1895 / 35 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 08 Feb 1895 18:00:01 GMT) scan diff

saßt worden ist. Der Faftnachtsscherz schildert die Vorgãnge im ause des Hel lz tar ie ß! Knönagel und seiner Schwester, welche de unerwartet von einer Festlichkeit zurückkehren, während das

Hausmädchen die freie Zeit zu einem kurzen Befuch des Gesindeballt

benutzt und inzwischen ihren Bräutigam, einen Gefreiten, zur Ver=

waltung des Hauses zurückgelassen hat. In dem scenischen Scherz werden richtige, tolle Fastnachtspossen getrieben, die wiederholt laute

Heiterkeit hervorriefen. Der Zweck der kleinen Arbeit wurde alfo

völlig erreicht. Fräulein Seem ann (Hausmädchen Guste) und Herr

Carl Weiß (Gefreiter Wilhelm Krebs), die mit munterer Laune

spielten, trugen wesentlich zum Erfolge bei.

Kon zer te.

Am Mittwoch erschien im Saal Bechstein die Konzertsangerin

6 Günter aus Frankfurt a. M. mit einem Lieder⸗Abend.

ie besitzt eine klangvolle, nur in der Höhe etwas scharfe Sopran⸗ stimme; die Intonation ist nicht ganz zuverlässig, doch ist die Stimme biegsam und koloraturgewandt. Der Vortrag läßt noch viel zu wünschen. Am besten gelangen der Sängerin die Arie aus Haydn z Schöpfung“, „Nun baut die Flur“, Das vergebliche Ständchen“ und Feldeinsamkeit? von Brahms. Der mitwirkende Pianist Henri Melcer aus Warschau trug mit großer technischer Sicherheit und belebter Ausdruckweise mehrere Stücke von Chopin, Brahms und Liszt vor, die beifällig aufgenommen wurden.

Die Herren Sally Liebling (Piano) und Felix Meyer (Violine) gaben an demselben Abend im Konzerth aufe ein populaͤres Konzert mit Orchester, welches mit einer Ouvertüre zu „König Jo- hann“ von R. Radecke eröffnet wurde. Der Kompenist läßt, wie in allen seinen Werken, so auch in dieser Ouvertüre melodiöse Erfindung und stilgewandte Durchführung der Motive erkennen. Die effektvolle Komposition fand den Beifall des zahlreich erschienenen Publikums. Der Pianist spielte hierauf Grieg's Konzert in A-moll mit großer tech⸗ nischer Fertigkeit und feurigem Vortrag: Eigenschaften, die auch in der Ausführung einer Liszt'schen Phantasie hervortraten. Der Violinist erfreute durch die wohlgelungene Ausführung eines Kenzerts von Kauffmann und des neunten Konzerts von Spohr. Die bereits wohlbekannte Altistin Fräulein Ottilie Fellwock unterstützte das Konzert mit Händel's Arie aus Rinaldo“ 3Armida, Mitleidslose“' und Liedern von Brahms, Rubinstein, Reinecke und Jensen, in denen ihre klangvolle, gut geschulte Stimme und ihre ausdrucksvolle Vortragsweise e fich en Geltung kamen. Die Hauskapelle leistete unter Leitung des Professors R. FRadecke wiederum sehr Anerkennenswerthes.

Im Königlichen Opernhause geht morgen Richard Wagner's Götterdämmerung“ (. Der Ring des Nibelungen‘, 3. Abend) unter Kapellmeister Dr. Mucks Leitung in Scene. Frau Sucher tritt darin zum letzten Mal vor ihrer Abreise nach New⸗York als Brünnhilde auf; die übrige Besetzung ist folgende: Siegfried: Herr Gudehus,

agen: Herr Mödlinger, Günther: Herr Fränkel, Alberich: Herr Schmidt, Gutrune: Fräulein Hiedler, Waltraute: Frau Götze, Rhein⸗ töchter: Damen Herzog, Rothauser, Lammert.

Im Königlichen Schauspielhause findet morgen die fünfte Aufführung des Schwanks ‚Zum wohlthätigen Zweck“ von Schönthan⸗Kadelburg statt. Frau von Hochenburger, welche in der Donnerstags ⸗Vorstellung für das erkrankte Fräulein von Mayburg eingetreten war, spielt auch diesmal die Rolle der Clara.

Im Berliner Theater wird als nächste Novität das Lust—⸗ Piel -Die Kinder der Excellen von Ernst von Wolzogen und William Schumann, das s. 3. im Deutschen Theater eine so große Reihe von Wiederholungen erlebt hat, vorbereitet. Die erste Vor⸗ stellung des Stücks ist fuͤr Sonnabend, den 16. Februar, in Aussicht genommen.

Die Erstaufführung des Volksstücks Liebe von heut“ von Robert Misch im Neuen Theater hat auf nächsten Sonntag verschoben werden müssen. An Stelle des erkrankten Fräulein Wirth wird Nina Sandow die weibliche Hauptrolle darstellen. .

Im Theater Unter den Linden findet am Sonntag die 25. Aufführung der Millöcker'schen Operette Der Probekuß“ statt. Herr Direktor Fritzsche hat das im Wiener Hofoperntheater mit großem Erfolg aufgeführte Ballet „Die goldene Märchenwelt“ für seine Bühnen erworben.

Mannigfaltiges.

Die unter dem Protektorat Seiner Kaiserlichen und Königlichen Hobeit des Kronprinzen stehende Viktoria National⸗In⸗

Fersammlung ab, welche im Auftrage des Proteltor Stellvertreters, Seiner Königlichen Hoheit des Prinzen Heinrich, von dem General der Infanterie von Zychlinski geleitet wurde. Die Stiftung bat im letzten Jahre 96 633 Æ verausgabt, davon 87 7320 M für Ünter⸗ stutzungen zur Linderung der dutch den Krieg von 1866

srieugten Noth. Unterstützt wurden insgesammt 925 Per.

sonen bezw. Familien, und jwar 498 laufend und 477 einmalig. Unter den Unterstützten befanden sich 12 Offiziere, bezw. 55 Hinterbliebene derselben, 446 invalide Mannfchaften, 245 Witiwen bezw. Kinder und 166 Eltern und sonstige Hinterbliebene von Mann⸗ schaften. Die Zweigvereine erhielten 6619 * Zuschüsse. Gegen das Vorjahr hat sich die Summe der Unterstützungen um 7326 ASt, die Zabl der Unterstützten um 93 vermindert. Da die Einnahme der Stiftung nur 41 388 6 betrug, mußten zur Deckung der Mehrausgaben 54 295 M von dem Stiftungsvermõgen genommen werden, das sich infolge dessen von 920 492 auf S66 197 verringerte. Insgesammt sind aus dem Zentralfonds der Stiftung bisher 4 903 909 S verausgabt worden. Die 99 Zweigvereine der Stiftung unterstützten im letzten Jahre 580 Invaliden und 419 Hinter— bliebene mit 16770 ½ An Vermögen besitzen die Zweigbereine bs 50s „S6. Zweiter stell vertretender Vorsitzender des geschäfteführen. den Ausschusses wurde an Stelle des zurückgetretenen Generals von Sucro Dr. jur. von Bunsen.

