1895 / 30 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 02 Feb 1895 18:00:01 GMT) scan diff

Die Antwort Seiner Ma jestät lautete, wie folgt:

Bien emu par la triste nouvelle que vous venez de me faire parvenir, je tiens à vous exprimer mes sincères condoleances. Feu mon Grandpêre et mon Pere mont souvent parlé du brave maréchal dans des termes de la plus haute estime et d'admiration.

Guillaume.

Das Telegramm vom 30. Januar, in dem Seiner Majestät der Sohn und der Schwiegersohn des verstorbenen Marschalls Canrobert ihren Dank ausdruͤckten, hatte folgenden Wortlaut:

Sire, le maréchal Canrobert ent senti profondément la noblesse des sentiments que Votre Majestè exprime en Y associant le corps de sa garde. Dans sa douleur la fan n du mare chäl adresse à Votre Majestè Ihommage respectueux de sa gratitude.

Lienténant Canrobert., lientenant de vaisseau de Javacelle.

Seine Majestät der Kaiser und J,. haben mittels Allerhöchster Kabinetsordre vom 24. Januar bestimmt, daß im laufenden Jahre bei der Infanterie⸗Schießschule wei Informationskurse für je 33 Oberst⸗Lieutenants und Majors der Fußtruppen ausschließlich Fuß⸗ Artillerie, ein In⸗ formationskursus für 36 Eskadronchefs, sowie ein Infor⸗ . für 30 Regiments⸗Kommandeure und im Range gleichstehende Stabsoffiziere der Fußtruppen ausschließlich Fuß⸗ Artillerie abgehalten werden. An Lehrkursen finden im Jahre 1895 bei der Infanterie⸗Schießschule vier statt; zu jedem sind 60 Hauptleute und 30 Lieutenants der Fußtruppen, aus⸗ schließlich Fuß⸗-Artillerie, zu kommandieren. Unteroffizier⸗ Uebungskurse sind im Jahre 1896 in Spandau⸗Ruhleben und auf den Truppen⸗-Uebungsplätzen Arys und Hagenau mit insgesammt 420 Unteroffizieren der Infanterie und 120 Unter⸗ offizieren der Kavallerie abzuhalten. Als Hilfslehrer dürfen Lieutenants bis zur Zahl von 12 herangezogen werden. Das Kriegs⸗-⸗Ministerium ist ermächtigt, unter Umständen eine Er⸗ höhung der für die Kurse festgesetzten Theilnehmerzahl ein⸗ treten zu lassen.

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Das Staats-Ministerium trat heute Nachmittag 1 Uhr unter dem Vorsitz des Minister-⸗Präsidenten Fürsten zu Hohenlohe im Dienstgebäude, Leipziger Platz 11, zu einer Sitzung zusammen.

Diejenigen Postsendungen nach Amerika, welche dem Postdampfer „Elbe“ am 30. Januar in Southampton hätten zugeführt werden sollen, werden nach dem Untergang des genannten Dampfers, auf Ersuchen der Reichs-Postverwaltung von der englischen Postverwaltunf mit dem am 3. Februar von Queenstown nach New⸗Hor abfahrenden Post dampfer „Umbria“ weiterbefördert werden.

Die Kommission für die zweite Lesung des Ent⸗ wurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuchs für das Deutsche Reich erledigte in den Sitzungen vom 28. bis 30. Januar zunächst den Rest der Vorschriften über die Wirkungen des Erbschaftserwerbs Gs 2051 bis 2057). ö. J .

Gegen die Vorschrift des 8 2055, wonach der Erbe ver⸗ pflichtet ist, die Kosten der standesmäßigen Beer⸗ digung des Erblassers zu tragen, erhob sich kein Widerspruch. .

69. shischluß an das im Gebiet des Sächsischen Rechts und einiger anderer Rechte geltende Institut des soge⸗ nannten Dreißigsten war beantragt, der Wittwe und den Kindern des Erblassers, soweit sie mit ihm bis zu seinem Tode in häuslicher Gemeinschaft gelebt haben und von ihm unter⸗ halten worden sind, bis zum dreißigsten Tage nach seinem Tode ihre bisherige Wohnung und den Gebrauch der für sie erforderlichen Gegenstände des Haushalts zu belassen sowie aus dem Nachlaß den Unterhalt in bisheriger Weise zu ge⸗ währen. Die Mehrheit entschied sich jedoch gegen eine solche Vorschrift. . . ; . ö

Nach dem ; 2056 Abs. 1 soll sich das Rechtsverhält⸗ niß zwischen dem Erben, der vor der Ausschlagung erbschaftliche Geschäfte besorgt hat, und dem⸗ jenigen, der in folge der Ausschlagung Erbe wird, nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag bestimmen. Diese Vorschrift blieb unbeanstandet. Der 2056 Abs. 2 gewährt dem Erben das Recht, auch vor der An⸗ nahme der Erbschaft mit der Wirkung über Exb— schaftsgegenstände zu verfügen, daß derjenige, welcher infolge der späteren Ausschlagung Erbe wird, dem betheiligten Dritten gegenüber an diese Verfügungen ge⸗ bunden ist. Statt dessen wurde beschlossen, die Wirksamkeit solcher Verfügungen gegenüber dem später eintretenden Erben von der Vorauzsetzung abhängig zu machen, daß mit dem Aufschube der Verfügungen Gefahr verbunden ist; dagegen soll ein Rechtsgeschäft, das gegenüber dem Erben als solchem vorgenommen werden muß, z. B. eine Kündigung, wenn es vor der Annahme vorgenommen wird, auch nach der Aus⸗ schlagung wirksam bleiben. .

