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Von der Gewährung besonderer Ausnahmebestimmungen für die Saisonindustrie, wie sie in dem im Juli veröffent⸗ lichten vorläufigen Entwurf in un. enommen war, ist nach eingehender Prüfung der in Betracht kommenden Ver⸗ hältnisse Abstand genommen worden. Was die Konserven⸗ und Präservenindustrie anlangt, für welche häufig während der Gemüse⸗ und Obsternte Sonntagsarbeit um des⸗ willen unvermeidlich wird, weil die Rohwaaren beim Ausfall eines Arbeitstages in einen Zustand ge— rathen könnten, welcher sie für die Verarbeitung untauglich macht, so bedarf es zur Vornahme der hiernach nothwendigen Arbeiten im Hinblick auf die Bestimmung des § 10656 Absatz Ziffer 4 der Gewerbeordnung keiner besonderen Genehmigun durch den Bundesrath. Auf Grund derselben Bestimmung ist die Fleischwaarenindustrie ohne weiteres befugt, bei Herstellung der sogenannten Dauerwaare diejenigen Arbeiten an Sonn⸗ und Festtagen vorzunehmen, welche erforderlich sind, um das Verderben von Rohstoffen oder das Mißlingen von Arbeits⸗ erzeugnissen zu verhüten. .
oweit aber diesen und anderen zu den Saisonindustrien zählenden Gewerbszweigen nicht bereits durch das Gesetz §z 105) die Vornahme von Sonntagsarbeiten freigegeben ist at ein berechtigtes Bedürfniß der in Rede stehen den Industrie⸗ zweige nach Ausnahmen von den gesetzlichen Bestimmungen über die Sonntagsruhe, abgesehen von den unter Ziff. 7 des obigen Entwurfs behandelten Anlagen, nicht anerkannt werden können. Insbesondere gilt dies für Anlagen zur Her— stellung von Schlittschuhen und Schlittschuhtheilen, von Christ⸗ baumschmuck und von Spielwaaren. Gegenüber dem Wunsch zahlreicher Arbeitgeber, zu Zeiten besonders lebhaften Geschäfts⸗ ganges neben den Werktagen auch die Sonn⸗ und Festtage im Interesse der Produktion ausnutzen zu können, ist die Erwägung ausschlaggebend gewesen, daß in Zeiten der aufs äußerste angespannten Produktionsfähig⸗ keit die Arbeitskräfte in der Regel bereits an den Werktagen, soweit als irgend möglich, in Anspruch genommen werden und deshalb für die Arbeiter eine er n an Sonn⸗ nnd Festtagen ein besonders dringendes Bedürfni ist. ierzu kommt. daß die unteren Verwaltungsbehörden mah §z 105f befugt sind, die Beschäftigung gewerblicher rbeiter an Sonn- und Festtagen in denjenigen Fällen zu ge⸗ statten, wo zur Verhütung eines unverhältnißmäßigen Schadens ein nicht vorherzusehendes Bedürfniß nach Sonntagzarbeit eintritt. Wo daher ohne Schuld des Arbeitgebers ein dringendes Be⸗ dürfniß zur Sonntagsarbeit infolge der Nöthigung zur außer— gewöhnlichen Thätigkeit entsteht, wird demselben in der Regel durch die Erlaubniß der Behörde abgeholfen werden können. Ueberdies darf nicht übersehen werden, daß, wenn auch nicht regelmäßig. so doch in vielen Fällen das gegenwärtig zu gewissen Zeiten des Jahres eintretende vermehrte Arbeits— bedürfniß weniger in der Eigenart des Fabrikationszweiges, als in einer Gewohnheit des Publikums, die Ertheilung von Aufträgen hinauszuschieben, seinen Grund finde. Nur bei den Anlagen zur Herstellung von Choko⸗ laden und Zuckerwaaren, Honigkuchen und Bisquit ist die Neigung des Publikums, seinen Bedarf nicht früher als nöthig u decken, insofern als berechtigt anerkannt worden, als es ch dabei in der Regel um feine Eßwaaren handelt, welche bei längerem Lagern an Aussehen und Geschmack verlieren und auch dem Verderben ausgesetzt ind..
Voraussichtlich wird der zuständige Ausschuß des Bundes⸗ raths noch vor Weihnachten über diesen letzten Theil der Ent— würfe in Berathung treten.
Nach einer telegraphischen Meldung an, das Ober— Kommando der Marine wird S. M. S. „Möwe“, Kom⸗ mandant Kapitän⸗Lieutenant Faber, am 15. Dezember von Dar⸗es-Salam nach Sydney — Australien — in See gehen.
Gumbinnen, 14. Dezember. Der Regierungs⸗Präsident Steinmann, Mitglied des Reichstags und des Hauses der Abgeordneten, ist nach einer Meldung des, W. T. B.“ heute früh gestorben.
Baden.
Das Unwohlsein Seiner Königlichen Hoheit des Groß⸗ herzogs, das eine gastrische Grundlage hat, ist nach der „Karlsr. Ztg.“ in . Besserung begriffen; Höchst⸗ derselbe bedarf indessen noch besonderer Schonung und Ruhe und muß sich für einige Zeit einer von ärztlicher Seite ge⸗ regelten Lebensweise unterziehen. Seine Königliche Hoheit wird deshalb vorerst die üblichen Audienztage nicht abhalten können und es sich versagen müssen, den mehrfachen Höchst⸗ demselben zugedachten Einladungen verschiedenster Art zu folgen.
Sessen.
Die V. ordentliche evangelische General-Synode ist am 19. d. M. in Darmstadt zusammengetreten. Der Dekan Walther⸗Ingelheim wurde zum Ersten, der Ober⸗Landes⸗ gerichts⸗Rath Rohde zum Zweiten Präsidenten gewählt.
Lipye.
Der Landtag überwies in seiner vorgestrigen Sitzung die Schulgesetz vorlage einer Kommission von sieben Mit gliedern und berieth sodann über die Gewerbesteuer— vor la ge. Es wurde, dem „Hann. Cour.“ zufolge, beschloffen,
daß in Zukunft das Gewerbe im Umherziehen die doppelten
Sätze wie bisher zahlen solle. Eine längere Debatte entspann sich bei dem Paragraphen, der von der Steuerart handelt. Die Vorlage theilt die zu Besteuernden in drei Klassen, nach dem Ertrag und dem Betriebskapital des betreffenden Gewerbes. Dem gegenüber schlug die Kommission sechs Klassen und die Besteuerung nur nach dem Ertrag vor.
