Nachlaß gehörender be⸗ stimmter Gegenstand vermacht ist, beschränkt sich nach dem Entwurf 6 1819 in Verbindung mit 5 1861 Abs. I die Gewährleislungspflicht des Beschwerten auf die Verpflichtung zur Gewaͤhrleistung wegen Fehlens des Eigenthums an der vermachten Sache oder wegen Fehlens des vermachten Rechts. Statt dessen wurde beschlossen, daß auch in diesem Fall der Beschwerte im Zweifel einen , . im Recht im gleichen Umfang zu vertreten habe, wie in dem Fall, wenn eine nur der Gattung nach bestimmte Sache vermacht sei, jedoch unbeschadet der aus Ss 1849 sich ergebenden Einschränkung der Haftung und mit der weiteren Maßgabe, daß, wenn ein Grundstück vermacht ist, der Beschwerte im Zweifel nicht für die Freiheit des Grundstücks von Grunddienstbarkeiten, beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten und Reallasten haftet.

Die Berathung der Vorschriften des 3 1880 über den Anspruch des Beschwerten auf Ersatz von Verwen⸗ dungen dem Vermächtnißnehmer gegenüber wurde nicht zu Ende geführt.

Die Kommission für Arbeiterstatistik wird am 9. November zu einer Sitzung zusammentreten. Den ersten Gegenstand der Tagesordnung bildet die Untersuchung über die Verhältnisse der in Gast⸗ und Schankwirthschaften beschäftigten Personen. Der Berathung darüber wird das im Kaiferlichen Statistischen Amt zusammengestellte Ergebniß der Ende vorigen Jahres veranstalteten , e gn dg zu Grunde gelegt werden, welches als Drucksache „Erhebung über die Arbeits, und Gehaltsverhältnisse der Kellner und Kell— nerinnen“ in Carl Heymann's Verlag (Berlin) erschienen ist. Zu der Verhandlung sollen 2 Wirthe und 2 Kellner als sach⸗ , Beisitzer mit berathen der Stimme zugezogen werden.

Ferner beabsichtigt die Kommission, in ihrer nächsten Tagung ebenfalls unter Zuziehung sachverständiger Beisitzer 81 Aus⸗ kunftspersonen aus dem Handelsgewerbe zu vernehmen. Die Auskunftspersonen, 32 Prinzipale, 32 Gehilfen, 10 Hausdiener, der Vertreter eines Vereins für weibliche Angestellte und der Leiter einer kaufmännischen Stellenvermittelung, sind durch einen Ausschuß der Kommission aus einer größeren Zahl von Personen ausgewählt worden, die seitens kaufmännischer Verbände und Vereine vorgeschlagen waren. Bei der Auswahl haben die verschiedenen Gegenden des Reichs,

roße, mittlere und kleine Städte, sowie die hauptsächlichsten

Geschäftszweige enisprechende Berücksichtigung gefunden. Die Vernehmungen werden voraussichtlich den Abschluß der Er— hebung über Arbeitszeit, Kündigungsfristen und Lehrlings- derhaäͤltnisse im Handelsgewerbe bilden, sodaß demnächst der Schlußbericht der Kommission über diese Ec— hebung an den Reichskanzler zu erstatten sein wird. Die bisherigen Ergebnisse der Erhebung sind in drei Druck⸗ sachen (Berlin, Carl Heymann's Verlag) niedergelegt, deren letzte vor kurzem erschienen ist und außer anderem auch ein Gut⸗ achten des Kaiserlichen Gesundheitsamts über den Einfluß der Beschäftigung der Handlungsgehilfen und Lehrlinge auf ihre Gesundheit enthält.

Zur Fortsetzung der im Sommer v. J. eingeleiteten Er⸗ hebung über die Arbeitszeit in Getreidemühlen sind entsprechend den Beschlüssen der Kommission vom Juni d. J. gutachtliche Aeußerungen von Vereinigungen der betheiligten Unternehmer und Arbeiter erfordert worden. Die zu diesem Zweck aufgestellten Fragebogen wurden 29 Müller-Innungen, dem Verbande deütscher Müller und 19 Zweigverbänden des⸗ selben sowie 39 Vereinen von Müllergesellen Anfang Sep⸗ tember d. J. übersandt. Ein Theil der Antworten ist bereits eingegangen; die übrigen sind im Laufe k. M. zu erwarten.

Der „Vorwärts“ läßt es sich dauernd angelegen sein, unter den Arbeitern der Königlichen Fabriken in Spandau Mißvergnügen und Unzufriedenheit zu erregen.

