*
Das Verhältniß der ahl der erhobenen Rekurse = 7052 — zu der Zahl der rekursfähigen Schiedsgerichtsurtheile — 23 724 — stellt sich im Berichtsjahr etwa wie 1: 34 gegen 1:3. im Vorjahr.
Ueber die Aufnahme oder Ablehnung der Aufnahme von Betrieben in die Genossenschaftskataster Uniernehmerverzeich⸗ nisse) war in 3344 ö — einschließlich 525 aus dem Vorsahr stammender Faͤlle — zu verhandeln; 2838 Sachen wurden erledigt. .
i 15 gewerbliche und 2 landwirthschaftliche Berufs⸗ genossenschaften wurde die ihr , oder die Abänderung des Gefahrentarifs genehmigt. Bei einer landwirthschaftlichen Berufsgenossenschaft wurde ein Gefahrentarif erstmalig ge⸗ nehmigt. .
; Neben 1555 Gefahrentarif⸗ Umlage⸗ Prämien- und Ab⸗— schätzungsbeschwerden wurden 3482 — darunter 1153 vor⸗ jährige — Beschwerden gegen Safe m , der Berufs⸗ enoffenschaftsvorstände und 25672 sonstige Beschwerden aller 97 — darunter 319 vorjährige — behandelt. ;
Für 6 Berufsgenossenschaften wurden Unfallverhütungs⸗ vorschriften oder Nachträge zu solchen genehmigt
Bel 5. Berufsgenossenschaften wurde die Geschäfts führung durch Beauftragte des Reichs⸗Versichernungsamts revidiert.
Statutenänderungen wurden für 20 Berufsgenossenschaften genehmigt. .
Auf dem Gebiet der Invaliditäts- und Alters⸗ versicherung wurden bei 11 Millionen versicherten Personen 1578 Revisionen in Invaliden⸗ und 1345 Revisionen in Altersrentenfachen, zusammen 2923 Revisionen anhängig. Unerledigt übernommen aus dem Jahre 1893 sind 467 Invalidenrenten⸗ und 372 Altersrenten⸗ fachen. Erledigt wurden durch Urtheil nach mündlicher Ver⸗ handlung 28, auf andere Weise (Zurückweisung ohne münd⸗ liche Verhandlung, Zurücknahme, Vergleich 2c) 583, zusammen mithin 2861 Revistonen. An 235 Sitzungstggen haben in 2315 Sachen mündliche Verhandlungen stattgefunden.
Bei den auf Grund des Invaliditäts- und Alters versiche⸗ rungsgesetzes errichteten 625 Schiedsgerichten wurden im Berichts⸗ jahre 15 831 Berufungen anhängig, während 142 S4 Ansprüͤche auf Altersrente und 62 627 Ansprüche auf Invalidenrente er⸗ hoben wurden. Von diesen sind — einschließlich der aus dem Vor⸗ jahr übernommenen 5263 Invalidenrenten⸗ und 3395 Alters⸗ rentenansprüche — 32 747 Alters- und 45 634 Invaliden⸗ rentenansprüche von den Versicherungsanstalten 2c. anerkannt, 7167 Altersrentenansprüche und 12172 Invalidenrenten⸗ ansprüche zurückgewiesen worden.
An Alters- und Invalidenrenten bezogen im Jahre 1894 rund 296 000 Personen zusammen 34,4 Millionen Mark. Die seit dem 1. Januar 1891 festgesetzten Renten repräsentieren ein Deckungskapital von rund 15777 Millionen Mark un) mit Einschluß der Einlagen in den Reservefonds ein Kapital von rund 185,2 Millionen Mark.
Die Einnahmen aus Beiträgen ergaben nach Abzug der Verwaltungskosten: . .
1891 rund 85,2 Millionen Mark, 1899 , 84,0 ö. . 1893 „ 356, y y J 5 . zusammen T J Millionen Mark.
Ohne Berücksichtigung der Zinsen ist demnach zur Deckung
der bereits im Jahre 1895 wirksam werdenden Beitrags⸗ erstattungen und der allmählich höher werdenden Invaliden⸗ renten ein Kapital von rund 152,7 Millionen Mark verblieben.
Beschwerden gegen Strafverfügungen der. Vorstände der Versicherungsanstalten waren 1244 zu bearbeiten, von denen M4 erledigt wurden. Statutenänderungen wurden für 6 Ver⸗ sicherungsanstalten genehmigt. .
Vom Rechnungsbureau waren einschließlich der aus dem Vorjahr übernommenen 6608 Rentenvertheilungsanträge S0 8I3 derartige Anträge zu bearbeiten. Von diesen wurden 73 900 erledigt. Gegen diese. Rentenvertheilungen wurde beim Reiche⸗Versicherungsamt in 361 Fällen Einspruch er⸗ oben. Diese Einsprüche wurden — einschließlich der im . 1893 unerledigten 4 Fälle — bis auf 92 Fälle erledigt.
98 den „Amtlichen Nachrichten des Reichs-Versicherungs⸗ amts“ wurden aus dem Gebiet der Unfallversicherung 68 Rekursentscheidungen und Verwaltungsbescheide, aus dem
Gebiet der Invaliditaͤts- und Altersversicherung 8 Revisions—
entscheidungen und Verwaltungsbescheide veröffentlicht.
Die Gesammtzahl der bearbeiteten Rekurse, Revisionen und Beschwerden beirug, abgesehen von den Arbeiten des Rechnungsbureaus, 2. 153, von denen 6543 unerledigt in das Jahr 1895 hinübergingen.
Dem diesjährigen Geschäftsbericht ist im Anhang eine Uebersicht über die zehnjährige Geschäftsthätig— keit des Reichs-Versicherungsamts beigefügt.
Hiernach sind in den Jahren 1885 bis 1894 zusammen A 2B Rekurse gegen Urtheile der aueschließlich vom Reichs— Versicherungsamt ressortierenden Schiedsgerichte anhängig ge— worden.
