der Regentschaft ein, so ernennt der Landtag einen Regenten aus 83 Zahl der Ägnaten, bis eine Regelung erfolgt ist. Der Ytegent cCchalt Bo o M aus der Dom aniallass. Die Staats- regierung erklärt sich bereit, baldmöglichst einen Alt der Reichs⸗ gesetzzebung zu beantragen, durch welchen das Reichsgericht als Ge en zur Erledigung der Thronstreitigkeit eingesetzt wird.“ Nach 415 stündiger Berathung wurde der Antrag mit 15 gegen 6 Stimmen angenömm en. Der Landtag vertagte sich darauf.
Elsaß⸗Lothringen.
Der Landesausschuß hat gestern in dritter Lesung ein⸗ stimmig das Gesetz über die Gebäudesteuer angenommen. ur le stellt eine Ausgleichung und eine gerechtere Ver⸗ theilung der bestehenden Gebäudesteuer her und hebt die Thür⸗ und Fenstersteuer auf.
Oesterreich⸗Ungarn.
Der Minister des Innern Marquis Bacquehem hat die Einleitung einer allgemeinen Sammlung von milden Spenden in ganz Oesterreich für die hilfsbedürftigen Bewohner von Krain angeordnet. . .
Die Vereinigte deutfche Linke hat, wie W. T. B. meldet, in der gestrigen Klubsitzung einstimmig und unter lebhaftem Beifall eine Resolution beschlossen, worin im Hinblick auf mehrfache Vorkommnisse und Erscheinungen der jüngsten Zeit und in Erwägung, daß die politischen und wirihschafilichen Aufgaben der Koalition dringend einer Söfung bedurften, der Ausdruck der Ueberzeugung erneuert wird, daß die Partei in geschlossener Einigkeit inner⸗ halb und außerhalb des Parlaments an ihren freiheitlichen und nationalen Prinzipien unverbrüchlich festzuhalten habe. Gleichzeitig spricht die Partei ihrem altbewährten Führer Dr. von Plener ihr volles Vertrauen aus und erwartet bestimmt, die Regierung werde die Grundsätze des Programms vom 23. November 1893 in vollem Umfange verwirklichen.
Im AÄAbgeordnetenhau je brachten gestern die Ob⸗ männer der drei Koalitionsparteien einen dringenden Antrag auf umfassende Hilfeleistung für Krain und Steiermark anläßlich der durch die Erdbeben verursachten Schäden ein. Der Abg. Schwegel stellte einen dringlichen Antrag auf Steuer erleich terungen für die durch die Erd⸗ beben nothwendig gewordenen Um⸗ und Neubauten. Die Dringlichkeit wurde einstimmig angenommen. Die Anträge wurden sodann einstimmig genehmigt. — Die Abgg. Kaizl und Ge nossen brachten hierauf einen dringlichen Antrag ein, worin sie verlangen, das Haus wolle uber das Ver⸗ halten der Regierung in der Verstaatlichungsfrage sein Mißfallen ausdrücken. Der Abg. Kaizl begründete unter dem Beifall der Jungczechen und Antisemiten die Dringlich⸗ keit des Antrags. Der Finanz⸗-Minister Dr. von Plener erklärte, er müsse, da der Handels⸗-Minister im Hause nicht anwesend sei, die erhobenen Anklagen entschieden in dessen Namen zurückweisen. Für Zeitungsmeldungen sei der Handels⸗Minister, welcher den Abschluß niemals als nahe be⸗
6 sondern nur die öffentliche Meinung auf den großen
zlan allmählich vorbereitet habe, ebensowenig verantwortlich wie für die in der letzten Zeit seitens der ungarischen Regierung vorgebrachten Differenzpunkte, welche ein Novum be—⸗ deuteten. Ein formeller Abschluß des Handels- Ministers mit den Gesellschaften habe nicht statigefunden. Die Einbringung der Vorlage im Juni würde nicht möglich gewesen sein. In der Haltung des Handels-Ministers liege keinerlei Widerspruch; es gebe keine benntmmte Zusage, die am Tage zuvor zurück⸗ gezogen worden sei. Die Regierung für die entstandene Kurs⸗ rreiberei verantwortlich zu machen, bedeute einen ungerechten, gehãssigen, unwahren Vorwurf ELebhafter Beifall) Die Regie⸗ rung könne sich das nicht gefallen lassen. Er appelliere an alle wohldenkenden Männer, ob die Regierung oder der Handels⸗ Minister, dessen Makellosigkeit selbst von seinen Gegnern an⸗ erkannt werde, im Parlament mit den Kurstreibereien in Verbindung gebracht werden dürfe. (Beifall) Es liege kein Grund vor, die Aktion des Handels⸗Ministers in Bausch und Bogen zu verdammen. Es entspreche auch den Wünschen der Majoritãt des Hauses, daß die Vorlage erst im nãchsten Sesstons⸗ abschnitt an das Haus gelange. (Lebhafter Beifall und Händeklatschen) Der Abg. Lueger legte Zeugniß ab für die persõnliche Ehrenhaftigkeit des Handels Minifters. Als Redner erklärte, wenn die Koalition die Dringlichkeit ablehne, so werde sie unter der Verachtung aller anftãndigen Menschen zusammen⸗ brechen, wurde er vom Präñidenten zur Ordnung gerufen. Der Abg. Ruß erklärte, seine Partei, die Polen, die Konservativen und das linke Zentrum erblickten in der Zurück⸗ siellung der Eisenbahnoerstaatlichung keinen Anlaß, der Regierung ein politisches Miß auszusprechen. Der Abg. Kramar sprach fich en Antrag Kaizl aus. Der Abg. Stein wender nannte die Haltung Ungarns in der Verstaatlichungsfrage eine Impertinenz Der PBPräsident rügte diesen Ausdruck gegenüber der befreundeten Regierung. Nachdem nochmals der Abg. Kaizl als Antragsteller ge⸗ sprochen, wurde die Dringlichkeit des Antrags Kaizl mit intrag wird daher ge⸗
mäß der Geschäftsordnung beh werden.
