Der Unternehmer hat, wenn nicht ein Andereg ausdrücklich ver= einbart worden ist, für das Unterkommen seiner Arbeiter, insoweit dies von dem bauleitenden Beamten für erforderlich erachtet wird, selbst zu sorgen. Er muß für seine Arbeiter auf eigene ten an
den ihm angewiesenen Orten die nöthigen Abtritte herstellen, sowie * deren regelmäßige Reinigung, Desinfektion und demnachstige Be⸗
eitigung Sorge tragen. . — Für die Bewachung seiner Gerüste, Werkzeuge, Geräthe ꝛc. sowie einer auf der Baustelle lagernden Materialien Sorge zu tragen, ist
ediglich Sache des Unternehmers. Mitbenutzung von Rüstungen.
Die von dem Unternehmer hergestellten Rüstungen sind während ihres Bestehens auch anderen Baubandwerkern unentgeltlich zur Be⸗ nutzung zu überlassen. Aenderungen an den Rüstungen im Interesse der bequemeren Benutzung seitens der übrigen Bauhandwerker vor⸗ zunehmen, ist der Unternehmer nicht verpflichtet.
§1. Beobachtung polizeilicher Vorschriften. Haftung des Unternehmers für seine Angestellten re.
Für die Befolgung der für Bauausführungen bestehenden polizei⸗ lichen Vorschriften und der etwa besonders ergehenden polizeilichen An ˖ ordnungen ist der Unternehmer für den ganzen Umfang seiner vertrags= mäßigen Verpflichtungen verantwortlich. Kosten, welche ihm dadurch ee. sen, können der Staatskasse gegenüber nicht in Rechnung gestellt werden.
Der Unternehmer trägt insbesondere die Verantwortung für die gehörige Stärke und sonstige Tüchtigkeit der Rüstungen. Dieser Ver⸗ antwortung unbeschadet ist er aber auch verpflichtet, eine von dem bau⸗ leitenden Beamten angeordnete Ergänzung und Verstärkung der Rüstungen unverzüglich und auf eigene Kosten zu bewirken.
ür alle Ansprüche, die wegen einer ihm selbst oder seinen Be⸗ vollmächtigten, Gehilfen oder Arbeitern zur Last fallenden Vernach⸗ lässigung polizeilicher Vorschriften an die Verwaltung erhoben werden, hat der Unternehmer in jeder Hinsicht aufzukommen. ö.
Ueberhaupt haftet er in Ausführung des Vertrags für alle
=, seiner Bevollmächtigten, Gehilfen und Arbeiter persönlich.
r hat insbesondere jeden Schaden an Person oder Eigenthum zu vertreten, welcher durch ihn oder seine Organe Dritten oder der Staatskasse zugefügt wird.
Krankenversicherung der Arbeiter.
Der Unternehmer ist verpflichtet, in Gemäßheit des Gesetzes über die Krankenversicherung der Arbeiter vom 15. Juni 1883 (R. G.⸗B‚l. S. 73) die Versicherung der von ihm bei der Bauausführung be⸗ schäftigten Personen gegen Krankheit zu bewirken, soweit dieselben nicht bereits nachweislich Mitglieder einer den gesetzlichen Anforde⸗ rungen entsprechenden Krankenkasse sind. ‚.
Auf Verlangen der bauleitenden Behörde hat er gemäß § 70 des genannten Gesetzes gegen Bestellung ausreichender Sicherheit eine den Vorschriften dieses Gesetzes entsprechende Baukrankenkasse entweder 3 seine nicht bereits anderweitig versicherten versicherungspflichtigen
rbeiter und Angestellten allein, oder mit andern Unternehmern, welchen die Ausführung von Arbeiten auf eigene Rechnung übertragen wird, gemeinsam zu errichten. . .
Wird ihm diese Verpflichtung nicht auferlegt, errichtet jedoch die bauleitende Behörde selbst eine Baukrankenkasse, so hat er seine nicht bereits anderweitig versicherten versicherungspflichtigen Arbeiter und Angestellten in diese Kasse aufnehmen zu lassen und erkennt das Statut
elben in allen Bestimmungen als verbindlich an. Zu den Kosten der Rechnungs⸗ und Kassenführung der Baukrankenkasse hat er in diesem Falle auf Verlangen der bauleitenden Behörde einen von der⸗ selben festzusetzenden Beitrag zu leisten.
Unterläßt es der Unternehmer, die Krankenversicherung der von ibm beschäftigten versicherungspflichtigen Personen zu bewirken, so ist er verpflichtet, alle Aufwendungen zu erstatten, welche etwa der bau⸗ leitenden Behörde hinsichtlich der von ihm beschäftigten Personen durch Erfüllung der aus dem Reichsgesetze vom 15. Juni 1883 sich ergebenden Verpflichtungen erwachsen. . 2.
Etwaige, in diesem Falle von der Baukrankenkasse statutenmäßig — 2 Unterstützungen sind von dem Unternehmer gleichfalls zu ersetzen.
Der Unternehmer erklärt hiermit ausdrücklich die von ihm gestellte Kaution auch für die Erfüllung der sämmtlichen, vorstehend bezeich⸗ neten Verpflichtungen in Bezug auf die Arbeiter⸗Krankenversicherung haftbar. .
S IIa.
Haftpflicht des Unternebmers bei Eingriffen desselben in die Rechte Dritter.
Für Beschädigungen angrenzender Ländereien, insbesondere durch Entnahme, durch Auflagerung von Erd⸗ und anderen Materialien außerhalb der schriftlich dazu angewiesenen Flächen, oder durch unbe⸗ fugtes Betreten, ingleichen für die Folgen eigenmächtiger Versperrungen von Wegen und Wasserläufen haftet ausschließlich der Unternehmer, mögen diese Handlungen von ihm oder von seinem Bevollmächtigten, Gehilfen oder Arbeitern vorgenommen sein.
Für den Fall einer solchen widerrechtlichen und nach pflichtmäßiger Ueberjeugung der Verwaltung dem Unternehmer zur Last fallenden Beschädigung erklärt sich derselbe damit einverstanden, daß die bau⸗ leitende Beh rde auf Verlangen des Beschädigten durch einen nach Anhörung des Unternehmers von ihr zu wählenden Sachverständigen auf seine Kosten den Betrag des Schadens ermittelt und für seine Rechnung an den Beschädigten auszahlt, im Falle eines rechtlichen Zahlungshindernisses aber hinterlegt, sofern die Zahlung oder Hinter⸗ legung mit der Maßgabe erfolgt, daß dem Unternehmer die Rück forderung für den Fall vorbehalten bleibt, daß auf seine ö Klage dem Beschädigten der Ersatzanspruch ganz oder theilweise ab⸗ erkannt werden sollte. 5
Aufmessungen während des Baues und Abnahme.
