1895 / 9 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 11 Jan 1895 18:00:01 GMT) scan diff

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* Silvio: Herr Fränkel zur Aufführung. Kapellmeister Sucher dirigiert.

Im Königlichen ö wird morgen die dritte Abtheilung von Friedrich bbel's deutschem Trauerspiel „Die Nibelungen“, „Kriemhild's Rache“ mit folgender Besetzung der Dauptrollen gegeben: Kriemhild: Fräulein 2. gen: tr Molenar⸗ Etzel: Herr Ludwig, Dietrich von ern err Nesper, Markgraf Rüdiger: Herr kllein⸗ Ute: Frau Kahle, Gudrun: Fräulein Sauer, Günther: Herr Arndt, Volker: Herr Keßler, Hildebrant: Herr Kahle. Der Geburtstag Franz Grillparzer's (15. Januar) wird mit einer Aufführung von des Dichters Werk „Das goldene Vließ“ J. Theil ‚Der Gastfreund, Die Argonauten“ begangen, dem sich am 17. Januar der II. Theil Medea“ anreihen soll. Die dritte Aufführung von Hebbel's Nibelungen“ kann infolge dessen erst in übernächster Woche stattfinden, ;

Das Friedrich⸗Wilhelmstädtische Theater muß die Aufführungen der Operette Orpheus“ morgen unterbrechen, weil das gesammte Corps de Ballet in den drei Ballets mitwirkt, welche bei dem Maskenball im Theater Unter den Linden zur Aufführung ge⸗ langen. Morgen wird deshalb die Strauß'sche Operette Die Fleder⸗ maus“ gegeben, während am Sonntag und den folgenden Tagen die Ausstattungsoperette Orpheus“ wieder auf dem Spielplan erscheint.

In dem Schwank „Fernand's Ehekontrakt“ (Un fil à la patte), der am Sonntag im Residenz⸗Theater zum ersten Mal in Scene geht, werden die drei Hauptrollen von den Herren Alexander, Pansa und Pagay dargestellt.

In der morgigen zweiten Quartett⸗Soirée der Herren Professor Jos. Joachim und Genossen gelangen Streichquartette von Haydn (G6-dur), Ant. Dvokak (ES-dur. op. 51) und Beethoven (F moll, op. 95) zur Ausführung. .

Aus Cannes wird der Tod des französischen Komponisten Ben⸗

Mannigfaltiges.

Von Seiner Majestät dem Kaiser und König ist den Stadtverordneten ⸗Kollegium nachstehendes Allerhöchste Dank⸗ schreiben zugegangen:

„Von den Stadtverordneten als den Vertretern der Bürgerschaft Meiner Haupt und Residenzstadt Berlin an der Schwelle des neuen Jahres warme Segenswünsche für Mich und Mein Haus sowie die Versicherung unverbrüchlicher Treue zu erhalten, war Mir eine herz— liche Freude und fühle Ich Mich gedrungen, den Stadtverordneten hierfür Meinen aufrichtigen Dank auszusprechen. Gern werde Ich auch in Zukunft die Thätigkeit der Stadtverordneten bei der Ver— waltung des großen Gemeinwesens, welchem jetzt wieder durch die Erweiterung des städtischen Weichbildes ein erheblicher Zuwachs bevor— steht, mit Meinem lebhaften Interesse begleiten und allen auf eine gesunde Fortentwicklung Berlins gerichteteten Bestrebungen Meine fördernde Unterstützung zuwenden.

Neues Palais, den 7. Januar 1895.

Wmilselnm R An die Stadtverordneten zu Berlin.

In der gestrigen Sitzung der Stadtverordneten erfolgte zunächst die Neuwahl des Vorstehers und des weiteren Bureaus sowie die Verloosung der Mitglieder der Versammlung in die fünf Abtheilungen (gemäß § 18 der Geschäftsordnung). Vor Beginn der Wahlen stattete nach dem Bericht der ‚Nat.⸗-Ztg.“ der Stadtv. Reiß, als Aeltester der Versammlung, deren Vorsteher und dem Bureau für ihre Mühewaltung den Dank der Versammlung ab. Die Wahl des Vorstehers erfolgte auf den Antrag des Stadtv. Spinola durch Zuruf; das Ergebniß war die einstimmige Wieder⸗ wahl des bisherigen Vorstehers Dr. Langer hans. Dr. Langerhans nahm die Wahl mit Dankesworten an. Die