In Prag hat gestern vor dem dortigen Schwurgericht die Schlußverhandlung gegen 17 Angeklagte, die beschuldigt sind, anarchistische Vereinigungen gestiftet zu haben, begonnen. Die Verhandlung wird geheim geführt
Das „Budapester Amtsblatt“ veröffentlicht die Ernennung des pensionierten Senats ⸗Präsidenten der Kurie Lorenz Thot zum lebenslänglichen Mitgliede des Qbe rh au ses.
Die Berathung der Nunkien des Oberhauses be—⸗ züglich der Rezeption der israelitischen Religion un der freien Religionsũbung im Unterhause ist auf den 25. und 25. April angesetzt worden.
Großbritannien und Irland.
In der gestrigen Sitzung des Unter hauses erklärte der Parlaments⸗Sekretãr des Auswärtigen Sir E. Grey, die genauen Bedingungen des Friedens zwischen China und Japan seien der britischen Regierung noch nicht offiziell mitge⸗ theilt, er könne daher über diesen Gegenstand vor der Oeffent⸗ lichkeit keine Angabe machen. Weiter erklärte Sir E Grey, der Ort Keuz Tong () liege nicht auf britischem Gebiet, sondern sei ein a wo erst kürzlich ein franzõsischer Posten errichtet worden sei Es bestehe in keiner Weise die Absicht, britische Truppen dorthin zu senden. Der Kriege⸗Minister Campbell Banner⸗ man sagte, er habe keine Kenntniß, ob das Gerũcht irgend⸗
wie begründet sei, daß der Herzog von Cambridge seinen Ab⸗
schied genommen habe. Der Antrag des Schatzkanzlers Sir W. 3 dem früheren Sprecher Peel eine Pension von Pfund zu bewilligen, wurde angenommen. Keir 6 beantragte, die Pension auf 1000 Pfund zu reduzieren, and aber keine Unterstützung.
Frankreich.
Die Königin von Großbritannien und Irland ift gestern Vormittag von Nizza nach Darmstadt abgereist. Bei der Abreise wurden Allerhöchstberselben die üblichen militärischen Ehren erwiefen. Am Bahnhofe waren die Spitzen der Zivil⸗ und Militärbehöõrden erschienen
Rußland. Der Kaiser besuchte gestern, wie W. T. B. aus St. . berichtet, in Begleitung der Großfürsten und roßf ürstinnen die russische Ausstellung des Druckwesens und wurde bei seinem Eintreffen vom Finanz⸗Minister Witte, dem Präsidenten der technischen Gesellschaft Kasi und dem Vize⸗ Präsidenten der Ausstellung Mackoff empfangen. Italien.
Wie die „Tribuna“ versichert, soll der italienische Ge⸗ sandte in Madrid Marchese Maffei di Boglio für den Posten in St. Petersburg bestimmt sein; na Madrid werde ein jüngerer Diplomat gehen.
Türkei.
Dem „Reuter schen Bureau wird aus Larnaca von estern gemeldet, ein daselbst abgehaltenes Massenmeeting habe ie gegenwärtige Lage Cyperns erörtert und eine Petition
an die britische Regierung berathen, worin der Uebergang der
Insel an Griechenland erbeten werde. Die Angelegenheit
derursache erhebliche Erregung unter den Einwohnern, und
man befürchte Zusammenstöße zwischen Türken und Griechen. Serbien.
Der Verifikationsausschuß der Skupschtina hat nach einer Meldung des ‚W. T. B.“ aus Nisch seine Ärbeiten beendet und wird der sich heute konstituierenden Skupschtina Bericht erstatten. — Die Skupschtina wird heute sechs Kandidaten für die Präsidentschaft wählen, aus welchen der König den Präsidenten und die Vize⸗Präsidenten ernennt. Die feierliche Eröffuung der Skupschtina mit einer Thronrede findet heute oder morgen statt.
Schweden und Norwegen.
Wie aus Christi ania berichtet wird, werden von seiten der Lin ken wie der Rechten Unterschriften unter eine Petition an das Sto rthing gesammelt, worin der Wunsch ausgesprochen wird, daß die Streitfragen unter einem Jeschäfts⸗Ministerium neutraler Männer vertagt werden möchten, bis sich bessere Aussichten zu einer befriedigenden Lösung darbieten würden.
Amerika.
Nach einer Meldung aus Havanna ist die tele⸗ graphische Verbindung mit Manzanillo, dem Haupt⸗ zuartier des Marschalls Maßrrtinez Campos wiederhergestellt Der Marschall hat sein Hauptquartier verlassen, sein Ziel ist unbekannt. Der General Bosch hat die Aufständischen bei Guayabal geschlagen. Zehn Rebellen wurden getödtet und viele verwundet. ö . .
Die Regierung von Costarica hat versprochen, auf ihrem Territorium die Bildung von Expeditionen gegen Cuba zu verhindern. 4 .
In Nem-York eingetroffenen Nachrichten aus Managua zufolge sind drei britische Kriegsschiffe in Corinto Nicaragua) eingetroffen, wie man vermuthet, um die Er⸗ füllung der in dem letzten englischen Ultimatum enthaltenen Forderungen zu erzwingen. ̃ .
Aus Santiago (Chile) wird berichtet, der Kriegs⸗ Minister habe seine Entlassung genommen.
Asien.