Die gestrige Sitzung der Stadtverordneten eröffnete, wie die ‚Nat. Ztg. berichtet, der Vorsteher Dr. Langerhans mit der Ver— lesung der ank-Adresse, welche die Deputation der städtischen Behörden am Sonntag in der ihr gewährten udien; Seiner Ma je stät dem Kaiser und König wegen der zugesagten Aus⸗ schmückung der Sieges⸗Allee mit den Statuen preußischer Fürsten überreicht hat. Sodann theilte der Vorsteher mit, daß der in der vorigen Sitzung zum besoldeten Stadtrath gewählte Bürgermeister Wilde Bromberg die Wahl dankend angenommen habe. Betreffs Eingemeindung der Vororte hat der Ma gistrat der Versammlung die durch Beschluß derselben vom 13. Dezember v. J. geforderte Abschrift der Protokolle der gemischten Deputation fũr die Eingemeindung der Vororte, einen ya,, . und eine tabellarische Uebersicht in Betreff der neun Vororte Charlotten— burg, Deutsch · Wilmersdorf, Schöneberg, Tempelhof mit Hasen⸗ heide und Exerzierplatz, Rixdorf, Treptow, Stralau, Rummelsburg und Lichtenberg, in der erforderlichen Anzahl zugehen lassen. Zu der tabellarischen Uebersicht bemerkt der Magistrat, daß darin alle von der Versammlung geforderten Angaben enthalten seien, soweit sie ihm zugãnglich geworden. Die noch fehlenden Angaben sollen der Versamm⸗ lung nachtrãglich mitgetheilt werden. Der Vorsteher schlug vor, diese Vorlage, da die umfangreichen Aktenstücke hierüber den Stadtverordneten erst vor kurzer Zeit zugegangen, auf 14 Tage zu vertagen. In der nächsten Sißung sei dies nicht möglich, weil in derselben der Etat zur Be— rathung kommen solle. Die Versammlung beschloß die Vertagung der Besprechung. In einer weiteren Vorlage beantragte der Magistrat, das Drtestatut vom 2. September 1559 über die Er⸗ hebung v on Sublevations⸗Beiträgen dahin abzuändern, daß statt. . Servis- und Einquartierungs Deputation? die Bezeichnung SEtãdtische Steuer⸗ Deputation! gesetzt werde; ferner daß im S? der Satz durch den in der bis herigen Weise von den Grundeigenthümern nach Maß⸗ gabe des Miethvertrags ihrer Grundstücke wie folgt geändert werde: »durch den von den Grundeigenthümern nach Maßgabe des Nutzungs⸗ ertrags ihrer Grundstücke . Im 5 3 soll statt mit der stãdtischen Haussteuer' gesetzt werden mit der Gemeinde⸗Grundsteuer !. Die aus dem neuen n,, resultierenden redaktionellen Aenderungen wurden mitgetheilt. Die Versammlung erklärte sich ohne Debatte mit diesen Aenderungen des Ortsftatuts einverstanden.

Zum , des Bremer Schnelldampfers „Elbe“ meldet W. T. B.“ vom gestrigen Tage aus Lowestoft: Drei weitere Leichen von den mit der Elben verunglückten. Persanen wur⸗ den aufgefunden; in der einen wurde der Passagier Eduard Mus kowitz erkannt, der eine große Summe Geldes bei sich trug; in der jweiten wird der Passagier Wise aus NewYork vermuthet; der dritte Leichnam konnte nicht identifiziert werden. Die gestern als aufgefunden gemeldete Leiche ift nicht die Pschunder's, da eine Narbe, welche dieser am Arm hatte, fehlt. Einer bei Llopds in London eingegangenen Depesche aus Harwich zufolge ist ein Postsack mit der . S Lam Strand von Dovercourt und ein Rettungsboot bei Walton on the Naze aufgefunden worden; beide gehörten augenscheinlich der Elbe“ an. Sieben Mann von der Mannschaft des Dampfers Crathie⸗ find gestern

Abend in Aberdeen eingetroffen. Der Kapitän Gordon ist mit dem ersten

Die drei in London zurückgebliebenen Leute sind die, we Augenblick des Zusammenstoßes die Wache hatten; die abr:

wenig in der La nicht im Zwei Crathie kollidi

en e, sich über die Katastrophe zu äußern, d

el darüber, daß das Schiff, mit we 1 24 erte, die Elbe“ war; es wurde kein Schrei noch ein

Nothschuß gehört. Die Frage, ob die Ünterfuchung in Tond ö , die sich an Bord der Crathie befanden, wußten nicht, daß die

Elbe gesunken

sei.

Aus dem . W. T. B. liegen heute folgende Nachrichten Stürme, Schneefälle und Kälte . ) achrichten uber

Trie st, 8.

Februar. In der vergangenen Nacht berrschte hier

eine eisig: Bora. Der Telephonverkehr ist unterbrochen Es vielfache Unfälle zu Wasser und zu Lande befürchtet. 3. .

Lon don, 7. Februar.