Die Vorschrift des 3 2057 Abs. 1 Satz 1, daß vor der Annahme der Erbschaft der Erbe nicht verpflichtet ist, einen zwischen dem Erblasser und einem Dritten an⸗ hängig gewordenen Rechtsstreit fortzusetzen oder auf einen neuen gegen ihn als Erben erhobenen Rechtsstreit sich einzul assen, wurde gebilligt. Auch die weiteren Vor⸗ schriften des 8 2057 über die Zulaͤssigkeit einer Zwangsvoll⸗ streckung oder einer Arrestvollziehung gegen den Erben während der Ueberlegungszeit gelangten . nach dem Entwurfe zur Annahme; man war aber einverstanden, diese Vorschriften in die Zivilprozeßordnung zu verweisen. .

Die S5 2058 bis 2067 betreffen die Fürsorge des Nachlaßgerichts. J

Nach dem 5 2058 Abs. 1 . wenn ein Erbe unbekannt oder wegen Abwesenheit, Geschäftsunfähigkeit, beschränkter Geschäftsfähigkeit oder aus anderen Gründen außer stande ist, für den Nachlaß zu sorgen, das Nachlaßgericht von

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Amtswegen für die Sicherung des Nachlasses . sorgen, als das Bedürfniß erfordert; das Nachlaßgericht kann insbesondere die Anlegung von Siegeln, die öffentliche Hinterlegung der Gelder, Kostbar⸗ keiten und Werthpapiere, sowie die Anfertigung eines Nachlaßverzeichnisses anordnen. Diese Vorschriften fanden achlich mit der Erweiterung Zustimmung, daß in allen Fällen, in denen die Erbschaft noch nicht angenommen ist, das Nachlaß⸗ gericht für die Sicherung des Nachlasses zu sorgen hat, soweit ein Bedürfniß für solche Fürsorge besteht, mithin auch in solchen Fällen, in denen der Erbe bekannt und für den Nachlaß zu sorgen im stande ist, aber während der Ueberlegungszeit unthätig bleibt. Hinsichtlich des zweiten Absatzes des 5 2068, welcher den Fall betrifft, wenn ein Testamentsvollstrecker vor⸗ handen ist, wurde der Redaktionskommission anheimgestellt zu prüfen, ob dieser Absatz nicht mit Rücksicht auf die Vorschrift des Abs. J entbehrlich sei. .

Die S858 20659 bis 2066 regeln die Nachlaßpfleg⸗ schaft. Nach dem 5 2059 ist die Anordnung einer Nachlaß⸗ pflegschaft nur dann zulässig, wenn der Erbe unbekannt ist oder wenn ein Nachlaßgläubiger die Anordnung beantxagt, um vor der Annahme der Erbschaft durch den Erben seinen Anspruch gegen den Nachlaß gerichtlich geltend machen zu können. Demgegenüber wurde beschlossen, die Bestellung eines Nachlaß⸗ pflegers auch dann zuzulassen, wenn der Erbe bekannt, die Erb⸗ chaft aber noch nicht H,,, ist und ein Bedürfniß der Für⸗ orge für den Nachlaß besteht. Nach dem 5 2969 finden auf die Nachlaßpflegschaft, soweit nicht in den § 2061 bis 2065 ein anderes bestimmt ist, die Vorschriften über die Pflegschaft Anwendung. Man war der Ansicht, daß dieser Satz eines besonderen Ausdrucks nicht bedürfe, und der z 2060 wurde daher gestrichen. Der 5 206l, demzufolge das Nachlaßgericht in Anfehung der Nachlaßpflegschaft die Rechte und Pflichten des Vormundschaftsgerichts hat, erfuhr keine Anfechtung. Als entbehrlich wurde dagegen der 5 2062 gestrichen, welcher aus⸗ spricht, daß gegen den Nachlaßpfleger alle Ansprüche geltend gemacht werden können, die gegen den Erben als solchen zu richten sind, sofern sie nicht eine von der Person des Erben abhängige Verbindlichkeit betreffen. Die 2063 bis 2065 enthalten Bestimmungen über die Stellung des Nachlaßpflegers mit Rücksicht auf das Inventarrecht des Erben. Nach dem s 2063 wird das Inventarrecht des Erben weder durch einen Verzicht des Nachlaßpflegers noch durch die Versäumung einer diesem bestimmten Inventarfrist noch dadurch ausgeschlossen, daß das Inventarrecht im Prozesse von dem e f, , nicht eltend gemacht oder in dem gegen den Nachlaßpfleger er⸗ assenen Urtheil nicht vorbehalten ist. Gegen den sachlichen Inhalt des 8 2063 erhob sich kein Widerspruch. Vorbehalten blieb, nach der Berathung des Inventarrechts auf den S 2063 zurückzukommen. Auch der ) 2064, welcher dem Nachlaß⸗ pfleger das Recht giebt, das Aufgebot der Nachlaßgläubiger sowle die Eröffnung des Konkurses über den Nachlaß zu beantragen, fand die Zustimmung der Kommission. Nach dem 8 2065 Abs. 1 ist, wenn der Nachlaß zur vollständigen Befriedigung der Nachlaßgläubiger nicht aus⸗ reicht, der Nachlaßpfleger dem Erben gegenüber ver⸗ pflichtet, dafür zu sorgen, daß kein Nachlaßgläubiger aus dem Nachlaß in größerem Umfang befriedigt wird, als er nach den Vorschriften über das Inventarrecht zu verlangen berechtigt ist. Man war darüber einverstanden, daß diese Verpflichtung des Nachlaßpflegers selbstverständlich sei. Dagegen wurde be— schlossen, die gleiche Verpflichtung dem Nachlaßpfleger den Nachlaßgläubigern gegenüber auszuerlegen. Die Vor—⸗ schrift des 5 2065 Abs. 2, wonach der Nachlaßpfleger den Nachlaßgläubigern gegenüber verpflichtet ist, über den Bestand des Nachlasses Auskunft zu geben, wurde gestrichen