Dem Vertreter des, Reuter schen Bureaus“ in Hirosh ima ist die folgende offizielle Mittheilung zugegangen:
Der Minister⸗Präfident Graf Ito und der Minister des Aeußeren Vicomte Mutsu hatten bei ihrer Rückkehr nach Hirofhima eine Audienz bei dem Kaiser, um über die Friedensverhandlungen zu berichten. Der Kaiser er— klärte die mitgetheilten Hauptpunkte für durchaus be⸗ friedigend, dieselben würden den Ruhm des Reiches sehr erhöhen; er sei durch die von den Ministern geleisteten aus⸗
. ki * aa. 9 gezeichneten Dienste hoch erfreut. Darauf erließ der Kaiser die nachfolgende Proklamation an das Volk;
Durch den Frieden soll die nationale Wohlfahrt befördert werden. Leider bat der Bruch unserer Beziehungen zu China uns einen Krieg aufgejwungen, welcher, nachdem zebn Monate verflossen sind, noch nicht zu Ende ist. Während dieser Zeit haben unsere Minister gemeinsam mit dem Heer, der Flotte und den Häusern des Parlaments alles in ibrer Macht Stehende gethan, um unsere Ziele, unferen Anweisungen geborsam, zu fördern. Unser heißer Wunsch ist, durch Levalitãt, Aufrichtigkeit und die Mitwirkung unserer Unterthanen den Frieden wiederberjustellen und hierdurch das Ziel der Förderung der nationalen Wohlfahrt zu erreichen. Jetzt, da der Friede vereinbart und der Waffenstillftand verkündet ift, ift die auernde Sinstellung der Feindseligkeiten nahe. Die durch unsere Minister feftgeftellten Friedens bedingungen befriedigen uns vollkommen, da der Friede und Ituhm dadurch gesi sind. Jetzt ist die vassende Zeit., um Ihnen und unseren guten Unterthanen das Ziel, das wir ins Auge gejaßt haben, zu erklären und Sie in Bezug auf den zu⸗ künftigen Gang unserer Politik zu unterrichten. Wir freuen uns, daß unfere letzten Siege den Ruhm des Reiches erhöht haben, aber gleichzeitig bleiben wir eingedenk, daß der Weg, den das Reich auf der Bahn der Ziwwilisation zuruckmulegen hat, lang ift und viel zu erreichen übrig dleibt Daher hoffen wir, gemeinsam mit unseren getreuen Unter⸗ tbanen uns immer vor Selbstjufriedenheit zu bewahren und stets im Geiste der Beicheidenheit und Demuth nach Vervollkommnung unserer milttãrischen Vertheidigung iu streben, ohne in Extreme zu verfallen. Rurjum, unser Wunsch ist, daß Regierung und Volt in gleicher Weise dem gemeinsamen Ziele zuftteben und unsere Unterthanen aller Rlassen, jeder in seinem streise, bemüht sein möchten, daß der Grund gelegt werde zu dauernder Wohlfahrt. Hierdurch wird endgältig bekannt gegeben, daß von uns denjenigen keine Gunst gewährt wird, welche im Gedanken an unsere neuen Siege etwa andere Staaten beleidigen und unsere Beziehungen zu befreun⸗ deten Mächten schãdigen. Was insbesondere China betrifft, so sollte nach Austausch der Ratifikationen des Friedensvertrags die Freund⸗ schaft wiederhergestellt werden, und es jollten Bemühungen gemacht werden, mit ihm mehr als je die Beziehungen guter Nachbarschaft zu pflegen. Es ist unser Wille, daß unsere Unterthanen diesen unseren ausgesprochenen Wünschen die schuldige Achtung erweisen.
Der „Times“ wird aus Hongkong gemeldet, daß im Norden von Formosa Banden von Soldaten umher⸗ schwärmten; 28 Personen, darunter 2 Offiziere, seien getõdtet und 50 verwundet worden.
Ars Madagascar sind dem französischen Kriegs Minister Nachrichten zugegangen, wonach die Franzosen das Fort Am bohimarina und die kleine Batterie Mah abo genommen haben. In dem letzteren Kampf verloren die Hovas s8 Mann und 2 Kanonen. Vier Kompagnien und zwei Sektionen Artillerie unter dem Befehl des Generals Metzinger haben am 3. April das verschanzte Lager von Miad ane, das von 3000 Hovas vertheidigt wurde, genommen. Etwa 100 . wurden getödtet und viele verwundet; auf französischer Seite wurden 3 Tirailleurs verwundet. Die Hovas wurden in die Flucht geschlagen.
Parlamentarische Nachrichten.
Der Bericht über die gestrige Sitzung des Reichs⸗ tags und der Schlußbericht über die gestrige Sitzung des San der Abgeordneten befinden sich in der Ersten
eilage.
— In der heutigen (75) Sitzung des Reichstags, welcher der Staatssekretär, Staats-Minister Dr. von Boet⸗ ticher und der Staatssekretär Dr. Graf von Posadowsky beiwohnten, wurde zunächst die Wahl eines Schriftführers an Stelle des Abg. von Holleufer vorgenommen. Auf Vorschlag des Abg. Grafen von Hompesch (Zentr) wurde der Abg. von Normann (d. kons) durch Zuruf gewählt,
Das 3 setzte sodann die Berathung der Zolltarif⸗ Novelle fort. Die Ziffer 3 dieser Vorlage, welche die Zoll⸗ sätze für Waaren aus Bernstein, Celluloid u. s. w., sowie für Waaren aus unedlen Metallen, vergoldet und versilbert, fesisetzt, wurde ohne Debatte angenommen.
Die Ziffer 4 erhöht den Zoll auf Honig, welcher nicht in Waben eingeht, von 20 auf 36 6 für 100 Eg.
Abg. Let ocha (Zentr.) beantragte, den Zollsatz für allen Honig gleichmaßig auf 36 M festzusetzen, und führte hierfür als Motiv an, daß in Amerika auch die Waben künstlich hergestellt würden,
Abg. Grillenberger (Soz) sprach sich gegen jede Erböbung des Zolles auf Honig aus, weil dadurch die Lebkuchen ⸗Industrie em— pfindlich geschädigt würde. Auf das Pfund Lebkuchen würde die be⸗ antragte Zollerhöbung 10 3 ausmachen.
(Schluß des Blattes.)