Wahl des stellvertretenden Vorstehers mußte, da der Stadtverordnete Wernau gegen eine Acclamatienswähl Widerspruch erhob, durch Stimmzettel erfolgen. Von 102 gültigen Stimmen ent⸗ fielen auf den bisherigen stellvertretenden Vorsfteher Michelet 31 Stimmen. Stadtverordneter Michelet nahm die Wahl dankend an. Die bisherigen Beifitzer sowie deren Stellvertreter wurden durch Zuruf wiedergewählt. Die Verloosung der Mitglieder in die Abtheilungen wurde durch drei bierzu vom Vorsteher ernannte Stadtverordnete außerhalb des Saales vollzogen. Als Tag und Stunde, an welchen die ordentlichen Sitzungen der Ver— sammlung in diesem Jahre stattzufinden haben, wurde wiederum der Donnerstag, Nachmittags 5 Uhr, festgesetzt. Die bisherigen Ausschüsse für die Wahl der unbesoldeten Gemeindebeamten, zur Begutachtung der Vorlagen wegen Anstellung bezw. Pensionierung besoldeter Gemeindebeamten, und der Ausschuß für Petitionen wurden in ihrer gegenwärtigen Zusammensetzung belassen. , , die übrigen fländigen Ausschüsse. In Bezug auf die Zutheilung der Stadtbezirke an die Mitglieder der Versammlung behufs Aus⸗ führung von Recherchen stimmte die Versammlung dem Vor⸗ steher zu, daß eine Aenderung bierin nicht stattzufinden habe. Diejenigen Ausschüsse, welche ihre Arbeiten noch nicht erledigt haben, erhielten den Auftrag, dieselben erst zu erledigen und bis dahin bestehen zu bleiben. Stadtverordneter Wohlgemuth erstattete sodann den Bericht der nach Deutz bei Köln a. Rh. zum Studium der dortigen Schwebebahn -⸗Anlage des Geheimen Kommerzien⸗Raths Langen entsandten Kommission. Die Kommission beantragt einstimmig die Einsetzung einer gemischten Deputation, bestehend aus 10 Stadtverordneten und 5 Magistratsmitgliedern, welche unter Zuziehung des Unternehmers eine zu konzessionierende Linie vom Innern der Stadt nach Treptow festzufetzen und den Entwurf eines Vertrags zur Vorlage für die städtischen Behörden abzufassen habe. Der Antrag der Kommission wurde ohne Debatte von der Versamm⸗ lung zum Beschluß erhoben. Um den Geburtstag Seiner Majestät des Kaisers und Königs in gleicher Weise wie in früheren Jahren durch ein Festmahl der städtischen Behörden im Festsaale des Rathhauses begehen zu können, beantragt der Magistrat in einer Vorlage die Bewilligung des Festsaales und der anstoßenden Räumlichkeiten zum Sonntag, den 27. Januar, und ersucht gleichzeitig um Deputierung von zwei Mitgliedern der Versammlung, welche mit den Magistratsdeputirten, Stadträthen Borchardt und Schäfer, die Vorbereitungen zu dem Festmahl zu treffen haben. Die Versammlung bewilligte ohne Debatte die Be⸗ nutzung des Festsaales und deputierte ihrerseits die Stadtverordneten Diersch und Seibert in die Vorbereitungskommission. Der Feuern Sozietätsbeitrag für das Geschäftsjahr vom 1. Oktober 1893 bis 30. September 1894 wurde von der Versammlung, dem Antrage des Magistrats entsprechend, auf 5,3 3 füͤr 100 4 festgesetzt.

Am 9g. d. M. wurde im Hause Jorkstr. 44 für den Südwesten Berlins die Unfallstation VII mit ununterbrochenem ärztlichen Tag und Nachtdienst für Unfälle und plötzliche Erkrankungen er⸗ öffnet. Dieselbe untersteht der Leitung des Dr. Heilmann und ist verbunden mit der Sanitaͤtswache 19, welche sich bislang am Plan⸗ ufer befand. Die Station ist am Kreuzungspunkte der Pork⸗ Bülow, Manftein⸗ und Goebenstraße belegen. In den Parterre⸗Räumlich⸗ keiten befinden sich ein geräumiges Operations, und Verband⸗ zimmer mit moderner medizinischer bezw. chirurgischer Aus⸗ s 1 ; M P 5rỹ Nerzte * Nie j stattung, ein Warteraum, Raum für Aerzte, eine Victoria Schwester und Wärterpersonal und im oberen Stockwerk die Wohnung des Arztes. Bis Ende Januar hofft man 10 Stationen in Betrieb zu setzen. Auch soll eine vom Stadttelephonnetz unabhängige direkte Telephonverbindung der Zentrale in der Wilhelmstraße 38 mit sämmtlichen Unfallstationen und dieser untereinander zum Zweck sofortiger Alarmierung sämmtlicher Stationen hergestellt werden.

Geeste münde, 6. Januar. welche in der Nacht vom 22/235. Dezember 1894 die Küsten und Inseln der Nordsee verbeerend heimsuchten, haben über die in viel- versprechender Entwickelung begriffene Fischdampferflotte der Unterweser das schwerfte Unheil verhängt. Von den in Geestemünde und Bremerhaven beheimatheten 54 Fischdampfern sind nicht weniger als fünf, während sie in der Nähe des Hornsriff dem Fange oblagen, ein Opfer der wüthenden See geworden. Ein sechster, auf der Fahrt von England nach Geestemünde begriffener Fischdampfer bleibt verschollen und muß ebenfalls als unwiederbringlich verloren gelten. Der Untergang dieser sechs Fahrzeuge, welche fast durchweg erst in den letzten Jahren erbaut h ist ein großer Verlust, noch größer aber der Jammer und die

oth, welche über zahlreiche Familien jäh hereingebrochen sind. Die

anze, aus 61 wackeren Seeleuten bestehende Besatzung 66 ein Grab in den Wellen gefunden. Nahezu 40 Frauen beweinen den Gatten, weit über 100 Waisen den Vater, der zahlreichen Fälle nicht zu gedenken, in denen ergraute Eltern den Sehn und Er— nährer, hilfsbedürftige Geschwister den Bruder verloren haben. Nur wer in den Tagen bangen Zweifels, denen die trostlose Gewißheit nunmehr gefolgt ist, die Schaar der Frauen und Kinder, angstvoll und starr den Blick in die Ferne gerichtet, am Ufer des Stroms gesehen hat, vermag den Umfang und die Tiefe des Elends zu ermessen, das die Gewalt der entfesselten Elemente angerichtet hat. . Linderung desselben hat sich ein Comits gebildet, dessen Vor⸗ sitzender Landrath Dyes ist, und welchem die Bürgermeister und eine Reihe angesehener Bürger von Geestemünde, Bremerhaven und Lehe als Mitglieder angehören. Dasselbe richtet an alle Menschen⸗ freunde nah und fern die herzliche Bitte um Hilfe und wird über die eingelaufenen Gaben und deren Verwendung öffentlich Rechnung ablegen. Auch der kleinste Beitrag ist willkommen. Spenden nehmen entgegen: in Geestemünde die Kreis⸗Kommunalkasse und die niere Bank, in Bremerhaven die Bremerhavener Bank.