Der §z 2066 bestimmt, daß eine nach dem 8 2059 Abs. 1 angeordnete Nachlaßpflegschaft erst aufgehoben werden soll, wenn der Erbe ermittelt und die Erhschaft von ihm ange⸗ nommen ist. Die Mehrheit war der Ansicht, daß in dieser Hinsicht die allgemeinen Vorschriften über die Aufhebung einer Pflegschaft (5 1795 Abs. 3, 8 1796 des Entw. II) genügten, und enischied sich deshalb für die Streichung des 8 2066.

Die Vorschriften des S 2067 über die öffentliche Aufforderung zur Anmeldung der Erbrechte, falls der Erbe unbekannt ist, gelangten in der Hauptsache nach dem Entwurf zur Annahme. Jedoch wurde abweichend von dem Entwurf beschlossen, daß die öffentliche Aufforderung zu unter⸗ bleiben hat, wenn die Kosten derselben gegenüber dem Bestande des Nachlasses unverhältnißmäßig groß sind; in diesem Falle soll die im § 2067 Abs. 3 bestimmte Frist mit der Aufforde⸗ rung des Nachlaßgerichts zur Begründung der Anmeldung oder zur Erhebung der Klage beginnen. ö .

Die Berathung wandte sich sodann den Vorschriften über den Erbschein (38 2068 bis 2079) zu.

Nach dem §z 268 kann ein Erbschein, abgesehen von den besonderen Fällen des 8 2078, nur dem y Erben, nicht auch demjenigen ertheilt werden, der sein Erbrecht auf eine Erbeinsetzung gründet. Demgegenüber war beantragt, den Erbschein auch auf eingesetzte Erben auszudehnen. Nach einer eingehenden Erörterung entschied sich die Mehrheit für diese Ausdehnung. Der Anregung, an Stelle der Ertheilung eines Erbscheins die Eintragung der Erbfolge in ein Erb⸗ schaftsregister vorzusehen, wurde keine Folge gegeben. .

Eine Ergänzung erfuhr der 3 2068 durch den Zusatz, daß, wenn mehrere Erben vorhanden sind, auf den Antrag auch nur eines der Erben ein gemeinschaftlicher Erbschein für alle Erben zu ertheilen ist. . .

Der § 20669 bestimmt die Erfordernisse des Antrags auf Ertheilung des Erbscheins im Fall der gesetzlichen Erbfolge. Gegen den sachlichen Inhalt des 5 269 erhob sich kein Widerspruch. Hinzugefügt wurde als Abs. 2 die Be⸗ stimmung, daß, wenn ein gemeinschaftlicher Erbschein ertheilt werden soll, der Antragsteller die Miterben die ihnen zu⸗ stehenden Erbtheile und die Annahme der Erbschaft durch die Miterben anzugeben hat. Infolge der zu 3 2068 beschlossenen Ausdehnung des Erbscheins auf den Fall der Erbeinsetzung soll ferner der Entwurf durch folgenden 8 2069a ergänzt werden: .

„Wird die Ertheilung eines Erbscheins auf Grund einer Verfügung von Todeswegen beantragt, so hat der Antrag— steller die im 5 2069 Abs. 1 Nr. 1, 6 und Abs. 2 vor⸗

eschriebenen Angaben zu machen und außerdem die Ver⸗

n,. zu bezeichnen, auf welcher sein Erbrecht beruht, auch anzugeben, ob und welche sonstigen Verfügungen des Erb⸗ lassers von Todeswegen vorhanden sind. Ist er infolge des Wegfalls einer anderen Person zur 3 berufen oder hat sich sein Erbtheil infolge des Wegfalls einer anderen rsdl vergrößert, so hat er anzugeben, in welcher Weise die andere 36 weggefallen ist.“

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Die Vorschriften des 8 WM über den Nachweis der zur Begründung des Antrags erforderlichen Angaben gelangten mit einigen aus den Beschlüssen zu den 88 „2W6) sich ergebenden Ergänzungen nach dem Entwurf zur Annahme. Hinzugefügt wurde insbesondere dem 5 2M Abs. 2 die Be⸗ stimmung, daß, wenn ein gemeinschaftlicher Erbschein für alle Erben ertheilt werden soll, das Gericht sich darauf beschränken kann, die eidesstattliche Versicherung nur von einem oder einigen der Erben zu verlangen. Ferner soll als 53 20a der Zusatz Aufnahme finden: .

„Wird die Ertheilung eines Erbscheins auf Grund einer Verfügung von Todeswegen beantragt, so hat der Antrag⸗ steller die Verfügung, auf welcher sein Erbrecht beruht, und im Falle des S 2069 a Abs. 1 Satz 2 den Wegfall der anderen Person nach 5 2070 Aks. 1 nachzuweisen und seine Angabe über sonstige Verfügungen des Erblassers von ,, , n. nach Maßgabe des S 2070 Abs. 2 durch eidesstattliche . sicherung zu bekräftigen ; .

