Frau Herzog) Kapellmeister Weingartner dirigiert. Montag nimmt Richard Wagner's Bühnenfestspiel Der Ring des Nibelungen mit . Rheingold! unter Kapellmeister Wein⸗ artner's Leitung seinen Anfang. (Wotan: Herr Stammer, Donner: rr Krolop, Froh: Herr Philipp, Loge: Herr Gudehus, Alberich Schmidt, Mime: Herr Lieban, Fasolt: Herr Krasa, Fafner: Möodlinger, Fricka: Frau Sucher, 2 Fräulein Hiedler, Erda: rau Goeße, Rbheintöchter· Damen; Herzog, Rothauser, Lammert). Im Königlichen Schauspielbaufe geht morgen das Lust- spiel Wie die Alten sungen“ (Frau Schramm, Herr Vollmer, Herr Molenar, Frau Kahle) in Scene. Am Montag werden die Lust⸗ spiele „Halali und Die stille Wachen in der belannten Besetzung gegeben. — Die festliche Veranstaltung am nächsten Mittwoch hat folgendes Programm: Prolog, gesprochen von Fräulein Poppe: Sang an Aegir‘, vorgetragen von dem aus 180 Mitgliedern besteben den Berliner Lebrer⸗Gefangverein, Orchester: die Kapelle des 4. Garde Regiments 3. F.; die Lustspiele: Die alte Schachtel Trau Marie Seebach, „Die stille Wache. „Die Dienstboten (Frau Schramm, Herr Vollmer). Nach der Vorstellung findet Premenaden⸗ Konzert in den Theater⸗Nebensälen statt. Im Dentschen Theater gehen balben Preisen Die Weber in Scene. Abends findet die erste Wiederholung von Henrik Ibsen's Schauspiel „Klein Evolf“ statt. Weitere Aufführungen dieses Stücks folgen am Dienstag und Freitag als 18. Abonnements ⸗Vorstellung. Am Montag, sowie am Sonnabend (zum 50. Male) werden Die Weber“ gegeben. Am Mittwoch kommt „Der Talisman“ in der Besetzung der Jubilãums.Vorstellung zur Auffübrung. Für Donnerstag ist Nora“ mit Agnes Sorma in der Titelrolle angesetzt. . Im Berliner Theater wird Adolvb LArronge's Lustspiel Der Kompagnon morgen als volksthümliche Nachmittags- vorstellung und sodann am Dienstag und Donnerstag als Abendvorstellung wiederholt. Am Montag gelangt der Naub der Sabinerinnen / zur Aufführung. Oscar Blumenthal s Lustspiel Das zweite Gesicht‘ wird am Mittwoch und Freitag in der Originalbesetzung des Lessing-⸗ Theaters in den Spielplan auf- genommen, während am Sonnabend Ludwig Anzengruber's Volks⸗ schauspiel Der Pfarrer von Kirchfeld! mit Otto Sommerstorff und Teresina Geßner nach längerer Pause wieder zur Aufführung gelangt. Im Lefsing-⸗Theater werden die beiden Novitäten Nach dem Manöper“ von Georg Freiherrn von Ompteda und Ein goldenes Herz? von Labiche morgen, am Mittwoch und am Freitag wiederholt werden. Victorien Sardous Schauspiel Ghismonda“ ist für Mon⸗ tag, Dienstag und Donnerstag angesetzt, während Ludwig Fulda's vieraktiges Lustspiel „Die wilde Jagd? am nächsten Sonnabend zum ersten Mal in den Spielplan des Lefsing⸗Theaters aufgenommen wird. Im Theater Unter den Linden wird morgen, am Montag und Dienstag Der Vogelhändler am Mittwoch zum ersten Mal mit durchaus neuer Ausstattung Der Probekuß', Qvperette in drei Akten von Julius Bauer und Hugo Wittmann, Musik von Carl Millöcker, gegeben. Am Donnerstag und den folgenden Tagen wird diese Novitaͤt wiederholt. = =. Für das VI. Philharmonische Konzert (unter Leitung des , ,,, Rich. Strauß und solistischer Mitwirkung des iolinvirtuosen Emile Sauret) findet morgen, Mittags 12 Uhr, die sffentliche Haupt probe statt. Karten (266) sind bei Bote u. Bock zu haben. — In dem „Beethoven ⸗Abend' zum Besten des Berliner Haydn Mozart Beethoven Denkmals am 15. 38. M. (Saal Bechstein) werden sich die Herren Prof. Joachim, Gerns⸗ heim und Hausmann zum Vortrag des G-dur-Trios, op. 1. Il, und des B- dur - Trios, op. 97, vereinigen, enannten Herren zur Riu as Programm des Konzerts, welches der Violinvirtuose Achille Simbnetti aus London an demselben Tage unter Mitwirkung der
morgen Nachmittag zu
Js mael Genz. ferner die beiden erst⸗ sführung der Violin ⸗Sonate C-moll —
Jagd. Offizieller Strecken Rapport
der Königlichen Hofjagd auf den Feldmarken von Britz Buckow und haecg. fire am Freitag, den 11. Januar.
In zwei Standtreiben, bei denen Seine Majestät der Kaifer und König im Zentrum der Treibwehr streifte und fünf⸗ undzwanzig Herren in der Vorlage Anstellung fanden, wurden g53 Hasen erlegt. Seine Majestãt brachte hiervon 578 auf die Strecke. Die Jagd ward um 11 Uhr angeblasen, die Strecke um 3 Uhr 30 verrichtet. Zwischen beiden Treiben jand im Kesten'schen Gasthofe zu Buckow das Gabelfrühftück statt. Die Witterung war rauh.
Mannigfaltiges.
