1895 / 39 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 13 Feb 1895 18:00:01 GMT) scan diff

* Err, i 3 ; 36 9. ; 3 ö e. kr

aris, 12. Februar. (W. T. B.) Das Tribunal der Seine

bat die Nordbahn - Gesellschaft verurtheilt, den Erben der Frau

Im aus Stockholm, welche bei dem Eisenbahnunfall bei

pilly ihr Leben einbüßte, folgende Beträge zu zahlen: 1) Fräulein

Agnes Holm 50 0090 Fr., 2) der Wittwe Holm eine monatliche

Lebensrente von 300 Fr., 3) für das verlorene Gepäck eine Ent⸗ schädigung von 2600 Fr.

Theater und Mustk.

Dentsches Theater.

Gestern Abend kam ein Schwank in vier Akten von Carlot Reuling Der Mann im Schatt en“ zur ersten Aufführung und erzielte eine recht freundliche, wenn auch nicht einwandfreie Aufnahme. Der Verfasser hat mit seinem Stück eine Satire auf jene unwissenden reichen Streber schreiben wollen, die im Sonnen⸗ licht leicht erworbener, allgemeiner Gunst als Kinder des Glücks ihren Weg emporsteigen, während der kluge und leistungsfähige Mann, dem das Talent, sich geltend zu machen fehlt, im Schatten steht. Der Verfasser stellt zwei Figuren, den Rentier Merkel und seinen Privatsekretär Dr. Bergmann, in den Vorder⸗ grund der Handlung. Der reich gewordene Maurermeister und jetzige Rentier Merkel gilt als talentvoller Redner, als vielbeschäftigter und vielgesuchter Förderer des Gemeinwohls, während der arme Bergmann, der Verfasser der rednerischen Ergüsse und des weitverzweigten Briefwechsels Merkel's, unbekannt bleibt und gegen unbedeutenden Lohn arbeitet. Eine kecke Rede, die dem Dr. Bergmann vor zehn Jahren eine derbe Niederlage , hat, verhilft jetzt dem Maurermeister, den sie der Sekretär bei passender Gelegenheit noch einmal haltem läßt, zu einer gewissen Berühmtheit und zu der Aussicht auf ein Reichstags mandat. Die Liebe, die der Sekretär für Merkel's Tochter hegt, muß ihm Trost gewähren über die ihm vorenthaltene literarische und politische Anerkennung. Der leitende Gedanke des Stücks ist im ganzen launig durchgeführt, doch tritt der satirische Geist des Verfassers mehr in dem weit ausgesponnenen Dialog als in der Handlung zu Tage, und dadurch verliert die Scenenführung öfter an Wirkungskraft und Eindruck. Die Darstellung der Haupf⸗ rolle, des Maurermeisters Merkel, durch Herrn Hermann Müller unterstützte die satirischen Absichten des Dichters aufs kräftigfte; der Darsteller rief als selbstbewußter., hohler Phrasenheld und als Redner in tausend Aengsten lar Heiter⸗ keit hervor. Herr Pauli als Schneidermeister Lehmann war dagegen mehr drastisch als komisch. Den burschikosen Dr. Bergmann g Herr Jarno besonders im zweiten Akt, in seinem Junggesellen⸗

eim, mit fröhlicher Laune. Hier hatte auch Frau Wil brandt⸗ Baudtus in der Gpisodenrolle einer gemüthlichen Zimmer⸗ vermletherin Gelegenheit, ihr Talent zu zeigen. Die Rolle der jungen Naiven, Trude Merkel, war durch Fräulein Eich en berg besetzt, der es im Ton und in der Spielweise etwas an Frische gebrach.

Konzer te.

Der zweite Liederabend des , Gesangvereins 6 cappella), der am Montag im Saal der Sing ⸗Akademie statt- and, war ö . und begann mit drei Madrigalen von dem Engländer John Wilbve (1609), Leo von Haßler (1601) und Annibal Stabile (1585), unter denen das sechsstimmige Madrigal Baßler's durch seine lebhafte polvphonische Gestaltung als das bedeutendste erschien. Das reichhaltige rogramm bot ferner noch künstlerische Genüsse mannigfaltigster Art, wie Haydn's Chorlied „Alles hat seine Zeit“, das wundervolle Quintett für Alt und Männerchor von M. Fleischer, zwei Chorlieder von Martin Grabert, die, sehr melodiöss gehalten, dem Vorbilde der Mendels⸗ sohn'schen Quartette folgen, und Georg Vierling's Der schnellste Reiter ist der Tod“, das den tief ergreifenden Ernst des Textes musikalisch trefflich wiedergiebt und die Klangschönheit des Chors vortheilhaft zur Geltung brachte. Den Beschluß bildeten Schumann's „Gute Nacht“! und M. Bruch's

Chorlied für sechs Stimmen, betitelt , . Die A rung aller , war, was Stimmenklang un äzision in der sammenwirkung betrifft, eine höchst lobenswerthe und gereichte dem Dirigenten, dem Königlichen , . Leo Zellner, zur be⸗ sonderen Ehre. Der Pian elix Dreyschock, der das Konzert unterftũtzte, trug mehrere are cke von ber, Chopin, sowie eigener Komposttion auf einem klangvollen QDuvsen'schen Flügel vor und erntete, gleich dem Verein, reichen Beifall.

Ueber das Konzert der Altistin Ida Junkers (aus Düsseldorfh), welches gleichzeitig im Saal . stattfand, ist wenig Er⸗ 5 zu berichten. Die Stimme ist sehr kräftig, jedoch die Aus= ildung noch nicht so weit vorgeschritten, um ein öffentliches Auf— treten zu rechtfertigen. Der hier bereits bekannte Pianist Dr. O. Neitzel (aus Köln trug Beethoven's E-moll-⸗-Sonate oz 57) und zwei kleinere Stücke von Brahms und Liszt vor, deren Ausführung . . spärlich erschienenen Publikum mit Anerkennung aufgenommen wurde.

Im Königlichen Opernhause werden morgen Mascagni's „Cavalleria rusticana“ und Rossini's „Barbier von Sevilla“ ge⸗ eben. Die Damen Pierson, zog, Lammert, Deppe, die Herren

ylva, Sommer, Fränkel, Mödlinger, Schmidt treten in diesen Opern auf; die Kapellmeister Muck und Weingartner dirigieren.

