1895 / 34 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 07 Feb 1895 18:00:01 GMT) scan diff

Der junge Pianisft Ernest Hutcheson, der schon öfter hier ha,, 24 estern im Sa al Bechstze in zum ersten Mal ein igeneg Konzert gab, ist unter Leitung Stavenhagen ausgebildet und tzt alle Vorzüge eines Künstlers ersten Ranges. Sein schöner angreicher 3 die durchgebildete, tief eingehende Ait seines Creme, kamen in Mendelssohn's leider 6 selten gehörter Sonate Edur, op. 8 sowie in mehreren beliebten Klavierstücken von Schubert, Schumann, Brockway, Chopin und Liszt vortrefflich zur Geltung. Dem Konzertgeber fehlte es nicht an der verdienten Anerkennung.

In seinem gestrigen zweiten Klavierabend brachte Herr Eugen d' Albert die fünf letzten Sonaten von Beethoven zu Gehör und 36 die fast den ganzen Saal der Sing⸗Akadem ie füllende Zuhörerschaft, troñ der Einseitigkeit des Programms, bis zum Schluß zu fesseln. Die A-dur⸗Sonate, op. 101, mit dem empfindungsvollen Allegro und dem sich anschließenden Satz im lebhaften Marsch⸗ tempo wurde von dem Künstler vortrefflich gespielt; am meisten Bewunderung erregte aber die Wiedergabe der darauf folgenden großen B dur- Sonate, op. 106, die, hohe Anforderungen an den Spieler stellend, Herrn d' Albert Gelegenheit gab, sein reiches Können zu entfalten und seine ganze Kraft und Fingergeläufigkeit einzusetzen. Diese alles beberrschende Virtuosität blieb ibm aber auch hier nur das Mittel, die Gedanken des Komponisten in edle, wenn auch gewaltige Formen zu kleiden. Es folgten noch die E-dur-Sonate, op. 199, mit dem anmuthigen Andante und dem reichen Schmuck der Variationen, die As-dur-Sonate, 9. 110, und die Cm oll Sonate, op. 111, in welcher die Triller und Doppel- triller äußerst brillant ausgeführt wurden. Der Künstler erntete nach jedem Vortrag stürmischen Beifall und wurde zum Schluß durch mehrfachen Hervorruf ausgezeichnet. Der dritte und letzte Klavier⸗ abend findet am Freitag, den 15. Februar, statt.

Im Königlichen Opernhause gelangen morgen Mascagni s Cavallerig rusticana- und Leoncavallo s. „Bajazzi? zur Auf⸗ jührung. Die Damen Pierson, Herzog. Dietrich, Lammmert, die Herren Sommer, Philipp, Fränkel sind darin beschäftigt; Derr Sylva tritt zum ersten Mal nach seiner Krankheit wieder auf. Die Kapellmeister Sucher und Dr. Muck dirigieren. = Der 7. Symphonie⸗Abend der Königlichen Kapelle unter Herrn Weingartner's Leitung am 15 d. M. bringt eine Gedächtnißfeier für Richard Wagner. In der Fastenzeit finden im Königlichen Opern⸗ hause drei große musikalische Veranstaltungen statt. Zur Auf · führung gelangen: „Josua., Oratorium von Georg Friedrich Händel (am Aschermittwoch, 27. d. M, die Matthäus. Passion von Johann Sebastign Bach, und die Missa Solemnis: von Beethoven (Dirigent: Kapellmeister Dr. Muck, Mitwirkende: die Königliche Kapelle, der Königliche Opernchor und Solisten der Königlichen Oper). Für diese Aufführungen wird ein Abonnement zu Konzertpreisen eröffnet. . .

Im Königlichen Schauspielbause wird morgen das Luftspiel Wie die Alten sungenꝰ gegeben. Frau Schramm tritt darin wieder als Hökerin Hanne auf; außerdem sind die Herren Vollmer, Kable, Molenar, Purschian und die Damen Kahle und Richter darin beschäftigt. .

2651 Deutschen Theater gelangt am Dienstag. den 12. Fe⸗ bruar, die vieraktige FTomödie von Carlot Reuling „Der Mann im Schatten zur ersten Auffübrung. .

Im Berliner Theater wird Carl Gutzkow's Trauerspiel Uriel Acofta' am nächsten Sonntag und zwar zum ersten Mal unter der gegenwärtigen Direktion zur Aufführung gelangen. Otto Sommerstorff wird den Uriel, den er im Deutschen Theater oft mit so glänzendem Erfolg dargestellt bat, auch im Berliner Tbeater spielen. Teresina Geßner wird die Judith, Gustav Kober den Arzt de Silva, Paul Nollet den Manasse Vanderstraten, Claudius Merten den Ben Atiba, Millv Risca den jugendlichen Baruch Spinoza darstellen. Die Neu—⸗ einstudierung des Dramas wird von Herrn Gustar Kober geleitet.

Aus Berlin W. betitelt sich ein dreiaktiges Lustspiel von einem ungenannten Verfasser, das der Direktion des Lessing⸗Theaters durch den Theaterverlag von A. Entsch zur Aufführung eingereicht worden ist. Das Werk. das aus dem Berliner Salenleben geschoͤpft ist, bat auf Herrn Dr. Oscar Blumenthal einen so gefälligen Eindruck gemacht, daß er auf Wunsch des Verfassers an der Schlußredaktion des Textes einen lebbaften Antbeil genommen hat und die Novität noch im Laufe des Februar mit Jenny Groß und Maria Reisenhofer in den Hauptrollen zur Aufführung bringen wird.

