1894 / 297 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 18 Dec 1894 18:00:01 GMT) scan diff

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Verkehrs⸗NAustalten.

Wegen des Weihnachtsverkehrs werden am Sonntag, den 2B. Dezember, bei allen Postanstalten im Bezirk der Kaiferlichen Ober Poftdirektion Berlin die Packet Annahme. und die Packet⸗ Ausgabestellen, sowie an den beiden Weihnachtsfeiertagen sãmmt⸗ liche Packet Aug ga be stellen zu denfelben Zeiten, wie an den Wochen⸗ agen, für den Verkehr mit dem Publikum geöffnet sein.

Es kommt sehr häufig vor, daß gewöhnliche Brie fe und Post⸗ karten, welche bei den hiesigen Postanstalten aufgeliefert werden und an Bewohner im Nordbejirk Berlins gerichtet sind, infolge un⸗ zweckmäßiger Aufschrift seitens der Absender nach der Stadt Norden gelangen und dadurch entweder ihren Zweck verfehlen, ober doch fehr

verspaͤtet in die Hände der Empfänger kommen. Die Aufschrifk der—

artiger Sendungen lautet beispielsweife: An Frau . Norden, Auguststr. I‘, während es Berlin N., Auguftstr. SI = heißen müßte. . wird im eigenen Interesse empfohlen, hierauf zu achten.

Danzig. 17. Dejember. (W. T. B.) Der für den Nord deutschen Lloyd in Bremen auf der Werft von 7 Sch ich au (Danzig) neu erbaute, für die Reichspostkinie nach Sstafien bestimmte Doppel Schraubendampfer Prinz Heinrich“ vollendete 66 seine Probefahrt. Die erreichte Durchschnittsgeschwindigkeit etrug 17,6 Meilen. Schiff und Maschine n w. in allen Stücken. Der 65090 t große Dampfer ist gestern von Reufahrwasser nach Bremerhaven abgegangen. Der Dampfer „Prinz Heinrich“, der am Freitag von Seiner Königlichen Hoheit dem Prinzen Heinrich von Preußen in allen seinen Theilen besichtigt wurde, wird am 2. Januar seine erste Fahrt nach Ostasien antreten.

Bre men, 18. Dezember. (W. T. B. Norddeu tscher Lloyd. Der Postdampfer. Braunschweig“ ist am 15. Dezember Nach, mittags von Baltimore nach der Weser abgegangen. Der Poft⸗ dampfer Stuttgart' hat am 16. Dezember Nachmittags Gast⸗ bourne passiert. Der Postdampfer Graf Bismarck“ hat am 16. Dezember Nachmittags Santa Cruz passiert. Der Postdampfer Mark ist am 17. Dezember Morgens in Antwerpen ange— kommen. Der Postdampfer Straßburg“ hat am 16. Dezember Nachmittags Santa Eruz passiert. Der Reichs⸗Postdampfer Bayern? hat am 168. Dezember Morgens Gibraltar paffiert. am . I7. Dezember. (W. T. B.) Hamburg- Ameri⸗ kanische Packetfahrt-Aktiengefellschaft. Der Postdampfer Patria“ ist gestern Abend in New-JPork eingetroffen. Der Postdampfer „Hun ggria; ist gestern in St. Thomas eingetroffen. London, 1. Dezember. (W. T. B.) Der Union Dampfer

Greek! ist am Sonnabend auf der Ausreise von Southampton

abgegangen. Der Castle⸗Dampfer Harlech Castle“ ist heute auf der Ausreise in Kapstgdt eingetroffen. Der Castle⸗Dampfer ‚Ha— warden Gastle' hat Sonntag auf der Heimreise Paeymouth passiert. Der Castle⸗Dampfer Grantuliy Castle“ ist Sonnabend auf der Ausreise von Sou tham pton abgegangen.

Theater und Musik.

Konzerte.

Die Klapiervirtuosin Fanny Davies aus London, die durch ihre fünstlerischen Leistungen bereits vortheilhaft bekannt ist, gab gestern im Saal der Sing⸗Akadem ie ein Konzert unter Mit wirkung der Herren Professoren Joachim, Wirth und Haus— mann. Mendelssohn's Fuge in F-moll und Beethoven's As-dur- Sonate op. 119 eröffneten die Klaviervorträge, denen noch drei Sätze aus den „Studien für Pedalflügel von Schumann, Waldesrauschen von Lisjt und Chopin's Cis-moll-Scherzo folgten. In allen Klavier⸗ vorträgen ließ die Künstlerin die stets an ihr gerühmte Tiefe des Ver— ständnisses und Grazie des Vortrags erkennen. Rach wiederholtem e, fügte sie noch das Capriccio von Brahms in H-moll

inzu. Den . . des Abends machte das Quartett für Klavier, Violine, Viola und Cello von Brahms (0p. 25), eines der bedeutendsten Werke dieser Stilgattung. Die Ausführung, an welcher * die oben genannten Künstler betheiligten, war eine in

Zuhörer machte, nach den enthusiastischen Beifallsbezeuguugen zu schließen, ein sehr tiefgehender.

Im Königlichen Opernhause gelangt morgen Gounod s e,, , , unter Kapellmeister Sucher's Leitung zur Aufführun ö Die Königliche Kammersängerin Frau Emmg Albani setzt

Gastspiel als Margarethe fort. Die übrigen Rollen sind wie folgt besetzt: Fauft: ö. Philivp, Mephistopheles: Herr Mödlinger, Valentin: ulß, Siebel: Fräulein Rothauser, Martha: Frau Lammert, Brander: Herr Krasa. Frau Albani wird im Januar noch an zwei Abenden auftreten, und zwar einmal als Elsa.

Im Königlichen Schau spielhaufe wird morgen Adolf Wilbrandt's Schauspiel „Der Königsboteꝛ wiederholt. Hierauf folgt das Lustspiel Die Philosophin mit den Damen Lindner, Poppe, Schramm, den Herren Matkowsky, Vollmer, Purschian, Oberländer.

