1895 / 76 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 27 Mar 1895 18:00:01 GMT) scan diff

Hamburg, 26. März. (W. T. B.) Der Postdampfer Persia hat heute Nachmittag Seill v passiert.

Theater und Musik.

Königliches Schauspielbaus.

Gestern Abend gelangte Edouard Pa illeren 's dustspiel Die Welt, in der man sich langweilt‘, dessen literarischer and theatralifcher Werth von früheren Aufführungen in zwei anderen Berliner Theatern bekannt ist, auf der Königlichen Bühne zur Dar⸗ stellung. Das Lustspiel strahlt einen intimen Reiz aus, der sich im Laufe der Jahr? nichl vermindert hat. Die leicht binfließende Handlung und der feinfinnige Dialog mit seinen geistvollen und ironischen Gedankenblitzen werden von einem vornehmen Geschmack und Sinn getragen, der das Ganze behaglich und heiter erscheinen läßt. Der Epott selbst ist mit Grazie umkleidet und die menschliche Schwachheit mit gemũüthvollem Humor. Der gestrigen Darstellung gelang es, alle Vorzüge des Lust⸗ spiels in ein helles Licht zu setzen. Frau Stollberg in der Rolle der Gräfin von Esran, der Leiterin des Salons, in dem gekünstelte Unnatur groß gezogen wird, verstand es, der kalten und nüchternen eberhebung? durck die Betonung des Wesens der Dame aus der guten Gesellschaft die Schärfe zu nehmen und der

anzen Persönlichkeit ein, gefälliges Aeußere zu verleihen. 3 alte Herzogin, die dem Geist gegenüber die Rechte des Herzens ver⸗ ficht, spielte Frau Kahle bel aller Natürlichkeit mit vornehmer Charakteristik. Als Suzanne hatte Fräulein Hausner ihr erstes Auftreten, das von glücklichem Erfolg begleitet war; die Darstellerin besitzt die helle, wohllautende und 6 kindliche Stimme, die für das * der Naiven geeignet macht; sie weiß ihr

rgan auch dem wechselnden Ausdruck der natürlichen Freude und. des jugendlichen Schmerzes gut anzupassen; die Wirkung ihres Spiels würde aber noch tiefer sein, wenn nicht an manchen Stellen, so bei dem Entdecken des Liebesbrief, plötzlich mehr Kunfl als Ratur Wort und Wesen bestimmte. Fräulein Lindner als Luch vereinigte glücklich kalte Zurückhaltung und klugen Verstand mit natürlicher, anfacher Empfindung; sie sprach ihr gebrochenes Deutsch mit erheiternder Ernsthaftigkeit. Das junge verliebte Ehepaar spielten Frau von Hochenburger und Herr Hertzer frisch und erheiternd. Den jungen Gelehrten, der sein Herz entdeckt, brachte Herr Matkowski mit launiger UÜnbeholfenheit zum Ausdruck, und Herr Vollmer wirkte in der Rolle des schöngeistigen Professors Bellac ebenso sehr durch sein schwärmerisch verliebtes ienenspiel wie durch den salbungs⸗ rollen Schwung seiner galanten Reden belustitzend.

besonders

Im Königlichen Opernhause werden morgen Hänsel und Gretel! (Fräulein Rothauser, Fräulein Dietrich) unter Kapellmeister Weingartner's Leitung und das Ballet Die Puppenfee“ gegeben.

Im Königlichen Schau spielhause gehen morgen das Lustspiel ‚Salali⸗ (Damen Poppe, von Mayburg, Schramm, Herr Keßler) und der Schwank „Die stille Wache in Scene.

Friedrich Haase hat für die Festvorstellung von Minna von Barnhelm', die zum 80. Geburtstag des Fuͤrsten Bismarck im Berliner Theater stattfindet, seine Mitwirkung zugesagt, und zwar wird der Künstler den Riccaut de la Marlinière spielen.

Aus Weimar meldet die Th. K.“ daß die Verseßung des ,, Pr. Laf sen, der im April das Fest seiner 56 jährigen

ünstlerthätigkeit begeht, in den Ruhestand höchsten Orts genehmigt worden fei. An seine Stelle tritt der bekannte n,, . und Komponist Eugen d' Albert.

.

Mannigfaltiges.

Von dem Comité für den Bau der Kaiser Friedrich⸗ ,,, geht uns nachstehender Aufruf zur Veröffent⸗ ichung zu:

„In diesem Jahre, welches uns die 265jährigen Gedenktage der großen Siege auf Frankreichs Boden bringt, soll in Berlin ein Denkmal vollendet werden für eine der herrlichsten Heldengestalten der damaligen Zeit., für den edlen Fürstensohn, welcher ein Lebens⸗ alter hindurch der Stolz Deutschlands war, den frühvollendeten zweiten geger des geeinten Deutschen Reichs: die Kaiser Friedrich ⸗Gedächtniß⸗

che.

Wetterbericht vom 2. März 8 Uhr Morgens.

haus.

Celsius 40 R

Stationen.

Bar. auf Gr

1. d. Meeressp.

red. in Millim Temperatur

0 . C.

. ** O

3 dedectt 2 halb bed. L halb bed.

Belmullet .. ? Aberdeen. 743 Christiansund 742 Kopenhagen. 7 Stockholm. 8e. 748 t. Peters bg. 743 Moskau... 755 Cork, Queens⸗ 16 Cherbourg. 742 . . (,,. . Swinemünde 748 Neufahrwasser 748 Memel ... 748

. w . nster 769 Karlsruhe. 755 Wiesbaden. J754 München.. 756 Chemnitz.. 753 Berlin.... 7259 Vier... 6 Breslau... 749 55

8 22

2 8 22

Freitag: , . des

von

Bukovies.

