Massengüter sind in sehr wesentlicher Beziehung ermãßigt worden. Meine Herren, diese Ermäßigungen haben sich zumeist vollzogen in der Form der Staffeltarife. Schon der Spezialtarif II unseres Normal · Tarifschemas ist ein Staffeltarif, wenn auch ein sich in sehr mäßigen Grenzen abstaffelnder. Dagegen sind die Ausnahmetarife, unter deren Herrschaft mehr als 480 /0 der gesammten Waaren befördert werden, fast ausnahmslos Staffeltarife. Meine Herren, es ist daher einiger maßen befremdend, daß das Verlangen in dieser Petition sowohl wie in weiten Kreisen unseres Landes dahin geht, das jetzige Tarifsystem vollständig über den Haufen zu werfen und statt dessen für alle Güter ein gleichfärmiges Staffeltarifsystem einzuführen. Es wird einer der⸗ artigen Maßregel der große Vorzug nachgerũühmt, daß dann auf alle Ausnahmetarife verzichtet, die ganze Vielgestaltigkeit der Tarife mit einem Schlage beseitigt und die Möglichkeit geschaffen werden könne, nach allen Seiten gerechte und gleichmãßige Tarife für den Gütertransport einzuführen. Meine Herren, das klingt ja ganz schön und annehmbar; in Wirk⸗ lichkeit wird es aber nicht durchführbar sein, eine solche Maßregel ohne die allergrößten wirthschaftlichen Verschiebungen, und damit wirth · schaftliche Nachtheile herbeizuführen. Wir würden die Bedingungen, unter denen die Landwirthschaft, die Industrie, der Handel heut zu Tage arbeitet, vollständig über den Haufen werfen und würden dem einen Vortheil, dem anderen Nachtheil, allen aber eine Aenderung ihrer Produktions ⸗ oder Absatzbedingungen zufügen. Daß eine Lende⸗ rung des Tarissystems nur mit der allergrößten Vorsicht in Erwägung genommen werden kann und in der Ausführung den allergrößten Schwierigkeiten begegnen müßte, bedarf meines Erachtens kaum einer weiteren Ausführung. Meine Herren, es ist auch irrig, wenn man annimmt, daß man, wenn eine solche Maßregel ausgeführt worden wäre, damit nun zu stabilen Zu⸗ ständen käme, und noch irriger, wenn man solche als wünschenswerth hinstellen würde. Wenn heute ein derartiger allgemeiner Normaltarif eingeführt werden würde, würden wir morgen wieder dazu schreiten, Ausnahmetarife zu bilden. Es würde uns Landwirthschaft, Industrie und Handel dazu zwingen, denn sie können ohne eine derartige Indi⸗ vidualisierung des Tarifwesens unmöglich wirthschaften. Es kommt nur darauf an, ob die Grundlagen für derartige Ausnahme ⸗ tarife gerechtfertigt sind oder nicht. Der Herr Referent Graf Frankenberg hat darauf aufmerksam gemacht, daß bei der Einführung des Reformtarifs man sich gefreut habe, daß nun endlich die Zeit der Willkür, insbesondere die Zeit der Differentialtarife verschwunden wäre. Meine Herren, die Differential⸗ tarife bestehen für die preußische Staats, Eisenbahnverwaltung schon lange nicht mehr und haben wohl auch kaum jemals bestanden. Wir haben im ganzen Bereich der Eisenbahnverwaltung keinen einzigen Differentialtarif. Unter Differentialtarif verstand man jederzeit und versteht man auch heute einen solchen Tarif, der für weitere Entfer · nungen allgemein absolut niedrigere Frachten ergiebt, wie für nähere Entfernungen. Ein solcher Differentialtarif besteht nicht; selbst der so vielfach angefochtene russische Getreidetarif nach Königẽ berg und Danzig ist in diesem Sinne kein Differential⸗ tarif, denn die Sätze sind von jeder russischen Station aus absolut höher, als von der von Königsberg und Danzig am weitesten entfernt gelegenen Station des Inlandes. Ich werde mir gestatten, in der Beziehung noch einige Ziffern später anzuführen. Meine allgemeine Stellung zu dem Staffeltarif habe ich ja wiederholt die Ehre ge⸗ habt, auch in diesem hohen Hause darzulegen. Ich stehe noch heute auf demselben Standpunkt, den ich seiner Zeit eingenommen habe und den der Herr Referent aus dem kurzen Resums, das ich seiner Zeit im Abgeordnetenhause gegeben habe, näher präzisiert hat. Ich balte noch heute das System der Staffeltarife für den Gütertransport für ein wirthschaftlich und finanziell richtiges. Allein ich bin nicht der Meinung, daß man nur Staffeltarife nach gleicher Formel für alle Güter und alle Verkehrsbeziehungen einführen kann. Wohl aber bin ich der Meinung, daß man sich da, wo eine Reform der Güter⸗ tarife im einzelnen als nothwendig sich ergiebt — und wenn man don einer Reform der Tarife spricht, so meint man natürlich immer eine Ermäßigung, eine Reform nach oben hat nie jemand ins Auge gefaßt, wenigstens im Lande nicht — in erster Linie die Frage dorju⸗ legen hat, ob diese Reform sich nicht in der Form der Staffeltarife zu vollziehen hat. Nun bin ich ferner der Meinung, daß das System der Staffeltarife sich in der Regel insbesondere eignet für die Produkte und Hilfsstoffe der Landwirthschaft. (Sehr richtig) Das ist nicht nur meine Auffassung, sondern auch die Auffassung der Staatsregierung, sie ist auch bei wiederholter Gelegenheit ausgesprochen und thatsachlich