Im Königlichen Schauspielhause wird morgen Richard Skowronnek's Lustspiel Halali gegeben (Damen Poppe, von May⸗ burg, Seebach, Herren Klein, . Grube, Purschian, Hertzer). Hierauf folgt der Schwank „Die stille Wache“.

Im Deutschen Theater kann Grillparzer 's Lustspiel. Weh dem, der lügt! mit Agnes Sorma als Eldrita und Josef Kainz als Leon nur noch einige Male zur Darstellung kommen, da die Genannten demnächst einen Urlaub antreten.

Im Neuen Theater geht dem Volksschauspiel ‚Liebe von Heut“ von Robert Misch seit vorgestern ein gefälliges einaktiges Lust⸗ spiel mit dem Titel Unsere Backfische“ voran. .

Im Zentral⸗Theater gelangt am nächsten Sonnabend eine neue Posse von Wilhelm Mannstädt und Julius Freund (Musik von Julius Einödshofer), betitelt ‚Unsere Rentiers“ zur ersten Aufführung. Der dritte Akt des Stückes wird den Zuschauer in den Grunewald ver⸗ setzen und ihm das Volksleben und Treiben gelegentlich der Hubertus⸗ jagd vor Augen führen. Direktor Schulz hat nach dem Muster Londoner Bühnen den Schauplatz, eine landschaftlich besonders schöne Partie des Grunewalds, mit Hilfe der neuesten Tricks auf dem Ge⸗ biete der Bühnentechnik genau der Natur nachbilden lassen; die Scenerie bietet demnach nichts Gemaltes, sondern wirklichen Waldboden und natür⸗ liche Baumstämme. Morgen geht das bisherige , „S, diese Berliner“ zum letzten Mal in Scene; am Freitag bleibt 5 , der Generalprobe zu ‚Unsere Rentiers“ wegen ge⸗

ossen.

Morgen Abend 77 Uhr wird in der Marienkirche zum Besten der Obdachlosen eine i Mu sika uffü hrung stattfinden, die vom Vorftand des Vereins Dienst an Arbeitslose' veranstaltet ist. Mitwirken werden darin die Dratoriensängerin Fräulein . Liebert, der Regierungs⸗Rath Chrzesecinski k die ammervirtuosen Felix Meyer (Violine) und Franz Poenitz (Harfe), der Kammermusiker Fritz Maneke (Violoncello) sowie der 3 Dienel, welcher auf der neuen schönen Orgel spielen wird. Karten zu 3, 2 und 1 S sind vorher bei Bote und Bock, Leipzigerstraße 37, beim Küster, Bischofstraße 4 und 5, und am Konzertabend am Süd⸗ portal der Kirche zu haben. ;

Mannigfaltiges.

Herr Geheimer Regierungs⸗Rath ref f; Ernst Curtius ist, wie die „Nat.⸗Itg. mittheilt, am letzten Sonntag von einem be⸗ dauerlichen Unfall betroffen worden. Als der greise Gelehrte am Nachmittag in der Friedrich⸗Wilhelmstraße einen Besuch abstatten wollte, wurde er von einem Schlitten umgerissen und erlitt einen Bruch des linken Schlüsselbeins sowie eine Verletzung am linken

Auge. Bei dem hohen Alter des allverehrten Un Besorgnisse leider nicht a ede m eine Theilnahme⸗Adresse zu ü atte bekanntlich schon einmal, vor mehreren Jahren, von einer Droschke überfahren zu werden.

In der Urania finden morgen, am Freitag und Sonna zum Besten der Hinterbliebenen der eben e m , Aufführungen des ,, , Zwei Amerikafahrten stalt. An diesen drei Abenden wird das Schicksal der Elbe einer besonderen de, , , unterzogen und das verunglückte Schiff selbst dargestelt werden. 2

Mährisch⸗O strau, 13. Februar. Im Schacht El stürzte J mangelhafter , . ein , Thei ö. Flötzdecke ein und begrub die daselbst beschäftlgten Arbeiter, von denen, wie W. T. B.“ meldet, drei getödtet und einer schwer ver⸗ letzt wurden. z

Malta, 12. Februar. Der Ham burger Schnellda mpfer Augusta Vieto rig“ traf heute früh? Uhr wohlbehalten hier ein. Das Wetter ist sonnig und warm.

Paris, 12. Februar. Wie die hier erscheinen de Ausgabe des New⸗ Vork Herald“ berichtet, hat die Ankunft des Dampfers Gags, cogne“ in New⸗York besonders bei den Angehörigen der dortigen französischen Kolonie außerordentliche Freude hervorgerufen. Am Gebäude der „Compagnie Transatlantique“ wurde die französische Flagge ge⸗ hißt und von einer großen Menschenmenge mit dem Ruf „Vive la Gascogne!“ begrüßt. Der Verwaltungsrath der Compagnie Transatlantique beglückwünschte den Kapitän der „Gascogne“ und beschloß, ihm zur Anerkennnng für die auf der letzten Ueberfahrt bewiesene Energie eine goldene Medaille zu über— reichen. Ueber den Verlauf der Fahrt wird noch Folgendes be⸗ richtet: Am 29. Januar, als die . Gascogne! Havre seit 3 Tagen verlassen hatte, stand plötzlich die Maschine still; die Passagiere wurden benachrichtigt, daß ein Zylinderkolben gebrochen sei. Während die gesammte Maschinenraannschaft die Ausbesserung begann, trieb die Gascogne“ auf der See. Nach achtzehnstündiger 36. war es gelungen, ein Messingband um den Bruch zu legen. Die „Gascogne“ machte nun 9 Meilen in der Stunde. Am 2. Februar brach die Kolbenstange zum zweiten Mal, und das Schiff mußte in⸗ folge dessen behufs Ausbesserung 41 Stunden still liegen. Während der folgenden Stürme wurde die „Gascogne“ 1650 Meilen vom Kurse abgetrieben und furchtbar von den Wellen geworfen, sodaß die Passagiere unruhig wurden. Am 7. und 9. Februar erfolgten weitere Brüche der Kolbenstange. Am Montag trafen zwei Dampfer die, Gascogne“; letztere lehnte aber die angebotene Hilfe ab.

