eee m , e e . e r , m e , . . a, . . 33 3. . z .
e re e , d me , . . . e e e e e m , . a e , , , .
w /// /
Königliches Schau spielhaus.
Der Königsbote“, ein uspiel in drei Aufzügen von Adolf 2 646 gestern Abend mit schönem Erfolg in Scene. Das Stück spielt um das Jahr 1014 auf dem Hofe eines alten norwegischen Häuptlings Ingimund, der ebensowenig bon Odin lassen, wie sich der Herrschaft des norwegischen Königs Olaf unter- werfen will. Der Königsbote Otfried, den der fromme und kluge König Olaf zum wilden Ingimund sendet, überwindet den hartnäckigen Widerstand des Häuptlings durch seine kühne und ge— wandte Rede, aber mehr noch durch seine Thaten. Das stille Heldenthum des Königsboten, der seine aufwallende Leidenschaft . des Häuptlings lieblicher Tochter eig mannhaft unterdrückt, weil ie seines Freundes Wolfhard heimliche Geliebte ist, und der seines reundes Leben durch geduldig getragene Schmach und durch die Kraft eines Armes beschützt, rührt auch das wilde Herz Ingimund's. Die rößte Sorgfalt hat der Dichter auf die Charakterzeichnung des
önigsboten verwendet, der die Handlung beherrscht; Klugheit, Mannhaftigkeit, Opfermuth, brennende Liebe und schwermuthvolle Entsagung sind die Chgrakterzüge, durch die die Theilnahme der Zuschauer an erster Stelle auf ihn gelenkt wird. Neben ihm tritt am bedeutendsten der rauhe Häuptling Ingimund hervor, dessen Wildheit aber nicht ganz echt erscheint? denn im Grunde ist sein naives Herz einem lustigen Scherz nicht abgeneigt, und beinahe mit fröhlicher Laune nimmt er trotz seiner schein⸗ baren leide schaftlichen Erregung das Ruhe gebietende Wort des Königsboten auf. Der mächtige Häuptling verwandelt sich so im Laufe der Handlung zu einem nach Kinderart trotzigen und eigenwilligen Mann mit edlen Herzensregungen. Die übrigen
sonen sind zwar gleichfalls kräftig und klar gezeichnet, gewinnen aber ür den Fortgang der Handlung, von Wolfhard abgesehen, nur geringe
deutung. — Der erste Akt erscheint wegen längerer Wortgefechte etwas weitschweifig. Im zweiten Akt setzt die Handlung dann kräftiger, fast tragisch ein, um im dritten mit Humor zu enden. Der größte Reiz des Dramas liegt im Dialog, der auch dann fesselt, wenn er das Fortschreiten der Handlung hemmt.
Die Inscenierung war sorgfältig vorbereitet worden und ent— sprach glücklich der Stimmung, die der Dichter wecken will; wenn die lärmenden, zechenden Helden laut und fröhlich die Bühne füllten,
Eewann man den Eindruck germanischer Urwaldskraft. Herr
olenar gab den Recken Ingimund rauh und trotzig, mit Augen, die ebenso zornig wie trunkfroh leuchten konnten. Die Rolle des Königsboten gab Herrn Maòatkowsky zu einer kraftvollen und vornehmen schauspielerischen Leistung Gelegenheit. Fräulein Lindner war eine liebliche Helga und Herr Purschian ein leiden schaftlicher Liebhaber. Alle übrigen Darsteller fügten sich trefflich dem
Zusammenspiel ein. ; Lessing⸗Theater.
Am Sonnabend begannen die italienischen Vorstellungen, die 366 Eleonora Duse mit ihrer Gesellschaft veranstaltet. Als ntrittsaufführung war „La Signora dalle Camelie“ (.Die Kameliendame“) des jüngeren Dumas gewählt. Die Titelrolle gab Frau Duse, die aufs neue sich als eine Schauspielerin von ungewöhnlicher Begabung und Größe erwies. Das Dumas'sche Stück ist an sich keine hervor⸗ ragende dramatische Leistung nach modernem Geschmack; die großen theatralischen Wirkungen werden auf Kosten der Wahrscheinlichkeit und Naturwahrheit erzielt. Die ganze gesellschaftliche Anschauung, die der Handlung zu Grunde liegt, erscheint uns schief und unver⸗ ftändlich; aber in diesem Rahmen ist die Gestalt der Marguerite Gauthier in ihrer opfermuthigen Entsagung von dem Dichter am klarften herausgearbeitet und fesselt darum das Interesse fast aus— schließlich. Frau Duje versteht es, den hypersentimentalen Charakter durch ihr einfaches Spiel und die Ruhe und Sicherheit ihres Wesens in eine klarere und reinere Atmosphäre zu erheben, so daß aus der unnatürlich empfindsamen Heldin eine menschlich glaubhafte Erscheinung wird. Neben dieser Gestalt verschwinden fast alle übrigen Mitwirkenden und scheinen gleichsam nur vor⸗ handen, um dem Spiel der Frau Duse als Folie zu dienen. Bei ihren früheren Gastspielen hatte Frau Duse in Signor And einen Mitspieler, der durch seine schauspielerische Kraft sich neben ihr Geltung verschaffte, wodurch die Gesammtwirkung wesentlich er⸗ höht wurde. Von der vorgestrigen Vorstellung bleibt als bedeutend nur die Leistung der Frau Duse zu erwähnen, die auch den verdienten
lebhaften Beifall fand.
Gretel (Fräuleln Bieirich, Fräulein Rothauser, Frau Goetze, Herr Betz) Heben. Hierauf folgt das Ballet, Karneval“ (Damen dell' Era,
Urbans . „Halali! (Damen von Mayburg, Poppe, (Fräulein Lindner) zur Au
mittags z Uhr, „Figgro's Hochzeit“ am Mittwoch und Donnerstag Andrea“ gegeben. Am Freitag findet die erste Aufführung des Lust⸗ spiels ‚Der kleine Mann“ statt, das am Sonnabend und Sonntag Abend wiederholt wird.
lustige Krieg! und das ‚Tanzdivertissement“ bis einschließlich Freitag auf dem Spielplan. Am Sonnabend geht zum ersten Mal an dieser Bühne die Operette Boccaccio“ von Supps in Scene.