In ganz England herrscht stren ge

Kälte, welche großes Elend verurfacht. . Genug, 7. Februar. Während des ganzen heutigen Tages herrschte hier ein außerordentlich heftiger Sturm. Im Sa fen

scheiterte eine

Schaluppe des englischen Dainpfers Cyrenian-

während sie den Dampfer vertauen wosste. Die Schaluppe hatt?

fünf Personen a Kohlen beladene

umgestürzt, wodurch me

n Bord, von denen zwei ertranken. wanzig mit Boote fingen unter. Zahlreiche Schornsteine wurden rere Personen Verletzungen erlitten. Meßr⸗

facher Schaden wurde auch in den umliegenden Landorten an erichtet. Rom, 7. Februar. Ener Privgtdepesche aus germ zufolge wüthet in der Provinz ein heftiger Sturm. Mehrere Flüße find

aus ihren Ufern

getreten. Infolge der großen Schneemassen stũrzten

mehrere Dächer ein, wobei einigè Personen versegt wurden. Viele Schiffe flüchteten vor dem Sturm in die Häfen, 23. mit Holz be⸗ ladenes Boot erlitt schwere Havarien.

Bukarest,

7. Februar. Aus ganz Rumänien werden beftige

Schneefälle gemeldet.

Dresden, des Raths und berige Zweite B Ober Bürger

3 O 2 .

TJ. Februar. In der heutigen gemeinsamen Si

der Stadtverordneten. Viersammlung wurde 86 ürgermeister, Geheime Finanz⸗Rath Beutler zum meister gewählt.

a. Wien, 7. Februar. (W. T. B) Ein Güter. Eilzug der osterreichischen Staatsbahnen ist auf der Strecke Sum ineran—⸗ Freistadt infolge eines Achsenbruches entgleist. Fünf Waggon

stürzten über die

Dammböschung. Verletzt wurde niemand.

London, 7. Februar. In einer in der Nähe von Rad st ock

gelegenen Kohlengrube sind, wie W. T.

B.“ meldet, durch eine

Explofion? Personen getödtet worden.

Paris, 8. Februar. Von dem Dampfer Gas cogne / (vg

Nr. 34 d. Bl.) I noch immer keine

Colon, 7.

Am é rique i Schiff ladung bei welche hier einget

ag, wie.. W. T. B.) meldet, bis heute früh 9 Ur Nachricht vor. Es herrscht lebhafte Beunruhigung.

Februar. Das französische Packetboot st, dem W. T. B. zufolge, mit der Posf und der Savanilla verloren gegangen. Die Passagiere, roffen sind, haben fast alles verloren, was sie be⸗

saßen. Ein Mann von der Befatzung ist ums Leben gekommen.

Nach Schluß der Redaktion eingegangene

Marseill Ching hier ang

Depeschen.

e. 8. Februar. (W. T. B.) Mit dem aus ekommenen Postdampfer ist der außerordentliche

chinesische Gesandte Onang Teck Thaung hier eingetroffen.

Derselbe hat Berlin, Wien

den Auftrag, eine Vermittlung in Paris. und St. Petersburg nachzusuchen, um dem

Kriege mit Japan ein Ende zu machen. Chefoo, 8. Februar. (W. T. B.) Heute Nacht landeten die Japaner eine Truppenmacht zehn Meilen östlich von

Chefoo und griffen heute Mittag die

orts im Osten von

Chefoo an. In der Stadt herrscht hoöchste Aufregung.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten

Beilage.)

validen⸗Stiftung hielt heute im Herrenhause ihre 28. Jahres. Offizier und zwei Mann von der Besatzung in London zurückgeblieben. nnn ü e eo ——yͥr 6 0 ̃ꝗ ö —— ——

Wetterbericht vom 8. Februar, 8 Ubr Morgens.

us 1

Britischen Inseln herrscht vielfach strenge Kälte. Carl Zeller. Regie: Ganz Frankreich, die südlichen Gebietstheile aus⸗ genommen, ist vom Frostgebiet aufgenommen.

Sonntag Der Obersteiger. Deutsche Seewarte.

11 /

Stationen.

2 8

2 M

4

8

Wind. Wetter.

Temperatur in ö. Cel d

Bar. auf Gr 509

Dã. d. Meeressp

n C8

Belmullet Aberdeen Fbristiansund hagen. Stockholm randa t. Peters bg

Gort᷑. Queens

2222

n 0 O S C TG S C =

2 wolkenlos fang 7 Uhr.

8 8

1 Schnee 3 Schnee heiter ij 2 Schnee?)

burg. Swinemũn de Neufahrwasser

*

71 h O8

8

1bedeckk 13 2 wolkenlos 19 wolkenlos 18 wolkig) —17 stil Schnee 14 still Nebel 12 D , bedeckt 5 NNW 1 Schnecr —11 DO 1 bedeckk * ONO A2 halb bed. 4

8

Qa * Ge

Soc gs

Anfang 741 Uhr.

Nebersicht der Witterung. Sonntag, 24

Das barometrische Minimum, welches gestern über 74 Uhr: Üriei Acosta.

Lessing · Theater. Sonnabend: Die wilde Nord⸗ Europa an Höhe abgenommen hat. Andere 3 Anfang 74 Uhr.

Süd west⸗ j Sonntag: Der Geizige. Lustspiel in 5 Akten Furova. In Deutschland ist bei schwacher Luft., von Molicre. Hierauf Riobe. Montag: Der Fall Clsmencean.

der suüdlichen Oftsee lag, ist, der Luftdruckvertheilung entsprechend, westwart nach der sũdlichen Nordsee fortgeschritten, während das Hochdruckgebiet über

Depressionen liegen über Sürwest⸗ und Suũdost⸗

bewegung aus verãnderlicher Richtung das Wetter an⸗ dauernd kalt, im Norden meist trübe mit Schnee⸗ fällen, im Süden vorwiegend heiter; am kältesten, meift unter minus 20 Grad, ist es in einem Streifen, welcher sich von der Pfal; nach der Ddermundung erstreckt. Kaiserslantern und 29 melden 22, Swinemünde 24 Grad unter Null.

Sonnabend:

Theater⸗ Anzeigen.