New⸗JYork, 12. Februar. Wie der New⸗York Herald“ meldet, hatte die hier eingetroffene „Umbria. gleich der Teutonia; eine sehr schlimme Fahrt. Die „Umbria“ nahm den Kapitän und die Mannschaft der Barke ‚Jean Baptiste“ aus Hapre auf. Der Dampfer Patria, welcher bei Sandyhook aufgefahren war, ist wieder flott gemacht worden und nach Hamburg abgegangen.

Toronto, 8. Februar. Ein schreckliches Unglück ereignete fich, dem ‚R. B.“ zufolge, heute auf der Grand Trunk⸗Eisenbahn in der Nähe von Weston: es stießen dort zwei Personenzüge, von denen der eine im Schnee stecken geblieben war, zusammen. Zwei Leichname wurden aus den Trümmern hervorgezogen, während zwei andere, wie man befürchtet, gänzlich verbrannten. Acht bis zehn Per⸗ sonen erhielten Verletzungen.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten Beilage.)

II 7 7 7 7 7 7 7 7 7 7 7 2, ;;

13. Februar,

6 d 6 —ᷣ 4 * cd * *. 22 35

Stationen.

Bar. auf 0 Gr u. d. Meeressp. red. in Millim

Regisseur Tetz

Belmullet .. Aberdeen. FGhriftiansund Topenhagen. Stockholm . randa.

t. Petersbg Moskau...

Cort, Queens

town... 28S gisseur Plaschke. Freitag: Opernhaus.

Gherbourg

Theater⸗Anzeigen.

ö ö ; ö . it! Donnerstag: ; ,, r, . . Dpern⸗ 16 und folgende Tage: Fernaud's Ehe⸗ . der 6 Künstlerinnen und aus. 40. Vorftellung. Cavalleris- rusticana. . . (Bauern⸗Ehre.) Dper in 1 Aufzug von Pietro Mascagni. Text nach dem gleichnamigen Vollkastück von G. n aff.

Die stille Wache. Richard Skowronnek. In Scene gesetzt vom Re⸗

arbeitung von Benno Jacobson.

Nenes Thenter. In Scene gesetzt vom Ober⸗

in 3 Akten von Georges Feydeau, in deutscher Be⸗ Anfang 73 Uhr.

Schiffbauerdamm 4a. / 6. barbichons 2c. Original! Neue M Donnerstag: Liebe von Heut. Volksschauspiel Außerdem. das Apportierpferd Mohr, hierauf ein

Zirkus Ren) (⁊sarlstraße). Nur noch kur Große brill. Vorstellung, unter

Künstler. To Ni En. Senfationelle Tänze,

u. 4. Original, le grelots vivants, jeu des ufik⸗ inlagen.

Mrigent: Kapellmeister Pr. Muck. in 4 Akten von Robert Misch. Vorher: Unsere hippol. Potpourri, borgef. v. Herrn R. Renz.

Der Barbier von Sevilla. Komische Oper Backfische. Schwank in 1 Akt. Anfang 73 Uhr.

in 2 Aufzügen von Gioachimo Rossini. Dichtung ; r ͤ

nach Beaumarchais, von Cesar Sterbini, übersetzt findet ein öffentlicher Billetverkauf nicht statt.

von Ignaz Kollmann. Dirigent: Kapel mel

gartner. Anfang 73 Uhr. . auspielhaus. 44. Vorftellung. Halali. Lust⸗

spiel in 4 Aufzügen von Richard Skowronnek. In

ster Wein

nk in 1 Aufzug von

Anfang 73 Uhr.

Sonnabend: Liebe von Heut.

Auftr. d. Schulreiterin Frl. Wally Renz mit dem

Freitag: Privat⸗Vorstellung. Für diese Vorstellung h Cromwell u. dem Steiger Aley. Daß

Schulpferd Candelaber, ger. v. Herrn Ernst Ren. Das irl. Springpferd Blitz, ger., von Frau Renj⸗ Stark. Anfang 75 Uhr.

Freitag: Große Komiker⸗Vorstellung. Tio Ri

Em. Scene gesetzt vom . Max Grube. Theater nter den Linden. Sehrenstt. zö/6J. Sonnabend, Abends 75 Uhr: Große Extra⸗Vor Schwa Direktion: Julius Fritzsche. Donnerstag: Mit neuer stellung zum Benefiz für den beliebten Klown und Ausstattung: Der Probekuß. Operette in 3 Akten „August“ Mr. Labater Lee. von Hugo Wittmann und Julius Bauer. Musik Rz. Symphonie ⸗Abend don Carl Millöcker. In Scene geseßzt von Julius (ermäßigte Preises. Die luftigen Heidelberger.

Sonntag, 2 Vorftellungen, Nachmittags 4 Uhr

ö der Königlichen sapelle. Dirigent: Herr Felix 2 Dirigent; Herr Kapell meistet Jedermann. Abends 7, ühr;: Tj0 Ni En.

mburg 96. J artner, * inen ande Uhr.

Franz von fang 71 Uhr.

bedeckt wolkenlos

1 Feiter 7 bedeckt

) Nachts Schnee. ) Hoch⸗

Sans Gene.

J 9 Nachts Schnee. nebel. 53) Rauhfrost.

Nebersicht der Witterung. Gin Hochdruckgebiet erstreckt sich von der Biscava⸗

Acosta. Excellenz.

am niedrigsten, unter 750 mm, ist der Luftdruck über onnabend: der Balkan -Halbinsel. Die Luftbewegung ist fast B ... überall schwach, im südlichen Nord⸗ und Osftseegebiet aus nordöstsicher, im Binnenlande Zentral⸗Europas aus veränderli Richtung. In Deutschland dauert die trübe, kalte Witterung mit gelegent⸗ Lichen Schneefällen fort; in den sudlichen Gebiets-

theilen hat der Frost erheblich zugenommen, dagegen an der ä, cf ist es ö big fg. , 1 und L. worden. Am kaltesten ist es im südöstlichen Deutsch⸗ ,

Freitag: Der Obersteiger.

land, wo die Temperatur bis zu 18 Grad unter Null

liegt. Auch in Schweden und Nordwest Rußland

Hherrscht sebr strenge Kälte. ; Deutsche Seewarte.