& & σ · e e , e RE QO —— O GSO 5

der lügt!

od O , , c

1 m

Gestern Gewitter. ) Abends und Nachts Regen.

3) Nachts Regen. 9 Nachts Regen. Uebersicht der Witterung.

Beim Herannahen einer tiefen Depression vom Ozean her ist vorm Kanal das Barometer außer⸗ ordentlich stark gefallen, auf den Seillys um 13 mm in den letzten 14 Stunden, während zu Cherbourg stürmische Südwesswinde eingetreten sind. Ueber Zentral Europa dagegen hat der Luftdruck, welcher Über Südwest⸗ Europa am höchsten ist, stark zu⸗ genommen. Bei meist schwacher südwestlicker und westlicher Luftströmung ist das Wetter in Deutschland vorwiegend trübe und durchschnittlich etwas kälter; fast allenthalben haben Niederschläge stattgefunden. Karlsruhe und Mülhausen batten am Nachmittag Gewitter. Wärmereg Wetter demnächst wahr⸗ scheinlich.

Freitag

Haase.

Deutsche Seewarte.

Theater⸗Anzeigen.

Königliche Schauspiele. Donnerstag: Opern i. 78. Vorstellung. Märchenspiel in 3 Bildern von Engelbert Humper⸗ dinck. Text von Adelheid Wette. In Scene gesetzt vom Ober -Regisseur Tetzlaff. Dekorative Einrich⸗ mn vom Ober · Inspektor Brandt. Dirigent: Kapell⸗ meister Weingartner. = Die Puppenfee. Panto⸗ mimisches Ballet ⸗Divertissement von Haßreiter und Gaul. Musik von Josef Baver. In Scene ge t vom Balletmeister Emil Graeb. Dirigent: Musik⸗ Direktor Steinmann.

Schauspielhaus. 84 Vgrstellung, Halali. Lust⸗˖

spiel in 4 Aufzügen von Richard Skowronnek. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Max Grube. Tie stille Wache. Richard Skowronnek. In Scene gesetzt vom Re⸗ gisseur Plaschke. Anfang 74 Uhr. Opernhaus. igaro. Komische Oper in 4 Akten zolfgang Amadeus Mozart. Text von Beau⸗ marchais. von Lorenzo Daponte. Uebersetzung von Knigge Vulpius. Anfang 73 Uhr.

Schauspielhaus. der man sich langweilt. von Edouard Pailleron, übersetzt von Emerich von (Suzanne: Fräulein Bertha Hausner, vom Deutschen Volkstheater in Wien, als Gast.) Anfang 743 Uhr.

Deutsches Theater. Donnerstag: Weh dem, , . Uhr. Freitag (27. G' wissens wurm. Sonnabend: Zum ersten Male: Pastor Brose

von Adolph LArronge.

Berliner Theater. Saus⸗Gene. Anfang 74 Uhr. (29. Abonnements ⸗Vorfstellung): Snyochonder.

Sonnabend: Der Herr Senator.

Cessing · Theater. Donnerstag: Sodoms Ende. Anfang 75 Uhr.

Freitag: Gastspiel von Fr. Haase. Mariensommer. Im Excellenz. Eine kleine Gefälli keit.

Sonnabend und Sonntag: Gastspiel von Fr. Der sönigslientnant. Partie Piquet.

Volks, das seiner nicht vergißt, wendet noch einmal das unter dem Protettorgt Ihrer 2 der Kai und Königin stehende Comite und bittet um Gaben für diesen Bau der Pietät. Die Opferwilligkeit der Gemeinde, in welcher die Kirche liegt, hat 300 000 * dargeboten. Nur 200 O60 M find außerdem erforderlich, um in bescheldenen Grenzen das Gotteshaus feiner Bestimmung würdig herzustellen. Bisher sind I3 o00 M eingegangen, aber wir weifeln nicht, daß es nur dieses Weckrufs bedarf, um unsere frohe Hoffnung zu erfüllen, daß die Ein⸗ weihung am 18. Oltober d. J stattfinden kann. Wer den unver. eßlichen Kaiser lieb hat, wolle seine Gedächtniß⸗Kirche mitbauen ö und eine Gabe an unseren Vorsitzenden, Herrn astor Hagenau, Berlin NW.. Klopstockstr. 4. oder an unseren Schatz meister, Herrn Fabrikbesitzer Ernst Schäffer, Berlin NW., Albrechtstr. Ra, einsenden.“ Das Comité. J. A.: Dr. von Achenbach, Staats Minister und Sber⸗Präsident der Provinz Brandenburg. Dr. Baumbach, Qber⸗ Bürgermeister, Danzig. einrich Prin zu Schönaich ⸗Carolath. C. Dippe, Tommerzien Rath, Quedlinburg. Pr. von Goßler, Staats- Minister, Ober ⸗Praͤsident der Provinz Westpreußen. W. von Krause, Berlin. Graf Lehndorff. General der Kavallerie, General-⸗Adjutant. . von Mirbach, Ober ⸗Hofmeister. von Mischke, Genergl der nfanterie, General Adjutant. Nasse, * der Rhein⸗ Fropinz. Dr. A. von Oechelhäuser, Professor, idelberg. Overweg, Geheimer OberRegierungs Rath. Tandes Hauptmann der 3 Westfalen. von Pommer ⸗Esche, i, der Provinz Sachsen. von Pilgrim, Regierungs⸗ Präsident a. B., Wirklichen Geheimer Aber Regierungs- Rath. Minden. Schlutow, Geheimer Kommerzien · Rath, Stettin. von Strubberg, General der Infanterie. Studt, Ober⸗ Praäͤsident von Westfalen.