— Die heutige (57) Sitzung des Hauses der Ab⸗ eordneten, welcher der Finanz⸗Minister Dr. Miquel, der Hine für öffentliche Arbeiten Thielen und der Justiz— Minister Schönstedt beiwohnten, wurde um 11 Uhr eröffnet. Zur ersten Berathung des Gesetzes wegen Ab⸗ änderung und Ergänzung einiger Bestimm ungen des Kommunalabgabengesetzes FFreilassung des Ein— kommens aus außervreußischem Grundbesitz und Gewerbe— betrieb) erhielt das Wort
Abg. von Evnern (al): Nach den bisherigen Grundsäßen war
das Einkommen physischer Personen aus Grundbesitz und Gewerbe⸗ betrieb aus anderen Orten als ibren Wohnorten von der Kommunal- befteuerung frei. Das ist in dem neuen Kommunalabgabengesetz durch eine Aenderung des Herrenhauses aufgehoben. Zahlreiche Handels kammern protestierten gegen die neue Bestimmung, wie dies auch von anderen Seiten geschab. Dies führte zu unseren Verhandlungen am 13. März und zur Annahme der Resolution Böttinger ⸗Vopelius; auf Grund dieser ist der jetzige Gesetzentwurf vorgelegt worden. Ich kann ihm nur zustimmen, doch halte ich eine Berathung in einer Kommission im Hinblick darauf für geboten, daß dem Gesetze rückwirkende Kraft ge⸗ geben werden foll. Ich beantrage Ueberweisung an eine Kommission von 14 Mitgliedern.
Abg. von Bockelberg (kons): Das Herrenhaus bat die von ihm getroffenen Aenderungen nicht obne weiteres vorgenemmen, sie beruhten vielmebr auf einem Kompromiß. Es dürfte vielleicht nickt richtig sein, diefe Bestimmungen wieder aufzuheben, ebe wir ibie Wirkungen kennen gelernt haben. Auch bisher war die Doppel! besteuerung nicht überall ausgeschlossen, in Frankfurt a. M. 3. B. beftand sie aach früber schon. Immerhin sind auch wir der Ansicht, daß die Vorlage sorgfältig berakben werden muß, und schließen uns dem Antrag auf Ueberweisung an eine Kommission an.
Abg. Gothein (fr. Vg.) macht auf die in Preußen Steuer pflichtigen aufmerksam, die ihr Einkommen nicht nur außerbalb Preußens, sondern außerhalb Deutschlands finden. Die Verhãltnisse Ter Leute erforderten eine besondere Behandlung, weshalb auch er für Kommissionsberathung stimme. ö
Abg. Hansen (fr. kons. ): Wir sind eigentlich prinzipiell für Ueberwelsung des Gesetzentwurfs an die verstärkte Gemeindekommis⸗ sion, haben aber nichts dagegen, wenn die Ueberweisung an eine be fondere Kommifsion gewünscht wird. Der Einwand, es sei zu frũb, an dem Kommunalabgabengesetz etwas zu ändern, scheint mir nicht stichbaltig. Wenn nachgewiesen wird, daß das Geseß in vielen Punkten un⸗ richtig ift so muß es geandert werden; man darf nicht warten, big es sich mit feinen Feblern einlebt. Eine Kommissionsberathung ist schon des⸗ halb nothwendig, weil die Frage, ob nur das Einkemmen aus Grund= besitz und Handels- und Gewerbebetrieb in au erpreußischen deutschen Staaten oder auch in außerdeutschen Staaten steuerfrei sein soll, eine Erledigung erheischt. egen diesen Gesetzentwurf kann das Ab⸗ geordneten haus keine großen Bedenken haben; denn es hat ja gerade für die Fassung der Regierungevorlage, die jetzt hergestellt werden soll, gestimmt, wahrend das Herrenhaus die Aenderungen veranlaßte.
Geheimer Ober ⸗Regierungs Rath Nöll: Wenn die Be⸗ stimmungen des Kommunalabgabengesetzes, soweit der Entwurf fie ändern will, wirklich auf einen Kompromiß beruhten, wie der Abg. von Bockelberg meinte, so würde die Regierung sie nicht ein eitig andern wollen. Das ist aber nicht der Fall. Es mag ja auffällig fein, daß wir schon jetzt an eine Aenderung des Geseßges herantreten, aber es handelt sich hier um Bestimmungen grundsãtzlicher Natur, deren Regelung keinen Aufschub duldet. Der Gesetzen wurf bejweckt im wesentlichen das bestebende Recht fortbestehen zu lassen.
(Schluß des Blattes.
— Die Kommission des Reichs tags zur Vorberathung der Novelle jum Gerichtsverfaffungszefetz und zur Stra); projeßordnung bat gestern ihre Arbeiten aufgengmmen. — Die Tabac stene ri m misfion des Reichstags ist zum 1. Mar einberufen, um die durch die Osterferien unterbrochene Berathung fortzusetzen.
— Die XIV. Kommissign des Reichstags zur Vor. beratung des von den Abgg. Hal tz, Graf von Kanitz, ven Kardorff, Graf zu Limburg⸗Stirum, Lotze, von DIoed Graf von Schwerin eingebrachten Antrags wegen An kan? und Verkaufs ausländifchen Getreides nur für Rechnans des Reichs hat sich konstituiert und zu ihrem Voꝛrsitzenden den ö. Dre Paafche, zum Stellvertreter des Vorsigenden den Aba P= Meyer (Halle), zu Schriftführern die Abgg. Galler, Rembold Wamboff und Will gewählt.
ist ihm solcher Betrieb nicht verboten.“
Entscheidungen des Reichsgerichts.