Besten der Deutschen Reichsfechtschule! (Wohlthätigkeitsverein zum Zwecke der Wgisenpflege) ein populäres Konzert. Eintrittskarten zu besonders ermäßigtem Preise sind bei allen Fechtmeistern sowie in der Geschäftsstelle des hiesigen Verbandes, im französischen Dom, Abends 5—7 Uhr, zu haben.
Im Königlichen Opernhause wird morgen „Hänsel und
a).
Im Königlichen Schauspielhause gelangen morgen das Lust⸗ Schramm, Herren
ertzer und Militärfromm“
ührung.
lein, Keßler, Grube, i Im Neuen Theater wird morgen und am Sonntag, Nach⸗
Im Theater Unter den Linden bleiben die Operette Der
Die Direktion des Konzert hauses veranstaltet morgen zum
Jagd.
. Offizieller Strecken⸗ Rapport
der Königlichen Hofjagd im Springer Saupark
am Mittwoch, den 12. und Donnerstag, den 13. Dezember.
Die Jagd ergab mit einer am Nachmittag des 12. am Haller⸗ mundskopf und einer am 13. Vormittags am Sinngrün abgehaltenen Suche der Findermeute auf Sauen, sowie dem am Nachmittag des⸗ selben Tages im Hallerbruch abgestellten Jagen auf Damwild und Sauen die Gesammtstrecke von 140 groben und 171 geringen Sauen, Schauflern und 21 Stück Damwild. Davon entfallen auf die Sonderstrecken Seiner Majestät des Kaisers und Königs 54 grobe, 6 geringe Sauen und 4 Schaufler, Ihrer Königlichen Hoheiten des Erbgroßherzogs von Aldenburg und des Fürsten von Hohenzollern bezw. 322 Sauen, 2 Schaufler und 4 Stück Damwild und 18 Sauen, 3 Schaufler und 3 Stück Damwild, Seiner Hoheit des Herzogs Johann Albrecht von Mecklenburg⸗Schwerin 22 Sauen, Seiner Durchlaucht des Prinzen Albert von Sachsen, Altenburg 31 Sauen und Ihrer Durchlauchten der Prinzen Christian Victor und Albert zu Schleswig⸗Holstein 22 bezw. 17 Sauen. Das Wetter war der Jagd an beiden Tagen äußerst günstig.
Mannigfaltiges.
Die vor einiger Zeit ins Leben gerufene ‚„Deutsche Gesell— schaft für volksthümliche Naturkunde“ wird in der ersten Hälfte des Januar ihre erste Generalversammlung abhalten. Alle Meldungen und Mittheilungen sind wie bisher an den Schriftführer Dr. L. Staby, SW. , Dessauerstraße 23, zu richten.
Abgesandte von 21 deutschen Universitäten und 9 Technischen Hoch⸗ schulen, welche insgesammt 35 009 deutsche Studierende ver⸗ traten, hatten sich am Sonnabend hierselbst in den Victoriasälen versammelt, um über eine dem Fürsten Bismarck für dessen 80. Geburtstag, am 1. April 1895, zugedachte Huldigung der akademischen Jugend Beschluß zu fassen. Wie wir dem Bericht der N. Pr. Ztg. entnehmen, wurde nach längerer Berathung die Her⸗ stellung einer Ehrengahe beschlossen, für welche der vom Professor Lessing ausgeführte Entwurf der Versammlung bereits vorlag, Letztere beschloß ferner, sich prinzipiell für eine Huldigungsfahrt zu entscheiden, für den Fall, daß diese angenommen werde. Wenn es sich ermögiichen läßt, soll im Anschluß an die Huldigung in Ham burg ein Kommers veranstaltet werden. Die Ueberreichung der Ehrengabe soll durch die Kommission erfolgen und eine etwaige Rede von dem Vertreter der Universität Göttingen gehalten werden.
stituts: Ein milder, sehr . aber doch trockener Monat liegt mit
dem vergangenen November hinter uns. Seine Mittel temperatur übertraf die normale im Südwesten um mehr als 1 Grad, sonst sogar um mehr als 2 Grad. Dieser Wärmeüberschuß ist vornehm, 1 den hohen Temperaturen in der ersten ö. des Monatz zuzuschreiben, welche um mehr als 5 Grad über dem vielsährigen Durchschnitte lagen; zu Ausgang des Monats dagegen sank die Temperatur mehrere Grade unker die normale und meist auch unter den Gefrierpunkt, Entsprechend der trüben Witterung war die Tages, schwankung der Temperatur eine äußerst geringe; sie betrug gewöhn, lich weniger als 5 Grad. Niederschläge sind in ganz Norddeutschland erheblich zu wenig und zu selten gefallen, insbesondere in Schlesien und Thüringen, wo nur ein Viertel der normalen Menge gemessen wurde. Schnee ist fast nur gegen Ende des Monats beobachtet worden und rief außer im Hochgebirge nirgends eine nennenswerthe oder länger andauernde Schneedecke hervor. Besonders hervorzuheben ist die außerordentlich große Bewölkung, der zufolge die Sonnenschein— dauer kaum ein Fünftel der überhaupt , . betrug. Die einzige Ausnahme hiervon zeigen die höchsten Berggipfel, wo sogar eine beträchtliche Zahl heiterer Tage notiert worden ist. In der ersten Hälfte des Monats veranlaßten Depressionen im Nordwesten, denen hoher Luftdruck im Osten gegenüberstand, warme Winde aus dem fuͤd— westlichen Qnadranten. Die Temperatur stieg infolge dessen rasch bis zum 3. und blieb dann bis zur Mitte des Monats unter mancherlei Schwankungen übernormal. Am 16. November jedoch trat ein Umschlag ein, als der Kern hohen Luftdrucks sich von Osten her mehr nach Zentral Europa verlagerte. Nächtliche Auß— strahlung bei Windstille, abwechselnd mit schwacher Luftströmung aug dem kalten Innern Rußlands, brachte die Temperatur nunmehr schnell zum Sinken. Mit geringen Aenderungen bestand diese Wetterlage bis zum 28. des Monats, wo eine tiefe Depression im Norden ihren Einfluß über Deutschland erstreckte und zum Monatsschlusse bei west. lichen Winden einige Erwärmung, aber auch Regen und Schneefälle
im Gefolge hatte.