Das Magistratskollegium erledigte nach dem Bericht der Nat. Itg. gestern in Fortsetzung jeiner Berathungen zur Fest⸗ stelinng des Stadthausbalts-⸗-Etats für das Rechnungejabr 1895/96 den Spezial-⸗Etat der städtischen Armenpf lege. Der— selbe schließt in Einnahme mit 625 400 und in Ausgabe mit 7387 gö60 M ab, sodaß aus der Stadthauptkasse ein Zuschuß von 6 762 500 M erforderlich ist. In Einnahme gestellt sind unter anderm 27 000 ½ς für verfallene Zinsscheine und aus dem Verkauf verfallener Pfänder, an erstatteten Unterstützungen 599 000 66 In Ausgabe gestellt sind für Unterstützungen mittels der Armenkommissionen nach deren monatlichen Abrechnungen 5 380 900 , Kosten der Armen Krankenpflege 1290 900 Æ, für monatlich gezahlte Pflegegelder 680 000 , für Kartoffelbau durch Arme 20 000 S6, Zuschuß an die Armen⸗Speisungsanstalt 54 000 1, Unterstũtzungen. welche unmittelbar bewilligt werden, 290 000 , für besondere Arten von Unter⸗ stützungen 289 9060 4 ꝛc. — Dem Vorschlage der Dexutation für die innere Ausschmũckung des Rathhauses, die don dem Stadtvergrdneten Diersch der Stadt gewidmete Marmor büste Seiner Mojestät des Kaifers Wilbelm II. im Festsaal des Rathhauses aufzustellen, stimmte das Magistrats⸗Kollegium zu.
Um das Andenken der Kaiserin Augusta zu feiern, vertheilte der Verein der Berliner Volksküchen von 1866 an dem Todes⸗ tage Ihrer hochseligen Majestaͤt, dem 7. Januar, über vierhundert Portionen Speisen gratis an bedürftige Familien. Die Unter⸗ stützungskasse zur Gratis ⸗Speisung Nothleidender aus den Volkskũchen wird in diesem Winter wieder stark in Anspruch genommen.
Herr Sally Warschauer, in Firma F. u. S. Warschauer, Werderstraße 8 bierselbst, hat aus Anlaß seines 25 jährigen Geschäfts⸗ Jubiläums für die Armen der Stadt Berlin 3009 gespendet. Die Vertheilung dieser Summe wird seitens der städtischen Stiftungs⸗ Deputation vorgenommen werden.
Um die Damenspende für das am 26. d. M. in der Pbil— harmonie statifindende Ballfest des Vereins Berliner Presse zu einem Werk von erlesenem Werth zu machen, haben einige hundert Schriftfteller und Dichter aus ganz Deutschland, hervorragende Künstler und auch das Kunstgewerbe zusammengewirkt. Von aus⸗ wärtigen Mitarbeitern seien nur Paul Heyse, Felix Dahn, Rosegger, Rudolph Baumbach, Wilhelm Raabe, Georg Ebers, Frau Ebner⸗ Eschenbach genannt, von Künstlern Liebermann, Ghrentraut, Warth⸗ müller, Fritz Werner, Fechner, Saltzmann, Normann, Clemens, Außerdem werden verschiedene Ueberraschungen anderer Art vorbereite. Der Verkauf der Ballkarten findet diesmal von Montag, den 14. Januar an im Bureau des Herrn Redakteurs Schott, ,, 16, parterre, in den Stunden von 3 bis 5 Uhr Nachmittags statt.
Rezitations⸗Abend statt. Für alle Vorträge gültige Eintrittskarten
sind im Vereinsburean, Oberwasserstraße 101, erhältlich.
Das Wochen⸗Repertoire der Urania lautet: Morgen, am Mittwoch, Freitag und Sonnabend: „Durch alle Welten?; Montaz
und Dienstag: Vortrag des Herrn P. Spies über Tesla's Licht der ö.
Zukunft Donnerstag: Dr. Wilhelm Meyer (versõnlich) Durch die Sierra zum Felsengebirge“.
Pots dam, 12. Januar. Seine Majestät der Kaiser und König hat, wie W. T. B. meldet, an den Magistrat und — das nachstehende Allerhöchste Schreiben gerichtet:
„Zum Jahreswechsel haben Mir in altgewohnter Treue der Maglffrat und die Stadtverordneten im Namen der Bürgerschaft Meiner Residenzstadt Potsdam wiederum herzliche Segenswünsche dargebracht und Mich dadurch beim Eintritt in das neue Jahr auf- richtig erfreut. Steht doch die Stadt Potsdam und ihre in Treue zu Meinem Hause erprobte Einwobnerschaft Meinem landes väterlichen Herjen besonders nahe! Ich danke den städtischen Bebörden aufs wärmste und wünsche, daß Ihre Bemühungen um die stetigen Fort⸗ entwickelungen der Stadt auf kommunalem wie kirchlichem Gebiet auch im neuen Jahre durch Gottes Segen mit reichem Erfolg ge⸗ krönt werden mögen.
Neues Palais, 7. Januar 1895.
Wilhelm R.“
Von Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin Friedrich ist den städtischen Kollegien das nachfolgende Schreiben zugegangen:
„Der Beginn eines neuen Jahres hat dem Magistrat und den Stadtverordneten der Residenzstadt Potsdam Anlaß gegeben, Mir freundliche Glückwünsche auszusprechein. Mit Meinem Danke für diesen stets willkommenen Gruß verbinde Ich gern den innigen Wunsch, daß auch das eben beginnende Jahr für Potsdam und seine Bewohner ein glückliches und gesegnetes sein möge.
Berlin, den 3. Januar 1895.