Königlicher Kapellmeister.

Schauspielhaus. 45. Vorstellung. Zum wohl⸗ thätigen Zweck. Lustspiel in 4 Aufzügen von chönthan und Gustav Kadelburg. An⸗

Dentsches Theater. Donnerstag: Weh dem, der lügt! Anfa Freitag (21. Mann im Schatten.

Sonnabend: Der Mann im Schatten.

Berliner Theater. Anfang 76 Uhr. Freitag (23. Abonnements ˖Vorstellung): Uriel

Sonnabend: Zum ersten Male: Die Kinder der

Cessing · Theater. Donnerstag: Ghismonda.

See nordostwärts nach Lappland hin mit einem A 7. Uhr. Maximum bon 771mm Höhe über Mittelschweden; 5 . Fall Clemencean. Zum ersten Male: Aus Berlin

(Vorverkauf von heute ab.)

Friedrich Wilhelmstädtisches Theater. Ghausseestraße B / 26. Donnerstag:

Residenz Theater. BSlumenstraße Nr. 9. Direktion: Sigmund Lautenburg. Donnerstag: Fer nand' s Chekontrakt. (Fil à la patte.) wank virtuosen Herrn Heinr. Grünfeld.

Anfang

Anna Bäckers. Josefine Dora.

ö. Uhr. onnements⸗Vorstellung) Der ju WUnsere Rentiers“ cle Sonnabend: Zum ersten

lius Einös x Donnerstag: Madame Muftk von Julius Cinodshofer

treten der ersten

angsposse mit Tanz. Nach dem sagß 3 Girl! von Jonas

letzten Male: O, diese Berliner! Große mit Gesang und Tanz. Anfang 75 Uhr. Freitag bleibt das Theater wegen Generalprobe

a ale; Novität! Unsere Syn Rentiers. Große Posse mit Gesang und Tanz in önaich Akten von Wilhelm Mannstädt und 8

Adolph Ernst Theater. Donnerstag: Auf⸗ irouette⸗ und Courbette⸗Tänzerin Englands Miß Rose Batchelor vom Prince of Wales. Dalle' a. S Theater in London. Ein sideles Corps. Große Ge, hau Deutsch . Offig 83 egen dil G, eben Tnnsffn Frl. Marie

arbeitet von Cduard Jacobson und Jean Kren.

Vorher: Gesfindeball. Schwank in 1 Akt von Ed.

Jacobson und Jean Kren. Anfang 74 Uhr. Freitag: Dieselbe Vorstellung.

ierauf: Tanz⸗Divertissement. Anfang? Uhr. Freitag: Der Probekuß. ü

Familien ⸗Nachrichten.

Bentral-⸗ Theater. Alte Jakobstraßt Nr. 30. Verlobt: Frl. Annemarie Vorberg mit Hrn. Prem

Direktion: Richard Schultz. Emil Thomas a. G. Donnerstag: 5 Burg). Irmgard

reiin von Eckhardtstein mit osse! Hrn. Referendar iegfried von Volkmann Halle a. Sa Marietta Gräfin Matuschla reiin von Toppolezan und Spaetgen mit Hm.

ieut. Alexander Frhrn. von Elverfeldt ö

Lieut. Hans 1 (Schöneberg bei Berlin

lius d. . ulius Freun 3

Berlin. Hrn. Pastor Bollow (Leubus) rn. Pastor Röchling (Pfarrhaus Jackschönau). ine Tochter: Hrn. Major Max Senfft von ilfach (Gresden). Hrn. Professor Dberst

Hrn. Pastor Zugbaum (Pfarr;

idney Frei be— , . , , ,,. Hr

ppellations⸗Rath a. D. Adolf von Mandelslob Ci Fr. Charlotte von Noge, 1 / rest (Berlin). Fr. Konsistor al Präsiden Ghristine Wunderlich, Jeb. Viereck (Berlin. 5

usik von Fredy. Dirigent: Herr

Hauses.

Konzerte.

; Konzert · Jans. Donnerstag: Karl Mender⸗ Der n 6. in gonzert. Gesellschafts · Abend.

; Dienstag, den 26. Februar (Fastnacht): Fast⸗ nachts Feier. Billets à 3 4 im Bureau d

Saal Bechstein. Linkstraße 42. Donnerstag, Anfang 83 Uhr: II. Lieder⸗Abend von Selma Ricklaß⸗Kempuer, unt. güt. Mitw. des Hof⸗Cello⸗

. e i , Paar k

Hr. Amts ra ohann ayer (Breslau),

„Geh. Justiz⸗ und e, r , en udwig Lefeldt (Breslau). .

Verantwortlicher Redakteur: J. V.: Sie menroth in Berlin. Verlag der Expedition (Sch oly in Berlin.

Drug der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlage AÄnstalt, Berlin Sr, Wülhelmstraße Nr. 32

Sechs Beilagen leinschließlich Börsen · Beilage)

werfttãtslehrers sindx schlossen. Die h Studen enn n, ee. .

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

Mn 39.

Berlin, Mittwoch, den 13. Februar

1895.

Königreich Pren ßen.

Bekanntmachung,

betreffend das Staats -Anleben der vormals freien Stadt Frankfurt a. M. von 8 S000 FI. d. d. 9. April 1839.

Bei der am 165. d. M. stattgefundenen 54 Verloosung des zrcsoigen Staats, Anlehens der vormals freien Stadt Frankfurt a M. pom 8. April 1839 wurden für die zur Kapitaltilgung in 1895 / 96 vorgesehene Summe die nachverzeichneten Schuldverschreibungen gejogen:

ID zur Rückzahlung auf den 1. April 1895.

26 Stück Litt. B. à 1000 Fl. 1714 4A 29 8 Nr. 3 67 1590 239 240 A0 298 305 324 333 368 381 354 396 432 437 466 557 571 679 836 844 9g06 953 10958 1071 44571 Æ 54 4.