Wien, 17. Dezember. Gestern Nachmittag fand, wie ‚W. T. B.“ meldet, im Rathhause die feierliche Uebergabe des von den Damen Wiens gespendeten Ehrenbanners für die Künstler— genossenschaft anläßlich des fünfundzwanzigjährigen lr, dieser Genossenschaft statt. Die Feier, an welcher der Erzherzog Call Ludwig als Vertreter des Kaisers, ferner die Minister Fürst Windisch— grätz Marquis Bacquehem, von Madeyski, sowie der Statthalter, der Präsident des Abgeordnetenhauses und die Spitzen der Gesellã schaft theilnahmen, gestaltete sich zu einer erhebenden Loyalitätskund— gebung für den Kaiser und den Erzherzog Carl Ludwig.
Paris, 15. Dezember. Die Leichenfeier für Ferdinand von Lesseps fand, wie W. T. B.“ meldet, heute in der Kirche Rue des Gros Cailloux in Anwesenheit mehrerer Mitglieder deß diplomatischen Korps sowie einer überaus zahlreichen Menge statt. Auf dem Kirchhof Pore -Lachaise wurden mehrere Reden gehalten. Eine militärische Ehrenbezeugung wurde dem Todten nicht erwiesen, weil der Leichnam im Grabgewölbe beigesetzt wurde und militärische Ehrenbezeugungen nur in der Wohnung des Verstorbenen dargebracht werden können.
Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen.
Bukarest, 17. Dezember. (W. T. B.) Der Prinz Ferdinand von Rumänien ist heute früh nach Coburg abgereist.
Kopenhagen, 17. Dezember. (W. T. B.) Wie ver— lautet, erklärten sich die beiden Vize⸗Präsidenten des Folkethings, Christensen Stadil und Trier, mit dem abge— tretenen Präsidenten Högsbro solidarisch und legten heute ihre Mandate nieder.
(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)
Wetterbericht vom 17. Dezember, 8 Uhr Morgens.
— —
Stationen. Wind. Wetter.
Bar. auf 0 Gr. u. d Meeres p red. in Millim.
Belmullet . 1761 Aberdeen. 757 Christiansund 760 Kopenhagen. 760 Stockholm. 7654 anda. 747
t. Petersbg. 748
Cork, Queens;
wolkenlos wolkenlos halb bed.
e L do d , D oe
Regen bedeckt wolkig wolkenlos
7163 767 768 764 764 758 753 751
751 66 768 768 765 763 759 758 757
771 761 ĩ .. Iwolkenlos UNebersicht der Witterung. Ein Hochdruckgebiet, dessen Kern über West⸗
7 Uh
ͤ
p O de O — d — — C O did
7 Uhr.
111 o = 0 =
do
— — — — N Q — — — — W
9 9 5
Sans⸗Göne.
dinavien aus, während über Nordwest- und Nordost⸗ Géue. Europa. Depressionen lagern. Der Luftdruckver⸗ theilung entsprechend wehen über Deutschland vor⸗ wiegend westliche bis nördliche Winde, welche auf
dem Streifen Swinemünde = München vielfach stark Le
eingetreten und herrscht . vorwiegend heiteres Anfang 77 Uhr. ä Mittwoch: wei Wappen. Donnerstag: Zwei Wappen.
der i Residem · Thenter. n Deutschland ift überall Pireltlon: Sigmund Lautenburg. Dienstag: Zum Konzert. Konzert zum Besten der Deutschen Der Unterpräf⸗kt. Schwank in Reichsfechtschule (Wohlthätigkeitsverein zum Zwecke
Wetter, welches sich demnächst weiter ostwärts aug ⸗ breiten dürfte, während in den südlichen und öst⸗ lichen Gebietstheilen stellenweise Schneefälle statt⸗ sinden. Die Temperatur ist in Deutschland fast überall , . sodaß größtentheils wieder leichter ö. fi . ö
. ag gefallen. 44. Male: Deutsche Seewarte.
spiel in 4 Aufzügen von Richard Skowronnek. In
Schnee Militärfromm. Genrebild in 1 Aufzug von Gustav 12 Bildern. von Moser und Thilo von Trotha. In Seene ge⸗ setzt vom Ober⸗Regisseur Max Grube. Anfang
Nentsches Theater. Dienstag: Die Weber.
Anfang 74 Uhr. Mittwoch: Blau. — Chyyrienne. Donnerstag: Gespenster.
Berliner Theater. wen ern bse srlschter. (6 frankreich liegt, breitet sich nordwärts nach Skan—⸗ mä woe) r nin. e, de, m,
Donnerstag: Mabame Saus⸗Göne.
3 Akten von Leon Gaudillot. Deutsch Schönau. — Vorher: Billa Vielliebchen. Lust⸗
Theater⸗Anzeigen. schwin 1 Akt von Benno Jacobson. Anfang
Königliche Schauspiele. Dienstag: Opern- i e e nile ee Laar: Der Unternräfett. Zolbberg, unt. gef Mitw. d. Frl Meta Lippohh,
haus. 269. Vorstellung. Hänsel und Gretel. Märchenspiel in 3 Bildern von Engelbert Humper⸗ dinck. Text von Adelheid Wette. In Scene gesetzt vom Ober ⸗Regisseur Tetzlaff. Dekorative Ein⸗ richtung vom Ober⸗Inspektor Brandt. Dirigent: ; Kapellmeister Weingartner. — Karneval. Ballet⸗ wollig Burleske in 2 Aufzügen von Emil Graeb. Musik bedeckt von Adolf Steinmann. Dirigent: Musikdirektor
Schnee Steinmann. Anfang 79 Uhr. ꝛ b Schauspielhaus. 282. Vorstellung. Halali. Lust⸗ neuer Ausstattung an Dekorationen, Kostümen und des Frl. Wally Renz, Tochter des Direktors als
Requisiten: Orpheus in der Unterwelt. Große Schulreiterin mit dem Schulpferd Cromwell. Daz Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Max Grube. — Ausstattungsoperette mit 4 großen Ballets in Apportirpferd Mohr, hierauf Prinz Carneval und
Dienstag: Die
Mittwoch: Die Fledermaus. en g. den 23. Dezember:
von Supps.