demgemäß auch verfahren worden. Der Getreidetarif vom 1. Sep⸗ tember 1891 — der viel angefochtene und leider am 1. September 1894 gefallene — war ein Staffeltarif, und zwar ein wirksamer Staffeltarif, der es ermöglichte, auf weite Entfernungen das Getreide zu verfrachten. Auf die Gründe näher einzugehen, die seiner Zeit zur Aufhebung dieses Tarifs geführt haben, darf ich wohl verzichten; sie sind so häufig erörtert worden, daß, glaube ich, wohl kaum jemand jm Lande darüber im Unklaren ist. Die Nichtwiedereinführung von Staffeltarifen ist zwar nach keiner Richtung hin verbindlich zugesagt worden und konnte auch nicht zugesagt werden; dagegen würde es meines Erachtens doch den Voraussetzungen, unter denen seiner Zeit der Handelspertrag mit Rußland abgeschlossen und auch die Auf⸗ hebung des Identitätsnachweises vom Reichstag genehmigt worden ist, nicht entsprechen, wenn wir die Getreidestaffeltarife, wie sie am 1. Sep⸗ tember 1891 eingeführt worden und am 1. August 1894 aufgehoben sind, nunmehr wieder ins Leben rufen würden. Meine Herren, es ist vielfach angeregt worden, man möchte den sogenannten Ostbahn . Staffeltarif doch auch beseitigen; er habe keinen großen Nutzen für die östlichen Provinzen, und das hat ja für Ost⸗ preußen Herr Graf Klinckowström heute bestätigt; er diene aber
billißzen Preisen nicht nur nach Berlin zu kommen, sondern iu billigen Preisen auch unsere Ostseeplãtze auffusuchen. Denn der Ostbahn ⸗ Staffeltarif gilt nach jeder Richtung und gilt nicht bloß für Berlin. Ich muß sagen, ich kann die dafür sprechen sollten, im Interesse der Produzenten östlich von Berlin diesen Getreidestaffeltarif zu beseitigen und dafür den höheren Normaltarif wieder ein zufũhren; es würde das unzweifelhaft für eine große Anzahl von Produzenten immerhin nicht unerhebliche Erschwerungen in dem Absatz ihrer Pro⸗ dukte sowohl auf dem Berliner Markt wie nach den Seeylãtzen hervor⸗ rufen. Indessen mag ja diese Frage noch einmal näher untersucht und erörtert werden. Wie gesagt, im Jahre 1894 hat man sich fü‚r Beibehaltung dieser Ostbahn⸗Staffeltarife sehr lebhaft ausgesprochen. Was nun den § 19 des russischen Handels vertrages bezw. die Zusatzbestimmungen zu 5 12 anbetrifft, so möchte ich mich auf die staatsrechtliche Deduktion des Herrn Grafen von Klinckowström, die ich für unrichtig halte, nicht weiter einlassen. Die russischen Handelsverträge sind von allen Faktoren der Reichsgesetzgebung genehmigt und dadurch für das ge⸗ sammte Reich zum Gesetz geworden — eine Genehmigung seitens der einzelnen Bundesstaaten bezw. ihrer Landtage ist meines Erachtens damit überflüssig geworden. Meine Herren, der Zusatz zu dem 8 19 ist nun vielfach in der Presse sowohl wie im Landtag und auch im Reichstag angefochten worden. Dazu möchte ich zunächst bemerken, daß der 5 19 nur den thatsächlichen Zustand, wie er bereits bestand, friert. Es sind seit längerer Zeit die russischen Tarife für Königsberg und Danzig übernommen worden, genau so wie das in dem 519 vorgesehen worden ist, es sind mit andern Worten unsere Seehäfen von seiten der russischen Eisenbahnverwaltung als russische Häfen angesehen worden. Es war für unsere Ostsee⸗ plätze von der allergrößten Bedeutung mit Rẽäcksicht auf die Konkurrenz von Liebau, welches sich von Jahr zu Jahr in seiner Leistungsfähigkeit und auch in seinen Leistungen selbst außerordentlich gehoben hat, in dem Handelsvertrag eine bestimmte Zusicherung Ruß⸗ lands zu erlangen. Das ist durch den 5 19 erfolgt. Der Zusatz zu F 19 enthält nun allerdings etwas Neues, indem er die Durch⸗ rechnung der russischen Tarife nicht mehr von der See⸗ ausfuhr abhängig macht, sondern die ermäßigten russischen Tarife auch für Königsberg und Danzig loko giebt. Es ist daraus die Befürchtung erwachsen, und sie hat ja im ersten Augenblick auch Wahrscheinlichkeit für sich, daß nun das nach Königsberg gelangte russische Getreide von dort aus rückwärts ins Land befördert würde, um dort mit der inländischen Produktion in Konkurrenz zu treten. Es hat Herr Graf von Klinckowströäm davon gesprochen, daß die Staats Eisenbahnverwaltung bemüht gewesen wäre, diesen Befürchtungen durch Verwaltungs maßregeln entgegenzutreten, und er hat offenbar da eine Maßregel im Auge gehabt, die darin besteht, daß diese russischen Tarife nur gewährt werden für solches Getreide, welches loko Königs⸗ berg und Danzig auch wirklich zur Ausladung kommt. Soll dieses Getreide nunmehr wieder ins Inland befördert werden, so hat es die aus der Verladung und Lagerung erwachsenden Spesen und bei Benutzung des Schienenweges Expeditionsgebühr aufs neue zu bezahlen für den Transport von Königsberg bezw. Danzig nach der Empfangestelle. Das genügt in weitaus den meisten Fällen, einen Rücktransport solchen russischen Getreides nach dem Inland un⸗ möglich zu machen; die Erfahrungen, die seit der Zeit gemacht wor⸗ den sind, bestätigen das vollständig.