Im Lesfing⸗Theater wird am Sonntag Molisre's fünf⸗

aktiges Lustspiel Der Geizige mit Ferd. Suske als pagon zur Aufführung kommen, und zwar in Verbindung mit em Schwan Niobe, in welchem Jenny Groß die Titelrolle spielen wird. Ob= wohl diese Doppelvorstelung nicht weniger als acht Akte umfaßt, wird sie gleichwobl die Dauer von drei Stunden nicht überschreiten, da Moliare's Lustspiel mit nur einer Minute Pause nach jedem Akt gespielt wird. ; Zwischen Herrn Direktor Fritzlche und dem Londoner Theater⸗ Direltor Herrn Harris wurde ein Vertrag abgeschlossen, laut dessen die Burleske. Compagnie? des Prinz of Wales Theaters, welche im Shbaftesbury⸗Theater 300 Gastvorstellungen absolvierte, noch im Laufe dieser Spielzeit zu einem längeren Gastspiel am Theater Unter den Linden verpflichtet worden ist.

Das Programm des nächsten, VIII. Ph il barm onischen Konzerts lam 18. Februar), unter Leitung des Hof-⸗Kapellmeisters Richard Strauß und solistischer Mitwirkung des Fellovirtuosen Sugo Becker, enthält u. a. an reinorchestralen Werken Beethoven's C-moll⸗Sympbonie, nns von Bülow's Orchester⸗ Phantasie Nirwana. und Tschaikowsts. III. Suite, Der Solist wird Haydn's Cello⸗Konzert zu Gebör bringen. Die franzõsische Tonzertsängerin Mme. Blanche Marchesi wird in ihrem morgigen Konzert (Saal Bechstein) außer den bereits bekannt gege⸗ benen Werken auch ein Lied von Lully aus dem XXVII. Jahrhundert und zwei Bergerettes (Schäferliedery aus derselben Epoche sowie eine Reihe moderner französischer Romanzen zu Gehör bringen. Das Terzett der holländischen Sängerinnen Frãulein de Jong, Cor ver und Snyders giebt am 9. Februar in der Sing⸗Akademie sein zweites Konzert. Das Programm enthält fast ausschließlich solche Kompositionen, die hier bisher noch nicht ge⸗ hört worden sind. Es befinden sich darunter Terzette von Spehr, Jenner, Graf Hochberg und Floersheim, Duette von Edwin Schultz dänische Madrigale von Fabrtzius und deutsche und italienische Lieder. Fräulein Clotilde Kleeherg hat für ihren am 9. Februar stattfindenden Klavierabend (Saal Bechstein) ein ebenso reich haltiges wie interessantes Programm zusammengestellt. Dasselbe bringt u. 4. Prélude, Choral et Fugue H-mgll von Cssar Franck, Schumann's Waldseenen“, Weber's As-dur⸗Sonate, Pierrette von Chaminade, Jonglerie von F. Gernsbeim (letztgenanntes Stück ist Fräulein Kleeberg gewidmet), Rubinstein's FE-dur-⸗Romanze 2c.

Zum Besten der Volkskindergärten des Berliner Fröbel⸗ vereins veranstaltet die Gesanglehrerin Gertrude Rapeth mit ihren Schülern und Schülerinnen am Sonntag, den 10. Februar, in der Aula der Chaxrlottenschule (Steglitzerstraße 29) eine Matinée. Den von Gustav Klitscher gedichketen Prolog, zu dem Alfred Sormann die musikalische Begleitung komponiert hat, wird Herr Hofschauspieler Hertzer sprechen. Karten zu 1 4 sind bel Fräulein Ravoth, Potsdamerstraße 1066, zu haben.

Mannigfaltiges.

Hinsichtlich des bevorstehenden Umbaues bezw. Neubaues der Alsenbrüce hat die stäztische Bau-⸗-Dexputation in ihrer gestern abgebaltenen Sitzung beschlossen, von der Herstellung einer fahr⸗ baren Brücke über die Spree Abstand zu nehmen und daselbst nur eine Brücke für Fußgänger herzurichten, mit Rücksicht darauf, daß dem Bedürfnisse des Wagenverkehrs durch die benachbarte Moltke⸗ und Kronprinzenbrücke in ausreichendem Maße genügt werde. Mit der Auswahl des Platzes für das Denkmal Werner von Siemens' am Ausgange der Linden! und Markgrafenstraße, unweit der Stätte seines Wirkens, des Etablissements der Firma Siemens und Halske, hat sich die Deputation einverstanden erklärt.

In der städtischen Waisenzflege befanden sich am 1. Ja⸗ nuar d. J. 4537 Kinder (2480 Knaben, 2157 Mädchen), in Zwangs— erziehung 433 Kinder (364 Knaben, 69 Mädchen). Von den letzteren sind entlaufen 28 (24 Knaben, 4 Mädchen) und befanden sich im Ge— fängniß 4 Knaben.

Zum Untergang des Bremer Schnelldampfers Elbe meldet W. T. B. weiter: Die Schmack Paradigm‘ brachte gestern eine Leiche nach Lowestoft, welche als die des Ober⸗Stewards S. Pschunder feftgestellt wurde. Der Norddeutsche Lloyd hat die

Summe von 109 Pfd. Sterl. als Belohnung für den Kapttãn und die Mannschaft des Fischerboots Wildflower* angewiesen.

In der Urania werden morgen, am Sonnabend und Sonntag die letzten Vorfũhrungen des dekorativen Vortrags Durch alle Welten stattfinden. Von der nächsten Woche ab wird die Amerikafahrt / welche die Reise eines Schnelldampfers des Norddeutschen Lloyd schildert, wieder das Repertoire beherrschen. Der Ertrag der ersten Vorführungen ist zum Besten der Hinterbliebenen der bei dem Untergang der Elben Verunglückten bestimmt.

Lübeck, 7. Februar. Die Bucht von Travemünde ist mit großen Eismassen bedeckt. Ein von der Handelskammer aus · gesandter Eisbrecher gelangte jedoch heute Mittag an die offene Ser, die Schiffahrt ist demnach unbehindert.

Wien, 6. Februar. In fast ganz Oesterreich herrscht ab⸗ norme Witterung und starke Kälte; in der Bukowina ist der Bahnverkehr in ausgedebntem Maße gestört. Wien batte, wie W. T. B. meldet, heute früh 18, Mittags 9 Grad Kälte.

