1895 / 34 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 07 Feb 1895 18:00:01 GMT) scan diff

Brief bekommen, worin gusgeführt wird, daß unsere Kohle, namentlich die schlesische sich auf dem Markt nicht behaupten könne wegen der gewaltigen Lasten, welche die sozialpolitische Gesetzgebung der Industrie auferlegt. Meiner Auffassung nach wird es nicht ausbleiben können, daß die sozialvolitische Gesetzgebung, die wir ja nicht nur mitgemacht haben, sondern zu der der Abg. von Stumm vor allem den Anstoß gegeben hat, in diesem oder jenem Punkt weiter ausgebaut und verändert wird. Aber eines muß ich doch sagen: ich hätte dieser ganzen Arbeiterschutzgesetzgebung und den Versicherungsgesetzen nicht meine Zustimmung gegeben, wenn ich hätte voraussehen kõnnen, daß das Sozialistengesetz in Wegfall kommen würde. Das Bestehen dieses Gesetzes war die Vorauss ung unserer Zu⸗ stimmung zu jener Gesetzgebung. Die Umsturz vorlage ist in meinen Augen ein so schwaches Mittel gegen die Sozialdemokratie, daß ich auf das Zustandekommen derselben außerordentlich geringen Werth lege; aber allerdings müssen wir der sozialpolitischen Gesetzgebun und dem allgemeinen direkten Wahlrecht gegenüber wünschen, da wenigstens etwas geschieht, damit nicht wieder wie damals nach der Aufhebung des Sozialistengesetzes und nach den Kaiserlichen Erlassen die Sozialdemokratie sich einen falschen Schein zu Nutze mache. Damals sagte die Sozialdemokratie: alle unsere Bestrebungen werden jetzt gebilligt, wie ungerecht alse waren die Vorwürfe, die man unserer Partei gemacht hat! Und diese Deduktion fiel auf fruchtbaren Boden. Soweit im Gebiet der Arbeiterschutzgesetzgebung wirklich etwas geholfen werden kann, darf die Regierung für Vorschläge nach dieser Richtung gewiß auf allge⸗ meine Zustimmung rechnen. Das würde aber meiner Ansicht nach nicht der Fall sein mit Vorschlägen, wie sie die Interpellation im Sinne hat Vorschlägen, die nur zur Stärkung der Sozialdemokratie dienen können. Um 5 Uhr wird die weitere Berathung vertagt.

Preuszischer Landtag. Haus der Abgeordneten.

13. Sitzung vom Mittwoch, 6. Februar.

Ueber den ersten Theil der Sitzung ist bereits in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet. .

. im Anfangsbericht nur im Auszuge mitgetheilte Rede, mit welcher der Minister für Landwirthschaft 2c. die zweite Berathung des Etats der Forstverwaltung ein⸗ leitete, hatte folgenden Wortlaut:

Minister für Landwirthschaft ꝛc. Freiherr von Ham mer— stein:

Meine Herren! Wie ich es bei den übrigen Etats gemacht habe, so will ich es auch bier machen und Ihnen einige Sie interessierende Zablen, die sich auf die Forstkultur beziehen, mittheilen. Der Bestand der Oedlãndereien im 10. Monat des Jahres 1893 betrug und ich nenne hbauptsächlich nur diejenigen Regierungsbezirke, wo der Umfang der Oedländereien ein erheblicher ist in Königsberg 4760 ha, in Danzig 6822, in Marienwerder 8́70, in Köslin 2499, in Brem—⸗ berg 5207, in Schleswig 2066, in den übrigen Regierungsbezirken unter 1000 ha; im ganzen beträgt der Bestand an Dedländereien 33 338 ha. Während des Jahres 1894.ñ95 hat infolge von Kauf und Tausch ein Zugang stattgefunden von im ganzen 6016 ha, dagegen nur ein Abgang von 13 ha. Neukulturen sind ausgeführt in toto 4210 ha, Nachbesserungen sind ausgeführt 1579, im ganzen 5790 ha. Für das kommende Jahr sind veranschlagt die Nachbesserungen zu 1172 und der Bestand der DOedländereien am 10. Oktober 1894 betrug 36 656 ha.

Meine Herren, diese 36 656 ha betragen 16 9 der gesammten Sol bodenflãchen in den preußischen Staatsforften und die gesammten Bodenflächen der preußischen Staatsforsten betrugen zu dem an⸗ gegebenen Zeitpunkt 2 468 478 ha. Außerdem sind, unter Gewährung von Staatebeihilfen, im letzten Jahre etwa 1800 ha fiskalische Dedlãndereien zur Aufforstung gelangt. Davon entfallen auf die Eifel einschließlich des hohen Venn 362 ha, auf den Huns—⸗ rück 91, auf den Westerwald 59 ha; der Rest vertheilt sich auf die übrigen Landestheile.

Meine Herren, dann liegt mir eine vergleichende Uebersicht, be⸗ treffend die Forsten nnd Holjungen des gesammten Staates ein⸗ schließlich der Privatforsten von 1883 bis 1893 vor, aus der ich Ihnen einige interefsante Zahlen mittheilen will. In Ostpreußen betrug im Jabre 1883 der Umfang sammtlicher Forsten 662 067 ha, im Jahre 1893 647 663 ha, also weniger 14 404 ha. Der Gesammtumfang der fiskalischen Forsten betrug 1883 361 612 ha, 1893 371 868 ba. Also baben die Staatsfersten um 10 256 ha in Ostpreußen zugenommen. In Westrreußen betrug der gesammte Forstbestand 534 848 ha 1883, 543 230 hs 1893, hat alfo um S432 ha zugenommen. Der fiekalische Forftbesitz betrug N 903 ha 1883, 306 272 ha 1893, hat also um 31 369 ha jugenommen. In Brandenburg betrug der gesammte Forftbesitãß 1294660 ha 18583 1 317 917 ha 1893, hat also um 23 257 ha mgencmmen. Der fiskalische Besitz betrug 369 552 ha 1883, jetzt 373 624 ha, bat also in zebn Jahren um M72 ha zugenommen. In Pommern hat eine Zunahme des Gesammbesitzes um 11 870 ha, des staatlichen Sesizes um 17 695 ha jugenommen. In Posen hat der Gesammtforstbesit um 10 508 ha abgenommen, dagegen der staatliche um 7932 ha jugenommen. Ebenso ist es in Schlefien; da bat der Gesammtforstbesiiz um 3262 ba abgenemmen, der staatliche Forstbesiß um 117 ha abgenommen. In Sachsen dagegen bat der Gesammtforstbeñtz um 350 ha, der staatliche Besiz amn 23 ha zugenommen. In Holstein hat der Gesammtforst besitz nm 4541 ha, Dannever der Gesammtforstbefitz um 13 985 ha, der staatliche um 2776 ha zageagcmmen. In Wefstfalen dagegen hat der Gesammt⸗ ferflbeftz an 1555 ha abgenommen, der staatliche Besitz ebenfalls an 1107 ha. In Hessen⸗Nassau baben die Gesammtforsten wa 2812 ha abgencmmen, die Staateforsten um 65l ha zugenommen. Ja wesentlichen ift die Abnahme des Forstbesitzes der Aderkultur, tbeilaeise auch der Wiesenkultar zugefallen. Wo eine Zunahme der Arfferstrag stattgefunden bat, ist zum theil Ackerland, meiftens Ded⸗= land der Aafferstang ubermmiesen. Zu erwähnen habe ich noch Rhein land. ne der Yrwatferfibefitz an 225 ha, der slaatliche um 1665 ha igencntmen bat.