7bedett Sonntag: Opernhaus. 38. Vorstellung. Fra v . 3 Diavolo. Komische Oper in 3 Akten von Auber. Volksschaufpied in 4 Akten von Robert Misch. Regie: 9 s 5 1 Text von Eugene Scribe, bearbeitet von Carl Blum. Siegfried Jelenko. wolkenlos Slavische Brantwerbung. Tanzbild von Emil Graeb. Mustk komponiert und arrangiert von für Volksunterhaltung. P. Hertel. Anfang 74 Ubr. ö ö Schauspiel haus. 7 lungen. Ein deutsches Trauerspiel in 3 Abteilungen Theater Anter den Linden. Behrenstr. 55/67. ** 5 lungen von Friedrich Hebbel. Etster Abend. Erste Pireltion: Julius Fritzsche. Sonnabend: Mit neuer ; chörnte Siegfried; Zweite Nusstattung Der Probekuß. Operette in 3 Arten Abtheilung: Siegf eds Tod. Anfang 74 Uhr. von 3 Wittmann und Julius Bauer. Musik arl Millöcker. In Scene gesetzt von Julius Ern Dirigent: Herr Kapellmeister Federmann. Hierauf: Tanz⸗Divertissement. Anfang 71 Uhr.

2 bedeckt Abtheilung: Der

Dentsches Theater. Sonnabend: Zum Besten nothleidender Weber im Eulengebirge: Die Weber.

Sonntag, 2 Uhr: Die Weber. 77 Uhr: Weh dem, der lügt! Montag: Weh dem, der lügt!

rn n,, ö . Berliner Theater. Sonnabend: Der Pfarrer ) Nebel, Rauhfrost. ) Gestern Schnee. ) Nebel. von Kirchfeld. Anfang 7J Uhr.

Friedrich · Wilhelmstädtisches Theater. Chausseestraße 25 26.

Der Obersteiger. Operette in Haufses. Auch auf den 3 Atten von M. West und L. Held. Mustk von

3a eestehlang, , won, wnenes Theater

Sonnabend: Demi Monde.

40. Vorstellung. Die Nibe⸗

von

Sonntag: Der Probekuß.

Driginal .

Anfang 74 Uhr. Sonntag: Dieselbe Vorstellung.

rr Fredy. Dirigent: Herr Kaxpellmeister Adolph Ferron. Anfang 77 Uhr.

Residenz Theater. Blumenftraße Nr. . Direktion: Sigmund Lautenburg. Sonnabend: Fer⸗ 6 8 , 19 = la , Trg,

ünigliche auspiele. Sonnabend: Opern- in 3 Akten von Georges Feydeau, in deutscher Be⸗ haus. ö ,, ne. ie, , , in arbeitung von Benno Jacobson. Anfang 737 Uhr. 3 Aufzügen und 1 Vorspiel von Richard Wagner. tontraht Dirigent: Kapellmeister Dr. Muck. Anfang 7 Uhr. ö ö

Schauspielhaus. thätigen Zweck. Lustspiel in 4 Aufzügen von Franz von Schönthan und Gustav Kadelburg. An—

Sonntag und folgende Tage: Fernand s Ehe⸗

Schiffbauerdamm 42. / 65.

5 Akten von Alexandre Dumas. Anfang 75 Uhr. Sonntag: 5nn ersten Male: Liebe von Hent.

Sonntag, Nachmittags: Vorstellung des Vereins

Adolph Ernst Theater. Sonnabend: Zum jweiten Male; Gesindeball. Fastnachtsscherz in 1 Akt von Ed. Jacobson und Jean Kren. J,. Auftreten der ersten Pirouette⸗ und Cour- , n, 6 . ö We,

er in London. n sfide orps. Große Uhr: Madame Sans⸗Gene. Ge off mit Tanz. Nach Gaiety Girl“ von Jonas Siedney frei

bearbeitet von Cduard Jacobson und Jean Kren.

Sittenbild in

dem englischen

Fonzerte.

on iert. Strauß ⸗Abend.

RNonzert · gaus. Sonnabend: Karl Meder ˖

Dienstag, den 26. Februar (Fastnacht): FZast⸗ nachts⸗Feier. Billets 2 3 im Bureau d

Sing · Akademie. Sonnabend, Anfang 8 Mor: I. Konzert des Terzetts der Holländ. Sängerinnen Jeannette de Jong, Anna Corver, Marie Suyders, unt, güt. Mitw. von Fräulein Julie von Asten (Klav. .

Saal Fechstein. Linkstraße 42. Sonnabend, Anfang 75 Uhr: Klavier⸗Abend von Clotilde Kleeberg.

Dir kns Renz Karlftraße)⸗. Sonnabend: Wieder⸗ holung der Parade⸗Vorstellung vom Donnerstag, den 7. Februar, wie solche bei der Allerhöchsten An⸗ wesenheit Ihrer Majestät des Kaisers und der Kaiserin stattgefunden hat. Gala- Fest⸗Akt, arrangiert und insceniert vom Direktor Fr. Renz. Auf, auf zur fröhlichen Jagd! Anfang 71 Uhr.

Sonntag: 2 Vorstellungen, Nachmittags 4 Uhr ermäßigte Preise)y: Die luftigen Heidelberger. Abends 75 Uhr: Tjo Ni En.

Montag, Abends 75 Uhr: Große Vorstellung.

eee e e e e ee e eee meln. Familien ⸗Nachrichten.

Verlobt: 6. Helene Scholkmann mit Hr. Realschullehrer Dr. ꝑhil. Asmus Ahrendt (GSnaden- frei). Frl. Käthe Hübner mit Hrn. Staang= anwalt Ulrich Lindow Eiegnitz)

Verehelicht: Hr. Rechtsanwalt Toeffling mit 2 Jenny König (Berlin) Hr. Niklas ven

reyfelt mit Frl. Helene Patzky (Breslau).

Geboren: Ein Sohn: Hrn. Grafen Reichenbach⸗ Goschũtz (Goschütz⸗. Hrn. Hauptmann Bickel (Neubreisach i. E.. Hrn. G. von Wedemeyer Hohen. Wartenberg) Hrn. Oberförster Schiedt (Altshausen). Eine Tochter: Hrn. Ober- lehrer Dr. Heydemann (Berlin).

Gestorben: Fr. Bertha von Kalm, geb. von Geysa ( Dessau).

Verantwortlicher Redakteur: J. V.: Siemenroth in Berlin. Verlag der Expedition (Sch olh in Ber lin.

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagt⸗

Anstalt, Berlin 8W., Wilhelmstraße Nr. 32. Sieben Beilagen leinschließlich Börsen Beilage)]:

zum Deutschen Reichs⸗Anzeig

.

Dentscher Reichstag. 31. Sitzung vom Donnerstag, 7. Februar.

Auf der Tagesordnung steht die Fortsetzung der Be⸗ rathung über die Interpellation der Abgg. Dr. Hitze und Dr. Lieber (Zentr) über die Arbeiter⸗Organisation.