Direktion: Richard Schultz. —
Dienstag: Madame
24. Dezember: Keine Vorstellung.
Friedrich Wilhelmstädtisches Theater. Chausseestraße 26 / 26.
ledermans. Operette in
3 Akten von Johann Strauß. Anfang 75 Uhr.
Sonnabend, den 22. Dezember:
Bentral Theater. Alte Jakobstraße Nr. 30.
Thomas a. G. Anna Bäckers. um 110. Male: O, diese Berliner! Große osse mit Gesang und Tanz in 6 Bildern (nach
ingro's *. durch Berlin?) von Julius ret. Musik von Julius Einödshofer. Anfang
r. Mittwoch: O, diese Berliner! Zesseh.
ö - In Vorbereitung: Ein fideles Corps. Große Theater. Dienstag: Dritter und Gesangsposse mik Tanz. Rach dem 'englischen —
auftreten; in Nordwestdeutschland ist Aufklaren letzter Duse⸗Abeud. Heimath. (Casa paterna,) A Gaiety Gick' von Jöngs Sidney frei bearbeitet von Eduard Jacobson und Jean Kren.
Saal Fechstein. Linkstraße 42. Dienstag, Anfang 75 Uhr: Konzert der Sängerin Vera
des Herrn Wilh. Berger, sow. eines kl. gemischten Chors u. Leit. d. Herrn Prof. Ad. Schultze.
Dirkus Renz (Karlstraße). Dienstag, Außer. ordentliche Vorstellung. jo Ni En. (Beim . Jahreswechsel in Peking. Neue Musikeinlagen. Mit vollständig Poa ma, (gr. Pferdespringen). — Außerdem Auftt.
sein Gefolge, kom. equestr. Arrangement von Herrn R. Renz. Great Hurdle Race, geritten von Damen und Herren mit 20 Vollblutspringpferden. Auftret.
r. Theater Unter den Linden. Behrenstr. 66 / 7. des Schulreiters Herrn R. Renz mit dem Schulpferd Mittwoch: Opernhaus. A0. Vorstellung. Mar⸗ Direktion: Julius Fritzsche. — Dienstag: Der Prinz. Auftreten der renommirtesten Künstlerinnen
und Künstler. Auft. des unerreichb. Handequilibristen
. Oper in 5 Akten von Charles Gounod. Instige Krieg. Operette in 3 Akten von 6. Zell ext nach Goethe's Faust, von Jules Barbier und und Rich. Gene. Musik von Johann Mr. Jules Keller, Mr. Levater Lee. August u. Clown. Michel Carré. Ballet von Emil Graeb. (Mar⸗ Regie: Herr Unger. Dirigent: Herr Kapellmeister Gebr. Villand exzentr. Clowns. Anfang 75 Uhr.
garethe: Frau Emma Albani, als Gast. Anfang Federmann. — Hierauf; Tanz ⸗Divertissement. Arrangiert vom Balletmeister Herrn Louis Gundlach. Schausplelhaus. 283. Vorstellung. Der Königs⸗ Anfang 73 Uhr. bote. Schauspiel in 3 Aufzügen von Adolf Wil⸗ . brandt. — Die Philosophin. Lustspiel in 1 Auf⸗ Boccaccio. Operette in 3 Akten zug von Friedrich Roeber. Anfang 77 Uhr.
Strauß. Mittwoch u. folgende Tage: jo Ni En.
——
* ö.
Familien⸗Nachrichten.
Verlobt: Frl. Hildegard Kolbe mit Hrn. Ritter,
utsbesitzer Jankwitz (Hamburg — Ellguth bei
Dienstag: Emil Cie enn O. S.
Josefine org. Vereh er icht: Hr. ,, , ,,, Dr. Wieden /
feld mit Frl. Agnes Kauffmann (Hörde).
Geboren; Ein Sohn: Hrn. von Bredgm— Schwanebeck (Berlin). — Hrn. Stabgarzt Hr. Brir (Krossen a. O.). — Hrn. Landrichter Hinderer Sels). — Eine Tochter: Hrn. Pastor Ruhm
Neu einstudiert: Musik von Franz
Gestorb en: Verw. Fr. Erblandmarschall Francitlü von Flemming, geb. von Schöning (Berlin).
Adolph Ernst⸗ Theater. Vom 17. bis inkl. Hr. Geh. Rechnungt. Rath Robert Kraatz .
— Fr. Agnes von Stechow, geb. von Müncho (Dresden).
Verantwortlicher Redakteur:
Konzerte.
Blumenstraße Nr. 9. Nonzert Haus. Dienstag:
von Max der Waisenpflege).
J. V.: Siemen roth in Berlin. Verlag der Expedition (Scholh in Berlin—
Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und. Verlagk⸗ . Anstalt, Berlin ., Wilhelmstraße Nr. 32.
Sieben Beilagen leinschließlich Börsen· Beilage). (1919
GErste Beilage
zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗-Anzeiger
n 23G.
Dentscher Reichstag. 7. Sitzung vom Sonnabend, 15. Dezember, 12 Uhr.
Die Besprechung der Interpellation der Abgg. Dr. Pa asche und Dr. Friedberg (nl,), betreffend Ab⸗ änderung des Zuckersteuergesetz-es, wird fortgesetzt.
Ueber die Reden der Abgg. Dr. Meyer-⸗Halle (fr. Ver) und Spahn (Zentr.) ist bereits in der Nummer vom Sonn⸗ abend berichtet worden. Nach dem Abg. Spahn erhält das Wort der .