Meine Herren, nach den mitgetheilten Zahlen beträgt der gesammte Ferftbeftz 8 192 305 ha, er kat zugenommen um 38 558 ha: der staatliche Ferstbestz beträgt 2 46 750 ha und bat zugenommen um So sss ka. Sie erseben aus diesen Mitteilungen, daß die Prirat⸗Forft⸗·

jerigen Cärdereits die sich nt Anfforstang eignen, in den letzten zehn Jakrer der Aufferstnag zernführen, nad Stare tremaltrng als auch die vriraten Grundbeñitzer betheiligt. Da⸗

der staatliche Forftbefitz um 3640 ha zugenommen, in

verwaltaa ges ie die stastlihe Zerstremaltang bemnkt gewesen sind, die, Derr

zwar find daran sowohl die die Aufftellung der Lohnlisten, wie sie von den Berufsgenoffenschaften

neben beweist diese Statistik auch, daß in einzelnen Landestheilen Flächen, die anscheinend sich besser zur Ackerkultur eignen, der Acker kultur überwiesen sind. . 3

Mit diesen Ausführungen will ich schließen, meine Herren.

Bei der Berathung der dauernden Ausgaben im Etat der Forstverwaltung nimmt zu dem Titel, welcher die Mittel für drei neue Oberförsterstellen fordert, das Wort der

Ober Landforstmeister Donner: Er wolle bei diesem Titel auf die Ausführungen des Abgeordneten Krause bezüglich der Gleich ˖ stellung der Zivil ⸗Forst. Assessoren mit den aus dem Feldjäger Korps hervorgegangenen Assessoren antworten. Nach , m . die im vergangenen Jahr im Hause gegeben worden, sei der frühere Landwirthschafts⸗Minister mit dem Kriegs⸗Ministerium in Verbindung getreten, um die Sache erneut in Erwägung zu ziehen. Seitens des Kriegs⸗Ministeriums sei erklärt worden, man habe keine Veranlassung, die bewährte Organisation des Feldjäger ⸗Korpg zu ändern. Die Ver⸗ hältnisse der Zivil ⸗Forst⸗Assessoren würden ja in Zukunft sich bessern, aber, um keine unberechtigten Hoff nungen zu erregen, wolle er doch hinzusetzen, daß diese Zukunft noch ziemlich fern erscheine. In 109 Jahren vielleicht werde, die Disparität verschwunden sein. Die Regierung strebe nach deren Beseitigung und fuche durch die Vergrößerung der Zahl der Forst-Assessoren und Forst⸗Referendare nach Kräften Besserung zu schaffen, ; ‚.

Abg. Dr. Paasche (ul.) erklärt sich mit den Ausführungen des Regierungskommissars zufrieden, hofft aber, daß die erwünschte Besserung nicht so lange auf sich warten lassen werde. ö

Abg. Freiherr von Erffa (ksns.): Auch meine politischen Freunde dringen auf Beseitigung der Disparität. Nach der Erklärung des Regierungskommissars ist aber klar, daß die Regierung in dieser Regelung thut, was sie überhaupt thun kann. Von einer Un⸗

erechtigkeit der Berhältnisse kann keine Rede sein, da die Zivil; e n. vor Eintritt in die Carrigre wissen, was ihnen bevorsteht. Gegen die Behauptung, daß in den Kreisen der wil · Forst · Afseñs oren Erbitterung herrsche, möchte ich den grünen Rock doch in Schutz nehmen; von Erbitterung habe ich keine Spur gefunden.

Abg. Dr. Paasche (nl): Der letzten Behauptung des Herrn Vorredners muß ich widersprechen. Ich könnte ibm Dutzende von Briefen zeigen, welche die Erbitterung in den Kreisen der Zivil. Forst. Assefsoren darthun. .

Abg. von Ploetz (kons.) wünscht eine Aenderung der Instruktion für die Förster, um denselben eine größere reiheit im Verkauf der Erträgnisse der 6 einzuräumen. Bei Versetzungen berück- sichtige man die Wünsche dieser Beamten nicht und versetze sie oft in ihnen ganz fremde Landestbeile. Auch in Bezug auf die Gehalts⸗ verhältnisse seien gerade diese Beamten besonders schlecht ge⸗ stellt. Bei den Bestrebungen gegen den Umfstur; sei es Pflicht der Regierung, gerade diese besonders loyalen Beamten mit ihren Gehalts- ö zufrieden zu stellen.

Minister für Landwirthschaft 2c. Freiherr von Hammer⸗ tein:

Meine Herren! Anknüpfend an die letzte Bemerkung glaube ich betonen zu müssen, daß sämmtliche preußische Beamte darauf Anspruch baben, als treue und lovale Beamte zu gelten; ich halte es also nicht für richtig, wenn Herr von Ploetz betont, daß gerade diese Beamten⸗ kategorie durch Pflichttreue und Lopalitãt mehr wie andere Kategorien von Beamten sich auszeichnet. Es ist zweifellos, daß bei vielen anderen Beamtenkategorien die Gehaltsbezüge dringend einer Aufbesserung bedürfen; jedenfalls giebt es fast keine Branche der Staatsverwaltung, wo man nicht mit Fug und Recht eine Aufbefferung aus demselben Grunde für wünschenswerth be⸗ zeichnen kann, die Herr Abg. von Ploetz für die forstlichen Unterbeamten angefũhrt hat.