Der Verkäufer einer Waare haftet, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, J. Zivilsenat, vom 10. November 1834, aus leicht.
fertigen Anpresisungen und Zusicherungen, indem er etwas
persichert, was er selbst nicht weiß, nur dann, wenn der Käufer ange. rommen hat und annehmen durfte, der Verkäufer habe sich ver=
ewiffert, daß seine Zusage der Wahrheit entspreche. — B. unter⸗
ndelte in dem Laden des D. wegen einer Leiter mit einem Laden fommis. Der Kommis erklärte hierbei die Leiter als eine besonders feste und dauerhafte, als eine Patentleiter, und stieg vor den Augen des B. auf die Leiter bis oben berauf, ohne daß die Leiter zerbrach. Da der Kommis ein normal schwerer Mann war, so genügte anscheinend dem Käufer diese Probe, und er kaufte die Leiter für 7 „ 5090 3. Kaum nahm aber der Käufer die Leiter in Benutzung, so brach sie unter der auf ihr befindlichen Last zusammen. Der Käufer klagte bierauf gegen den Verkãufer auf Entschädigung. Die Klage wurde vom Reichsgericht für nicht begründet erachlet, indem es den oben bewworgehobenen Rechtssatz aussprach und des weiteren ausführte: . Daß Kläger für solchen Preis eine ganz besonders zu. vderlãssige Leiter erhalten würde, oder daß im Geschäft des aufers besondere außergewöhnliche Erprobungen des Systems gemacht sein würden, konnte der Kläger erwarten. Wenn er der Probe, welche vor seinen Augen gemacht wurde, traute, so konnte er aus den Erklärungen des Kommis des Beklagten nichts weiter ableiten, als daß man solche Probe über- haupt gemacht und daß dabei ein Unfall nicht vorgekommen war. Alles, was darüber hinausging, wie namentlich die Erklärung, das sei eine Patentleiter, waren allgemeine Anpreifungen und als solche auch für den Kläger erkennbar. Hat jene Probe ein sicheres und zuver- lässiges Ergebniß nicht geliefert, so ift der Schaden, welchen der Rläger erlitten bat, als ein unalückliches Ereigniß anzuseben, für welches der Verkäufer nicht haftbar gemacht werden kann. (241 / 94)
— Nach §5 71 Abs. 1 und? des Militär⸗Pensionsgesetzes vom 27. Juni 1871 er balten im Dienst beschädigte Unteroffiziere und Soldaten eine Verstũmmelungszulage bei dem Verlust einer Hand ꝛc.,, beim Verlust der Sprache und bei Störung der aktiven Bewegungsfähigkeit einer Hand ꝛc. Hieran schließt sich Abs. 3 an, wona ie Bewilligung der Verstũmmelungszulage ferner zulässig' ist: bei solchen schweren Schäden an sonstigen wichtigen äußeren oder inneren Körpertheilen, welche in ihren Folgen für die Erwerbsfäbigkeit einer Verstũmmelung gleich zu achten find. In Bezug auf diesen Absatz 3 bat das Reichs zericht, 1V. Zivilsenat, durch Urtheil vom 319. Dezember 1894 aus. gesprochen, daß in den darin erwäbnten Fallen ein Rechtsanspruch des Beschädigten auf eine Verstũmmelungszulage nicht beste ht, die Bewilligurg einer solchen vielmebr in das Ermessen der Militärbehörde gestellt ist. Aus dem Wort zulässig- ergiebt sich, daß die Bewilligung der Zulage lediglich in das Ermessen der Behörde gesetzt ist. (162,94)
Entscheidungen des Ober⸗Verwaltungsgerichts.
Die Bestimmungen der S5 51 und 52 der Gewerbeordnung:
5 51. Wegen überwiegender Nachtbeile und Gefahren für das Gemeinwobl kann die fernere Benutzang einer jeden gewerb lichen Anlage durch die höhere Verwaltungsbehörde zu jeder Zeit untersagt werden
§ 52. Die Bestimmung des § 51 findet auch auf die zur Zeit der Verkündigung des gegenwärtigen Gesetzes bereits vorhandenen gewerblichen Anlagen Anwendung... .
finden, nach einem Urtheil des Ober Verwaltungsgerichts, III. Senats, vom 13. Dejember 1894, nur Anwendung auf die mit besonderer polizeilicher Genebmigung unternommenen Gewerbebetriebe; hinsichtlich der ohne besondere polineiliche Genehmigung unter⸗ nommenen Gewerbebetriebe sind in Preußen die Ortspolizei⸗ bebörden befugt, jeglichem Betriebe entgegenzutreten, welcher, sei es durch die sich verbreitenden Gerüche, sei es in anderer Art, die Gefundbeit des Publikums zu gefäbrden geeignet ist (3 10 Tit. 17 Th. II Allg. 2. R, § 6 zu F des Gesetzes vom 11. März 1850 über die Polizeiwerwaltung]). Dem Kaufmann H. zu H. in Schlesien, welcher gewerbsmäßig den Handel mit Fellen und Häuten betreibt, wurde durch ortspolizeiliche Verfügung vom 2. Oktober 1893 in Räcksicht auf die sich verbreitenden gesundheitsschädlichen Gerüche das fernere Lagern von Fellen und Häuten auf seinem Grundstück G6... straße unkersagt und zugleich für jeden Uebertretungsfall eine Geldstrafe von lo M angedroht. Die Beschwerden des H. bei dem Regierungs- und sodann bei dem Ober⸗Präsidenten hatten keinen Erfolg, und die Krage des H. auf Aufhebung der ortsvolizeilichen Verfügung wurde vom Ober Verwaltungsgericht abgewiesen, indem es begründend aus führte: Die Polizeibehörden sind nach ibrer landesgesetzlich geregelten Aufgabe befugt, ieglichem Betriebe entgegen⸗ zutreten, welcher, sei es durch die sich verbreitenden Gerüche, sei es in anderer Art, die Gesundbeit des Publikums zu gefährden geeignet ist. Für die gewerblichen Betriebe insbesondere ist dies der Polizeibebõrde nicht grundsätzlich verwehrt, sondern nur insoweit, als ibre Zuständigkeit reichsgesetzlich ausgeschlossen oder sonst ein— geschrãnkt ist. Als solche reichsgesetzliche Vorschrift kommen hier aber, selbst wenn es dem Kläger an der Möglichkeit, seinen Gewerbebetrieb in einer