Laibach, 6. Februar. Durch einen außer Gebrauch gesetzten Bergwerks stollen brachen in der Nähe des Dorfes Littai zwei Wasserstürze bervor, wodurch die vor dem Stollen befindliche Schutthalde abgeschwemmt und 5 Häuser, die Gärten des Dorfeg, sowie die Landstraße vollständig von der Muhr Überschüttet wurden. Das Wasser drang in die zu ebener Erde gelegenen Wohnungen ein. Der Schaden ist dem W. T. B. zufolge bedeutend; Menschen sind 64 . worden. Die Ursache des Wassersturzes ist noch nicht aufgeklãrt.

Czernowitz, 7. Februar. Infolge Schneesturmz sind in der Nacht vom 5. auf den 6. d. M. vier Personen auf der Land⸗ straße erfroren.

Queensts wn, 6. Februar. Der Dampfer Maßjest ic der heute Abend von New⸗JVork nach stürmischer Fahrt hier eintraf, theilt laut Meldung des W. T. B.. mit, er habe Dienstag früh 200 Meilen westlich von der irländischen Küste ein kleines Boot bemerkt, das Nothsignale gab. Als der Majestie herankam, war das Boot verschwunden. Zweifellos liegt ein Schiffsunglück vor.

Paris, 7, Februar. Von dem Dampfer Gascogne der Compagnie Géönsrale Transatlantique“, der am Montag in New⸗ Vork hätte eintreffen sollen, liegt dem W. T. B.“ zufolge noch keine Nachricht vor.

Monteeau⸗-les⸗Min es, 58. Februar. Die genaue Zahl, der durch die schlagenden Wetter in din Gruben von Sainte Eugénie Umgekommenen (vergl. die Nrn. 32 u. 33 d. Bl.) beträgt 28, von denen 21 geborgen sind; die Zahl der Verwundeten ist 8. Das Be⸗ gräbniß der Bergleute fand, wie. W. T. B. meldet, beute Vor. mittag unter großer e, , statt. Der Arbeits Minister Dupur Dutemps hielt eine Rede zum Gedächtniß der Verunglückten, die auf dem Felde der Ehre gefallen seien, und erklärte, die Regierung werde ihre m , nicht im Stich lassen.

Antwerpen, 7. Februar. Die Schel de ist, wie W. T. B.“ meldet, seit heute früh von Austruweed ab für Se el⸗ und Da mp schiffahrt geschlossen. Lootsen werden den Schiffen nicht mehr mitgegeben. Die Kälte beträgt 15 Grad. Mehrere Dampfer sind im

Eis eingeschlossen. .

New⸗Nork, 6. Februar. In den nördlichen Staaten der Union bherrscht sehr starke Kälte. In New⸗NYork war gestern die Temperatur niedriger als seit 15 Jahren. Die Eisenbahnzüge erleiden,

wie dem W. T. B.“ gemeldet wird, durch Stürme und Schnee verwehungen große Verspaäͤtungen.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten Beilage.)

Wetterbericht vom 7. Februar, S Ubr Morgens.

2

dem Gefrierpunkt gemeldet. Abends magnetische Störung.

Wilhelmshaven hatte

De ut sche Seewarte. Freitag:

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Wind. Wetter.

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mischen Nord ausgeglichen haben.

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Winde bedringend. In Dentschland dauert die sehr Trenge Kälte, in BDeflen bei vielfach heiterer, im Often bei meist trüber Bitternng fort; an der gCäste ift fat ükerall Schnee gefallen. Am Altefle ift es in dem Streifen Kaiferslautern— no die Temreratur bis ju 26 Grad unter

1 Liegt; dach ans Pari erden 15 Grad nnter

Anfang 7

Theater Anzeigen. Königliche Schauspiele.

haus. 36. Vorstellung Cavalleria rusticann. Bauern Ehre.) Dper in 1 Aufzug von Dietro Text nach dem gleichnamigen Volksstück don G. Verga. kö. Bajazzi. (Pagliacei.) Dper in? Akten und Musik und Dichtung von R. Leon⸗ cavallo, deutsch von LS. Hartmann. J n setzt vom Ober⸗Regisseur Tetzlaff. Dirigent: Kapell⸗ meister Sucher. Anfang 77 Uhr. Schauspielhaus. l e Lustspiel in 4 Aufzügen von Karl Nie⸗ In Scene gesetzt vom 8 Anfang 74 Uhr. Sonnabend: Dpernhaus. Ring des Nibelungen. Richard Wagner. d erdãn ufzügen und 1 Vorspiel. Anfang? Uhr. Schauspielhaus. thätigen Zweck. ö Franz von Schönthan und Gustav Kadelburg. An-

Denutsches Theater. Freitag (außer Abonne⸗

ment): Weh dem, der lügt! Zum Besten nothleidender Weber im Eulengebirge: Die Weber.

Sonntag, 24 Uhr: Die Weber. Weh dem, der lügt!

Sonnabend:

Berliner Theater. Freitag (2. Abonnementz- Vorstellung) Der Kompagnon. Anfang 71 Uhr.

Sonnabend: Der Pfarrer von Kirchfeld.

Sonntag, 24 Ubr: Madame Sans⸗ Gene. 7 Uhr: Uriel Acosta.

Lessing · Theater.

Uhr. Sonnabend Die wilde Jag . Senntag: Der Geizige. Lustspiel in 5 Akten

von Moliere. Hierauf Niobe. Montag: Der Fall Clemenceau.

Kapellmeister Adolph Ferron.

Freitag: Opern⸗

Residenz · Theater.

In Scene gesetzt vom Ober⸗

Dirigent: Kapellmeister Or. Muck. arbeitung von Benno Jacobson.

kontrakt. In Scene ge⸗

reitag: 38. Vorstel fung. Wie die Alten 4 mag 6 * Sonnabend: Demi⸗Monde. er ⸗Regisseur Marx

37. Vorstellung. Der Bühnenfestspiel von Dritter Abend: Götterdamme⸗

Siegfried Jelenko. fũr Volksunterhaltung.