Ehe ich die Ziffern hierfür gebe, möchte ich mir gestatten, die Konstruktion dieser russischen Tarife den Herren mitzutheilen. Es kommen hier allerdings nicht bloß die Staats⸗ eisenbahnstrecken, sondern auch zwei Privatbahnstrecken in Betracht, die in diesen Verkehren von sehr erheblicher Bedeutung sind: die Strecke Marienburg -Mlawka und die Ostpreußische Süd bahn. — Die deutschen Antheile der Staatsbahnstrecke Wir⸗ ballen — Königsberg betragen für Wilna — Königsberg (5325 km.) — 3,81 3 für das Tonnenkilometer, das ist genau der deutsche Satz des Ostbahn⸗Staffeltarifs pro Tonnenkilometer, also bei einer Ent⸗ fernung von 325 Kilometern findet eine Ermäßigung des deutschen Antheils nicht statt. Minsk, bos Kilometer, hat einen Satz von 3,22 3 gegen den Inlandssatz von 38 3; Homel (708 Kilometer) hat einen Satz von 2.28 pro Tonnenkilometer gegen 3,80 A, und so geht es weiter, sodaß Orenburg bei einer Entfernung von 27564 Kilometern, was ungefähr wohl die weiteste Entfernung, die hier in Betracht kommt, ist, auf 2, ol M pro Tonnenkilometer herabgeht. Es geht daraus hervor, daß die vielfachen Behauptungen, es wären weit geringere Sätze eingerechnet, z. B. 1,1 , irrig sind. Es ist aber auch ferner klar, daß die Wirkungen dieser Tarife doch nicht so ungemein einschneidend sein können, wie das vielfach behauptet worden ist.
Hiermit stehen die wirklichen Transportziffern auch im Ein klang. Es ist befürchtet worden, daß das russische Getreide theils ungemahlen, theils aber auch, von den großen Mühlen in Königsberg und Danzig zu Mehl vermahlen, ins Inland wieder hineinkommen könnte, und daß ferner auch der Konsum dieser großen Mühlen an ausländischem Getreide zunehmen würde. Meine Herren, es ergeben sich folgende Ziffern. Der Bezug an in—
land in den Königsberger Mühlen gestiegen, der Bezug an auslän⸗ dischem Roggen gefallen; es ist also gerade das Gegentheil von der ausgesprochenen Befürchtung eingetreten. Es ist gestiegen der Bezug an inländischem Roggen von 22700 t im Jahre 1892 auf 30 000 t in 1894; der Bezug von ausländischem Roggen ist von 10700 t in 1892 und von 14100 t im Jahre 1893 auf 10 000 in 1894 gefallen. Der Mehlabsatz der Königsberger Müblen nach dem Inland ist gefallen, nach dem Ausland gestiegen. Der
die Gründe nicht wohl einsehen,
Getreide
ländischem Roggen ist seit Abschluß des Handelsvertrages mit Ruß ⸗
der Provinz ist in den letzten vier Jahren ungefähr gleich geblieben; er betrug in jedem Jahre rund 22000 t; dieser ging im wesentlichen nach Pommern. Der Mehlabsatz über See ist gestiegen von 60 o)) auf 73 000 im Jahre 1894. Was nun den Getreide Eingang und
Ausgang in Königsberg und Danzig betrifft, so war derselbe fol.
gender: Im Jahre 1893 sind in Königsberg en e. vom Inland 140 000 t, 1894 vom Inland 135 00 t; vo Ausland sind eingegangen 1893 187 000, 1894 313000 t. Der Ausgang hat betragen nach dem Inland 1893 28 700, 1894 39 100, also bier sind 11009 mehr ins Inland gekammen. Ich komme auf diese Zahl noch zurück. Nach dem Auslande sind ausgeführt 257 000 t im Jahre 1893 und 376 000 t im Jahre 1894, also ein sehr erhebliches Anwachsen der Ausfuhr nach dem Auslande.
Was nun die Einführung verzollten Getreides nach dem Inland anbetrifft, so ist das in der Hauptsache Gerste und zwar Futtergerste. Rußland hat im Jahre 1894 eine so ergiebige Ernte an gering. werthiger Gerste gehabt, daß es sie zu außerordentlich billigen Preisen über die Grenze geworfen hat, und die Landwirthe in den Ostprorinzen haben sie gern als Futter genommen. Darin besteht die
Hauptzunahme. Dann ist aber auch ein Theil dieser Zunahme auf
das inländische Getreide zu nehmen, welches auf Grund des Einfuhr⸗ scheins ins Ausland gekommen ist; diese Menge betrug für Königs berg 19 900 t. Für die Getreidezufuhr nach Danzig stehen die Ver⸗ gleichsziffern von 1891 bis 1894 zur Verfügung, die noch zutreffender das Verhältniß beleuchten. Es ist die Zufuhr vom Ausland gewesen 1891 — 124 000t, 18392 — 47 000 t, 1893 — 117000 und 1894 — 115 000 t; dagegen vom Inlande 1891 — 38 000 t, 1892 — ga 000 t, 13893 * 71 000 t, 1894 — 77 000. Es hat sich also die Zufuhr nach Danzig von inländischem Getreide von 1894 gegen 1891 verdoppelt. Die Zufuhr von russischem hat sich, wenn auch nur eine Kleinigkeit, er—⸗ mäßigt. In Speisegetreide namentlich ist die Zufuhr von Ruß land erheblich geringer gewesen, dagegen hat sie ziemlich erheblich zu genommen in Kleie. Die See⸗Ausfuhr hat betragen von Danzig in allen Gattungen 1891 rund 100 000 t, im Jahre 1894 98 000 tz sie ist also im Gegensatz zu Königsberg nicht gestiegen, sondern hat noch eine Kleinigkeit abgenommen. Meine Herren, es dürfte daraus hervorgehen, daß wenigstens bis jetzt — was die Zukunft bringen mag, darüber können wir alle ein zutreffendes Urtheil, glaube ich, heute noch nicht abgeben — der Artikel 19 des russischen Handelsvertrags sammt seinem Anhängsel nicht die verderblichen Wirkungen ausgeübt hat, die man ihm nach⸗ esagt. . heine Herren, es ist von dem Referenten Herrn Grafen Frankenberg gesagt worden, daß die Aufhebung der Staffeltarife — ich möchte das noch nachholen — in mancher Beziehung einen ganz außerordentlich nachtheiligen Einfluß gehabt hätte. Für gewisse Relationen gebe ich das bereitwilligst zu. Es ist der Verkehr des Getreides auf die Entfernung über 200 km wieder auf den Satz zurückgegangen, der vor der Einführung der Staffeltarife bestanden hat, daß nämlich etwa 10 