Ich erkenne ausdrücklich an, daß es wünschenswerth ist, diesen Beamten aufzuhelfen. Meine Dienstvorgänger, wie ich, haben bei dem Herrn Finanz⸗Minister versucht, in dieser Richtung das Noth⸗ wendigfte zu thun; wir sind aber von dem Herrn Finanz⸗Minister darauf hingewiesen worden, daß die augenblickliche Lage der Staatsfinanzen es nicht gestattet, an eine Aufbesserung sämmtlicher Beamtenkategorien heranzutreten, und daß man daher zur Zeit einzelne Beamtenkategorien nicht herausgreifen und dieselben vor anderen bevorzugen dürfe. Dieser Auffassung des Herrn Finanz⸗Ministers babe ich beitreten müssen, hoffe aber, daß im nächsten Jahr auf diese Wünsche zurückzukommen sein wird. ö.

Dann habe ich auf eine fernere Bemerkung des Herrn von Ploetz zu erwidern; derselbe sprach davon, daß die Beamten auch dadurch hart betroffen würden, daß sie in einzelnen Landestheilen, wo sie nicht gern angestellt sein wollten, angestellt würden. Das ist unrichtig, meine Herren. Es besteht der Grundsatz, daß die Wünsche der unteren Forstbeamten nach der Richtung hin ermittelt und berücksichtigt werden, in welchen Landestheilen sie ihre Anstellung wünschen. Nur einzelne Fälle sind vorhanden, wo diesen Wünschen nicht Rechnung getragen wird und nicht Rechnung getragen werden kann.

Abg. Schreiber Nordhausen (freikons.): Daraus, daß der Herr Vertreter des Finanz ⸗Ministeriums die Bitte um Gehaltsaufbesserun dieser Beamten wohlwollend angehört hat, schließe ich, daß er k

im künftigen Etat weiteres Wohlwollen walten lassen werde. Die niederen Forst beamten sind im Avancement und Gehalt besonders schlecht gestellt und brauchen, da ihre Wohnorte fern von Städten und Dörfern liegen, mehr zu ihrem Lebensaufwand als andere gleich⸗ gestellte Beamte. . .

Geheimer Ober - Finanz -Rath Lehnert: Ich bitte daraus, 4 ich die Bitten wohlwollend angehört habe, nicht zu schließen, da nun auch im künftigen Etat wieder Gehalts aufbesserungen erfolgen werden. Die Gehälter dieser unteren Forstbeamten sind in kurzer Zeit um 20 aufgebessert worden, und wir müssen unsere weiteren Entschließungen von der allgemeinen Finanzlage abhängig machen. Gestattet es diese, so werden wir mit Freuden weitergehen.

Abg. Hofmann (nl) bittet um Rangerhõhung der Forstaufseher.

823 Ober ⸗Finanz- Rath Lehnert erwidert, daß man stets mit der Rangerhöhung anfange und mit der Gehaltserhöhung auf⸗ höre. Es gebe eine Anzahl von Beamten, die iwischen Unter und Subalternbeamten rangierten. Wolle man für diese Kategorien z. B. in Bezug auf den Wohnungsgeldzuschuß eine Zwischenstufe schaffen, wie es vorgeschlagen sei, sJo würde das einen Mehraufwand von mehreren Millionen jährlich bedingen. Die Finanzverwaltung müsse also auch in Bejug auf Rangerhöhungen sehr vorsichtig sein.

In dem Kapitel der all gemeinen Ausgaben der Forst verwaltung werden zu Beiträgen für die r. . Unfall⸗ und Invalidität versicherung der Arbeiter 57 000 M mehr als im Vorjahre, im ganzen 324 000 M gefordert.

Abg. Dr. Gerlich (freikons): Trotz der hohen Beitrãge zu den Krankenversicherungs und Invalidenkassen haben sich die Armenkoften nicht verringert. herr von Tiedemann hat schon auf die enorme Höbe der Verwaltungekosten dieser Kassen hingewiesen: 40 der Einnahmen müssen dazu verwendet werden. Wenn diese Summen den Arbeitern jukämen, ware ihnen mehr geholfen. von Yloetßz bat schon darauf hingewiesen, daß die Förster zu sehr. an den Schreibtisch gefeffelt sind rũher Taren die Oberförster gern Amtsvorsteher. Seitdem das Schrelbmerk sich so ftark vermehrt hat, ist ihnen dies nicht mehr möglich. Schon

4

2

gefordert werden, erfordert bedeutende Zeit, und doch ist es nicht

möglich, die Listen völlig richtig aufzustellen. Eine unendliche Kraft geht durch diese Schreibereien verloren. Wir halten es für richtig, daß man durch die sozialpolitischen Gesetze für die Arbeiter sorgen wollte, man muß sich aber fragen, ob dies nicht auch auf andere Weise als jetzt möglich ist. Vor allem möchte ich bitten, die Förster wieder in den Wald zu schicken. Herrn von Tiedemann hat der Herr Minister erwidert, die Regierung lege den größten Werth auf die Versicherung der landwirthschaftlichen Arbeiten. Wie ich gebört babe, soll sich der Staatsrath mit der Frage der Arbeiterversicherung be— schäftigen. Wie ich die Bevölkerung kenne, möchte fie diefes Her lieber aufgehoben sehen als einen Fortbestand desselben in der alten Weise. Der Zweck des Gesetzes läßt sich vielleicht auch auf andere Art erreichen.

Zum Ankauf von Grundstäcken zu den Forsten werden 1050 000 S gefordert.

Abg. von Schalscha a n darauf hin, daß die Auf. forstung von Grundstücken durch Private erschwert werde durch die Art der Taxation der Ländereien von seiten der Landschaften. Die Nothlage der Landwirthe sei anerkannt; es fei deshalb in Betracht zu ziehen, ob nicht durch Zuwendung von Subventionen an die Grund besitzer die Aufforstungen gefördert werden könnten.

f Minister für Landwirthschaft 2c. Freiherr von Hammer⸗ tein:

Meine Herren! Ich will wenige Worte dem Herrn Abg. von Schalscha erwidern. Ich glaube allerdings, daß er Recht hat, falls wirklich derartige Taxationsgrundsätze bei der Landschaft in Posen be—⸗ stehen. Erwünscht ist dann, daß sie geändert werden. Ich gebe darin Herrn von Schalscha Recht, daß diese Grundsätze in ihrer Anwendung dazu dienen müssen und dienen werden, die Entwaldung zu fördern. Dafür sprechen auch die thatsächlichen Verhältnisse in der Provinz Pofen. Die Mittheilung, die ich vorhin schon machte, bestãtigt das. In Posen beträgt der Abgang beim Privat · Waldbesitz 10 108 ha. (Hört! hört Aber ich weise Herrn von Schalscha darauf hin, daß die Landschaften Autonomie haben, und daß es daher richtiger ist, wenn Herr von Schalscha seine Wünsche und Beschwerden an der zuständigen Instanz zur Geltung bringt. Die Staate verwaltung hat ja nur Aufsichtsrechte über die Landschaften, beantragte statutarische Bestimmungen zu genehmigen. Ich empfehle daher Herrn von Schalscha, seine Anträge an die Instanz zu richten, wo sie hingehõren. Im übrigen habe ich keine Veranlassung, auf die weiteren Bemerkungen des Herrn von Schalscha einzugehen. ̃