Oesterreich⸗Ungarn.
Das österreichische Abgeordnetenhaus erledigte estern den allgemeinen Theil des Strafgesetzentwurfs. Der Ff men tc Graf Schönborn und der Referent Kopp
wurden allseitig ,
In Budapest fand gestern Abend aus Anlaß der Sanktionierung der kirchenpolitischen Gesetze vor dem liberalen Klub eine Manifestation statt, deren Mittel⸗ punkt der begeisterte Ausdruck der , für den König bildete. Ungefähr 30900 Fackelträ— er, begleitet von einer Menge, deren Änzahl auf 50G ob geschäht, wird, zogen
durch die glänzend illuminierten Straßen vor das Klublokal, auf dessen Balkon die liberalen Abgeordneten versammelt waren. Unter stürmischen el en fn. auf den König nahm der Zug Ausstellung. Der Präsident des Universitäts⸗ klubs hielt eine Rede, worin er der Dankbarkeit gegen den Monarchen für die Sanktionierung Ausdruck gah. Der Präsi⸗ dent der liberalen Partei Baron Podmaniczky antwortete in einer mit großer Begeisterung aufgenommenen Rede und sprach namens aller liberal denkenden Bürger Ungarns den Dank für die glänzende Manifestation aus, mit der die Jugend und die Bürgerschaft dem geliebten Könige ehuldigt habe. Der Redner zitierte sodann die Worte des ichters, daß der erste Ungar der König sei. So sei es immer gewesen und gewiß auch in diesem Augenblick, wo die erhabene Herrscherweisheit und die väterliche Fürsorge des Monarchen diesen epochemachenden Faktor der Reg eneration Ungarns ins Leben gerufen habe. Der Redner schloß mit einem Eljenrufe auf den König, der von der Menge minuten⸗ lang begeistert wiederholt wurde, Hierauf gingen die Ver⸗ sammelten, ohne daß sich ein Zwischenfall ereignet hätte, aus⸗ einander. Großbritannien und Irland.
Nach einer Meldung des Reuter schen Bureaus“ aus St. John (Neufundland) ist die Bildung eines neuen Kabinets vollzogen.
Frankreich.
Die Deputixtenkammer trat gestern zu einer Sitzung zusammen. Der Sitz des Präsidenten war schwarz verhüllt. Der Vi ö de Mahn übernahm den Vorsitz, gedachte, wie „W. T. B.“ meldet, in ehrenden Worten des verstorbenen Kammer⸗Präsidenten Bur deau und schlug vor, zum Zeichen der Trauer die Sitzung aufzuheben. Der Minister⸗Präsident Dup uy widmete Burdeau ebenfalls einen ehrenden Nachruf und brachte einen Antrag ein auf Genehmigung eines Kredits von 29 000 Fr., um die Kosten für die Beisetzung Burdeau's von Staatswegen zu bestreiten. Der Krébit wurde ohne De— batte mit 449 gegen 38 Stimmen genehmigt. Der Vize— Präsident de Mahy theilte dann mit, daß die Beisetzung am Sonntag stattfinden werde. Die Kammer vertagte fich hierauf bis zum Montag. ⸗
Die Sitzung des Senats eröffnete der Präsident Challemel⸗-Lacour mit einer Ansprache, worin er hervor⸗ hob, der Senat schließe sich voll dem Schmerz an, den der Tod Burdeau's in ganz Frankreich hervorgerufen habe. Er schlage vor, zum Zeichen der Trauer die Sitzung. aufzuheben. Der Senat genehmigte sodann mit 247 gegen 1 Stimme den 5. die Beisetzung verlangten Kredit und vertagte sich bis heute.
6 Gesandte in Brüssel Bourse soll an Stelle des Gesandten Grafen de Monkholon nach Athen und letzterer nach Brüssel gehen.
Der Senator Jean Macs ist gestorben.
Italien.
Das Amtsblatt des Ministeriums des Aeußern g if n licht zwei Erlasse, durch welche der Sektions⸗-Chef Orsini mit der Führung der Gesandtschaft in Japan betraut und der bisherige Botschafter in St. Petersburg Zaron Marochetti aus Dienstrücksichten zur Disposition gestellt wird.
Der neu ernannte serbische Gesandte Steic überreichte, wie „W. T. B.“ berichtet, gestern dem König sein Beglau⸗ bigungsschreiben.
In der gestrigen Sitzung der Deputirtenkam mer waren die Deputirten zahlreich erschienen, die Tribünen waren über— . Auf eine Anfrage des sozialistischen Deputirten
erenini über die haf fzsu . des Gemeinderaths von Parma antwortete der Unter⸗-Staatssekretär des Innern Galli, indem er erklärte, daß diese Auflösung lediglich aus administrativen Gründen erfolgt sei. Der Depulirte Berenini erklärte sich durch diese Antwort nicht für befriedigt und knüpfte daran eine längere Erwiderung, sodaß ihm der Praͤsident schließlich das Wort entzog. Dies rief einen tumul— tuarischen Zwischenfall hervor. Der sozialistifche Deputirte Agnini wandte sich mit heftigen Worten gegen das Präsidium. Der Präsident Biancheri sprach die Hoffnung aus, daß die Kammer gegen ein solches Verfahren protestieren werde. (Lange anhaltender Beifall Agnini ar unter großem Lärm fort zu schreien, worauf der Präsident sich bedeckte. Unter großer Erregung des Hauses wurde die Sitzung sutz= pendiert. In einer zweiten Sitzung erklärte der Deputirte Agnini, er habe nicht die Absicht gehabt, den Präsi⸗ denten, der die Würde der Versammlung repräsentiere, zu beleidigen. Der Deputirte Rudini hielt eine warme Lob— rede auf den Präsidenten und schloß mit dem Antrage, zu Ehren desselben ein Zustimmungsvotum abzugeben. (Anhal⸗ tende allgemeine Beifallserklärungen.) Der Präͤsident Bi ancheri dankte der Kammer und erklärte, er habe sich jederzeit von dem Gefühl der Pflicht leiten lassen. (Lebhafte Zustimmungen.) . der Berichterstatter Cibrario unter großer Aufmerksamkeit des Hauses den Bericht der Kommission über die von dem Deputirten Giolitti der Kammer übergebenen Dokumente, aus dem hervorging, daß die Dokumente in sechs Fascikel getheilt seien. Die vier ersten enthielten Abschriften von den bei der Banca Romana befindlich gewesenen Schrift⸗ stücken und Briefe, die Bernard Tanlongo vom Gefängniß aus an Giolitti, den