Wir haben bereits unter dem 28. v. M. darauf hin— gewiesen, mit welchen Mitteln diese systematisch betriebene Ver⸗ hetzung arbeitet. Damals handelte es sich darum, daß auf Grund gestohlenen Materials der „Vorwärts“ in doppel⸗ deutigen Ausführungen völlig grundlose Verdächtigungen über die Grundsätze ausgestreut hatte, nach welchen bei gebotener Einschränkung des Betriebes Arbeiterentlassungen stattfinden sollten. Es konnte demgegenüber festgestellt werden, in wie hohem Maße auch in dieser Hinsicht Fürsorge für die Arbeiter getroffen war.

Der „Vorwärts“ hat von dieser Feststellung natürlich seinen Lesern nichts mitgetheilt; dagegen hat er in seiner Nummer 221 wiederum eine hämische Verunglimpfung der Bestrebungen der Direktion des Feuerwerks⸗Laboratoriums gebracht, ihre Arbeiter zum Sparen anzuregen und ihnen bei der Zurücklegung eines Nothgroschens durch Beschaffung und Aufdewahrung der Sparkassenbücher ꝛc. behilflich zu sein.

Es erscheint nützlich, die nachfolgenden Sätze des betreffen⸗ den Artikels hier niedriger zu hängen:

„Was will man mehr? Hätte der malitiöseste Reichsfeind dem vor so wenigen Jahren stolz und prunkooll zum Kampf ausgerittenen Schlachtroß der Königlich preußischen Sozialreform eine ödere Halte station wünschen können, als an der, das Patent Eugen Richter tragenden Sparkrippe des Herrn Oberst-Lieutenant Bahn? 9

Ach, wie geht alles so herrlich in Erfüllung! Wie sieges gewiß dürfen die Männer der Ordnung dem Ausgang des Kampfes gegen die eigenthums⸗ und ordnungsfseindliche Sozialdemokratie entgegensehen, nachdem im Königlichen Feuerwerks-Laboratorium zu Spandau der begläckte Sieger in dem vom Herrn Direktor arrangierten Wett⸗ fvaren in fieben Monaten baare 280 6 an die Kante gebracht hat.“

Für diejenigen, die sich zu den „Männern der Ordnung“ rechnen, wollen wir hier hinzufügen, daß sich 880 Arbeiter, ohne daß ein Zwang ausgeübt wurde, an dem Sparen be⸗ theiligt und im Verlauf von 4 Monaten fast 13 000 M6 zurückgelegt haben. ö

Hieraus dürfte zweierlei hervorgehen: einmal, daß die Löhne in den Königlichen Fabriken „die Königlich preußi⸗ schen Musteranstalten“ nennt sie der „Vorwärts“ mit Vor⸗ liebe doch auskömmlich sein müssen, und ferner, daß trotz allen Hetzens und Schürens der Sozialdemokratie bei diesen Arbeitern der Liebe Müh' umsonst war.

Hat der Beschwerte den Fehler

Der Kaiserliche Botschafter in Madrid, Wirkliche Geheime Rath von Radowütz ist von dem ihm Allerhöchst bewilligten

Urlaub auf seinen Posten zurückgekehrt und hat die Geschä e fm h chäfte

ft wieder übernommen.

Der General⸗Lieutenant von Hoffbau er, Inspekteur der Feld⸗Artillerie, ist hierher zurückgekehrt.

Der Kaiserliche Gesandte in Belgrad Freiherr von Waecker-Gotter ist von dem ihm Allerhöchst bewilligten Urlaub auf seinen Posten zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Gesandtschaft wieder übernommen.

Der Königlich niederländische Gesandte am hiesigen Aller⸗ höchsten Hofe Jonkheer van Tets van Goudrigan ist vom Urlaub nach Berlin zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Gesandtschaft wieder übernommen.

Die Bevollmächtigten zum Bundesrath: Königlich bayerischer Staats⸗Minister des Königlichen Hauses und des Aeußern Lr. Frei⸗ herr von Crailsheim, Königlich bayerischer Staats-Minister des Innern Freiherr von Feilitzsch, Königlich württembergischer Präsident des Staats-Ministeriums, Staats⸗-Minister der aus— wärtigen Angelegenheiten Dr. Freiherr von Mittnacht, Königlich württembergischer Regierungs- Direktor von Schicker, Großherzoglich hessischer Staats ⸗Minister, Minister des Großherzoglichen Hauses, des Aeußern, des Innern und der Justiz Finger, Großherzoglich mecklenburg— schwerinscher Staats-Ninister von Bülow, Herzoglich sächsischer Staats-Minister von Helldorff. Fürstlich wal⸗ beckischer Landes⸗Direktor von Saldern, Fürstlich schaum⸗ burg⸗lippischer Staats-Minister Spring, Senator der Freien Hansestadt Bremen Dr. Pauli und Bürgermeister der Freien uͤnd Hansestadt Hamburg Dr. Versmann, haben Berlin verlassen.