Ueber den Beginn der Sitzung ist gestern berichtet worden. Nach dem Abg. Rettich (nl. nimmt das Wort

Abg. Rös icke (6. 6. F.): Obgleich ich in dieser Frage keine

artei vertrete, so glaube ich doch, daß es dem Hause von Werth ein wird, wenn auch ein Arbeitgeber sich ausspricht, der nicht auf dem Standpunkt der Abgg. Möller und Freiherr von Stumm steht. Ich stimme dem Abg. Hitze darin bei, daß die arbeitende Klasse aus eigener Kraft 3 müsse, Besserungen zu schaffen, welche die Hesch ern zunächst noch nicht bringe; ich halte es für nothwendig, die Arbeiter darauf hinzuweisen, daß sie nicht alles vom Staat erwarten sollen. Zu den von dem Abg. Hitze angeführten Aufgaben, welche der arbeitenden Klasse gestellt find möchte ich auch die Fort⸗ bildungseinrichtungen rechnen, vor allem aber die Lohnfragen und die . der Arbeitszeit. Der Interpellant hat die Errichtung von rbeiterkammern und die gesetzliche Anerkennung der Berufsvereine vorgeschlagen. Ich lege 464 die erstere . weniger Gewicht, als auf die letztere. Für die Ausführung seines Gedankens können die Gewerbegerichte als Vorbild dienen, die sich durchaus bewährt und nach der Seite der Arbeiter, wie nach derjenigen der Arbeitgeber 2 gewirkt haben. Es kann kein Zweifel sein, daß gegenüber der Macht, welche das Kapital des Unternebmerthums darstellt, die Arbeiter das Koalitionsrecht als einziges Mittel besißen, und daß ihnen dies in keiner Weise geschmälert werden darf. Sle brauchen eine gesetzliche Drganisation, welche die Unternehmer leicht entbehren können. Daß die Sezialdemokratie sich der Organisation bemächtigen werde, ist kein stichhalliger Einwand. Die Sozialdemokratie hat jetzt schon eine Omganisation, wie keine andere Partei; und wenn sie in die gesetzliche Organisation üherginge, so würde dies vielleicht garnicht schaden; sie würde ein höheres Verantwortlichkeitsgefühl bekommen und unter Staatsaufsicht und öffentlich handeln. Aber gerade um den nicht fozialdemokratischen Arbeitern die Möglichkeit zu geben, sich zur Geltung zu bringen, ist die Organisation nöͤthig. Daß Arbeiter⸗ vereinigungen sich in einem . Gegensatz zu den Arbeitgebern befinden, daß die letzteren nicht freiwillig geben, was die Arbeit- nehmer wünschen, erscheint mir ganz natürlich. Aber ich sebhe in den Kämpfen auf diesem Gebiet durchaus keine Gefahr für die Staatsordnung, so lange sie auf ae g i, Grundlage ausgefochten werden. Nach dem Kampf, der acht Monate hier in Berlin getobt hat, ist mir bei dem ö von konservativer und nationalliberaler Seite wiederholt der Vorwurf gemacht worden, 2 ich mit den Vertretern der sozialdemokratischen Partei einen Verglei geschlossen habe, durch den ich diese Partei als solche anerkenne. Der⸗ artige Reden führen zu nichts weil wirklich davon nichts abhängen kann, ob ich oder ein paar andere Arbeitgeber die sozialdemokratische Partei als solche anerkennen oder nicht; eine Partei, die 1 800 000 Stimmen hinter sich hat, ist an 4 in Deutschland anerkannt gleich ältig, wie wir uns dazu stellen. Gerade in diesem Kampfe ist es . uns Arbeitgeber sehr mißlich gewesen, daß Arbeiterorganisationen auf irgend einer rechtlichen Grundlage nicht existierten und wir des⸗ balb gejwungen waren, diejenigen zu acceptieren, die uns präsentiert wurden. Das wird auf sozialdemokratischer Seite auch empfunden, wo man den augenblicklichen Zustand nicht als einen wünschents⸗ werthen ansieht. In der sozialdemokratischen Partei zwei Strömungen: die politische und die gewerkschaftliche. Die Anhänger der letzteren sind durchaus nicht immer Sozialdemokraten. Sie wollen nur ihre Verhältnisse bessern nicht im Zukunftsstaat, sondern im heutigen Staat und mit den Mitteln, die ihnen zu Gebote stehen. Die Zersetzung oder Verwässerung der Partei hat jüngst der Abg. Bebel beklagt. Wenn ein Arbeiter seine Rechte vertritt, fo ist er noch 6. kein Sozialdemokrat. Man muß die gewerkschaftlichen Be⸗ strebungen zu fördern und sie gleichzeitig bon der Sozialdemokratie los. zulösen versuchen. Die Arbeitsvermittlung, halte ich für eine der wichtigften Fragen, sie muß gemeinschaftlich von Arbeitgebern und Arbeitnehmern geregelt werden, und vor allen Dingen müffen Neben- zwecke von beiden Seiten ausgeschlossen werden. Ich sehe auch keine Gesahr in den Strikes, obwohl ich ein Gegner der Boykotts bin. Ich halte die letzteren für unmoralisch und für ebenso verwerflich wie die schwarzen Listen . So lange diese Kämpfe aber auf gesetzlichem Boden geführt werden, sind sie ebenso berechtigt wie andere Kämpfe. Es hat sich dabei ein großer Opfermuth in der arbeitenden Be— bölkerung gezeigt; diesen gesunden Kern sollten wir zu Gunsten des Vaterlandes besser nutzbar machen, als es bisher ggf ben ist. Der Abg. von Stumm hat sich leich dem Abg. öller diesen Bestrebungen wiederholt entgegengestellt, er wird wahr⸗ scheinlich auch heute denselben Standpunkt einnehmen. Ich glaube, daß die Stellungnahme gerade des Abg. von Stumm nicht zu dem von uns erstrebten Ziel führen wird. Er erklärt sich gegen jede Orga= nisation der Arbeiter und sieht in jedem Arbeiter, der sich zu organi⸗ sieren bestrebt ist, von vornherein einen Sozialdemokraten. Ich mochte doch sehen, ob es dem Abg. von Stumm möglich wäre, wenn seine Fabrik hier in Berlin wäre, sich zu rühmen. daß Sozialdemokraten in seinem Berriehe nicht beschäftigt würden. Er hat es als die Pflicht der Arbeitgeber hingestellt, in der Weise zu verfahren, wie er, und hat es ogar als eine Art von ge et hingestellt, wenn man nicht so handele. Ich für meinen Theil bin der Ansicht, daß es in Deutschland eine ganze Reihe von Arbeitgebern giebt, die ebenso denken wie ich. Was ich bisher gethan habe, geschah nicht aus Furcht vor der Sczial= demokratie. Ich betrachte es durchaus nicht als einen Bewels von großem Muth, wenn man lediglich glaubt, eine Besserung unserer Verhältnisse dadurch herbeizuführen, daß man bei jeder Gelegenheit nach der Polizei und nach neuen Gesetzen ruft. Ber Kaifer bat 18893 bei. Gelegenheit der Ausstellung für Unfall ver hütung gesagt, es käme Überhaupt darauf an, den Arbeitern die Ueberzeugung zu verschaffen, daß sie ein gleichberechtigter Stand seien und allerseits als solcher anerkannt würden. Nur dann werde es gelingen, sie der Sozialdemokratie zu entfremden. Ich glaube icht daß diese Worte damit in Einklang zu bringen sind, daß der Arbeitgeber seinen Arbeitern vorschreibl, welche Zeitung sie lesen, welche Lokale sie besuchen sollen, ob sie heirathen dürfen oder nicht. Es ist gestern gesagt worden, daß die Arbeiterausschüsse e be⸗ währt Hätten. Im Gegenteil, fie find für. ein gutes erhaltni zwischen Arbeitgeber und nehmer fehr förderlich . Die Sozial demokraten bemühen sich, alle Wohlfahrts- Ginricht ungen der Arbeltgeber als Fesseln für die rbeiter hinzustellen. Das ist unrichtig und tendenziös. Wenn es richtig ist, was der Abg. von Bennigsen jüngst erklärte, daß die Gestaltung der Zukunft davon abhänge, ob die be— rechtigten Forderungen der Masse der Arbeiter erfüllt würden, so wird man unmöglich verlangen können, mit der Sezialreform Einhalt zu thun. Ich glaube, daß die Erklärung des Reichskanzlerg nicht H aug · gelegt werden kann, als fei nunmehr ein Stillstand in der Sonial= reform geplant. Vielleicht kann das Tempo etwas . Derden, aber das Ziel der Sozialreform kann und darf nicht aus den . ger erer g tr.: Ich hãtt scht, daß die Herr Dr. Lieber (entr.): e gewünscht, daß die en auf der Rechten sch etwas freundlicher zu unserer Interpellation ge⸗ stellt hatten. Di nnahme des Abg. von Kardorff, die gestrige Gr⸗