6 der Getreidetransportmenge sich über 200 Km bewegten, während er unter der Herrschaft des Staffel⸗ tarifß bis über 18 9e gestiegen war. Meine Herren, aber so ganz rein und zweifelsohne aus solchen Ziffern den Beweis für irgend eine der Behauptungen zu ziehen, ist außerordentlich schwer. Denn es spielen eine ganze Reihe von anderen Momenten noch mit, insonderheit aber macht sich in sehr erheblichem Maße der Einfluß der Ernte geltend, und dem Einfluß der Ernte ist es beispielsweise zuzuschreiben, daß, wie Graf Frankenberg aut führte, die Schlesier nicht in der Lage gewesen sind, im vorigen Jahre ihre Gerste als Braugerste loszuwerden, denn die Gerstenernte ist in aller Welt außerordentlich stark gewesen. Am meisten haben das die mährischen Gerstenbauer beklagt. Also es laßt sich nicht mit Bestimmtheit behaupten, daß diese oder sene Erscheinungen lediglich auf die und die Tarifmaßregeln zurückzuführen sind; sondern es pielen in allen diesen wirthschaftlichen Dingen andere Momente mit, die erst herausgeschält werden müssen, ehe man zu einem reinen Resultate kommt. Meine Herren, ich wende mich nunmehr zu dem zweiten Thel der Petition, die dies hohe Haus heute beschäftigt und die dahin gebt. die Viehtarife, welche zur Zeit für Berlin vom Osten her bestehen auf das ganze Staatseisenbahnnetz auszudehnen. Diese Petition ist von Schlesien gestellt worden, obwohl die Provinz Schlesien in Beug auf die Viehtarife am günstigsten gestellt ist, weil Schlesien auch er⸗ mäßigte Tarife nach Sachsen hat und weil seiner Zeit zur Beseitigung eines gewissen Nothstandes auch ermäßigte Tarife gegeben sind von Brellau nach Oberschlesien. Der Nothstand ging vorüber. An die Aufhebung der Tarife wollte man nicht gern gehen, weil dies für die dand wirthschaft von nachtheiligen Folgen gewesen wäre. Also diese Tarife bestehen zur Zeit noch. Ich habe das in Klammern anführen wollen daß jedenfalls die Schlesier in Bezug auf die Viehtarife besser gestellt sind, wie irgend ein anderer. Aber im allgemeinen kann ich der Petition bezüglich dieses Punktes eine gewisse Berechtigung nicht absprechen. Ich muß anerkennen, daß das Aufhören der Staffeltarife in Berlin Mißstände im Gefolge gebabt hat, auch abgesehen von tarifarischen Mißständen, jedenfalls aber wesentlich dazu beigetragen hat, Berlin zum Monopolplatz des Fleisch⸗ und Viehhandels für ein großes Gebiet unseres Landes zu machen (Sehr richtig), in größerem Maße, als das vielleicht für das all. gemeine Interesse zuträglich ist. Es knüpfen sich daran auch veterinare Bedenken. — Es wird vielfach behauptet, daß der Berliner Viehmarlt der Herd aller Seuchen sei, und ist derselbe ja auch wiederholentlich aus diesem Grunde gesperrt worden, was dann jedesmal in den Absatz verhältnissen derjenigen, die auf die Lieferungen nach dem Berliner Viehmarkt angewiesen sind, die allergrößten Unzuträglichkeiten hervor
dem r. die Bewillig . Zuckerrũ
3m mützt werden. , on Klinckowström spricht die Hoffnung aus, daß Tariferleichterungen baldmöglichst erfolgen werden. . Die Petition wird der Regierung zur Erwägung über⸗ wiesen Schluß 5. Uhr.
Haus der Abgeordneten. 50. Sitzung vom Mittwoch, 27. März.
Ueber den Beginn der Sitzung ist gestern berichtet worden.
Bei der dritten Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Erweiterung und Vervollständigung des Staats⸗ eisenbahnnetzes und die Betheiligung des Staats an dem Bau von Kleinbahnen, nimmt nach dem Abg. de Witt (Zentr.) das Wort der
Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen: Meine Herren! Die Eisenbahnverbindung Köln — Cassel hat dieses hohe Haus in früheren Jahren wiederholt beschäftigt, und die Staatsregierung hat ihre Ansicht stets dahin ausgesprochen, daß das Projekt Köln — Cassel an sich diejenigen wirthschaftlichen Vortheile nicht böte, die man davon erwartet, daß aber andererseits der Ausbau dieser Strecke ganz außerordentlich technische Schwierigkeiten und hohe finanzielle Opfer erfordern, und doch nur erreicht würde, daß die Ver⸗ bindung zwischen Köln und Kassel über die neue Straße um einige Kilometer länger würde und über viel höhere Berge führen müßte als die gegenwärtige Verbindung. Nun hat der Herr Vorredner angeregt, dann wenigstens inner⸗ halb dieses ursprünglichen Projekts die Linie Bergisch⸗Gladbach— Wipperfürth zur Ausführung zu bringen, und hat dabei hervorge⸗ hoben, daß ein Comits bereits in dieser Beziehung technische Vorarbeiten hätte ausführen lassen, die ein sehr günstiges Resultat ergeben hätten. Diese Vorarbeiten sind mir nicht bekannt, wohl aber ist mir die Gegend sehr genau bekannt, und aus dieser örtlichen Bekanntschaft, die ich vielfach zu Wagen und zu Fuß habe erneuern dürfen, habe ich einige gerechte Zweifel, ob die Bahn wirklich mit geringen Kosten und geringen Schwierigkeiten auszuführen ist. Ich möchte aber dem be⸗ treffenden Lokalcomits anheimgeben, mir durch Einsendung des Pro— jekts eine bessere Ueberzeugung beizubringen. Abg. Dr. Sattler (n.): Die Vorlage ist allerdings etwas reichlicher ausgefallen, als in den beiden Vorjahren. Es ist aber erade in Zeiten wirthschaftlicher Depression im Interesse von ndustrie und Landwirthschaft geboten, durch reichlichen Bau von Nebenbahnen zur wirthschaftlichen Hebung beizutragen. Unsere ng r steht meiner Ansicht nach dem nicht entgegen, da es sich
ei Eisenbahnbauten um Kapitalanlagen handelt, die schließlich das werbende Vermögen des Staats vermehren.