damaligen ,, gerichtet habe, sowie Noten über die Beaufsichtigung der Banca Romana und Briefe von Nicht-⸗Politikern. Speziell in dem ersten Fascikel befänden sich Abschriften von Schriftstücken, die sich auf die Banca Romang bezögen und aus denen hervorgehe, daß sie von der Polizei von Rom angefertigt seien. ö Vor⸗ schlage der Kommission, alle diese Dokumente, mit Ausnahme derjenigen, die sich auf Senatoren oder verftorbene Politiker bezögen, zu veröffentlichen, stimmte die Kammer . Das fünfte Fagcikel enthalte Schriftstücke, die sich auf die erhandlungen bezögen, die ohne Wissen der Regierung im August und Sep⸗ tember 1892 zwischen der Banca Nazionale und der Ban(a Romana stattgefunden hätten. Bezüglich dieser Dokumente schlug die Kommission vor, sie außer Betracht zu lassen. Die Kammer stimmte diesem Vorschlage zu. Das sechste Fascikel enthalte einige Briefe an Crispi und deffen Gemahlin von durchaus privatem Charakter. Die Kommission beantragte einstimmig, sie den Betheiligten zurückzustellen, da es sich um Briefe von ausschließlich privatem Interesse handle, die nichts mit Politik zu thun hätten. (Langandauernder leb⸗ hafter Beifall auf allen Banken des auses und den Tribünen.) Der n, der Kommission wurde von der Kammer angenommen. Der Bericht der Kommission schließt mit folgenden Worten: Wir dulden nicht, daß auf die höchste
Stelle in unserem Lande Tag für Tag ein Schatten dez Zweifels geworfen werde. (Gut, Bravo) Wir dulden nicht, daß man uns vereinsame und das Parlament aufhöre, die Hoffnung und das Vertrauen des italienischen Volkes zu sein. Allgemeiner Beifall Die in den ersten vier Fascikeln ent. alem Schriftstücke werden heute zur Veröffentlichung ge— langen. grhie Blätter sprechen sich übereinstimmend dahin aus, die Schriftstücke Giolitti's, die als eine Bombe angekündigt worden seien, verletzten nur den, der sie geschleudert habe; es komme hinzu, daß der allgemeine Eindruck ungünstig für Giolitti und für diejenigen sei, die auf eine . gehofft hätten. Die Tribuna“ schreibt, die Deputirten seien überrascht gewesen, daß unter den Dokumenten sich auch Privatbriefe befunden hätten; die Deputirten verurtheilten das auf das strengste. Die höchste Ueberraschung aber habe es verursacht, als man er—⸗ fahren habe, daß es sich nicht nur um Privatbriefe, sondern um Briefe handele, die Familienangelegenheiten beträfen und an einen Diener der Familie Crispi gerichtet gewesen seien. Es sei dies eine ganz unwichtige . die sich wahr⸗ scheinlich im Besitze der Familie dieses vor einigen Jahren verstorbenen Dieners befunden habe.
Gestern Abend um gi Uhr hielt die Parlamentsz⸗ majorität unter Vorsitz des Minister⸗-Präsidenten Crispi eine Versammlung ab, bei der 180 Abgeordnete anwesend waren. Crispi ernannte die Mitglieder des Direktiont— Comités der Majorität.
Serbien.
Der bisherige General-Konsul in Budapest Danic ist zum diplomatischen Agenten in Sofia ernannt worden.
Die Verhandlungen in dem Prozeß Cebinac wurden gestern fortgesetzt. Der Angeklagte Sima D jako vic bestritt, von der Verschwörung etwas gewußt 3 haben. Der An⸗ geklagte Ran koö Taisie betheuerte, kein Mitglied der Familie Karadjiordjewie zu kennen. Mit Cebinac habe er nur in geschäftlichem Verkehr gestanden. Der Präsident des Gerichts⸗ hofs wies ihm mehrfache Widerspruͤche in seinen Autz⸗ sagen nach.
Bulgarien.
Der Ministerrath hat ein Patentgesetz angenommen, das auch auf Ausländer angewendet werden foll.
Die Sobranje hat das Ergebniß der Wahlen in Sist owo bestätigt.
Asien.
Der Times“ wird aus Tientsin vom gestrigen Tage gemeldet, der Prinz Kung sei zum Praͤsidenten des großen Raths ernannt worden, wodurch er im wesentlichen eine Ärt Diktaturstellung gewinne. Die Stellung Li⸗Hung-⸗Tschang's habe sich befestigt. Der Hof halte ihn für unentbehrlich.
Parlamentarische Nachrichten.
Der Schlußbericht über die ge iß⸗ Sitzung des Reich s⸗ tags befindet sich in der Ersten Beilage.
— In der heutigen 6. Sitzung des Reichstags, welcher der Staatssekretaͤr und Staats-Mnister Freiherr von Mar⸗ schall, der Staatssekretär Dr. Graf von Posadowsky und der preußische Staats Minister Dr. Miquel beiwohnen, nimmt zum ersten Gegendstand der Tagesordnung, betreffend die beim Beginn der Session le eth eingebrachten Ini⸗ tiativ⸗An träge, zunächst das ort der Abg. Gröber (sZentr.).
(Schluß des Blattes.)
— Dem Reichstag ist von seiten des Reichskanzlers der Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Vornahme einer Be⸗ rufs⸗ und Gewerbezählung im Jahre 1855 zugegangen.
Die Fachkommissionen des Reichs tags haben sich konstituiert. Vorsitzender der Budgetkomm ission 1 der Abg. von Kardorff, Stellvertreter der Abg. Graf Ho mpesch Schriftführer sind die Abgg. Prinz Arenberg, Dr. Enneccerutz, von Leipziger. Zum Vorsitzenden der Geschäftsordnungskommisfion ' ist“ der Abg. Singer wiedergewählt; sein Stellvertreter ift der Abg. von Kehler, Schriftführer sind die Abgg. Roeren und Pieschel. In der Wahl⸗ prüfungskommission führt der Abg. Spahn den Vorsitz; Stellvertreter ist der Abg. von Mar quardfen, Schriftführer sind die Abgg. Wel lstein, von Buchka, Schnei der. Pie Peti⸗ tions kommission hat zum Vorsitzenden den Abg. Kruse, zum Stellvertreter den Abg. Schmidt Warburg, zu Schriftführern die Abgg. Schwarze, Wattendorf, Rimpau und Huepeden. Vorsitzender der Rechnungskommission ist der Abg. Pa asche, Stellvertreter der Abg. Horn, Schriftführer sind die Abgg. Graf Carmer, Huepeden und Schönkank.