37. Vorstellung. Zum wohl⸗ Luftspiel in 4 Aufzügen von

Anfang 74 Uhr. Sonnabend: Der Probekuß.

746 Uhr:

Thomas Freitag:

Salingrẽ g 73 Ubr. In Vorbereitung:

Freitag: Ghismonda.

Sonnabend: HSierauf: Anfang 71 Uhr.

Friedrich Wilhelmstädtisches Theater.

Chaufseestraße 25/26. Der Obersteiger. Held.. Carl Zeller. Regie; Herr Fredy. Dirigent; Herr Anfang 775 Uhr. Sonnabend: Der Obersteiger.

Blumenstraße Nr. 9. Direktion: Sigmund Lautenburg. nand s Ehekontrakt. (Eil à la patte.) Schwank in 3 Akten von Georges Feydeau, in deutscher Be⸗ Anfang 7 Uhr.

Sonnabend und folgende Tage: Fernand' s Ehe⸗

Nenes Theater. Schiffbauerdamm 4 /. Das liebe Geld. 4 Akten von Elsa von Schabelski.

Sonntag: Zum ersten Male: Liebe von Heut. Volksstũück in 4 Akten von Robert Misch.

Sonntag, Nachmittags: Vorstellung des Vereins

Theater Unter den Linden. Bebrenstr. S5 / p. Direktion: Julius Fritzsche. Freitag: Mit neuer Ausftattung Der Probekuß. Operette in 3 Akten von Hugo Wittmann und Julius Bauer. Musik von Carl Millöcker. In Scene gesetzt von Julius Fritzsche. Dirigent: Herr Kapellmeister Federmann. 6. Tanz⸗Divertissement. Anfang 76 Uhr.

Bentral⸗ Theater. Ate Jalobstraße Nr. 30. Direktion: Richard Schult. Letzte Woche. Emil

a. G. Anna Bãckers. Zum 159. Male: O, diese Berliner! Große Posse mit Gesang und Tanz in 6 Bildern (nach Reise durch Berlin) von Freund. Mustk von Julius Ginödshofer. Anfang

Sonnabend: O, diese Berliner! Unsere Rentiers.

Posse mit Gesang und Tanz in 4 Akten.

Adolyh Ernst Theater. Freitag: Geschlossen. Zum jweiten Male: Gesindeball. um 46. Male: Ein sideles Corps.

Konzerte.

Konzert ⸗HJaus. Freitag: Kart, Mender⸗ gConzert. Ouv. Eine nord. Heerfahrt“, Hartmann. Der Freischütz', Weber. Krondiamanten /, Auber. Slavische Tänje Nr. 7 u. 8 v. Dvorak. Phantasie a. -Der Maskenball! v. Verdi. Frauenliebe und Leben', Waljer v. Blon. ‚Kol Nidreyn f. Celle v. Bruch (Herr Sasbach). 8 Sträußli“ f. Pistor v. Hoch (Herr Werner).

Operette in Musik von

Saal Bechstein. Linkstraße 42. Freitag, Anfang 76 Uhr;: L. Konzert (Französischer Lieder Abend? von Blanche Marchesi aus Paris, unt. güt. Mitw. des Klaviervirtuosen Herrn Feliz

Dreyschock.

Birkus Renz (Karlstraße). Freitag: Große Komiker⸗Vorstellung. Humor! Witz! Laune! Auf— treten sämmtlicher Clowns und des August“ M. Lavater Tee in ihren wirkungsvollsten Entrées. Außerdem: Auftreten sämmtlicher Spezialitäten, Damen und Herren, Vorführen und Reiten der best⸗ dressierten Freiheits- Spring⸗ und Schulpferde. Zum Schluß der Vorstellung: Tido Ni En. Beim Jahreswechsel in Peking) Sensationelle Tänze, u. a. Original, le grelots viants, jen des ,,,, Driginal! Neue Musik⸗Cinlagen.

nfang 71 Uhr.

. Abends 78 Uhr: Gala⸗Borstellung.

Sonntag: 2 Vorstellungen, Nachmittags 4 Ubr (ermäßigte Preise): Die lIustigen Heidelberger. Abends 77 Uhr: Tijo Ni En.

Familien⸗Nachrichten.

Geboren: Ein Sohn: Hrn. Prem. ⸗Lieut. Otto von Arnim (Stendah. Hin, Professer Dr. Biermann (Friedenau). Hrn. Gerichts ⸗Assesser Dr. Köster (Kottbus. Hrn. Leo von Zochlinen Schũsselndorf).

Gestorben: Hr. Hauptmann a. D. Carl von Czernicki Berlin).

Fer⸗

Freitag:

Scauspiel in Anfang 74 Uhr.

egie:

Josefine Dora.

Julius

Große Verantwortlicher Redakteur:

J. V.: Sie menroth in Berlin. Verlag der Expedition (Sch olf) in Berlin.

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags Anstalt, Berlin 8W., Wilhelmstraße Nr. 32.

Sechs Beilagen leinschliehßlich Börsen · Beilage)

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich P

Erste Beilage

reußischen Staats⸗Anzeiger.

Mn 34. Berlin, Donnerstag, den 7 Februar 1893. ·· ··· · —— ———

Deutscher Reichstag. 30. Sitzung vom Mittwoch, 6. Februar.

Ueber den Beginn der Sitzung ist gestern berichtet worden. Nachdem der Abg. Dr. Hitze die von ihm eingebrachte . über die gesetz liche Anerkennung der

erufsvereine und die Errichtung von Arbeiter— kammern begründet hatte, nahm das Wort der

Reichskanzler Fürst zu Hohenlohe:

Meine Herren! Die verbündeten Regierungen haben sich mit der Frage der Herstellung einer Vertretung der Arbeiter behufs Wahr⸗ nehmung ihrer Interessen bisher schon bei Gelegenheit der Be⸗ rathung einzelner Gesetzentwürfe, wie derjenigen, welche sich auf die CGinrichtung von Gewerbegerichten, auf die Abänderung der Gewerbe⸗ ordnung und auf die Versicherungsgesetzgebung beziehen, zu beschäftigen Anlaß gehabt.