Ueber die Aufnahme oder Ablehnung der Aufnahme von Betrieben in die Genossenschaftskataster war in den 10 Zahren in 23 394 Fällen zu verhandeln.
Gefahrentarif⸗ Umlage⸗, Prämien- und Abschätzungs⸗ beschwerden wurden S562 behandelt, hiervon wurden 3634 be—⸗ rüͤckfichtigt, 4062 abgewiesen und 48 an Landes-⸗Versicherungs⸗ ämter abgegeben, zusammen also 7744 erledigt. Beschwerden gegen Sirafverfügungen der Berufsgenossenschaftsvorstände gingen von 1885 bis 1894 zusammen 19173, sonstige Be⸗ schwerden aller Art zusammen 11 585 ein; von den Straf⸗ beschwerden wurden 18473, von den übrigen Beschwerden 11239 erledigt.
An Enischädigungsbeträgen sind seitens der Berufs—⸗ genoffenschaften und Ausführungsbehörden in dem genannten Jeitraum 193 535 000 M gezahlt worden; in die e e n ind 102 501 000 M eingelegt. Die Bestände der bis zum Schluß des Jahres 1894 angesammelten Reservefonds betrugen 114990 000 M
Die Zahl der Unfälle, für welche in den Jahren 1885 bis 1394 Entschädigungen festgestellt worden sind, betrug 362 074 hiervon waren Unfälle mit tödtlichem Ausgang 46141, Unfälle mit dauernder, völliger Erwerbsunfähigkeit 23277, mit dauernd theilweiser Erwerbsunfähigkeit 198 089 und mit vorübergehenser Erwerbsunfähigkeit 94 567.
Die Anzahl sämmtlicher zur Anmeldung gelangten Un— fälle betrug 1724 320.
Seit dem Bestehen der Invaliditäts- und Altersversiche⸗ rung (1891) wurden zusammen 11 225 Revisionen beim Reichs⸗Versicherungsamt anhängig; erledigt wurden durch
Urtheil nach mündlicher Verhandlung 8118, auf andere Weise Voß, insgesammt mithin 10 324 Revisionen.
Bei den auf Grund des Invaliditäts- und Alterswver⸗ sicherungsgesetzes errichteten Schiedsgerichten wurden 65 403 Be⸗
ru m anhängig. R Reflenvertheilungs-Anträge waren von 1891 bis 1894 zusammen 310 046 vom Rechnungsbureau zu bearbeiten; in ß Fällen wurde gegen diese Vertheilung Einspruch beim Reichs⸗Versicherungsamt erhoben. .
Die Gesammtzahl der in den Jahren 1885 bis 1894 beziehungsweise 1891 bis 1894 bearbeiteten Rekurse, Revisionen und Beschwerden betrug lvon den Arbeiten des Rechnungs⸗ i f abgesehen) 168 395, von denen 101 852 erledigt wurden.
Der Bevollmächtigte zum Bundesrath Herzoglich sachsen⸗ altenburgische Staats⸗Minister von Helldorff ist hier an⸗ gekommen.
Nach telegraphischen Meldungen an, das Ober ⸗Kom⸗ mando der Marine ist S. M. S. „Iltis“, Kommandant Kapitän⸗-Lieutenant Ingenohl, am 20, Februar von Chin⸗ kiang nach Nanking in See gegangen. S. M. S. „Ste in* Kommandant Kapitän zur See von Wietersheim, ist am 19. Februar in Gibraltat angekommen und wird am 21. d. M die Reise nach Dartmouth fortsetzen.
Bonn, 21. Februar. Ihre Königlichen Hoheiten der Prinz und die Prinzessin Heinrich sind, wie W. T. B.“ meldet, heute zu einem mehrtägigen Besuche bei Seiner Durch⸗ laucht dem Prinzen und Ihrer Königlichen Hoheit der Prinzessin Adolf zu Schaum burg⸗Lippe hier ein⸗ getroffen.
Württemberg.
Die Eröffnung der Stände versammlung Lurch Seine Majestät den König hat gestern in feierlicher Weise statt⸗ gefunden. Vorher war in der Schloßkirche für die evange⸗ sischen Mitglieder ein Gottesdienst n , worden, dem Ihre Majestäten der König und die König in, sowie Ihre Königlichen Hoheiten die Prinzessin Katharina und die Prinzessin Pauline beiwohnten. und in der St. Eberhardskirche ein solcher fur die katholischen Mitglieder, Um 11 Uhr er⸗ schien Seine Majestät der König im Ständehause, worauf die Beeidigung der neuen Mitglieder auf die Verfassung er⸗ folgte. Die beiden sozialdemokratischen Abgeordneten fehlten
bei diesem Akt. ; . lerauf verlas Seine Majestät folgende Thronrede;
Rebe Getreue! Ich habe Sie heute zur Aufnahme Ihrer Thätig⸗ keit um Mich verfammelt und heiße Sie freundlich willkommen. Unter den Vorlagen, welche Ihrer Beschlußfassung werden unterbreitet werden, tritt die Feststellung des Staatshaushalts für die beiden nächsten Jahre in den Vordergrund. Trotz Einhaltung der umsichtigsten Sparsamkeit zeigt der Abschluß der Voranschläge für die neu be⸗ ginnende Finanzperiode vorläufig einen größeren Fehlbetrag, beranlaßt hauptfächlich durch die steigenden Ausgaben fuͤr die Verzinsung und Tilgung der Staatsschuld und durch, die erhöhten Leiftungen für das Reich. Vorschläge wegen Ausgleichung diefes Fehlbetrags bleiben vorbehalten. Zunächst ist der Erfolg der fortgesetzten Bemühungen der verbündeten Regierungen abzuwarten, für eine mäßige Vermehrung der eigenen Einnahmen des Reichs die Zustimmung des Reichstags zu erlangen, und damit die Herstellung des Gleichgewichts zwischen Ausgaben und Einnahmen in den Landes⸗ Etats zu erleichtern. Zu eingreifenden Reformarbeiten auf dem Ge⸗ biete unseres Finanzwesens wird Ihre Mitwirkung in Anspruch genommen werden. Insbesondere wird Ihnen ein Gesetz— entwurf zugehen, der zum Ziele hat di Einführung einer allge⸗ meinen progressiwen Einkommensteuer mit Freilassung der kleineren Einkommen und mit Gestattung des Schuldzinsenabzugs bei den größeren. Im Zusammenhang hiermit bezwecken weitere Entwürfe die Umgestaltung der Grund⸗, Gebäude⸗ und Gewerbesteuer, sowie der Kapitalsteuer in dem Sinne, daß diese Steuern fortan mit er⸗ maͤßigten Sätzen ausschließlich das fundierte Einkommen treffen. Die bisherige Steuer vom Dienst⸗ und Berufseinkommen soll in der all⸗ gemeinen Einkommensteuer