Ueber Hochwasser und dadurch verursachte Ueberschwemmungen bejw. Befeitlgung der Hochwassergefahr sind heute folgende Meldungen eingegangen:; .

Breslau, 26. März. In Ratibor ist der Wasserstand 423 über dem Mittelstand; heute Mittag wurde weiteres Steigen aus Ratibor, Sppeln und Brieg gemeldet. Nach Meldungen der Blätter aus Rawitsch ist der im vergangenen erbst aufgeführte Damm bei Bartschdorf von Wassermassen durchbrochen worden.

Thorn, 26. März. Das Warschauer General ⸗Konsulgt meldet, daß der Wasserstand gestern 305 und heute 361 betrug. Die Weichsel steigt auch bier. Der Ober⸗Präsident der Probinz Westpreußen, Staats⸗Minister Dr. von Goßler, ist hier anwesend.

Köln, 26. März. Nach Meldungen vom Oberrhein wird ein starkes Steigen des Rheins erwartet. Die Saar ist bereits über die Ufer getreten, aus Saarbrücken wird weiteres Steigen gemeldet; auch der Reckar steigt. Der Pegelstand hier ist 551 m. Es herrschen Regenschauer.

Prag, 245. März. Seit heute Nachmittag sinkt die Moldau langsam; auch die Nachrichten aus dem Lande konstatieren ein all⸗ mählichez Sinken des Wasser st andes. In Prag waren die tiefer gelegenen Stadttheile überschwemmt,. Die Gefahr ist jetzt be⸗ seitigt. Stärker gelitten hat der Vorort Liehen, dort mußten die Bewohner hastig die Parterrewohnungen verlassen. Das Wasser reicht bis zu den ersten Stockwerken; in den tiefer gelegenen Hãusern mußten die Bewohner der ersten Stockwerke auf Kähnen gerettet werden. Die Hafenanlagen in Lieben stehen unter Wasser; 33 Häuser sind überschwemmt.

Bern, 35. März. Infolge des Austretens der Broye ist der Bahnverkehr zwischen Mondon und Yverdon unterbrochen. Die Arve ist bei Genf stark angeschwollen und hindert den Ausfluß der Rhöne ans dem See. Der Bauplatz der neuen Coulouprenj re- Brücke in Genf steht unter Wasser. Der regelmäßige Dienst der Turbinen des städtischen Wasserwerks ist sehr erschwert.

Elbing, 2. März. Wie die „Elb. Ztg.“ meldet, überwies der Geheime Kommerzien⸗Rath Schichau der Stadt Elbing den Betrag von 150 000 46. zum Bau eines neuen Kranken hauses mit dem Vorbehalt, daß in dem Krankenhaus 12 Betten für die Arbeiter der Schichauschen Werke reserdiert bleiben. Ferner stiftete Herr Schichau 5000 M für Kinderbewahranstalten.

London, 26. März.. W. T. B.“ meldet: Die Herzogin von Fife eröffnete heute Nachmittag einen Bazar zu Gunsten der

An die treue Liebe des deuts

Hänsel und Gretel. 3 Akten von L. Held und M.

Carl Zeller. Regie: Herr

Anfang 73 Uhr. ; Freitag: Der Obersteiger.

Neues Theater.

Donnerstag: Ferrsol. von Victorien Sardou.

reitag:

Anfang 74 Uhr.

Sonnabend: Ferrsol.

Schwank in 1 Aufzug von

Abends 73 Uhr: Ferrsol.

79. Vorstellung. Die

Resid Virertion:

Theater.

S5. Vorstellung. Die Welt in Lustspiel in 3 Aufzügen

kontrakt.

einstudiert: Nanon. Komi

onnements . Vorflellung): Der Regie: Herr Unger.

Federmann. arrangiert vom k

74 Uhr.

Dirigent:

ierauf: Grand

Madame

Der

Donnerstag:

Zentral · Theater.

Donnerstag: Zum 41 Große

vom Direktor Richard Schultz.

Marcel. Ireltag: Unserẽ Rientiers.

Vorzimmer Sr.

ierauf: Eine

3 Akten von Ordonneau.

erklärte nach dem Bericht des W. T. B. der

Friedrich Wilhelmstädtisches Theater G hausseestraße 25/26. . Donnerstag: Der 63 Operette in

Fredy. Dirigent: Herr Kapellmeister Baldreich. Ermäßigte Preise der Plätze.

Schiffbauerdamm a. / 6.

Sittenbild in 4 Akten Anfang 73 Ubr.

Das liebe Geld. 4 Akten von Elsa von Schabelẽsti.

Sonntag Nachmittags 3 Uhr: Liebe von Heut.

Blumenstraße Nr. 3 * igmund Lautenburg. Donnerstag: Fer. nand' s Ehekontrakt. (Eil à ia patte,) Schwank in 3 Akten von Georges Feydeau, in deutscher Be⸗ arheitung von Benno Jacobson. Anfang 4 Uhr. Freitag und folgende Tage: Fernaud 's Ehe

d.

Theater Unter den Linden. Behrenstr. S5 57. Frl. Käthe Burkkardt, mit 59 Dirertion: Julius Fritzsche. Donnerstag: Reu t Komische Oper in 3 Akten (frei nach einem Lustspiel der Herren Theaulon und d'Artois) von F. Zell. Musik von Richard Gens.

. allabile (Ballet), alletmeister Herrn Louis Gundlach, ührt vom ganzen Balletpersonal.