Nach dem § 2071 Abs. 1 Satz 1 hat das Nachlaßgericht den Erbschein, nur dann zu ertheilen, wenn es von dem Erbrecht des Antragstellers überzeugt ist. Zugleich bringt Abs. 1 Satz 2 den Grundsatz zum Ausdruck, daß die erforderlichen Erhebungen von Amtsweger zu erfolgen haben. Diese Vorschriften wurden nicht , 6 soll Abs. 2, wonach der Erbschein nicht ertheilt werden darf, so lange ein Rechtsstreit über das Erbrecht anhängig ist, durch folgende Vorschrift ersetzt werden: ᷣJᷣ

„Ist ein Rechtsstreit über das Erbrecht anhängig, so soll der Erbschein nur nach Anhörung der anderen Prozeßpartei ertheilt werden.“ . . ö

Die Vorschrift des 8 2072 über die öffentliche Auf⸗ forderung zur Anmeldung der Erbrechte erfuhr keine Anfechtung. Mit Rücksicht auf die zu 3 2068 beschlossene Er⸗ weiterung des Rechts auf Ertheilung des Erbscheins soll aber der Entwurf durch folgende Bestimmungen ergänzt werden:

Ist die Verfügung von Todeswegen, auf Grund deren die Eriheilung des hen, beantragt wird, nicht in einer öffentlichen Urkunde enthalten, so soll die Ertheilung erst er⸗ folgen, nachdem diejenigen, welche im Falle der Unwirksamkeit der Verfügung Erben wären, über die Gültigkeit der Ver⸗ fügung gehört worden sind. Die Anhörung ist nicht erforder⸗ lich, wenn sie unthunlich ist.“

Der § 2073 trifft Bestimmung über die Befugniß des Nachlaßgerichts, auch nach der Ertheilung des Erbscheins von Amtswegen Ermittelungen über die Richtigkeit des Erbscheins vorzunehmen und, wenn es sich von dessen Unrichtigkeit über⸗ zeugt, den Erbschein einzuziehen und ö für kraftlos zu erklären. Der 52074 gewährt (Abs. 1 und?) dem wirklichen Erben gegen den Besitzer des unrichtigen Erb⸗ cheins einen Anspruch auf Herausgabe des Erbscheins owie auf Ertheilung von Auskunft über die zur Erbschaft gehörenden Gegenstände und deren Verbleib. Diese Vorschriften wurden sachlich gebilligt, ebenso der 2074 Abs. 3, demzufolge dem wirklichen Erben ein neuer Erbschein erst er⸗ theilt werden soll, nachdem der früher ertheilte unrichtige Erb⸗ schein zurückgefordert oder für kraftlos erklärt worden ist.

Auch der s 2075, welcher besondere Vorschriften für den Fall enthält, wenn einem Vorerben ein Erbschein ertheilt wird oder wenn der Erblasser einen Testamentsvollstrecker ernannt hat, wurde sachlich nicht beanstandet.

Im wesentlichen gelangten ferner die Vorschriften der S8 2076, 2077 über die Wirkungen des Erbscheins nach dem Entwurf zur Annahme. Abweichend von dem Ent⸗ wurf, soll jedoch eln werden, daß, wenn der Erbe nach S 2077 durch eine unentgeltliche Verfügung einen Rechtsverlust erleidet, er von dem Erwerber Herausgabe des Erlangten nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung fordern kann. Als Zusatz zu § 2077 waren folgende Vorschriften beantragt: .

„Wer an den Erben als solchen eine Leistung zu bewirken hat, ist berechtigt, die Leistung so lange zu verweigern, als nicht dem Erben ein Erbschein ertheilt it.

Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Erbe einem Anderen gegenüber vornimmt, ist unwirksam, wenn der Erbe nicht einen Erbschein vorlegt und der Andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist.“ . ;

Die Mehrheit entschied sich jedoch gegen die Aufnahme dieser Vorschriften.

Der Finanz Minister hat mittels Verfügung vom 21. Ja⸗ nuar d. J. bestimmt, daß das Gewerbe der bei solchen Truppen⸗ theilen, die außerhalb Preußens in Garnison stehen, an⸗

enommenen Marketender, wenn diese während eines

anövers oder dergl. ihr Gewerbe in Preußen ausüben wollen, bei derjenigen Betriebssteuer⸗Veranlagungsbehörde zur Betriebssteuer anzumelden ist, in deren Bezirk der be⸗ treffende Truppentheil das erste Kantonnementsquartier in Preußen bezieht.

Der General der Kavallerie von Rosenberg, à la suite des Husaren⸗Regiments von Zieten (Brandenburgisches) Nr. 3, Inspekteur der 2. Kavallerie⸗Inspektion, und der General⸗ Lieutenant von Goßler, Kommandeur der 25. (Großherzog⸗ lich Hessische) Division, haben Berlin verlassen.

Der General⸗Lietuenant Freiherr von Wilczeck, Kom⸗ mandeur der 9. Division, und der General⸗Lieutenant von Stülpnagel, Kommandeur der 1. Division, sind hier eingetroffen.

Der Königliche Gesandte in Oldenburg Graf von Monts hat einen ihm Allerhöchst bewilligten Urlaub angetreten.

Der Wirkliche Geheime Ober⸗Regierungs⸗Rath Dr. Schneider im Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal⸗Angelegenheiten ist nach Düsseldorf abgereist.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Senator der freien Hansestadt Bremen Dr. Pau li ist von Berlin abgereist.