Ferner sind abgereist: der Großherzoglich mecklenburg— schwerinsche Staatsrath von Arnsberg und der Senator der Freien und Hansestadt Lübeck Dr. Rittscher.

der

S. M. Kreuzer „Falke“, Kommandant Korvetten⸗-Kapitän Graf von Moltke, ist nach einer an das Ober-Kommando der Marine gelangten telegraphischen Meldung am N. Oktober in Sydney angekommen.

Oesterreich⸗ Ungarn.

In der vorgestrigen Sitzung des österreichischen Abgeordnetenhauses interpellierte der Abg. Marchet die Regierung wegen der Unzukömmlichkeiten bei der Weinausfuhr aus Italien, infolge deren auch nicht aus Italien stammende Weine zur Einfuhr gelangen könnten. Der Minister des Innern Marquis Bacqu ehem beantwortete die Interpellationen über die Vorgänge in Pirano. Der Minister erklärte nach einer eingehenden geschichtlichen Dar— stellung der ganzen Vorgänge, er stimme mit dem Justiz= Minister darin überein, daß der Bürgermeister von Pirano zu der Abgabe der Erklärung in keiner Weise berechtigt. ge wesen sei, daß die einsprachigen italienischen Tafeln wiede angebracht werden sollten. Der Regierung liege nichts ferner, als der italienischen Bevölkerung des Küsten lande durch den Auftrag zur Anbringung eines zweisprachigen Amtsschildes irgendwie zunahe treten zu wollen. Die Regierung ver— urtheile die stattgehabten Excesse auf das nachdrücklichste und habe die erforderlichen Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung getroffen. Er spreche die bestimmte Er wartung aus, die dortige Bevölkerung werde sich weiterer Excesse enthalten; er sei fest entschlossen, die Autorität der Staatsgewalt zu wahren.

Der „Budapester Korrespondenz“ zufolge wird der Handels— Minister Lukacs in der nächsten Sitzung des ungarischen Unterhauses, die wahrscheinlich am 30. d. M. stattfinden wird, Gesetzentwürfe über die Errichtung einer selbständigen ungarischen Schiffahrt und über den Bau der Szekler Eisen⸗ bahnen im Anschluß an die Staatsbahnen vorlegen.

Aus Budapest erfährt „W. T. B.“, der Sohn Kossuth's sei gestern bei seiner Ankunft daselbst auf dem Bahnhof von den Anhängern seines Vaters begrüßt worden und habe geantwortet, er beuge sich vor dem Willen der Nation, die sich mit der Dynastie versöhnt und einen Schleier auf die Vergangenheit geworfen habe. Er wolle die Unahhängig= keit Ungarns auf dem positiven Boden der Gesetze stehend er⸗ ringen. Mit Negation habe selbst sein Vater nichts auszu⸗ richien vermocht. Er hege volle Loyalität zu dem König von Ungarn, der ein Muster von Verfassungstreue sei, den er hoch⸗ achte als Herrscher wie als Menschen. Er hoffe, der König werde einschen, daß ein unabhängiges Ungarn die beste Stütze des Throns sei.

Großbritannien und Irland.

Der Premier-Minister Lord Rosebery hielt am Sonn— abend in Bradford eine Rede, worin er, dem ‚W. T. 9 zufolge, über die Politik der Regierung hinsichtlich des Ober⸗ haufes sprach und hervorhob, die Regierung sei ganz mit einer zweiten Kammer einverstanden, aber das gegenwartige Haus der Lords, das hauptsächlich aus Tories bestehe, bilde eine nationale Drohung, ja sogar eine Aufforderung zur Revolution. Die Regierung werde daher das Unterhaus in der nächsten Session auffordern, auf dem Wege einer Resolution die Privilegien des Unterhauses gegenüber dem unverantwortlichen Oberhause zu betonen, indem es erkläre, daß das Unterhaus in der Genossen. schaft der beiden Kammern das vorherrschende sei. Eine solche Resolution würde die vereinigte Forderung der Negierung und des Unterhauses nach einer Verfassungsrevision darstellen Sollte das Haus der Lords dieses Vorgehen ignorieren,? würde die Regierung an das Volk appellieren, da solche Fragen auch in anderen Ländern ad referendum gestelt würden. Gestern Nachmittag kehrte Lord Rosebery von Brad⸗ ford nach London zurück.