die Verbreitung gesundheitsschädlicher Gerüche ausschließenden Art einzurichten, fehlte und also das polizeiliche Gebot nicht anders als unter Einstellung des Betriebs zu befolgen wäre, die 55 51, 52 der Gewerbeordnung nicht in Betracht, weil sie sich lediglich auf die mit besonderer volizeilicher Genebmigung unternommenen Ge— werbebetriebe beziehen, während Kläger seinen Gewerbebetrieb ohne polizeiliche Genehmigung begonnen und seither betrieben bat. — War biernach die Zuständigkeit der Ortepolizeibehörde an sich an zuerkennen, so ist ihre Anordnung nicht etwa dahin aufzufassen, daß dem Kläger die fernere Lagerung von Fellen und Häuten allgemein und selbst dann untersagt ist, wenn nach ihrer Beschaffenheit die Verbreitung gesundheitsschãdlicher Gerüche überhaupt nicht möglich ist. Dies ginge über die auf Anordnungen zur Verhütung von Gefahren beschrãnktéẽ Zustãndigkeit der. Ortspolijeibehörde hinaus. und ist von ihr ersichtlich nicht beabsichtigt; sie knüpft an den durch Zeugen und Sachverständige ihrer Ueberzeugung nach bestãtigten Thaibestand an, daß sich seit Jahren von den Lagerräumen des Klägerg gesundheitsschädliche Gerüche ver breiten, und solchem mißbräuchlichen Betrieb will sie in Zukunft hindernd entgegentreten. Sofern also Kläger seinen Betrieb in einer gesundheitsschãdliche Gerüche ausschließenden Art einzurichten vermag und sofern er insbesondere derart trockene Felle auf Lager nehmen will, welche frei von der Verwesung ausgeseßten Bestandtheilen sind und keine oder doch nicht gesund m . ö . verbreiten, so 111. 1579.)
Statiftik und Volkswirthschaft.
Die Honig⸗ und Wachsproduktion in Europa. Die jährliche Produktion dieser beiden so unscheinbaren Handels
artikel hat in einzelnen Staaten doch immerhin eine nicht unerhebliche
wirthschaftliche Bedeutung, an die folgenden Angaben des Patent⸗ und technischen Bureaus von Richard Lüders in Görlitz hierüber, namentlich für Bienenfreunde, nicht ohne Interesse sein dürften.
Die jährliche Produktion Europas an Wachs schätzt man nach
ö. neuesten Angaben der Statistik auf ungefähr 13 000 Tonnen zu
O00 kg, die einen Werth von etwa 27 Millionen Mark haben, sodaß der Werth von einem Kilogramm sich auf 1 46 80 beläuft.
Die jährliche Honig produltion beläuft sich ungefähr auf 80 000 Tonnen im Werthe von etwa 44 Millionen Mark. Daran sind die
wichtigeren Produftionsländer mit folgenden Beträgen betheiligt:
nicht
Deutschland mit 131090 9009 Bienenstõcken und 290 990 Tonnen Honig, Spanien 169909000 19000 e. Desterreich
Frankreich 5 Dolland e . Griechenland. 130 060 Rußland. ö. 110 099 Dãnemarkt ö 90 00 .
Der Rest entfällt auf die übrigen europãischen Staaten. In den Verrinigten Staaten von Amerika giebt es rund 2 800 000 Bienen- stöcke, die jährlich etwa 30 000 Tonnen Honig erzeugen.
Allgemeiner Deutscher Handwerkertag.
In der gestrigen Sitzung des VIII. allgemeinen deutschen Hand⸗ werkertages wurde, wie aus Halle a. S. berichtet wird. zur Frage des Haufierhandels eine vom Vorstand eingebrachte Entschließung an⸗ genommen, der zufolge der Handwerkertag an di verbündeten Regie⸗ rungen das Verlangen stellt, daß der Hausier handel der Ausländer und der Hausierhandel mit Handwerkserjeugnissen verboten und der Hausierhandel der Inländer von der Bedürfnißfrage abhängig gemacht werde. Zugleich wird zu der dem Reichstag vor⸗ gelegten Gewerbeordnungsnovelle Stellung genommen. Ferner gelangte folgende vom Schuhmachermeister Beut el ⸗ Berlin beantragte Ent⸗ schließung zur Annahme: Der Handwerkertag begrüßt es mit Freuden, daß die verbündeten Regierungen einen Gesetzentwurf über den unlauteren Wettbewerb eingebracht haben, richtet aber an den Reichtstag das Ersuchen, die Vorlage in einer Faffung zur Annahme zu bringen, die den berech- tigten Anferderungen des Handwerker⸗ und Gewerbestandes entspricht.⸗ Beim nächsten Punkt der Tagesordnung Der Bauschwindel vrotestierte der Handwerkertag in einer Entschließzung dagegen, daß die Beseitigung des Bauschwindels durch gesetzzeberische Maßnabmen bis zur Ein— fübrung des Bürgerlichen Gesetzbuches verschleypt werde. Zum 6. Punkt der Tagesordnung die Gesängniß ⸗ und Militärwerkstãttenarbeit lagen drei Entschließungen vor, die alle mit der Maß- gabe angenommen wurden, daß der Vorstand sie jzusammen« fassen und den Behörden einreichen soll. Die vom Vorstand zu diesem Gegenstand eingebrachte Entschließung lautet: Der Handwerker tag erklärt sich in Konsequenz seiner srüberen Beschlüßse für Auf- hebung der Militärwerkstätten und Beschäftigung der Gefangenen mit Derstellung von Halbfabrikaten, unter Ausschluß der Verwendung von Maschinen, oder mit Ausfübrung von Kulturarbeiten.! — Alsdann wurden noch zwei Entschließungen gegen die Kehsumvereine an⸗ genommen. Ferner wurden eingehende Entschließungen gefaßt zu der Frage der politijchen Vertretung des Handwerks, der Frage der Fachschulen und über den Maximal -⸗Arbeitstag im Bäcker⸗ gewerbe — Im Laufe der Verhandlungen war auf das an den Kaiser abgesandte Begrüßungstelegramm folgende Ant⸗ wort eingegangen: Seine Majestät der Kaiser und König baben den Huldigungsgruß des Handwerkertages gern ent⸗ gegengenommen und wünschen, daß seine Berathungen dem deutschen
ndwerk mit Gottes Hilfe zum Segen gereichen mögen. Im Aller öchsten Auftrage. von Lucanus.“
Zur Arbeiterbewegung.