aufgehen, der Gewerbebetrieb im Umher⸗ ziehen aber einer besonderen Besteuerung unterliegen. Mit der ge⸗ planten Reform wird, wie Ich hoffe, eine gleichmäßigere, ge⸗ rechtere Veranlagung der direkten Steuern und die erwünschte Entlastung der niedrigeren Einkommen sowie der kleineren landwirthfchaftlichen und gewerblichen Betriebe erreicht wer— den. An die Regelung der direkten Staatesteuern wird sich die umfassende Neuordnung des Steuerwesens bei den Gemeinden und ÄUmtskörperschaften unmittelbar anschließen können. Im Bereich des Verkehrswesens ist für die Beschaffung der Mittel zur Fortsetzung und Vollendung der bereits beschlossenen Eisenbahnbauten, sowie zur Her— stellung weiterer Familienwohnungen für Unterbedienstete der Verkehrs— anstalten in Stuttgart Vorsorge zu treffen. Mit dem Bau neuer Nebenbahnen von vorwiegend lokaler Bedeutung soll fortgefahren werden. In Rücksicht auf die allgemeine Finanzlage wird indessen zunächst nur die Ausführung einer Eisenbahn von Lauffen g. N. nach Güglingen nochmals Ihrer Zustimmung zu unterstellen und der Bau einer Bahn von Schussenried nach Buchau in Vorschlag zu bringen sein. Auch die im Betrieb befindlichen Bahnen bedürfen mehrfacher Verbesserungen und Ergänzungen. Der im vorigen Jahre nicht mehr zur Verabschiedung gelangte Gesetzesentwurf wegen Äbänderung einiger Bestimmungen der Volksichulgesetze wird unter Berücksichtigung der ständischen Verhandlungen Ihrer Berathung sofert wieder unterstellt werden. Zwei Gesetzesentwürfe, welche bestimmt sind, für die von der evangelischen Landessynode beschlossenen kirchlichen Verfassungsgesetze soweit erforderlich die staatliche Genehmigung herbeizuführen, werden gleichfalls an Sie ge— langen. Der in der letzten Landtagsperiode unternommene Versuch einer Abänderung der Verfassung hinsichtlich, der Zusammensetzung der Ständeversammlung ist ohne Erfolg geblieben. Das weitere Vorgehen Meiner Regierung in dieser wichtigen Frage ift bedingt durch die Klärung der in Ihrer Mitte bestehenden An⸗ schauungen darüber, was als erreichbares Ziel in das Auge gefaßt werden kann. Ein Gesetzesentwurf wegen Wiedereinführung der Wahl⸗ kuverte bei den Landtagswahlen ist vorbereitet. Seine Einbringung
bleibt bis zum Abschluß der zur Zeit schwebenden Verhandlungen.
über die Abänderung des Verfahrens bei den Reichstagswahlen ausgesetzt. Auf, dem Gebiete der Gemeindeverwaltung ist eine Vorlage beabsichtigt, durch welche zunächst für die größeren Städte des Landes die periodische Wahl der DOrtevorsteher unter Uebertragung des Wahlrechts auf die bürgerlichen Kollegien ein⸗ geführt werden soll. In den kleinen Gemeinden erscheint die geplante Aufhebung der Lebenslänglichkeit des Ortsvorsteheramts — und zwar hier unter Beibehaltung der unmittelbaren Wahl durch die Gemeinde⸗ bürger — erst dann möglich, wenn anläßlich der Einführung des Bürgerlichen Gesetzbuchs für das Deutsche Reich die Stellung der Hilfebeamten der Gemeinden neu geregelt und eine theilweise Ent- lastung der Ortsvorsteher von den bisherigen Geschäften bewirkt sein wird. Die wirthschaftlichen Verhältnisse des Landes sind zu Meinem lebhaften Bedauern keine günstigen. Namentlich ist über die Landwirthschaft durch den ungewöhnlich niedrigen
Stand der Getreidepreise eine schwere msuchung herein. . Diefe beklagenswerthe Nothlage thunli zn linden, zecht die ernste, unausgesetzte Sorge Meiner Regierung. Durch Grigenz zur Förderung der Hagelhersicherung soll den Landwirthen die gewünschte Erleichterung und Verbilligung der Versicherung ihre Feldfrüchte verschafft und auf die Verallgemeinerung der Hagel. dersicherung hingewirkt werden. Weitere Exigenzen sind auf die Förderung des Feldbereinigungswesens und die Rebung der Viehꝛucht ins besondere auch der . gerichtet. Durch die ferner vor. gesehene Gewährung erheblicher staatlicher Zuschüsse zu den Kosten der militärischen Einquartierung wird. auch der Land. wirthschaft treibenden Bevölkerung eine fühlbare Erleichterunj erwachfen. Der Entwurf eines Gesetzes über die Benützung der öffentlichen Gewässer, der sich die umfaͤssende öffentlich⸗rechtliche Re, gelung der Wasserbenutzung und Wasserableitung sowohl für land. wirthfchaftliche als für gewerbliche, bygienische und Wasserversorgunge—⸗ zwecke zur Aufgabe gesetzt hat, wird Ihnen in der nächsten Zeit unter, breitet werden. Auf dem gewerblichen und sozialen Gebiet sind der Landesgesetzgebung enge Grenzen gejogen. Innerhalb dieser Grenzen aber bleibt 6 eifrige Bestreben Meiner Regierung auf die Förderung der Gewerbe und die Verbesserung der Lage der gewerblichen Arbeiter fort. dauernd gerichtet. Ein Gesetzesentwurf über die Vertretung dez Kleingewerbes ist in der Ausarbeitung begriffen und wird Ihnen porgekegt werden, falls nicht vorher eine Ordnung im Wege der Reichsgesetzgebung erfolgt. Alle zur Hebung der wirthschaftlichen Lage des Landes vorgesehenen Maßnahmen der Gesetzgebung und Verwal— tung versprechen aber einen nachhaltigen Erfolg nur dann, wenn sie unterstützt werden von der eigenen Arbeit und dem ernsten Fleiß der betheiligten Kreise. Möge Gottes Segen Meinem Land und Volk nie fehlen, möge er auch auf den Arbeiten ruhen, zu welchen Sie jetzt als die berufenen Vertreter des Landes sich vereinigen! Ich erkläre den Landtag für eröffnet.