— Die konservative Fraktion und das Zentrum des Reichstags haben sich konstituiert und die Vorstände der letzten Tagung wiedergewählt.
Entscheidungen des Reichsgerichts.
Bei der Enteignung eines mit einer dauernden Be— schrän kung der Rutzungsfähigkeit belasteten Grund— stücks — beispielsweise eines mit dem Nutzungsrecht zu Kirchen⸗ und Schulzwecken belasteten fiskalischen Terrains, welches demzufolge auf seinen nicht bebauten Theilen durch Errichtung von Profanbauten nicht nutzbar gemacht werden kann — seitens der Ortögemeinde zu einer öffentlichen Straße ist, nach einem Urtheil des . V. Zivilsenats, vom 11. Juli 1894, die Entschädigung im Gebiet des preußischen Rechts nach dem vollen Werth des Grundstücks, ab⸗ gesehen von der bestehenden Beschränkung der Nutzungsfähigkeit, zu be⸗ rechnen. — Die Stadtgemeinde Berlin hatte einen Skreifen fiskalischen Terrains von 1497 4m Flächeninhalt zur Verbreiterung der Straße Alt Moabit enteignet. Dieses Terrain — ein Theil des sog. kleinen Thiergartens — wurde hinsichtlich der Festsetzung des Entschãädigungẽ⸗ betrags zwar als „Bauland“ erachtet, aber fowohl das Polizei⸗ Präsidium als auch (auf die Klage des Fiskus gegen die Stadt⸗
emeinde) das Landgericht und das Kammergericht setzten die Ent⸗ f ädigung geringer fest, als der Werth von Bauland in der be— zeichneten Stadtgegend ist, und zwar zunächst aus folgendem Grunde: Das erwähnte Fiskalische Terrain ist in den Jahren 1857 und 1839 durch. Allerhöchste Kabinets⸗ Ordre unter Vorbehalt des fiskalischen Eigenthums für die Kirche St. Johannis zu. Moabit sowie zur Dotation der Pfarre und Schule daselbst auf die Dauer des Bestehens der Kirche, Pfarre und Schule abgetreten worden; seitdem sind dann auf dem Grundstück die St. Johanniskirche, die Pfarrgebäude und eine Schule erbaut sowie ein Begräbnißplatz und Gartenanlagen hergerichtet worden und eine Bebauung des Grundstücks mit Profanbauten ist demzufolge weder dem Fiskus noch den. Nutzungsberechtigten gestattet. — Auf die Revision des Klägers (Fiskus) hob das Rei 6gericht die Entscheidung des Kammergerichts auf indem es begründend gusführte: „Mer Ausgange, punkt des Berufungsrichters, daß schon die rechtlich Belastung des
Grundstücs mit den Nutzunggrechten zu Kirchen. und Schul wecken eine bei Bemessung der Enteignungsentschãdigung zu berücksichtigende Werthẽ⸗ Verminderung bewirke, wird von der Repision mit Recht angegriffen. Das Reichsgericht hat bereits in dem Urtheil vom JI7. September 15692 (7 10/92) und in dem vom 19. November 1892 (7 173923) entschieden, daß eine privatrechtliche Belastung des enteigneten Grund stücks nicht geeignet sei, den dem Eigenthümer zu ersetzenden Werth herabzumindern. — Es kann nicht zugegeben werden, daß der vor⸗ liegende Fall sich von den früher nf een für die zu lösende Frage irgendwie wesentlich unterscheide. Damals handelte es sich um die Enteignung von Flächen, die mit einer als Grund? gerechtigkeit begründeten Wegeservitut belastet waren, hier um ein Nutzungsrecht von vermuthlich für immer be- stehenden Korporationen an dem enteigneten Grundstück; dort wie hier standen also Nutzungsrechte von an sich unbeschrãnkter Dauer in Frage. Um eine privatrechtliche Belastung handelt ez sich auch im vorliegenden Falle nur; daß die Berechtigten öffentlich⸗ rechtliche Institute sind, ändert nichts an dem privatrechtlichen Charakter der von ihnen erworbenen, an sich dem Privatrecht an⸗ gehörigen Nutzungsrechte, und daß zu einer Beseitigung dieser Nutzungẽ⸗ rechte die Genehmigung der Aufsichtsbehörden erforderlich fein würde, ist nur ein Umstand, der solche Beseitigung thatsächlich erschwert, nicht aber rechtlich ausschließt. (823/94.
Entscheidungen des Ober⸗Verwaltungsgerichts.