Die dabei von ihnen eingenommene Stellung ist aus den dem Reichstag zugegangenen Entwürfen ersichtlich.

Generell ist die Frage bisher im Bundesrath nicht behandelt.

Es besteht indessen bei der Königlich preußischen Regierung, über deren Auffassung allein zur Zeit Auskunft gegeben werden kann, kein Zweifel, daß es ihre Aufgabe ist, das Programm, welches der Erlaß Seiner Majestãt des Königs von Preußen vom 4. Februar 1890 auf⸗ stellt, zur Durchführung zu bringen.

Eine Beantwortung der Frage, ob baldigst die Vorlage eines Gesetzentwurfs im Sinne des zweiten Theils der Interpellation er⸗ wartet werden darf, ist zur Zeit nicht möglich, weil die in dieser Beziehung unternommenen Vorarbeiten zu einer Beschlußfassung des Königlichen Staats. Ministeriums noch nicht geführt haben.

Auf Antrag des . Dr. Lieber (Zentr.) tritt das 53 in eine Besprechung der Interpellation ein. Das Wort er

Abg. Möller i Wenn ich und die Mehrzahl meiner Fraktion der Ansicht sind, daß zunächst auf dem Wege der fozialen Reformen nicht in der bisherigen Weise fortgeschritten werden kann, fo vertreten wir diese Meinung in dem Sinne, daß uns zunächst das Ausland folgen muß, ehe wir weitere Schritte thun können. Auf dem Kongreß zu Mailand haben wir die Ueberzeugun i nn, daß unsere Pro⸗ aganda in dieser Richtung nicht 37 glos ist; in den anderen ändern, auch in Frankreich, gewinnt eine jüngere Schule die Ober⸗ hand über das alte Manchesterthum. Nur England wehrt sich noch hartnãckig. Wenn uns das Ausland gefolgt sein wird, dann werde ich unter den ersten sein, die eine weitere Entwickelung unferer Sozial⸗ gesetzgebun befürworten. Uebrigens stebt die Behauptung der soziaf. demgkratischen Partei, die bisherige Versicherungs esetzgebung habe für die Arbeiter keinen Werth, durchaus nicht im Einklang mit der Ansicht, welche auslãndische Gesinnungsgenossen der Herren darüber haben. Gs ist mir von solchen in Mailand e gt worden, daß sie unsere Orga⸗ nifationen als bewundernswerth dankbar anerkennen. Wenn der Abg. ditze den Arbeitervertretungen den Arbeitsnachwels überlassen will, 6 wird er sich den Dank der sozialdemokratischen Partei verdienen, denn deren Geschäfte besorgt er damit. Wer den Arbeits nachweis hat, det bat die Macht über die Arbeiter, und der soziale Kampf wird sich in der nächsten Zeit wesentlich um diese Frage drehen. Der Abg. Size vertrat früher die Auffassung, daß Vertretungen geschaffen werden müßten, in denen Arbeitgeber und Arbeiter gemeinsam säßen; 6. ist er auf den Standpunkt der gesonderten Arbeitervertretungen hübergetreten. Ich bin der Meinung, daß diese ein Unding sind. Die Interessen der Arbeitgeber und der Arbeiler hängen aufs engste zusammen. In England ist das nach grauen haften Kämpfen, die schon am Schluß des vorigen Jahrhunderts begannen, von den aus diesen Kämpfen hervorgegangenen trade - unions anerkannt worden; man begriff dort, daß getrennte Arbeitervertretungen über kurz oder ang zum politischen Terrorismus führten. Erst die jüngere Generation, die jene Kämpfe nicht mehr kennt, entfernt sich von dem bewã hrten Grundsatze, und die sozialistische Vartei elangt mehr und mehr zur Herrschaft. Es würde gänzlich ve ehlt sein, die englische Einrichtung auf unsere völlig abweichenden Verhältnisse zu übertragen. Wir Faben so schwere Kämpfe garnicht gehabt. Wohl waren in früherer Zeit dielfach schauderhafte Zustände vorhanden, aber zu einer ir als die. Handarbeit vorherrschte. Jetzt ist die age der arbeitenden Bevölkerung unendlich viel besser geworden. Wenn dies in Schlesien nicht in gleichem Maße der Fall? ist, wie beispielsweise in meiner Heimath Westfalen, so mag dies vielleicht an einer gewissen Indolenz der Bevölkerung liegen, die sich von der überlieferten Arbeitsweife nicht loszumachen vermag. Bereits Schulze⸗ Delitzsch hatte den Antrag gestellt, Organisationen nach dem uster der englischen Gewerkvercine zu schaffen; als ihm aber Lasker er— widerte, die englischen Gewerkyereing seien Kampforganifationen, ver⸗ lor er den Muth, Die politischen Partejen haben sich der Arbeiter= bewegung bemächtigt, bei der es sich jetzt nicht um wirthschaftliche londern um politische Gesichtspunkte handelt. Bie Industrie ist durch die neuere Gefetzgebung schon so belastet geworden, daß, wenn weitere xasten hinzukommen, sie im Wettbewerb mit den anderen Nationen

auf die Dauer nicht wird bestehen können. Ich bin gern bereit, vor⸗

wärts zu marschieren, aber wir dürfen den anderen Nationen nicht zu weit voraneilen. Was der Kaiserliche Erlaß von 1890 versprochen hat, ist bereits zum e Theil erfüllt worden. Die Organifatlon kann nur dann nützlich sein, wenn in ihr Arbeiter und i rn, Sni sam vertreten sind. Seien wir vorsichtig in der weiteren

erfolgung unserer sozialpolitischen Gesetzgebung! Das, was man der Induftrie auflegt, zu viel auflegt, entzieht man den Arbeitern selbst. Zweifellos hat sich die wirthschaftliche Lage der Arbeiter in den letzten Jahren bedeutend gebessert; wir hoffen, daß diese Besserung e r eite aber verhindern wir, daß unreife Projekte zur Ausführung

ngen.