Frankfurt a. M., 19. Januar. Durch einen Küchenbrand in einem Hause der Finkenhofstraße erstickten heute Mittag, wie die Frankf. Ztg.“ meldet, eine 70 jährige Frau Schmidt und zwei Kinder, ein Knabe und ein Mädchen von 2 bezw. 4 Jahren.

Wien, 11. Januar. Die durch die Schneemassen herbei geführte Verkehrsstörung in Wien ist, wie W. T. B. meldet, jetzt behoben. Ein kleiner Theil der Südbahnstrecke Mödling Wiener Neustadt ist noch immer für Eisenbahnzüge nicht passierbar. Aus allen Theilen der Monarchie werden heftige Schneefälle gemeldet.

Bu dapest, 10. Januar. Die heute fälligen Wiener Post-⸗ züge sind nach Meldung des ‚W. T. B.“ ausgeblieben. Auf zahl⸗ reichen Eisenbahnstrecken ist der Verkehr infolge von Schnee— verwehungen eingestellt.

Rom, 10. Januar. In Celenza (Provinz Foggia) stürzten, wie „W. T. B.“ berichtet, infolge eines Schneesturms vier Häufer ein; sechzehn Personen wurden unter den Trümmern be⸗ graben, acht blieben todt. Bei Pi stoja wurde eine Frau erfroren aufgefunden. Starker Schnee fiel auch in Ravenna, Stresa, San tangelo und ferner in Lombardi, wo mehrere Dächer ein stürzten, ohne Menschen zu verletzen.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)

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Wetterbericht vom 11. Januar, S8 Uhr Morgens.

Temperatur in O Celsius

506.

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Stationen. Wind. Wetter.

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Aberdeen. Christiansund— Kopenhagen. Stockholm paranda . St. Petersbg. Moskau... Cort, Queens- ö ,, . . 386 Hamburg .. ,. 37 winemünde 3 wolligs) Neufahrwasser bedeckt Memelꝛ 161 OSO 2bedeck Paris.... woltenlos . . ö . ie . 1 SW 3 Schnee SW Lhedeckt O 3 bedeckt) W 3 Schnee ö. WNW IL Schnecr 3. dar H ö . 2 Y heiter Kd bedeckt

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23) Nachts Schnee. ) Nachts Schnee.

Ueslbersicht der Witterung. schr ift

westwärts nach dem zentralen Deutschland fort⸗ geschritten, an der deutschen Küste schwache und mäßige, nordöstliche und östliche Winde hervor- rufend, unter deren Einfluß die in Norddeutschland über den Mittelwerth ge⸗ r nh eg . e. , * , . . ift das Barometer wieder gefallen. In Deutschland, wo die Schneefälle fortdauern, ist das Wetter an⸗ Klein Enolt. dauernd trübe, im Norden ziemlich mild, im Süden noch kalt, die Westhälfte von Norddeutschland ist rößtentheils frostfrͤi. Schneehöhe Magdeburg 28, reslau 23 em. Im zentralen Frankreich herrscht ziemlich strenge Kälte.

73 Uhr:

1 .... Theater⸗Anzeigen.

Königliche Schanspiele. Sonnabend: Opern⸗ haus. II. Vorstellung. Cavalleria rusti- Anfang 75 Uhr.

cana. (Bauern⸗Ehre.) Oper in 1 Aufzug von Pietro Mascagni. Volksstück von G. Verga. In Scene gesetzt vom . Tetzlaff.

Bajazzi. (Fasliacci.) Oper in 2 Akten und Dichtung von R. Leoncavallo, deutsch von L. Hart⸗

Scene

Schauspielhaus.

lungen von Friedrich Hebbel. Ober⸗Regisseur Max Grube. Dekorative Einrich⸗ tung vom Ober⸗Inspektor Brandt. Zweiter Abend. Dritte Abtheilung: Kriemhilds Rache. Ein Male: Fernaud's Ehekontrakt. Trauerspiel in 5 Aufzügen. Anfang 75 Uhr.

Sonntag: Opernhaus. lustigen Weiber phantastische Oper in 3 Akten von O. Nikolai. 3 zou S. . ö e,, peares gleichnamigem Lustspiele. Tanz von Emi ( Mariage d'hier. Anfang 75 Uhr. an, . Schauspielhaus.

Denutsches Theater. Sonnabend: Zum ersten äempFratut Mals. Kriein Ehzolf von Henrik Ibsen. Anfang Fm 133 Male:

Sonntag, 24 Uhr: Die Weber. 77 Uhr: Montag: Die Weber. Uhr.

Berliner Theater. Sonnabend: Der Kom⸗ pagnon. Anfang 75 Uhr. Deutsche Seewarte. onntag, 23 Uhr: Fer Raub der Sabinerinnen. Montag: Der Raub der Sabinerinnen.

Lessing · Theater. Sonnabend: Ghismonda.

Sonntag: Text nach dem gleichnamigen goldenes Herz. Montag: Ghismonda.