Der bauleitende Beamte ist berechtigt, zu verlangen, daß über alle später nicht mehr nachzumessenden Arbeiten von den beiderseits zu bezeichnenden Beauftragten während der Ausführung gegenseitig an⸗ zuerkennende Notizen geführt werden, welche demnächst der Berechnung zu Grunde zu legen sind.
Von der Vollendung der Arbeiten oder Lieferungen hat der Unternehmer dem bauleitenden Beamten durch eingeschriebenen Brief Anzeige zu machen, worauf der Termin für die Abnahme mit thun lichster Beschleunigung anberaumt und dem Unternehmer schriftlich
egen ger, nein oder mittels eingeschriebenen Briefes be⸗ annt gegeben wird. J
Ueber die Abnahme wird in der Regel eine Verhandlung auf⸗ genommen; auf Verlangen des Unternehmers muß dies geschehen.
Die Verhandlung ist von dem Unternehmer bezw. dem für den⸗ selben etwa erschienenen Stellvertreter mit zu vollziehen.
Von der über die Abnahme aufgenommenen Verhandlung wird dem Unternebmer auf Verlangen beglaubigte Abschrift mitgetheilt.
Erscheint in dem zur Abnahme anberaumten Termin, gehöriger Benachrichtigung ungeachtet, weder der Unternehmer selbst noch ein Bevollmächtigter desselben, so gelten die durch die Organe der bau⸗ leitenden Behörden bewirkten e, Notierungen ꝛc. als anerkannt.
Auf die Feststellung des von dem Unternehmer Geleisteten im Falle der Arbeitsentziehung (5 9) finden diese Bestimmungen gleichmäßige Anwendung. . ; .
Müssen Tbeillieferungen sofort nach ihrer Anlieferung abgenommen werden, so bedarf es einer besonderen Benachrichtigung des Unter ⸗ nehmers hiervon nicht, vielmehr ist es Sache desselben, für seine An⸗ wesenheit ober Vertretung bei der Abnahme Sorge zu tragen.
§ 13. Rechnungsaufstellung.
Bezüglich der formellen Aufstellung der Rechnung, welche in der
1 Ausdrucksweise, Bezeichnung der Bautheile resp. Räume und eihenfolge der Positionsnummern genau nach dem Verdingungs⸗ anschlag einzurichten ist, hat der Unternehmer den von der bau⸗
behufs Prüfung ihrer Richtigkeit täglich vorzulegen.
leitenden Behörde bezw. dem bauleitenden Beamten gestellten An forderungen zu entsprechen. . 4
6 e Mehrarbeiten sind in besonderer Rechnung nachzuweisen, unter deutlichem Hinweis auf die schriftlichen Vereinbarungen, welche bezüglich derselben getroffen worden sind. ; . ᷣ
Tagelohnrechnungen.
Werden im Auftrage des bauleitenden Beamten seitens dẽs Unter⸗ nehmers Arbeiten im Tagelohn ausgeführt, so ist die Liste der hierbei beschäftigten Arbeiter dem bauleitenden Beamten oder de 9 r
aige Aus⸗ stellungen dagegen sind dem Unternehmer binnen längstens acht Tagen mitzutheilen.
Die Tagelohnrechnungen sind laängstens von zwei zu zwei Wochen dem bauleitenden Beamten einzureichen. ö
§ 14. . Zahlungen.
Die Schlußzahlung erfolgt auf die vom Unternehmer einzu⸗ reichende Kostenrechnung alsbald nach vollendeter Prüfung und Fest⸗ stellung derselben.
Abschlagszahlungen werden dem Unternehmer in angemessenen Fristen auf Antrag nach Maßgabe des jeweilig Geleisteten bis zu der , . bauleitenden Beamten mit Sicherheit vertretbaren Höhe
ewährt.
; Bleiben bei der Schlußabrechnung Meinungsverschiedenheiten zwischen dem bauleitenden Beamten oder der bauleitenden Behordꝰd und dem Unternehmer bestehen, so soll das dem letzteren unbestritten zustehenden Guthaben demselben gleichwohl nicht vorenthalten werden.
Verzicht auf spätere Geltendmachung aller nicht aus drücklich vorbehaltenen Ansprüche.
Vor Empfangnahme des von dem bauleitenden Beamten oder der bauleitenden Behörde als Restguthaben zur Auszahlung angebotenen Betrags muß der Unternehmer alle Ansprüche, welche er aus dem Vertragsverhältniß über die behördlicherseits anerkannten hinaus etwa noch zu haben vermeint, bestimmt bezeichnen und sich vorbehalten, widrigenfalls die Geltendmachung dieser Ansprüche später ausge⸗
ist. schlossen i Zahlende Kasse.
Alle Zahlungen erfolgen, sofern nicht in den besonderen Be⸗ dingungen etwas Anderes festgesetzt ist, aus der Kasse der bauleitenden Behörde. 365
Gewährleistung. Die in den besonderen Bedingungen des Vertrags vorgesehene,
in Ermangelung solcher nach den allgemeinen gesetzlichen Vorschriften
sich bestimmende Frist für die dem Unternehmer obliegende Gewähr⸗— leistung für die Güte der Arbeit oder der Materialien beginnt mit dem Zeitpunkt der Abnahme der Arbeit oder Lieferung.
Der Einwand nicht rechtzeitiger Anzeige von Mängeln gelieferter Waaren (Art. 347 des Handelsgesetzbuchs) ist nicht statthaft.
§ 16. Sicherheitsstellung. Bürgen.
Bürgen haben als Selbstschuldner in den Vertrag mit einzutreten.
Kautionen.
Kautionen können in baarem Gelde oder guten Werthpapieren ., sicheren — gezogenen — Wechseln oder Sparkassenbüchern bestellt werden.
Die Schuldverschreibungen, welche von dem Deutschen Reich oder von einem deutschen Bundesstaat ausgestellt oder garantiert sind, so⸗ wie die Stamm: und , und die Prioritäts⸗ Obligationen derjenigen Eisenbahnen, deren Erwerb durch den preu⸗ ßischen Staat . genehmigt ist, werden zum vollen Kurswerthe als Kaution angenommen. Die übrigen bei der Deutschen Reichsbank beleihbaren Effekten werden zu dem daselbst beleihbaren Bruchtheil des Kurswerths als Kaution angenommen. —
Die Ergänzung einer in Werthpapieren bestellten Kaution kann gefordert werden, allt infolge eines Kursrückgangs der Kurswerth bezw. der zulässige Bruchtheil desselben für den Betrag der Kaution nicht mehr Deckung bietet. ;
Baar hinterlegte Kautionen werden nicht verzinst. Zinstragenden Werthpapieren sind die Talons und Zinsscheine, insoweit bezüglich der letzteren in den besonderen Bedingungen nicht etwas Anderes bestimmt wird, beizufügen. Die Zinsscheine werden so lange, als nicht eine Veräußerung der Werthpapiere zur Deckung entstandener Verbindlich⸗ keiten in Aussicht genommen werden muß, an den Fälligkeitsterminen dem Unternehmer ausgehändigt. Für den Umtausch der Talons, die Einlösung und den Ersatz ausgelooster Werthpapiere, sowie den Ersatz abgelaufener Wechsel hat der Unternehmer zu sorgen.