Der Regierungs⸗-Assessor von Laer in Koblenz ist für einige Monate zur Hilfeleistung in das Ministerium des Innern einberufen worden.

Nach einer bei dem Ober⸗Kommando der Marine ein⸗ gegangenen telegraphischen ,,. it G. M. S. „Stein“, Kommandant Kapitän zur See von Wieters⸗ heim, heute von Triest nach Gibraltar in See gegangen.

Merseburg, 1. Februar. Der Pro vinzial-Landtag der Provinz Ga hs en hat in seiner gestrigen Sitzung die Vorlage wegen Erxichtung einer Lan dwirthsch afts kammer für die Provinz Sachsen in zweiter Lesung einstimmig an⸗ genommen. . Bayern.

Nach einem Telegramm der „Münchener Neuesten Nach⸗ richten aus Schwarzenfeld ist der langjährige Ober⸗Stallmeister des Königs Ludwig II. Graf Holnstein aus Bayern am Freitag Abend gestorben.

Württemberg.

Von 70 gestern vorgenommenen Landtagswahlen sind die Resultate von 66 bekannt; gewählt wurden 9 Mitglieder der deutschen Partei, 16 Demokraten, 16 Zentrums⸗ mitglieder, 2 Parteilose. 2 Stichwahlen ind erforder⸗

lich; daran sind betheiligt: 17 Mitglieder der deutschen Partei,.

16 Mitglieder der Volkspartei, 5 vom Zentrum, 4 Sozialisten, 2 Parteilose. Unter letzteren befindet sich der Bürgermeister . von Heilbronn. Zwei Konservgtive kommen zur

tichwahl: der Minister⸗Präsident Freiherr von Mitt⸗

nacht und der bigherige Präsident der Abgeordnetenkammer

von Hohl. Braunschweig.

Auf Befehl Seiner Königlichen Hoheit des Prinzen Albrecht von Preußen, Regenten des Herzogthums Braunschweig, fand gestern im Wwe, Saale des Herzoglichen Residenzschlosses eine Galatafel zu 97 Gedecken statt, zu der die Mitglieder des Herzoglichen Staats-Ministeriums, die Mit⸗ alieder es Landtags, die Spitzen der Behörden, sowie die Stabsoffiziere der Garnison geladen waren.

Reusz ä. L.

Der Landtag des Fürstenthums ist gestern am Schluß einer kurzen Sitzung, in der lediglich das Protokoll der letzten Sitzung zur Verlesung kam, im höchsten Auftrage Seiner Durch⸗ laucht des Fürsten durch den , Wirk⸗ lichen Geheimen Rath von Dietel nach Verlesung des Landtags⸗ ih geschlossen worden. Der Landtags⸗Präsident, Wirk⸗ liche Geheime Rath von Geldern⸗Krispendorf brachte hierauf ein dreimaliges Hoch auf Seine Durlaucht den Fürsten aus, in das die Versammlung einmüthig und be⸗ geistert einstimmte. ;

Schwarz burg⸗NRudolstadt. Der Landtag ist auf Dienstag, 12. d. M, zu einer außer⸗

ordentlichen Versammlung einberufen worden.

Oesterreich⸗Ungarn.

Die österreichisch⸗ungarische Zollkonferenz ist gestern zusammengetreten, um u. a. die mit Bulgarien . Differenzen wegen der Accise und der Patent⸗ teuer zu berathen.

Der niederösterreichische Landtag genehmigte gestern einstimmig den Ausschußantrag auf Aenderung des Gesetzes über die Entlohnung des Religionsunterrichts an den Volksschulen. Der Rektor Müllner betonte die Be⸗ deutung des Christenthums für die Bildung und den Fortschritt der Menschheit. Der Bischof Rößler führte aus, das Grundübel, an welchem die zerbröckelnde Gesell⸗ schaft leide, sei der Mangel an festen Charakteren; zur i ng der Jugend seien gute Katecheten nothwendig. Redner betonte, er erkenne willig die Verdienste des Staats um die Schulgesetzgebung an, auch die Schuldisziplin sei musterhaft. Der Kardinal Gruscha sprach den Bank und die Genugthuung über die einmüthige Annahme des Gesetz⸗ entwurfs aus. Die Liberalen Lustkandel und Weitlof traten

für die Vorlage ein.

In der gestrigen Sitzung des böhmisch en Landtags begründete der Abg. Rieger seinen Wahlreform⸗Antrag. Er wandte sich gegen die Jungczechen, welche die Ausgleichs⸗

punktationen zu Fall gebracht hätten, ohne etwas Neues

dafür aufzubauen, und erklärte, nur durch die Rückkehr zu dem Ausgleich sei es möglich, aus der gegenwärtigen Wirrniß herauszukommen. Die Verständigung mit den deutschen Landsleuten sei unvermeidlich. Das Bedürfniß des Reichs wie des Landes, sowie der Wunsch des Monarchen seien die Bürgschaft dafür, daß die Nation mit ihren Bestrebungen einst zum Ziele kommen werde. Redner wandte sich dann gegen das allgemeine Stimmrecht, da natio⸗ nale Interessen nicht in die Hände der Arbeiter gelegt werden könnten. Deutsche Arbeiter, so führte Rieger aus, hätten Geld von Boulanger genommen, um eine Bewegung in der Armee fi organisieren, und czechische Arbeiter hätten in Versamm⸗ ungen zu Wien erklärt, daß sie kein nationales Empfinden hätten. II Namen der Deutschen erklärte sich der Abg. Scharschmid mit den vier ersten Punkten des An⸗ trags Rieger vollkommen einverstanden; dagegen könne er dem letzten Punkt, betreffend die Wiedereinführung der Wahlen zum Reichsrath durch den Landtag, niemals zustimmen. Da aber eine Trennung der einzelnen Punkte nicht möglich sei, würden die Deutschen gegen die Zuweisung des Ankrags an eine Kommission stimmen. Der Antrag Rieger wurde mit den Stimmen der Altczechen, der Jungczechen und der Großgrund⸗ besitzer einer Kommission von 21 Mitgliedern zugewiesen.