Freitag: Nanon. Grand Ballabile. (Ballet.

Alte Jakobstraße Nr. 30. Direkt ion: Richard n,. Emil Thomas a. G.

Male: Unsere Rentiers. 2 Posse mit Gesang und Tanz in 4 Akten ron Wilhelm Mannstädt und Julius Freund. Mußk von Julius Ginödsbofer. In Scene Anfang 75 Uhr.

Adolph Ernst ˖ Theater. Donnerstag. Zum 6. Male: Madame Suzette. , n, , in Mustk von

Bereinigung briti cher und e, gel ate.

Gleichzeitig schenkte die Herzogin dem Fräulein

Dame, die den Untergang des Dampfers Elbe. überlebt bed ihn Grinnerung an ihre glückliche Rettung eine Uhr, zu welcher in dem Bazar B 6 gezeichnet waren. Ez wurde mitgetheilt, daß auch Seine Majestaͤt der Deutsche Kaiser 50 Pfund Sterling ur Ünterstũtzung des Bazars übersandt habe.

London, 2s. März. Die von dem Foroner ln, gewesene Verhandlung über den Untergang des Dampfers Elbe“ wurde heute in Lowestoft wieder aufgenommen, jedoch abermals vert und zwar bis zum 30. April. Im Laufe der ne, Verhandlung

52 oroner: Zu . Gründen, welche ihn zu diesem Beschluß bestimmt hätten. 6. Erwartung, der Norddeutsche Lloyd“ werde es ermöglichen, daß er der Coroner, aus Deutschland Zeugenaussagen erhalte, jedoch ließen die in den letzten Tagen eingegangenen Mittheilungen dies narf zweifelhaft erscheinen.

Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen.

riedrichsruh, . März, 12 Uhr 15 Minuten. (W. T. B.) Seine Königliche Hoheit der Prinz Heinrich ist um 11 Uhr mit dem Prinzen Waldemar und dem Hof— Marschall, Kapitän zur See Freiherrn von Seckendorff zur Beglückwünschung des Fürsten Bismarck hier eingetroffen und soeben nach Kiel zurückgekehrt. Der Reichskanzler Fürst zu Hohenlohe traf gleichzeilig mit Seiner Königlichen Hoheit dem Großherzog von Baden um 111½ Uhr hier ein.

Der Großherzog erkundigte sich sogleich nach dem Be⸗ finden des Fürsten und begab sich darauf mit dem Reichs= kanzler zu Wagen nach dem Schlosse, wo Fürst Bismarck auf der Thürschwelle seine Gäste auf das herzlichste begrüßte. Der Reichskanzler Fürst zu Hohenlohe überbrachte die Gluͤck⸗ wünsche des Bundesraths und des Königlich preußischen Staats⸗ Ministeriums.

Um 1 Uhr 15 Minuten kehrten der Großherzog und der Reichskanzler nach Berlin zurück.

Um 10 Uhr erfolgte die Abholung der Standarten aus dem Schlosse. Die Schwadron der Halberstädter Kürassiere zog unter den Klängen des Feber ber ng; Marsches in den Schloßpark ein, worauf der Fürst in Kürassieruniform mit seiner Familie aus dem Schloßgarten heraustrat. Beim Ab— rücken der Schwadron verabs iedete sich der Fürst sehr herzlich von den Offizieren. An die Wachtmannschast und den Wachthabenden richtete der Fürst Fragen nach Heimath und Namen. Der Fürst kehrte sodann in das Schloß zurück, wo der Kommandeur des Kürassier⸗-Regiments mit seinem Adjutanten noch einige Zeit verweilte. Nach der Ein—⸗ liehen des Doppelpostens und der Wache erfolgte auf dem Bahnhofe die Einschiffung der Schwadron, welche Mittags über Wittenberge, Magdeburg nach Halberstadt zurückkehrte.

Madrid, 27. März. (W. T. B.) Die Regierung be—⸗ schloß, zu den Feierlichkeiten anläßlich der Eröffnung des Nord⸗Ostsee⸗Kanals die Panzerschiffe „Pelayo“ und „Infanta Maria Teresa“ sowie ein Torpedoboot zu entsenden. Der Ministerrath hat den Wortlaut det Regierungsprogramms festgesetzt, welches heute im Parlament zur Verlefung kommen wird. Die „Correspondencig“ ver öffentlicht eine offiziöse Note, worin die Meldung, der Finanz Minister beabsichtige eine Anleihe aufzunehmen, für un— begründet erklärt wird.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten, Zweiten und Dritten Beilage.)

Audran. (Novität.) In Scene gesetzt von Adolyh Ernst. Anfang 7 Uhr. Freitag: Dieselbe Vorstellung.

Musik von Konzerte.

Konzert Haus. Donnerstag: Karl Mender⸗ gonzert. Quyv. . Der Freischütz', Weber. ‚Wilbelm Tell, Rossini. Die Schweizerhütte', Adam. Andantins con moto (neu) v. Jnon. Künstler. Träume“, Walzer v. Vollstedt. Ein Märchen. f. Violine v. Bohm (Herr Gutdeutsch). .Der Lieber⸗

Sausplel in traum“ f. Piston v. Hoch (Herr Werner).

Sing · Akademie. Donnerstag, Anfang 8 Uh; Konzert der Pianislin Marie Mildred Marsh mit dem Philharm. Orch. unt. güt. Leit. d. Herrn Prof. Karl Klindworth.

ö Familien⸗Nachrichten.