Frankreich. . In dem am Sonnabend abgehaltenen Minist er to machte der Minister für die Kolonien Delcassé die . theilung, daß die Strafgefangenen auf, den Salut⸗ Infeln (Huhana) sich, von ben Anarchisten dazu ange st empört und in der Nacht vom 21. zum 22. d. M. drei . seher getöbtet hätten. Die Revolte sei unterdrückt nen. zwölf Gefangene, darunter fünf Anarchisten seien getoht worden. (Vergl. Nr. 254 d. Il. vom A. d. M)

Die Deputirtenkamm er genehmigte am Sonnabend einstimmig den bereits vom Senat angenommenen Gesetz⸗ entwurf über die Bildung landwirthschaftlicher Kreditgesellschaften. Im Laufe der Debatte erklärte der Deputirte Jaur ès, der Gesetzentwurf sei sozialistischen Ideen enifprungen, er glaube aber nicht, daß er wirksam sein werde. Der Deputirte Meline behauptete im Gegentheil, das Gesetz werde von gutem Erfolge sein, indem es den lanzwirthschaft⸗ lichen Kredit organisiere; die sozialistischen Theorien könnten nur zu einer Entvölkerung des flachen Landes führen. Mit 319 gegen 143 Stimmen genehmigt die Kammer sodann einen Gesetzentwurf, wonach der Einfuhrzoll auf Melasse auf 5 Fr. er höht wird.

Der Kriegs Minister, General Mercier und der Minister der öffentlichen Arbeiten Barthou trafen, wie „W. T. B.“ meldet, gestern in Pau ein, um der Enthüllung des Denkmals des Marschalls Bosquet beizuwohnen, der sich als Befehls⸗ haber eines Korps im Krimkriege auszeichnete. Der Kriegs⸗ Minister schilderte den Lebenslauf Bosquet's, dessen Andenken eng verbunden sei mit der Erinnerung an den ritterlichen, aber brudermörderischen Kampf der beiden großen Nationen, deren gegenseitige Sympathie sich seitdem in glänzender Weise befestigt habe. Bei dem der Enthüllung folgenden Bankett sagte der Kriegs⸗Minister General Mercier: „Ich bitte einen von dem Minister Barthou ausgedrückten Gedanken wieder aufnehmen zu dürfen. Wir haben dem Ruhm der Vergangenheit gehuldigt; nach der Vergangenheit giebt es eine Zukunft, eine Zukunft, die ich nicht definieren will. Sie werden mich ohne weitere Erklärung verstehen. Stimmen Sie ein in meinen Toast: Nach dem Ruhm der Vergangenheit und demjenigen der Gegenwart trinken wir vor allem auf den Ruhm der Zukunft.“

Der Kreuzer „Lalande“ ist am Sonnabend nach den Küsten von Tanger abgegangen, um die Ereignisse in Marokko zu überwachen.

Nuszland.

Das am Sonnabend Abend 7 Uhr in Livadia ausge⸗ gebene Bulletin über das Befinden des Kaisers lautet: Der Kaiser speiste im Laufe des Tages gut. Die Herzthätigkeit war etwas besser. Das Oedem hat nicht zugenommen. Das Selbst— gefühl war besser als gestern.

Gestern Vormittag 10 Uhr wurde nachstehendes Bulletin ausgegeben;

Der Kaiser schlief gut. keine Veränderung eingetreten.

Gestern Abend 7 Uhr ist folgendes Bulletin ausgegeben worden:

Im Laufe des Tages ist in dem Gesundheitszustande des Kaisers eine Veränderung nicht eingetreten.

Aus St. Petersburg von gestern wird dem „W. T. B.“ weiter gemeldet, der Professor Sacharjin glaube verbürgen zu können, daß der Kaiser im stande sein werde, sich an der Vermählung des Großfürsten-Thronfolgers mit der e esfin Alix von Hessen, die heute um 2 Uhr stattfinden folle, wenigstens so weit zu betheiligen, daß er das Paar segne. Die Wahl des heutigen Tages entspreche einem

Herzenswunsch des Kaisers, der an diesem durch die Faiastrophe von Borki denkwürdigen Tage auch die Hochzeit vollzogen zu sehen wünsche. Das Klima in Livadia sei augen⸗ blicklich ein wundervolles, das Thermometer zeige 29 Grad Wärme, sodaß die Fenster des Kaiserlichen Krankenzimmers geöffnet werden könnten. Der Professor Grube habe vorgestern beim Kaiser eine Probeabzapfung des Wassers zur Analyse gemacht. Die Abzapfung sei gut verlaufen.

Der Metropolit Palladius zelebrierte gestern im Alexander⸗Newski⸗Kloster vor den Reliquien Alexander Newski's, des Kaiserlichen Schutzpatrons, ein Gebet für die Genesung des Kaisers.

Das Ministerium des Auswärtigen hat die diplo— matischen Vertreter zu einem heute Mittag abzuhaltenden Dankgottesdienst anläßlich des Jahrestages von Borki und Bittgottesdienst für die Genesung des Kaisers ein— geladen.