Längst bestehende, dem Anbau bestimmte Ortsstraßen, welche in einem Verfahren nach Maßgabe des Gesetzes vom J. Juli 1875 weder angelegt noch demnächst mit Fluchtlinien versehen sind und auch thatsächlich so unregelmä dig bebaut worden sind, daß das Bestehen einer Baufluchtlinie in bestimmter Richtung nach Maßgabe des vor Erlaß des Gesetzes vom 3. Juli 1875 geftenden Rechts nicht anzuerkennen ist, sind, nach einem Urtheil des Ober Verwaltungsgerichts, IV. Senats, vom 6. Jun? 1894, als gewöhn⸗ liche öffentliche Wege zu erachten, deren Anbau durch Verordnungen der Landespolizeibehörden geregelt werden kann. = Die Urban⸗ straße in Dorotheendorf (Reg.⸗Bez. Oppeln), eine seit Jahren be— stehende (sog. historisch), dem Anbau bestlmnmte Ortsstraße, ist so unregelmäßig bebaut. daß von dem thatsächlichen Bestehen einer Bau— fluchtlinie überhaupt nicht, die Rede fein kann. An dieser Straße baute der Hausbesitzer K. eine Remise in einem Abstande von 0,50 m von der Kronenkante des Wegs, obgleich der Amtsvorsteher ihm mit Bezug auf 3 59 der für das platte Land des Reg⸗Bez. Oppeln er⸗ lassenen Polizeivererdnung vom 31. Dezember 1859 den Anbau in einem geringeren Abstande als 3,50 m won der Straße untersagt hatte, Hierauf verfügte der Amtsvorsteher, binnen 14 Tagen das Gebäude bis auf 3.50 m von der Kronenkante des Wegs zu verlegen. Die von K. erhobene Klage wurde vom Sher. . zurückgewiesen, indem es begründend ausführte: . ĩ ege, die 64 als Straßen historisch entwickelt haben, kann es nur darauf ankommen, ob aus der Art der seither thatsächlich vollzogenen Bebauung die Straßenfluchtlinie oder eine andere Linie sich als Baufluchtlinie erkennbar entwickelt hat, ob und welche Linie im Sinne des aus der Bebauung zu entnehmenden Ortsrechts die Bau⸗ fluchtlinie darstellt. In diesem Falle würde S 10 des Baufluchten⸗ gesetzes vom 2. Juli 1875 jedenfalls der anderweiten Regelung der bestehen⸗ den Baufluchtlinie durch einen ein seitigen polizeilichen Akt, der eine Aenderung der Baufluchtlinie zum Gegenstande hätte, außerhalb des in dem Gesetz geregelten Verfahrens n en stehen. . . . An der Urban⸗ straße hat sich die Bebauung ausweislich des Lageplans seither derartig unregelmäßig vollzogen, daß hier das Bestehen einer Baufluchtlinie in bestimmter Richtung nach Maßgabe des vor Erlaß des Gesetzes vom 2. Juli 1875 geltenden Rechts nicht anzuerkennen ist. Deshalb findet 5 59 der Polizeiverordnung Anwendung, und es durfte dem Kläger der Bau in einem Abstand von weniger als 3,50 m von der Kronenkante der Straße untersagt werden. Danach steht der that sächlich ausgeführte Bau des Klägers im Widerspruch mit dem Irt⸗ lichen öffentlichen Recht, und die Polizeibehörde war befugt, dem J die Herstellung eines dem öffentlichen Recht entsprechenden Zuftandes durch Zurückziehung des Gebäudes aufzugeben. ¶ V. 728.)
Statifstik und Volks wirthschaft.
Zur Arbeiterbewegung. ;
In Leipzig fand am Mittwoch eine Versammlung der in den Gum miwaarenfabriken beschäftigten Arbeiter und Arbeiterinnen statt, in der, wie die pz. Ztg.“ mittheilt, beschlossen wurde, einen k zu gründen; 140 Personen traten dem neuen Verein als ? litglieder bei. — Das Gewer kschafts kartel! beschloß in seiner letzten Sitzung, die ausständigen Kürfchner in Röthg zu unter—⸗ stůtzen. Der Ausstand soll ausgebrochen sein, weil in einer . den Gehilfen der Wochenlohn um je 6 — 5 40 herabgesetzt worden sei.
Aus Karls ruhe wird, dem Vorwärts berichtet, daß der Ausstand der Tisfchler in der Möbelfabrik von Reutlinger u. Co. wegen Lohnkürzung erfelgt sei.
Aus Eschwege meldet af Blatt, daß der Ausstand in der
Tisch lerei der Firma Heidenreich beigelegt ist, da der Meister persönlich zu den Verhandlungen erschienen ist und erklärt hat, sämmtliche Gehilfen wieder einstellen zu wollen. ö. Aus Lyon berichtet W. T. B. über den Weberausstand: Die Einigung zwischen den Werkführern der Webereien und den Fabrikanten hat nicht erzielt werden können. Die Weber d ,. die Arbeit in vier Fabriken nach und nach einzustellen, bis die Arbeit⸗ geber die alten Tartfe wieder einführen. (Vergl. Nr. 2895 d. Bl)
Kunst und Wissenschaft.
. In, Gegenwart Ihrer Majestäten des Kaisers, der Kaiserin und der Kalser in Friedrich hat heute Mittag in dem n ernstem Trauerschmuck prangenden Saale der Sing⸗Akademie die Gedächtnißfeier für Hermann pon Helmholtz stattgefunden, zu dessen glanzvoller und würdiger Veranstaltung 1a diejenigen süinfgehn gelehrten Gesellfschaften vereinigt haften, welche die orschergebiete des Heimgegangenen in der Reichs hauptstadt auptsächlich zu vertrefen . Die Kolossalbüste des Ge⸗ säierten hob sich von einem grünen Hain ab. Den Sockel zierten frischer Lorbeer und goldene Palmen, in weitem Bogen aber umstanden ihn die Vertreter der akademischen Jugend mit dem anner der Universität und den Fakultätsfahnen einerseits und den Ban⸗ nern der Technischen Hochschule, des, Motiv‘ und der e, andererseits. Bis hinauf zur Orgel standen die Vertreter der ademischen Korpo⸗ nntionen mit ihren Bannern und Fahnen. Von den Brüstungen der Logen h der Südseite hingen schwarze, goldbordierte Gehänge herab- Die Säuken rugen umflorte Kränze und goldschillernde Palmen. In der Fest⸗ Ham ng befanden sich der Vize⸗Präsident de Staats⸗Ministeriums, taatssekretär Hr. von Boetticher, die Staats. Minsster Pr. Miquel, Hr. * Armee Hr. von Coler und der General ⸗Arzt der Marine Wenzel. Die ñ osse, r. Delbrück, Dr. von Schelling, der österreichisch⸗ungarische Bot⸗ hafter von Szögyenh, der General von Strubberg, der General⸗Stabsarzt ien vom Kuratorium und der Verwaltung der Physikalisch⸗ ö Reichtanstalt waren vollzählig) erschienen,.“ Pie 9 versitãt wurde, offiziell durch die im vollen Ornat ser— iene Mitglieder des Akademischen Senats, pertreten. che Hochschule hatte den Rektor, Geheimen Regierungs⸗
by entsandt. Auch der greise frühere Reichsgerichts⸗Präsident,
. Geheime Rath von in,. der Hofprediger D. Frommel, der e dein des , Gesundheitzamts Köhler, der Vorsitzende der lte lammern, anitäts⸗Rath Becher, Prof. Ad. Menzel und Prof. 6 mner von der Akademie der Künste wohnten der Feier bei. Die Potsdam chrte das Andenken ihres Ehrenbürgers durch