Ohne weitere Debatte wird der ganze Gesetzentwurf angenommen, ebenso die Resolution der Kommission.
Es folgt die zweite , des Gesetzentwurfs, betreffend die Verwaltung des Pfarr-Wittwen⸗ und Waisenfonds und die Fürsorge für die Wittwen und Waisen der Geistlichen der evangelisch-luthe— rischen Kirche der n Hannover, der evan⸗ ö. Kirche der Provinz Schleswig⸗ Holstein, der evangelischen Kirchengemeinschaften des Konsistorialbezirks Cassel, der evangelischen Kirche des Konsistorialbezirks Wiesbaden und der evangelisch-reformierten Kirche der Proinz Hannover.
Abg. von Pappenheim (lons.) macht darauf aufmerksam, daß die Einführung des Gesetzes verschiedene Härten für ältere Geistliche im Bezirk Cassel mit sich führe, die der Beiträge für die bisherigen .. ionskassen verlustig gingen. Er hoffe, die Regierung werde diesen
eistlichen den Uebergang wohlwollend erleichtern. Regierungs⸗Rath Schwarzkopf sagt dies
Ministers zu.
Abg. Pr. Rudolphi (Zentr.) beklagt es, daß aus dem Pensionsfonds auch zwangsweise aus ihrem Amt entfernte evangelische Geistliche
ensionen erhielten, und verlangt für den Emeritenfonds für die
atholischen Geistlichen einen dem zu dem Reliktenfends der evangeli⸗ schen Geistlichen beigesteuerten Staatszuschuß entsprechenden Zuschuß seitens der Staatsregierung.
Re rde rr Schwarzkopf erklärt: seitens der Gerichte werde den zwangsweise amtsentsetzten evangelischen Geistlichen oft ein Theil der Pension zugesprochen, der aus den zur Per⸗ fügung stehenden Fonds entnommen werden müsse. Der katholische Emeritenfonds empfange einen höheren Zuschuß als der evangelische Reliktenfonds. . . .
Ohne weitere Debatte wird der Gesetzentwurf in zweiter Berathung angenommen.
Das Haus geht sodann zur Berathung des Antrags der Abgg. Ring nk und Genossen, betreffend die Sperrung des städtischen Vieh- und Schlachthofs in Berlin, über. Der Antrag geht dahin: .
Die Regierung zu ersuchen, mit möglichster Beschleunigung diejenigen administrativen und gesetzlichen Maßregeln zu ergreifen, welche nothwendig sind, um die durch die wiederholten Sperrungen des Berliner städtischen Vieh und Schlachthof der einheimischen Landwirthschaft und dem Vieh handel zugefügten schweren Schäden für die Zukunft zu beseitigen.
ur ö nn des Antrags erhält das Wort der
Abg. Ring (kon. ; Der Berliner Vieh, und Schlachthof hat für die deutsche Landwirthschaft und den deutschen Viehhandel eine ganz hervorragende Bedeutung. Der Werth des im Jahre 1893,94 dort umgesetzten Viehes betrug 1313 Millionen Mark. Er ist der größte Erport. Viehmarkt Deutschlands, und seine Sperrung bringt jedes Mal nicht nur den Viehhändlern, sondern auch der Landwirth⸗ schaft großen Schaden. Derartige Sperrungen treten aber häufig auf, so im Jahre 1894 sechsmal an insgesammt 128 Tagen. Hervor⸗
im Namen des
eingehen will, so wird von der Regierung entweder eine Zwangs⸗ 65 jerung, oder eine Konzessionsentziehung vorzunehmen sein. Mag man dann die Konzession auf die Landwirthschaftskammer für Branden⸗ burg übertragen, sie wird das gute Geschäft gern übernehmen. Die Verseuchung geschieht meist in den Sammelstallungen der Händler, und es wäre nöthig, den. Departements-Thierärzten zwei oder drei Thierärzte zu attachieren, Tie keine Privatpraxis haben dürften, sondern lediglich den Seuchen nachforsch
. en müßten. Auch den Kreis ⸗Thierärzten müßte jede Privatpraxis verboten
werden; wenn dies auch Geld kostet, so steht das nicht im Verhältniß zu der Schädigung der Landwirthschaft durch die Seuchen. Diese Schädigung hat von 1870 bis 1890 17 Millionen Mark, von da ab bis heute ewiß das Doppelte betragen. Schlimmer aber noch, wie auf dem Berliner Viehhof geht es auf dem Rummelsburger Vieh⸗ markt her, der auch von dem Berliner Viebhofsdirektor aufs schärfste perurtheilt wird, weil man den Handel in diesem unkontrolierbaren Viertel für am gefährlichsten hält. Trotzdem scheint die . Regierung diesen Rummelsburger Winkel für ein Muster zu halten. Die Schädigungen, die namentlich auf dem Schweine⸗ markt durch den Rummelsburger Markt den kleinen Leuten zugefügt werden, sind eigentlich erst durch die Schweineversicherung ans Tages= licht gekommen. Ganze Schweineherden, die von Rummelsburg aus ins Land getrieben sind, waren nach kurzer Zeit vernichtet. Es ist ein Unding, daß der Berliner Markt dem Polizei⸗Präsidium, der Rummels⸗ burger, dicht dabei . der Potsdamer Regierungsbehörde unter⸗ stellt ist. Beide Märkte müssen unter einer Aufsichts behörde vereinigt oder, wie es jetzt auch der Berliner Magistrat wünscht, der Rummels⸗ burger Markt ganz aufgehoben werden.