Verlobt: Frl. Frida Rehbock mit Hrn. pestg Sack (Gumbinnenj. Frl. Anng Meßne mit rn. Bürgermeister Bodura (Schweidnitz!.! rl. Annemarie von Nathusius mit Hrn. Lieutenant R. Thomas von Nathusius (Potsdam). ec. Lieutenant d. R. Max Schmidt (Gr. Lichterfelde). Geboren: Ein Sohn: Srn. Landrath Erntt von Glasenapp (Tucheh. Eine Tochter: Hrn. Gerichts⸗Assessor Klein (Breslau). Hin. Rittmeister a. D. von Osterroht (Strellentin). Gestorb en: Verw. Fr. Kreisgerichts⸗Rath Pauline Wagner, geb. Kreisler (Ostrowo). Hr. Wirkl. Geh Sber⸗Regierungs⸗Rath 4. D. Br. Gustap Singelmann (Berlin. Fr. Hortense du Bois, geb. von Fran nn Jena). Fr. Marianne von Usedom, geb. Schach von Wittenau Rudol. stadt). * Dr. Sher, Forft mieister Wil hesm Schmie y (Königsberg i. P). Fr. Hofrath Louise Kossel geb. Rehberg (Rostoch.

Kapell meister

Anfang

Veraniwortlicher Redakteur: Siem enroth in Berlin. Verlag der Expedition (Sch ol h in Berlin.

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlag Anstalt, Berlin sw., Wilhesmstraße Nr. 32.

Acht Beilagen leinschließlich Börsen · Beilage)

esetzt

dmond

Erste Bei lage

zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

M 76.

Nichtamtliches. Deutsches Reich. Preußen. Berlin, A. März.

Für die Berathung eines Schlußantrags zu 11 der Vorlage Maßnahmen zur Hebung des Getreide⸗ preises“ war von dem Staatsrath eine Kommission nieder⸗

esetzs worden, deren Vorschläge demnächst in der bereits ver⸗ öffentlichten Fassung von dem Staatsrath angenommen

ub. Bie Kommission hat der Berathung ihrer Vorschläge eine Uebersicht über das Ergebniß der nen,, bezuglich der⸗ senigen unter I1 bezeichneten Maßnahmen, welche eine unmittel⸗ bare Einflußnahme auf den 6 des Getreides durch Ein⸗ greifen des Staates in den andel bezwecken, zum Grunde gelegt und die demnächstige Veröffentlichung derselben in Form iner Denkschrift empfohlen, um die Erwägungen im einzelnen erkennen zu lassen, welche die Kommission bei der Fal nz ihres Ieschlusc geleitet haben. Im Staatsrath wurde hier⸗

gegen ein Bedenken nicht erhoben.

Diese von der Kommission nach Fassung und Inhalt im einzelnen festgesetzte Denkschrift wird hierdurch im Auftrage des Königlichen Staats-⸗Ministeriums veröffentlicht:

i, betreffend das Ergebniß der Verhandlungen des Staatsraths zu 11 der Vorlage.

Bei den Verhandlungen zu 11 der Vorlage, „Maßregeln zur 8 des Getreidepreises“, gelangten die nachfolgenden deñg

tspunkte zur Erörterung:

Die Nothlage der Landwirthschaft:

Dieselbe wurde allgemein anerkannt und im wesentlichen auf das Sinken der Preise landwirthschaftlicher Produkte unter die Produktionskosten zurückgeführt, welches zur Folge gehabt habe, daß die auf den Gütern lastenden Schulden bei gleich⸗ zeitigem Steigen aller die Produktion belastenden Ausgaben u einer Ueberschuldung e t hätten. Das Sinken der

etreidepreise wurde zurückgeführt auf den massenhaften Ein⸗ bruch fremden Getreides. Die ungeheuere und billige Ge⸗ treideproduktion fremder Länder und anderer Welttheile, ver⸗ mehrt durch die Ausnutzung jungfräulichen Bodens, welche durch die Erleichterung der Transportverbindungen, den Bau von Eisenbahnen, die , von Dampferverbindungen, die Herabsetzung der Transyortkosten in zunehmendem Um⸗ fange auf den europäischen Markt geworfen werde, habe auch im Inlande einen Preisdruck herbeigeführt, gegen welchen der Zoll einen Schutz nicht mehr zu bieten vermöge. Die minder⸗ werthige Valuta der Getreide importierenden Länder be⸗ günstige noch die Einfuhr, indem sie gleich einer Einfuhr⸗ prämie wirke.

Die Nothlage der Landwirthschaft, welche insbesondere hei dem Getreidebau infolge der gesunkenen Preise die Kosten ihrer Produktion mit dem Erträgniß nicht mehr zu decken vermöge, sei mit Ausnahme weniger Landestheile eine allgemeine, wenn auch nicht überall gleichmäßig hervortretende. Insbesondere wurde die Nothlage der roßen landwirthschaft⸗ lichen Betriebe für schwerer und cr als diejenige der Kleinbetriebe, und die Nothlage der östlichen Landes⸗ theile für größer als die des Westens J Der sinkende Reinertrag der Güter sei vielfach nicht mehr ausreichend für Verzinsung und Tilgung der darauf haftenden Schuldenlast, sodaß die Verschuldung zu einer Ueberschuldung geworden sei. Ob diefe Nothlage eine dauernde sein werde, wurde von anderer Seite unker Hinweis auf niedrigere Getreide⸗ preise früherer Jahre (1822, 1851) und die Schwankungen in den Ergebnissen der ausländischen und inländischen Ernten be⸗ zweifelt, ins besondere auch darauf hingewiesen, daß in den haupt⸗ ke n fremden Produktionsländern die Abnahme der un⸗ befiedelten Flächen und die Zunahme der Bevölkerung den zum Export gelangenden Getreide Ueberschuß nach und nach dermindern und zuletzt absorbieren werde. Auf der anderen Seite wurde dagegen betont, daß durch die rapide Zunahme und Verbesserung der Transyortverbindungen immer wieder neue Gebicte wie neuerdings in Argentinien, künftig Sibirien, erschlossen würden, welche wieder das Angebot auf dem europäischen Markt erhöhen und die Preise drücken würden.