Im Berliner-Thegter ist für die Feiertags Vorstellungen schon jetzt der Billetverkauf eröffnet. Der Spielplan für die Weihnachtstage ist folgendermaßen festgesetzt worden: Am Dien tag, 253, d. M:, gelangt Nachmittags Heinrich Laube's Schauspiei Die Tarlsschüler“ mit Nuscha Butze, Teresina Geßner, Otto Sommerstorff und am Abend Madame Sans Göne! mit. Jenn Groß in der Titelrolle zur Aufführung. Am zweiten Weihnachts ⸗Feiertage wird Nachmittags Hermann Sudermann's Schauspiel Heimath“ mit Nuscha Butze als Magda und am Abend Adolf L'Arronge's Lustspiel Der Kompagnon“ mit Jenny Groß und Rosa Retty, Franz Guthery und Franz Schön⸗ feld in den Hauptrollen gegeben, während am , MN. d. M., Ludwig Anzengruber's Pfarrer von Kirchfeld“ mit Otto Sommerstorff, Teresing Geßner und Ferdinand Suske als Nachmittags vorstellung und „Madame Sans⸗Gönen mit Jenny Groß in der Titelrolle als Abendvorstellung wiederholt wird. ; .

Im Lessing⸗Theater sind unter persönlicher Leitung des Direktors Dr. Oscar Blumenthal die Proben zu Victorien Sardou's Schauspiel ‚Gismonda“ soweit gediehen, daß die erste Aufführung am Sonnabend stattfinden kann. Die Titelrolle wird von Marie Reisen⸗ hofer, die Rolle des Marcello Almerio von Otto Sommerstorff ge⸗ vielt. Für die ersten fünf Vorstellungen des Werks, das auch den Spielplan der Feiertage beherrschen wird, beginnt der Vorverkauf schon an der morgigen Vormittagskasse. .

Für den II. Cyelus der Foachim⸗Quartett⸗Soirsen lerster Abend: Freitag, den 28. Dezember) können neue Abonnements schon jetzt bei Bote u. Bock vorgemerkt werden. Die Abonnenten des L. Cyclus können ihre Karten gegen diejenigen des JI. Cyclus an der— e. aer. bis einschließlich nächsten Sonnabend, Abends 6 Uhr, umtauschen.

Im Konzerthause veranstaltet Kapellmeister Meyder morgen unter Mitwirkung von Fräulein Arndt, Herrn Wollrad und des Konzerthaus⸗Chors einen, Weber⸗Abend“. . dem Programm stehen; MPreriosa? mit verbindendem Text von Sternau, gesprochen von Fräulein Arndt und Herrn Wollrad, das Adagio aus der 2. Symphonie, ein Konzertino für Klarinette (Herr Schwarz) und der a cappella-Chor „Heilige Nacht auf Engelsschwingen‘, gesungen vom Konzerthaus⸗Chor.

Mannigfaltiges.

Die unter Leitung des Stadtraths Hübner stehenden Vereine der Viktoria⸗National-Invaliden⸗ tiftung und der Kaiser Wilhelms⸗Stiftung für deutsche Invaliden hielten heute Mittag im Rathhaus ihre Jahresverfammsungen ab. Die Viktoria National⸗Invaliden⸗Stiftung, welche sich der Invaliden der Kriege bis 1866 annimmt, gewährte im letzten Jahr einmalige Unterstützungen an 30 Invaliden und 24 Wittwen in Höhe von 592 M, laufende Unterstützungen an 25 Invaliden, 51 Wittwen und 3 Angehörige in Höhe von 11 601 Æ Mit den Geschäftsunkosten betrug die Summe der Ausgaben 18 319,24 46. Vereinnahmt wurden im Jahre 13 603,24 M, darunter von der Stadtgemeinde 6000 S6. Der Ver⸗ mögensbestand erhöhte sich von 12 618.51 S auf 13 100,51 (. Die Zahl der unterstützten Personen hat sich gegen das Vorjahr um 16 verringert. Die Kaiser Wilhelms ⸗Stiftung für deutsche Invaliden, welche die Invaliden von 1870771 unter— stützt, verausgabte an einmaligen Unterstützungen an 196 In—

5 Angehörige 5h90, 50 S, und an

laufenden Unterstũtzungen an 94 In validen 119 Wittwen und 40 An.

gehörige 24 264 41S, also berhaupt 29 S5, 50 S Die Gesamnt.⸗

ausgaben betrugen 53 480, 87 19 Dagegen wurden ber einnahmt 31 4.32 , darunter von der Stadtgemeinde 12 000 6 Der

mögensbestand der Stiftung ist von 40 326,13 * auf 3 fi .

herabgegangen.

Der Polizei ⸗Präsident hat unter dem 14 d. M. folgende Bekanntmachung erlassen: Mit Bezug auf die Holizeiwerordnun vom 26. März 1870, betreffend die Umzugstermine bei Woh. nungsmöiethgen (DIntelligenzblatt? Nr; 74 vom Jahre 18705, wön für den bevorstehenden Wohnungswechsel zur öffentlichen Fenntuij gebracht, daß der nach 5 3 des Gesetzes vom 30. Juni 1834 (G. S. 92) am 2. Januar k. J. beginnende Umzug bei kleinen, anz höchstens zwei Zimmern mit Zubehör bestehenden Wohnungen an demselben Tage, bei mittleren, aus drei oder vier Zimmern nebst Zubehör bestehenden Wohnungen am 3. Januar, Mittag 12 Uhr, bei großen, mehr alg vier Wohnzimmer um fassenden Wohnungen aber am 4. Januar, Mittags 12 Uhr, beendet sein muß. Die . der genannten Polszeny gerd n ng beziehen sich nur auf Wohnungen und Zubehör, d. i. nach 83 daselbst Alkoven, Ruͤchen, Kammern, Vodenräume,. Verschläge und Vorrathskammern, nicht abe auf Läden, Verkaufs, Geschäfts⸗ und Arbeitsräume. Die Anwend, barkeit der Polizeiverordnung ist also lediglich auf, Wohnungen he, schränkt, und zwar gleichviel, ob dieselben mit Ladenräumen verbunden sind oder nicht.