Falls der Unternehmer in irgend einer Beziehung seinen Ver⸗ bindlichkeiten nicht nachkommt, kann die Behörde zu ihrer Schadlos⸗ baltung auf dem einfachsten, gesetzlich zulässigen Wege die hinterlegten Werthpapiere und Wechsel veräußern bezw. einkassieren.
Die Rückgabe der Kaution, soweit dieselbe für Verbindlichkeiten des Unternehmers nicht in Anspruch zu nehmen ist, erfolgt, nachdem der Unternehmer die ihm obliegenden Verpflichtungen vollständig erfüllt hat, und insoweit die Kaution zur Sicherung der Garantieverpflichtung dient, nachdem die Garantiezeit abgelaufen ist. In Ermangelung anderweiter Verabredung gilt als bedungen, daß die Kaution in ganzer Höhe zur Deckung der Garantieverbindlichkeit einzubehalten ist.
§ 17. Uebertragbarkeit des Vertrags.
Ohne Genehmigung der bauleitenden Behörde darf der Unter⸗ ,. seine vertragsmäßigen Verpflichtungen nicht auf Andere über⸗ ragen.
Verfällt der Unternehmer vor Erfüllung des Vertrags in Konkurs, so ist die bauleitende Behörde berechtigt, den Vertrag mit dem Tage der Konkurseröffnung aufzuheben.
Bezüglich der in diesem Falle zu gewährenden Vergütung sowie der Gewährung von Abschlagszahlungen finden die Bestimmungen des S 9 sinngemãße ,
ür den Fall, daß der Unternehmer mit Tode abgehen sollte, bevor der Vertrag vollständig erfüllt ist, hat die bauleitende Behörde die Wahl, ob sie das Vertragsverhältniß mit den Erben desselben fort⸗ setzen oder dasselbe als aufgelöst betrachten will.
§ 18. Gerichtsstand.
Für die aus diesem Vertrage entspringenden Rechtsstreitigkeiten hat der Unternehmer — unbeschadet der im § 19 vorgesehenen Zu⸗ ständigkeit eines , ,, — bei dem für den Ort der Bau⸗ w zuständigen Gericht Recht zu nehmen.
§18. Schiedsgericht.
Streitigkeiten über die durch den Vertrag begründeten Rechte und Pflichten sowie über die Ausführung des Vertrags sind zunächst der dertragschließenden Behörde zur Entscheidung vorzulegen.
Die Entscheidung dieser Behörde gilt als anerkannt, falls der Unternehmer nicht binnen vier Wochen vom Tage der Zustellung der⸗ , der Behörde anzeigt, daß er auf schiedsrichterliche Entscheidung antrage.
ie Fortführung der Bauarbeiten nach Maßgabe der von der , n. getroffenen Anordnungen darf hierdurch nicht aufgehalten werden. ᷣ
Auf das schiedsrichterliche Verfahren finden die Vorschriften der . Zivilprozeßordnung vom 30. Januar 1877 55 851 bis 872
nwendung. .
Falls über die Bildung des Schiedsgerichts durch die besonderen Vertragsbedingungen abweichende Vorschristen nicht getroffen sind, ernennen die Verwaltung und der Unternehmer je einen Schiedsrichter.
Dieselben sollen nicht gewählt werden aus der Zahl der unmittelbar
belegen ist.
Betheiligten oder 4 Beamten, zu deren Geschäftskreis die An⸗
ele hir . sich über einen gemeinsamen Schiedsspruch e
nicht einigen können, wird das ö durch einen Obmann
Derselbe wird von den Schie gt nicht einigen können, von dem
gewählt oder, wenn äsidenten derjenigen be⸗
er diese 3 Provinzialbehörde desselben e, , ernannt.
deren Sltz dem Sitze der vertragschließenden Behörde am nächsten
Der Obmann hat die weiteren Verhandlungen zu leiten und darüber zu befinden, ob und inwieweit eine Ergänzung der bisherigen Verhandlungen (Beweisaufnahme u. s. ö. stattzufinden hat. Die 21 . über den Streitgegenstand erfolgt dagegen nach Stimmen⸗ mehrheit.
Bestehen in Beziehung auf Summen, über welche zu entscheiden ist, mehr als zwei Meinungen, so wird die für die größte Summe abge 6 Stimme der für die zunächst geringere abgegebenen hinzu⸗ gerechne
Ueber die Tragung der Kosten des schiedsrichterlichen Verfahrens entscheidet das Schiedsgericht nach billigem Ermessen. —
Wird der Schiedsspruch in den im § S67 der Zivilprozeßordnung bezeichneten Fällen aufgehoben, so hat die Entscheidung des Streitfallz im ordentlichen Rechtswege zu erfolgen.
§ 20. Kosten und Stempel.
Briefe und Depeschen, welche den Abs uuf und die Ausfũhrung
des Vertrags betreffen, werden beiderseits frankiert.
Die Portokosten für solche Geld⸗ und sonstige Sendungen, welche , Interesse des Unternehmers erfolgen, trägt der etztere.
Die Kosten des Vertragsstempels trägt der Unternehmer nach . der gesetzlichen Bestimmungen.
ie übrigen Kosten des Vertragsabschlusses fallen jedem Theile zur Hälfte zur Last. ;
Vorstehende Bedingungen werden hiermit öffentlich bekannt
gemacht. ebruar 1895.
erlin, den 18. Königliche Ministerial-⸗Bau kommission.
ö Dentscher Reichstag. 47. Sitzung vom Mittwoch, 27. Februar, 1 Uhr.