Seine Majestät verließ darauf unter den , . der Versammlung, huldreich dankend, den Saal und kehrte nach dem Residenzschloß zurück.
Der „Staats-Anzeiger für Württemberg. veröffentlicht den Vortrag des Finanz-Ministers Dr. von Riecke an die Ständeversammlung, betreffend den Haupt⸗-Finanz⸗Etat pro 1895597. Danach beträgt der Ausgaben⸗Voranschlag pro 1895/96 72 857 385 S, pro 1896/97 73 377 201 c Die Einnahmen sind veranschlagt pro 1895,96 auf 70 057 385 S, pro 1896/97 70 554450 ½, sodaß sich ein Fehlbetrag pro 189596 von 2 800 000 und pro 189697 von 3 023751 M ergiebt, welcher unter dem ausdrücklichen Vorbehalt einer späteren Deckung aus Steuermitteln vorläufig durch Anleihe gedeckt werden soll. Zu diesem Vorgehen sieht sich die Regierung mit Rücksicht darauf veranlaßt, daß Durch anderweite Besteüerung des Tabacks im Reich eine Mehr— einnahme von 35 Millionen erzielt werden soll, wovon auf Wuͤrttemberg 1 440 000 6 per Jahr entfielen. Der Minister hebt die Schwierigkeit der Lage hervor, die durch die Schwankungen im Verhältniß der Matrikularbeiträge und der Ueberweisungen hervorgerufen werden, und wünscht dringend eine Verständigung der verbündeten Regierungen mit dem Reichstag über eine festere Regelung des Verhältnisses der Finanzen des Reichs und der Einzelstaaten, Die Landesgesetz gebung werde sich mit einer Umgestaltung der direkten Steuern zu befassen haben, wodurch letztere der Leistungs⸗ fähigkeit der Steuerpflichtigen besser angepaßt werden können. Der vorliegende Staatshaushalt gebe zwar zu wirklichen Be— sorgnissen wegen der Finanzen keinen Anlaß, es gehe aber daraus unzweifelhaft hervor, daß der Augenblick gekommen sej die Reformen des Steuer- und Finanzwesens allen Ernstes h Angriff zu nehmen.
Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin Auguste von Sachsen-Weimar ist an Influenza erkrankt. Das gestern ausgegebene Bulletin lautet:
Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin von Sachsen⸗Weimar ist seit acht Tagen an einem heftigen Influenza⸗Anfall erkrankt. Der bisherige Verlauf des fieberhaften Bronchialkatarrhs ist nicht un— befriedigend. Der Kräftezustand läßt zu wünschen übrig.
Medizinal⸗Rath Dr. F. Gußmann.
Braunschweig.
Seine Königliche Hoheit der Prinz Albrecht von Preußen, Regent des Herzogthums Braunschweig, hat sich gestern Nachmittag nach Berlin begeben.
Wegen des erfolgten Ablebens des Erzherzogs Albrecht von Oesterreich hat der Herzogliche Hof auf acht Tage Trauer
angelegt. Elsaß⸗Lothringen.
Der Landesaussch uß hat in seiner vorgestrigen Sitzung die Etats der Verwaltung für Handel und Gewerbe, der Tabackmanufaktur und der Verwaltung der Zölle, indirelten Steuern und des Enregistrements in zweiter Lesung erledigt.
Oesterreich⸗Ungarn.