Im Landtag für die Bukowina erklärte der Landes⸗ präsident i. A. Graf Gosß in Beantwortung einer Inter⸗ pellation, zahlreiche Anzeichen hätten seit langem auf Sadagora hingewiesen, als den Mittelpunkt eines weitverzweigten Schmuggels in Rauch- und Schnupftaback aus Rußland. Die Durchsuchungen, die sich auch auf einen Betsaal erstreckt hätten, der zugleich als Unterrichtsraum einer Privatschule diene, hätten zur Verhaftung der Schmugglerbande geführt. Die Verhaftungen seien aber nicht in dem Betsagl und nicht wäh⸗ rend des Gottesdienstes erfolgt, sondern erst nach Vorladung der Schuldigen und ohne Aufsehen. Uebrigens würde auch ein minder rücksichtsvolles Vorgehen begründet gewesen sein, da es sich bei dem Schmuggel um eine empfindliche Schädigung des Fiskus gehandelt habe.

Im ungarischen Unterhause wünschte gestern bei der weiteren Berathung des Unterrichtsbudgets der 3 Eugen 4 y Aufklärung über den Posten von 20 Fl. um Ankaufe der Ein gien Kossuth's für das National⸗

useum. Der Unterrichts⸗Minister Wlafsies erwiderte, die Regierung habe den Posten in vollem Bewußtsein der Verwendung der Summe übernommen und halte denselben

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aufrecht; sie werde den Posten künftighin behufs Ankaufs von Dokumenten überhaupt ins Budget einstellen. Graf Zichy wollte erwidern, wurde aber vom Präsidenten von Szidagyi mit der Bemerkung unterbrochen, der Posten stehe nicht zur Berathung; hierauf wurde der Titel ‚Nationalmuseum“ an⸗

genommen. Frankreich.

Der neuernannte österreichisch-ungarische Bot⸗ schafter Graf Wolkenstein überreichte gestern dem Prä— sidenten Faure sein Beglaubigungsschreiben und wurde mit den üblichen Ehrenbezeugungen im Elysée empfangen. Bei der Audienz hielt der Botschafter, wie W. T. B. meldet, eine Ansprache, worin er ausführte, er sei glücklich und stolz, mit dieser ehrenvollen Mission betraut zu sein; alle seine Be⸗ mühungen würden dahin gehen, die guten und herz— lichen Beziehungen zwischen beiden Ländern fortzu—⸗ setzen und die Bande, die sie verknüpften, enger zu ziehen. Ich bitte Sie, Herr Präsident, mich in meinem Streben zu unterstützen und mir Ihr Wohlwollen zu theil werden zu lassen.“ Der Präsident Faure erwiderte, der Botschafter, der seine Aufgabe so hoch auffasse, wie Graf Wolkenstein es soeben ausgesprochen hahe, känne der herzlichen Mitwirkung der Regierung und des Präsidenten sicher sein, die ebenso aufrichtig an der Aufrechterhaltung und der Entwickelung der gegenwärtigen ausgezeichneten Beziehungen zwischen beiden Ländern arbeiten würden. „Seien Sie“, so sIchloß der Präsi⸗ dent, „bei uns willkommen!“ Alsdann stellte der Botschafter dem Präsidenten das Personal der Botschaft vor.

Der Senat berieth gestern über den Kredit von 20 000 Fr. zur Bestattung des Marschalls Canrobert auf Staatskosten. Delpeuch und Girault bekämpften die Forderung wegen der Theilnahme Canrobert's am Staatsstreich. TLebhafter Widerspruch rechts) Der General Billot trat für die Vorlage ein; er erinnerte an die glanzvolle Laufbahn des Marschalls, einer der Ruhmessäulen Frankreichs. Tolain erklärte unter dem Beifall der Linken, daß die Republikaner den Staatsstreich nie würden vergessen können. Ribot stimmte diesen Worten zu, aber er betonte, daß die Regierung glaube, sie müsse dem Gedächtniß eines Franzosen sowie der Armee Ehre erweisen, deren höchster Vertreter dieser gewesen sei. Es wies auf die Zeugnisse der Bewunderung für den Marschall Canrobert hin, die aus ganz Europa eingelangt seien. (Beifall.) Schließlich wurde der . 145 gegen 49 Stimmen bewilligt und die Sitzung geschlossen.