Königzberg i, Pr, 18. Dezember. Seine Königliche Hoheit der Prinz Heinrich hat, wie . W. T. B.“ erfährt, das Protektorat über die im nächsten Jahre stattfindende Nord-Ostdeuische Ge, werbe ⸗Ausstel lung übernommen.

Breslgu. Der Schlesische Bädertag, dem die Kurorf Altheide, Charlottenbrunn, Cudowa, Flinsberg, Goezglkont, Görbersdorf, Königsdorff⸗Jastrzemb, Landeck, Langenau, Muskan, Reinerz, Salzbrunn, Trebnitz und Warmbrunn angehören, hielt am 3. und 14. Dezember hier die Sitzungen seiner 23. Tagung ah. Vertreter der schlesischen Kurorte und von den Badeärzten waren zahlreich dazu erschienen. Die 20 Nummern umfassende Tagesordnung wies ein reiches Arbeitsfeld und interessante Vorträge auf Als besonders wichtig seien folgende Nummern hervorge— hoben: 1) Feststellung der Grundwasserverhältnisse eines Ortez (Wasserstände im Verhältniß zu den Bach⸗ und Flußverhäͤltnissen; 2) Behandlung der Mineralquellen; 3) Schlesiens Bäder, von klimatotherapeutischen Standpunkt aus beleuchtet; ) die Haftpflicht versicherung der Bäder; 5) Mängel der Transportmittel, welche dem Sommer⸗Fremden Verkehr dienen; 6) die Blutzirkulation als Grund— lage jeglicher balneologischen Behandlung; 7) die Balneomethodik der Gegenwart; 8) über heiße Bäder; 9) Fortschaffung des Kehrichts, Küchenmülls und sonstiger. Wirthschafté Abfälle in den schlesischen Bädern; 160) die Unzuverlässigkeit amtlicher Atteste bei Freikuren z. LI) über die in den Kurorten dem Publikum gebotenen Vergnügungen. 3 Verhandlungen werden im künftigen Frühjahr wieder im Druck erscheinen. ;

Brindisi, 17. Dejember. Das italienische To rpe doschiff Nr. 117 ist, dem W. T. B.“ zufolge, auf der Fahrt nach Ancona 5 km von Brindisi gestrandet. Die Mannschaft ist gerettet. Daz Schiff wird als verloren angesehen.

Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depesch en.

Berlin, 18. Dezember. (W. T. B.) Seine Majestät der Kaiser von Rußland hat dem St. Petersburger Grenadier⸗ Regiment König Friedrich Wilhelm III., dessen Chef Seine Majestät der Deutsche Kaiser ist, die Privilegien der alten Garde verliehen und hiervon Seine Majestät telegraphisch in Kenniniß gesetzt.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)

jeder Beziehung vollendete und der Eindruck, den das Werk auf die validen, 145 Wittwen und r e e e . / ·ͤp 0 Qä¶— Konzerte.

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r Morgens.

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vom 18. Dezember, t. von Jules Barbier und Michel Carrs. ermäßigten Preisen: Demimonde. Schauspiel in allet von Emil Graeb. t

Ober⸗Regisseur. Tetzlaff. Dekorative Einrichtung vom Ober⸗Inspektor Brandt.

In Scene gesetzt vom 5 Akten von A. Dumas.

Dirigent: Kapell⸗

Schiffbauerdamm 4a. / 65.

Konzert Haus. Mittwoch: Karl Meyder— Konzert. Weber⸗Feier unt. freundl. Mitw. bon

Stationen. Wind. Wetter.

Temperatur in O Celsius 50 C. 40R.

Bar. auf 0O Gr.

u. d Meeres? red. in Milli

WSW Jswolkig Aberdeen. S 4 bedeckt Christiansund OSO 5Hpbedeckt Kopenhagen. SSW 3 Regen Stockholm. still wolkig

aranda. N 2 wolkenlos

t. Petersbg. 1 wolkenlos Moskau ... I bedeckt

, .

Belmullet

4 heiter b bedeckt 6 Nebel 2Nebel 3 bedeckt b bedeckt wolkig 1 Schnee 2 bedeckt 2Regen bedeckt still bedeckt 4 bedeckt 3 bedeckt bedeckt 2 bedeckt

Neufahrwasser . ö . ünfter. .. Karlsruhe.. Wiesbaden. i . . 5 emnitz .. Berlin . ö. SSO Breslan . S 37 ö SW 3 bedeck . Rd X halb bed.

Uebersicht der Witterung.

Das . ebiet, welches ii estern von Westfrankreich nach Skandingvien erstreckte, hat sich ostwärts über die deutschrussische Grenze hinaus fort⸗ gepflanzt, während bei den Hebriden eine tiefe De—⸗ pression erschienen ist, welche im. Nordseegebiete starke südliche und südwestliche Winde verursacht.

Nach vorübergehendem Aufklaren, welches sich oft⸗

warts über Deutschland fortpflanzte, ist das Wetter in Deutschland bei südlicher und südwestlicher Luft- strömund wieder trübe geworden, wobei die Tempe- ratur allenthalben ö. in den östlichen Gebiets⸗ theilen gestiegen ist; v elfach ist etwas Niederschlag e Westdeutschland ist frostfrei, dagegen herrscht m Osten noch leichter Frost. Deutsche Seewarte

Theater ⸗Anzeigen.

Königliche Schauspiele. Mittwoch: Opern⸗ haus. 270. Vorstellung. , , Oper in 5 Akten von Charles Gounod. Text nach Goethe's

meister Sucher. Anfang 74 Ubr.