In den russischen Kadettenkorps sind unlängst, wie der „Ruff. Inval.“ berichtet, auf Befehl des Kaisers die Frei⸗ stellen vermehrt worden. Die Eltern der in diesem Jahre in die Kadettenkorps in Moskau und Simbirsk aufgenom— menen Kadetten hatten an den Kriegs-Minister Telegramme ge⸗ richtet, worin sie ihre Gefühle des Dankes für die Kaiser— liche Huld aussprachen und sagten, sie beteten zu Gott für die Gesundheit des Kaisers und der Kaiserlichen Familie. Auf den hierüber vom Kriegs⸗Minister an den Kaiser erstatteten Bericht hat der Kaiser eigenhändig bemerkt: „Sehr erfreut“ und: „Ich freue mich und danke Ihnen“.

Der Minister des Innern Durnowo hat verschiedenen Personen gegenüber seinen festen Entschluß erklärt, bei dem Tode des Kaisers sein Abschiedsgesuch einzureichen. In gut unterrichteten Kreisen glaube man aber, daß dieses Gesuch enn f für die ersten Wochen nicht genehmigt werden ürfte.

Das Finanz-Mini sterium projektiert eine Herab⸗ setzung der Kronsteuer für sämmtliche Versicherungs⸗ zweige.

Nach amtlicher Mittheilung weist der endgültige Bud get⸗ abschluß für das Jahr is9z an ordentlichen Ein⸗ nahmen 1045685005 Rubel auf, an au ßerordentlichen 174 375 000). Die ordentlichen Ausgaben betrugen gi Sõh5 065, die außerordentlichen 113581 000. Außerdem standen aus früheren Jahren an Krediten Il 726 Oh0o Rubel zur Verfügung. Der Uebersch betrug 179 50 572 Rubel. Der freie Baarbestand der Reichs⸗ rentei, der im Januar 1893 92a / ig Millionen Rubel betrug, wuchs am Jahresschluß auf N17 jo Millionen Rubel an.

Italien. . . Unter dem Vorsitz des Papstes fand gestern die zweite Sitzung der Konferenz über die orientalischen Kirchen statt. Der Sitzung wohnten nur dieselben Persönlichkeiten bei, die in der ersten Sitzung zugegen gewesen waren. Die naͤchste Sitzung wird am 51. d. M. stattfinden. Das Programm der Konferenzen soll vornehmlich die Wiederaufrichtung des Prestiges und, die Erweiterung der Macht der orientalischen katholischen Patriarchate umfassen, sodaß letztere das natürliche Zentrum für den Zu⸗ sammenschluß der Bissidenten bildeten, die so einen Ritus und . ien finden würden, die ihren bezüglichen Nationalitäten entsprächen.

Der Appetit ist gut. Im übrigen ist

Spanien. Der Ministerrath hat dem W. T. B.“ zufolge gestern über das den Cortes zu unterbreitende Regierungspxro⸗ gramm berathen, heute soll wiederum eine Sitzung stattfinden.

Belgien.

Der chinesische Gesandte in London wurde gestern Nachmittag in Brüssel von dem König empfangen und machte sodann den Mitgliedern des diplomatischen Korps Be⸗ suche. Der Gesandte wird sich heute behufs Waffenankaufs nach Lüttich und Herstal begeben und morgen nach London zurückkehren.

. Bei den gestern im ganzen Lande vorgenommenen Pro⸗ vinzialrathswahlen haben die Katholiken in Flandern alle bisher innegehabten Stellen behauptet und außerdem 3 Sitze gewonnen. Sie kommen in Gent mit 14 aus⸗ scheidenden Liberalen in Stichwahl; in der Provinz Antwerpen behaupteten die Katholiken ihre bisherigen Stellungen und kommen mit 23 Liberalen, deren Mandat erloschen ist, in Stichwahl. In der Provinz Namur hat eine Stichwahl zwischen 13 ausscheidenden Katholiken und 13 Liberalen stattzufinden. In Brabant gewannen die Katho— liken 11 Sitze, außerdem haben dort zahlreiche Stichwahlen stattzufinden zwischen Liberalen, Katholiken und Sozial⸗ demokraten. In der Provinz Lüttich gewinnen die Katholiken einen Sitz, für die Stadt Lüttich ist eine Stichwahl zwischen 23 ausscheidenden Liberalen und 23 Sozialdemokraten nothwendig. Im Henne⸗ gau gewinnen bie Katholiken 8 Sitze und die Sozialdemokraten 15 von den Liberalen. Außerdem haben mehrere Stichwahlen zwischen den ausscheidenden Liberalen und den Sozialdemokraten stattzufinden. In den übrigen Provinzen hat keine bemerkens⸗ werthe Veränderung stattgefunden.