Entsendung des Ober⸗Bürgermeisters Boie, des Stadtraths Berner und der Stadtverordneten Steinbach und Kremer. Als die Aller' höchsten Herrschaften die Kaiserloge betraten, erhob sich ehrfurchtsvoll die ganze Versammlung. Der unter Leitung des =, . Adolf ea. 6 a * . 39 Köni er Heohschn e eröffnete ie Feier mit dem sechsstimmig gesetzten geiftlichen Lied von Heinri K 86 Selig sind die Todten.“ J l'dann nahm der Geheime Regierungs⸗Rath Dr. von Bezold das Wort zur Gedenkrede. Im Teben der Völker und Staaten, so begann er, treten dann und wann einzelne Ge— stalten auf, die fich durch die Macht ihrer Persönlichkeit und durch den tiefedlen Einfluß. den sie auf den Gang der Weltgeschichte ausüben, scharfgezeichnet und hellleuchtend von dem Hintergrund der Alltäglichkeit abheben. Aehnlich in der Wissenschaft; auch da begegnet man seltenen Erscheinungen, die gewissermaßen das Denken und Streben ihrer Zeit in ihrer Person verkörpern, im Keime Vorhandenes zur Gestaltung und zum Abschluß bringen und zugleich mit krästigen Zügen Pläne entwerfen für S affen und Forschen kommender Zeiten: künstlerisch veranlagten Naturen, welche die Gedanken, die schon in manchen Köpfen schlummerten, mit einem Mal entfalten, sodaß es der Mitwelt wie Schuppen von den Augen fällt, die mit der Fackel ihres Geistes die Nacht , . und Geheimnisse enthüllen. Die Zeitgenossen aber, denen es vergönnt ist, mit einem solchen Mann zusammenzuleben und zu wirken, blicken mit Verehrung auf ihn, und die Nation, der er angehört, nennt ihn mit Stolz ihren Sohn. Ein solch gottbegnadeter Mann seltenster Art war der Mann, zu dessen Gedächtniß wir hier versammelt sind, war Hermann von Helmholtz. Seiner Natur nach ein schlichter, einfacher Gelehrter, haben seine Forschungen Früchte gezeitigt weit über das Vaterland hinaus — Früchte, durch welche er einer der größten Wohlthäter der Menschheit geworden.“ Der Fest⸗ redner entrollte nunmehr ein slichtvollez Bild vom Leben und Wirken des Gefeierten, im Anschluß an das, was Helm— holtz selbst s. Z. an seinem Jubeltage von sich gesagt. Von besonderem Interesse war, was der Festredner über die Auf— nahme mittheilen konnte, die Helmholtz' 1817 erschienene fundamen— tale Abhandlung „Ueber die Erhaltung der Kraft“ in der wissen⸗ schaftlichen Welt gefunden. „Abgefehen von dem ausgezeichneten Mathematiker Jacobi, so führte er aus, beurtheilten die Herren, welche damals auf dem Gebiete der Physik in Berlin die erste Stelle einnahmen, die Ärbeit höchst abfällig, und erklärten sie für eine phantastische Spekulation oder geradezu für thöricht. Der Herausgeber der bedeutendsten Fachzeitschrift ver⸗ weigerte kurzweg die Aufnahme. Nur in der Gesellschaft, die ich heute zu vertreten habe, in der 1845 von einem . aus⸗ ezeichneter jüngerer Gelehrten gegründeten Physikalischen Gesellschaft, i der von Helmholtz am 23. Juli 1847 gehaltene Vortrag, in welchem er seine Entdeckung darlegte, begeisterten Beifall und eines der gründenden Mitglieder der Gesellschaft, Herr Dubois. Reymond, erwarb sich das Verdienst, für die Abhandlung einen Verleger zu suchen und zu finden.“ Nicht minder inkereffant war das, was der Festredner über die namentlich in den siebziger Jahren viel er— örterte Frage der Priorität der Entdeckung über die Erhaltung der Kraft ausführte: „Helmholtz lernte später zwei Abhandlungen don Robert Maper, einein Arzt in Heilbronn kennen, die schon einige Jahre vor der Veröffentlichung seines Schriftchens erschienen waren, und die, freilich in unvollkommener Form, vieles von dem enthalten, was er ganz unabhängig davon etwas später selbst gefunden hatte. Er beeilte sich dies öffentlich anzuerkennen. Wenn män nun darauf hin, so fuhr der Festredner fort, den Versuch gemacht hat, das Ver—⸗ dienst von Helmholtz zu schmälern und Mayer an dessen Stelle zu setzen, so muß dies entschieden zurückgewiesen werden. Mag man die Leistungen Mayer'sß noch so hoch schätzen — Thatsache bleibt, daß sie auf die Entwickelung der Wissenschaft nicht den mindesten Einfluß geäußert haben, da sie erst bekannt wurden, nachdem die von Helmholtz ver⸗ kündete Wahrheit die weiteste Verbreitung gefunden hatte und nach— dem sie durch die von den verschiedensten Seiten her beigebrachten experimentellen Beweise fest begründet worden war. Ueberdtes war es Mayer nicht gelungen, den ihn beseelenden und leitenden Gedanken in scharfe und präzise Formen zu bringen und die vielen Einzel heiten, die er richtig erkannt hatte und bezüglich deren er in mancher Beziehung sogar über Helmholtz hinausgegangen war, in einem einzigen Ausdruck zu vereinigen; denn die von Mayer immer wieder gebrauchten Worte Causa acquat effectum wird ein Physiker oder Mathematiker niemals als ein Gesetz anerkennen. In der Zu⸗ sammenfassung einer Fülle von Thatsachen unter einem einzigen klaren, unzweideutigen 56 besteht aber das Wesen eines Naturgesetzes, und in dieser Form hat Helmholtz seine Entdeckung mitgetheilt. Die Wiffen⸗ schaft hätte ihren Weg genau ebenfo verfolgt, wie sie es that, wenn auch Robert Mayer nicht gelebt hätte; wäre dagegen die neue Wahrheit nur noch zuerst durch Robert Mayer s Schriften bekannt geworden, fo hätte etz immer noch eines zweiten, streng mathematisch geschülten Denkers bedurft, der die Erkenntniß in jene Form gebracht hätte, wie sie diefer Erkenntniß von n, ,. ganz unabhängig von seinem Vorgänger gegeben wurde.“ er Fest⸗ redner unterzog nunmehr auch die übrigen Richtungen der Forscher⸗ thätigkeit Helmholtz einer kritischen Besprechung und ging dann zu einer Schilderung der Persönlichkeit und der Evollen— Feten Harmonie des ganzen Wesens des Gefeierten über. Er schloß mit den Worten: So lernt man verstehen, wie jene wunderbare Vereinigung von Eigenschaften des Geistes und des Charakters es war, welche jene erstaunenswerthen Leistungen be⸗ dingte, die seine Stirn mit unverwelklichem Lorbeer um ränzten. Mit unverwelklichem Lorbeer, mit unsterblichem Ruhm! Wenn jemals diese hohen Worte Berechtigung besaßen, hier gelten sie in vollem Maße. Denn wenn uns die Geifstesheroen des Alterthums noch heute Verehrung und Bewunderung einflößen, und wie ihre Gestalten noch heute leuchtend vor uns stehen, obwohl seit ihrem Tode an zwei Jahrtausende verflossen sind, obwohl die Stätten, an denen sie gewirkt, längst in Trümmern liegen, und ob⸗ wohl die Sprachen, in denen sie dachten und schrieben, schon längst nicht mehr zu den lebenden gehören; so wird man noch den Namen Helmholtz mit Dankbarkeit und Ehrfurcht nennen, so lange Menschen auf Erden wandeln, die geistige Güter zu schätzen wissen und denen die Erforschung der Wahrheit und die Erkenntniß der Dinge als ein erstrebenswerthes Ziel erscheint“ Professor Er, Joachim spielte hierauf mit gewohnter Meisterschaft Robert Schumann's Abendlied fuͤr Violine Mit dem achtstimmigen Chor aus den Fest und Gedenksprüchen von Johannes Brahms „Unsere Väter hefften auf Dich“ schloß die ernste Feier.