JI. Hiernächst gelangten die Mittel zur Beseitigung dieses Nothstands zur Erörterung.

Es wurden unterschieden: .

I die, welche eine unmittelbare Einflußnahme auf den . des Getreides durch Eingreifen des Staats in den

andel bezwecken, und .

2) eine Reihe von sonstigen Mitteln, welche neben den unter I2 bis V der Vorlage aufgeführten Vorschlägen als ge⸗ eignet bezeichnet wurden, die vorhandene Nothlage der Land⸗ wirths . wenn auch nicht zu beseitigen, doch zu mildern und besseren Zuständen entgegen zu führen.

Unter den ersterwähnten Mitteln standen im Verdergrund der Erörterung die in dem Antrage des Grafen Kanitz ent⸗ haltenen Vorschläge, wonach: .

I) der Einkauf und Verkauf des zum Verbrauch im Zoll⸗ ebiet bestimmten ausländischen Getreides, mit Einschluß der

ählenfabrikate, ausschließlich für Rechnung des Reichs erfolgt,

9 bie Verkaufspreise des Getreides nach den inländischen Durchschnittspreisen der Periode 1850 bis 1890, die Verkaufs⸗ preise der Mühlenfabrikate nach dem wirklichen Ausbeute⸗ verhältniß, den Getreidepreisen entsprechend, bemessen werden, sclang⸗ hierdurch die Einkaufspreise gedeckt sind,

) über die Verwendung der aus, dem e nf des Getrelbes und der Mühlenfabrlkate zu erzielenden Ueber chüsse derart Bestimmung getroffen wird, daß. .

a. alljährlich eine den jetzigen Getreidezoll⸗ Einnahmen mindeslens gleichkommende Summe an die Reichskasse ab⸗ geführt wird, ( . ͤ

Pp. zur Ansammlung von Vorräthen für außerordentliche , Kriegsfalle 2c) die nöthigen Mittel bereit gestellt werden,

Berlin, Mittwoch, den 27. März

. ein Reservefonds gebildet wird, um in Zeiten hoher In⸗ und Auslandspreise die Zahlung der an die Reichskasse jahrlich abzuführenden Summe (a) sicher zu stellen.

Gegen deese Vorschläge wurden insbesondere folgende Be⸗ denken erhoben:

a. Es wurde zunächst bezweifelt, ob dieselben ihrem Zweck entsprechend eine Hebung der Getreidepreise im Sinne des Antrag⸗ stellers herheiführen würden. Die Annahme, daß der Preis des in⸗ ländischen Getreides ohne weiteres auf die Höhe des Verkaufspreises der Reichs verkaufsstellen (Durchschnitt der letzten 40 Jahre) steigen werde, sei nicht ohne weiteres zuzugeben, zumal die regionale Verschiedenheit der Verkaufsprelse, die Berechnung von Fracht⸗ kosten und Lagerspesen, unter Umständen auch das Maß des Bedarfs der einzelnen Landestheile den Preis beeinflussen und verschiedenartig gestalten würden; es wurde auch hervorgehoben, daß von den rund 5 200 000 inländischen landwirthschaftlichen Betrieben 4 Millionen auf eine Anbaufläche von 5 ha und weniger sich beschränkten, daher das von ihnen produzierte Brotgetreide völlig konsumierten, von einem gesteigerten Verkaufspreise also einen Gebrauch nicht machen könnten. Dagegen wurde darauf hingewiesen, daß durch die in vielen Bezirken noch übliche Bezahlung der Arbeiter mit Erdruschantheilen und anderen Naturalien diese ein wesentliches Interesse an einem entsprechend hohen Ver⸗ kaufspreise haben.

B. Es wurde weiter die Durchführbarkeit der Vorschläge des Grafen Kanitz in Zweifel gezogen. Mit der An⸗ nahme derselben würde der Gektreidehandel unterbunden und die bisherige Aufgabe desselben, das Inland mit fremdem Getreide zu versorgen, soweit das eigene Er⸗ trägniß nicht ausreiche, dem Reich übertragen. Das Reich übernehme damit die schwierige, komplizierte und ver⸗ antwortliche Funktion des ausländischen Getreidehandels, und

zwar:

1) die Schätzung des Bedarfs.

Es handele sich hier um die Feststellung einerseits des Erträgnisses der inländischen Ernte, andererseits um die Feststellung des gesammten, vielseitigen, inländischen Bedarfs, nach Menge, Arten, Zeit und Ort der Verwen⸗ dung, und zwar für alle Konsumtionszwecke, Brot, Bier, Feingebäck, Kuchen, Futter⸗ und Fabrikationszwecke aller Art. Schon die Schätzung der Ernte sei außerordentlich schwierig, vollends aber die Schätzung des Mehrbedarfs nach den angegebenen Gesichtspunkten. Sicher erkennbar werde derselbe erst nach dem Verbrauch der Ernte, während die Be⸗ schaffung bes Fehlbetrags schon vorher zu erfolgen habe.