Serbien.

Das neue Ministerium ist, wie, W. T. B.“ aus Belgrad meldet, folgendermaßen zusammengesetzt: Nikola Christie: Präsidium und Inneres, Mil an Bogitschewie⸗ Aeußeres, General Zdrawkowic: Bauten, Wukaschin Petrowie: Finanzen, Michael Kr. Djordjewie: Justiz und in Ver⸗ fretung Kultus, General Milowan Pawlowie: Krieg, Sima Lozanic: Handel.

Die Ansichten in Belgrad über das neu gebildete Kabinet gehen dem genannten Bureau zufolge im allgemeinen dahin, daß das neue Kahinet über den politischen Parteien stehe und eine Politik der Neutralität, der Festigkeit im Innern und der Ordnung der Finanzen repräsentiere.

Bulgarien.

Die Sobranje ist am Sonnabend Mittag mit dem üblichen Zeremoniell und unter zahlreicher Betheiligung der Be— völkerung von dem Prinzen Ferdinand von Sachsen⸗ Coburg mit einer Thronrede eröffnet worden, worin zunächst der Geburt eines Prinzen gedacht wurde, durch die ein glühender Wunsch der Nation erfüllt sei. Weiter heißt es dann in der Thronrede: „Sie kennen die Ereignisse, welche mir die Pflicht auf⸗ erlegten, mich noch vor Ablauf der fünfjährigen Mandatsdauer der Sobranje an das Volk zu wenden, um seine Ansicht zu ver⸗ langen, wie es die Leitung der Staatsgeschäfte erwarte, Ihre Wahl beweist, daß mich das Volk verstanden hat.“ Die Thronrede fordert sodann die Deputirten auf, sich um den Thron zu schaaren und sich mit dem Prinzen Ferdinand zur gemeinsamen Arbeit für den Fortschritt und das Wohlergehen des Vater⸗ landes zu vereinigen. Er sei befriedigt durch den eklatanten Beweis von politischer Reife, den die Bevölkerung bei den Wahlen gegeben habe. „Das Ergebniß war“, fährt die Thron⸗ rede fort, „aß noch keine Nationalversammlung durch eine so große Anzahl intelligenter Männer und guter Patrioten aus⸗ gezeichnet war. Auch unsere hauptsächlichste und einzige Mission sst' es, für das Vaterland feierlich eine neue Aera der inneren moralischen und materiellen Wiedergeburt zu inaugurieren; eine Aera, die den Fortschritt in der Freiheit sichern, den öffentlichen Wohlstand blühend gestalten, die nationalen Gesinnungen befestigen und alle diese Tugenden entwickeln wird.“ Die Thronrede zählt sodann mehrere Gesetz= entwürfe auf, die in der Sobranje eingebracht werden sollen, darunter solche über die Steuerreform, die Hebung der In⸗ dustrie, betreffend Landwirthschaftskassen und Handelskammern. Die Thronrede wurde mit stürmischen langedauernden Hurrah⸗ rufen aufgenommen. .

Nachdem der Prinz die Sobranje verlassen hatte, schritt diese zur Wahl des Bureaus. Zum Präsidenten wurde mit 10627 von 149 Stimmen der Regierungskandidat To dorow gewählt; der Konservative Mintschewitsch erhielt 40, der Radoslawist Watschew 2 Stimmen. Zum Ersten Vize⸗ Präfidenten wurde der Unionist Jankolbin mit 7, zum Zweiten Vize⸗Präsidenten der Zankowist Danew mit I Stimmen gewählt.

Schweden und Norwegen.

Am Sonnabend Nachmittag erfolgte in Stockholm die feierliche Beerdig ung des ehemaligen schwedisch⸗norwegischen Gesandten in Berlin, Reichs-Marschälls Freiherrn von Bildt unter Betheiligung des Königs, des Prinzen Karl, eines Vertreters der Königin und des Kronprinzenpaaxres, und der Herzogin von Dalekgrlien. Außer Seiner Majestäk dem Deutschen Kaiser hatten der König und die Königliche Familie von Schweden und Norwegen, ferner die Kronprinzessin von Dänemark Kränze gesandt—

Die Vermählung des früheren , Gesandten in Stockholm Grafen von Wedel mit der Gräfin Platen hat vorgestern Abend 6i/9 Uhr in der deutschen Kirche zu Stock⸗ holm stattgefunden. Der 66 Karl, die Staatswürden⸗ träger, sowie die Mitglieder des iplomatischen Korps wohnten der kirchlichen Feier bei. Zu Ehren der Neuvermählten fand bei dem Minister des Auswärtigen Grafen Lewenhaupt ein Diner statt.