Er ste Beilage

Berlin, Freitag, den 8. Februar

klärung des Reichskanzlers sei durch den preußischen Handels. Minister abgeschwächt oder gar geandert worben kann ich unmöglich für richtig erachten. Schon darum nicht, weil der Reichskanzler die Erklärung der vetbündeten Regierungen in der besonders feierlichen Form der Verlesung abgegeben hat. Diese Erklärung konstaferte, daß die preußische Regierung an den Februar ⸗Erlassen fest⸗

Wir sind auch sicher, daß niemand weniger als gerade der Handels⸗Minister geneigt sein würde, wenn auch nur für seine Person oder für sein Ressort, diese Erklärung abzuschwächen; denn er gilt ob mit Recht oder mit Unrecht weiß ich nicht als der Valer der Februar ⸗Erlasse. Was ihm von anderer Seite zum Vorwurf gemacht wird, rechnen wir ihm als größtes Verdienff an. Wir haben den Minister auch niemals als einen Mann kennen gelernt, von dem man sich einer im Gegensatz zu seiner Vergangenheit stehenden Handlung zu versehen hätte. Die Seite, welche der ¶Minister be⸗ züglich der Sozialpolitik berührt hat, hat eine Bedeutung, die wir nicht verkennen, und wir möchten nicht die Verantwortung übernehmen, der Stellung der Regierung grundsãä lich zu ie gf. Aber nichts könnte den Cinfluß der Sonia'demokratie auf die Maßffen mehr stärken, als wenn sich die Ansicht festsetzte, es sei ein Fortschritt der Sozialreform nicht mehr zu erwarten. er Abg. Fischer hat be- hauptet, das Zentrum sei zu der Interpellation dur 3 Umfall! in der Umsturzkommission gekommen. Das Zentrum hat sich, getreu seiner Vergangenheit und der von dem Äbg. Gröber angezogenen Franckenstein'schen Erklärung vom Jahre 1850, der Umsturzvorlage gegenüber auf den Standpunkt einer gewissenhaften Prüfung gestellt. Wenn von einem Umfall des Zentrums gesprochen wird, fo pretestiere ich dagegen im Auftrage aller meiner politischen Freunde. Namens meiner Partei gebe ich die Erklärung ab, daß das Zentrum sich in Entschließungen, bei denen es sich um Fragen von so außerordentlich tiefgreifender ,, um die Geltendmachung der Grundsätze christlicher Sitte, die Sicherheit des Vaterlandes, die Grundlagen unserer staatlichen und wirthschaftlichen Ordnung handelt, sich nicht von taktischen, am wenigsten von parteitaktischen Gesichtẽpunkten leiten läßt, und daß es sich solche Gesichtspunkte auch nicht durch die Presse, nicht durch die freisinnige und sozialdemokratische, und nicht einmal durch die eigene, aufnöthigen läßt. Es wird einzig und allein nach seiner Ueber= zeugung und nach seinem Pflichtbewußtsein stimmen. Auch wenn alle Voraussagungen über Wahlniederlagen des , . sich als wahr erweisen würden, so würde das Zentrum seinen Stolz darin setzen, daß es von seiner Ueberzeugung nicht abgewichen ist, daß die Ste ße ee enn so zu gestalten sei, daß sie zur Sicherheit des Vaterlandes und der ,, der Ordnung ausreicht. Wir vertrauen aber duf unser Volk, das hinter uns steht. Mögen die Sozialdemokraten nur fortfahren, das Christenthum und die christliche Caritas herab⸗ zuwürdigen; wir sind dann gut geborgen. Wir geben gern zu, daß es auch viele christliche Arbeitgeber giebt, die ihre Pflichten gegenuͤber ihren Arbeitern nicht erfüllen; aber das ist nicht Schuld des Christenthums, sondern des Abfalls vom Christen⸗ thum. Mögen die verbündeten Regierungen aus dem Verhalten der Sozialdemokraten lernen, daß man, um die Sozialdemokratie wirksam zu bekämpfen, in erster Linie das Christen⸗ thum nach jeder Richtung hin schützen muß. Vor allem ist es noth⸗ wendig, daß eine Herabwürdigung des Christenthums außerhalb des Schutzes der parlamentarischen Redefreiheit dem Strafgesetz verfalle. Neben der Ausgestaltung des Strafgesetztzuchs verlangen wir aber eine vositive Sozialreform im weitesten Sinne.