Abg. Fischer (Soz ]: Warum haben die Interpellanten nur den einen Punkt, den Sie vorbringen, aus den Februar Erlassen herausgegriffen? Es sind viel wichtigere Fragen darin enthalten, die noch der Beantwortung bedürfen, so die Frage einer ee lichen Regelung der geit und Bauer der Ürbeit. Wenn in den eiten den reisen guter Wille vorhanden wäre, fo hätten in den 5 Jahren seit Veröffen fsichung der Eriasse alle Versprechungen berselben erfüssst Jö. können. Nach den Erklãrungen, welche die Regierung heute abgegeben hat, wird aber kaum noch jemand irgend welche . in dieser Richtung hegen. Das Zentrum hat diese Interpellation nur ein echt um vor den katholischen Arbeitern seinen Umfall in der msturzkommission zu bemänteln; denn niemand wird mehr in Abrede stellen. daß die Umsturzvorlage die Unterwerfung des neuen Kurfet . die Ausbeutungsinteressen der kapitalistischen Großindustrie be⸗ Eutet. W ordert das Zentrum nicht den Normalarbeitstag,

zarum für den der Abg. Hitze noch im Jahre 1893 eingetreten ist ? Wenn der

Abg. Groeber jũngst die christliche Charitas betont hat, so bemerke ich dem gegenüber, daß diese in den sozialen Kämpfen gänzlich bedeutungs⸗ los ist. An den eigentlichsten Stellen diefer . Cbharitas werden die Arbeiter gerade fo ausgebeutet, wie von der Großindustrie, wie die klösterlichen Wohlthätigkeitsanftalten in Frankreich und

Belgien beweisen. Lãßt doch eine solche Wohlthãtigkeitsanstalt in Belgien Hunderte von Kindern in zwölf bis vierzehnstündiger Arbeitszeit be⸗ schäftigen gegen einen Tagelohn ven 17 bis 14 31 Die Inter— pellanten verlangen die esetz liche Anerkennung der Berufsvereine und Arbeiterkammern. Auch wir treten dafür eln, obwohl wir ang bon der. Wirksamkeit dieser Einrichtungen nicht viel versprechen. Geben Sie den Arbeitern die volle, wirkliche Koalitions— freiheit, dann verzichtet die Sozialdemokratie gern auf all den sozialpolitischen Krimskrams, an dem Sie so große Freude zu haben scheinen. Wir haben keineswegs, wie gesagt wird, Furcht vor Arbeiterausschüssen, wir derlangen aber Garantien dafür, daß die Mitglieder derselben auch ihre Pflicht erfüllen können und nicht Werk⸗ zeuge der Arbeitgeber sind. Wenn wir für Arbeiterausschüsse ein⸗ treten sollen müßten wir vor allem verlangen, daß kein Mitglied während der Dauer feines Amtes entldssen werden darf; alle Vorarbeiter und Werkmeister wären auszuschließen, da sie zu eng mit den Unternehmern verbunden sind. Es liegt aber auf der Hand, was wir von der Regierung in dieser Hinsicht zu er⸗ warten haben. Der Staats sekretãr bon Boetticher erklärte ja, daß es nicht Aufgabe der Regierung sei sozialdemokratische Konstitutionen zu fördern, Die Rede, mit der der Mintster von Berlepsch die inter. nationale Arbeiterkonferenz eröffnet hat, ficht gewaltig ab von den neuen Thronreden. Nach der Umfturzporlage soll der Kampf gegen alle die aufgenommen werden, die glauben, daß die jetzige Gefellschafts. ordnung auf Ungerechtigkeit beruhe. Ein König kann nur König der Armen, der Arbeitslosen, oder ein König der Reichen sein. Unser gzialeg Königthum bat kapituliert zu Gunsten der Reichen. Was ist für die Arbeiter in den Staatsbetrieben ge—⸗ chehen? Sie sollten in Wahrheit Musteranstalten sein, sie sind aber Musteranstalten für Ausbeutung und kapitalistische Knechtung. Die elementarsten Bedingungen zu einer Arbeiterschutzgesetzgebung bleiben unberũdcsichtigt. Wo soll da das Vertrauen in den unteren a men, herkommen? Man spricht viel vom Arbeits nachweis und feiner pohi= tischen Bedeutung. Die 3. Arbeitsnachweise sind nur Unterneh⸗ mungen der Arbeitgeber; das sollte auch der Abg. Möller bedenken, der seine Wahl nur einem schamosen Parteigetriebe verdankt, das ja auch zur Ungültigkeitserklãrung seiner Wahl geführt hatte. Die Sozial⸗ reform, die die Reichs.; n,, , im Sinne hat, geht recht deutlich aus ihrem Verhalten gegenüber dem Post⸗Assistentenverein und aus dem Heirathsverbot für die unteren Beamten hervor. Eine Durchführung der Kaiserlichen Erlaffe kann man von unseren Reichs⸗ behörden nicht erhoffen, sie messen alle mit zweierlei Maß gegenüber Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Jenen wird verboten, Sozial⸗ demokraten zu beschäftigen, und diesen wird schon eine Agitation auf Lohnerhöhung als Umstarzbestrebung ausgelegt. Das ist eine Gesetz⸗ gebung, die geeignet ist, Propaganda i unsere Sozialpolitik zu machen und auch dem Blödesten die Augen zu öffnen.