Asien.

Am Sonnabend aus Wiju in Jokohama eingetroffene Depeschen berichten dem „Reuter schen Bureau“ fn e Nach dem Uebergang über den Halu sei die ganze japanische Armee in nördlicher Richtung vorgegangen und habe von allen Seiten das Kastell Kiuren angegriffen, das eine auf 20 000 Mann geschätzte chinesische Streitmacht besetzt gehalten habe. Diese habe ihre Stellung mit großer Tap erkeit in einem erbitterten Kampfe vertheidigt. Schließlich hätten die Japaner einen entscheiden den Sieg davongetragen. Die Chinesen seien in der Richtung nach Antung in der Nähe der Mündung des Yaluflusses eflohen. Die Japaner hätten reichliche Beute gemacht. 30 Kanonen, eine große Menge Munition, sowie 300 Zelte seien in ihre Hände gefallen. Die Chinesen seien von den Generalen Song und Lin befehligt worden. Sie besäßen eine sehr starke Stellung bei Honghma ng dessen Fort mit

e

20 6060 Mann besetzt sei. Ferner würden Truppen bei

Kiuchow zur Vertheidigung Port Arthurs konzentriert. Die Japaner blockierten vollständig Talienwan Port Arthur und die naheliegenden Häfen und Buchten. Auf der Ostküste der Halbinsel Kinch ou hätten die Japaner Truppen gelandet, den engen Theil der Halbinsel besetzt und die Verbindung von Port Arthur mit dem Festlande abgeschnitten. Weitere 3 Verstärkungen seien in Seikio fu südöstlich von Port Arthur elandet. Eine japanische Flotte mit 34 Torpedobooten n nach einer Meldung der „Times“ aus Shanghai von gestern Wei-Hai⸗Wei bedrohen.

Nach einer Meldung der Londoner Blätter aus Tokio vom Sonnabend hätten 2000 aufständische Tonghaks am 6 das japanische Fort Anpo bei . an angegriffen, seien aber urückgeschlagen worden. Die Rebellen hätten auf ihrem Rückzuge die Telegraphenverbindungen zerstört.

Afrika. Das „Reuter sche Bureau“ meldet aus Fez vom 25. 8. M, daß eine britische Gesandtschaft unter rng des britischen Gesandten in Marokko daselbst eingetroffen sei. Aus Kairo von gestern meldet dasselbe Bureau, der dortige hritische Unter⸗Staatssekretär der Finanzen Gorst sei in das Departement des Innern versetzt worden. Der Posten eines General⸗Polizei⸗Inspektors werde abgeschafft werden.

Entscheidungen des Reichsgerichts.

In einer Schadenersatzklage gegen einen Rechtsanwalt, welcher einen Auftrag zur Anstellung einer Interventionsklage nicht ausgeführt hatte, hat das Reichsgericht, IV. Zivilsenat, durch Urtheil vom 25. Juni 1894 ausgesprochen, daß im Gebiete des Preuß. Allg. Landrechts die Annahme eines, Mandats seitens eines Anwalts zur Klageerhebung zwar auch stillschweigend durch konkludente Handlungen geschehen kann, daß aber die nicht erfolgte Ablehnung des Auftrags nicht ausreicht, um eine stillschweigende Annahme zu rechtfertigen. Der Kaufmann M. batte einem Rechtsanwalt hrieflich den Auftrag ertheilt, eine Interventionsklage gegen ie Kreissparkasse zu Sch. anzustellen, welche einen ihm gehörenden Dampfdreschapparat wegen einer Forderung, die ihr gegen den früheren Eigenthümer jener Maschine zustand, hatte pfänden und ver— steigern lassen. Der Rechtsanwalt beantwortete weder das Schreib⸗n des M. noch stellte er die Klage an. M. forderte hierauf klagend von dem Rechtsanwalt Schadenersatz. In der Berufungsinstanz wurde der beklagte Rechtsanwalt nach dem Klageantrage verurtheilt, falls Kläger den Eid leiste, daß der Beklagte die Ausführung des Auftrags nicht schließlich ab gelehnt habe. Auf die Rerision des Beklagten hob das Reichsgericht das Berufungsurtheil auf, indem es begründend ausführte: ‚Mit der Ertheilung des schriftlichen Auftrags an den Beklagten war der Vollmachtsantrag zwischen ihm und dem Kläger noch nicht abgeschlossen, da nach 3 30 der Rechtsanwaltz⸗ Ordnung eine Verpflichtung zur Annahme eines Mandats nicht mehr besteht, die 55 13— is Th. 1 Tit. 13 des Preuß. Allg. Landrechts nicht mehr gelten und deshalb gemäß § 11 da⸗ felbst die wenn auch nur stillschweigend geschehene Annahme der Vollmacht seitens des Beklagten nothwendig war. Daß diese erfolgt sei, stellt das Berufungsgericht nicht fest. Bloßes Schweigen reicht nicht aus, um eine stillschweigende Annahme zu recht⸗ fertigen; dazu gehören Handlungen, aus denen eine Annahme sich klar ergiebt. Die nicht erfolgte Ablehnung, die, wenn der Kläger den Eid leistet, feststehen würde, genügt daber nicht, um den Nachweis der seitens des Beklagten geschehenen Annahme zu erbringen. Vielmehr bedarf es einer vositiven Feststellung derjenigen Umstände, die darauf schließen lassen, daß der Beklagte die Vollmacht angenommen habe. 636 / 4.)