Dirigent: Kapellmeifter

einem Prolog. Mußt und Residenz · Theater.

gesetzt vom Ober⸗Regisseur 68. Male:

12. Vorstellung. Die Nibe⸗

In Scene gesetzt vom

Demi⸗Monde. Schauspiel in

3 Akten von Georges Feydeau. . . * w von indsor. Komisch⸗ ĩ Neues Theater. von Mosenthal, nach Shake⸗

von Victor Jaunet, deuts

Strauß. Regie: Herr Unger.

Sonntag: Orpheus.

Julius ritzsche. Erster großer .

Zentral · Theater.

Thomas a. G. Anna Bäckers.

reund.

Adolph Ernst Theater. Der Kompagnon.

Sonntag: Dieselbe Vorstellung.

Nach dem Manöver. Ein

Blumenstraße Nr. 8.

Direktion: Sigmund Lautenburg. Sonnabend: Zum . Der Unterpräfekt. Schwank in Tetzlaff. Dirigent: Kapellmeister Sucher. Anfang 3 Akten von Leon Gaudillot. Deutsch von Max Schönau. Vorher: Billa Vielliebchen. Lust⸗ Quartett ⸗Abend: spiel in 1 Akt von Benno Jacobson. deutsches Trauerspiel in 3 Abthei⸗ 79 Uhr. . Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Zu halben Preisen: F-moll, op. 95. 5 Akten von Alexandre Dumas. Abends 75 Uhr: Zum ersten

Schiffbauerdamm 4a. / 5.

Sonnabend: Zum ersten Male: Die geschiedene S=. ge, n, ö fir ing ee don Paul Block. In ; 4 ,,, j 13. Vorstellung. Wie die Sent gcsetr von , n ersten Male: Phe two Viggo's, in ihrem komischen Lustspiel in 4 Aufzügen von Karl 75 Uhr. nfang 73 Uhr. Auf Allerhöchsten Befehl findet am Mittwoch, den Komödianten. Abends 7 3. Februar er,, in den Räumen des Königlichen schiedene Frau. ; Opernhauses ein Subskriptions-Ball statt. Ge⸗ suche um Ballkarten werden bis zum 29. Januar entgegengenommen. Dieselben müssen schriftlich ge⸗ stellt, die genaue Bezeichnung (Name, Stand, Woh⸗ derjenigen Personen enthalten, für welche Ballkarten gewünscht werden.

Theater Unter den Linden. Behrenstr. 56 / 7.

Sonntag: Der Vogelhändler.

Alte Jatobftraße Nr. 30. Direktion: Richard Schultz. Sonnabend: Emil

O, diese Berliner! Große oßse mit Gesang und Tanz in 5 Bildern (nach

ingroö's 6 durch Berlin)) von Julius Mustk von Julius Einödshofer. Anfang

Sonntag: O, diese Berliner!

Sonnabend: Auf⸗

treten der Grotesktänzerin Miß Rose Batchelor vom Prince of Waleß⸗Theater in London. Zum 19. Male: Ein fideles Corps. Große K. posse mit Tanz. Nach dem englischen . A Girl“ von Jonas Sidney frei bearbeitet von Eduard Jacobson und Jean Kren. Anfang 77 Uhr.

Konzerte.

Konzert Kaus. Sonnabend: Karl Mender ; Konzert. IV. Internationaler Abend. I. Theil: i ih. II. Theil: Italienisch. III. Theil:

eutsch. .

Sing Akademie. Sonnabend, Anfang 7. Uhr: Joachim, Kruse, Wirth, Anfang Hausmann. Haydn: Quartett dur. Dvoktäk: Quartett Es-dur, op. 51. Beethoven: Quartett

Dirkus Renz (Karlstraße). Sonnabend: Parade⸗

Gala ⸗Vorstellung. Besonders hervorzuheben: Das Apportierpferd Mohr. Hierauf: Ein hippologisches

otpourri von 32 Freiheitspferden, gr. . Arrangement von Herrn R. Renz. Das Schulpferd Beautiful, ger. v. Frau Renz⸗Stark. Die Vollblut⸗ darthenia und Paria, geritten von enz und Frau Renz⸗Stark. Zum

Schwank in

Anfang afrobatischen Akt: Cin Spaß' im Billard. Salon.

Auftreten des Herrn Gustav Hüttemann (als Gast)

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr, . e , ö. e ger Fuchswallach „Cincinatus..

Der beliebte Klown „August! Mr. Lavater Lee sowie die excentrischen Clowns Gebrüder Villaud ꝛc. Zum Schluß

Friedrich . Wilhelmstãdtisches Theater. Tijo Ni En. (Beim , , . in Peking.) Chausseestraße 25 / 28. Anfang 7 Uhr, . n,, . 8 6. Zeichnung in den ESubstriptionz. Liften und besondere GC. . . ga. Hilfe ee hren suftigen Heivelberger. Abends 77 Uhr: Ho 8e . . ,. zu 3 uschauer⸗Billets werden nur für den III. Rang llmeist ; ö und Amphitheater⸗Sitzplatz ausgegeben, wobei gleich⸗ , , zeitig bemerkt wird, daß die Zahl derselben nur eine . ö. ee ne ; , n ; . 9 * 9 8 etreffenden Schreiben wolle man unter der Adresse: . Abende und Nachts Schnee *) Gestern Schnee. Geneiak. Intendantur der Königlichen Schauspiele, Ptreltion: en fn, Straße 36, einreichen und mit der Auf⸗ all⸗ Angelegenheit versehen. Eine besondere Die barometrische Depression, welche geftern über Beantwgrtung solcher Gesuche kann bei der umfang- Desterreich jag, ift begleitet von Schneesällen, nord, reichen Arbeit unter keinen Umftänden stattfinden.