26 Stück Litt. B. à 500 Fl. 857 16 14 3 Nr. 1115 1157 1159 1178 1192 11898 1251 1258 1364 1380 1488 1595 1620 1624 1669 1672 1692 1694 1802 1809 1883 1954 1967 2036 2051 2061 2285 Æ 64 4.

25 Stück Litt. B. A 300 Fl. 514 4MÆ 29 83 Nr. 210 2175 221 26 2235 2262 2331 2566 2386 2420 2429 2435 2467 26574 26577 2659 2676 A04 2741 2841 2922 2979 2980 3028 3039 12 857 25 .

25 Stück itt. B. à 150 Fl. 257 Æ 14 3 Nr. 3145 3159 z201 3211 3242 3281 3313 3527 3352 3372 3402 3414 3679 3715 „767 3775 3830 3864 3972 3991 3999 4023 40656 4080 4082 6428 Æ 50 3.

18 Stück Litt. B. à 100 Fl. 171 46 43 3 Nr. 4117 4162 76 4229 4301 4307 4333 4336 4339 4360 4443 4496 4912 4577 1628 4724 4802 4830 3085 M 74 3.

120 Stück über 89 228 Æ 67 4.

2) zur Rückzahlung auf den 1. Juli 1895.

26 Stück Litt. G. à 109090 Fl. 1714 M 29 3 h w n 144 163 283 301 309 354 369 388 441 443 454 526 541 546 598 672 704 732 845 846 9g00 957 997 1084 44 571 S 54 4.

26 Stück Litt. GC. à 500 Fl. S57 14 3 Nr. 1109 1130 1131 1211 1225 1240 1273 1359 1384 1457 1573 1680 1704 1718 1724 1753 1770 1771 1780 1806 1911 1943 1960 1967 1990 2052 22285 6 64 8.

25 Stück Litt. G. à 300 Fl. 514 16 29 3 Nr. 2170 2245 2295 2300 2336 2389 2511 2522 2661 2678 2685 2695 2708 2757 2777 As84 2791 2816 2861 2872 2989 3028 3035 3042 3074 12 857 4A 25 9.

26 Stück Litt. C. à 150 Fl. 257 M 14 8 Nr. 3162 3199 3215 3229 3240 3262 3271 3257 3339 3348 3367 3383 3503 3631 3597 3609 3692 3694 3733 3800 3831 3920 3976 3977 4019 4056 6685 M 64 53. ;

16 Stück Litt. G. A 100 Fl. 171 M 43 3 Nr. 4162 4221 4243 4246 4287 4311 4315 4365 4398 4419 4440 4649 4667 4693 4696 4727 2742 4A 88 3.

119 Stück über 89 142 M 95 4.

3) zur Rückzahlung auf den 1. Oktober 1895.

27 Stück Litt. D. à 1000 Fl. 1714 29 3 Nr. 1 28 74 s89 214 233 269 275 285 312 345 346 421 496 0oß 529 570 629 767 791 877 919 948 9g50 965 1067 1094 46285 6 83 3.

N Stück Litt. D. à 500 Fl. S57 Æ 14 5 Nr. 1118 1142 1169 1218 1232 1266 1270 1283 1350 1432 1461 1464 1543 1577 1665 1699 1708 1748 1762 1765 1821 1887 1900 1985 2069 2084 2093 23 142 ½ 78 4.

AN Stück Litt. D. à 300 Fl. 514 M 29 3 Nr. 2188 2197 286 2300 2361 2383 2392 2399 2477 2484 2497 2498 2643 2646 2688 2744 2805 2820 2830 2860 2870 2892 2919 2961 2992 3034 30144 13 885 ½ 83 5.

16 Stück Litt. D à 150 Fl. 257 4 14 3 Nr. 3134 3332 zzi5 3423 3478 3479 3555 3670 3891 3943 3953 3973 3985 4001 Höß 4094 4114 M 24 5.

10 Stück Litt. D. A 106 Fl. 171 Æ 43 3 Nr. 4103 4153 49 4271 4390 4532 4620 4673 4720 48485 1714 4A 30 .

10 Stück über 89 142 4 98 9.

4) zur Rückzahlung auf den 1. Januar 1896.

25 Stück itt. A. à 1000 Fl. 1714 M 29 8 Nr. 28 33 60 As 313 328 331 337 339 356 357 425 436 441 4658 477 662 712 723 733 768 770 879 1003 1076 42 8657 M 25 4.

26 Stück Litt. A. à 500 Fl. S57 1 14 3 Nr. 1157 1179 1254 1293 1312 1382 1384 1460 1471 1480 1498 1532 1539 1564 1566 1609 1743 1761 1812 1827831896 1927 1962 1979 2042 201 22 285 S 64 3.

27 Stück Litt. Aà. à 300 Fl. 514 S 29 3 Nr. 2231 2234 2242 2310 2324 2377 2380 2356 2407 2416 2434 2541 2612 2654 2661 2668 2681 Nos 2764 2848 2926 2943 2959 3028 3045 3057 3100 13 8855 M 83 3.

26 Stück Litt. A. A 150 Fl. 257 M 14 83 Nr. 3130 3186 3192 3210 3224 3312 3386 3468 3492 3572 3644 3645 3677 3683 3685 3714 3773 3831 3884 3920 3921 3950 4012 4084 4088 4092 6685 64 5.

20 Stück Litt. L. à 100 Fl. 171 M 43 3 Nr. 4113 4124 4142 4186 4305 4348 4352 361 4397 4500 4529 4545 4551 4554 4562 4598 4618 4656 4683 46887 3428 60 3.

124 Stück über 89 142 S 96 5.

Zusammen: I Stück Litt. B. über.

ö

9 2ꝛ8 MM 673 5 ii . 5357 S5 J 95. ( ö 85 3. 96

n, ö,, , S , . 3

Die Inhaber dieser Obligationen werden hiervon mit dem Be⸗ merken benachrichtigt, daß die Kapitalbeträge, deren Verzinsung nur bis zum betreffenden Rückzahlungstermin erfolgt, bei folgenden Stellen erhoben werden können: ;

a. bei der Königlichen Kreiskasse in Frankfurt a. M.

b. bei der Königlichen Staatsschulden⸗Tilgungs⸗ kasse in Berlin und

bei jeder Königlichen Regierungs⸗Hauptkasse.