2) Die Deckung des Ankaufs könne nur im Auslande erfolgen, ebenso die Abnahme; denn kein Imperteur könne sich darauf einlassen, für die Deckung des inländischen Bedarfs Getreide zum Verkauf im Inlande anzubringen, ohne die Sicherheit, daß dasselbe auch abgenommen werde, da es im Fall verweigerter Abnahme seitens des Reichs an einem anderen Käufer im Inlande fehle. Ankauf und Abnahme müßten also durch ständige Agenturen des Reichs in den aus⸗ ländischen Produktionsgebieten erfolgen. Uebersendung von Proben an die inländischen Reichsbehörden und demnächstige Anlieferung nach Probe im Inlande sei schon durch die da⸗ zwischenliegende Zeitdifferenz ausgeschlossen.

3) Müt dem Ankauf und der Abnahme im Auslande erwachse den reichsländischen Agenturen auch die Verpflichtung, das angekaufte Getreide nach dem Inlande zu verfrachten und auf die verschiedenen inländischen Häfen und Bedarfsplätze zu vertheilen. Da die Fracht bei dem Getreidepreis eine f wesentliche Rolle spiele, liege hierin eine wichtige und besonders schwierige . der Ankaufsagenturen, zu⸗ mal sie die genaueste Kenntniß der vorhandenen Trans⸗ port⸗ Verbindungen, der, Eisenbahn⸗ und Dampferfrachten voraussetze. Mit Sicherheit sei anzunehmen, daß der Stgat durch seine Agenten im Ausland erheblich theurer einkaufen werde als der freie Handel.

9 Der Verkauf des Getreides im Inlande solle nach dem Durchschnittspreise der letzten 40 Jahre erfolgen. Man müsse wohl annehmen, daß hiermit nicht der Durchschnittspreis für das ganze Jahr und das ganze Land, sondern der Durchschnittspreis der einzelnen Landesthelle nach ihren besonderen Bedarfszeiten zu verstehen sei. Das sei eine außerordentlich schwierige Er⸗ mittlung. Dieselbe wäre aber noch schwieriger, wenn es sich, wie anzunehmen, nur für das laufende Jahr um die Durch⸗ schnittspreise von 1850 - 1890, für das folgende Jahr dagegen um die Durchschnittspreise von 1851 1891, in den weiter folgenden Jahren um die Preise von 1852 - 1892 u. s. w. handele, sodaß die Durchschnilts⸗Periode von Jahr zu Jahr sich verschiebe und die Ermittlung der Durchschnittspreise in jedem Jahre von neuem anzustellen sei.

5) Für die Vertheilung des Getreides im Inlande werde die Errlchtung größerer Magazine und ein entsprechendes Beamtenpersonal für die Verwaltung desselben und den Ver⸗ kauf des Getreides erforderlich.

6) Für das Reich sei die Gefahr größerer Verluste mit einer folchen Aufgabe verbunden. Die Reichsverwaltung könne sich irren in der Schätzung des Bedarfs, sie könne zu viel kaufen und mit Verlust wieder zu verkaufen genöthigt 3 sie könne zu wenig kaufen und den Fehlbetrag später zu hohen Preisen ergänzen müßen. Sie könne ferner sich irren in der Preisstellung, zu hohen Preisen kaufen und zu niedrigen Preisen . müssen, wenn einmal die Preise das Niveau des Durchschnitts der letzten 40 Jahre wieder überschritten haben sollten. Es komme noch hinzu die Gefahr des Verlustes durch unrichtige Behandlung des Getreides in den Magazinen, Verderben oder Zerstörung der Lagerbestände.

7) Das in den ausländischen Agenturen und in den inländischen Magazinen beschäftigte Beamtenpersonal würde bei dem großen Ümfang und Geldeffekt der ihm , , ,. Geschäfte, bei der leichten Möglichkeit, hierbei einen unredlichen Gewinn zu machen, Versuchungen aller Art und stets, ins⸗ besondere bei ungünstigen geschäftlichen Ergebnissen, gehässiger Verdächtigung ausgesetzt sein.

Es werde mithin dem Staat eine neue, n, für eine bureaukratisch gegliederte Organisation überhaupt nicht lösbare Aufgabe zugedacht.

1895.

Der inländische Getreidehandel mit seinen im In⸗ und Auslande weit verzweigten Handelsverbindungen sei eine im Laufe von vielen , mu. allmählich aus dem wachsenden Bedürfniß heraus durch eigene Kraft entstandene Organisation, die mit den Lebensverhältnissen, den Produktionsverhältnissen, der Preisbildung, deni Absatz und der Verwendung in In⸗ und Ausland genaue Fühlung habe und dadurch allein befähigt fei, eine e außerordentlich schwierige und mit so großen Risiken verbundene Aufgabe, wie die jeweilige Versorgung des Inlandes mit seinem viel⸗ ihn und wechselnden Bedarf in den einzelnen Getreide⸗ sorten zu übernehmen. Das Reich sei einer solchen Aufgabe nicht gewachsen und könne die damit verbundene Gefahr nicht tragen. Das Bestehende zu zerstören und durch eine neue Schöpfung von so zweifelhafter Wirksamkeit ersetzen zu wollen, sel unbedingt zu widerrathen.