Der Kaiser hat dem Präsidenten der Französischen Republik Faure auf dessen gestern mitgetheiltes Telegramm, die nachstehende Antwort zugehen lassen:
„Nehmen Sie meinen aufrichtigsten Dank entgegen für den Aud druck berzlicher Theil nahme anläßlich des schmerzlichen Ereignisses, dat meine Familie betroffen hat. Seien Sie überzeugt, daß dieses neue Zeichen der Sympathie mich tief gerührt hat.“
Aus Arco wird gemeldet: Das Publikum wird heute zur Besichtigung der Leiche des Erzherzogs Albrecht, die nach vollendeter Einbalsamierung, mit der Feldmarschalls⸗ Uniform bekleidet, in der Erzherzoglichen Villa aufgebahrt worden ist, zugelassen werden. Die Ueberführung der Leiche nach Wien erfolgt am Sonnabend, die Ankunft da⸗ selbst am Sonntag Abend. Die Beisetzung soll am Dienstag stattfinden. Wie es heißt, wird der Kaiser an der Spitze des Zuges dem Sarge von der Hofturg bis zur Kapuzinerkirche zu 55 folgen. — Alle österreichischen und aus ländischen Regimenter, deren Inhaber der Erzherzog Albrecht war, entsenden Deputationen zu den Beisetzungsfeierlichkeiten,
Der „Pesser Lloyd“ schreibt: Der Ärmeebefeh Seiner Wäjestät des Deutschen Kaifers bezüglich des Ablebens des Erzherzogs Albrecht ist ein neues werth⸗ volles Dokument nicht nur der innigen Freundschat zwischen den Souveränen und des Gefühls der 3 fammengehörigkeit der beiden Heere, sondern 1m bes Slidaritätsbewußtseins der Völker Deutschlands un Desterreich Ungarns, die längst aus ganzem Herzen ; Bündniß der Monarchen ratifiziert haben. Der Anlaß, welche die Kundgebung des Kaifers Wilhelm hervorgerufen hat,? ein trauriger, aber die öffentliche Meinung unserer Mangt⸗ wird für den' Verlust des erlauchten Feldmarschalls doch e. aus der erneuten Ueberzeugung schöpfen, daß die gen alli Friedensmacht, welche Deutschland und Desterreich⸗ Unga zusammen bilden, unerschütterlich fest begründet ist.
In der gestrigen Sitzung des öst erreichischen Herren⸗ aufes widmete der Präsident Graf Trauttmansdorff verstorbenen Erzherzog Albrecht einen warm ndenen Nachruf, den die Mitglieder stehend anhörten. Präsident wurde ermächtigt, dem Kaiser das Beileid des a zur 2 zu bringen. Hierauf wurde die Sitzung lossen. — zescl g Budgetausschuß des Ab geordnetenhauses er⸗ ledigie gestern in Abwesenheit wit der Minister Fürst zu Win d isch⸗ rätz, Marquis Bacqu eh em und Dr. von Plener die Cr lil: Taback, Salz, Hofstaat, Kabinetskanzlei, Reichsrath und Reichsgericht. Bel dem Titel ‚Dispositionsfonds“ erklärte der Minister-Präfident Fürst zu Windischgrätz, die Er⸗ höhung dieser Post von 50 009 Fl. auf 100 090 Fl. hänge mit der Erhöhung des ganzen Budgeterfordernisses um das Doppelte zusammen. Der Zweck des Dispositionsfonds sei die Staͤrkung, Vertiefung und Kräftigung des österreichischen
Staatsgedankens und die Pflege des österreichischen Selbst⸗
hewußtfeins in der Presse, welcher Gedanke in einem großen Theile der Publizistik hochgehalten werde. Gegenüber den sungczechischen Rednern betonte der Minister-Präsident: es sei . ernste Absicht, die Wahlreform zu einem gedeihlichen Refultat zu führen, und er bitte, das Programm der Wahlreform seinem ganzen Inhalt nach ins Auge zu fassen und mit dem Vorwurf der Lässigkeit sparsamer zu sein. Gegenüber dem Vorwurf, daß in der Legislative kein Fort⸗ schritt zu verzeichnen sei, wies der Minister⸗Präsident auf die Haltung der Opposition hin, welche den Fortgang der legislativen Arbeiten in vielfacher Weise beeinträchtige, eine Reform der Steuern und des Justizwesens nicht wolle, sondern als wichtigste Arbeit die Wahlreform betrachte. Auf die Be⸗ i n, die letzte Session des Landtags habe nur eine
erschärfung der nationalen Gegensätze gezeigt, konsta— tierte der Minister-⸗Präsident, daß die Verhandlungen und Be⸗ schlüsse einiger Landtage eine Milderung der nationalen Gegen⸗ sätze wahrnehmen ließen, inshesondere die. Verhandlungen des maäͤhrischen Landtags. Der Minister⸗Präsident wies ferner die Bemerkung eines jungczechischen Redners zurück, die Bildung der jetzigen Majorität sei eine Revolte gegen die mit Zustim— mung der Krone von der früheren Regierung, ein— gebrachte Vorlage, und verwahrte sich nachdrücklichst gegen eine Einbeziehung der Krone, da die Verant⸗ wortung für die Vorlage ausschließlich die Regierung zu tragen habe. Auf die Frage des Ausnahmezustandes über⸗ ehen. erklärte Fürst Windischgrätz: Ebenso wie die Regierung
ich nicht leichtfertig entschlossen habe, den Ausnahmezustand zu.
verhängen, so werde sie auch den Zeitpunkt der Aufhebung desfelben nicht leichtfertig hinausschieben. Die Regierung wünsche sehnsüchtigst gedeihlichere und bessere Verhältnisse in Böhmen; die Besserung hänge aber von allseitigem guten Willen und kooperativem Züsammenwirken aller Fak— toren ab. Der Regierung fehle es, wie der Minister auf das bestimmteste erklärte, nicht an gutem Willen; sie werde überall auf der Basis der bestehenden Gesetze nach bestem Wissen und Gewissen darnach trachten, ihrer schweren Aufgabe gerecht zu werden. — Schließlich wurde der Dispositionsfonds mit vier⸗ en gegen fünf Stimmen angenommen. Die übrigen Titel es Kapitels „Ministerrath“ wurden genehmigt.
Wie das „Vaterland“ meldet, beschloß der Hohen wart— klub einstimmig, für die Budgetforderung für das slove— nische Gymnasium in Cilli einzutreten.