stei Minister für Landwirthschaft 2c. Freiherr von Hammer⸗ in Meine Herren! Zunächst möchte ich meiner Befriedigung darüber Ausdruck geben, daß diese bezüglich der Gesundheit unserer Vieh⸗ bestände hochbedeutsame Frage hier im hohen Hause zur Sprache ge⸗ kommen ist. Ich kann auch ferner anerkennen, daß im wesentlichen alle diejenigen thatsächlichen Darlegungen bis auf wenige, die der Herr Vorredner gegeben hat, als zutreffend anzuerkennen sind. (Hört, hört! rechts) Mir scheint aber die Formulierung des Antrags mit der Begründung nicht vollständig übereinzustimmen. Ich will diese Behauptung sofort begründen. Der Antrag lautet: Die Königliche Staatsregierung zu ersuchen, mit möglichster Beschleunigung diejenigen administrativen und gesetzlichen Maßregeln zu ergreifen, welche nothwendig sind, u. s. w. Der Herr Antragsteller hat allerdings von administrativen Maßregeln ge⸗ sprochen; aber darüber, wie die gesetzlichen Maßregeln gedacht sind, welche den Mißständen auf dem Berliner Schlacht⸗ und Markt⸗Viehhof abhelfen sollen, darüber fehlt eine Erläuterung. Ich hebe dies schon hervor, da es mir erwünscht erscheint, daß im Laufe der Debatte diejenigen gesetz⸗ lichen Maßregeln, welche das hohe Haus bei der Staatsregierung zu beantragen wünscht, klargelegt werden. Weshalb ich das wünsche, werde ich später weiter begründen.
Sodann habe ich hervorzuheben, daß mir die Richtung des An—⸗ trags mit den Darlegungen nicht vollständig übereinzustimmen scheint. Der Antrag richtet sich wesentlich gegen die Sperrmaßregeln. Ich werde im Laufe des weiteren Vortrags darlegen, daß leider nach meiner Ansicht, die vielleicht eine Berichtigung im hohen Hause er⸗ fahren wird, zur Zeit die Sperrmaßregeln das einzige Mittel sind, mit welchem mit Erfolg gegen die Mißstände einzuschreiten ist. Nun wird in der Begründung ausdrücklich gesagt: der einheimischen Landwirthschaft so nachtheiligen Sperr maßregeln '. Auch das muß ich berichtigen. Die Sperrmaßregeln sind das einzige gegenwärtig bestehende Mittel, um gegen die Weiterverbreitung der Viehseuchen im Interesse der Land⸗ wirthschaft vorzugehen. Nun wird hier der Antrag gestellt, die Miß⸗ stände der Sperrung, also die Sperrung, zu beseitigen. Die Sperr⸗ maßregeln sind aber, wie ich schon sagte, das einzige Mittel, welches wir, und zwar im Interesse der Landwirthschaft, anwenden können, um die veterinären Schäden und Gefahren, welche vom Schlacht- viehhof in Berlin ausgehen, zu bekämpfen. Ich möchte also dem Herrn Antragsteller anheimgeben, im Interesse der Sache dem Antrag eine andere Fassung auf der Grundlage, die ich dargelegt habe, zu geben.
Nun, meine Herren, gehe ich zunächst auf die thatsächlichen Ver⸗ hältnisse ein. Die Königliche Staatsregierung ist zweifellos über folgenden Punkt: für den Schlacht- und Viehhof in Berlin sind folgende Maßregeln nach Ansicht der Staatsregierung unentbehrlich, wenn die Gefahren, die mit dieser Einrichtung für die Landwirthschaft verbunden sind, beseitigt werden sollen: 1) die Vermehrung der Stallungen und Schlachträume auf dem Schlachtviehhof und Seuchenhof bezw. Errichtung von Ställen und Schlachthäusern für Schweine auf einem vom Viehhof getrennten Terrain, damit gleich nach Schluß jeden Markttags der Viehhof von allem Vieh geräumt werden kann; 2) Verbreiterung der Ausladerampen auf dem Viehhof, damit die an⸗ kommenden Viehtraneporte gleich bei der Ankunft besser, als es jetzt der Fall ist, auf ihren Gesundheitszustand untersucht werden können; 38) ist die Unschädlichmachung des Düngers, und zwar durch Anlage neuer Dungstätten, Desinfektion des Düngers, unentbehrlich. Diese Forderungen entsprechen auch denjenigen des Herrn Antrag stellers; 4) Herstellung von Anlagen, welche es ermög⸗
lichen, daß die Viehzüge nur bei Tageszeit zur Entladung
kommen, damit noch bei Tage sofort die Untersuchung auf den Gesund⸗
heitszustand eintreten kann.
Meine Herren, über alle diese Maßnahmen — das hat der Herr
Vorredner zutreffend dargelegt — wird schon seit Jahren mit dem
Magistrat, dem Rechtsträger des Schlachthofs und Viehhofs, verhandelt,
und zwar durch dasjenige Organ, dem in der Stadt Berlin die Auf⸗
sicht über diesen Marktverkehr und Viehhof zusteht, durch den Polizei⸗
Präsidenten, unter oberer Leitung des landwirthschaftlichen Ministe⸗
riums. Der Magistrat hat, wie das ja auch in dem Vortrage
dargelegt ist, anerkannt, daß seine Einrichtungen diesen Anforderungen
nicht entsprechen. Wenn trotzdem keine Abhilfe erfolgt ist, so trägt
vielleicht nicht die Schuld der Magistrat, sondern anscheinend, da
zweifellos diese Einrichtungen der Stadtverwaltung recht erhebliche
werden können. Die Gewerbeordnung enthält aber Bestimmungen nicht, auf Grund deren man anordnen könnte, die Herstellung be⸗ stimmter Einrichtungen auszuführen. Das einzige, was man sich denken könnte, wäre, daß man allgemein gesetzlich der Staatsregierung die Befugniß giebt, bei Ertheilung von Konzessionen zur Abhaltung von Schlacht⸗ und Viehmärkten diejenigen baulichen und sonstigen Maßnahmen auszuführen, welche sie im öffentlichen Interesse für er⸗ forderlich hält. Solche gesetzlichen Bestimmungen gehören dem Ge⸗ biet der Gewerbeordnung an, liegen also auf dem Gebiet der Reichs⸗ gesetzgebung.