Abg. Dr. Gerlich (freikons.): Gern verkauft wohl kein Besitzer seinen Wald, oft jedoch zwingt ihn die Roth dazu. Vielleicht kõnnten im nächsten Jahre 2 bis 3 Millionen zum Ankauf von Grundftücken behufs Aufforstung in den Etat eingestellt werden. In Nord⸗Amerika ist jetzt ein Gesetz erlassen worden, durch das für Aufforstungen

rämien festgesetzt werden. Vielleicht wäre das auch hier möglich. ußerdem würde es sich empfehlen, das Waldschutzgesetz vom Jahre 1575 aufzugeben. Ich glaube, ein anderes Waldschungesetz könnte viel Gutes wirken und hoffe, der Herr Minister entschließt zu einer durchgreifenden Revision des jetzigen Gesetzes. sei Minister für Landwirthschaft 2c. Freiherr von Hamm er⸗ ein:

Meine Herren Ich darf wobl sagen, daß etwas geschehen soll und muß es bestätigen das auch die statistischen Nachweisungen —; denn das Gesetz von 1875 hat so gut wie gar keine Wirkung gehabt. Die wenigen Waldgenossenschaften, die meines Wißffens bestehen, sind vornehmlich in Hannover entstanden; sie sind aber nicht dank diesem Gesetz entstanden, sondern dadurch, daß die Provinzialverwaltung mit erheblichen Unterstũtzungen die Betheiligten veranlaßt hat, in der Form des Gesetzes von 1875 sich zu organisieren und aufzuforsten. Aber zufrieden sind auch die dortigen Genossenschaften mit der Art ihrer Organisation nach dem Gesetz von 1875 nicht.

Ich bin also bereit, der Frage näher zu treten, ob es sich nicht empfiehlt, ein anderes Gesetz und zwar in der Richtung zu erlassen, daß die Staatsregierung, wo ein Bedürfniß zum Aufforsten vorliegt, in die Lage gebracht wird, auch gegen den Wunsch der Betheiligten unter Umständen solche Aufforstung zu erzwingen. (Bravo 7)

Man wird dabei vielleicht auch den Weg zu erwägen haben, den Frankreich schon betreten hat. Dort ist die Staatsregierung befugt, dem Privateigenthümer sein Areal abzunehmen, es auf Staatskosten aufzuforsten und dann dem Privatbesitzer wieder zur Verfügung zu stellen unter der Bedingung, daß er dasselbe einmal forstlich erhält und verwaltet, anderentheils dem Staat die wirklichen Aufforstungs⸗ kosten wieder vergütet. Soweit mir bekannt, ist mit dieser Art der Gesetzgebung in Frankreich ein großer Erfolg erzielt worden. Man würde vielleicht mit einer ähnlichen Gesetzgebung auch hier, namentlich in solchen Gebieten, wo Entwaldung die allergrößten Gefahren und Nachtheile hervorbringt, Wesentliches im Landeskulturinteresse erreichen. (Bravo!) .

Abg. von Tiedemann⸗Bom st (fr. kons) bebt bervor, daß es nach den Grundsätzen der Posener Landschaft nicht zulässig sei, ein Stück Land, das erst drei Jahre lang als Acker benutzt worden, alt Ackerland einzuschätzen. Die Vorschrift der Taxordnung laute viel- mehr dahin, daß die betreffende Fläche sechs Jahre hintereinander als Acker benutzt und zweimal animalisch gedüngt sein müsse, ehe sie als Acker eingeschätzt werden könne.

Abg. Freiherr von Erffa (kons.) bittet den Minister, in dem versprochenen Waldschutzgesetz einen Passus vorzusehen, der der Wald⸗ derastierung auf den Bergböhen Einhalt thue, da die Bewaldung der Höhen für die Wasserverhältnisse von größter Wichtigkeit sei. ge Minister für Landwirthschaft 2c. Freiherr von Hammer—

ein:

Meine Herren! Ich will auch dieser Anregung näher treten. Ich will bei der Gelegenheit darauf hinweisen, daß mir die Gesetzgebung in Baden außerordentlich imponiert hat. Wenn man durch den Schwarzwald reist, so erkennt der mit forstlichen Verhäͤltnissen Ver⸗ traute, daß dort eigenthümliche Gesetzesbestimmungen bestehen müssen. Wenn man bei uns durch im Privatbesitz sich befindende Gebirgsforsten reist, so findet man meist, daß sowohl die Gipfel, wie der mittlere Höhenrücken, als auch das Thalgebiet, wenn es nicht staatlicher Auf⸗ sicht untersteht, oben, unten und in der Mitte devastiert ist. Dagegen fiel mir, als ich zum ersten Mal Baden bereiste, auf, daß dort, wenn Devastierungen vorlagen, sie in der Regel in den Thälern lagen, während die Höhenzüge hervorragend bewaldet sind. Das liegt daran, daß gerade in Quellengebieten oben an den Höhenrücken der Gebirge die strengste Staatsaufsicht über den Wald, über den Abhieb und über die Neukultur geübt wird. Dieser Gesetz⸗ gebung liegt der richtige Gedanke zu Grunde, daß man unten in den Thälern jederzeit wieder aufforsten kann, daß in der Regel die Ge—⸗ fahren im mittleren und oberen Gebiet der Berge liegen, daß es be⸗ sonders schwer ist, entwaldete devastierte Höhenzüge wieder zu be⸗ walden. Dieser Gesichtspunkt verdient sehr der Beachtung, und ich werde, wenn ich an die Gesetzgebung heranzutreten in der Lage bin

was ich erboffe, darauf Bedacht nehmen, den verschiedenartigen Inter⸗ essen bei Aenderung der bestehenden Gesetzgebung voll Rechnung zu tragen. (Bravo)

Abg. Mooren (Zentr.) bedauert die deutsche Wald durch die Gemeinheitstheilungen in vielen Gegenden des Westens erfahren habe; einen Wald theilen, heiße ihn vernichten.