Victoria,
verwittwete Kaiserin und Königin Friedrich.“
München, 11. Januar. Wie die M. N. Nachr. melden. erschlug beute Vormittag im hiesigen Zucht hause ein zum Tode perurtheilter und begnadigter Sträfling seinen Nebengefangenen mit einer Holjaxt. — Im Laufener Steinbruch wurden gestern Nach⸗ mittag vier Arbeiter durch einen berabrollenden Stein todtgedrückt.
Budapest, 11. Januar. Die durch Schneefälle verursachten
kehrsstörungen auf den Linien der Ungarischen Süd— zn fowie auf einigen anderen Strecken sind laut Meldung des T. B.‘ wieder beseitigt. Hingegen ist der Verkehr auf den trecken Tyrnau —Lipotvar, Theben — Stololez und oba — Stuhlweißenburg eingestellt.
Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen.
Konstantinopel, 12. Januar. (W. T. B.) Die „Agence de Constantinople“ ist ermächtigt, die Meldung, daß die Pforte sich an einige Mächte gewandt habe, um deren gute Dienste bei der russischen und englischen Regierung in der armenischen Frage in Anspruch zu nehmen, für durch— aus falsch zu erklären. Dieselbe Agentur dernentiert entschieden die Rachricht von angeblichen Unruhen in Sivas une
Sängerin Fräulein Louise Formhals und des Pianisten Herrn Eduard Behm in der Sing ⸗Akadem ie veranstaltet, bringt u. a. Mendels - sohn's Violinkonzert und eine Reihe von Kompositionen des Kon⸗ ze rtgebers, darunter eine Sonate in C-moll für Klavier und Violine.
Mittwoch, den 16. Januar, Dorotheenstãdtischen
t vom 12. Januar, Morgens.
Wetterberi
Bar. auf 0 Gr. d. Meeressp
—— C lu. d. 82
Stationen.
Temperatur
Belmullet .. Aberdeen .. Christiansund Kopenhagen. Stockholm.
paranda.
oskau ...
Cort, Queens k Cherbourg K . mburg .. winemünde Neufahrwasser Memel... w inster . Karlsruhe.
3 wolkenlos 6 Schnee Z bedeckt
2 bedeckt 2 halb bed.
8 Regen 4 wolkig
1 . Breslau... Ile dAixr .. 1(·‚
halb bed. heiter
3 Nachts und früh Schnee. ) Hochnebel.
Ueber sicht der Witterung.
Die Depression, welche gestern über dem zentralen Deutschland lag, ist westwärts nach der westdeutschen Grenze fortgeschritten, während vorm Kanal ein tiefes Minimum erschienen ist, welches in Irland stürmische füdliche und südöstliche Winde hervorruft. Am höchsten, über 778 mm ist der Luftdruck über dem nördlichen und inneren Rußland. Bei schwacher, im Norden östlicher, im Süden südlicher und süd⸗ westlicher Luftbewegung ist das Wetter in Deutsch⸗ land trübe und kälter mit häufigen Schneefällen, an der Küste ist meistens wieder Frost eingetreten, wäb⸗ rend in den füdlichen Gebietstheilen sowie im In⸗ nern Frankreichs die ziemlich strenge Kälte fort⸗ dauert. In Desterreich Ungarn und Westrußland hat der Frost zugenommen.
Deutsche Seewarte.
) Nachts und früh
Theater ⸗ Anzeigen.
Königliche Schauspiele. Sonntag: Dvern— haus. JI2. Vorstellung. Die luftigen Weiber von Windsor. Komisch⸗phantastische Oper in 3 Akten von O. Nikolai. Text von H. S. von Mosenthal, nach Shakespeares gleichnamigem Lust⸗ spiele. Tanz von Emil Graeb. In Scene gesetzt vom Ober. Regisseur Tetzlaff. Dirigent: Kapellmeister Weingartner. Anfang 74 Uhr.
Schauspielhaus. 13. Vorstellung. Wie die Alten sungen. Lustspiel in 4 Aufzügen von Karl Nie⸗ mann. In Scene gesetzt vom Bber⸗Regisseur Max Grube. Anfang 78 Uhr. .
Montag: Overnhaus. 13. Vorstellung. Der Ring des Nibelungen. Bühnenfestspiel von Richard Wagner. Vorabend: Das Rheingold. Anfang 78 Uhr. ] =
Schauspielhaus. 14. Vorstellung. Halali. Lust⸗ spiel in 4 Aufzügen von Richard Skowronnek. — Die stille Wache. Schwank in 1 Aufzug von Richard Skowronnek. Anfang 77 Uhr.
Denutsches Theater. Sonntag, 25 Ubr: Die Weber. — 77 Uhr: Klein Eyolf.
Montag: Die Weber.
Dienstag: Klein Eyolf.
Zerliner Theater. Sonntag, 25 Uhr: Der stompaguon. - 77 Uhr: Der Raub der Sabi⸗ nerinnen.
Montag: Der Raub der Sabinerinnen.
Dienstag: Der Kompagnon.
Lessing Theater. Sonntag: Manöver. — Ein goldenes Herz. 76 Uhr.
Montag: Ghismonda.
Dienstag: Ghismonda.
Residenz Theater. Blumenstraße Nr. 9. Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Zu halken Preisen: Demi⸗Monde. Schauspiel in 5 Akten von Alexandre Dumas. — Abends 73 Uhr: Zum ersten Male: Fernand's Ehekontrakt. (Fil à la atte.) Schwank in 3 Akten von Georges Feydeau, in deutscher Bearbeitung von Benno Jacobson. Montag und folgende Tage: Dieselbe Vorstellung.
Nach dem Anfang
Neues Theater. Schiffbauerdamm 42. / 5.