Abg. Dr. Friedberg (ul.): Der Abg. Richter geht um den Kern⸗ punkt der Frage herum; er verschweigt und vergißt, daß die Prämie, die bei uns gewährt wird, nicht ausreichend ist, den Vorsprung aus zugleichen, den Frankreich mit seiner viel höheren Prämie vor dem deutschen Export hat, Der Abg. Richter wies auf die Vermehrung der Sachsengängerei hin. Dieselbe ist freilich ein Uebel, aber wir haben nun einmal die große Zuckerindustrie, und wir können sie doch schließlich nicht todtschlagen. Solche Thatsachen sind unumstößlsch. Die Zuckerindustrie ist eine große Exportindustrie, und wenn nicht eine schwere Krisis hereinbrechen soll, dann muß ihre E portfähigkeit aufrecht erhalten werden. Den wirthschaftspolitischen a , des Abg. Richter kann ich nicht folgen. Die Möglichkeit des Ab⸗ schlusses der Handelsperträge hat ihre Wurzel in der Wirthschafts⸗
politik des Fürsten Bismarck; denn ohne Getreidezölle hätten wir
kein Kompensationsobjekt zur Verfügung gehabt. Bezüglich der Zucker⸗ prämien ist schon 1891 festgestellt worden, daß, wenn die . Staaten mit der Aufhebung der Prämien nicht nachfolgen, wir auch, bei den Prämien stehen bleiben werden. Ich kann daher der Regierung für die entgegenkommende Aufklärung nur meinen Dank neh gr f von Mirbach (k ch
g. Graf von Mirbach (B kons.): Ich werde nur aphoristisch sprechen. Zu der Rede des Abg. Dr. Meyer bemerke ich, daß fich durch dieselbe wiederum trotz seiner gegentheiligen Versicherung wie ein roter Faden ein tödtlicher Haß gegen die Tandmwirthfchaft zieht. Dem Abg. Richter möchte ich besonders hinsichtlich des einen Punktes entgegnen, daß er am Freitag gesagt hat, die Viehzucht habe einen Aufschwung genommen. K* denn der Abg. Richter nicht, daß diese Steigerung der Viehproduktion nur eine vorübergehende war und entstanden ist in⸗ folge des Mankos, das die Trockenheit und der Futtermangel im Jahre 1893 hervorgerufen hatte? Von den Herren auf der Linken wird eine Nothlage des landwirthschaftlichen Gewerbes vielleicht ein— mal implicite anerkannt, aber generell doch geleugnet. Ich muß des— halb heute wiederholen, daß das mobile Kapital sich seit Dezennien nicht an landwirthschaftlichen Betrieben versucht. Privatleute freilich kaufen Güter, da kommen aber persönliche Motive in Betracht; wir müssen das Kapital, lösgelöst von Personen und also auch persönlichen Verhältnissen, in Gestalt der Aktiengesellschaften betrachten, wenn wir zu einem richtigen Schlusse kommen wollen. Und da nennen Sie mir eine einzige Attiengesellschaft, welche sich mit dem Betrieb der Landwirthschaft — ich rede nicht von Nebenbetrieben — befaßt. Wir sind dem Staatssekretär für seine Bemühungen zu ganz be— sonderem Danke verpflichtet; ich kann darin nur eine wirksame Für⸗ sorge auf sozialem Gebiete sehen, und auch wir wollen die wirthschaft⸗ lich Schwachen unterstützen. Die Herren von der freisinnigen Partei sind natürlich für Konzentration des Kapitals. Ich kann den Herren darin freilich nicht zustimmen, wohl aber bin ich mit den Wünschen nach einem Handelsvertrage mit Nord ⸗Amerika einberstanden für den Fall, daß unsere wirthschaftliche Lage dadurch eine günstigere wird. Die wichtigste Frage ware dabei die Restitution des Silbers. Die Aufhebung der segensreichen Materialsteuer haben meine politischen Freunde bis zum letzten Augenblick bekämpft. Ich will aber nun meine Freude daruber aussprechen, daß die Nationalliberalen jetzt auf unserer Seite stehen und bereit sind, die Mißstände zu beseitigen. Die wirthschaftliche Lage ist so ernst, daß zu wänschen ist, daß alle staatserhaltenden Parteien jusammenstehen, um nach dieser Richtung hin Erfolge zu schaffen.
Abg. Wurm (Soz.) verweist darauf, daß die Sachfengängerei durch das Zuströmen der Arbeiter aus dem Osten in die Zuckergegenden die Bevölterung vollständig degeneriert hat. Die polnischen Arbeiter begnügen sich mit der schlechtesten Ernährung und schicken ihr Geld in die Heimath. Und solche Verhäͤltnisse soll das deutsche Volk noch unterstützen durch die Zuckerprämien? Nicht bloß die Prämien Frankreichs und Oesterreichs erschweren der deutschen Zucker⸗ industrie den Export, sondern es kommt dabei auch der Rohrzucker als Konkurrent mehr in Betracht als früher. Die Prämien helfen nicht; das haben auch die Interessenten selbst theilweise anerkannt; es hilft allein eine Steigerung des Konsums durch Verbilligung der Zuckerpreise. 507 Millionen Mark sind an Prämien in die Taschen der Zuckerinteressenten geflossen, und wie schlecht haben die Unternehmer für ihre Arbeiter gesorgt.
Abg. Graf von Limburg-Stirum (dkons.): Im Gegensatz zu dem Vorredner behaupte ich, daß gerade die Zuckerindustrie für die arbeitende Bevölkerung in den Gegenden, wo sie betrieben wird, großen Segen bringt. Auch ich beklage, daß wir kein Schutzmittel gegen den amerikanischen Werthzoll haben; es ist traurig, daß wir nach Bindung unserer Zölle nicht in der Lage sind, uns mit gleichen Maßregeln zu revanchieren. Wenn die Zeit gekommen sein wird, werden wir daher zu Autonomie Tarifen zurückkehren müssen. Amerika hat mit seinen Zollmaßregeln den Verträgen direkt wider⸗ sprochen; zu Zeiten des Fürsten Bismarck hätte so etwas nicht passieren können. Die Worte des Präsidenten der nordamerikanischen Union allein haben für uns keinen Werth, auch ist es nicht wahrscheinlich, daß . Senat Anklang finden werden. Ob es aber der Würde des ? eichs entspricht, sich einen offenen Vertragsbruch gefallen zu lassen, ist eine andere Frage. Ich zweifle nicht daran, daß Amerika für die Aufhebung des Zuschlagzolls wieder Konzessionen unsererseits berlangen wird. Von der Gewährung solcher Konzessionen aber wird doch im Crnst keine Rede fein können. Das letzte Zuckersteuergefetz weist denselben Fehler auf, welcher bei den jüngsten Handelsverträgen . worden ist. Man setzt bei den Gegnern und Konkurrenten
ohalität voraus, findet sie aber nicht. Bei der Abfassung des Ge— setzes erwartete man, 5 die Konkurrenzländer gleichzeitig mit uns mit der Ermäßigung der Ausfuhrprämien vorgehen würden. Das ist nicht geschehen und darum ist die . der deutschen Zuckerindustrie auf dem Weltmarkt durch das Ge etz von 1891 erheblich verschlechtert worden. Für unsere n, ,,. kann nur der Gedanke der Rontingentierung Hilfe bringen unter e, w, Bemühungen, ein interngtionale Regelung der Prämienfrage anzubahnen.