Bei dem Etat der Lotte rie⸗Ver waltung befürwortet

Abg. Dr. Arendt (fr. kons.) die Schaffung einer Reichslotterie. sei vielen Uebelständen im preußischen Lotteriewefen durch die stellung des Lotteriewuchers abgeholfen, die Hauptfache aber fel das Derbältniß des Reichs zu den kleinstagtlichen Lotterien. Das Volk verde es nie verstehen, daß man in Preußen ein mit dem Reichs. sempel versebenes Loos einer kleinstaatlichen Lotterie nicht spielen dürfe, und doß Leipzig, Braunschweig, Mecklenburg zum Auslande“ gehören. Die preußische Regierung möge in ihrem auf Schaffung einer Reichslotterie gerichteten Bestreben fortfahren und gleichzeitig die Konzessionen für Wohlthätigkeitslotterien einschränken, bei welchen die Reklamekosten und der Zwischenhandel oft den Löwenantheil davon⸗ frůgen.

Der Etat der Seehandlung giebt dem

Abg. Dr. von Woyna lfr. kons.) Gelegenheit zu folgenden Aus⸗ führungen: Die Seehandlung hat sich veranlaßt geseben, wie schon fräber bei wirthschaftlicher Depression, den landwirthschaftlichen Ge— nossenschaften zu billigem Zinsfuß Kredite zu eröffnen. Teider ist diefe Raßregel nicht , . publiziert worden. Bei dieser Gelegenheit möchte ich anregen, ob man nicht die Befugnisse der See handlung dauernd erweitern und ihr ermöglichen könnte, organische und gleichmäßige Hilfe u gewähren. Man hat es vielfach als Mißstand empfunden, daß es dem Sparkassenwesen an einer Zentralstelle feble. Dieser Miß= stand ist namentlich auch auf dem Hannoverschen Sparkassentage zur Sprache gekommen. Vielleicht wäre es möglich, die Seehandlung unter Aenderung ihrer bisherigen Organisation zu einer solchen Zentral= stelle zu machen, die es sich angelegen sein lassen müßte, nicht nur den Real⸗, sondern besonders auch den Personalkredit zu fördern. Zu einer solchen Zentralstelle eignet sich die Seehandlung als Staats. mstitut besser als die Reichsbank, die Privatinstitut ist.

Präsident der Seehandlung, Wirklicher Geheimer Rath von Burchard: Die Seebandlung hat die Aufgabe, den Staatskredit zu mterstüßen und Vermittlerin des Finanzwesens zu sein. Für diese

e hat sie einen Betriebsfonds von 33 Millionen, den sie für

äle der Noth fär den Staat zur Verfügung halten muß. Einen

sonalkredit zu gewähren, ist sie nach Lage ihrer Organisation nicht im stande, denn sie kann die Kreditwürdigkeit und Kreditfähigkeit des Einzelnen nicht prüfen: dazu hat sie keine Organe. Auch giebt die Scebandlung nur Darlehne auf kurze Fristen und gegen volle Sicherheit in Börsenpapieren oder ersten Wechseln. Bei solchen Bestimmungen würde der Landwirthschaft mit einer derartigen Kreditgewährung wenig gedient sein; die Seehandlung kann jedoch bei ihrer jetzigen Organisation nur im Großverkehr, nicht aber an einzelne Landwirthe in der Provinz Kredite gewähren. .

Abg. Dr. von Woyna lfr. kons): Mein Gedanke ging nur dahin, in der Seehandlung als Zentralstelle ein großes Geldinstitut für Kreditgewährung zu schaffen, mit dem die Börse wohl zu rechnen hätte.

Finanz⸗Minister Dr. Miquel:

Wenn aus den Bemerkungen des Herrn von Woyna hervorgeht, daß hier in unserm Kreditwesen eine gewisse Lücke vorhanden ist, so stimme ich ihm darin bei; aber ich stimme ihm nicht bei, daß ohne weiteres die Seehandlung die Zentralkasse für die Sparkassen nach ihrer heutigen Organisation sein könnte. Da fehlt es nach beiden Seiten: sowohl nach der Seite der einmal vorhandenen gesetzlichen Drganisation der Seehandlung und ihrer Hauptaufgabe, die soeben von dem Herrn Präsidenten der Seehandlung auseinandergesetzt ist, als auch nach der Seite der Organisation der Sparkassen.

Nach meiner Meinung bedürfen wir in dieser Richtung auch

einer durchgreifenden Reform. Unser Sparkassenwesen ist sehr wenig gleichmãßig organisiert. Wenn man durchs Land reist und nit den Vorsitzenden der verschiedenen Kreis. oder städtischen Swackassen spricht, so stößt man auf die allergrößten, inner— lich absolut nicht begründeten Verschiedenheiten. In dem einen Kreise st das Bestreben, möglichst hohe Zinsen den Sparkasseneinlagen zu gwwähren und möglichst niedrige Zinsen zu nehmen, sodaß die Absicht, einen Gewinn für den Kreis zu machen, zurücktritt; in anderen Kreisen geht das ganze Bestreben mehr dahin, möglichst wenig Zinsen zu gewähren und möglichst hohe Zinsen zu bekommen und einen Gewinn aus dem Sparkassenbetrieb zu ziehen, der dann allerdings für gemeinnützige Zwecke zur Verwendung kommt. In dem einen Landestheil finden Sie sehr hohe Reservefonds sogar gesetzlich vorgeschrieben, in den anderen viel geringere. Die Art der Ausleihung der Sparkasseneinlagen, ebenso die Flüssighaltung derselben ist vollkommen verschieden. Ebensowenig ist Uebereinstimmung vorhanden in der Art der Darlehen, die die Sparkassen gewähren sowohl nach der Seite des Personal— kredits wie nach der Seite des Realkredits. Manche Sparkassen geben Hypotheken in sehr hohen Beträgen im Vergleich zu denjenigen Beträgen, die sie flüssig halten für Zeiten der Krisis; andere sogar kenne ich, die fast die ganzen Sparkasseneinlagen in Kreis⸗ und städtische Obligationen gesteckt haben, die im Fall einer Krisis nicht oder schwer wieder flüssig zu machen sind. Einige Spar⸗ kassen geben Hypotheken auf Kündigung, andere fangen an und das ist der Wunsch der Regierung mõglichst weit zu gehen in der Ge⸗ währung amortisabler Darlehen. Kurz und gut, auf diesem Gebiet ist nach meiner Meinung eine genügende gesetzliche, gleichmäßigere Ordnung und Regelung nothwendig. Auch die Art und Weise, wie die Sicher— heit geprüft wird ich will darauf aber nicht weiter eingehen unterliegt bei manchen Sparkassen erheblichen Bedenken. Die Art und Weise, wie die Sparkassen nun aber um den Personalkredit sich bekümmern, auf die ich auch mit dem Herrn von Woyna das größte Gewicht lege, ist nun eine ganz vers chiedene; darauf brauche ich nicht weiter einzugehen. Systematisch wird von vielen Sparkassen der Personalkredit überhaupt nicht gepflegt, hier und da gänzlich abgelehnt. Wenn wir zu einer durchgreifenden Organisation des Kreditwesens, namentlich für die Landbevölkerung, kommen wollen, so bedarf es vorerst einer ganz durchgreifenden orga nischen Regelung der ganzen Sache.