Staats⸗-Minister Freiherr von Berlepsch:

Meine Herren! Der direkten Aufforderung des Herrn Vor- redners, die Mißverständnisse aufzuklären, die anscheinend meine gestrigen Worte gegenüber der Erklärung des Herrn Reichskanzlers an mancher Stelle veranlaßt haben, hätte es nicht bedurft, um mich zu veranlassen, einige Worte zu Ihnen zu sprechen; dazu hätten schon die Durchsicht der heutigen Presse und die Anführung des Herrn Abg. Schneider bei Beginn unserer Debatte genügt.

Herr Abg. Schneider hat bemerkt, daß man nach der Er— klärung des Herrn Reichskanzlers zwar noch hätte zweifelhaft sein können über die Absichten der Regierung in Bezug auf die Fort— führung der sozialen Reformen, nach meinen Erklärungen aber sei es unzweifelhaft geworden, daß die Regierung nicht mehr beabsichtige, die Sozialreform fortzufübren. Gleiches liegt in den Aeußerungen verschiedener Preßorgane vor. In der heutigen Nationalzeitung z. B. findet sich der Satz:

Die Erklärung des Ministers lautete bestimmt dahin, daß vorläufig Ruhe auf dem Gebiete der Sozialreform herrschen müsse.

Meine Herren, ich muß behaupten, daß für diese Darstellung in meinen Worten auch nicht der entfernteste Grund zu finden ist. Hier ist offenbar der Wunsch der Vater des Gedankens gewesen; ich wenigstens habe mich vergeblich bemüht, in meiner Rede auch nur eine Andeu⸗ tung, die zu einer solchen Behauptung berechtigen könnte, zu finden.

Nun, meine Herren, möchte ich Sie doch bitten, bezüglich der gestern und heute hier vielfach erörterten Frage, ob es die Absicht der Regierung sei, mit der Sozialreform, die sie eingeleitet hat, aufzuhören, sich einfach an die Thatsachen zu halten, an die ich Sie erinnern werde. Beim ersten Auftreten hier im Reichtag hat der Herr Reichskanzler Ihnen mitgetheilt, daß die Regierung die Sozialreform fortführen würde, selbstverständlich unter Wahrung des Standpunktes, daß der Industrie nicht Lasten auferlegt werden, die ihr den Wettkampf auf dem Weltmarkt unmöglich machen. Genau dieselbe Erklärung habe ich namens der verbündeten Regierungen hier abgegeben, als Ihnen die Vorlage des sogenannten Arbeiterschutzgesetzes gemacht wurde. In den Worten des Herrn Reichskanzlers kann man also keinenfalls eine Berechtigung für die Annahme finden, daß die Regierungen beabsichtigen, die Sozialreform zurückzuschrauben oder sie fallen zu lassen.

Dann, meine Herren, die Erklärung, die am gestrigen Tage vom Herrn Reichskanzler abgegeben worden ist. Sie enthält den Satz:

Es besteht indessen bei der Königlich preußischen Regierung, über deren Auffassung zur Zeit allein Auskunft gegeben werden kann, kein Zweifel, daß es ihre Aufgabe ist, das Programm, welches der Erlaß Seiner Majestät des Königs von Preußen vom 4. Februar 1890 aufstellt, zur Durchführung zu bringen.

Ich möchte hierbei einen Irrthum des Herrn Abg. Lieber be richtigen, der annimmt, daß eine programmatische Erklärung des Bundesraths oder der verbündeten Regierungen vorliege. Das ist nicht der Fall. Die Erklärung ist seitens des Herrn Reichskanzlers namens der preußischen Regierung abgegeben und auch augdrücklich als eine solche bezeichnet worden.

Was ist nun in diesem Satz enthalten? Zunächst das An⸗ erkenntniß, daß der Allerhöchste Erlaß vom 4. Februar 1890 noch

er ind Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

18935.

nicht jur Durchführung gekommen ist; denn sonst könnte nicht die

Rede davon sein, daß er zur Durchführung gebracht werden soll. Und zweitens ist darin die Absicht bekundet, den Erlaß zur Durchführung zu bringen.

Daß in Bezug auf die Arbeitervertretung der Allerhöchste Erlaß von 18990 noch nicht zur Durchführung gekommen ist, das kann auch meines Erachtens keinem Zweifel unterliegen, und die Ausführungen, die in entgegengesetzter Richtung gemacht worden sind, halte ich für völlig ver. fehlt. Man hat sich auf die Vertretungen berufen, welche die Ver⸗ sicherungsgesetze und das Gesetz, betreffend die Gewerbegerichte, für die Arbeiter geschaffen haben. Meine Herren, daß diefe Vertretungen in dem Allerhöchsten Erlaß nicht gemeint sind und nicht gemeint sein können, das geht schon aus der einfachen Thatsache hervor, daß die Vertretung nach den Versicherungsgesetzen bereits gesetzlich bestand, als der Erlaß erging, und die andere wenigstens in dem Entwurf zu dem Gesetz, betreffend die Gewerbegerichte, den der Bundesrath bereits festgestellt hatte, vorgesehen war. Der Allerhöchste Erlaß vom 4. Februar 1890 hätte eine Arbeitervertretung nicht fordern können, wenn sie bereits in den Versicherungsgesetzen oder anderen Gesetzen genügend gegeben war.