Schauspielhaus. 283. Vorstellung. Der Köni 8⸗ bote. Schauspiel in 3 Aufzügen von Adolf Wil⸗ brandt. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Max Grube. Die Philofophin. Lustspiel in 1 Auf⸗ zug von Friedrich Roeber. In Scene gesetzt vom Ober ⸗Regisseur Max Grube. Anfang 79 Uhr.]

Donnerstag: Opernhaus. 271. Vorstellung. Ca- vallleria rusticann (Bauern⸗Ghre). Dper in 1 Aufzug von Pietro Mascagni. Text nach dem gleichnamigen Volksstück von G. Verga. Bajazzi. (PFaglineci.) Oper in? Akten und einem Prolog. Musik und Dichtung von R. Leoncavallo, deutsch von L. Hartmann. Anfang 75 Uhr.

Schauspielhaus. 254. Vorstellung. Wie die Alten sungen. Lustspiel in 4 Aufjügen von Karl Niemann. Anfang 73 Uhr.

Deutsches Theater. Mittwoch: Blau.

Cyyrienne. Anfang 7 Uhr. Donnerstag: Gespenster. Freitag (15. Abonnements⸗Vorstellung): Hamlet.

Berliner Theater. Mittwoch, 2 Uhr: Die Karlsschüler. (Ermäßigte Preise 795 Uhr: Madame Sans⸗Gẽöne.

Donnerstag: Madame Sans⸗Géöne.

Freitag (16. Abonnements Vorstellung): Der Pfarrer von Kirchfeld.

Cessing · Thealer. Mittwoch: Zwei Wappen. Anfang 75 Uhr.

Donnerstag: Zwei Wappen.

ö Zwei Wappen.

onnabend: Zum ersten Male: Ghismonda.

Sonntag: Ghismonda.

An allen Feiertagen: Ghismonda. (Vorverkauf von heute ab.)

Residenz Theater. Blumenstraße Nr. 9. Direktion: Sigmund Lautenburg. Mittwoch: Zum 45. Male: Der , ,,. Schwank in 3 Akten von Leon Gaudfllot. Deutsch von Max Schönau. Vorher: Villa Vielliebchen. Lust⸗ Hehn in 1 Akt von Benno Jacobson. Anfang

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Donnerstag und folgende Tage: Der Unterpräfekt. Villa Vielliebchen.

Voranzeige: Dienstag, den 2ꝑ5, und Mittwoch, den 26. Dezember, Nachmittags 3 Uhr, bei zur Hälfte

Nenes Theater.

Mittwoch: Andrea. Sittenbild in 5 Akten von Victorien Sardou. Anfang 75 Uhr.

Donnerstag: Andrea.

Freitag: Zum ersten Male: Der kleine Maun. Volksstück in 4 Akten von C. Karlweis.

Sonnabend und Sonntag: Der kleine Mann.

Sonntag Nachmittag: Zu halben Preisen: Figaro's Hochzeit.

Friedrich Milhelmstüdtisches Theater. Chausseestraße 25/26. . Mittwoch: Die Fledermaus. Operette in 3 Akten von Johann Strauß. Anfang 7 Uhr. Donnerstag: Die Fledermaus. ; Sonntag, den 23. Dezember: Mit vollständig neuer eie fat ken an Dekorationen, Kostümen und Requisiten: Orpheus in der Unterwelt. Große Ausstattungsoperette mit 4 großen Ballets in 12 Bildern.

Theater Unter den Linden. Behrenstr. 66 / vz. Direktion: Julius Fritzsche. Mittwoch: Der rig Krieg. Operette in 3 Akten von 6 Zell und Rich. Gene. Musik von Johann Strauß. Regie: Herr Unger. Dirigent: Herr Kapellmeister

edermann. Hierauf: Tanz⸗Divertissement.

rrangiert vom Balletmeister Herrn Louis Gundlach. Anfang 795 Uhr. ö

Donnerstag: Der lustige Krieg. Tanz— Divertissement.

Sonnabend, den 22. Dezember: Neu einstudiert: Boccaccio. Operette in 3 Akten Musik von Franz von Supps.

Bentral Theater. Alte Jakobstraße Nr. 30. Direktion: Richard irn g; Mittwoch: Emil Thomag a. G. Anna Bäckers. Josefine Dora.

um 111. Male: O, diese Berliner! Große

ofse mit Gesang und Tanz in 6 Bildern (nach ingrs's ‚Reise durch Berlin?) von Julius . Musik von Julius Ginödshofer. Anfang r. Donnerstag: O, diese Berliner!

Adolph Ernst Theater. Vom 17. bis inkl. 24. Dezember: Keine Vorstellung.

In Vorbereitung: Ein sideles Corps. Große Gesangsposse mit Tanz. Nach dem englischen „A Gaiety Girl“ von Jonas Sidney frei bearbeitet von Eduard Jacobson und Jean Kren.

Frl. Arndt, Herrn Wollrad u. des Konzerthauschorz. „Preciosa“.

BDirkus Renz (Karlstratz). Mittwoch: Grohe brillante Vorstellung. Tij0o— Mi Em. (Beim Jahreswechsel in Peking Neue Musikeinlagen. Poa ma, (gr. Ponyspringen). . Lara bische Vollblutschimmelhengste, vorgeführt von Herrn Rob. Renz. Das Schulpferd Beautiful, hierauf da irrländ. Vollblut⸗Springpferd Blitz, geritten von Frau Renz⸗Stark. Miß Agnes, J zu Pferde⸗ Mr. Clark, Jockey. Auftreten des unerreichb. Hand equilibristen Mr. Jules Keller Mr. Burk in seinen amerikan. Militär⸗Exerzitien. Auftreten des beliebten Clown und August Mr. Levater Lee. Anfang 79 Uhr.

Donnerstag u. folgende Tage TI Mi En.

Sonntag, den 23. Dezember: Eine Vorstellung Abends 75 Uhr: Tjo Wi En.