Meine Herren, in den östlichen Provinzen haben wir noch längst nicht denjenigen Zustand relativer Vollkommenheit in Beziehung auf den Realkredit erreicht, wie in den westlichen Provinzen. (Zuruf) Ich spreche jetzt nicht vom Personal sondern vom Realkredit. Wer die Geschichte des Realkredits der östlichen Provinzen kennt, der weiß ja, daß die Realkrcbitversorgung für den bäuerlichen Stand erst sekundär später hinzugetreten ist. Friedrich der Große kennte sich bei dem gewaltigen Schritt, den er that, die Solidarhaft für die Güter einzuführen, ja natürlich um die Bauern nicht bekümmern, weil diese damals noch lassitisch mit den Gütern verbunden waren, und als nachher die Separation kam, als die Zauern, frei, von den Gütern getrennt wurden, that man im Anfang für den Realkredit der Bauern nichts. Erst allmählich haben die

ndschaften aus gutem Willen, kann man sagen, ohne irgend

Kreditgewãhrung hineinzuzieben. Verwüstungen, die der ich, kein Zweifel sein, namentlich wenn man diese Zustãnde ver⸗

welche Unterstũtzung seitens des Staats oder der Provinzen angefangen, auch die bäuerlichen Grundstücke in die Daß aber die DOrganisation in der Richtung noch vielfach zurückgeblieben ist, darüber kann, glaube

gleicht mit den Zuständen in den westlichen Provinzen und vorzugs⸗ weise den neuen Provinzen. In Hannover, HessenCassel und Nassau ist in einer durchgebildeteren Weise das Realkreditsystem von den früher staatlichen, jezt provinzialen Kassen organisiert und namentlich den bäuerlichen Besitzern der Kredit viel näher gebracht durch eine zweckmäßige Organisation, wie z. B. bei der Nassauischen Landesbank fast in jedem Dorfe durch einen Vertrauensmann mündlich verhandelt werden kann.

Ich glaube, es liegt hiernach eine große Aufgabe vor, deren Lösung zur Erleichterung der Lage der Landwirthschaft sehr beitragen kann, und es ist die Absicht der Staatsregierung, dieser Frage näher zu treten; es sind dafür schon eine Reihe von Vorarbeiten vorhanden. Ich glaube, es muß dahin gestrebt werden, daß der Rückgang des Zinsfußes und der jeweilige Stand des Diskonts in viel grõßerem Maße auch der landwirthschaftlichen Bevölkerung zu gute komme / als bisher. (Sehr richtigh

Es dürfen diese allmählichen Rückgänge des Zinsfußes und der zeitweilig niedrige Diskont nicht bloß den großen Bankinstituten und großen gewerblichen Unternehmungen, sondern auch den ländlichen Kreditorganisationen zu gute kommen. (Sehr wahr ) Ich glaube aber auf allgemeine Zustimmung rechnen zu können, wenn ich sage, ich stimme vollkommen dem Herrn Präsidenten der Seehandlung bei, daß ein Zentralinstitut mit Kreditgewãhrung namentlich mit dem Personalkredit für den Einzelnen sich nicht abgeben kann. Da müssen Zwischenorganisationen vorhanden sein, wie solche von manchen Kreditvereinen, beispielsweise unter Führung unseres verehrten Mitgliedes Freiherrn von Huene und in anderen Fällen bereits hergestellt sind. Es würde gewiß wünschenswerth sein, daß ein großes Zentralinstitut vor⸗ handen wäre, welches die Vermittelung übernimmt, eine große Sammelstelle darstellt, das überschüssige Geld von Kreditvereinen aufnimmt und das mangelnde Geld den Kreditvereinen wieder zuführt. Ich glaube aber mit dem Herrn Präsidenten der Seehandlung nicht, daß die Seehandlung sich, wie sie heute organisiert ist, dazu eignet. In manchen Fällen hat die Seehandlung schon bisher sich bereit erklart, Kredit zu ge⸗ währen unter den für sie möglichen Bedingungen auch an ländliche Kreditgenossenschaften, namentlich an ländliche Kreditverbände. Und so lange wir nicht zu einer besseren Organifation gekommen sind, werden wir bei der Seehandlung so weit wie möglich damit fortfahren. Aber ich möchte davor warnen, sich davon bei der heutigen Art der Organisation der Seebandlung zuviel zu versprechen. Wir bedürfen da neuer Organisationen, und ich hoffe, daß es gelingen wird, in nicht zu ferner Zeit dazu zu gelangen, den Realkredit in den östlichen Provinzen, namentlich für die bäuerlichen Klassen, zu ver⸗= bessern und den Personalkredit in einer zutreffenden Weise zu er— leichtern wie das mit der zerstreuten, hier und da durchgeführten, anderwärts wieder völlig fehlenden Organisation des Personalkredits bisher möglich war. (Gravo h

Abg. Goth ein (fr. Vg.) tritt dafür ein, daß die Seehandlung durch Unterstützung genossenschaftlicher Flachsröstereien den Flachs⸗ anbau und damit die Landwirthschaft unkerstätze.

Abg. Bur ghardt (nl) erkennt die Wünsche des Abg. Gothein als berechtigte an, hält aber die Gründung derartiger Genossen⸗ schaften für sehr schwierig.

Präsident der Seebandlung, Wirklicher Geheimer Rath von

Burchard erklärt, daß die Regierung gern alle . der Land⸗

wirthschaft unterstüͤtze; die Gründung besonderer gewerblicher Anlagen seitens der Seehandlung widerspreche aber den bisher befolgken

Prinzipien.

ö 64 Bei der Berathung des Etats der Staatsarchive ri

Abg. Dr. Krause (nl) für eine Aufbesserung der Gehälter der Archivbeamten ein.

Geheimer Ober · Finanz · Rath Lehnert theilt mit. daß die Re— 6. in Erwägung über eine Regelung der Gehälter der Archiv⸗ eamten eingetreten fei.

Abg. Rickert (fr. Vg. ):: Von allen Seiten sei anerkannt, daß hier eine Ungerechtigkeit vorliege. Da man hohe wissenschaftliche An⸗ forderungen an die Archivbeamten stelle, fei zu wünschen, daß eine Aus⸗ gleichung recht bald stattfinde.