In der gestrigen Sitzung des ungarischen Unter— hauses besprach der Minister des Innern Perczel den Nothstand im Alföld und erklärte, es sei erwiesen, daß der Nothstand nicht durch von fern hergeholte Ur⸗ sachen, sondern lediglich infolge der Dürre, des letzin. Jahres entstanden sei. Die drei. Haupt⸗ produkte jener Orte: Mais, Rüben und Kartoffeln seien mißrathen, die Regierung habe eine Hilfsmaßnahme verfügt, doch sei Vorsicht geboten, um unter dem Volke nicht den Glauben aufkommen zu lassen, ber Staat müsse den, der nicht arbeite, erhalten. In letzter Zeit habe in der dortigen Be⸗ völkerung die Tendenz die Oberhand gewonnen, als hätten die Arbeiter, die unter besseren Zeitumständen 2 Gulden und darüber Tagelohn verdienten, berechtigten Grund, den gegenwärtigen Tage⸗ lohn von 80 Kr. zu verwerfen. Der Minsster versicherte, daß zur Pflege der Rübenfelder gerade in jenen nothleidenden Drten 2700 Tagelöhner aus Nordungarn hätten bestellt werden müssen, weil einheimische Arbeiter sich nicht eingefunden hätten. Sie glaubten, sie müßten solche Tagelöhne wie bei dringenden Wasserschutzarbeiten erhalten. Darauf wurde der Antrag des Abg. von Endrey, wonach die Diäten für einen Tag, den Nothleidenden im Alföld gewidmet werden sollen, einstimmig mit dem Zusatzantrag des Abg. Uranyi an⸗ enommen, die Summe unter die Pothleidenden des ganzen
andes proportionell zu vertheilen. Der Minister des Innern Perczel und der Minister-Präsident Baron Banffy waren für die Anträge eingetreten.
Großbritannien und Irland.
„Die Abreise der Königin nach der Riviera ist der Allg. Korresp.“ zufolge auf den 12. März festgesetzt, Von Portsmouth wird die Königin sich am 13, n. M. früh auf der Königlichen Jacht „Victoria and Albert“ nach Cherbourg und von dort direkt nach Nizza begeben, wo die Ankunft am 15. n. M. erfolgt.
Das Befinden des Prinzen von Wales hat sich ge⸗ bessert; der Prinz machte gestern einen Ausgang.
Frankreich.
Der Ministerrath hat dem W. T. B.“ zufolge in seiner gestrigen Sitzung beschlossen, daß, wenn der Deutsche Reichs fag Prämien für die Ausfuhr von Zucker bewilligen würde, die französische Regierung unverzüglich Maßregeln er⸗ greifen müsse, um die Wirkung dieser Prämien auf den fran⸗ zösischen Markt aufzuhehen.
Gestern Abend empfing der Minister-Präsident Ribot die parlamentarischen Vertreter der Zuckerindustriegegenden, die eine Erhöhung der Zuschlagstaxe auf raffinierten Fucker auf 18 Fr. und auf Rohzucker auf. 11 Fr. Per ö ftr Zentner verlangten. Der Minister-Präsident machte ie Mittheilung, daß eine derartige Erhöhung bereits in dem gestrigen Ministerrath beantragt worden sei.
n Der General Négrier ist beauftragt worden, eine ntersuchung über den Gesundheitszustand der arnison in Dijon einzuleiten.
Der dem Generalstab der Marine attachierte Lieutenant
89 See Grancey ist für den Posten des Marine⸗Attachès ei der französischen Botschaft in Berlin ausersehen worden.
Rußland.
Der bisherige d, , in Wien Fürst Lobanow ist gestern von St. . urg nach Wien abgereist.
Die „Russische Telegraphen-Agentur“ meldet: Nach Mit⸗ theilungen von durchaus kompetenter Seite ist die Nach⸗ richt auswärtiger Blätter über eine angebliche Mediation Rußlands und Englands zwischen China und Japan unrichtig. Die Vertreter der genannten Mächte hatten bis jetzt kein Bedürfniß, ihre Vermittlung an⸗ zubieten, weil Japan sich niemals geweigert hat, in 6. ens⸗ verhandlungen einzutreten, und der erste chinesische elegirte, der mit vollgültigen Vollmachten ausgerüstet ist, sich eben erst vorbereitet zu unterhandeln. Außerdem hat Japan von An⸗ beginn des Kriegs an und his auf den heutigen Tag mit der größten Willfährigkeit die Rathschläge der Gesandten Ruß— lands und Englands en nnn. welche gemeinsam, und von den Vertretern aller anderen Mächte unterstützt, Mäßigung empfehlen. Noch ganz, neuerdings erklärte die japanische Regierung den fremden Gesandten, daß Japan, von versöhnlicher Gesinnung beseelt, bereit sei, den Vormarsch seiner Armeen auf dem chinesischen Gebiet aufzuhalten und die Friedensvorschläge Chinas zu erwarten. Dies ist die Lage im gegenwärtigen Augenblick, doch halten es die maßgebenden Kreise nicht für ausgeschlossen, daß dieselbe sich erheblich und rasch ändern kann.
Spanien.
Nach einer Meldung des „W. T. B.“ aus Madrid bilde die Abgrenzung der neutralen Zone bei Melilla die einzige bei den Verhandlungen mit der marokkanischen Gesandtschaft noch vorliegende Schwierigkeit.
In der Kammer erklärte sich gestern die Regierung mit der Vornahme einer parlamentarischen Untersuchung über die Marineausgaben einverstanden.
Belgien.
Das „Journal de Bruxelles“ meldet auf Grund ihm von kompetentester Seite zugegangener Mittheilungen, daß die britische Regierung keinerlei Einwand gegen eine eventuelle Annexion des Congostaates durch Belgien erhoben habe.
Rumänien.
In der vorgestrigen Sitzung des Senats lsiehe die gestrige Nr. d. Bl.) erklärte der Minister des Auswärtigen Lahovary weiter, angesichts der Agitation der Opposition über das Berggesetz, halte er sich für verpflichtet zu erklären, daß die Regierung die Verantwortlichkeit für das Gesetz über⸗ nehme, das als das Werk der ganzen konservativen Partei an⸗ zusehen sei.
Schweden und Norwegen.