Sonntag: Die geschiedene Frau. (Mariage d'hier.) Schauspiel in 4 Akten von Victor Jaunet, deutsch von Paul Block. In Scene gesetzt von Sigin und Lautenburg. Anfang 74 Uhr. ;
Sonntag, Nachmittags 3 Uhr, zu halben Preisen: Komödianten. Lustspiel in 4 Akten von Eduard
Im Hilfsverein für weibliche Angestellte findet am Abends 83 Ubr, Realgymnasiums,
Pailleron.
Brussa.
Aula des 30/31, ein
in der Georgenstraße
(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)
Montag (7. Abonnements⸗Vorstellung): Die ge⸗ schiedene Fran. Dienstag Der kleine Mann.
Friedrich Wilhelmstüdtisches Thenter. Chaufseeftraße 25 / 26.
Sonntag: In durchaus neuer glänzender Aus⸗ stattung. Neue Bearbeitung: Orpheus. Große Ausstastungscperette in 4 Akten (12 Bildern) von Jacques Offenbach. Anfang 75 Ubr.
Montag: Orpheus.
Theater Unter den Linden. Behrenstr. 35 57. Dirertion: Julius Fritzsche. — Sonntag; Der
Vogelhändler. Dperette in 3 Akten nach einer Ider des Bieville von 8. Held und M. West. Musik von Carl Zeller. Regie: Herr Ober⸗Regisseur Julius Epstein. Dirigent: Herr Kapellmeister Baldreich. Anfang 73 Uhr.
Montag: Der Vogelhändler. ;
Mittwoch: Mit vollständig neuer Ausstattung. Zum ersten Male: Novität! Der Probekuß. Dperette in 3 Akten von 982 o Wittmann und Julius Bauer. Musik von Carl Millöcker.
Fentral Theater. Alte Jakobftraßz. Nr. 30. Direktion: Richard Schultz. — Sonntag: Emil Thomas a. G. Anna Bäckers. Josefine Dora. Zum 132. Male: O, diese Berliner! Große Vosse mit Gesang und Tanz in 6 Bildern (nach Salingré's Reise durch Berlin') von Julius . Musik von Julius Einödshofer. Anfang
t. Montag: O, diese Berliner!
Adolph Ernst Theater. Sonntag: Auf⸗ treten der Grotesktänzerin Miß RNose Batchelor vom Prince of Wales⸗Theater in London. Zum 20. Male: Ein fideles Corps. Große Gesangs. posse mit Tanz. Nach dem englischen . A Gaiety Girl‘ von Jonas Sidney frei bearbeitet von Eduard Jacobson und Jean Kren. Anfang 74 Uhr.
Montag: Dieselbe Vorstellung.
Konzerte.
Konzert Haus. Karl Meyder - Konzert. Sonntag Anfang 6 Uhr. Montag Anfang 7 Uhr. Symphonie⸗Konzert. Quv. , Ein Sommernachts— traum v. Mendelssohn. Dup. Der Wasserträger“ v. . Symphonie Nr. 5 Es-dur (Lenore) v. Raff.
Philharmonie. Sonntag, Mittags 12 Uhr: Oeffentliche Hauptprobe zum VI. Philharmo⸗ nischen Konzert.
2
Montag, Anfang 77 Uhr: VI. Philharmonisches Konzert. Dir.. Rich. Strauß. Sol.: Emile Sauret (Viol.).
Zirkus Renz (PRarsstraße). Sonntag: Zwei große Vorstellungen, Nachmittags 4 Uhr und Abends ö ühr. Zum Schluß der Nachmittags⸗Vorstellung: Die luftigen Heidelberger. Zum Schluß der Abend Vorstellung: Tjo Ri En. (Beim Jahres wechsel in Peking.) Vorletztes Auftreten des Herrn Guftav Hüttemann (als Gast) mit seinem Schul⸗ pferde Tincinatus“. In beiden Vorstellungen Auftreten der hervorragendsten Künstlexinnen und Künstler, Vorführen und Reiten bestdressierter Frei⸗ heits, Spring ⸗ und Schulpferde. Preise der Plãtze zur Rachmittags⸗Vorstellung: Logenplatz 4 ., Kinder unter 10 Jahren 2 ς, Sperrsitz 2.59 „. Kinder unter 10 Jahren 1,450 6, Tribünensitz2 . Kinder unter 10 Jahren 1 6, 1. Rang⸗Balkon 2 4, 2. Platz 116, 3. Platz 0 3. Inhaber vom 1. Rang⸗ Balkon, 2. u. 3. Plaß-⸗Billets haben das Recht, ein Kind unter 19 Jahren unentgeltlich einzu ühren. Jedes weitere Kind zahlt auf dem 1. Rang⸗Balkon und 2. Platz die Hälfte. Anfang 78 Uhr. .
Montag, Abends 7 Ubr: Große außerordentlich Vorstellung. To Ni En. (Beim ahreswechlsel in Peking.) äh
Familien⸗Nachrichten.
Verlobt: Gräfin Frida Taveggi mit Hrn. Prem. Lieut. Frhrn. Geyr von Schweppenburg (Bologna — Sigmaringen). . ;
Verche licht! Hr. Kammerherr Moriß Graf Wallwitz mit Frl. Elfriede von Posern (Dresden — Hr. ite Georg Löber mit Frl. Margarethe Seifert IFremdiswalde Dres den). .
Geboren: Ein Sohn: Hrn. Arthur von Geldfus Merseburg) — Hrn. Dietrich von Klitzing; Langenau (Breslau). — Eine Tochter: Hrn. Uugust Grafen Behr⸗Negendank (Plennin— Irn. Rittmeister 4. D. Victor von Dassel⸗ Wellersen (Friedenstbal. Pyrmont) — Hrn. Forst⸗ Affessor Hagemann (Glashütte Mattstall, Elsaß
Gestorben: Hr. Pastor emer. Martin Philig Freyer (Warmbrunn). — Hr. Hauptmann a. Leopold von Jiemietzt⸗ (Weeze, Kreis Geldern)
Frl. Adolfine von Gilgenbeimb (Breslau).