— In der Konkurrenz des Vereins für deutsches Kunst⸗ gewerbe um Muster für eine Papiertapete mit ent sprechender Bordüre haben erhalten: den J. Preis (80 0) Dekorationsmaler Richard Waller, den 2. Preis (40 M Zeichner Heinrich Wieynk, die beiden 3. Preise (je 30 0) Zeichner Vduard Llesen Und Richard Waller. Mit ehrenvpoller Erwähnung wurden bedacht: die Zeichner Max Schulz (für zwei Entwürfe) und F. Seyffert. Eine Auswahl der Entwürfe wird vom Dienstag, 18. d. M., ab im oberen Vestibül des Königlichen Kunstgewerbe⸗Museums auggestellt werden.
— Die Königliche Akademie der Wissen schaft en zu Stockholm wählte, wie W. T. B.“ berichtet, am Mittwoch die Professoren . Straßburg und Heidenhain? Breslau zu auswärtigen Mitgliedern.
Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.
Verbreitung der Tollwuth im Deutschen Reich im Jahre 1893.
(Nach dem 3 Jahresbericht über die Verbreitung von Thierseuchen im Deutschen Reich, bearbeitet im Kaiserlichen Gesundheitsamt, Verlag von Julius Springer zu Berlin.)
Die Tollwuth hat im Jahre 1893 weniger Thiere befallen und ist auch in weniger Gemeinden aufgetreten als im Jahre 1892; da⸗ gegen ist dieselbe räumlich etwas weiter ausgebreitet geivefen
und hat speziell unter den Hunden mehr Opfer ordert. Crank ge ii überhaupt wurden 6.8 v/o weniger, ö en solche unter Hunden 5, 9 do mehr gemeldet; an ic. i a vert ge Punde wurden obo mehr. auf polizeiliche Anorbnun getödtet und 13,3 0ͤ0 mehr unter polizeiliche Beobachtung gestellt, herrenlose, wuthverdächtige Hunde dagegen 47, 3 ½ weniger getödtet als im Vor⸗ jahre. Erkrankt und gefallen oder getödtet ind 4160 Hunde (. . 3 Katzen (2), 3 Pferde (sh, 35 Rinder (69) 7 Schafe (7) und 4 Schweine (27), jzusammen 46 (ö00) Thiere. Die Fälle vertheilen sich auf 29 Regierung, 2c. Benirke und 27 Kresfe ac? gegen 35 und 132. im Vorjahre. Die mejsten Fälle sind wieder in den Regierungs⸗ ꝛc. Bezirken Gumbinnen 89), Posen (62), Königs⸗ berg (66) außerdem in Zwickau (455 und Dresden 60) fess i f. wogegen die im Vorjahre stark betroffenen Regierungsbezlrke Oppeln, Marienwerder, Breslau und Liegnitz diesmal? etwaß weniger heim ⸗ esucht waren. Von den Kreisen Je. weisen verhältnißmäßig viele ollwuthfälle nach- Plauen (27), Schrimm (23), Srtelgbun (2h, Lößzen (16), Lyck, Johannisburg (je 13), Osterode i. Ostpr., Goldap, . 12 Neidenburg (11), Stallupönen und Altenbur (je 10). Von diesen zählten Ortelsburg, Neidenburg, Goldap und yl schon im Jahre 1892 zu den stärker betroffenen Kreisen. — Was die Ver⸗ breitung der Tollwuth speziell unter den Hunden betrifft, so Lewährt die dem Jahresberichte beigegebene karthographische . derselben im allgemeinen ein , Gesammkbild wie in den früheren Jahren, insofern hauptsächlich wieder die östlichen Grenzgebiete des Reichs verfeucht sind. Gegenüber dem Vorjahr er⸗ scheinen indeß die südlichen Grenzkreise im Regierun Sbezirt Gumbinnen stärker betroffen und auch das n,, achsen erheblicher verseucht. Von den an Rußland grenzenden Kreisen sind nur Memel, Tilsit, Inowrazlaw, Wreschen, Kempen, Kreuzburg, Lublinitz und Tarnowitz verschont. Die größten Seuchenherde befinden sich in Goldap, Lötzen, Lyck, Johannisburg, Ortelgburg, Osterode i. Ostpr, Schrimm, vor allem aber in Plauen sn Sachsen, woselbst 27 Tollwuthfälle unter Hunden gemeldet wurden' Die an Oesterreich grenzenden Kreise in Schlesien sind etwas schwächer betroffen als im Vorjahr. In Bayern befinden sich nur einige, ge⸗ trennt von einander liegende verseuchte Bezirke in den östlichen Theilen und in Elsaß-Lothringen sind vier zusammenhängende Kreife an der französischen und schweizerischen Grenze betroffen. In den übrigen Theilen des Reichs erscheinen nur vereinzelte, zerstreut ,. kleinere Bezirke verseucht, — Die Tollwuth ist wieder mehr— fach aus dem Ausland in das Reichsgebiet eingeschleppt worden. So sind durch den Biß wuthkranker Hunde, welche aus Rußland über⸗ gelaufen waren, Ausbrüche der Seuche veranlaßt in den Kreisen Yrtelsburg, Stallupönen, Beuthen, Kattowitz und Rosenberg i. S. S. Ein im Kreise Lauban getödteter wuthkranker Hund war aus Böhmen übergelaufen. Die Zeit des Ausbruchs der Seuche nach erfolgtem Bisse schwankte bei Hunden zwischen 9 und 68, bei Rindvieh e, en 14 und 60, bei Schafen zwischen 25 und 42, bei Schweinen zwischen 10 und 14 Tagen und betrug bei einem Pferde 26 Tage. In zwei
ällen hat eine Uebertragung der Tollwuth auf Menschen stattgefunden. oss starb ein 6sähriges Mädchen im Kreife Wehlau 25 und ein fünf⸗ jähriges Mädchen im Kreise Hirschberg 15 Tage nach dem Bisse. In . soll der Tod eines Thierarztes durch Tollwuth erfolgt sein.