. den Beginn der Sitzung ist bereits gestern berichtet worden. Als zweiter Gegenstand steht auf der Tagesordnung die Fe n. der Berathung des von den bg Dr. Hitze und enossen (Zentr.) eingebrachten Antrags, betreffend die ge⸗ werblichen Verhältnisse der Arbeiterinnen sowie der Arbeiter. . Abg. Molkenbuhr (Soz.): Mit dem Ziele, das den Antrag⸗ stellern borschwebt, die Frauenarbeit in den gewerblichen Betrieben auszuschließen, sind wir ganz einverstanden. Nur sind die Verhältnisse heute derartige, daß man, bevor man einem Arbeiter oder einer Arbeiterin eine Arbeit nimmt, ihnen vorher eine andere lohnende Beschäftigung nachweisen muß, wenn man nicht die Leute brotlos machen will. Der Abg. Schall hat sich freilich unter allen Umständen gegen jede Fabrikarbeit der Frauen erklärt, weil durch dieselbe das sittliche Niveau der Arbeiterinnen herabgedrückt werde. Unter ⸗ suchungen über die Verhältnisse der Fabrikarbeiterinnen in Amerika haben aber dargethan, daß viele von denselben ein geradezu muster⸗ haftes Familienleben führten. Wenigstens früher. Wenn das sittliche Niveau der amerikanischen Arbeiterinnen heute gesunken ist, so hängt das zusammen mit dem Sinken der Löhne und der . der Arbeitszeit. Es ist dringend nothwendig, daß über die gewerbliche . der Arbeiter und Arbeiterinnen in Deutschland gx nauere Auskünfte geschaffen werden; wir werden deshalb für den Antrag Hitze stimmen. Dabei schreckt uns nicht der von dem Abg. Möller erhobene Einwand, daß eine Beschränkung der Arbeitszeit ein Eingriff in die persönliche i der Arbeiter sei. Eine Lücke enthält der Antrag Hitze: es fehlt die ich nach der Einwirkung, welche die Beschränkung der Fabrikarbeit der Frauen auf die Hausindustrie ausgeübt hat. Vielfach wird von den Frauen jetzt das SDeim zur Werkstätte umgewandelt. Die Arbeiterschutzgesetzgebung muß auch auf das Gebiet der Hausindustrie ausgedehnt werden; denn hier liegt der schlimmste Krebsschaden. Auch in der Regelung der Kinderarbeit sind wir noch weit zurück. Der Satz, daß man cht durch Gesetz in die persönliche
6 des Einzelnen eingreifen dürfe, ist in der Bourgeoisie aller änder verbreitet. Aber er beruht auf der gleichen Anschauung, die der Auffassung der Anarchisten zu Grunde liegt. Er entspringt nur der Angst des Kapitalismus vor der Arbeiterbewegung, welche auf dem Gebiet der sozialen Gesetzgebung endlich Ordnung schaffen und der
Ausbeutung der Arbeiter steuern will. . Abg. Dr. Barth (fr. Ver.); Die Frage des Verhältnisses zwischen Arbeitszeit, Arbeitslobn und Arbeitsleistung ist eine der wichtigsten des wirthschaftlichen Lebens, und im öffentlichen Interesse ist es geboten, jede Untersuchung darüber zu unterstützen. In diesem Sinne werden wir für den Antrag Hitze stimmen. Die Untersuchungen der Handelskammer in Manchester haben ergeben, daß vielfach die Arbeits leistung dort am billigsten ist, wo die höchsten Arbeitslöhne und die kürzeste Arbeitszeit bestehen. Aehnliche Feststellungen sind auch in den Vereinigten Staaten gemacht worden. Freilich giebt es auch da eine Grenze, und vor allem sollte man sich hüten, auf dem Wege der Gesetzgebung für alle Verhältnisse gleiche Normen zu er⸗ zwingen. Alle gesetzgeberischen Maßnahmen in dieser 261 haben nur schädlich gewirkt. Aber es ist wünschenswerth, da die Diskussion der ganzen Frage in Fluß erhalten wirz. Der 3 Dr. i lehnte eine gesetzliche Kürzung der Arbeitszeit auch für den * nicht ab, daß zunächst nur der von den Sozialdemokraten in den Vordergrund geschobene Gesichtspunkt der Erhöhung der Löhne ge, fördert würde. In dieser Richtung kann ich dem Abg. Hr. Hitze auch nicht einen Schritt folgen. Eine Vertheuerung der Arheltsleistung hat nothwendig eine Verminderung des Konsums, ein Sinken der Produktion und infolge dessen eine Schädigung der Arbeiter zur Folge. Abg. Hüpeden (okons. ); Nach den Ausführungen vom Bundeskathoͤtisch zu der Interpellation Hitze war im Lande vielsah die Meinung entstanden, die Sozialreform sei eingefreren. Wir müsen dafür sorgen, daß diese Meinung nicht weiter um sich greift. Wir müssen daran festhalten, daß der Mensch nicht der Industrie wegen da ist, sondern daß das Umgekehrte der Fall ist, und wir müßen ürsorge treffen, daß der Fortschritt der Industrie, der auf den ortschritten der Technik. bafiert,ů den Arbeltern nicht jum Fluch ondern zum Segen gereiche. Die Freiheit des Menschen kann nicht soweit gehen, daß er sich felbss zum Sbjekt der Ausbeutung macht. Wenn man sagt, eine Enquste fei nicht nothwendig, so bin ich j gegentbeiligen Ueberzeugung. Der Antrag Hiße beichrãnkt sich nich bloß auf die Anstellung einer Enquste, er drängt auf die gests eln eines Maximalarbeitstags hin, und dieser ist eine alte Forderung * konferbatiben Partei. Ich abe im Namen der christlich soziglen Gruppe in der konfervallven Partei zu erklären, daß wir für den An⸗ trag Hitze stimmen werden. - . Abg. Scha ll (dkons ): Den Vorwurf, daß ich auf dem. S . punkt. des Kapitaligmus stehe weife ic mit Indignatign zurück Cn Geistlicher, der auf jenem Standpunkt stände, wäre nicht werth, . Geistlicher zu fein; denn er hat das Evangelium den Armen zu e. fändigen. Sie (zu den Sozialdemokraten) haben allerdings . Ahnung von der Aufgabe und der Stellung des Geistlichen in un 3 Volke. Man hat mir entgegengehalten, ich verstän de nichte ven gf. a der Arbeiterinnen. Sie meinen vielleicht, ich wir 2. 8 Verhältniffe besser kennen, wenn ich des Abg. Bebel Buch Die Frau? g
lesen Zufällig babe ich eg vor ein paar Tagen gelesen, und ich e. N ctwag Dilettantischeres ist mir noch garnicht vor⸗ 2 ö. Die 6. soll die Gehilfin des Mannes sein, ist berufen, Kinder zu erziehen, und daß sie das im iuse b kann als in der Fabrik, und daß die jungen ädchen im 2 be . sind als in der Fabrik, bas scheint unferm natürlichen Verstand einleuchtend. Zwischen Ihrer und unserer Auffassung besteht ein himmelweiter Unter, schied. Ich gehöre nicht zu den Geistlichen, von denen gesa worden ist, daß sie einen berechtigten Kern in der Sonial⸗ demokratie anerkennen. Wir können auf dem Wege der Sozialgesetz˖ ebung nicht ohne alle Rücksicht auf die , unserer err e fortschreiten. Gestern war ich mit dem Abg. Br. Hahn in Altona, wo die Vertreter der Küstenschiffahrt versammelt waren. Diese . uns, daß es der deutschen Küstenschiffahrt wegen der Lasten der Arbeiterversicherung und wegen der Lasten, welche die all⸗ gemeine Schulpflicht dem deutschen Schiffer auferlegt, nicht mehr möglich sei, mit der holländischen zu konkurrieren. Daß allerdings die Reform in Fluß erhalten werden muß, darin sind wir alle einig. Den 6 if halte ich nach den Erklärungen vom Bundesrathẽ⸗ tische für überflüssig und unsere Arbeiterfreundlichkeit zu dokumen⸗ tieren, haben wir nicht nöthig; sie liegt uns in Fleisch und Blut. Wir sorgen für die Arbeiter um ihrer selbst willen; Sie thun, was Sie thun, nicht für die Arbeiter, sondern um der sozialdemokratischen Agitation willen.