Verantwortlicher Redakteur:
J. V.: Siemen roth in Berlin. Verlag der Erpedition (Scholy in Berlin. Drud der Nord deutschen Buchdruckerei und Verlag, Laftalt, Berlin Sm., Wilbelmstraße Ne. 32.
Fünf Beilagen leinschließlich Börsen⸗ Beilage).
M 10.
zum Deutschen Reichs⸗-A1nz
Erste Beilage
Berlin, Sonnabend, den 12. Januar
Dentscher Reichstag. 12. Sitzung vom Freitag, 11. Januar, 1 Uhr.
Die erste Berathung des Entwurfs eines Gesetzes, , . Aenderung und Ergänzungen des trafgesetz⸗ buchs, des Militär-Strafgesetzbuchs und des Gesetzes über die Presse, wird fortgesetzt. Den Inhalt der Rede des Abg. von Wolszlegier (Pole), der zunächst sprach, haben wir bereits in der gestrigen Nummer mitgetheilt.
Darauf nimmt das Wort der Bevollmächtigte zum Bundesrath, preußische Staats⸗
Minister von Köller:
Meine Herren! Wir sind heute am vierten Tage beschäftigt, die Generaldiskussion über den seitens der verbündeten Regierungen Ihnen zur Vorlage gebrachten Gesetzentwurf zu führen. In den abgelaufenen drei Tagen haben leider nur wenige Herren Abgeordnete des hohen Hauses sich rundweg zustimmend zu der Vorlage ausgesprochen. Die Herren Vertreter der Reichspartei, der konservativen Partei und der ntionalliberalen Partei haben im großen und ganzen ihre Zustimmung w der Vorlage in Aussicht gestellt; sie haben erklärt, daß sie Gründe genug sähen, welche ein Einschreiten der gesetzgebenden Körperschaften erheischten gegen Zustände, die sich im Laufe der letzten Jahre ent⸗ wickelt haben und denen man ruhig fernerhin nicht zusehen kann. Auch, meine Herren, dem Vertreter des Zentrums, der gesprochen hat, und dem Herrn Vertreter der Polen, der soeben seine Rede beendete, können die verbündeten Regierungen im allgemeinen nur danken für das, was sie ausgeführt haben. (Heiterkeit und Zurufe links.) Ich komme auf die einzelnen Ausführungen, die der Herr Abg. Gröber gemacht hat, später zurück und werde auch einige der Worte wieder in Ihr Gedächtniß zurückrufen, welche der Herr Abgeordnete, der so⸗ eben die Tribüne verlassen, zu meiner großen Freude hier ausgesprochen hat. Meine Herren, alle anderen Redner dieses hohen Hauses haben sich völlig ablehnend der Vorlage gegenüber verhalten.
Man kann sich hauptsächlich aus zwei Gründen — vielleicht auch noch aus mehreren — einem Gesetzentwurf, welcher von einer Regierung dem Parlament vorgelegt wird, gegenüber ablehnend ver⸗ halten. Es haben insonderheit auch zwei Gründe herausgeklungen aus den Reden der Gegner der Vorlage: einmal war der Grundton einer Kategorie von Rednern der: es siebt so schlimm, wie es ge⸗ schildert wird, garnicht aus, es liegen gar keine Gründe vor, jetzt mit einer solchen Vorlage vorzugehen. Der zweite Grund, der aus den Reden dieser Herren hervorleuchtete, war der, daß sie sagten: selbst wenn Uebelstände vorhanden sind, wie sie von der Regierung geschildert werden, so sind doch die Maßnahmen, welche die ver—⸗ bündeten Regierungen vorschlagen, nicht geeignet, Wandel zu schaffen. Schließlich sind die Herren Gegner sich darin einig geworden — aus welchen Gründen, ist ja zunächst gleichgültig — die Vorlage rundum abzulehnen.
Meine Herren, es ist bei den Ausführungen dieser Herren wieder nch die Frage gestreift und eingehend erörtert worden: Ausnahme⸗ bestimmungen oder gemeines Recht? Sie entsinnen sich ja alle, die Sie in früherer Zeit dem Reichstag angehört haben, aus jenen Tagen, wo das Sozialistengesetz seine Geltung hatte, daß jedesmal, wenn es sich darum handelte, das Gesetz zu verlängern, diese Frage: Aus⸗ nahmegesetz oder gemeines Recht? — einen großen Theil der Dis— kussion in Anspruch nahm; und, meine Herren, soweit mir nicht nur in Erinnerung geblieben ist, sondern soweit ich auch jetzt durch das nochmalige Durchlesen jener Verhandlungen mich von neuem über zeugt habe, war auf der linken Seite des Hauses zu jener Zeit vorwiegend folgende Erwägung maßgebend: wenn etwas geschehen soll, dann im Rahmen des gemeinen Rechts, aber keine Ausnahme⸗ gesetzgebung. Die Ausnahmegesetzgebung fiel im Jahre 1890; seitdem ist die Regierung fortgesetzt bemüht gewesen, Entwürfe auszuarbeiten, welche es ermöglichen, diese Fragen im Wege des gemeinen Rechts zu erledigen. J
Der Herr Staatssekretär des Reichs⸗Justizamts hat vor wenigen Tagen Ihnen die Resolution kurz vorgelesen, welche der Herr Abg. Windthorst seiner Zeit, als es sich um die Verlängerung des Sozia— listengesetzes handelte, hier zur Abstimmung brachte. Es ist auch von dem preußischen Herrn Justiz⸗Minister darauf hingewiesen, welche Stellung der Herr Abg. Dr. Hänel dieser Frage gegenüber ein genommen hat. Ich will diesen beiden Zitaten noch eins hinzufügen aus einer Rede des Abg. Windthorst, welche er in der 9. Sitzung vom 20. März 1884 hielt. Er äußerte sich:
Wir müssen durchaus aus dem Ausnahmegesetze wieder heraus⸗ treten und müssen zurückkehren zum gemeinen Recht, und wenn das gemeine Recht, so wie es liegt, nicht genügt, dann müssen wir es ergänzen.