Geheimer , . Lehnert wiederholt, daß eine Regelung der Frage bereits feitens der Finanzverwaltung in Aussicht genommen sei.

6. Debatte werden hierauf folgende Et a ts erledigt: Rente und Zuschuß zur Rente des Kronfideikommißfonds; Erlös aus Ab⸗ lösungen von Domänengefällen und aus dem Verkauf von Domä⸗ nen⸗ und Forstgrundstücken; Ministerium der auswärtigen Ange⸗ legenheiten; General⸗Ordeng⸗Kommission; Geheimes Zivilkabinet; Ober⸗Rechnungskammer, Prufungskommission für höhere Ver⸗ waltungsbeamte, Disziplinarhof des Gerichtshofs zur Ent— scheidung der Kompetenzkonflikte, Gesetzlammlungsamt, Deutscher Reichs- und Preußischer Staats⸗-Anzeiger, Landes vermessung, Kriegs-Ministerium, Herrenhaus, Haus der Abgeordneten.

Schluß 3 Uhr; nächste Sitzung Donnerstag 11 Uhr. (Etat der Eisenbahnverwaltung)

Die preustische Sauptverwaltung der Staatsschulden.

1

Die in Preußen unter dem Namen Hauptverwaltung der Staats⸗ schulden' hestehende Zentralbehörde für die Verwaltung des Staats⸗ schuldenwesens sah im Januar d. J. auf eine 75 jährige Amtsthätig⸗

keit zurück. Dieser Umstand hat den gegenwärtigen Präsidenten der . der Staatsschulden veranlaßt, unter dem Titel Die preußische Hauptverwaltung der Staatsschul den vom Jahre 1820 bis 1895. eine Geschichte der Behörde auf Grund der Urkunden abzufassen, die, wie es in der Einleitung des Buches heißt, einen Rückhlick gewähren soll auf die Zeitumstände und die Gründe, die dereinst zur Einsetzung einer besonderen Behörde für diesen Zweig der , . fuß n haben, guf die Akte der Gesetzgebung, durch welche ihre Aufgaben, ihre innere Organisation und ihre tellung in dem Gesammt-⸗Organismus der Staatébehößrden sowie zur Landes? vertretung h worden sind, und auf die Art, wie die Behörde in diesen 75 Ja ren ihres Amtes gewaltet hat. Die Darstellun geht von der Kennzeichnung der Lage des Staatsschuldenwesen 6. dem Jahre 1815 aus. „‚Ais man nach dem Friedensschluß von 1815 sich wieder den Aufgaben der inneren Verwaltung juwenden konnte, fand sich der Haushalt des Staats in arger Zerrüttung und insbesondere das taatsschuldenwesen in einem chaotischen Zustand. .. Nach dem Jahre 1815 kam es zunächst und vor allem darauf an, aus dem Gewirr der