Abg. Möller (ul) spricht sich gegen den Antrag aus. Die Er⸗ fahrungen, welche man anderwärts mit der Beschränkung der Arbeits⸗ zeit gemacht, können nicht bestimmend für deutsche Verhältnisse sein. . der Arbeitszeit bedeutet einen nationalökonomischen Verlust.
Nach einem Schlußwort des Abg. Dr. Hitze wird der Antrag angenommen.
Es folgt die Berathung der gegen die jüdische Ein⸗ wanderung gerichteten Anträge aus der konservativen und der . .
Die Abgg. Freiherr von Hammerstein und Freiherr von Manteuffel (dkons.) beantragen:
Die verbündeten Regierungen zu ersuchen, dem Reichstag einen Gesetzentwurf vorzulegen, nach welchem Jsraeliten, die nicht Reichs⸗ angehörige sind, die Einwanderung über die Grenzen des Reichs untersagt wird.
Die Abgg. Liebermann von Sonnenberg, Zimmer⸗ mann u. Gen. (Reformp.) haben einen Gesetzentwurf ein⸗ ebracht, welcher die Einwanderung in Deutschland nicht aan enge ori er Juden untersagt, die Ausweisung der in Deutschlan ich aufhaltenden ausländischen Juden ver— langt, sofern sie nicht bereits vor einem noch offen gelassenen Zeitpunkt ein selbständiges Gewerbe in Deutschland betrieben haben, die Gewährung der Staatsangehörigteit an ausländische Juden in allen deutschen Bundesstaaten ausschließt und die Begünstigung der Einwanderung fremder Juden mit Strafe belegt. Abg. a cobskötter (8dkons.): Als Graf Caprivi seine Handels- vertragspolitik befürwortete, wies er darauf hin, er sei gezwungen, entweder eine Politik zu führen, bei der er Menschen exportiere, oder eine, bei der er Waaren exportiere. Diese Begründung erschien vielen plausibel, ich habe aber bisher aus den Kreisen der Industrie noch nicht erfahren, daß infolge der Handelsverträge so viel Menschen mehr Be⸗ schäftigung gefunden haben, daß der Ueberschuß an Menschen ausge— glichen würde. Um so verwunderlicher ist es, daß im Artikel 1 des russischen Handelsvertrags die Einwanderung russischer Juden be⸗ sonders gewährleistet wurde. Wenn wir einen Ueberschuß an Menschen haben, so liegt doch gar kein Grund vor, irgend welche Einwande⸗ rungen zu begünstigen, namentlich nicht die Einwanderung fremder Elemente, die dem deutschen Volksleben schädlich werden können. Wir haben den Antrag eingebracht, weil wir mit den im Lande bereits vorhandenen Juden die Erfahrung gemacht haben, daß ö auf unser öffentliches Leben nicht günstig eingewirkt, daß sie unser Erwerbsleben auf das allerunglücklichste beeinflußt haben. Durch den ganzen deutschen Mittelstand geht der Ruf nach Aenderung der Gesetz⸗ hehnnß besonders nach einem Gesetz, welches den unlauteren Wett⸗ ewerb verhindert. Dieser Ruf hat bereits Widerhall i den, die Regierung hat sich veranlaßt gesehen, einen solchen Gesetz⸗ entwurf auszuarbeiten. Selbst der Deutsche Handelstag hat in seiner Mehrheit die Nothwendigkeit eines solchen Gesetzes aner⸗ kannt. Im Auftrage von zehn Handelskammern Deutschlands hat diejenige des Herzogthums Braunschweig eine Anzahl typischer Fälle von unlauterer Konkurrenz zusammengestellt. Von diesen Fällen kommen F/ io auf das Konto der Juden. Im Deutschen Reichstag hat der Abg. Lasker die Hausierer die Edelsten der Nation genannt. Ich bin überzeugt, hätte man die Juden vom Hausierhandel autgeschlossen, so wären die Klagen über den Hausierhandel zum größten Theil verschwunden. Der Konkursschwindel bildet ein ganzes Gebiet für sich. Wenn ein deutscher Handwerker falliert, so sind er und seine ganje Familie ruiniert. Bei den Juden heißt es; Hat man Pleite gemacht, so ist man fein, hat man zwei⸗ oder dreimal Pleite gemacht, so ist man hochfein. Wir dürfen den großen Schäden, die sich durch die Juden in unserm deutschen ehrlichen Erwerbsleben breit machen, nicht gleichgültig zusehen. Ein Jude war es auch, der während der Cholera in Hamburg dieses Unglück benutzte, um eine Reklame für sein Geschäft zu machen. Auch das Unglück des Unter⸗ angs der Elbe“ wurde von einem solchen — ich will ihn nicht näher ezeichnen — zur Geschäftsreklame in dichterischer Form ausgenutzt. Auch in der Industrie ist die Einwirkung der Juden zu spüren. Die jenigen Industriezweige sind die nothleidendsten, welche von den Juden ausgebeutet werden. brauche nur auf die Konfeftionsindustrie hinzuweisen, die unter enormer Ausbeutung namentlich des weiblichen Arbeitspersonals von den Juden betrieben
wird. Auf alles Andere gehe ich nicht näher ein, weil ich nicht ge⸗
nügend informiert bin; ich halte mich nur an persönliche Erfahrungen.