Die Interpellation ist damit erledigt.
Es folgt der mündliche Bericht der Geschäftsordnungs—⸗ lommission Über das Schreiben des Reichskanzlers wegen ber strafrechtlichen. Verfolgung des Abg. Liebknecht
Soz.) wegen Majestätsbeleidigung. Die Kommission beantragt:
; Die vom Staatsanwalt am Königlichen Landgericht 1 Berlin
beim Reichstage nachgefuchte Genehmigung zur Einleitung des Strafverfahrens gegen den Reichstags ⸗Abgeord⸗ neten Liebknecht wegen Majestätsbeleidigung während der auer der gegenwärtigen Sptzunqsperiode nicht . ert heilen. ö ge ngegangen ist folgende Resolution der Abgg. M Adt (nl.) en. ] ᷣ
Berlin, Montag, den 17. Dezember
Die Kommission für die Geschäftsordnung aufzufordern, unter Vorsitz des Präsidenten des Reichstags alsbald den Entwurf einer Abänderung und Vervollständigung der. Geschäfts⸗
ordnung guszuarbeiten und dem Reichstage zut Beschlußfgssung
vorzulegen, durch welchen die Disziplinargewalt des Reichstags und des Präsidenten gegen die Reichstagsmitglieder während der Ausübung ihres Beruf in angemessener Weise verstärkt wird.
Referent Abg. Pr. Pies el,. (nl): Die Geschäftsordnungs⸗ kommission hat den Antrag des Reichskanzlers, betreffend Ertheilung der Genehmigung des Reichstags zur strafrechtlichen Verfolgung des 3. Liebknecht, berathen. Nach zwei Richtungen wurde eine Ueber⸗ einstimmung der Kommission erzielt, mit Ausnahme des Abg. Singer: enstens, daß in dem Vorfall vom 6. Dezember eine a, der Gefühle des Hauses und ein Verstoß gegen die Würde des Hauses zu sehen ist (Beifall). Alle waren außerdem einig darin, daß die Mitglieder der sozialdemokratischen Fraktion nicht gezwungen werden könnten, an einer ihnen nicht genehmen Ovation theilzunehmen. Was nun die Sache selbhst ang gn, so herrschte zunächst darüber Ueber⸗ einstimm ung, daß Abg. Liebknecht durch gerichtliches Verfahren der Theilnahme an den Sitzungen des Hauses nicht entzogen werden dürfe. Die Debatte drehte sich darum, ob in Art. 36 der Ver⸗ fassung nach seiner Entstehung und feinem Sinne unter Aeu— herungen nur ausgesprochene Meinungen verstanden werden müßten. Die große Mehrjahl der Kommissionsmitglieder war der Ansicht, daß unter ‚Aeußerungen konkludente Hand lungen, also auch konkludente Unterlassung zu verstehen seien. Das entspricht der Praxis der Gerichte und der Auffassung der bedeutendsten Staatzrechtslehrer. Dann gingen die Meinungen auß einander über die Frage, oh die . Aeußerung“ in Ausübung des Berufes erfolgt sei Die Mehrheit der Kommission bejahte diese Frage. Von einer Seite wurde betont; daß in diesem Falle mit ganz besonderer Energie dem Antrage des Staatsanwalts entgegengetreten werden müsse, da es sich hier zum ersten Male um einen rr, einer Einmischung in innere Angelegenheiten des Reichstages handle und auch Art. 27 der, Verfassung in Frage komme. Von einem Mitgliede aus der Minderheit der Kommission wurde die Ansicht gusgesprochen, daß die Immunität nur gelte für Aeußerungen, die in Ausübung des Berufes als solchen gefallen seien, und nur für die berechtigten. Aeußerungen Geltung haben könne. Von anderer Seite wurde betont, daß es sich hier um ein politisches Vergehen handele, das von deim ,, sartikel nicht gemeint sei. Die Ablehnung des. Antrags des Reichskanzlers erfolgte mit 9 gegen 4 Stimmen. Mir ist außerdem noch der ausdrückliche Auf⸗ trag geworden, dem Hause mitzutheilen, daß die Ablehnung erfolgt sei nicht nur auf Grund des Art. 0, sondern auch des Art. 27. Es wurde sodann aus der Mitte der Kommission eine Resolution bean- tragt, daß die Geschäftsordnungskommission über eine Verstärkung der Dis ziplinargewalt des, Reichstags ⸗Präsidenten als nothwendiges Korrelat der Immunität der Abgeordneten Beschluß fasse. Nachdem die Mehrheit der Redner in der Kommission sich dagegen erklärte, wurde diese Resolution zurückgezogen.