. In Hamburg baben über 200 Zimmerer bei dem Bau der italienischen Ausstellung infolge von Streitigkeiten über Lohn, Arbeitszeit und Entlassung Unzufriedener am Montag die Arbeit ein estellt. Ebenso feiert eine Anzahl Tapezierer. — Wie die Köln. tg. mittbeilt, wurden dem Anschein nach wegen Zwangslage durch die auf Anfang Mai festgesetzte Eröffnung der Ausstellung die Forderungen der Ausständigen bewilligt. Die Arbeit wurde deshalb gestern wieder aufgenommen.
Zum Ausstande der Maler in Lü beck berichtet der Vorwärts-, daß die Forderungen der Gehilfen bis jetzt von 19 Meistern, welche 39 Gesellen beschäftigen, bewilligt wurden; 9 Meister haben noch nicht bewilligt; 22 Gehilfen steben noch aus.
Hier in Berlin erklärten sich einer Mittheilung der Berliner
Volksztg. zufolge die Miauler Lackierer und Anstreicher in einer Versammlung am 22. d. M. für unbedingte Arbeitsruhe am 1. Mai, lehnten es jedoch ab, eine Verpflichtung zur Unterstützung der wegen der Maifeier etwa Entlassenen anzuerkennen. Aus Wien kerichtet W. T. B.“ zum Ausstande der Ziegeleiarbeiter: 209 ausständige Ziegeleiarbeiter in Heiligen stadt nabmen beute die Arbeit wieder auf, sonst dauert der Ausstand überall fort.
Aus Paris liegen zum Ausstand der Omnibus⸗ bediensteten folgende Mittheilungen des W. T. B.“ vor: Die Ausständigen der Omnibusgesellschaft hielten gestern Nachmittag eine Versammlung ab, in welcher sebr beftige Reden gebalten wurden. Beim Verlassen des Versammlungslokals wurden Drohrufe gegen diejenigen Angestellten der Gesellschaft ausgestoßen, die sich dem Ausstande nicht angeschlossen hatten. Am Boulevard Magenta kam es zwischen der Polizei und den Ausständigen, welche die Fensterscheiben eines Pferdebahn wagens zertrümmerten, zu einem Zusammenstoß. In der Nähe der Place de ö République schleuderten Ausständige Steine gegen einen Pferdebahnwagen und stürzten ihn um. Die Gardes répu⸗ blicaines schritten lebhaft gegen sie ein; auf den großen Boulevards trafen die Ausständigen wieder zusammen, hielten mebrere Omnibus wagen an und zogen sich dann in der Richtung nach der Bastille zurück. Das Zentralcomité der vereinigten Droschkenkutscher von Paris beschloß, die Kutscher für den 25. d. M. zu einer General versammlnung zu berufen, um über die Frage des allgemeinen Aus—= standes aller in Perfsnentransportwesen von Paris Angestellten zu berathen. — Der morgen in Paris stattfindende Kongreß der Eisenbabnbediensteten soll gleichfalls die Frage eines Aus⸗ standes berathen wollen.
Kunft und Wissenschaft.
Morgen, Donnerstag, wird im zweiten Cornelius. Saale der Königlichen National-⸗Galerie eine Ausstellung des künstlerischen Nachlasses der Maler Graf Stanislaus von Kalckreuth und Leonhard Gev eröffnet werden.
— In vergangener Nacht verstarb in Leipzig, wie W. T. B.“ meldet, nach längerem Leiden der Ehrenbürger dieser Stadt, Professor . L . irektor des physiologischen Instituts der dortigen
n iversitãt.
— Die Sbakespeare - Gesellschaft hielt gestern in Weimar in Anwesenheit Ihrer Königlichen Hobeiten des Groß- herzogs und der Großherzogin von Sachsen im Saal der „Armbrust⸗ Gesellschaft ihre Generalversammlung ab, welcher in Ver⸗ binderung des Vorsißenden, Geheimen Kommerzien⸗Raths Oechel— häuser, Herr Professor Zupitza präsidierte. Aus dem Geschäftsbericht sei Folgendes erwähnt: Die Zahl der zahlenden Mitglieder beträgt 212 (gegen 1893 fünf mehr); die Einnahmen betrugen 4938 M 42 4, die Ausgaben 4373 M 97 3, es bleibt also ein Bestand von 565 S 45 4. Dazu kommt noch die Zuwendung des Herrn . Leo (Gertruden⸗ stiftung) im Betrage von 1013 M 17 3 Für Bibliothekzwecke sind im Jahre 1894 verausgabt 222 70 Alle übrigen Mittheilungen enthält der Jahresbericht, dem von jetzt ab auch der Wortlautsabdräck des 3 in der Generalversammlung beiliegen soll., Letzteren hielt der Wirkliche Geheime Rath Professor Hr. Cuno 6. aus Heidelberg über die durch Erwin Bormann's. Shakespeare⸗Geheimniß“ wiederum akut gewordene ‚Bacon⸗Frage⸗'. Der Redner kennzeichnete in überzeugender Weise die mangelhafte Beweisführung aller „Baconisten“ von Miß Delia Bacon bis auf Bormann und deduzierte aus der Philosophie des Lord von Verulam, daß dieser der Autor der Shakespeare⸗Dramen (die er übrigens ganz so taxierte wie Voltaire) garnicht hätte sein können. Als nächster Versammlungsort wurde wieder Weimar gewählt. Der Großherzog und die Großherzogin sprachen dem Redner in huldvoller Weise ihren Dank aus.