2 Familien⸗Nachrichten.

Verlobt: Gräfin Elisabeth Sievers mit Hrn. . braunschw. Hoffunker und Assessor Matthias rafen von der Schulenburg Nordsteimke (Dres, den Nordsteimke). Frl. Elfriede von Alten mit Hrn. Lieut. Lothar von Koenigsegg K Vereh el icht: Hr. Medizinal-⸗Rßath Dr. Bayer mit rl. Winsloe (Rheinweiler). Hr. Lieut. Ma riedrich von Schlechtendal mit Frl. Anneliese von Kalckreuth (Berlin). Hr. Superintenden Theodor Brandin mit Frl. Elisabeth Eichlet

Ein Sohn: Hrn. Intendantur . Rath Haldenwang (Stuttgart). Ginge, Tochter; Hrn. Regierungs⸗Rath Meyerhoff (Minden;

Gestorben: Verw. . Landrath Helene Therese Wiesand, geb. Clauß (Zwettsau). Hr. Gutb⸗ 6 Carl Wollank (Berlin). hi. Pfarrer Adolf Balcke (Berlin). Hr. Geh. Reg

nover). Fr. Reichtzanwalt Helene Treptin, geb. Wiarda (Leipzig). .

Verantwortlicher Redatteur: J. V.: Siemenroth in Berlin. Verlag der Expedition (Scholz) in Berlta.

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und. Verlagt⸗

Anstalt, Berlin s., Wilbelmftraße Nr. 32. Acht Beilagen leinschließlich Börsen · Beilage),

t⸗ owie die Inhaltsangabe zu Nr. 6 des öffen en. . (är manpitgeses cha ftt . Artien und Aktiengesellschaften) für die Wy vom 160. vis 165. Dezember 1894.

ierungẽ Rath a. D. Georg Karl Theodor Oldekoß, (Han

zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich

M 297.

Deutscher Reichstag.

Die von dem Staatssekretär des Reichs-Justizamts Nie⸗ berding in der gestrigen (6) Sitzung des Relchstags zur Einleitung der ersten Berathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend Aenderungen und Ergänzungen des Straf⸗ esetzbuchs, des Militärstrafgesetzbuchs und des esetzes über die Presse, gehaltene Rede hat folgenden Wortlaut:

Meine Herren! Die Vorlage, die uns heute beschäftigen soll, ist bereits während ihrer Fertigstellung wochenlang der Gegenstand so hochgespannter Diskussionen gewesen, und es haben sich an ihren Ursprung und an ihre Zwecke so weitgehende, ich möchte fast sagen, abenteuerliche Deutungen geknüpft, daß wir es nur mit Freude begrüßen konnten, als im Laufe der Generaldebatte über den Etat von verschiedenen Herren Rednern, ich glaube sagen zu können, von den Rednern fast aller Parteien, der Geneigtheit Ausdruck gegeben wurde, die einzelnen Bestimmungen der Vorlage leiden schaftslos, unbefangen und an der Hand der Thatsachen zu würdigen. Das ist, meine Herren, was die verbündeten Regierungen von Ihnen wünschen: eine Prüfung der Vorlage ohne Erregung, ohne Pathos, unter Würdigung der Wahrnehmungen, die die verbündeten Regie⸗ rungen in der Lage sind, Ihnen vorzulegen; unter Würdigung auch der Thatsachen, die im Laufe der Zeit Sie selbst Gelegenheit gehabt haben, auf dem hier in Frage stehenden Felde zu sammeln. Ich bin überzeugt, daß eine solche Prüfung rasch dazu beitragen wird, die Gespenster zu verscheuchen, die von einer einseitigen Presse während der letzten Wochen über diese Vorlage und ihre Wirkungen verbreitet worden sind, um von vornherein die öffentliche Meinung gegen ihren Inhalt gefangen zu nehmen.

Meine Herren, es ist wirklich eine Uebertreibung sondergleichen, wenn behauptet wird, daß diese Vorlage dazu bestimmt sei, die Presse zu knebeln (Heiterkeit), oder wenn der Ausspruch gethan wird, daß die Vorlage nur dazu da sei, dem freien Ausdruck der öffentlichen Meinung einen Maulkorb anzulegen. Was die Vorlage will, ist, der freien Meinungsäußerung ihren Raum zu lassen, aber verbrecherische Auswüchse abzuschneiden, die nicht dazu beitragen, das öffentliche Urtheil auf die rechten Wege zu führen. Es ist auch unrichtig, meine Herren, und ich möchte das gleich bei Beginn meiner Ausführungen vorausschicken als ob diese Vorlage nichts Anderes sei als ein verkapptes Sozialisten⸗ gesetz. Nein, meine Herren, die Vorlage richtet sich nicht gegen die Sozialdemokraten. (Heiterkeit links Die Vorlage ist der ehrliche Versuch, auf dem Wege des gemeinen Rechts verbrecherische Aus— schreitungen, von welcher Seite sie auch kommen mögen, Ausschrei⸗ tungen, die mit dem Staatswohl unverträglich sind, zu bekämpfen. So lange von seiten der sozialdemokratischen Partei nicht be⸗ hauptet werden kann, daß die Aufforderung zur Begehung von Ver— brechen, die Glorifizierung verbrecherischer Thaten, die Verführung der Soldaten, die Bedrohung der Bevölkerung mit Mord und Brandschriften, das Komplot zum Umsturz der Staatsordnung, die Schmähung der heiligsten Grundlagen unseres Staats- und Gesellschaftslebens (Heiterkeit links) allein und ausschließlich in dem Kreise der Partei draußen im Lande ihren Boden finden, so lange kann auch nicht behauptet werden, daß die Vorlage sich gegen die Partei richtet.