*. n, 3 zh nlttags a n 8 ; enntag: Zwel Vorstellungen. Nachmittag E: Dpetette in Komiker⸗Vorstellung (ermäßigte Preise): Die

Musik von Johann Dirigent: Herr i Rm. ü

Familien⸗Nachrichten.

Verehelicht: 6 Pastor Ernst Neugebauer mit Frl. Toni Bar r (Klein⸗Bresa). . Sonnabend: Geboren: Ein Sohn: rn. Amtsrichter Guschall (Löwenberg). Eine Tochter: Hrn. Kapitän⸗ Lieut. ag en von Bredow (Wilhelmshaven). Gestorben: Hr. Frhr. Friedrich von Ahlefeldt⸗ Dehn (Weimar). Fr. Kammerherr Freifrau Etta le Fort, geb. von Kardorff (2h wigslust 8. Fritz von Kameke Sohn Joachim (Kratzig, eg.Bez. Köslin). Verw. Fr. Emilie von Heydebrand u. der Lasg, geb. Freiin von Schlichting Fraustadt) Hr. Rittergutspächter Hermann auffmann (Dobieslawice, Kr. Inowrazlaw). Hr. Amtsgerichts Rath a. D. Paul Schwagerka 8 Hr. Ober Amtmann Richard Dorn erlin).

Josefine Dora.

Verantwortlicher Redakteur: J. V.: Siemen roth in Berlin. Verlag der Expedition (Scholf in Berlin.

aiẽty ruck der Norddeutschen Buchdruckerel und Verlagt⸗ Anstalt, Berlin 8w., Wilhelmstraße Nr. 5.

Fünf Beilagen leinschließlich Börsen⸗ Beilage)

Der Sturm und die Hochflutk,

M4

Er ste Beilage

zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger. 9.

Berlin, Freitag, den 11. Januar

1895.

der in den deutschen Münzstätten bis Ende Dezember 1894 vorgenommenen Ausprägungen von Reichsmünzen.

Deutsches Reich. e

Goldmünzen

Silber münzen

Nickel münzen Kupfer münzen

1) Im Monat Dezember 1894 sind geprägt worden in:

Doppel⸗ Halbe kronen Kronen 1 M160

Kronen

Hiervon auf

Privat⸗

rechnung .

Fünf⸗ Zwei⸗ Ein⸗ Fünfzig⸗ Zwanzig⸗ markstücke markstücke markstücke] pfennigstuücke pfennigstuüͤcke

Zwanzig pfennigstüͤcke

Zehn⸗ Fünf⸗ Zwei⸗ Ein pfennigstücke pfennigstücke pfennigstücke pfennigstücke

14 061 600 3 294 280 3 000 0000

,,, München Muldner Hütte Stuttgart Karlsruhe

Hamburg

14 061 600 3 294 280 3 000000

16. 46 6 3

100 0

1 823 82

Summe 1. 20 3550 3886 2

20 355 880 Vorher waren geprägt?) 23090 344 480 537 402 720 27 969 925 15519541 8084 272480111 9266 266 184992 554 71 486 552

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) Gesammt · Ausprãgung T Nd i iòꝰd d d N dd r Vd dd d dos d T To Mr össd ds id dN bsi iss ss

4) Hiervon sind wieder eingezogen 5) Bleiben

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35 717 333 S6

1787 4536 13 00425220

2975 11318

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860 116 80 38 80 3950 3764

5? T T V Ji STT VS 77

75 493 go. 60

) Vergleiche den „Reichs⸗Anzeiger vom 10. Dezember 1894, Nr. 290.

Berlin, den 11. Januar 1895.

Hauptbuchhalterei des Reichs⸗Schatzamts. Biester.

To o T r de re, T d s . ss ö d bd dds BG dL d 3d = 616 163 838 5

52 428 965,95 S 12 660 666,58 M

Deutscher Reichstag.

11. Sitzung vom Donnerstag, 10. Januar, 1 Uhr.

Das Haus setzt die Berathung des Gesetzentwurfs, be⸗ treffend Aenderung und Ergänzungen des Straf⸗ 1 des Militär-Strafgesetzbuchs und des

esetzes über die Presse, fort.

Das Wort hat zunächst der Abg. Graf zu Limburg— Stirum (kons.). Ueber den Anfang seiner Rede ist in der estrigen Nummer bereits kurz berichtet worden. Des , wegen geben wir nachstehend den Inhalt der Rede noch einmal vollständig wieder:

Wir begrüßen die Vorlage mit Befriedigung, denn sie ist ein Anzeichen dafür, daß man in den maßgebenden Kreisen von dem Ge— danken abgekommen ist, man könne die