Die Auszahlung 56. bei Pos. 1, 2 und 3 . B.. G. und H) gegen Rückgabe der Obligationen mit den Zinsscheinen Reihe Ul Ur. 3 bis einschließlich s, bei Pof. 4 (Litt. A gegen Rückgabe der Obligationen mit den Zinsscheinen Reihe 111 Nr. 4 bis einschließlich 6.

. A

Der Geldbetrag der unentgeltlich zurückzugebenden, aber fehlenden

Zinsscheine wird am rn n,. der Obligation zurückbehalten. Soll die Einlösung von dergleichen Obligationen weder bei der Königlichen Kreiskasse in Frankfurt a. M., noch bei der Königlichen egierungs. Hauptkasse in Wiesbaden, sondern bei einer der anderen Vassen bewirkt werden, so sind die betreffenden Obligationen einige eit vor der Auszahlung durch diese Kasse an den Unterzeichneten zur rüfung einzufenden.

Zurück stehen noch aus der:

42 Verloosung Litt. B. 4026. „T. Verloosung Litt. C. 475, D. 4217.

48. Verloosung Litt. B. 3938, D. 3991. 49. . Litt. C. 2572 4452 4633, D. 3902. 51. Verloosung Litt. A. 2847. 52. Verloosung Litt. G. 2278, D. 2940, A. 231. b3. Verloosung Litt. B. 517 1735 1929, C. 1352 3856 4184 4537 4625, D. 783 1503 1946 2302 4092 4165 4615 4667, A. 43 127 326 349 685 927 1069 1086 1364 1833 1832 1966 2055 2346 2426 2444 2537 2561 2810 2882 2971 3013 3199 3225 3239 3505 3802 3882 4069 4317 43298 4374 4387 4549 4716 4730 4734 4749. . Die Inhaber disser Obligationen werden ju deren Einlösung wiederholt aufgefordert. f Wiesbaden, den 19. Januar 1895. Regierungs⸗Präsident. In Vertretung: Freiherr von Reiswitz.

Dentscher Reichstag.

B. Sitzung vom Dienstag, 12. Februar.

Die zweite Berathung des Etats wird fortgesetzt bei dem Etat des Reichsamts des In nern.

Ueber den Beginn der Sitzung ist r berichtet worden. Nach dem Abg. Dr. Pachnicke nimmt das Wort der

Staatssekretär des Innern, Staats⸗Minister Dr. von Boettich er:

Die Anführungen der beiden Herren Vorredner ließen erkennen, daß sie sich darüber nicht im Zweifel befinden, daß es sich um eine Frage des Landrechts handelt, welche sie ihren Ausführungen zu Grunde gelegt haben. Die Frage der Verbindung der Kessel⸗ revision mit der Thätigkeit des Fabrikinspektors ist der Einwirkung der Reichsgewalt entzogen; und das Einzige, was ich in dieser Be⸗ ziehung thun kann und was ich hiermit zu thun verspreche, ist, daß ich meine Königlich preußischen Herren Kollegen und die übrigen Regie rungen, welchen die Fabrikinspektoren unterworfen sind, auf die sehr interessanten Darlegungen der beiden Herren Vorredner aufmerksam machen und ihnen anheim stellen werde, die Frage, wo sie noch nicht als vollständig geklärt angesehen wird, an der Hand dieser Aus— führungen einer weiteren Prüfung zu unterziehen. Freilich wird das für die Regierungen nicht ganz leicht sein; denn wir sehen eben hier, daß zwei Abgeerdnete, welche sich für die Materie außer⸗ ordentlich interessieren, diametral entgegengesetzter Meinung sind.

Ich möchte den Herrn Vorredner aber noch darüber beruhigen, daß ich es den Fabrikinspektoren die mir übrigens nicht unter— geordnet sind, wie er irrthümlich voraussetzt nicht nur nicht übel nehme, wenn sie ihre Wahrnehmungen offen aussprechen und ihre Ueberzeugung, welche sie an der Hand ihrer Wahrnehmungen gemacht haben, in den Berichten zum Ausdruck bringen, sondern daß ich es im Gegentheil gerade für ihre Pflicht halte, das, was sie wahr- genommen haben, auch zu sagen und die Schlüsse, die sie für eine Verbesserung unserer Zustände daraus ziehen zu müssen glauben, der vorgesetzten Behörde rückhaltlos vorzutragen. Ich werde jedem Fabrik- inspektor dankbar sein, wenn er in dieser Beziehung ein offenes Herz und einen offenen Mund hat.

Ob die Fabrikinspektoren sämmtlich eine große Abneigung gegen die Uebernahme der Dampfkesselrevision haben, weiß ich nicht; es mag sein, daß die beiden Thätigkeiten nicht wohl mit einander ver⸗ träglich sind. Wir im Reich haben darüber keine Erfahrungen gesammelt, und es wird daher nichts übrig bleiben, als die Ent scheidung der Frage den Landesregierungen, denen sie gesetzlich zusteht, zu überlassen.

Abg. Fischer (Soz): Nur mit gemischten Gefühlen können wir die Berichte der Fabrikinspektoren ansehen. Dieselben sind mit vollendeter Einseitigkeit abgefaßt. Auch hier zeigt sich, daß die Re— gierung Furcht vor der Sozialdemokratie hat, denn in der An weisung, die den Fabrikinspektoren . ist, wird ausdrücklich verlangt, daß kritische Bemerkungen thunlichst zu vermeiden und Vorschläge nur bei, dringendem praktischen Bedürfniß zu machen seien. Die Zufammenstellung der Berichte läßt die Tendenz erkennen, alle Mißtöne,. zu unterdrücken. So heißt es in der Einleitung, die wirthschaftliche Lage der Arbeiter habe unter dem industriellen Rückgang nicht gelitten, während aus den Be⸗ richten selbst doch vielfach das Gegentheil ersichtlich ist. Auch ich bin der Meinung, daß die Kesselreviston von der Funktion der Fabrik aufsicht zu trennen ist. Die Fabrikinspektoren erklären übereinstimmend, daß ihre eigentliche Aufgabe durch die Kesselrevision in den Hinter⸗ rund gedrängt wird. ießmild die Aufsicht geübt wird, geht daraus