Abg. Roeren Gentr.): Das ganze Haus hat den Vorgang, um den es sich handelt, mißbilligt; bezüglich meiner Partei kann ich nur auf unsere langjährige politische Haltung hinweisen; wir haben als Bürger eines monarchischen Stagts immer die schuldige Ehrfurcht vor dem Monarchen bewiesen. Wir können uns aber nicht zu Be— schlüssen verleiten lassen, welche für die Entwickelung unferer Ver⸗ fassung von den bedenklichsten Folgen wären. Denn bei Annahme des Antrags des Staatsanwalts würde die Immunität der Abgeord— neten beseitigt; der Reichstag würde sich selbst für unfähig erklären, die Disziplin aufrecht zu erhalten. Ich habe die erste Nachricht für das Werk eines findigen Zeitungsreporters gehalten. Als sich der Ernst der Nachricht herausgestellt, hat die öffentliche Meinung so einmũthig dagegen Widerspruch erhoben, daß man die Zurückziehung des An— trags hätte erwarten sollen. Man hätte dem Antrag eine Bedeutung nicht weiter beigemessen, wenn man hätte annehmen können, daß der . der Initiative des Ersten Staatsanwalts in Berlin entsprungen sei. Allein die hierarchischen Verhältnisse der Staatsanwaltschast ließen nicht annehmen, daß der Antrag ohne Anregung oder wenigstens ohne Genehmigung des Chefs der K entstanden sei. Der neu ernannte Chef der Verwaltung hat dadurch zum ersten Male propria manu in die Privilegien dieses Hauses eingegriffen. Deshalb müssen wir uns prinzipiell mit der Sache beschäftigen. Der Antrag geht davon aus, daß der Vorfall eine Majestäts— beleidigung involviert und daß Art. 30 auf diesen Fall nicht anwendbar sei. Wir halten den Artikel für anwendbar, des⸗ halb brauchen wir uns mit der ersten Frage nicht zu befassen. Die Entscheidungen des Reichsgerichts sind oft so seltsam ausgefallen. Das dreifache Hoch auf Seine Majestäͤt den Kaiser ist ein Akt der Hul— digung, der dadurch nicht seines Werthes beraubt werden sollte, daß das Einstimmen in das Hoch nicht mehr ein freiwilliges ist. Ob eine Beleidigung vorliegt oder nicht, ist gleichgültig; der Art. 30 ent— scheidet. Die Deduktion eines der Regierung nahestehenden Blattes, daß der Abgeordnete aufhört, in der Ausübung seines Berufs zu han— deln, wenn er eine strasbare Handlung begeht, kann ich nicht als richti anerkennen. Auch die Deduktion des Staatsanwalts, daß es 1 nicht um eine Aeußerung, sondern um eine Handlung handelt, ist juristisch nicht haltbar; wenn Handlungen strafbar fein sollen, aber Worte nicht, so würde derjenige, der eine wörtliche Majestätsbeleidigung begeht, straffrei bleiben; derjenige, welcher sie durch die That begeht — wobei noch fraglich ist, ob fie überhaupt strafbar ist — würde zu bestrafen sein. Der Art. 30 ist doch nur bestimmt dazu, den Abgeordneten völlige Unabhängigkeit und Freiheit der Bewegung zu schaffen, nicht aber ein Feld für die jursstischen Interpretationskünste der Staatsanwaltschaft herzustellen. Um die Streitfrage, ob unter dem Ausdruck der preußischen Verfassung: „Meinungen! — auch Handlungen“ zu verstehen sind, zu beseitigen, hat man in der Reichsverfassung den Ausdruck »Aeußerungen“ angewendet. Deshalb ist der Antrag zu verwerfen, weil sonst der Reichstag das Recht der Selbstdisziplin aus der Hand eben würde. Die Frage der Verstärkung der Bisziplinargewalt ist rüher schon mehrfach verhandelt worden. Bei der letzten Gelegen⸗ heit sprachen sich der Abg. von Helldorff und der Fürst Hohenlohe, der, jetzige Statthalter von Elsaß⸗Lothringen, dahin aus, daß der Reichstag mit , , sein Hausrecht wahren müsse. Wird doch in, das Hausrecht des Reichstags eingegriffen, so müssen wir den Eingriff zurückweisen, und zwar so, daß er nicht wieder versucht wird. Es entspricht nicht der Würde des Reichstags, daß seine Ver⸗ handlungen von einem Polizeibeamten durchgesehen werden, um zu sehen, ob der Reichstag in angemessener y. seine Berufsthätigkeit erledigt hat. Meine Freunde haben nichts dagegen, daß eine Ver⸗ schärfung der Geschäftsordnung herbeigeführt wird. Man kann sich darüber verständigen; aber im Anschluß an diesen Fall können wir die Resolution nicht annehmen, weil wir damit eingestehen würden, daß wir durch die Staatsanwaltschaft dazu 6 sind. Wenn die Resolution doch angenommen werden sollte, so geschleht das unferer⸗ seits nicht, weil der Staatsanwalt dazu angeregt hat.
Reichskanzler Fürst zu Hohenlohe:
Der Herr Vorredner hat mit Beredsamkeit das Recht der Im⸗ munität des Reichstags vertheidigt; er hat Besorgnisse aus dem Antrag abgeleitet, denen ich entgegentreten muß.
Wenn er z. B. gesagt hat, daß künftig nach einer Sitzung der
1894.
Staatz anwalt aus den Aeußerungen, die hier in der Sitzung gefallen sind, einen Grund zur Anklage entnehmen könne, so möchte ich nur darauf hinweisen, daß es sich da eben um Aeußerungen, die gefallen sind, um Worte, daß es sich aber im vorliegenden Falle nicht um Aeußerungen, sondern um Thatsachen handelt. Ich möchte zunãchst einmal die Thatsachen feststellen, wie sie gekommen sind.
In der Sitzung vom 6. d. M. hat ein Theil der sozialdemokra⸗ tischen Partei sich geweigert, aufzustehen bei dem Hoch, das auf Seine Majestãt den Kaiser ausgebracht wurde. Diese Demonstration hat das monarchische Gefühl der Mehrheit des Reichstags, wie wohl nicht be⸗ stritten werden kann, verletzt. Gegenüber der allgemein sich geltend machenden Entrüstung der Mehrheit des Reichstags war der Herr Präsident, wie er selbst erklärte, nicht in der Lage, Abhilfe zu schaffen und eine Sühne eintreten zu lassen. Unter diesen Umständen blieb zur Herbeiführung dieser Sühne nichts Anderes übrig, als die Hilfe der Gerichte in Anspruch zu nehmen. (Heiterkeit bei den Soialdemo⸗ kraten. Der Reichstag sollte durch den Antrag des Staatsanwalts, den ich dem Reichstag übergeben habe, in die Lage versetzt werden, zu entscheiden, ob er die Verletzung seiner monarchischen Gefühle ahnden wolle oder nicht. (Sehr gut! rechts.)
Daß eine solche Verletzung der monarchischen Gefühle der Majorität des Reichstags stattgefunden hat, geht auch aus dem Um- stande hervor, daß, wie man mir gesagt hat, und was ich nicht zu bezweifeln habe, den sozialdemokratischen Abgeordneten mitgetheilt worden ist, es werde ein Hoch auf Seine Majestät den Kaiser aus. gebracht werden. Trotzdem blieb — ein Theil der Herren ging hinaus — Herr Liebknecht sitzen. Darin mußte der Reichstag, wie er es auch durch laute Kundgebungen bethätigt hat, eine Verletzung seiner Würde und seiner monarchischen Gefühle erblicken.