Aus Christiania meldet ‚W. T. B.“, der Verein der Linken habe Steen, Sivert Nielsen und Lövland zu Vertretern gewählt, um mit den andern Parteien über die Lage zu verhandeln, und letztere aufgefordert, auch ihrerseits Delegirte zu ernennen. Eine Versammlung der Moderaten sei gestern Abend abgehalten worden, ohne daß ein Beschluß gefaßt worden sei. Das Ergebniß einer Versammlung der Rechten sei noch unbekannt.
Amerika.
Die oppositionellen Partejen des Senats be⸗ schlossen gestern, ein Votum über die Resolution Walcott zuzulassen, welche erklärt, der Senat sei der Ansicht, daß das Wohlbefinden der Vereinigten Staaten ein Gesetz über die freie Silberprägung im Verhältniß von 16 zu 1 verlange; aber angesichts der Wichtigkeit der dem Kongreß gegenwärtig vorliegenden Ausgabenentwürfe sei der Senat der Meinung, daß ein derartiges Gesetz während der gegenwärtigen Session nicht berathen werden dürfe. Entsprechend diesem Beschlusse, wird der Antrag Jones auf unbeschränkte freie Silberprägung zuruͤckgezogen werden.
Zum Mayor von , n,, wurde gestern der Republikaner Warwick mit 55 000 Stimmen Mehrheit ge⸗ wählt, trotzdem der erbitterte 6 unter den republikanischen Parteigruppen die Stimmenzahl der Republikaner vermindert hatte. Von republikanischer Seite wird der Wahl insofern weitergehendes Interesse beigemessen, als sie den Sturz des bisherigen Regimes bedeute.
Asien.
Der bei dem japanischen Landtag beantragte neue Kredit beträgt nicht, wie gestern gemeldet worden ist, 10 Millionen, sondern 100 Millionen Yen. Falls derselbe vom Landtag bewilligt wird, belaufen sich damit die gesammten bisherigen Kriegsauslagen auf 250 Millionen Yen.
Eine amtliche, in Hiroshima eingetroffene Depesche meldet: Die gesammte japanische Flotte sei Sonntag in den Hafen von Wei⸗Hai⸗Wei eingelaufen. Die Forts, alle Torpedolager, zehn chinesische Kriegsschiffe und die gesammte Garnison * den Japanern übergeben worden. Das chinesische Schiff „Kuangtschi“ sei, nachdem es abgerüstet worden, den Chinesen zum Transport der Leiche des Admirals Ting nach Chefoo übergeben worden.
Eine weitere amtliche Depesche meldet, die Chinesen hätten am 17. d. M. einen Angriff auf Kumotscheng in der Mandschurei gemacht, seien aber mit Hinterlassung von 30 Todten zurückgeschlagen worden. Die Japaner hätten keine Verluste gehabt. Nach Aussage Gefangener sei eine Truppe von 3000 Fußsoldaten und 190 Reitern mit acht Geschützen unter dem Oberbefehl des Generals Schiung von Liaujang zum Angriff auf Kumotscheng abgeschickt worden; den Angriff am 17. d. habe die aus 1090 Mann Infanterie und 36 Reitern bestehende Vorhut ausgeführt.
Aus Haitscheng vom 17. d. ist folgende Depesche des Generals der Kavallerie Katsura eingegangen: Die Stellung des Feindes bei Niutschuang sei unverändert; die feindlichen Truppen bei Ligujang begönnen vorzurücken.
Aus Tientsin wird berichtet, ein Kaiserlicher Befehl vom 19. d. M. gebe bekannt, daß Jaotai Kung und der General Yechihicao von dem Kriegsrathe zu Gefängniß bis zum Herbst verurtheilt worden seien; alsdann sollten sie wegen des Verlustes von Port Arthur hingerichtet werden.
Das Reuter'sche Bureau“ berichtet aus Hongkong, daß das Pulvermagazin eines Forts zu Takgo auf Formosa in die Luft geflogen sei. Dabei seien 2000 6) Menschen getödtet worden. — Infolge der unsicheren Lage auf Formosa verließen viele Kaufleute die Insel. Ein in Hongkong ein⸗ etroffenes Handelsschiff berichte, daß ein japanisches Ge— , in der Nähe von Formosa kreuze.
Afrika. Nach einer Meldung des W. T. B. aus Kairo dauern daselbst die Lg6n das Ministerium Nubar Pascha's ge⸗ richteten Bestrebungen fort. Ein von *r B e s hg und Gorst ausgearbeiteter und von dem Kabinet ange⸗ nommener Gesetzentwurf über die Verwaltung der Dörfer war dem i nen Rath vorgelegt worden. Letzterer ging sowohl auf diesen, wie auf einen von Sir John Scott bear⸗ beiteten Entwurf nicht ein und vertagte sich in ungesetzlicher Weise trotz der Dringlichkeit der vorgeschlagenen . Wegen der Fasten des Ramadan kann der gesetzgebende Rath vor April nicht wieder zusammentreten.
Wie die „Times“ aus Kairo von gestern meldet, nimmt die bedrohliche Lage in Alexandrien die allgemeine Auf⸗ merksamkeit in Anspruch. Das italienische Organ Messaggiero“ sowie das griechische Blatt Telegraphos / lenken die Aufmerksam⸗ keit auf eine unter den Eingeborenen verbreitete Prophezeiung, daß das diesjährige Ramadanfest durch ein großes Blut⸗ bad unter den Europäern gekennzeichnet sein werde, Einem Briefe eines seit langem in Alexandrien wohnenden Europäers zufolge wäre die Haltung der unteren Klassen gegen die Europäer, namentlich gegen die Soldaten und Seeleute, eine drohende und her⸗ ausfordernde. Das Eintreffen von zahlreichen Beduinen in der , Stadt bilde einen weiteren Grund zur Beunruhigung. Die Anzeichen erinnerten an diejenigen, welche dem Blutbade von 1882 ,, , seien. Die verantwortlichen Beamten seien der Ansicht, die Regierung müsse besondere Vollmachten haben, um den Angriffen gegen die Europäer summarisch begegnen zu können.
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Parlamentarische Nachrichten.