Auf Grund dieser Ausführungen wurde jene Resolution, von der Herr Staatssekretär Nieberding gesprochen hat, im Hause angenom⸗ men. Jetzt macht die Regierung den Versuch, aus dem Rahmen des Ausnahmegesetzes herauszutreten und die Frage, deren Erledigung sie für dringend wünschenswerth hält, durch Bestimmungen im ge— meinen Strafrecht zu erledigen. Wenn der Herr Abg. Barth in seiner gestrigen Rede sagte, Herr Hänel habe erklärt, daß er es für durch- aus nicht dringlich halte, auf dem Boden des gemeinen Rechts vor- zugehen, so stimmt dies nicht ganz genau mit dem überein, was Herr Hänel in jener selben Sitzung ausführte, aus der ich eben das Windt⸗ horst'sche Zitat mittheilte. Herr Hänel sagte da:
Wenn mir von irgend einer Seite nachgewiesen wird, daß in dieser Beziehung, was also die Verhütung, die Entdeckung, die Bestrafung solcher Verbrechen betrifft, unser gemeines Recht Lüũcken und Unzut räglichkeiten enthält, so sage ich ruhig heraus: Wir alle ohne Unterschied der Partei wären verpflichtet, diese Lücken aus- zufũllen.
(Hört, hört! rechts) Meine Herren, gestern wurde von einem der Herren Redner bebauptet, die Ausnahmegesetzgebung wäre heute noch besser angewandt gewesen, als die Rückkehr zum gemeinen Recht. Ja, meine Herren, wenn wir uns über diese Frage in doktrinärer, theoretischer Weise von Jahr zu Jahr von neuem streiten, so fürchte
ich beinahe, es wird etwas spät werden, bis wir uns darüber geeinigt haben. Es könnte uns geben, wie jenem Wanderer, der im Zweifel, ob er den Weg links oder rechts um die Stadt ein⸗ schlagen soll, um zum Bahnhof zu gelangen, so lange zweifelt, daß er schließlich hinkommt, wenn der Zug abgegangen ist, und er so die Abfchrt versäumt. Meine Herren, ich ziehe daraus den Schluß, daß wir, wenn wir uns gemeinsam überzeugen werden, es müsse Wandel geschaffen werden, uns nicht mit solchen doktrinären Streitigkeiten unnütz aufhalten dürfen, sondern zum Werke schreiten müssen. (Sehr richtig! rechts.) ;
Meine Herren, der Herr Abg. Colbus sprach gestern auch über die Vorlage und sagte: helfen kann uns nur die Religion gegen den Umsturz. Ja, meine Herren, ich bin dem Herrn Abg. Colbus sehr dankbar für diese Aeußerung und stimme dem auch vollständig bei, daß ein großer Theil jener Ideen, die auf den Umsturz gerichtet sind, durch das religiöse Bewußtsein der Bevölkerung beseitigt werden muß. Aber, meine Herren, damit allein ist es nicht gethan. Zuruf aus der Mitte.)
Wenn der Herr Abg. Colbus bei dieser Gelegenheit eine kleine Exkursion machte, in welcher er die Verhältnisse Elsaß ⸗Lothringens
beleuchtete, die ja eigentlich mit dieser Vorlage sehr wenig zu thun
haben, so wollen Sie mir verzeihen, wenn ich auf zwei Punkte in einigen Worten antworte. Der Herr Abg. Colbus sagte, an der Straßburger Universitãt ist keine Spur von Religion und — Gottesfurcht zu finden, ich weiß nicht genau, wie der Herr Abgeordnete sich ausgedrückt hat, — etwa: keine Spur von Religion oder christ⸗ lichem Bewußtsein, oder so ähnlich. Nun, meine Herren, Sie werden mir ja zutrauen, daß ich einigermaßen die Straßburger Verhältnisse auch kenne. Ich habe dort viele Jahre gelebt, während Herr Colbus vielleicht in seinem Leben drei bis vier Mal dort gewesen ist. Ich weiß, daß es sehr viele Männer an der Straßburger Universität giebt, die einen positiv christlichen Glauben haben und ihn auch vertreten.