Für den Schlachthof, meine Herren, ist ebenfalls eine Konzession erforderlich. Die Konzession beruht auf dem Schlachthausgesetz, und wenn Sie das Gesetz näher ansehen, so enthält auch dies keine gesetzliche Vorschriften, auf Grund deren derartige An⸗ forderungen an die Stadtgemeinde gerichtet werden könnten. Nun giebt der Herr Vorredner Zwangsetatisierung anheim. Der Herr Vorredner scheint der Meinung zu sein, daß es möglich wäre, seitens der staatlichen Behörden anzuordnen, welche baulichen Verkehrs⸗ und anderen Einrichtungen auf dem Schlacht⸗ und Markt Viehhof erforderlich sind, um die veterinären Gefahren zu verhüten. So habe ich den Herrn Vorredner verstanden. Nun soll, falls der Magistrat oder die Stadtvertretung in bestimmt vorgeschriebener Frist diese Anordnungen nicht ausführt, der Weg der Zwangsetatisierung betreten werden. Das bedeutet also: auf Kosten der Stadtgemeinde, von der die Mittel eingezogen werden, hat die Staatsregierung durch ihre Organe die erforderlichen baulichen und Verkehrseinrichtungen aus⸗ führen zu lassen. Leider hat diese Deduktion eine sehr wesent⸗ liche Lücke. Zwangsetatisieren kann man nur da, wo eine gesetzliche Verpflichtung vorliegt, und ich habe Ihnen eben schon dargelegt, daß die Staatsregierung der Meinung ist, daß eine solche gesetzliche Be⸗ stimmung, welche der Stadt auferlegt, die für ihren Marktverkehr hier auf dem Viehhof bezw. für den Betrieb auf dem Schlachthof nöthigen baulichen und sonstigen Verkehrseinrichtungen zu treffen, z. 3. nicht existiert. Damit fällt also die Möglichkeit für die Staatsregierung fort, im Wege der Zwangsetatisierung gegen die Stadtgemeinde vorzugehen.
Sodann, meine Herren, ist von dem Herrn Vorredner erwähnt: warum man der Stadtgemeinde die Konzessionen nicht sowohl für den Schlachthof, wie für den Marktverkehr entzieht. Meine Herren, ich glaube, das hält der Herr Vorredner selbst kaum für möglich. Vergegenwärtigen Sie sich, daß einer Stadt von 2 Millionen Ein⸗ wohnern der Markt⸗ und Schlachthausverkehr entzogen werden soll, ohne daß sofort, wo das geschieht, die nothwendigen anderen Einrich⸗ tungen ins Leben treten; das hält die Königliche Staatsregierung für unausführbar.
Nun, meine Herren, ist gesagt, die Landwirthschaftskammer für die Provinz Brandenburg würde wahrscheinlich bereitwilligst darauf eingehen, solche Einrichtungen hier in der Stadt zu treffen. Ich will diese Möglichkeit zugeben. Die Landwirthschaftskammer wird aber erst in 3 bis 4 Jahren die umfangreichen baulichen und Verkehrsein⸗ richtungen herstellen, den Grund und Boden, welcher mit den Bahngeleisen in Verbindung gebracht werden muß, erwerben können. Die Frage, ob man das kann, bejaht die Königliche Staatsregierung; sie glaubt aber, daß thatsächlich so erhebliche Schwierigkeiten in der Sache liegen, daß auch dieser Weg nicht gangbar ist.
Ja, meine Herren, dann bleibt von den Mitteln, die wir an— wenden können, lediglich die Sperrung übrig, die ausgeführt wird — das hat der Herr Vorredner, glaube ich, auch schon angeführt — auf Grund der §§ 53 — 56 des Reichs⸗Viehsenchengesetzes. Von dieser Maß⸗ nahme hat die Staatsregierung bis jetzt in ausgiebigster Weise Gebrauch gemacht. Der Herr Vorredner hat Ihnen das ja dargelegt. Im letzten Jahre hat die Sperrung 127, in dem Vorjahre, wenn ich uicht irre, je 40 bis 50 Tage bestanden. Das ist das einzige Mittel, welches der Staatsregierung zu Gebote steht, um eine Pression auf den Magistrat auszuüben. Ich bin der Meinung, daß allmählich die Stadt⸗ verwaltung auch zu der Ansicht gekommen ist, daß sie in rascherem Tempo in diesen Sachen vorgehen muß, als das geschehen ist, weil sie — das hat der Herr Vorredner auch ausgeführt — bei ihren Berathungen, wenigstens der Magistrat, zu der Ansicht gelangt ist, daß im allgemeinen öffentlichen Interesse die Stadt verpflichtet ist, solche Einrichtungen zu treffen, und daß, wenn sie das nicht thut, ein allgemeiner Unwille gegen die Stadtverwaltung eintreten würde, welchen zu vermeiden geboten erscheint. (Bewegung rechts.) Nun muß ich leider anerkennen, daß die bisherige Pression allerdings zu einem Er⸗ gebniß nicht geführt hat. Im Jahre 1893 hat die Stadtverwaltung Pläne für die in Frage stehenden Erweiterungsbauten vorgelegt. Mit dem Polizei⸗Präsidenten ist über diese Pläne verhandelt, die indessen für ungenügend befunden wurden. Dann hat allerdings die Stadtverwal⸗ tung ein volles Jahr darüber hingehen lassen, ehe sie wieder mit neuen Plänen hervortrat. (Hört, hört! rechts) Aber es scheint, daß, wenn man auf dem allein gangbaren Wege weiter vorgeht, jetzt die Stadt- verwaltung gewillt ist, den staatlichen Forderungen zu genügen. Die Staatsregierung wird indessen dankbar sein, wenn Sie ihr gangbare Mittel zeigen, mit denen die Stadtverwaltung zu zwingen ist, sofort den staatlichen Anforderungen zu genügen.
Ich habe im Eingange meines Vortrags darauf hingewiesen, daß
der Vortrag des Herrn Vorredners eingehend und vollständig, auch in hohem Grade interessant war. thatsächlichen Darlegungen zutreffend und berechtigt sind; nur bezüglich der gesetzlichen Mittel enthält derselbe bis jetzt eine Lücke.