Nun hat allerdings der Herr Abg. Liebknecht in einer späteren Sitzung gesagt, er sei nur aus Zufall sitzen geblieben und eine absicht⸗ liche Demonstration habe nicht stattgefunden. Ich will die Wahr⸗ heit seiner Erklärung in keiner Weise in Zweifel ziehen; indessen möchte ich doch fragen: warum hat denn der Herr Abg. Liebknecht geschwiegen, als dann der Herr Abg. Singer in einer sehr ge⸗ hässigen Weise die Thatsache des Sitzenbleibens kommentiert und interpretiert hat? (Sehr richtig! rechts) Das sind die Thatsachen, die mich dazu geführt haben, den Antrag des Staatsanwalts Ihnen zu überweisen. Sie haben, meine Herren, das Recht, darüber zu urtheilen und zu entscheiden, wie es Ihnen beliebt. (Bravo! rechts, Zuruf links.)
Abg. Graf Mirbach (dkons): Der Abg. von Helldorff ist für uns keine Autorität; wenn er aber noch hier in unserer Mitte säße, würde er wohl unserer Meinung sein. Der Abg. von Helldorff hat auch bei seinen Worten solche Vorkommnisse nicht im Auge gehabt. Der Reichstag hat nicht zu prüfen, ob der vorliegende Thatbestand zu einer Verurtheilung führen muß oder nicht, das sind nur theoretische Erörterungen. Bei schweren strafbaren Handlungen, und wo der Thatbestand durch die Dauer der Session einer Verdunkelung unter⸗ liegen könnte, müssen wir dem Strafantrag Folge geben; aber meine Freunde vertreten auch seit einer Reihe von . die Anficht, daß bei Majestätsbeleidigungen das Strafverfahren nicht aufgehalten werden soll. Unser neulicher Antrag auf Ueberweisung an die Kommission war lediglich in diesem Sinne gestellt. Wir halten einfach an der Konfequenz unserer früheren Stellungnahme fest, wenn wir das Haus 6 bitten, die Strafverfolgung zuzulassen. Nach den eigenen Erklärungen des Abg. Bebel über seine Stellung zur Krone treten die Sozial« demokraten aus dem Rahmen der bestehenden Staatsordnung voll⸗= kommen heraus, und welche Konsequenzen man daraus ziehen kann, ist ziemlich einfach. Der Resolution können wir unsere Zustimmung nicht versagen. Der Präsident und namhafte Mitglieder des Haufes sind ja in Verbindung getreten, um eine Aenderung der Geschäfts⸗ ordnung herbeizuführen, die ein größeres Strafmaß giebt, und wir sehen diese Nothwendigkeit ein. Man wird mir nicht vorwerfen, daß ich jemals die Stellung, welche mir die preußische Verfassung im Herrenbause und die Reichsverfafsung hier anweist, irgend⸗ wie verdunkelt oder verschoben hätte. Ich stehe mit allen meinen Freunden auf dem Standpunkt, daß wir für uns die völlige nabhane keit de lege ferenda in Anspruch nehmen und ebenso den Schutz, den uns Art. 30 nach dieser Richtung gewährt. Ich habe mich stets bemüht, diese fe enn zu be⸗ thätigen und in die Praxis zu übertragen. Aber auf welchem Stand- Punkt man sonst auch steht, so muß man doch zugeben, daß in diesem Privilegium und der unbeschränkten Redefreiheit für uns ein Kompelle und ein nobile officium dem Bundesrath gegenüber und nicht an letzter Stelle den verbündeten deutschen Fürsten gegenüber liegt; ein nabile officium, ihnen die Ehrfurcht zu geben, die wir ihnen allezeit geschuldet haben. Und von diesem Standpunkt aus werden meine Freunde in allen Fällen, wo es sich um die Verletzung eines Souperäns handelt, die Strafverfolgung eintreten lassen.
Abg. Sin ger (Soz.): Der Vorredner hat also einfach die Billi- gung für einen Verfassungsbruch ausgesprochen, denn es handelt sich nicht bloß um die Immunität des einzelnen Abgeordneten, sondern vor allen Dingen um die Aufrechterhaltung und Ausführung der Ver⸗ fassung. Allerdings beruht unsere Haltung auf der Konsequenz unserer Anschauungen; aber wir fallen dadurch nicht aus dem Rahmen der jetzigen Staatsordnung heraus, denn auf dieser (der n . Seite des Bundesraths en Männer, welche Vertreter von Republiken sind und mit dem Abg. Grafen Mirbach wohl nicht einverstanden sind. Der Reichskanzler meinte, es sei nichts Anderes übrig geblieben, als die Hilfe der Gerichte anzurufen. Das kommt schließlich darauf hinaus, daß ein Gendarm hier stationiert wird, der bei jeder Ungehörigkeit, gegen die der Präsident nicht einschreiten kann, den Uebelthäter zum Hause hinausbefördert. Dem Zentrum dürfte es nicht unbekannt sein, daß ein ihm nahe stehender Landes⸗ vertreter, Herr Ruhland, beim Hoch auf den Monarchen si 5 blieben ist. Ueber den Artikel der Norddeutschen Allg. 3. ch nicht reden; es ist ihr eine grobe Faͤlschung nachgewiesen, sie hat die selbe noch nicht widerrufen. Ob die Regierung sich dieses Blattes bedient, ist ihre Sache. Aber wichtiger ist die offtziöse Presse des Ministers des Innern von Preußen, die „Berliner KorrespondenzY. Sie spricht auch von dem Sturm , . Entrüstung sogar im Volke. Mir ist davon nichts bekannt geworden. Eg sind freilich schon andere Entrüstungsstürme hervorgerufen worden; warum nicht auch diesmal? Wenn der . des Innern Ent⸗ rüstungspbersammlungen inseenieren will — ich w 1 einzelne zehn entgegensetzen, die das Gegentheil thun werden. enn die Be . Korrespondenz“ bei Ablehnung des Antrags mit anderen geseßzl Bestimmungen droht, so ul en wir doch 2. die früheren Vorgänge zurücklommen. Beim sogenannten Maulkor gin hat 5 gezeigt, daß mit Ausnahme der Rechten niemand gewillt war, die ö disziplin des Reichstags zu beschränken. Der national Iiber Prã ⸗· sident von Simson hat sih damals entschieden gegen Jede Beschtan