Herr Colbus machte weiter folgende Exkursion:
Das Volk in Elsaß⸗Lothringen wird immer verbitterter unter dem
Diktaturparagraphen. (Sehr richtig! links) Meine Herren, Sie rufen: sehr richtig! und kennen die Verhältnisse absolut nicht. (Widerspruch links.) Der Diktaturparagraph besteht, das ist richtig; er ist aber in den fünf oder sechs Jahren, die ich die Ehre gehabt habe, der inneren Verwaltung dort vorzustehen, nur einmal angewandt worden. (Zuruf links.) Und diese einmalige Anwendung hat keinen Elsaß⸗Lothringer verbittert. (Widerspruch links) Der Diktaturparagraph wurde angewendet zur Unterdrückung eines sozialdemokratischen Blattes, welches von Alt⸗ deutschland aus nach Elsaß⸗Lothringen hinübergeschickt worden war, und dessen Redakteure ebenfalls Altdeutsche waren. In Elsaß⸗ Lothringen war man über diese Maßregel nicht verbittert, sondern man hat der Regierung den wärmsten Dank gewußt. (Zuruf.) Wenn der Herr Abg. Colbus weiter gesagt hat, die Verhältnisse in Elsaß⸗Lothringen wären so verbittert, daß sie immer schlimmer würden, so kennt der Herr Abg. Colbus sein eigenes Vaterland nicht. (Oh! links. Oder wenn er es kennen sollte, so hat er nicht ganz das aus—⸗ gesprochen, was den thatsächlichen Verhältnissen entspricht. (Zuruf links) Meine Herren, die Verhältnisse in Elsaß⸗Lothringen sind im Laufe der Jahre sehr viel ruhiger geworden, die Bevölkerung ist sehr viel mehr einverstanden und ausgesöhnt mit den Verhältnissen; es sind nur kleine Kreise, welche sich berufen fühlen, Verbitterung, Haß und Aufregung zu schüren. (Zuruf links.)
Die Herren Abgg. Dr. Munckel und Dr. Barth ferner sehen absolut keine Gefahr, welche irgendwie vorliegen könnte. Der Herr Abg. Barth führte aus, daß er die bürgerliche Gesellschaft für so stark hielte, daß sie diesen schwächlichen Angriffen der Sozial⸗ demokratie ruhigen Auges entgegensehen könnte. Meine Herren, auch der Herr Abg. Dr. Alexander Meyer hat einen ähnlichen Standpunkt in einer Volksversammlung, in welcher er gesprochen hat, vertreten, indem er sagte:
Was ist denn geschehen, warum will man da jetzt durch solche
Maßnahme die Sozialdemokratie, welche sich ja schönstens in den Haaren hat und im Begriffe ist, zu zerfallen, künstlich wieder zusammenschweißen?
Er setzte aber hinzu:
Ich wiederhole, sollten wieder verbrecherische Thaten vor⸗ kommen, so muß der Staat zeigen, daß er keinen Spaß versteht; aber eine Vorlage, die nichts nützt, hat keinen Zweck.
Ja, meine Herren, ich freue mich, daß der Herr Abg. Dr. Meyer das ausgesprochen hat; ich glaube, es trifft dies iganz die Auffassung der Regierung, daß sie in solchem Falle absolut keinen Spaß verstehen würde. Aber, Herr Abg. Dr. Munckel und Dr. Barth, warum so lange warten, bis die erfte Bombe geflogen ist? Einige Menschen kommen dabei doch immer um! Wenn wir glauben, daß wir das unschuldige Blut, das da vergossen werden kann, noch zu rechter Zeit schützen und schirmen können; wenn wir uns über zeugen, daß die Verhältnisse drängen — dann, meine Herren, glaube ich, werden auch Sie bereit sein, diejenigen gesetzgeberischen Maßnahmen zu gewähren, welche nöthig sind, um derartigen Unglücksfällen vor⸗ zubeugen. (Zuruf links) Man macht uns den Vorwurf, die Re— gierung sieht die Sachlage viel zu ernst an, sie treibt Schwarj⸗ seherei. Meine Herren, ich würde nichts lieber, als hier von dieser Stelle aus Ihnen zugestehen dürfen: Sie haben Recht; wir sehen zu schwarz; — aber mein Gewissen und meine Pflicht ver bieten mir, diese Erklärung abzugeben. Wir sehen nicht zu schwarz; ich werde Ihnen im Laufe meiner Ausführungen beweisen, daß Ver⸗ hältnisse obwalten, die uns alle Ursache geben, aufmerksam zu sein und nicht, wie einige von Ihnen, die Sache leicht zu nehmen und leicht darüber hinwegzugehen. Meine Herren, es ist ja leider ein Fehler des deutschen Charakters, in gewisser Beziehung Vogel Strauß⸗ Politik zu treiben, den Kopf in den Sand zu stecken und zu sagen: was ich nicht sehe, geschiebt nicht, — aber, meine Herren, es ist jedenfalls vorsichtiger, vorher zu bedenken und nachher zu thun, als umgekehrt.
eiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.
1895.
Meine Herren, nach den Ausführungen, die ich gemacht habe, werden Sie mit Recht von mir erwarten, daß ich Ihnen mehr Material gebe und Sie einen Blick in die Verhältnisse hinein thun lasse, und darlege, daß der Vorwurf, die Regierung sähe zu schwarz, nicht gerechtfertigt ist. Ich werde das nachher auch thun. Vorher möchte ich nur noch bemerken, daß auch der Vertreter einer anderen Partei sich auf den Standpunkt gestellt hat: Ja, wir sind es doch nicht; warum also ein Gesetz machen, das gegen uns gerichtet ist?“ Der Herr Staatssekretãr Meberding hat in seinen erften Ausfũhrungen gesagt: das Gesetz ist nicht gegen die Sozialdemokratie gerichtet“). Dies ist ihm in der Presse aber ganz falsch ausgelegt worden; man hat geglaubt, es wäre eine Art von mangelnder Kourage, daß vom Regierungstisch gesagt würde: das Gesetz ist nicht gegen die Sozialdemokratie gerichtet. Meine Herren, so hat der Herr Staats sekretãr Nieberding das nicht gemeint; er hat vielmehr nur sagen wollen, daß das Gesetz alle treffen soll, die solche Dinge treiben, welche Gefahren für das Staatsleben in sich bergen; namentlich alle, die auf Umsturzbestrebungen ausgehen, insonderheit die Anarchisten. In dem Sinne, glaube ich, waren die Aeußerungen des Herrn Staats⸗ sekretärs zu verstehen.