ervor, daß zahlreiche Arbeitgeber die en ffn von ihrer Erlaubniß abhängig machen und daß die Aufsichtsbeamten darauf ein⸗ gehen und die Revision in Gegenwart der Unternehmer vernehmen. Erfahrungsgemäß aber halten die Arbeiter in Gegenwart des Arbeit⸗ gebers mit ihren Beschwerden zurück. Das ist begreiflich, wenn z. B. ein hervorragender rheinischer Industrieller die Drohung aus- gestoßen hat, jeden Arbeiter zu entlassen, der die Vermittelung des Gewerbe⸗FInspektors in Anspruch nähme. Aber auch die Inspektoren sind, wie die Versetzung derienigen von Köln und Merseburg be⸗ weist, in Gefahr, gemaßregelt zu werden, wenn sie den Dingen im Verkehr mit den Arbeitern ernstlich auf den Grund gehen. Der Bil⸗ dung bon Arbeiterausschüssen stehen die Arbeitgeber durchaus ablehnend gegenüber, weil jene rücksichtelos die Verstöße gegen die Arbeiterschutz⸗ gefetzgebung brandmarken. In fast allen Berichten der Fabrikinspek⸗ foren? wird über Unsauberkeit und Mangelhaftigkeit der Wohlfahrts⸗ einrichtungen geklagt. Wir wünschen eine erweiterte Kompeten; und größere Selbständigkeit für die Fabrikinspektoren und die Ausdehnung der Aufsicht auf die Hausindustrle, das Handwerk und die Schiffahrt.

Abg. Roesicke (b. k. F): Niemand hier im Hause wird leugnen, daß in unserem sozialen Leben noch Mißstände bestehen; aber die Sozialdemokraten sehen die Dinge, wie es auch der. Vorredner gethan hat, stets . eine ganz besondere Brille an, weil ihnen die

auptsache ist, daß sie draußen bei den Arbeitern Eindruck machen. 8 möchte eine andere Frage erörtern. Von verschiedenen Seiten ist in der letzten Zeit die Frage behandelt worden, ob es angezeigt fei, den Boykott strafrechtlich zu verfolgen. Ich, als Vertreter eines dom Boykott besonders bedrohten Gewerbes, bin der Meinnng, da eine strafrechtliche Verfolgung des Boykotts sich nicht empfiehlt. Es ist vielfach hingewiesen worden auf die früher vom Reichstag abgelehnte Verschärfung des 5 153 der Gewerbeordnung. Die in dieser Beztehun gemachten Vorschläge dürften sich dem Boykott gegenüber als unwirksam erweisen , da sie nur Verabredungen zur Eclangung besserer Lohnbedin⸗ gungen träfen, welche bei einem Boykott un stene in den Hintergrund

treten. Ich bin aber auch gegen die strafrechtliche Verfolgung des Boykotts, und ich sage das wiederum als Vertreter eines Gewerbes, gegen das allein Boykotts in großem Stile durchgeführt werden können. Nur beim Brauereigewerbe läßt sich eine Kontrole über das Produkt und die Konsumenten durchführen, ohne welche ein großer Boykott unwirksam ist. Wir haben bei dem Bierboykott in Berlin gesehen, wie die Sozialdemokraten ein ganzes Heer von Polizisten zur Ausübung der Kontrole aufstellten. Ich glaube nicht, daß man mit er ef chen Bestimmungen gegen die Urheber eines Boykotts etwas ausrichten würde. Daß * über haupt nicht zu dem gewünschten Ziele führen, beweisen die Vorgänge in Dresden, wo man die Urbeber eines Boykotts mit scharfen Strafen belegt hat. Man hat dadurch den Bopkott nicht beigelegt, wohl aber die Situation der vom Boykott betroffenen Brauerei verschlechtert. , . würden nur zur Folge haben, 8. statt des offenen der geheime Boykott platzgriffe, und wir im Braugewerbe halten den ee en Boykott für weit gefährlicher als den offenen. Etwaige ge⸗ 4 Bestimmungen gegen den Boykott würden sich auch leicht um gehen lassen. Die Veranstalter eines Bierboykotts brauchen garnicht zu sagen: Trinkt das Bier von der und der Brauerei nicht! Sie brauchen nur zu sagen: Trinkt das Bier von der und der Brauerei! und die Arbeiter wüßten Bescheid. Es giebt auch noch andere Mittel zur Umgehung strafrechtlicher Bestimmungen gegen den Boykott. In Dessau z. B. erließ die sozialdemokratische Fa bei dem Bier⸗ boykott den Aufruf; Trinkt, nicht das Bier von Männern, welche die Rechte der Arbeiter mit Füßen treten! Jedermann wußte, daß ich damit gemeint war, weil ich den Wahlkreis ver⸗ trat. Ich hoffe, daß die Sozialdemokratie einsieht, daß sie mit ihrem Boykott nichts erreicht hat; denn sie hat es nur dahin gebracht, daß die Brauereien sich fester zusammenschlossen. Da aber auch in dieser Beziehung eine andere Ansicht zu herrschen scheint, und da man den Verlauf des Berliner Bierboykotts als Beweis dafür anzieht, daß die vorhandenen strafgesetzlichen Bestimmungen nicht ausreichen, so sehe ich mich ., einige Worte über den Berliner Bier⸗ boykott und seinen Verlauf zu sagen. Ich habe dazu noch einen anderen Anlaß, nämlich den Umstand, daß ein Mitglied dieses Hauses jüngst erklärt, hat, wegen meines Verhaltens in dem Bierbopkott nicht mehr mit mir diskutieren zu wollen. Von einer Kapitulation ist nicht die Rede. Ich hatte noch einen weiteren Grund, die An⸗ . hier zur Sprache zu bringen. Es ist nämlich in einem