artei wie alle anderen Parteien behandeln und alles, wie seit vier Jahren, geben lassen, wie es gehen wolle. Von vornherein erhebe ich Einspruch dagegen, daß die sozialdemokratische Partei sich als Arbeiterpartei hinstellt. In der Fürsorge für die Arbeiter sind die anderen Parteien mehr Arbeiterparteien als die sozialdemokratische. Der Kern der sozialdemokratischen Partei ist nicht die Fürsorge für die Arbeiter, sondern ihr Charakteristikum ist das Streben nach Umsturz alles Bestehenden. Man kann daher nicht von einem berechtigten Kern“ dieser Partei sprechen. Mit den Aus⸗ führungen des Abg. Freiherrn von Stumm sind meine politischen Freunde einverstanden; die Sozialdemokraten können nicht durch die bloße Theorie bekämpft werden. Darin aber möchte ich dem Abg. Freiherrn von Stumm allerdings entgegentreten, daß der Weih— nachtsartikel des Pastors Naumann eine Aufforderung zur Un⸗ zufriedenheit enthalte. Meiner Ansicht nach ist der Artikel ein Auf— ruf zur Zufriedenheit. Die Sozialdemokraten sagen, sie wollen auf fried⸗ lichem Wege ihre Ziele erreichen. Es mag sein, daß einige der Herren den Glauben haben, daß dies möglich sei; aber von dem Redner der sozialdemokratischen Partei ist selbst betont worden, daß es wohl manche unter ihnen geben könnte, die an einen gewaltsamen Umsturz denken. Die Rede des Abg. Auer war vom sozialdemokratischen Standpunkt aus äußerst geschickt. Er und seine Partei⸗ genossen sind immer bestrebt, Schäden der heutigen Gesell⸗ schaft aufzudecken. Aber ich möchte sie doch bitten, hierbei etwas mehr Gründlichkeit anzuwenden. Einer der beliebtesten Angriffe gegen meine Partei ist der Vorwurf des Bauernlegens. In der allgemeinen Zerrüttung aller Verhältnisse nach dem 30lährigen Kriege ist dergleichen vorgekommen, heute sind die Großgrundbesitzer froh, wenn sie ihre eigenen Güter behaupten. Sehen Sie lieber, wie Sie selbst es treiben! Die Führer der Sozialdemokraten leben auf Kosten der Massen, und ich behaupte, daß bei einer sozialdemokratischen Entwicklung die Produktion geringer und dadurch das Elend und die Noth viel größer werden würden, als sie je waren. Die Sozialdemokraten benutzen die Gesetze, die für die freiheitliche Bewegung geschaffen sind, für sich; wo aber Gesetze ihren Interessen zuwiderlaufen, suchen sie sie zu umgehen. Treu und Glauben werden nur insoweit gepflegt, als das Verhältniß der „Genossen“ zur Partei und ihren Lahn in Betracht kommt, dem Staat gegenüber aber nicht. Giebt es ein beredteres Beispiel hierfür, als den Ausspruch des Abg. Bebel, daß er einen Eid auf die Verfassung schwören wolle, während er bald darauf sagte, er glaube nicht an Gott? So kann es nicht bleiben. Mit dem Kampf gegen die Agitatoren allein ist es allerdings nicht gethan. Wir verlangen positive Reformen: Stärkung des hir isfer de Organisation des Handwerks und Schutz der Landwirthschaft. Wir freuen unt, daß die Regierung nicht mehr geringschätzig bon der Noth der Landwirthschaft spricht. Der Abg. Gröber appellierte am Mittwoch an das christliche Gefühl. Dem können wir nur beistimmen. Er sagte aber, daß das Zentrum das Sozialistengesetz als Ausnahmegesetz bekämpft habe, weil die Katho— liken ebenfalls unter Ausnahmegesetzen zu leiden hätten. Damals wurde vom Zentrum verlangt, man solle das gemeine Recht abändern. Jetzt geht die Regierung dlesen Weg, und nun sagt der Abg. Gröber: Was, Ihr stellt alle Menschen 94 den Boden des gemeinen Rechts und uns stellt Ihr unter Ausnahmegesetze? Ich bestreite, daß das Jesuitengeseß ein Aus nahmegeseß ist. Die Herren., vom Zentrum haben lelder die Tendenz, in die Berathung Dinge hineinzuziehen, die nicht hineingehören, und für ihre Hilfe stets Konzessionen zu ver— langen. Ich habe auch den Kulturkampf mit durchgemacht und bekenne, daß im Verlaufe desselben vieles geschehen ist, was besser unterblieben wäre. Aber auf beiden. Seiten! Jetzt gilt es ein Zusammenfassen aller Kräfte. Von diesem Gesichts— punkt aus bedauere ich die Bezeichnung Gustap. Adolf's als Mordbrenner, die der Abg. Gröber am Mittwoch ge— brauchte. Die Methode des Abg. Gröber in der Bekämpfung des Gesetzes bestand darin, daß er jeden Paragraphen vornahm und einzelne Fälle konstruierte, in welchen die Bestimmungen ungerecht angewendet werden könnten. Das läßt sich bei jedem aragraphen des Strafgesetzbuchs machen. Der Staatosekretaär des Reichs⸗Justiz= amts hat dargelegt, daß, wenn überhaupt gesetzliche Bestimmungen gen den llurflurz eingeführt werden sollen, es nothwendig ist, eine gewisse ö. zu wahren. Das Korrelat zu dieser Elastizität ist das gerechtfertigte Vertrauen in unseren unabhängigen Richterstand. Die Sachlage ist die: entweder Sie machen das vorgeschlagene Gesetz so, wie

sozialdemokratische

die Regierung es wünscht, und dann wird es wirksam sein, oder Sie schränken das Gesetz ein und machen es dadurch unwirksam. Es ist darauf hingewiesen worden, daß die vorgeschlagenen Bestimmungen auch gegen andere Parteien angewendet werden könnten. Der Unter⸗ schied ist aber der, daß die Sozialdemokraten ihre Tendenzen nicht verfolgen können, ohne gegen die Bestimmungen des Gesetzes zu ver— stoßen, während die anderen Parteien ihre Ziele und Zwecke recht wohl verfolgen können, ohne mit den vorgeschlagenen Be— stimmungen in Konflikt zu gerathen. Meine politischen Freunde halten die Vorlage keineswegs für vollkommen und aus— reichend; sie betrachten dieselbe nur als Minimum dessen, was auf dem Wege der Gesetzgebung gegen die Umsturzbestrebungen geschehen kann. Um einen Geisterkampf allein handelt es sich hier nicht; im wesentlichen handelt es sich um Abwehr von Bestrebungen, welche auf die Vernichtung der gegenwärtigen Organisation in Staat und Gesellschaft abzielen. Darüber kann man sich doch keinen Illusionen hingeben, daß, wenn zur Abwehr des Umsturzes nicht jetzt vorgegangen wird, später um so gewaltsamere Maßnahmen noth⸗— wendig sein werden. Ich hoffe, daß aus der Vorlage, für deren Ueberweisung an eine Kommission auch wir stimmen, etwas Praktisches und Wirksames werde.