Meine Herren, der Herr Reichskanzler hat beim Beginn der Gtatsberathung bereits erklärt, daß die gegenwärtige Vorlage irgend welcher momentanen Irritation ihren Ursprung nicht verdanke. So ist es. Kein Attentat, kein sonstiges verbrecherisches Unternehmen, kein pöolitisches Ereigniß irgend welcher Art ist Veranlassung gewesen, an die Ausarbeitung der Vorlage zu gehen. Als wir die Aufstellung des Entwurfs in die Hand nahmen, haben wir uns des Programms erinnert, welches bereits im Jahre 1878 bei der Berathung des Sozialistengesetzes von seiten der Kommission des Reichstags und, wie ich glaube, unter der Zustimmung der großen Mehrheit des Reichs⸗ tages aufgestellt wurde, und welches dahin ging, daß den Aus— schreitungen auf dem hier in Frage stehenden Gebiete entgegengetreten werden könne und entgegengetreten werden müsse auf dem Boden des gemeinen Rechts. Dieses Programm, meine Herren, haben die verbündeten Regierungen im Laufe der Jahre nicht aus den Augen verloren, und als im Jahre 1890 hier zum letzten Male die Ausdehnung des Sozialistengesetzes jur Diskussion stand, wurde im Hinblick auf die Möglichkeit, daß es zu einer Verlängerung der Geltung dieses Gesetzes nicht kommen würde, im Namen der verbündeten Regierungen von dem damaligen Herrn preußischen Minister des Innern ausdrücklich der Vorbehalt gemacht, auf dem Wege des gemeinen Rechts zu versuchen, dasjenige zu be⸗ kämpfen, was auf dem Wege einer scharfen Ausnahmegesetzgebung zu bekämpfen, der Reichstag nicht mehr gewillt war.

Diesem Vorbehalt suchen die verbündeten Regierungen zu ent— sprechen, indem sie Ihnen die Vorlage machen. Indem der gegen— wärtige Herr Reichskanzler die Verantwortlichkeit für die Vorlage übernahm, hat er nichts Anderes gethan, als was der Herr Graf Caprivi bereit war, seinerseits auch zu thun, und er thut es, unter— stitzt und getragen von dem einmüthigen Votum aller verbündeten Regierungen, denen ihre Verantwortlichkeit nicht mehr gestattet, in dieser Sache noch länger mit Anträgen zurückzuhalten, und die diese Verantwortlichkeit nunmehr auf den Reichstag zu übertragen sich verpflichtet halten.

Die verbündeten Regierungen haben, indem sie dieser Auffassung Ausdruck geben, einen neuen Standpunkt nicht eingenommen. Was sie vertreten, ist Das, was sie vertreten haben, ich möchte sagen, seit der Gründung des Reichs: die feste UÜeberzeugung, daß Dasjenige, was unser Strafgesetzbuch an Schutzmitteln für Staat, Ordnung und Sitte bietet, gegenüber der Entwickelung der Dinge und den deidenschaften der Menge nicht mehr ausreiche, um diese Interessen genügend zu wahren. Sie haben im Jahre 1875 bereits den Verfuch gemacht, die Lücken, die nach ihrer Ansicht das Strafgesetzbuch zeigt, auszugleichen. Nun, dieser Verfuch ist damals im Reichstag unter

Erste Beilage

Berlin, Dienstag, den 18. Dezember

dem sehr starken Protest einer großen Mehrheit gescheitert. Aber ich glaube, die optimistische Auffassung, die damals noch leitend war für die Mehrheit des Hauses in Betreff der Gefahren, welche die auf⸗ kommenden sozialistischen Theorien und Agitationen für das Gemeinwohl bieten, und die Abneigung, der Staatsgewalt größere Vollmachten zu übertragen, sei es selbst in dem Falle, daß diese Vollmachten in die Hand unabhängiger Gerichte gelegt werden sollen —, diese Auffassungen und Gefühle haben seitdem hier im Hause und draußen im Lande einen wesentlichen Wandel erfahren. Es sind seitdem ungefähr 20 Jahre verflossen, wir haben manches in ihnen erlebt und erfahren. Der Reichstag und die verbündeten Re— gierungen haben es für nöthig gehalten, 12 Jahre hindurch die Bevölkerung unter ein Ausnahmegesetz zu stellen, weil es nicht möglich war, ein gemeines Recht zum Schutze gegen die Aus- schreitungen zu gewinnen. Dieses Ausnahmerecht ist ja nun seit vier Jahren beseitigt; aber wer von uns wollte be⸗ haupten, daß, nachdem seine Schranken gefallen sind, die Zustände nun einer Besserung entgegengegangen wären. Das ist zwar richtig: die Bombe und der Dolch haben noch nicht bei uns die traurige und verruchte Rolle gespielt, wie wir es in den letzten Jahren jenseit unserer Grenzen gesehen haben. Aber, meine Herren, wenn wir uns vergegenwärtigen, in welcher Weise die im Auslande verübten abscheulichen Thaten bei uns verwerthet worden sind, auf welchen gährenden Boden die bald offenen, bald versteckten An⸗ deutungen über das Berechtigte oder Entschuldbare jener Thaten ge⸗ fallen sind; wenn wir uns gegenwärtig halten, wie leicht auf diesem Boden unter der Anstachelung solcher Ausführungen auch hier im Lande verbrecherische Thaten erwachsen können dann wird die Frage wohl berechtigt sein, ob es nicht in der That an der Zeit ist, gegen derartige Dinge mit neuen gesetzlichen Mitteln vorzugehen. Das, meine Herren, ist keine Einbildung und keine Erfindung: weite Kreise unseres Landes stehen unter dem Eindruck einer provokatorischen Agitation, die kaum noch der Mühe es für werth hält, ihre letzten Ziele zu verbergen; und wenn in diesem hohen Hause vielleicht die Erbitterung über diese Agitation noch keine Gelegenheit gehabt hat, ihren Ausdruck zu finden, so ist es doch keinem Zweifel unterworfen, daß im Lande selbst diese Erbitterung einen hohen und bedenklichen Grad bereits angenommen hat. ;