heil, der Presse der Abschluß des Bierkrieges als eine Folge von materiellen Interessen dargestellt worden, die die betreffenden Unter nehmer hierbei geleitet hätten. Man hat es geradezu gesagt * die Hoff⸗ nung auf Börsenvortheile der Grund zum Frieden schlu gewesen sei. Insbesondere ist es die hiesige Post“ gewesen, welche schrieb, ich müsse mit der Thatsache rechnen, daß der von mir und von dem Abg. Singer herbeigeführte Friedensschluß als

eine Preisgabe der Interessen der bürgerlichen Gesellschaft aus mate⸗ riellen Beweggründen allgemein verurtheilt werde, und hinzufügte: aber der Kurz der Brauereiaktien hat sich durch den Friedensschluß erheblich gehoben. Das ist schließlich doch der Schlüssel für den Aus- ang des Bierkrieges. In ähnlicher Weise haben sich die Neue ö Zeitung? und die „Schlesische Zeitung“ ausgedrückt. Ich ür meinen Theil hätte keine . auf diese Frage ein⸗

zugehen; denn mir ist es gleichgültig, ob Personen, die mich nicht kennen, glauben, daß ich mich von materiellen Interessen leiten lasse. Aber es kommen hierbei auch meine Beruftgenossen in Frage, welche jenen Abschluß des Boykotts gebilligt haben. Ich will darum in kurzen Zügen den Verlauf des Bierkrieges darstellen. (Die Darstellung, welche der Redner giebt, wird vom Präsidenten mit dem Hinweis auf den Gegenstand der Verhandlung abgebrochen Das beste Mittel solche Zustände zu beseitigen, ist eine Arbeits vermittlung, die unparteiisch wirkt und losgelöst ist von jeder politischen Richtung. Grade die Arbeitsnachweise dürften eine Grundlage für weitere Einrichtungen auf diesem Gebiete bilden. Gesetzliche Mittel gegen Strikes brauchen wir nicht; wenn die bürgerlichen len . bei derartigen Gelegenheiten fest zusammenhalten, wird es ein Leichtes sein, allen Ausschreitungen wirksam zu begegnen. Die Arbeiter müssen aber vor allem erkennen, daß das, was wir für sie thun, ihnen zum Segen gereicht. Nicht aus Furcht vor der Sozialdemokratie, sondern aus dem Bewußtsein der inneren Kraft müßten wir energischer vorgehen. Dann werden wir Störungen solcher Art verhindern.

Abg. Singer (Soz.) behält sich vor, bei passender Gelegenheit der Darstellung, welche der Vorredner von dem Verlauf des Boykotts gegeben, eine Darstellung nach sozialdemokratischer Auffassung gegen⸗ Überzustellen.

Abg. Wurm (Soz.): Es ist heute von einer Seite als wünschens⸗ werth bezeichnet worden, daß auch Arbeiter zu den Fabrikinspektionen herangezogen würden. Wir gehen weiter, wir wünschen auch die Ver wendung von Frauen als Fabrikinspektoren. Die Fabrikinspektoren werden von den Polizeiorganen viel zu wenig unterstuͤtzt. Man sollte die Berichte der Fabrikinspektoren in billigen Ausgaben veröffentlichen, damit auch die Arbeiter sie anschaffen könnten. Die Sonntagsruhe für den Arbeiter sieht auf dem Papier ging en aus, aber in der Praxiz hapert es sehr damit. Die technische Bildung der Fabrikinspektoren läßt häufig Viel zu wünschen übrig; wie könnte es sonst geschehen, daß einer dieser Inspektoren das Cinathmen von Kohlensäure für unge⸗ fährlich erklärte? Die Fabrikinspektoren sollten die Namen der Betriebe mittheilen, in denen e, unzureichender Vorkehrungen Unglücksfälle vorkommen. Die Fabrikinspektoren werden aber niemals ihren Zweck ganz erfüllen, wenn nicht die Arbeiterorganisationen einen größeren Einfluß erhalten und ihnen die Aufsicht über die Betriebe zugestanden wird; die Orts-Polizeibehörden reichen in dieser Hinsicht durchaus nicht aus. . .

Abg. von Frege (kons.): Die peer li g Mißstände, welche von den Vorrednern berührt worden sind, sind von meiner Partei schon früher zur Sprache gebracht worden. Namentlich bestehen solche Mißstände bei den jugendlichen Arbeitern in der Hausindustrie. Die ungehinderte Freizügigkeit hat in 3 Beziehung üble Folgen ge— zeitigt; auch die , . Mittelpersonen, die den Lohn det Arbeiters kürzen, vermehren das Uebel. Wir hoffen, in dieser Beziehung, durch den Antrag auf Verbot der jüdischen Einwanderung eine Besserung erzielen zu können. Einen sehr üblen Einfluß auf die jugendlichen Arbeiter üben auch die sozial⸗ demokratischen Versammlungen aus. Den Vorwurf, den der Vorredner den Orts⸗Polizeibehörden gemacht hat, muß ich zurückweisen; die Gewissenhaftigkeit dieser Behörden ist anerkannt. Wenn über die Verbindung der Kesselrevisionen mit den Fabrikinspektionen geklagt wird, so möchte ich darauf hinweisen, daß bereits vielfach ee. revisions vereine bestehen, welche die Revisionen übernehmen. Die schlechte Lage der Arbeiter hängt mit der Krisis in der Industrie zusammen, und diefe mit der Krisis in der Landwirthschaft. Diese kann nur gehoben werden durch die Beseitigung der Silberkrisis, wenn man auf dem Wege des Antrags der Abgg. Dr. Friedberg, von Kardorff, Graf von Mirbach durch internationale Maßregeln zu einer Erhöhung oder Stabilisierung des Silberwerths gelangt. Wir müssen der Ansicht entgegentreten, als ob der deutsche Arbester nur von jener Seite (zu den Sozialdemokraten) Hilfe zu erwarten habe. Derjenige Arbeiter, der . Familie und sein Vaterland liebt, wird von uns ganz gewiß ebenfo, wenn nicht viel stärker und besser vertreten, als von den Sozialdemokraten. . ;

Die Debatte über den Titel „Staatssekretär“ wird hierauf geschlossen. Die Ausgabentitel der Kapitel „Reichsamt des