In der Deputirtenkammer gelangte gestern das Budget des Auswärtigen zur Berathung. Der Deputirte . verlangte Erklärungen der Regierung über den

ertrag zwischen England und Italien, betreffend Afrika; er beschuldigte England, es wolle seine Herrschaft in Egyyten unentwurzelbar machen und Frankreich hindern, seine ö afrikanischen Besitzungen unter einander zu ver— binden. England habe seine Verpflichtungen, betreffend Abessi⸗ nien und Harrar verletzt; angesichts des Vorgehens der Italiener müsse daher Frankreich das Protektorat über Harrar und Schog erklären und die Einfahrt zum Rothen Meer besetzen. Der Minister des Auswärtigen Hanotaux erwiderte, Frank— reich habe bezüglich Harrars formelle Vorbehalte gemacht. Die Regierung werde nicht ein Theilchen der Rechte Frankreichs auf den afrikanischen Kontinent preisgeben. Hierauf wurden mehrere Kapitel des Auswärtigen Etats angenommen. Mehrere sozialistische Abgeordnete traten für einen Äntrag ein, wonach der Kredit für die Botschaft beim Vatikan gestrichen werden solle. Der Minister des Auswärtigen Hanotaux bekämpfte diesen Antrag, der darauf mit 348 gegen 165 Stimmen ver— worfen wurde.

Rußzland.

Nach dem amtlich veröffentlichten Programm der dies—

jährigen Auslandsfahrten der . Kriegs⸗

tarine wird das Geschwader des Stillen Ozeans unter dem Kommando des Kontre-Admirals Alexejew aus 21 Fahrzeugen verschiedener Art mit 4033 Matrosen, und das Mittel meer-Geschwader unter Kontre⸗Admiral Makarow aus einem Panzerschiff, zwei Kreuzern und einem Kanonenboot mit zusammen 1884 Matrosen bestehen. Außerdem werden sechs Schiffe Auslandsfahrten mit spezieller Bestimmung unternehmen.

Der Bürgermeister von St. Petersburg hat zu Ehren der Bürgermeister der Provinzialstädte ein Bankett ge— geben, bei welchem die Frage angeregt wurde, bei der Regierung die Ermächtigung nachzusuchen, von Zeit zu Zeit einen Kongreß der Bürgermeister behufs Austausches von Ideen über städtische Verwaltung und städtische Interessen abzuhalten.

Italien.

Wie die gestern in Rom erschienenen Abendblätter melden, haben die Polizeibeamten, die beschuldigt sind, Dokumente in der Angelegenheit der Bancg Rom ana bei Seite gebracht zu haben, die Mittheilung erhalten, daß sie auf Antrag der Staatsanwaltschaft in Anklagezustand versetzt würden. In dem staatsanwaltlichen Antrag ist nichts über die Verantworllichkeit Giolitti's für die . der Dokumente gesagt.

Spanien. Alle Minister, die Offiziere des Königlichen Hauses und mehrere Generale statteten dem marokka—⸗ nischen Gesandten Besuche ab. Die Deputirtenkammer setzte gestern die Berathung des Budgets fort. Das Budget schließt in den Ausgaben ab mit 765 409 882, in den Einnahmen mit 758 430 122 Pesetas, das Defizit beträgt demnach 6 N9 760 Pesetas.

Griechenland. Nach einem in dem amtlichen Blatt veröffentlichten Dekret sollen die Einnahmen und Ausgaben für 1896 gemäß dem der Kammer vorgelegten Entwurfe geregelt werden. Die Ratifikation dieses Dekreis wird sofort nach der Ein⸗ berufung der Kammer beantragt werden.

Bulgarien. Den Wiener Blättern zufolge wären am Donnerstag abermals in mehreren Städten Bulgariens Meetings gegen die Einführung der Accise abgehalten worden.

Dänemark.

Nach einer Meldung des „W. T. B.“ aus Kopenhagen werden die Kaiserin⸗Wittwe von Rußland und die Herzogin von Cumberland in der naͤchsten Zeit dort

erwartet.

Asien.

Wie das „Reuter sche Bureau“ aus Hiroshima meldet, wurden die chinesischen Gesandten zur Verhandlung über den Frieden gestern vom Grafen Ito und Vicomte Mutsu in Audienz empfangen.

Aus To kio wird berichtet, das Repräsentantenhaus habe am Donnerstag einstimmig eine Resolution angenommen, wonach die Kriegskosten ohne Rücksicht auf Zeit und Betrag bewilligt werden.

Einer amtlichen, in hokohama eingetroffenen Depesche zufolge griffen die zweite Armee und die Flotte am 30. v. M. früh Wei⸗Hai⸗Wei an; Abends waren sämmt⸗ liche Landforts im Besitz der Japaner, die Inselforts und die chinesische Flotte leisteten noch Widerstand. Die . beherrschten den westlichen und östlichen Eingang zur Bai.

steigt die Stärke der chinesischen Truppen in der Nähe von Ikngkou 20 000 Mann. Kavallerievorposten, die am 30 Ja⸗ nuar einen Erkundigungsritt gemacht hatten, hätten gefunden, daß der Feind Liau⸗jang e besetzt habe und die westlichen Abtheilungen allmählich nach Süden pgrrüäckten. General Hsi⸗pang⸗tao, der sich auf dem Wege nach Jingkou befunden habe, sei am 23. Januar in der Nähe von Haitscheng ge⸗ wesen. Chinesische Truppen seien nirgends auf der Straße nach Niutschuang sichtbar, weder östlich noch westlich von Jentai, Tschang⸗hu⸗tai oder Pei⸗tschi⸗ho. Afrika.

Der „Agenzia Stefani“ wird aus Tanger gemeldet: Nach Meldungen aus Fez sind die Reklamationen Beutsch⸗ lands wegen der Ermordung des deutschen Unterthans Neumann befriedigend gelöst. Der englische Gesandte Satow und der Dolmetscher der italienischen Gesandtschaft Gentile würden in vollem Einvernehmen mit der Regierung von Marokko noch in Fez verbleiben, um die Prinzipienfrage zu erörtern, die eine günstige Lösung erwarten lasse.