Ich erkenne nochmals an, daß seine
Seitens der Staatsregierung ist ferner die Frage erwogen, ob es zu⸗
lässig und möglich sei, durch Ordnungsstrafen die Stadtverwaltung zu zwingen.
Heiterkeit.) Meine Herren, solche Maßnahmen werden wenig Erfolg haben!
In der Grenze, in welcher Ordnungsstrafe zulässig, die man allerdings
wiederholt anwenden könnte, wird damit wenig zu erreichen sein. Meine Herren, das wäre ein Schlag ins Wasser. Mit solchen Maß nahmen wird man gegen die Kommune nicht vorgehen können. Auf der anderen Seite erspart sie dadurch, daß sie solche Einrichtungen
Absatz geht fast ausschließlich nach der Provinz. Er war im Jahre 1891 3700 t, in 1899 1900 t. Der Absatz nach Deutschland zur See hat auch früher stets stattgefunden und durfte nach den bestehenden Vereinbarungen mit den rufsischen Bahnen
andererseits dazu, einmal den westlich von Berlin gelegenen Land- wirthen, also beispielsweise in der Mark Brandenburg, die Beschickung und die Konkurrenz auf dem Berliner Markt zu erschweren; er diene
eren werden diefe Sperrungen durch die Seuchengefahr, welche wegen der ungenügenden Trennung des Viehhofs vom Schlachthof eintritt. Nach dem Seuchengesetz ist, die Schließung durchaus unanfechtbar. Schon im Jahre 1888 erklärte
Kosten verursachen, die Stadtvertretung, welche die Mittel bewilligen muß. (Heiterkeit rechts.) Meine Herren, nun kommt in Frage: welche Mittel stehen der
gerufen hat. . a. Meine Herren, die Staatszeisenbahn⸗Verwaltung ist bereit, die ; Theil der Petition, also die Erstreckung der Viehtarife für das ganz
aber zweitens dazu — und das ist als besonders fatal hervorgehoben worden —, den Berliner Markt und die Berliner Getreidebörse all⸗ mächtig zu machen für den Getreidehandel, und aus diesem Grunde möge man den Ostbahn-⸗Getreidestaffeltarif beseitigen.
Meine Herren, als seiner Zeit die Aufhebung des allgemeinen Getreidestaffeltarifs von 1891 im Landes⸗Eisenbahnrath befürwortet
auch stattfinden, — der Tarif bezog sich ebensowohl auf das Getreide, welches nach dem Ausland über See ausgeführt wurde, als auf das, welches nach dem Inland über See ausgeführt wurde, — der Absatz der Mühlen 1891 per See nach dem Inland betrug 15 600 t, 1893 — 22 800 t, 1894 — 16 600 t. Dagegen war der Absatz nach
Staatseisenbahnnetz, in Erwägung zu ziehen und eine dementsprechende Vorlage demnächst an den Landes -Eisenbahnrath gelangen zu lassen. Damit wäre, wie ich glaube, dasjenige beantwortet, welches seitens des Herrn Referenten sowohl wie auch des Herrn Grafen Flinckom⸗ ström hier angeregt und ausgeführt worden ist. Ich erfülle nur eine Pflicht, wenn ich dem Herrn Referenten
Berliner Stadtverordneten, daß die Seitdem sind diese Verhältnisse aber Verkehrs, die Auch die An⸗
gsne Magistratsvorlage an die erhältnisse ungenügend seien. ᷣ noch ungünstiger geworden durch die Steigerung des seit 1355 rund go Go Stück Schlachtvieh beträgt. Au sammlung des Düngers und seine Abfuhr birgt eine Steigerung der euchengefahr in fich. Dieser stets seuchenverdächtige Dünger wird
peit ins Land hinaus geführt, und im Jahre 1894
Staatsregierung bezw. ihren Organen zur Verfügung, um von der Stadteerwaltung dasjenige zu erzwingen, was man diesseits für noth⸗ wendig erachtet?
In dem Antrage sind zunächst allgemein gesetzliche Maßregeln er⸗ wähnt. Die Staatsregierung hat sich klar zu machen versucht, ob und welche gesetzlichen Maßregeln zu ergreifen sind. Es kämen wohl nur Be⸗
Vorredner berührt worden. dringend nothwendig halte,
nicht ausführt, jährlich etwa M 40 000 an Zinsen, eine Verwendung von mindestens einer Million Mark.
Meine Herren, dann sind eine Reihe anderer Dinge von dem Herrn Er hat ausgesprochen, daß er es für daß der Landwirthschaft, sowohl bei
dem Ausland 18591 12000 und im Jahre 1894 21 600, ist also hier sehr erheblich gestiegen. Was die Mühlen in Danzig betrifft, so ist die Produktion dieser Mühlen 1894 gegen die heiden Vorjahre vergrößert von 48 500 auf 58 500 t. Der Mehlabsatz in
dem Verkehr an der Produktenbörse, als auch bei dem Markt- verkehr, eine größere Einwirkung eingeräumt werde. Das Gesetz über die Landwirthschaftskammern nimmt dies bezüglich des Marktverkehrs, soviel ich mich erinnere, bereits in Aussicht. Meine
wurde, wurde von seiten der Landwirthe, namentlich der östlichen Gegenden gesagt: wenn das Opfer gebracht werden muß, dann setzen wir doch als selbstverständlich voraus, daß wir wenigstens unsere alten Ostbahn⸗Staffeltarife behalten dürfen, die uns ermöglichen, zu
um 400 090 M gechaädigt worden, da mit dem Dünger die Viehseuchen eingeschleppt wurden. Gine räumliche trennung von Schlacht- und Viehhof ist durchaus nothwendig. Wenn der Magistrat darauf nicht
ist der Wandsbecker Kreis dadurch
stimmungen, welche die Gewerbeordnung ändern, in Frage. Nach der Gewerbeordnung wird der Stadt Berlin die Konzession zur Abhaltung des Markt- und Viehhofs ertheilt und auch entzogen
schließlich noch meinen Dank ausspreche für die freundliche ee, e. lung der Maßregeln, die seitens der Staatseisenbahn⸗Verma bezüglich Ermäßigung der Düngertarife ergriffen worden sind.