Meine Herren, ich glaube nicht, daß man die Nothwendigkeit neuer gesetzlicher Mittel damit anzweifeln kann, wie es anscheinend in der Generaldebatte neulich versucht wurde, als einige Redner dieses Hauses auf die Statistik unseres Verbrecherthums eingegangen sind. Der Herr Abg. Rickert hat bei der Etatsberathung Bezug ge⸗ nommen auf eine in den Kreisen der sozialdemokratischen Partei gesammelte Statistik, welche Zahlen bringt über den Umfang, in welchem Genossen der sozialdemokratischen Partei in den letzten Jahren zu Zuchthaus, zu Gefängniß und zu Geldstrafe verurtheilt worden seien. Er hat daran die Meinung geknüpft, wie man an diesen großen Zahlen sehe, wie erfolglos und unnöthig es sei, mit neuen Strafvorschriften gegen derartige Dinge vorzugehen. Meine Herren, ich würde das Umgekehrte daraus schließen: wenn in der That es richtig ist, was ich nicht weiß, daß in solchem Umfange Zuchthausstrafen und schwere Gefängnißstrafen verhängt worden sind, so ist das nach meiner Meinung ein Beweis dafür, in welchem Um⸗ fang die Neigung zu gemeinen Verbrechen Platz gegriffen hat unter den Anhängern der sozialdemokratischen Partei im Lande. (Oho! bei den Sozialdemokraten, Ja, Thaten, die mit Zuchthaus bestraft werden, nennt das Strafrecht gemeine Verbrechen. Nun, meine Herren, wie man aus der Thatsache, daß die Gerichte ge— nöthigt gewesen sind, in großem Umfange wegen gemeiner Ver⸗ brechen über sozialdemokratische Genossen Zuchthausstrafen zu ver— hängen, den Schluß ziehen kann, daß es sich als unnöthig erwiesen habe, andere Thaten verbrecherischer Natur, die bisher nicht unter Strafe gestellt waren, auch weiterhin nicht mit Strafe zu bedrohen, das kann ich nicht verstehen.

Auch von anderer Seite, aus der Mitte des Hauses, von Herrn Abg. Bachem, ist der Versuch gemacht worden, die Nothwendigkeit eines neuen gesetzgeberischen Vorgehens, wenn nicht zu bestreiten, so doch in Frage zu stellen. Der Herr Abg. Bachem hat an der Hand der amtlichen Statistik auf eine Thatsache aufmerksam gemacht, aus der er glaubt schließen zu dürfen, daß die ver— brecherischen Thaten, auf welche sich der vorliegende Gesetzentwurf bezieht, nicht vornehmlich in den Kreisen des Westens und Mitteldeutsch= lands, wo vor Allen die sozialdemokratische Partei ihre Wurzeln hat, Platz greifen, sondern in den östlichen Provinzen des preußischen Staats. Der Herr Abgeordnete hat, soviel ich habe ersehen können, die amtliche Kriminalstatistik für seine Deduktionen benutzt. Nun leidet unsere amtliche Kriminalstatistik an einer gewissen Komplikation, die es nöthig macht, unter Umständen mehr Zeit auf ihre Beurtheilung zu verwenden, als den vielbeschäftigten Herren Abgeordneten immer zur Verfügung steht, und ich will deshalb dem Herrn Abg. Bachem auch keinen Vorwurf daraus machen, daß er die Zahl der Statistik, auf die es hier ankommt, mißverstanden hat. Das ist zweifellos der Fall.

Der Herr Abg. Bachem hat ein Kapitel aus der Statistik ent— nommen, welches die Ueberschrift trägt: Verbrechen und Vergehen gegen Staat, Ordnung und Religion. Er hat gemeint, die Straf— thaten, die in diesem Kapitel aufgeführt seien, deckten sich mit denjenigen Abschnitten des Strafgesetzbuchs, welche abzuändern und zu ergänzen die Aufgabe des vorliegenden Entwurfs sei. Das ist ein Irrthum. Das Kapitel der Statistik, welches der Herr Abgeordnete im Auge gehabt hat, umfaßt elf Abschnitte des Strafgesetzbuchs, und der vorliegende Entwurf umfaßt nur zwei von diesen elf.

Aber noch weiter! Die Strafthaten, deren große Zahl im Osten Deutschlands den Herrn Abgeordneten in Erstaunen gesetzt hat, sind darauf zurückzuführen, daß in dem betreffenden Kapitel der Statistik namentlich auch diejenigen Vergehen aufgeführt werden, die auf einer Verletzung der Wehrpflicht beruhen. Nahezu die Hälfte der Ver gehen, deren Zahl der Herr Abgeordnete im Auge gehabt hatte,

Preußischen Staats⸗Anzeiger.

1894.

sind für die fraglichen preußischen Provinzen Verletzungen der Wehr- pflicht, wie es ja für jeden Statistiker eine bekannte Thatsache ist, daß in den Grenzprovinzen, und namentlich in den Küstenprovinzen, Aus⸗ tritte junger Mannschaften, die dadurch ihrer Verpflichtung zur Gestellung sich entziehen, einen ganz besonderen Umfang einnehmen. Wenn der Herr Abg. Bachem gewiß sein würde, alle diese Fälle, also ungefãhr die Hälfte, aus seiner Statistik auszuscheiden, und wenn er außerdem diejenigen neuen Abschnitte des Strafgesetzbuchs, die in der von ihm benutzten Statistik berührt worden sind, auf welche sich der gegenwärtige Entwurf aber nicht bezieht, gleichfalls ausscheiden sollte, dann würde er, glaube ich, zu einem Resultat kommen, welches ihm nicht gestattet, einen Zweifel an der Berechtigung eines strafgesetzlichen Einschreitens im Sinne der gegenwärtigen Vorlage zu hegen.