ch darf aber den großen Schaden nicht unerwähnt lassen. den der
influß der Juden auf die Presse mit sich bringt. In dieser Presse werden unsere heiligsten Güter derart in den Staub und Schmutz ge⸗ zogen, wie wir als deutsches christliches Volt es nicht mehr ertragen können. Auch die Juden selbst scheinen ihre Wirksamkeit nicht für segensreich zu halten, sonst würde es nicht vorkommen, daß ein Jude klagbar wird, wenn man ihn Jude nennt. Wenn man mich einen Deutschen, einen Christen, einen Handwerker nennt, so kann mich das doch nicht beleidigen! Einen Juden darf man aber nicht Jude nennen, sonst wird man verklagt, und der deutsche Richter spricht mich nach deutschem Recht der Beleidigung schuldig. 6 werde auch verurtheilt, wenn ich ein von Juden herausgegebenes Blatt Fudenblatt nenne. Die Juden haben alle Ursache, zu prüfen, ob sie nicht selbst daran schuld sind, wenn die Bezeichnung, Jude“ als Beleidigung angesehen wird, Viele glauben, daß die Juden, wenn sie laͤngere Zelt mit uns gelebt haben, unseren Sitten sich nach und nach anpassen werden. b diese Hoffnung be⸗ rechtigt ist, lasse ich dahingestellt. Jedenfalls haben wir aber an den Juden, an denen wir die Kulturarbeit bereits zu vollziehen haben, bollständig genug und brauchen keinen Zuzug der verschiedenen Juzen aus
olen und Galizlen. Ich glaube auch, daß dieser Antrag zum theil im
Interesse der Juden liegt. Denn viele deutsche Juden werden meiner
Ansicht nach recht . sein, wenn sie von dem Zuzug ihrer Brüder aus dem Osten verschont bleiben. Ich bitte Sie, , Antrag an⸗ zunehmen. Nicht der Haß gegen das Judenthum — ich . nichts von einem solchen — sondern die Liebe zum deutschen christlichen Volk, zu unserem Vaterlande zwingt unt, diese Frage hier zu er— örtern. Im Interesse unseres deutschen Vaterlandes bitte ich Sie, unserem Antrage zuzustimmen.
Abg. Bin dewald (Refp.): Nicht nur in den östlichen Provinzen, wo ich mich persönlich von dem Einfluß des Judenthums überzeugt habe, sondern anz speziell in meiner engeren Heimath, in Hessen, habe ich iich n hn gesammelt, wie schädlsch die Juden für
daß unser
Seite ebenso schlimm wie auf der jüdischen.
Deutschland sind. Derjenige Christ hat kein Herz für seine i der nicht 5 Verwahꝛung en einlegt, arbeitsames deutsches Volk durch es frem . un Volk noch ferner ausgebeutet werde,. In
essen sind in zehn Jahren durch jüdische Güterschlächter 106 Bauern ruiniert worden, die nach Amerita und Australien auswandern mußten. An Stelle dieser seßhaften Be⸗= völkerung, die die besten Soldaten stellt, bekommen wir nun diese russischen Schacherjuden. In einem Werk des Landraths Nathusius über den Wucher auf dem Lande wird nachgewiesen, daß neun Zehntel aller Wucherfälle von Juden ausgeführt wurden. (Lachen links.) Wenn Sie darüber lachen, so beweist das, daß Sie tief gesunken sind. (Rufe links: Zur Ordnung) Die fremden Juden sind für uns auch be⸗ sonders darum gefährlich, weil sie bei der Einwanderung den Namen ändern und sich vielfach taufen lassen. Ich finde es etwas leichtsertig seitens der evangelischen Geistlichkeit gehandelt, daß sie die Juden so leicht zur Taufe zuläßt. Der Fall . hat 3 igt, welche Ge⸗ fahr uns von seiten dieser getauften Juden droht. An der Börse treiben namentlich die Juden Getreidewucher und schädigen dadurch die Konsumenten wie die Produzenten; die Juden sind die eigent⸗ lichen Brotvertheurer. Es wäre e, n, ,, wenn der Reichskanzler und der preußische Staats. Minister von Köller aus ihren Erfahrungen in lsaß- Lothringen über den Wucher der dortigen Juden etwas mittheilen wellten. Schon Napoleon L hat das Judenthum in Elsaß ⸗Lothringen als ge⸗ fährlich für ganz Frankreich erklärt. Ganze Dörfer sind infolge des Vorgehens der Juden verödet. Das Judenthum richtet aber nicht nur die kleinen Bauern zu Grunde, sondern es nistet sich auch in den Adelsschlössern ein. Auf unseren höheren Schulen macht es sich in erschreckender Weise breit. Das lehrt eine Statistik über die Berliner höheren Schulen, welche einen ungeheueren 6 jüdischer Schüler nachweist. Ich möchte auch die, Frage streifen, ob es zulässig ist, daß jüdische Richter über deutsche Bürger zu Gericht sitzen. Wir haben eine Reihe von Gesetzen, welche die Einwanderung der Juden besonders begünstigen. In Desterreich besteht der Be⸗ fähigungsnachweis für das Handwerk. Da der Jude aber ein Hand- werk nicht selbst zu betreiben liebt, sondern nur auf die Ausbeutung des Handwerks ausgeht, so wandern viele österreichische Juden zu uns aus. Jedem Volk aber steht das Recht zu, zunächst an sich selbst zu denken. Wir müssen eine nationale Politik treiben und aufräumen mit den Parasiten, die am Stamm der deutschen Eiche zehren.
Präsident von Levetzow ruft den Abg. Bindewald nach— träglich zur Ordnung, weil er von der linken Seite des Hauses behauptet habe, sie sei tief gesunken. .