Kunft und Wissenschaft.

Das Standbild des Physiologen Claude Bernard wurde gestern Vormittag in Ly on enthüllt. Wie W. T. B. meldet, nahmen viele namhafte Gelehrte und Vertreter fremder Universitäten, darunter Vertreter der Universität Bonn, an der Feier theil.

Gestern wurde in Bari der fünfte Kongreß der Dante Alighieri⸗Gesellschaft eröffnet. Bonghi hielt, wie B. T. B. berichtet, die Eröffnungsrede, welche von dem zahlreich erschienenen Publikum mit lebhaftem Beifall aufgenommen wurde. Hierauf wurde Bonghi zum Präsidenten des Kongresses gewählt.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.

Portugal.

Durch Verfügung des Königlich portugiesischen Ministerium der Innern sind die Häfen Süd Hollands für choleraverdächtig klärt worden, während Amsterdam nach wie vor als verseucht gilt. (Vergl. R.⸗Anz.“ Nr. 251 vom 24. d. M.)

Argen tinien.

Durch Regierungsdekret vom 19. v. M. sind die Häfen Portugals für rein von Cholera erklärt worden. Herkünfte aus diesen Häfen haben sich in Argentinien nur noch einer 24 stündigen Beobachtung zu unterwerfen. (Vergl. . R. Anz.“ Nr. 219 vom 17. v. M.)

Indien. (Großbritannien.)

Die gegen Einschleppung der chinesischen Pest aus Hongkong und Canton erlassenen Quarantänemaßregeln sind nunmehr für sämmt⸗ liche Häfen Britisch- Indiens wieder aufgeh oben worden. (Vergl. . R. A.“ Nr. 177 vom 30. Juli 1894.)

Afien. (Japan.) .

Durch Bekanntmachung des Japanischen Ministers des Innern vom 11. September 1894 sind die bisher angeordneten Untersuchungs⸗ und Quarantänemaßregeln gegen die aus Hongkong und Chinesischen eren kommenden Schiffe mit Rücksicht auf das Erlöschen der Pest⸗

rankheit außer Kraft gesetzt worden. (. R. A.“ Nr. 183 vom 6. August 1894.) t

Die Station für die sanitätspolizeiliche Untersuchung der in Yokohama einlaufenden Schiffe ist von Nagaura nach Nagahama im Kuraki⸗Kreis (Kanagawa⸗ken) verlegt worden.

Cholera.

Bres lau, 27. Oktober. Bei der Regierung zu Oppeln sind gestern je ein Cholerafall aus Burowietz, Kreis Kattowitz, und aus Berun, Kreis Pleß, gemeldet worden. .

Wien, 28. Oktober. Nach den am 26. d. M. bier eingeroffenen Nachrichten über den Stand der Cholera kamen in Galizien 73 Er- krankungen und 35 Todesfälle, in der Bukowina 1 Erkrankung vor. Vom 27. d. M. wurden aus Galizien 10 Eckrankungen und 34 , . aus der Bukowina 6 Erkrankungen und 1 Todesfälle gemeldet.

St. Petersburg, 27. Oktober. An Cholera erkrankten und starben nach dem Bericht des W. T. B. vom 21. bis 7. 8. M. in St. Petersburg 1 bezw. 2 Personen, vom 14. bis 20. d. M. in den Gouvernements Warschau 1 bezw. 0, Petrikau 42 bezw 27, Witebsk 27 bejw. 9, Minsk 25 beiw. 12. Pedolien bejw. 168, St. Pet er shurg 6 bezw. 1, Taurien 9 bezw. 4. vom 7. bis 13. d. M. in den Goudernements Kalisch 8 bejw 6, Kowno 18 bezw. 3, Ferm 1234 bejw. 61, Bessargbien 103 bezw. 33.

vom 36. September bis 6. Oktober in Kurland 75 bezw. 32 Der fonen.·