Staats⸗Minister Freiherr von Berlepsch:

Meine Herren! Nur einige wenige Worte! In der Rede des Herrn Vorredners ist ja das eigentliche Thema, das uns beschãftigt, wenig behandelt worden. Sie gehörte zu den Reden, die gehalten werden, um die Arbeitermassen außerhalb des Hauses gegen die Regierung und gegen die bestehende Staats und Gesellschafts ordnung aufs neue aufzuhetzen. (Sehr richtig! rechts) Es ergab sich das auch schon aus der reichen Sammlung von Material, das jedenfalls nicht in der kurzen Zeit seit Einbringung der Interpellation gesam⸗ melt worden ist, sondern längst in den Schränken der Sozialdemokratie gelegen hat, um bei geeigneter Gelegenheit hier vor das Haus und die Oeffentlichkeit gebracht zu werden. ü

Der Herr Redner hat es für nöthig gehalten, einige Dinge zu berühren, die mein Ressort speziell betreffen. Ich muß deshalb mit einigen Worten darauf antworten. Der Herr Redner hat bemerkt, daß bei der Königlich preußischen Bergwerks. Verwaltung zu Saar⸗ brücken Tausende von Arbeiterexistenzen in brutalster Weise ver⸗ nichtet worden seien, daß es dort noch täglich vorkomme, daß aus fiskalischen Rücksichten die Arbeiter in großen Mengen entlassen würden. Das letztere ist thatsäͤchlich absolut unrichtig. Das erstere betrifft einen Vorgang, der dem Reichstag ja schon bekannt ist, nämlich den letzten Saarbrückener Aufstand, infolgedessen eine Anzahl von Arbeitern zur Arbeit zunächst nicht wieder angenommen wurden, und zwar aus dem einfachen Grunde, weil ste seit Monaten bemüht gewesen waren, die Arbeiterschaft gegen die Verwaltung und die Beamten in der unerhörtesten Weise zu verhetzen und das Verhältniß zwischen Beamtenthum und Arbeitern zu verschlechtern.

Ich habe mir gestattet, schon damals diese Frage hier im Reichs⸗ tag des näheren zu erläutern und die Gründe anzuführen, warum dieser Theil der Arbeiterschaft in die Arbeit nicht wieder aufgenommen wurde. Die Direktion der Gruben machte von dem Recht eines jeden Mannes Gebrauch, der einen Hausgenossen, der im eigenen Hause Unfrieden zu stiften sucht, nicht wieder in sein Haus einläßt. Dieser Standpunkt wird als richtig nicht zu bestreiten sein.

Meine Herren, die Arbeiter, die damals in besonders aus— gesprochener Weise sich gegen die Verwaltung der Bergwerke gewendet hatten, unterlagen der Führung sozialdemokratischer Agitatoren, und dieser Fall liegt, wie viele Fälle der Art, ja wir können wohl sagen, fast die meisten Fälle. Wir können doch wohl annehmen, daß in der kleineren Zahl von Fällen die berechtigte Beschwerde über Lohnverkürzung, über sonstige ungünstige Bedingungen der Arbeitsverhältnisse der Grund des Strikes ist. Man wird nicht ganz mit Unrecht behaupten können, daß die größere Zahl der Streitigkeiten zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern auf Veranlassung sozialdemokratischer Agitatoren zu setzen ist. (Widerspruch bei den Sozialdemokraten. Sehr wahr! rechts) Ja, meine Herren, wer sich einigermaßen eingehend mit dieser Frage beschäftigt und sie verfolgt, ich kann Sie versichern, der kommt zu dieser Ueberzeugung, und es ist das auch an sich nichts Unwahrscheinliches. Es ist bekannt, daß die Sozialdemokratie die deutsche Arbeiterschaft in einer, man kann sagen, strengen Zucht hält; wer nicht mit ihr geht, wer nicht ihrem Willen folgt, hat sich sehr empfindlichen Folgen auszusetzen; er wird aus der Genossenschaft ausgeschlossen, er wird in seinen häuslichen und sonstigen Verhaͤlt.

nissen in der verschiedensten Weise verfolgt, und so kommt es denn, daß den sozialdemokratischen Agitatoren und Führern der Partei gelungen ist, daß die Arbeiterschaft in sehr vielen Fällen unbedingt ihrem Ruf zur Einstellung der Arbeit Folge leistet.

Daß dies so liegt, muß auch der Regierung das Bedenken geben, ob sie nicht genöthigt ist, in der sozialpolitischen Gesetzgebung, die sie eingeschlagen hat, immer das Moment mit in Frage zu stellen, in⸗ wie weit wird eine gesetzliche Bestimmung zur Stärkung der Stellung der sozialdemokratischen Agitatoren beitragen, und so erklärt es sich auch, daß in den Bestrebungen zu Gunsten der Arbeiter und in der Ausführung des Kaiserlichen Erlasses vom Februar · KLxg0 gegenũber dem Jahre 1899 allerdings eine Verzögerung eingetreten ist; diese Verzögerung ist aber nicht darauf zurückzuführen, daß, wie der Herr Vorredner sagt, das soziale Königthum vor den Interessen der Arbeit- geber kapituliert hat, nicht darauf zurückzuführen, daß die Staats- regierungen, wie die Herren sich geschmackvoll auszudrücken belieben, die Kommis des Unternehmerthums sind, sondern darauf, daß jede Maßnahme, mag sie noch so wohlmeinend, noch so nũtzlich für die Arbeiter sein, von der sozialdemokratischen Agitation und Füh⸗ rung vergiftet wird bis in ihr letztes Moment. (Sehr wahr! rechts. Widerspruch bei den Sozialdemokraten.)

Daß das der Staatsregierung zu Bedenken Anlaß giebt und ihr den Gedanken nahe legt, zu zögern und wohl zu überlegen, ob sie nicht dieser Vergiftungsmaxime durch ihre Maßregeln Vorschub leistet, das ist doch wohl ein begreiflicher Standpunkt; die Herren Sozial- demokraten sollten sich klar machen, wie das kommt, und dann würden sie nicht so ungerechte Anklagen erheben, wie das heute wieder von ihrer Seite geschehen ist.