Abg. Vogtherr (Soz.): Weder der Abg. Jacobskötter noch der Abg. Bindewald hat den Versuch gemacht, einen Beweis für die Berechtigung der vorliegenden Anträge zu erbringen. Der Abg. Jacobskötter hat nur ganz allgemein behauptet, 5 / io der Fälle des unlauteren Wettbewerbes kommen auf Rechnung von Juden. Ich glaube, in dieser Beziehung steht es auf. nichtjüdischer Daß Mißstände und Aergernisse auch in jüdischen Kreisen vorkommen, gebe ich gern zu; das wird auch von einsichtigen Juden selbst zugegeben. Aber bei der Beurtheilung der Juden wird viel zu e Rücksicht genommen auf die historische Entwickelung der Verhältnisse. Noch im vorigen Jahrhundert war es den Juden in Deutschland verboten, Grundbesitz zu erwerben, ein Handwerk oder Handel nach bestimmtem Maß und Gewicht zu betreiben. Nur ganz bestimmte Gegenstände waren ihnen für den . freigegeben. Tas mußte die Juden noth⸗ wendig in eine abgesonderte Stellung treiben. Die Konsequenz der vorliegenden Anträge ist, daß die Gleichberechtigung der Juden an— egriffen wird. Bei diesen Anträgen handelt es sich nur darum, die ö zu dem ersten Schritt auf der Bahn zu veranlassen, welche bei der Vernichtung der Gleichberechtigung aller Staatsbürger endet. Welche Stellung nehmen die konserpativen Führer zu dieser Frage ein? (Ruf; Bismarck) Der Fürst Bismarck war früher ein Gegner der Parität der Juden, aber er hat sich später in einen Freund derselben verwandelt. Daß die Herren von der Rechten kein Bedenken tragen, sich der Juden zu bedienen, wenn sie sich davon Nutzen ver⸗ sprechen, beweist ie r ee und das Vorgehen des Vereins zum Schutz des Deutschthums in den östlichen Provinzen, der sich der Juden bedienen wollte, um die Polen auszukaufen. Die Herren sind nicht immer konsequent. Ich erinnere daran, daß vor kurzem der Plan auftauchte, in Mecklenburg chinesische Kulis zur Landarbeit zu verwenden. Sie können auch nicht leugnen, daß indische Veizer auf deutschen und österreichischen Dampfern, verwendet werden. Sie wissen auch, daß Sie an der Ostgrenze sich nicht sehr gegen die Benutzung russisch⸗polnischer Juden zu nn, , Arbeiten wehren. Auf der letzten Generalversammlung des Bundes der Landwirthe war es sehr bezeichnend, daß der Abg. Hahn unter den feindlich gesinnten Blättern den „Hannoverschen Courier“, die National⸗Zeitung! und „Die Post“ nannte, und daß bei dem Namen „Post“ der laute Ruf „Judenblatt“ erscholl. Ich erinnere auch an einige Aeußerungen in dem Organ des Abg. Förster und an antisemitische Reden, welche neuerdings in Berliner Volkspersamm⸗ lungen gehalten worden sind, und aus denen sich ein sozialistischer Kern herausschälte, der sich geg alle kapitalistischen Interessen, wie Sie sie vertreten, richtete. zir stehen diesem Streit unbefangen gegenüber. Die Schäden, die Sie mit solchen Anträgen ö wollen, werden Sie niemals heilen. Eine Hilfe ist nur möglich durch eine gründliche Aenderung des ganzen Produktionssystems.
Abg. Sachße (d. kons.): Ich danke dem Vorredner, daß er so recht deutlich gezeigt hat, wie die Sozigldemokratie die warme Vertreterin des internationalen Judenthums ist. Man muß sich doch fragen, wie es kommt, daß der Antisemitismus heute eine solche Rolle spielt. Ich glaube, . jeder gute Deutsche Antisemit sein muß. Wir Sachsen danken unserer Staatsregierung, welche allezeit sorgt, daß die sozialdemokratischen Bäume nicht in den Himmel wachsen. Wir haben ein sehr nachahmenswerthes e et g r kein jüdischer Richter ist in meinem Vaterlande befugt, einen christlichen Eid abzu⸗ nehmen. Die Juden werden nur von christlichen königstreuen Lehrern unterrichtet. Seitdem wir zu unserer großen Freude ein Glied des großen Deutschen Reichs geworden sind, sehen wir mit großer Sorge auf die fortschreitende Verjudung in Preußen und einigen süddeutschen Mittelstaaten. Wir fürchten namentlich, daß, begünstigt durch den russischen Handelsvertrag, Juden auch in unser Land kommen und dem , ,. Mittelstand durch unlauteren Wettbewerb eine stärkere Konkurrenz verursachen möchten. In Berlin sind die Dinge doch schon soweit, daß man sagen muß: Wenn es so weiter geht, so wird ein Christ in der Haupistadt des mächtigen Deutschen Reichs nur noch
eduldet werden. Deshalb bitte ich die Regierung im Namen der
ajorität meiner Wähler, dem Antrag Gehör zu geben und dadurch vor aller Welt zu bekunden, daß das Deutsche Reich Macht und Kraft besitzt, noch im letzten Augenblick dem Feind zu Leibe zu gehen. Dieser Feind ist die internationale Sozialdemokratie.
Abg. Pr. Paasche (ul.): Im Namen des größten Theils meiner politischen Freunde habe ich zu erklären, daß wir nach wie vor gegen jede Ausnahmegesetzgebung sind. Die ganze politische Vergangenheit meiner Partei ö. wohl dafür, daß wir eine nationale Politik wollen und bereit sind, alle feindlichen Elemente, die Deutschland kulturell oder wirthschaftlich schädigen könnten, abzuwehren; aber wir können dazu nicht den Weg des Ausnahmegesetzes betreten. Ich denke ganz gewiß nicht daran, eine Lanze für die Juden zu brechen, aber ich meine, etz steht doch der deutschen Nation, einem christlichen Volk schlecht an, alle Schäden einem anderen Volksstamm zuzuwälzen und einen Sündenbock zu suchen, anstatt die bessernde Hand an die Schäden selbst zu legen. Wir werden vielleicht weiter kommen, wenn wir gegen den unlauteren Wettbewerb Front machen, ohne nach Ausnahmegesetzen zu greifen. Ich ere, wie gesagt, für die Mehrheit meiner Freunde; ein Theil derselben ist der Meinung, daß, wenn wir auch gegen die inländischen Juden keine Ausnahmemaßregeln ergreifen wollen, doch keine Ver- anlassung vorliege, fremde ins Land hereinzuziehen.
Das Haus beschließt darauf um 5i / Uhr, die Berathung zu vertagen.
Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten.
30. Sitzung vom Mittwoch, 27. Februar.
Der Sitzung wohnen der Minister für Handel und Gewerbe Freiherr von Berlepsch, der Finanz⸗Minister Dr. Miquel und der Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen bei.
Auf der Tagesordnung steht 6 die Berathung fol⸗ gender Interpellation der Abg. Dr. Paasche und Genossen:
Gedenkt die Königlich preußische Staatsregierung baldigst Schritte zu thun, um bei der 1e en Nothlage der Landwirthschaft die Verwendung künstlicher Düngemittel zu erleichtern:
a. durch weitere Ermäßigung der Eifenbahnfracht⸗ ätze für alle Arten künstlicher Düngemittel auch für kürzere Ent- ernungen,
b. durch möglichste Herabsetzung der Grundpreise für die von den em ire . 1 nn gr ek 3.