Abg. Munckel (fr. Volksp.): Nur wenn man es nöthig hat, soll man das Strafgesetz auf politsche Dinge anwenden. Ich halte die Justiz für zu hoch, um sie in den Dienst der Politik zu stellen. Ohne Vorurtheil sollen wir an die Vorlage herantreten, sagt man uns. Das wollen wir thun; ich bringe der Vorlage das Wohlwollen ent⸗ gegen, das man dem Unglücklichen im allgemeinen schuldig ist. Das Kind hat bei der Geburt den Vater verloren. Jetzt ist allerdings zu fürchten, daß die Pflegeeltern das Kind mit mehr Liebe aufnehmen werden als der eigene Vater. Vertrauen kann ich zu den Personen nicht haben, denn ich weiß nicht, wer eine spätere Vorlage hier ver⸗ treten wird. Wer steht mir dafür, daß der neue Kurs nicht durch einen neuesten Kurs ersetzt wird, der dann eine lex Stumm ein— bringt? Gewaltsamen Umsturz will doch kein Mensch hier im Reichs— tag; was hat man aber gethan, als es sich vor einiger Zeit um ein unliebsames Ereigniß hier im Hause handelte? Man brachte eine Vorlage ein, die bewirken sollte, daß im Hause jeder bei einem Kaiser⸗ hoch aufsteht, und das suchte man auf einem Wege zu erreichen, der die Immunität der Abgeordneten geradezu todt gemacht hätte. Das Sozialistengesetz war ein entschuldbarer Fehler, der unter dem Einfluß unglücklicher Ereignisse gemacht wurde; seine Aufhebung war eine große That, die von oben ausging und gegen die auch die Kon— servativen nichts hatten. Wozu redet man sich jetzt in Angst, da doch seit⸗ dem nichts Neues passiert ist? Man giebt das Gesetz für ein allge— meines aus, wird man es aber auch gegen agrarische Bestrebungen an⸗ wenden? Nein, meine Herren, es ist das alte Ausnahmegesetz in neuer Form. Es wird sich gegen die Sozialdemokraten, gegen die Juden richten und vielleicht auch gegen einige unbequeme Leute nach rechts, vielleicht auch gegen den Abg. Dr. Sigl. Auf den Umsturz von oben würde das Gesetz vielleicht auch passen, aber auf ihn wird es nicht an— gewendet werden. Die Vorlage will auch die Verbindung mehrerer zu ganz unbestimmten Verbrechen, ganz abgesehen vom Erfolg, unter Strafe stellen. Wem fallen dabei nicht die Hochverrathsprozesse aus den dreißiger Jahren nach der Auflösung der Burschenschaft in Jena ein? Damals sollte es sich um hochverrätherische Komplotte handeln, und doch ging das Streben jener akademischen Jugend nur auf dee Verwirklichung dessen hinaus, was wir jetzt im Reich besitzen. Nicht nur das Angreifen, auch das Entschuldigen von Verbrechen soll strafbar sein. Manche Heldenthat wird dann aus unsern Geschichtsbüchern ausgemerzt werden müssen. Viel⸗ leicht veröffentlicht man eine Liste von Ereignissen aus der preußischen Geschichte, für welche das Gesetz außer Kraft gesetzs werden soll; z. B. für die Thaten eines Jork und Schill! Es giebt keine schönere Aufgabe als die, auch in dem Ver- brechen noch das Menschliche, das Entschuldbare aufzufinden. Den ersten, der auf Grund dieser Bestimmung eingesperrt würde, würde ich glorifizieren auf die Gefahr hin, selbst eingesperrt zu werden. Das schönste in der Vorlage aber ist der Absatz? des § 130, der die Institute der Familie, der Monarchie, der Religion und des Eigen— thums als unantastbar hinstellt. Mit dieser Bestimmung marschieren wir an der Spitze der Zivilisation. Will man nicht auch noch das Erbrecht hinzufügen? Alle Angriffe, alle Erörterungen über die Einrichtungen sind schließlich Ausflüsse der Wissenschaft, und wenn man die Erörterung dieser Punkte nicht unterbindet, so wird man mit dem Gesetz nichts ausrichten. Der Abg. Gröber schloß am Mittwoch feine Rede mit den Worten: Kein Heil als in Jesu Christo! Jesus Christus aber hat nicht die Knechtschaft, sondern die Freiheit des Geistes gebracht, und das war sein größtes Verdienst.