Meine Herren, der Herr Abg. Auer sagte, es sei nicht eine einzige That vorgebracht, welche die Sozialdemokratie betrifft; das, was da vorgebracht sei, das seien alles die bösen Anarchisten, ihre bösen Brüder, gewesen. Die Politik der Anarchisten bezeichnete der Herr Abg. Auer bei dieser Gelegenheit als die „Politik der Narren“ und die Anarchisten selbst als die größten Gegner ihrer Bewegung. Meine Herren, ich will einmal annehmen, dies sei wahr, — darauf kommt es aber doch bei dieser Gelegenheit garnicht an. Wenn ich Artikel in der Presse lese, wenn ich Reden in Versammlungen höre, die staatsgefährlich und auf Umsturz gerichtet sind, so kommt es ja nicht darauf an, ob es ein Sozialdemokrat ist, der die Rede hält, oder ein Anarchist. Wir machen Ihnen nicht Vorwürfe für diejenigen Sachen, die in der Freiheit“ stehen, — nein, wir theilen aber im ganzen Hause und im ganzen Lande die⸗ jenigen Produkte der Presse, diejenigen Aeußerungen aus Ver⸗ sammlungen mit, welche wir für gefährlich halten, und ich will mich freuen, wenn die Parteien, die hier im Hause vertreten sind, bei derartigen Sachen nicht betheiligt sind. Also die Beschuldigung oder der Borwurf des Abg. Auer, daß wir ihm Zitate der Freiheit“ vorlesen, ist ganz unzutreffend. Meine Herren, aber der Herr Abg. Auer wollte sich die Freiheit! und ähnliche Blätter, auch den ‚Sozialist“, vollständig abschütteln. Wie weit ihm das gelungen ist, darüber werden andere anders urtheilen, wie der Herr Abg. Auer selbst. Er bemerkte: Was ist die „Freiheit“ für ein Blatt? Nur die Polizei liest es, es wird nur durch Polizei spitzel eingeführt; ja, er verstieg sich sogar zu der Aeußerung: das Blatt sei mit polizeilichem Geld gedruckt worden. Ich weiß nicht, woher der Herr Abg. Auer seine Wissenschaft hat; mir ist davon nicht nur nichts bekannt, sondern ich glaube, daß ich sehr leicht den Beweis führen kann, daß das eine sehr arge Verleumdung gegen diejenigen ist, welche über die Mittel des Staats in dieser Be⸗ ziehung zu verfügen haben. Wenn der Herr Abg. Auer aber sagte, die Freiheit würde nur durch die Polizei in das Reich importiert, so irrt er. Meine Herren, erst kürzlich, vor nicht langer Zeit, ist ein Mann — ich vermuthe, daß er der anarchistischen oder sozialistischen Partei angehört hat — wegen Verbreitung der Frei⸗ heit“ bestraft worden, und nicht einer, der etwa gesagt hätte, er habe sie im Auftrage der Polizei geholt.
Meine Herren, auch den „Sozialisten haben Sie sich abschütteln wollen. Es wurde dabei von dem Herrn Abg. Auer die Bemerkung gemacht, kein Jurist sähe ein, weshalb das unglückliche Blatt jetzt konfisciert würde. Meine Herren, das ist eine Entstellung der Wahr⸗ heit, eine Entstellung der Thatsachen. Der „ Sozialist“ ist kon⸗ fisciert werden, und zwar ist die Konfiskation vom Gerichte bestätigt worden. Also, wenn eine richterliche Entscheidung es feststellt, so ist das ein Jurist, der das gemacht hat, und die Ansicht des Herrn Abg. Auer war also nicht richtig. Nun, meine Herren, ob es Ihnen ge⸗ glückt ist, in den Augen des Landes alle diese Erzeugnisse der Presse, alle die Sachen, die die Anarchisten treiben, oder die Unabhängigen oder die Jungen oder das freie Wort“ oder wie die Vereine alle heißen, abzuschütteln oder zu verleugnen, das will mir mehr als zweifelhaft erscheinen. Es ist eine starke Zumuthung, daß wir Ihnen jetzt glauben sollen, daß Sie mit allen diesen Sachen jetzt nichts mehr zu thun haben, daß sie Ihnen fremd sind. Es war vor noch nicht langer Zeit, vor 2 Jahren, da sagte der Herr Abg. Lieb⸗ knecht in einer Sitzung dieses hohen Hauses:
Ich habe dem Herrn Abg. Windthorst hier zu antworten, daß ich keine Aeußerung, die ich oder irgend einer meiner Partei⸗ genossen jemals im Hause mit Bezug auf den Nihilismus, die Kommune und die Revolution gemacht haben, zurücknehme oder gar ihr entgegentrete. Wir haben nicht den geringsten Grund, die Nihilisten zu verleugnen, und ich bin überzeugt, daß die Nihilisten aus sittlichen und edlen Motiven handeln.
Das war im Jahre 1893.
Im Jahre 1884 sagte Herr Abg. Liebknecht in der Sitzung vom 21. März, als er angegriffen wurde:
Ich soll namentlich in London als Festredner bei einer März feier die soziale Revolution haben leben lassen. Das habe ich aller- dings gethan.
(Hört, hört! rechts) Er sagte weiter:
Wir stehen mit unseren ausländischen Parteigenossen in Ver⸗ bindung, wir betrachten sie als unsere Brüder, wir sind inter⸗ national.
(Hört, hört! rechts) Er äußerte weiter:
Mit jener Politik der Barbaren wollte das französische Volk brechen, und um dies zu besiegeln und um diesem hohen Gedanken Ausdruck zu leihen, warf es die Vendsmesäule um; die deutschen Vendömesäulen werden auch niedergelegt werden.