Parlamentarische Nachrichten.

Die Schlußberichte über die gestrigen Sitzungen des Reichstags und des Hauses der Abgeordneten befinden sich in der Ersten Beilage.

Im Reichstag ist von den Abgg. Dr. Hitze, Dr. Lieber und Genossen nachstehende Interpellation eingebracht worden:

Die unterzeichneten Mitglieder des Reichstags richten an die ver— bündeten Regierungen die Anfrage:

welche gesetzliche Bestimmungen sind in Ausführung der Kaiserlichen Erlasse') vom 4. Februar 1390 über die Formen“ in Aussicht genommen, zin denen die Arbeiter durch Vertreter, welche ihr Vertrauen besitzen, an der Regelung gemeinsamer An⸗ gelegenheiten betheiligt und zur Wahrnehmung ihrer Interessen bei Verhandlung mit den Arbeitgebern und mit den Drganen der Regierung befähigt werden“?

Darf insbesondere die Vorlage eines Gesetzentwurfs, be⸗ treffend die gesetzliche Anerkennung der Berufsvereine und die Er— richtung einer geordneten Vertretung der Arbeiter (Arbeiter⸗ Kammern) zum freien und friedlichen Ausdruck ihrer Wünsche und Beschwerden“ auch gegenüber den Staatsbehörden baldigst er— wartet werden?

) In dem Kaiserlichen Erlaß an die Minister der öffentlichen . und für Handel und Gewerbe vom 4. Februar 1890 lautet

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„Für die Pflege des Friedens zwischen Arbeitgebern und Arbeit⸗ nehmern sind gesetzliche Bestimmungen über die Formen in Aussicht zu nehmen, in denen die Arbeiter durch Vertreter, welche ihr Ver⸗ trauen besitzen, an der Regelung gemeinsamer Angelegenheiten be— theiligt und zur Wahrnehmung ihrer Interessen bei Verhandlung mit den Arbeitgebern und mit den Organen Meiner Regierung befähigt werden. Durch eine solche Einrichtung ist den Arbeitern der freie und friedliche Ausdruck ihrer Wünsche und Beschwerden zu ermög⸗ lichen und den Staatsbehörden Gelegenheit zu geben, sich über die Verhältnisse der Arbeiter fortlaufend zu unterrichten und mit den letzteren Fühlung zu behalten.“

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maszregeln.

Preußen.

Regierungsbezirk Oppeln. Der Regierungs- Präsident hat unter dem 23. Januar 1895 die Verordnungen vom 25. Juli, 28. September, 24. Oktober und 22. November 1894, betreffend die Meldepflicht der aus den als Choleraherde erklärten galizischen Be—⸗ zirken zugereisten Personen, sowie das Verbot der Einfuhr von Leibwäsche ꝛc. (·Reichs-Anzeiger. 1894 Nrn. 185, 237, 259, 284) für die von dem K. K. österreichischen Ministerium des Innern als cholerafrei erklärten politischen Bezirke Galiziens, nämlich: Bohorod⸗ czany, Brody, Bezezany, Horodenka, Kalusz, Kamionka, Kolomea, Kosöw, Krakau, Nadworna, Podhajee, Rohatyn, Sniatyn, Tlumacz, Zaleszezyki und für den politischen Bezirk Kotzmann in der Buko⸗ wina aufgehoben.

Dagegen sind die bezeichneten Verordnungen für die übrigen in denselben aufgeführten politischen Bezirke Bobrka, Borszezow, Buczacz, Czortkow, Husiatyn, Stanislau, Strumilowa, Iloczow bis auf weiteres aufrecht erhalten und gleichzeitig auf die von dem K. K. österreichischen Ministerium des Innern als Choleraherde erklärten Bezirke Skalat und Tarnopol in Galizien ausgedehnt worden.

Theater und Musik.

Königliches Opern haus.

Gestern Abend ging Auber's komische Oper Fra Diavolo! unter Kapellmeister Weingartner's , Leitung neu ein studiert mit schönem Gelingen in Scene. uber's leichtflüssige Musik mit ihren graziösen Melodien gelangte so gefällig und keck zum Ausdruck wie kaum je zuvor. as blu! spendete denn auch bereits nach dem Vortrag der Oupertüre reichen Beifall, der später auch den gesanglichen Leistungen zu theil wurde. Herr Philipp sang die Titelrolle sehr gefällig, wenn er auch bei diesem ersten Auftreten als .. Diavolo noch nicht alle musikalischen Fein= heiten und theatralisch wirksamen Pointen im Vortrage voll herausgearbeitet hatte. Den jungen Liebhaber Lorenzo sang Derr Sommer mit frischem warmem Ton und quellender Empfindung. Lebhafte Heiterkeit rief das zerlumpte Banditen paar, das durch die Herren Krolop und Lieban dargestellt wurde, hervor; die parodistische Nachahmung der kleinen Zerlinen⸗ Arie des zweiten Akts durch Herrn Lieban gelang prächtig. Herr Schmidt als Lord Cookburn und Fräulein Rothauser als seine blonde, gemessene und doch kokette Gemahlin trugen durch ihren drolli⸗ gen Liedervortrag viel zur frohlaunigen Wirkung der Oper bei. Frau . sang die Partie der verliebten und eitlen Wirthstochter mit j i serrschuna des gesanglichen Theils und mit naiver Koketterie im Spiel.

Nach einer amtlichen Depesche des Generals No gi über⸗

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