Ansprũche, die hon allen Seiten an den Staat erhoben wurden, eine Ueber⸗ sicht über die Gesammtheit aller Verpffichtungen des Staats zu erlangen und danach zu ermessen, welche Aufwendungen der Staat zur Ver— zinsung und Tilgung seiner gesammten Schuld jährsich zu machen hatte. Man f. aber damals sich damit begnügen, nicht nur für die noch zu berücksichtigenden extraordinären Bedürfnisse des Staats, wie z. B. das ganze Retablissement, sondern auch für gewisse Gruppen von Ansprüchen aus der Vergangenheit, die noch nicht liquidiert und anerkannt waren, schätzungsweise Summen aufzunehmen.“ Auf solchen Grundlagen war man gegen Ende des Jahres 1819 fo weit gelangt, daß man den der Allerhöchsten Verordnung vom 17. Januar 1855 über die Einsetzung der Hauptverwaltung der Sfaatsschulden— verwaltung als einer selbständigen Behörde beigefügten Schulden. Etat hatte aufstellen können. In einer zweiten Verordnung vom gleichen Tage heißt es unter II: Das Staatsschuldenwesen ist durch Meine heute erlassenen und mit dem von Mir vollzogenen Etat für die Verzinsung und Tilgung zur öffentlichen Bekanntmachung bestimmten Verordnungen für immer definitiv reguliert. In der Verordnung wegen der künftigen Behandlung des gesammten Staats schuldenwesens vom 17. Januar 1826 wurde im S III bestimmt, daß für sämmtliche vorhandenen und in dem vom König vollzogenen Etat angegebenen Staatsschulden und ihre Sicherheit, soweit fie nicht schon durch Spezial ⸗Hypotheken gewährt war, das gefammte Vermögen und Eigenthum des Staats, insbesondere die sämmtlichen Domänen, 66 und säkularisierten Güter im ganzen Umfange. der Monarchie ürgen sollten. In der schon erwähnten Allerhöchsten Ver⸗ ordnung über die ,,,. der Hauptverwaltung der Staats⸗ schulden vem 17. Januar 1820 heißt es unter I: n dem anliegen⸗ den, von Uns vollzogenen Staats schulden. Etat betragen die von Unsern Vorfahren und in den verhängnißvollen Zeiten Unserer Re⸗ gierung zum wahren Bedürfniß und zur Erhaltung des Staats ent— weder bereits gemachten oder, insoweit die Verbriefung noch nicht erfolgt ist, noch zu machenden verzinslichen allgemeinen Staatsschulden die Summe von 180 0561 720 Thirn. Diese Schulden follen bis zu ibrer endlichen Tilgung ungusgefetzt als Lasten des Staats und aller im Staatsverbande befindlichen Glieder betrachtet werden. Unter II der Verordnung wird dieser Staatsschulden Etat auf immer für ge⸗ schlossen erklärt mit der Weifung. daß über die darin angegebene Summe hinaus kein Staatsschuldschein oder irgend ein anderes Staats- schulden· Dokument ausgestellt werden dürfe. Etwa nothwendige zu= künftige Staatsanleihen sollten nur unter Zuziehung und Mitgarantie der künftigen reichsständischen Verfammlung aufgenommen werden. Unter VII wurde die „Hauptverwaltung der Staatsschulden“ als eine bon den übrigen Staats, und Finanzverwaltungen ganz abgesonderte Behörde eingesetzt. Unter TX der Verordnung wird bestimmt, daß die Behörde aus einem Präsidenten und vier Mitgliedern bestehen solle. Zum ersten Präsidenten wurde der Wirkliche Geheime Ober- Finanz Rath Rother und als erste Mitglieder der neuen Behörde wurden der Wirkliche Geheime Ober-Finanz⸗Rath von der Schulen— burg, der Landrath von Pannwitz, der Berliner Stadtgerichts⸗Direktor Beelitz und der Chef des Berliner Handlungshauses Gebrüder Schickler, David Schickler ernannt. Üeber die Aufgaben der Behörde wird in den folgenden Absätzen der Verordnung festeesetzt, daß sie dem König und der Gesammtheit der Staatsglaͤubiger dafür verant— wortlich sei, daß weder ein Staatsschuldschein mehr, noch andere Staatsschulden Vokumente irgend einer Art ausgestellt werben, als der Etat besagt. Ueber alle darin genannten Summen kann sie Staats schuldscheine oder = andere Staatsschuld⸗ Dokumente auz⸗ fertigen. Die Staatsschulden Verwaltungsbehörde ift ferner für die pünktliche Verzinsung und Tilgung der gesammten Staatsschulden nach der gegebenen Vorschrift verantwortlich und besonders verpflichtet bei ihren Operationen auch den allgemeinen Staatskredit möglichst zu beräcksichtigen. Die Bebörde ist end⸗ lich verpflichtet, der künftigen reichsständifchen Versammlung allsährlich Rechnung zu legen; bis zu ihrer Einführung tritt der Staatsrath an ihre Stelle. Am 31. Januar 1820 erschien die Be⸗ kanntmachung, daß die Hauptverwaltung der Staatsschulden ihre , begonnen habe, und daß das Amtslokal sich im See= handlungsge äude befinde. Die Hauptverwaltung der Staatsschulden blieb in der Verfassung, die fie durch das Staatsschuldengesetz vom 17. Januar 1820 erhalten hatte, unverändert bis zum Jahre 1850 bestehen. Durch den Allerhöchsten Erlaß vom 25. April 1848 kam es zum ersten Mal seit dem Jahre 1820 zur Aufnahme einer neuen Staatsanleihe, die durch das Gesetz vom 7. Mai 1851 endgültig fundiert wurde. Die Thätigkeit der Hauptverwaltung der Slaats⸗ schulden hatte also von 1826 bis 1818 lediglich die Verwaltung der in dem Etat von 1820 aufgeführten Schulden zum Gegenstand. Von wefentlicher Vebeutung für die Amts- wirksamkeit der Hauptverwaltung der Staatsschulden wurde es, daß sie durch die Perfon ihres Präsidenten Rother in engster Verbindung mit der Seehandlung stand, als deren Chef der Ire ent Rother gleichfalls fungierte. Durch eine befondere Allerhs ste Kabinetsordre vom 172. Januar 1829 wurde nämlich auch die General, Direktion der Seehandlungs.. Soʒietãt mit ihren Komtors als ein für sich bestehendes, Lom Ministerium des Schatzes unabhängiges Geld. und Handlungs⸗ Institut konstituiert, als dessen Wir ungskreis namentlich fest⸗ esetzt wurde, . es alle im Auslande für Rechnung des taats, seine assen und Institute vorfallenden Geld— geschäfte ohne Unterschied und sesbst im Inlande solche, wobei eine kaufmännische Mitwirkung nicht füglich entbehrt werden könne auf Requisition der Behörden gegen Eee der üblichen Kosten besorgen solle; insbesondere wurde dem . ein ausschließliches Recht ertheilt auf die Besorgung aller der eschäfte, welche die Be⸗ zahlung der im Auslande kontrahierten Staatsschulden an Kapital und Zinsen für Rechnung der Hauptverwaltung der Staatsschulden und die Einziehung der dem Staat aus irgend einem Fundament im Auslande disponibel werdenden Gelder für Rechnung der betheiligten Verwaltungsbehörden zum Gegenstand haben. Durch die Abzweigung des Staatsschuldenwesens und der Seehandlung vom Ministerium des Schatzes hatte dieses einen so erheblichen Theil feiner Wirksamkeit verloren, daß seine Auflösung beschloffen wurde und seine weiteren . Geschäfte mit dem 1. Jun; 1823 auf das Finanz⸗Ministerium über⸗ gingen. Die verdienstliche Wirksamkeit des Präsidenten Rother, der bis zum Jahre 1848 an der Spitze der Hauptverwaltung der Staats ˖ schulden und der Seehandlung stand, findet in der Hoff mann'schen Arbeit in einem Auszuge aus dem im „Preußischen Staat ⸗Anzeiger vom 15. und 16. Dejember 1849 veröffentlichten Nekrologe eingehende Würdigung. Unter dem 1. Juni 1833 erstattete die Hauptverwaltung der Staatsschulden an Seine Majestät den König einen Bericht über ihre Geschäftsführung von 1820 bis 1832. Es wird dort mitgetheilt, daß die in dem Etat' von 1820 aufgeführte Gesammtsumme der Staateschuld, nämlich die verzinsliche allgemeine Staatsschuld von 180 991 721 Thlr, die unverzinsliche Schuld von L242 347 Thlr. und die provinziellen Staatsschulden von 25 old 694 Thlr., im ganzen also 217 248 762 Thlr. durch richtige Umrechnun ven auf. fremde Währungen lautenden Schußldpositlonen' au 2I7 845 5s Thlr. berichtigt worden sei. Der Bericht weist darauf hin, daß schon das Finanz-⸗Edikt vom 27. Sktober 1810 die Grund züge zu einem umfassenden Plan aufgestellt habe, um durch Feststellung und Konsolidterung der zahlreichen einzelnen Schuld⸗ posten und durch Verbriefung der Schulden mittels einer einzigen, durchweg zu 40/0 verzinslichen Dokumentengattung die Ver⸗ waltung zu vereinfachen und die Schuldenlast zu erleichtern; daß diese Gesichtspunkte auch für die Thätigkeit der neuen Behörde die leitenden gewesen seien und daß sie dem gesteckten Ziel schon mehr und mehr nahe gekommen sei. Bis zum Schlusfe des Jahres 1832 waren im 6. 143 159 885 Rthlr. durch Staatsschuldscheine verbrieft worden. urch Kündigung mit 5 ol verzinslicher Anleihen wurden 34994 555 Rthlr. auf einen Zinsfuß von Yo heruntergesetzt. Die Verminderung der Staatsschuld durch die Mittel der Ti ungsfonds hat vom 1. Januar 18230 bis Ende 1837 42771 78. Yäthir. zinsbgrer Kapitalien erreicht; durch ihre Abtragung wurde die Masse der im Umlauf befindlichen Staats schuldverschreibungen

um 121 695 Stück einzelner Kapitaldokumente 6 überhaupt hatte der Etat der gefammten Staattschuld in den reizehn Jahren