Ja, meine Herren, die Gesetze, die zu Gunsten der Arbeiter- schaft gemacht worden sind, wie die Versicherungsgesetze, wie auch das Gewerbegerichtsgesetz, werden von der sozialdemo⸗ kratischen Parteileitung nicht begrüßt und nicht hochgehalten, weil sie glaubt, daß der Arbeiterschaft damit genützt wird; nicht des⸗ halb, weil durch das Krankenversicherungsgesetz einem kranken Arbeiter rechtzeitig eine wohlverdiente Unterstützung zu theil wird sondern deshalb, weil die sozialdemokratische Agitation der Meinung ist, daß sie in der Verwaltung der Krankenkassen ein geeignetes Mittel findet, ihre Agitation zu verstärken. (Sehr wahr! rechts; Lachen links.) Die sozialdemokratische Führung bemächtigt sich der Ver⸗ waltung der Ortskrankenkassen, sie sucht Leute, die sie selbst in der Agitation nützlich verwerthen kann, in die Stellen zu lsetzen, die recht gut bezahlt werden. Mit diesen Stellen sucht sie ihre Agitatoren zu bezahlen, und das ist der Grund, weshalb sie dieses Gesetz für nützlich hält, und nicht, weil es dem Arbeiter wirklich eine Wohlthat wiederfahren läßt. Das kann auch garnicht der Grund sein, weil erfahrungsgemäß ihre ganzen Be⸗ strebungen dahin gehen, immer und immer wieder Unzufriedenheit in den arbeitenden Klassen zu schüren. Also nochmals kurz: nichk der Umstand, daß die Staatsregierung sich in den Dienst der Unternehmer stellt diese Phrase ist schon so oft gebraucht und gehört zu den⸗ jenigen, die der Herr Kriegs-Minifter neulich mit Recht als nur Ver= achtung verdienend bezeichnet hat ist es, der sie abhält, in der Frage der Regelung der Arbeitervertretung schneller weiter zu gehen, als es bisher geschehen ist, sondern lediglich das Gebot der Vorsicht, nicht ein Gesetz zu machen, ehe es dahin geprüft ist, ob nicht die sozialdemokratische Agitation durch dasselbe gestärkt wird, ob nicht die sozialdemokratischen Agitatoren durch ein solches Gesetz in die Lage gesetzt werden, das Gift, welches sie in unsere Arbeiterklassen tragen, in stärkeren Dosen anzuwenden. (Beifall rechts und aus der Mitte.)

Abg. von Kardorff (Rp.): Hatte ich aus der Erklärung des Reichskanzlers den Eindruck gewonnen, daß optimistische Herren daraus solgern könnten, es würden bald Schritte in der Richtung der Inter⸗ pellation geschehen, so haben mich darüber die Aeußerungen dez Ministers von Berlepsch beruhigt und mir die Ueberzeugung gegeben, daß es mit Experimenten, wie sie in der Interpellation angedeutet sind, vorläufig noch gute 3 haben wird. Wenn der Abg. iche sagt, das soziale Königthum habe kapituliert, man habe al, t, der König werde ein König der Bettler sein, und jetzt scheine es, als sei er der König der Unternehmer was ist das für eine Au assung des Königthumz! Das Königthum hat allen Klaffen der evölkerung gerecht zu werden: dem Reichen wie dem Armen, dem Kapitalisten wie dem Arbeiter. Der Abg. Hitze verlangte zunächst, daß die Arbeiterausschüsse obligatorisch eingeführt würden, und diese Forderung hat die große Mehrheit des Reichstags abgelehnt. Und mit vollem Recht; denn diejenigen Erfahrungen, die wir in den letzten Jahren mit den Arbeiterausschuͤssen an verschiedenen Stellen gemacht haben, dienen wahrhaftig nicht dazu, die Meinung zu bestärken, daß in diefen Aug, schüssen der Friede zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber auf eine sichere Grundlage gestellt wäre. Bei dem Strike im Saargebiet hat sich ge⸗ zeigt, wie sich sofort die Soꝛzialdemokrgtie der Arbeiterausschüsse be. mächtigt und sie zu einem Kampfmittel macht. Wenn alfo die Regierung billig Bedenken trägt, jetzt mit der obligatorischen Organi⸗ satson solcher Ausschüsse vorzugehen, so ist dies durchäus gerecht. fertigt. Der Abg. Hitze will ferner die englische Gewerkveremng- nr ini Prinzip auf unsere Verhältnisse Übertragen. Dle . die man in England mit den Trade. Uniong 'ge— macht hat, sind durchaus nicht so unbestrittene. Wenn man vorher glaubte, durch die Trade Unions fei verhindert worden, daß die Sozialdemokratie in England Boden gewinne, so verfolgen dieselben heute eine stark sozialdemokratische Richtung, und wir wärhen urch derartige, Organisationen mit korporatlven Rechten nur ber Sozialdemokratie eine feste Grundlage geben. Diejenigen Bedürfnisse, für welche die Trade Unions ins Leben gerufen wurden, haben jn Deutschland durch die sozialpolitische Gesetzhebung volle Befriedigun gefunden, und ein Bedürfniß für derartige ,,, ist . vorhanden. bin überzeugt, daß der Abg. Hitze von den besten Absichten erfüllt ist, ebenso wie die evangellschen Geist.⸗ lichen, die in demselben Sinne auf die Arbeiterschaft zu wirken suchen; aber diese Herren 3 sehr haufig nur, daß sie der Sozialdemokratie a . von Anhängern zuführen; . wollen die Arbeiterschaft für das Christenthum gewinnen Und be enken nicht, daß sie mit ihren arfen Angriffen gegen die bestehenden Verhältnisse das Gefühl der Zufriedenheit in den Maffen untergraben. Ich bin mit dem Abg. Möller durchaus der Meinung, daß ein ter · egen in der zr enn h e f,. nicht möglich sst ehe die Frage

nternational geregelt sein wird. . diesen Morgen habe ich einen