Dieser Auffassung gegenüber wurde von dem Antrag⸗ steller ausgeführt: Eine Schätzung des Bedarfs sei in dem vorbeschriebenen Umfange durchaus nicht erforderlich, ebenso⸗ wenig wie der inländische Getreidehandel zu bestehen aufhören werde, wenn seine Anträge zur Annahme gelangen sollten. Der Getreidehandel habe 2 wie vor die . das Inland mit dem erforderlichen Getreide zu versorgen und werde dieselbe selbstverständlich behalten. Der Importeur werde, sobald er sich darüber informiert habe, an welchen Orten und welche Quantitäten und Qualitäten der verschiedenen Getreide⸗ sorten das Reich zu kaufen wünsche, seine Anerbietungen machen. Die Reichsverwaltung werde ihm das angebrachte Getreide der Regel nach nicht abzunehmen haben, weil er es selber gegen Einzahlung der Differenz zwischen dem An⸗ kaufs⸗ und Verkaufspreise übernehmen werde, um damit die Versorgung der inländischen Konsumenten wie bisher, zu bewirken. Nur in seltenen Fällen werde es zu einer wirklichen Abnahme und Magazinierung des Getreides kommen. Das Bedarfsquantum, welches überhaupt für den Ankauf des Reichs in Frage komme, betrage nicht mehr als circa ein . der inländischen Produktien, dessen Einführung und

ertheilung reichsseitig erforderlich werden könne, Die G enzpunkle für die Getreideeinfuhr seien die bis⸗ herigen und würden im wesentlichen unverändert bleiben. An diesen etwa 30 Stellen würden die er⸗ forderlichen Einrichtungen, soweit nöthig, durch Uebernahme von den bisherigen Inhabern gegen Entschädigung unschwer bereit zu stellen sein. Soweit hiernach das Reich seinerseits den Bedarf zu . habe, um die übermäßige Einfuhr aus⸗ saschtieken werde lediglich das Risiko des Getreidehandels und amit zugleich die wilde Spekulation Einschränkung erfahren. iergegen wurde von der Gegenseite eingewendet, daß die Schäßöung des Fehlbetrags doch immer die Schätzung des Gesammtbedarfs zur Voraussetzung habe, daß dieser Schätzung sich das Reich nicht entziehen könne, wenn es die Bersoͤrgung des Inlandes, die Deckung des inländischen Bedarfs übernehmen wolle. Diese Schätzung so zu bewirken, daß der Getreidehandel dadurch die Versorgung des Inlandes wie bisher behalten könne, sei aber nicht möglich. Die Be⸗ schaffung des Einfuhrgetreides müsse eingeleitet werden lange vor der Zeit, wo der Bedarf erkennbar hervortrete, und trage deshalb die große Gefahr, des Irrthums, der Ueberschätzung oder Unterschätzung in sich. Diese Gefahr bei der Beschaffung des Importgekreides könne der Getreide⸗ handel nur übernehmen, wenn er seiner eigenen Schätzung entsprechend importieren könne, ohne die weitere Gefahr zu laufen, auf Grund der späteren abweichenden Schätzung der Reichsverwaltung mit dem angebrachten Getreide abgewiesen zu werden.

C. Von der Zerstörung des ausländischen Getreidehandels, welcher von den Gegnern des Kanitz'schen Antrags hiernach als sicher angenommen wurde, befürchten dieselben eine große Gefahr für den gesammten Exporthandel des Reichs. enn aus dem Güteraustausch mit den für unseren internationalen Verkehr hochwichtigen Getreide produzierenden Ländern, Oesterreich⸗Ungarn, Rußland, Rumänien, Nord⸗Amerika, Argentinien 2c, der wichtigste Waarenartikel, das Getreide, ausscheide, so würde der gesammte diesseitige Export nach diesen Ländern eine schwere ünd unwiederbringliche Schädigung erleiden, da die Gegenseitigkeit des Güteraustausches die Grundlage feiner bisherigen Entwickelung bilde. Der jährliche Export des Deutschen Reichs, welcher sich durchschnittlich auf rund drei Milliarden berechne, sei für die inländische Industrie und für die Landwirthschaft (Zucker, Spiritus, Stärke Bier 2c.) unentbehrlich; mit seinem Niedergang sei der Verfall der blühendsten Industriezweige des Inlandes nothwendig ver⸗ bunden. Damit werde für die in diesen Industriezweigen be⸗ schäftigte Arbeiterbevölkerung, welche einen großen Bruchtheil der . Bevölkerungsziffer ausmache, eine schwere und gefährliche Nothlage hervorgerufen werden,

d. Üm der Landwirthschaft die Möglichkeit eines die Pro⸗ duktionskosten deckenden Erträgnisses zu gewähren, verlange man die außerordentlichen, von dem Grafen ö. vorgeschlagenen Maßregeln. Es sei anzunehmen, da hier die individuellen Produktionskosten nicht . da sie ja von der ungünstigen Lage und er geringeren Intelligenz des Einzelnen in nach⸗ theiliger Weise 2 werden könnten, sondern die ratio⸗ nellen Produktionskosten eines verständig geordneten landwirth⸗ . Betriebs. Immerhin aber bleibe es e e f, wie diese Produktionskosten zu rechnen seien, da sie jedenfalls nach Ort und Art der Betriebe sich verschieden stellen würden und bei einem nicht auf den Anbau von Getreide beschrãnkten landwirthschaftlichen Betriebe sich aus den gesammten Betriebs⸗ kosten nicht ausscheiden ließen. Erhöhe man aber die Getreide⸗ preise auf den vermeintlichen Betrag dieser Produktionskosten, so werde sich der Vortheil dieser Maßregel sehr ungleich vertheilen. Wer nur Körner baue, habe den Vortheil ganz; wer Viehzucht oder landwirthschaftliche Nebenbetriebe außer dem Körnerbau führe, würde nur für den letzten Theil seines gesammten Betriebs den Vortheil der Preiserhöhung haben. olle man aber dem Getreidehandel durch eine künstliche ee, e, de, die Produttionskosten garantieren, so würden alle anderen eidenden

eine

gemeint