Der Schlußbericht über die gestrige Sitzung des Reichs⸗ tags befindet sich in der Zweiten, der Schlußbericht über die gestrige Sitzung des Hauses der Abgeordneten in der Ersten Beilage.
— In der heutigen (43) Sitzung des Reichs tags, welcher der Staatssekretär Graf von Posadowsky . wohnte, trat das Haus in die erste Berathung des Ta back⸗ steuergesetzes ein. Zur Begründung des En durß⸗ nahm das Wort der Staatssekretär des Reichs-Schatzamts Graf von Posadowsky.
(Schluß des Blattes.)
— In der heutigen (25 Sitzung des Hauses der Ab⸗ geordneten, welcher der Minister des Innern von Köller beiwohnte, wurde die zweite Berathung des Etats des Ministeriums des Innern beim Kapitel der landräth⸗ lichen Behörden fortgesetzt.
Abg. Sander (ul.) wünschte für die Kreissekretäre ein höheres Anfangsgehalt als 1800 4 und eine schnell steigende Gehaltszulage, besonders, da die Kreissekretäre gleich den Landräthen mit jedem Jahre mehr belastet würden.
Geheimer Ober⸗Regierungs-Rath Lindig erwiderte, daß bisher keine Beschwerden von seiten der Kreissekretäre laut geworden seien. Sie seien im großen und ganzen nicht schlechter als die Regierungs⸗ Sekretäre gestellt. .
Beim Kapitel des Polizei-Präsidiums von Berlin nahm das Wort
Abg. Graf Douglas (fk): Im Hinblick auf, die immer—⸗ mehr zunehmenden Infektionskrankheiten halte ich es für angebracht, auf die Polizeiverordnung in Meran hinzuweisen, welche den Damen das Schleppentragen auf den Promenaden verbietet. Durch das Aufwirbeln von Staub auf den Straßen werden viele Infektionskeime in die Lungen der Passanten getrieben. Wenn man die öffentliche Meinung wachrufen und durch die Presse den Damen die Ueberzeugung verschaffen würde, daß durch diese Unsitte nach der Ansicht aller Autoritäten häufig sehr schwere Krankheiten verursacht werden, so wird sicher die Gewissenhaftigkeit den Sieg über die Tyrannei, der Mode und der Fitel⸗ keit davontragen. Zur Verbreitung der Infektionskrankheiten trägt auch die enorme Zunahme des Verkehrs bei. Die Decken auf den Fußböden der öffentlichen Fuhrwerke Berlins be— herbergen sicher eine große Zahl von Bakterien. Es würde sich empfehlen, die Fußböden mit Ausnahme der kalten Jahreszeit mit einer abwaschbaren Decke zu belegen. Die Kosten würden gering, der Nutzen aber bedeutend sein. Außerdem wäre es erwünscht, wenn die Poltzeiaufsicht über die Waisen⸗ und Haltekinder sich auf länger als vier Jahre erstrecken würde.
Abg. Dr. Langerhans (fr. Volksp.): Daß durch das Schleppen⸗ tragen auf den t n zugleich mit dem Staub viel Bakterien auf⸗ gewirbelt werden, läßt sich nicht leugnen; aber das ist nicht das wesentliche. Viel schlimmer ist es, daß mit den Schleppen der Straßen- schmutz und mit ihm viele Krankheitserreger in die Wohnungen getragen werden Es ist aber sehr , der Mode entgegenzutreten. Das Hauptmittel gegen Infektionskrankheiten ist vor allem Reinlichkeit. In dieser Be⸗ ziehung bin ich mit dem Vorschlage des Vorredners, abwaschbare Fuß= bodendecken in den öffetElturtbichen garen,, einzurichten, einverstanden. Aber das würde z. B für den Fall, daß ein Kranker befördert würde, nicht genügen. Die Desinfektion der Fuhrwerke hat sich bis jetzt immer noch am besten bewährt.
Abg. Grgf (nl,) wünschte, daß die Regierung durch die ihr zur Verfügung stehenden Organe im Interesse der Hygiene wirken möge.
Geheimer Ober Regierungs⸗Rath Lindig: Seitens des Ministeriums werden die beachtenswerthen Anregungen, welche die Debatte ergeben hat, thunlichst Berücksichtigung finden. Namentlich wird in Erwägung gezogen werden, ob die bestehenden polizeilichen Bestimmungen einer Ergänzung bedürfen.
Abg. Dr. Arendt (fr. kons.): In Berlin ist nur das Polizei Präsidium an das Telephonnetz angeschlossen, die einzelnen Polizei⸗ reviere aber nicht. Im Interesse des Dienstes wie im Interesse der gesammten Bevölkerung würde es sich wohl empfehlen, wenn auch die . telephonisch mit dem Polizei⸗Präsidium und den Fernsprech⸗ tellen im allgemeinen verbunden wären. Besonders bei Unglücks⸗ fällen würde sich diese telephonische Verbindung von Nutzen erweisen. Der Kostenpunkt ist nicht so groß, daß er den Vortheilen gegenüber ins Gewicht fallen kann.
Bei Schluß des Blattes nahm der Minister des Innern von Köller das Wort.
— Dem Reichs tag ist die allgemeine Rechnung über den Reichshaushalt für das Etatsjahr 1891/92 nebst den dazu gehörigen Spezialrechnungen, einem Vorbericht und den Be— merkungen des Rechnungshofes behufs der Entlastung zugegangen.
— Dem Hause der Abgeordneten ist der Entwurf eines Gesetzes zur Ausführung des preußisch-luxemburgischen Ver⸗ trages vom 5./15. November 1892, betreffend den Beitritt Luxemburgs zum Vertrage wegen Regelung der Lachs fischerei im Stromgebiete des Rheins vom 30. Juni 1885 und zur Regelung der Fischereiverhältnisse der unter der gemeinschaftlichen Hoheit beider Staaten stehenden Ge— wässer, zugegangen.