Nachdem, wie bereits gestern berichtet worden ist, der Minister für Handel und Gewerbe Freiherr von Berlepsch sich zur sofortigen Beantwortung der Interpellation bereit er⸗ klärt und der Abg. Dr. Paasche (nl) die Interpellation be⸗ gründet hatte, ö das Wort
Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen:
Bezüglich des ersten Punktes der Interpellation, betreffend die Ermäßigung der Frachten für Düngemittel, bin ich in der Lage, erklären zu können, daß die Königliche Staatsregierung in Rücksicht auf die zeitige bedrängte Lage der Landwirthschaft bereit ist, eine von ihr bereits vor Einbringung der Interpellation erwogene Maßregel sofort zur Ausführung zu bringen (Bravo!) und vom 1. März d. J. ab, also von übermorgen, bis zum 1. Mai 1897 die Frachten für sämmtliche in den Staatsbahn⸗Tarifen enthaltenen Düngemittel unter Aufrechterhaltung des angemessenen, unter Mitwirkung und Zustim⸗ mung der landwirthschaftlichen Vertreter des Landes⸗Eisenbahnraths für die Düngemittel festgestellten normalen Tarifschemas auf alle Entfernungen um 20 0/0 zu ermäßigen (Bewegung), wobei sie sich vorbehalten muß, bezüglich derjenigen Dungstoffe, welche auch zu anderen Zwecken dienen, den Nachweis der Verwendung für landwirth⸗ schaftliche Zwecke zu fordern. (Bravo!)
Minister für Handel und Gewerbe Freiherr von Berlepsch:
Meine Herren! Ich habe zunächst den Auftrag des Herrn land⸗ wirthschaftlichen Ministers zu erfüllen, sein Ausbleiben in der heuti⸗ gen Sitzung mit Krankheit zu entschuldigen. Er würde sonst bei dem Interesse, welches die Verhandlungen auch für sein Ressort bieten, nicht gefehlt haben.
Was nun die Frage der Ermäßigung des Grundpreises für Kali—⸗ salze, insbesondere für Kainit, betrifft, so gestatten Sie mir zunächst, vorauszuschicken, daß alle die Bemerkungen, die der Herr Interpellant über die Bedeutung der Kalidüngung für die Landwirthschaft gemacht hat, und über die Pflicht der Staatsregierung, der Landwirthschaft nach Möglichkeit die Kalisalze billig zuzuführen, von dieser für richtig und zu⸗ treffend gehalten werden. Diese Anschauung hat, wie das hohe Haus sich erinnern wird, dazu geführt, im vorigen Jahre eine Vorlage ein- zubringen, die darauf hinausging, die weitere Erschließung von Kalisalz⸗ werken ausschließlich in die Hand der Staatsregierung zu legen, mit dem ausgesprochenen Zweck, der Landwirthschaft dauernd einen billigen Bezug der Kalisalze zu sichern. Diese Maßnahme ist, wie Sie wissen, nicht durchgedrungen.
Inzwischen ist die Königliche Staatsregierung bemüht gewesen, die Wünsche und Ansprüche, die die Vertreter der Landwirthschaft bezüglich der Verbilligung der Kalisalze an sie gestellt hatten, zu befriedigen. Im Jahre 1893 hatten die Vertreter der Deutschen Landwirthschaftsgesellschaft an mich den Wunsch ge⸗ richtet, dafür einzutreten, daß unter Festhaltung des Grundpreises von 1,50 Æ für den Kainit eine Rabattskala eingeführt würde, die
in ihrer letzten Staffel bei einem Bezug von über 1 800 000 Doppel⸗ zentnern einen Rabatt von 90/0 gewährte. Diesen Anforderungen ent⸗ sprechend und etwas darüber hinaus ist im folgenden Jahre ein Ver⸗ trag mit der Deutschen LandwirthschaftsGesellschaft nicht nur, sondern auch mit der Vereinigung der landwirthschaftlichen Genossenschaften geschlossen worden, der unter Festhaltung des Grundpreises von 1,ů50 M eine Rabattskala gewährte, die in ihrer letzten höchsten Staffel, nämlich beim Bezuge von 3 Millionen Doppelzentnern sich auf 10 96,0 belief. Dazu wurde weiter gewährt 10, für Delkredere⸗ Vergütung und 100 für hen sogenannten Propagandabeitrag der Landwirthschaftlichen Gesellschaft. Bei Berechnung der Rabattgegährung wurden nicht die Bezüge der Landwirth⸗ schafts⸗Gesellschaft allein berücksichtigt, sondern die Bezüge der Landwirthschafts⸗Gesellschaft, die der Vereinigung der landwirthschaft⸗ lichen Genossenschaften und die des westfälischen Bauernvereins zugleich, die zusammengerechnet beinahe die höchste Ziffer der Rabattskala er⸗ reichen; es wird heute ein Rabatt von go auf Grund des Vertrags gewährt. Nach Abschluß desselben stellte sich heraus, daß die Mitglieder der Deutschen Landwirthschafts⸗Gesellschaft doch schließlich einen etwas höheren Preis zahlten, als sie bisher für Kainit gezahlt haben, und das erklärt sich daraus, daß die Preis— ermäßigung für andere Landwirthe eine ziemlich erhebliche war. Ich muß konstatieren, daß die Werke selbst durch diesen Vertrag eine Er⸗ höhung der an sie zu zahlenden Preise nicht erzielten. Aber, wie gesagt, es stellte sich heraus, daß die Mitglieder der Deutschen Land⸗ wirthschafts⸗Gesellschaft einen etwas höheren Preis zu zahlen hatten als bisher. .
Dies gab mir erneut Veranlassung, ohne daß seitens der Ver— treter der Landwirthschaft ein Schritt in dieser Beziehung bei mir gethan ist, nochmals mit dem Kalisyndikatsausschuß in Verbindung zu treten, und er hat ohne Widerstand mit Rücksicht auf die Nothlage der Landwirthschaft eine weitere 5 oo ige Herabsetzung der Kalipreise bewilligt. Auf Grund dieses Beschlusses ist, wie mir bekannt geworden ist, dem Ausschuß des Kalisyndikats seitens der Vertreter der Landwirthschaft ein Dank⸗ schreiben zugegangen. Ich will nur daraus konstatieren, daß, wo bis—⸗ her Wünsche der Vertretung der Landwirthschaft an die Staats- regierung auf Herabsetzung der Kalipreise herangetreten sind, sie be⸗ friedigt sind, daß es der Staatsregierung, und zwar ohne Schwierig⸗ keiten, gelungen ist, den Ausschuß des Kalisyndikats dazu zu bestimmen, den hervorgetretenen Wünschen stattzugeben.
Daneben ist es ja immer noch eine offene Frage, ob die Staats. regierung nicht in der Lage ist, über das bereits Konzedierte hinaus
die Preise der Rohsalze zu ermäßigen, und ob die Lage der fiska⸗ lischen Werke auf der einen Seite, die Lage der Landwirthschaft auf