Spanien. Durch ministerielle Verordnung vom 7. d. M. ist die gegen Antwerpen angeordnete Quarantäne unter den üblichen Bedingungen aufgehoben worden. (Vergl. . R. Anz. Rr. 189 vom 13. August d. J.)
Griechenland.
Durch Königliche Verordnung vom 28. v. M. ist für die aus den am Schwarzen Meere zwischen Schile (inkl.) und Ineboli (exkl.) gelegenen türkischen Häfen kommenden Schiffe eine fünftägige Be⸗ obachtungsquarantäne angeordnet worden.
Handel und Gewerbe.
Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien. An der Ruhr sind am 13. d. M. gestellt 12 082, nicht recht⸗ jeitig gestellt keine Wagen. In Oberschlesien sind am 12. d. M. gestellt 5570, nicht recht⸗ zeitig gestellt keine Wagen. ö Zwangs-Versteigerungen. Beim Königlichen Amtsgericht 1 Berlin standen am 13. Dezember die nachbezeichneten Grundstuͤcke zur Versteigerung: Das im Grundbuch von Schöneberg Band 36 Blatt Rr. 197 auf den Namen des Lieutenants a. D. Paul Schreiber zu Charlottenburg eingetragene, zu Schöneberg belegene Grundstück; Flaͤche 6,49 a; Mindestgebot 800 S; für das Meistgebot von 170 300 wurde der Landschaftsmaler Hermann Schreiber zu Charlottenburg, Augsburgerstraße 41, Ersteher. — Grundstück zu Friedenau Band 5 Blatt Nr. 623 auf den Namen der Bau unternehmer Hh. und R. Werner zu k einge⸗ tragene, ebendaselbst, Lauterstraße 24, belegene rundstück; i. 12,29 a; Mindestgebot 876 A; für das Meistgebot von 122 550 6 wurden der Kaufmann Rud. Häuseler zu Berlin, rinzenstraße 39, und der Mechaniker Friedr. Pilz zu Berlin, Enge Ufer 16, gleich⸗ berechtigt, Ersteher. — Aufgehoben wurde das Verfahren der wangsversteigerung wegen des Grundstücks zu Pankow, Kaiser riedrichstraße 71 belegen, dem Zimmermeister Carl Klopsch zu erlin gehörig.
Ausweis über den Verkehr auf dem Berliner Schlacht- viehmarkt vom 12. Dezember 1894. Auftrieb und Marktpreise nach Schlachtgewicht mit Ausnahme der Schweine, welche n Lebendgewicht gehandelt werden. Rinder. Vuftrieb 310 Stück (Durchschnittspreis für 100 kg.) J. Qualität — 6, IH. Qualitât T et, III. Qualität 92 - 100 , IV. Qualität 80 - S5 M. — Schweine. Auftrieb 6536 Stück. (Durchschnittspreis für 100 Eg.) Mecklenburger 10 = 104 0. Landschweine: a. gute 538 -= 109 2 b, geringere 99 —98 A, Galizier — 6, leichte Ungarn — „ bei Wo Tara, Bakonver 81-86 M bei 27,9 Kg Tara pro Stück — Kälber. Auftrieb 1515 Stück. (Durchschnittępreis für 1 kg.) I. Qual. 1, 18 - 1,30 ½, II. Qual. O.9g8 -= 1,16 M, III. Qualität S0 -- 0,96 4 — Schafe. Auftrieb So6 Stück. ( Durchschnitts yrels für 1 Eg.) J. Qualität — S, II. Qualität — 6, HII. Qualitat — M016
— Die Einnahmen der Saal ⸗Eisenbahn betrugen im Ro—= bem ber d. J. nach vorläufiger Feststellung 117214 (64 5047) 4; seit l. Januar d. J. betrugen die Einnahmen überhaupt 1384916 31 734) A
— In der außerordentlichen Generalversammlung der Aktien Gesellschaft für Spinnerei und Weberei an der hohen Mark bei Oberursel wurden die Antraͤge der Verwaltung auf e, ,. des Grundkapitals von 750 000 Fl. auf 600 000 M ein⸗
timmig angenommen. -
— Die Gesammtförderung der dem rhein isch ⸗west⸗ fälischen ,,, . örigen Zechen überschritt im Monat November, wie die Rhe Westf. Itg. berichtet, die volle Be⸗ theiligungsziffer, sodaß zum ersten Mal seit langer Zeit keine Ein⸗ chränkung zu verzeichnen ist. Auch sollen sich die geldlichen . o günstig gestaltet haben, daß die für Nobember beschlossene mlage nicht erhoben zu werden braucht.
Magdeburg, 13. Dezember. (W. T. B.) Zuckerbericht. Kornzucker exkl., von 92 ,/0 — — neue 9,20 - 9,30. Rornzucker . 88 o Rendement 8, 65 —– 5,75, neue 8,706 — 86, Nachprodukte erfi, Bos Rendement 5, 80. =6, 45. Matt. Brotraffimade 1 21 56. Brotraffinade I1 . Gem. Raffim. mit Fa 21,00 - 21,75. Gem. Melis ] mit Faß 20 00-6. 124. Matt. Rohzucker J. Produkt Transito k 63 urg pr. Dezember 850 Gd. 8-674 Br., pr. Januar 5 God., F566. Br, pr. März 8M. Gd., Foz. Br,, Fr. pri Ma 9,10 Gd., 9, 12 Br. Ruhig. ö