Bevollmächtigter zum Bundesrath, preußischer Kriegs— Minister Bronsart von Schellendorff:

Meine Herren! Der Herr Vorredner ist mit der Fassung des § 112 nicht einverstanden, er hält ihn für entbehrlich. Der Meinung bin ich nicht. Ich habe auch nicht gefunden, daß seine Argumente die Motive irgendwie entkräften, die für den Paragraphen angeführt sind. Im Gegentheil, ich finde die Motive so klar und erschöpfend, daß ich ihnen kaum etwas hinzuzufügen habe. Darin muß ich dem Herrn Abg. Munckel aber Recht geben, wenn er glaubt, daß] die Disziplin in der Armee eine gute sei; ich hoffe, daß

sie es bleibt, und daß die Armee sich allezeit als ein scharfes Instrument erweisen wird, gleichviel nach welcher Richtung es zur Thätigkeit berufen werden sollte. (Bravo! Dagegen bin ich mit dem Herrn Abgeordneten nicht einverstanden, wenn er vielleicht meinen möchte, daß die Armee gegen Ansteckungsstoffe jeder Art immun wäre. Ich bin der Meinung, daß die Aufrechterhaltung der Disziplin in der Armee erschwert werden könnte, wenn wir angesichts gewisser Erscheinungen im öffentlichen Leben den Kopf in den Sand stecken, wenn wir es an der nöthigen Achtsamkeit fehlen lassen, und wenn Sie, meine Herren, uns die Mittel verweigern wollten, die wir brauchen zur Abwehr gegen gewisse Verlockungen, Anreizungen oder Einwirkungen: Einwirkungen, die dahin zielen, systematisch jede Auto⸗ rität zu untergraben (sehr richtig), die dahin zielen, systematisch den Soldaten an den Gedanken zu gewöhnen oder ihn für den Gedanken zu gewinnen, daß der Treubruch kein Verbrechen sei, daß er unter Umständen im gegebenen Falle sogar rühmlich und lobenswerth sei. (Zurufe bei den Sozialdemokraten. Meine Herren, ich glaube vollkommen, daß Sie Ihren in der Armee dienenden Genossen den Rath geben, sich gut zu führen und sich nichts zu Schulden kommen zu lassen. Ich glaube auch, daß Sie es ihnen als hellen Wahnsinn erklären, wenn sie schon jetzt versuchen sollten, Ihre Lehren ins Praktische zu übersetzen (sehr richtig! bei den Sozialdemokraten); ja, meine Herren, daß der Abg. Stolle glaube ich, heißt er der einen Sohn in der Armee hat, ihm auch diesen guten Rath gegeben hat, bezweifle ich nicht. Damit ist aber für mich nichts bewiesen, absolut garnichts; ich entnehme daraus nur, daß die Führer der Sozialdemokraten mit einem gewissen Quantum von Ueberlegung ein noch weit größeres an Vorsicht zu verbinden wissen. Ich entnehme aber nicht daraus, daß Ihre Hintermänner sich alle an diesen guten Rath kehren werden. Sie haben in Ihren Reihen zu viel Franktireurs (Heiterkeit), die sich an keine Parole halten, die auf eigene Hand kämpfen und, was ich für das Schlimmste halte, die gewerbsmäßig agitieren. Sie haben auch solche unter sich, denen die Sache schon lange viel zu langsam geht, die Leben und Fluß in die Bewegung bringen wollen. Ja, meine Herren, mit denen müssen wir rechnen, die es langweilig finden, sich bloß auf Reden agitatorischen Inhalts oder nur auf öffentliche Kundgebungen zu beschränken, denen es nicht konveniert zu warten, die etwas stürmischen Blutes sind.

Meine Herren, ich frage nur: wie kommt es denn, daß ab und an, bald in dieser, bald in jener Kaserne ein Lied, ein Flugblättchen oder andere Druckschriften gefunden werden? Wie kommt es? Ja, daß von Ihrer Seite das nicht geschieht, das glaube ich; ich bin ganz fest überzeugt, daß Sie selbst Ihren heißblütigen Gesinnungs— genossen periodisch den Rath geben, sich nicht die Finger zu ver— brennen durch unüberlegte Kasernenagitation. Ich frage weiter: wie kommt es, daß häufiger als früher Posten angegriffen werden, und merkwürdiger Weise Posten an entlegenen Stellen, an einem Pulvermagazin, vor einem Waffenmagazin oder einem Munitionslager? Ja, meine Herren, daß Sie das nicht thun werden, davon bin ich ganz fest überzeugt. (Zurufe bei den Sozialdemokraten.) Nein, es sieht auch nicht ein Einziger von Ihnen so aus, als wenn er Lust hätte, ein Pulvermagazin zu erbrechen, wenn ein Grenadier mit aufgepflanztem Seitengewehr davor steht. (Zuruf und Heiterkeit.) Meine Herren, Sie können ja garnicht wissen, ob Sie nicht der— maleinst selbst noch berufen sein werden, die Helden wider Willen zu spielen, wenn der große Tag des Krachs anbricht, den Sie immer prophezeit haben (Unruhe und Zurufe bei den Sozialdemokraten), wenn dann aus Ihren unbotmäßigen Reihen der Ruf erschallt: die Herren Reichstags⸗Abgeordneten vor die Front, les officiers en avant! dann hilft Ihnen das Alles nichts, dann müssen Sie mit, Sie können weder links noch rechts ausbrechen, Sie können auch keinen Haken schlagen (Heiterkeit), dann ist, um einmal in Ihrer Tonart zu reden, es nicht mit dem Mundspitzen allein gemacht, dann muß gepfiffen werden, und das thun Sie ja so gern. (Heiterkeit, Dann werden wir wahrnehmen, was Sie auf diesem musikalischen Gebiete leisten können und wem die Noten zuerst ausgehen. (Heiterkeit)

Meine Herren, ich verlasse dieses heitere Bild und kehre zu dem ernsten Gegenstand unserer Berathung zurück. Die Mehrzahl der Rekruten, die zur Truppe einrückt, kommt unverdorben, gottes⸗ fürchtig und königstreu zur Fahne, die Leute sind gegen An⸗ steckungesstoffe jeder Art immun und bleiben es auch. Wir haben aber auch mit Rekruten zu rechnen, die von Jugend auf ver⸗