Auf die materielle Seite der Sache will ich jetzt nicht näher eingehen. Mir scheint es außer Zweifel, daß weder die Vertretung der Arbeiter, wie sie in den Arbeiter ⸗Versicherungsgesetzen geschaffen ist, noch die Gewerbegerichte den Anforderungen genügen können, die in dem Erlaß vom 4. Februar 1890 gefordert sind nämlich die Formen zu schaffen, in denen die Arbeiter durch Vertreter, welche ihr Vertrauen genießen, an der Regelung gemeinsamer Angelegenheiten betheiligt und zur Wahrnehmung ihrer Interessen bei Verhandlung mit den Arbeitgebern und den Behörden befähigt werden.

Man hat ferner allerdings nur schüchtern den Versuch gemacht, zu behaupten, daß die Arbeiterausschüsse als eine Lösung der Frage der Arbeitervertretung angesehen werden können. Meine Herren, Sie wissen alle, wie wenig verbreitet dieses Institut in unserm Vaterland ist, und Sie wissen außerdem, daß bisher die Gesetzgebung nicht in der Richtung thätig gewesen ist, Arbeiterausschüsse bei uns einzu« führen und zwar weder obligatorisch noch fakultativ. Denn in den wenigen Bestimmungen der Gewerbeordnung, welche sich mit Arbeiter⸗ ausschüssen beschäftigen, ist lediglich ausgesprochen, daß sie in gewissen Fällen an Stelle der gesammten Arbeiterschaft gehört werden können. Das Gesetz ordnet weder an, wo solche errichtet werden sollen, noch in welcher Weise, noch wie sie fungieren sollen.

Nun hat die Königlich preußische Regierung nach der gestern ab= gegebenen Erklärung sich die Erwägung darüber vorbehalten, zu welcher Zeit, und wie sie diese ihr noch gestellte Aufgabe der Arbeiter⸗ vertretung lösen will. Daraus nun zu folgern, daß die Regierung überhaupt nicht beabsichtigt, diese Frage zu lösen, scheint mir um so weniger gerechtfertigt zu sein, als in derselben Erklärung Ihnen mitgetheilt ist, daß ihr augenblicklich Vorarbeiten vorliegen, die sich auf die Vertretung der Arbeiter beziehen. Die preußische Staatsregierung stellt sich nur, wie gestern ausgeführt ist, den Vorbehalt, daß sie bei jedem Gesetzentwurf prüfen will, ob durch ihn nicht die Machtmittel der sozialdemokratischen Agitation in unzulässiger Weise gestãrkt werden. Ich freue mich, konstatieren zu können, daß dieser Gesichtspunkt von den Herren Vorrednern als be— rechtigt anerkannt ist; sie haben ausgeführt, wie ich das gethan habe, daß die Sozialdemokratie der gefährlichste Feind jeder sozialen Reform ist, und daß man sich hüten soll, ihre Machtmittel zu verstärken, damit der Unfug, den sie heute schon anrichtet in der Herabsetzung aller Bestrebungen, die zum Wohle der Arbeiter eingeleitet werden, nicht noch verstärkt wird. (Oho! bei den Sozialdemokraten.)

Meine Herren, wenn die Erklärung seitens des Herrn Reichs kanzlers abgegeben ist, daß es nicht die Absicht der Regierung sei, die Sozialreform fallen zu lassen; wenn weiter gestern erklärt worden ist, daß Vorarbeiten zur Ausführung des Erlasses vom 4. Februar 1890 der Regierung vorliegen, die der Erwägung unterstehen, daß nur die preußische Staatsregierung es für ihre Pflicht hält, sorgfältig zu prüfen, daß nicht eine Verstärkung der sozialdemokratischen Agitation durch die Gesetzgebung herbeigeführt wird so ist es ungerecht und unbillig, darin ein Zurücktreten von der Fortführung der sozialpolitischen Ge—⸗ setzgebung zu sehen. Nur bezüglich der Zeit und des Modus hat die Königlich preußische Regierung sich ihre Entschließung vorbehalten; und Sie können versichert sein, daß ich sicher am wenigsten geneigt sein würde, einer Politik zu folgen, die das Gegentheil von dem bekundete, was ich bisher vertreten habe. (Sehr richtig!. Der Herr Abg. Dr. Lieber hat zwar nicht Recht in der Annahme, daß die Kaiserlichen Erlasse vom 4. Februar 1890 unter meiner Mitwirkung entstanden seien; ich habe sie vorgefunden, als ich mein Amt antrat, habe aber diese Erlasse angesehen als das Programm, unter dem ich mein Ministerium zu fübren habe (Bravo!), und ich bin nicht geneigt, einen Schritt davon abzuweichen. Sie können versichert sein, daß ich in dem Augenblick, wo ich erkennen würde, daß mir das nicht möglich wäre, nicht mehr in der Lage sein würde, von dieser Stelle zu Ihnen zu sprechen. (Lebhafter Beifall.)

Abg Freiherr von Stumm Halberg (Rp.): Es stehen sich

zwei grundverschiedene Weltanschauungen diametral gegenüber. Die eine steht auf dem Boden der gegenwärtigen Staats. und Gesellschafts. ordnung, ohne zu verkennen, Ee erhebliche Schäden vorhanden sind, die nfiiti! werden müssen. Sie erkennt aber gegenüber diesen

Schäden an, daß wir uns in einer Entwicklung befinden, in der sich

die sozialen Verhaͤltnisse nicht verschlechtert, sondern gebessert haben. Wir sehen, . der Ertrag der persönlichen Leistung steigt, die Kapitalrente ab-· nimmt, sodaß i kaffe Arbeitsertrag und Kapitalertrag sich immer mehr nähern. Die ganze Lage gerade der Lohnarbeiter hat sich in den letzten Jahren wesentlich gehoben, das zeigen unter anderem die Sparkassen. Kein Unbefangener kann leugnen, daß in der That das Wohlergehen der Lohnagrbeiter sich gegen früher ganz erheblich ge= bessert hat, daß kein Stand ed, ,,, so vorgeschritten ist, wie erade dieser. Man kann jetzt mit viel größerem Recht vom Roth⸗ and des Mittelstandes, der Landwirthschaft, der Bauern sprechen, als vom Nothstand der Arbeiter. Die ganze Argumentation, daß es einen vierten Stand giebt, ist eine Fiktion. Ich bestreite, daß es nach unseren Gesetzen überhaupt einen vierten Stand giebt. Ich finde keine Grenze

. ;; 7777777