Meine Herren, es ist im Laufe der letzten Wochen in der Presse vielfach der Umsturz ironisch behandelt worden, und ich habe Anklänge davon auch hier im Hause gehört. Ja, meine Herren, eine so ernste Sache, wie diese Minierarbeit gegen Staat und Gesellschaft, ironisch zu behandeln, ist doch für dieses Haus eine schwere Verantwortlichkeit. Muß ich Sie denn daran erinnern, daß der Reichstag selbst im Jahre 1878 einem Gesetz seine Zustimmung gegeben hat, welches gerichtet war gegen verbrecherische Umsturzbestrebungen? Sind denn in den zwölf Jahren, die dieses Gesetz in Geltung gewesen ist, die Umsturzbestrebungen, gegen die es gerichtet war, etwa verschwunden? Oder haben wir in den letzten vier Jahren, seitdem der Schutz des damals gegebenen Gesetzes wieder in Wegfall gekommen ist, die Ueber⸗ zeugung gewinnen können, daß die Umsturzbestrebungen, gegen die das Gesetz gerichtet war, vermindert oder beseitigt worden sind? Nie⸗ mand, meine Herren, wird das behaupten wollen. Und wenn dem so ist, dann ist auch niemand berechtigt, den ernsten Hintergrund, den die gegenwärtige Vorlage hat, zu verkennen. Ich gebe sehr gerne zu, daß ein großer Theil unserer friedlichen Mitbürger, die die Kenntniß dessen, was vorgeht, regelmäßig nur schöpfen aus der ebenfalls friedlich ge⸗ stimmten Zeitung, die sie Morgens bei ihrem Kaffee lesen, nicht unter⸗ richtet sind über alle die Dinge, die sich gegen unsere staatlichen Lebens⸗ bedingungen richten und gegen die wir uns genöthigt sehen, mit der Schärfe des Gesetzes vorzugehen. Sie werden mir eben deshalb auch gestatten, Ihnen einige typische Beispiele aus der Preßthätigkeit der letzten Jahre vorzuhalten, die auch den Unbefangenen ein ungefähres Bild davon geben können, mit welchen Mitteln auf die Meinung der Menge eingewirkt wird und auf welche Ziele diese Arbeit sich richtet.

Meine Herren, es ist so lange noch nicht her, da wurde in den östlichen Grenzprovinzen Preußens vorwiegend polnischer Zunge unter der Landbevölkerung ein Flugblatt verbreitet, welches den Zweck hatte, wie es selbst fagte, die Landbevölkerung auf ihre wahren Inter⸗ essen aufmerksam zu machen. Dieses Flugblatt war in polnischer Sprache abgefaßt; es richtete sich an das Arbeitervolk in jenen Landestheilen, und gestatten Sie mir, Ihnen einige bezeichnende Sätze daraus vorzutragen, mit welchen das Volk aufgeklärt werden sollte über dassenige, was es im Interesse seiner Freiheit zu verfolgen habe. Es heißt dort:

„Das Arbeitervolk denkt an die Freiheit und an die Arbeit; für die Ausbeutung und den Diebstahl der Volksarbeit sorgen die Herren. Das Volk möchte immer Arbeit haben, welche es ernährt; aber einerseits stehlen ihm die Herren die Arbeit, indem sie sich sämmtlichen Nationalreichthum aneignen, andererseits erpressen die habgierigen Regierungen unzählbare Zehnten in Form von Steuern.“

(Sehr richtig! links Dann kommt die nähere Ausführung dieses Gedankens, mit der ich dieses hohe Haus verschonen will, und der Aufruf fährt fort:

„Es ist Zeit, daß diese stillen, in unseren Köpfen verborgenen Ideen offenbar werden; es ist Zeit, daß wir Arbeiter uns zu einer Macht verbinden. Sobald wir unserer Macht uns bewußt werden, sobald jeder einen gleichgesinnten Genossen neben sich hat, dann verlieren wir keinen Augenblick und keine Gelegenheit, unsere Rechte geltend zu machen: unsere Rechte auf Freiheit, auf die Fabriken und auf den Grund und Boden. Es lebe die Arbeiterorganisation! Es lebe die allgemeine soziale Revolution!“

(Zuruf links.) Das ist ein Stück, das erkennen läßt, wie auf die bäuer⸗ lichen Kreise im Osten gewirkt wird; es wird nicht überall in gleicher Weise gearbeitet, in dem ganzen Umsturz sitzt auch Methode. Ich möchte mir deshalb erlauben, Ihnen ein anderes Beispiel vorzu⸗ tragen, welches beweist, wie in den Städten auf die Leute gewirkt wird. Meine Herren, ich habe hier ein kleines Blatt, es ist eines von den Flugblättern, von denen auch die Motive sprechen; sie werden heimlich verbreitet, sie werden von einem zum andern ge⸗ tragen; sie werden in den Familien vorgelesen, und auf diese Weise verbreitet sich ihr Inhalt weit über die Zahl ihrer Exemplare hinaus in großen Kreisen des Volks. Dieses Flugblatt betitelt sich „An die jungen Leute“ und spricht mit ihnen in einer recht angenehmen und anheimelnden Weise über die künftige Berufswahl, setzt ihnen auseinander, welche Vortheile und welche Schattenseiten die verschiedenen Berufszweige, die ihnen offen stehen, bieten, häuft dann natürlich die Schatten auf die armen jungen Leute, die als Arbeiter, als Handwerker in Fabriken oder Werkstätten eintreten sollen, und schildert daneben in glän⸗ zenden Farben, in welcher Weise von ihrer Arbeit der Reiche und der Bourgeois lebt. Es wendet sich an alle Kreise: an den jungen Mann, an das junge Mädchen, an den jung verheiratheten Mann und an die jung verheirathete Frau, und nachdem auf einer Anzahl von Seiten die Leidenschaft der Leser angefacht worden ist, fährt das Blatt dann zum Schluß fort, wie folgt:

„Ich weiß wohl wendet es sich an die Frauen

daß Euer Blut wallt, wenn Ihr hört, daß Eure Männer, nach⸗ dem sie wegen schlechter Behandlung und Bezahlung die Arbeit eingestellt, am Ende die unverschämten Bedingungen des dicken Bourgeois doch wieder angenommen haben. Ich weiß, daß Ihr jene