Gesundheitswesen, Thierkraukheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln. .
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Auch in der Woche vom 7. bis 13. April blieb der Gesundbeit stand in Berlin ein günstiger und die Sterblichkeit nabezu die gleich große wie in der Vorwoche (von je 1000 Einwohnern starben, aufs Jahr berechnet, 17.5 gegen 163 der Vorwoche). Etwas zahlreicher als in der vorangegangenen Woche gelangten wieder akute Entzün⸗ dungen der Atbmungsorgane zum Vorschein und fübrten auch etwas häufiger zum Tode (in 79 gegen 66 Fällen der Vorwoche). Auch Erkrankungen an Grippe wurden nicht selten beobachtet und endeten in 18 Fällen (gegen 16 der Vorwoche) tödtlich. Dagegen wurden akute Darmkrankheiten etwas seltener Todesveranlaffung. Die Beteiligung des Säuglingsalters an der Sterblichkeit blieb faft die gleiche wie in der Vorwoche; von je 10 000 Lebenden starben, aufs Jahr berechnet, 48 Säuglinge. — Von den Infeftionskrankbeiten kamen Erkrankungen an Masern, Scharlach und Diphtherie seltener zur Anzeige ö doch zeigten sich Masern und Scharlach in keinem Stadt⸗ tbeile, Dipbtherie nur in der Rosenthaler Vorstadt und auf dem Wedding in nennenswerther Zahl; Erkrankungen an Unterleibstyphus blieben vereinzelt. An Kindbettfieber wurden 2 Erkrankungen bekannt. Etwas häufiger kamen rosenartige Entzündungen des Zellgewebes der Haut zur ärztlichen Bebandlung. Erkrankungen an Keuchhusten, die meist den milden Verlauf behielten, wurden etwas weniger beobachtet. Rheumatische Beschwerden aller Art zeigten gegen die Vorwoche keine wesentliche Verãnderung in ihrem Borkommen.
Handel und Gewerbe.
In Kolumbien ist durch das Gesetz Nr. 70 vom 21. November v. J. die Liquidation der dortigen Nationalbank angeordnet und zugleich durch Artikel 9 des bezeichneten Gesetzes das Dekret Nr. 453 vom 10. Februar 1893, welches den Einfuhrzoll auf verschiedene Artikel er⸗ höhte und die hierdurch gewonnene Mehreinnahme der Nationalbank zuwies, aufgehoben worden.
Ferner ist der Artikel 3 des Gesetzes Nr. S5 vom 10. Dezember 1892 durch den Artikel 1 des Gesetzes vom 22. November v. J. abgeändert und der Einfuhrzoll auf Taback und Zigarren wieder ermäßigt worden.
Nach einem unterm 25. Januar d. J. an die Administra⸗ tion der Zollämter gerichteten Zirkular des Finanz⸗Ministers, welches im Diario oficial! vom 1. Februar d. J. Nr. 9695 veröffentlicht ist, soll der bisher erhobene Zollzuschlag nicht auf einmal in Fortfall kommen, sondern soll die Abminderung der Einfuhrzölle auf die betreffenden Waaren, im Einklange mit den Vorschriften des Artikels 205 der Konstitution, vom 20. bezw. 21. Februar d. J. an monatlich mit je einem Zehntel des Zuschlags bewirkt werden.
Es wird demnach der im „Deutschen Handelsarchiv⸗“ Jahrgang 1893, Theil IS. 504 ff, veröffentlichte kolumb ische Zolltarif am 21. November in allen seinen Theilen wieder in Kraft treten; nur in der Abtheilung „Verschiedenes“ sind die Positionen:
Taback in Blättern oder fabrikation Kautaback JJ . Zigaretten und Zigarren verarbeiteter Taback 1420 In anderer Form verarbeiteter Taback. 0560 zu streichen und, wie folgt, zu setzen: J . ge, ener Taback oder Taback in irgend einer k
Zigaretten und Zigarettentabacke figurieren nicht mehr im
Tarif, weil die Einfuhr derselben den Privaten verboten ist.
geschnitten zur Zigaretten⸗ : OG, 05 Peses 0,30
V
— Der Rechnungsahschluß der Brandenburger Spiegel glas⸗Versicherungs-Gesellschaft für das Jahr 1894 ergiebt einen Bestand von 22 430 Versicherungen über 19 101 754 4 Ver⸗ sicherungssumme mit einer Prämieneinnahme von 310 938 6 Gegen das Vorjahr wurde ein Zuwachs 775 Versicherungen über 239 157 mit 18 018 46 Prämie erzielt. Im Jahre 1894 wurden für 7836 Schäden 169 983 A6 gegen 163 779 * in 1893 gezablt. Die Reserven wurden um 44019 4 erhöht und betragen nunmehr 262 625 40
St. Petersburg. 23. April. (W. T. B). Dem „Swiet“ zufolge gestattete das Finanz. Ministerium seinen Agenten, die für die Krone Getreide in den östlichen Gouvernements kaufen, den Kaufpreis für Roggen um 2 Kopeken per Pud zu erhöhen.
Verkehrs⸗Anstalten.
Auf der Strecke der Königlichen Eisenbahn-Direktion Bromberg ergeben sich folgende wichtige Aenderungen des Sommer-⸗Fahrplans 1895 gegen den Winter⸗Fahrplan 1394! 95: 1. Es werden neu eingelegt: Personenzug 27 Berlin Stettiner Bahnbof ab 5,20, Stettin ab 10,37, Alt⸗Damm an 1051 nimmt, wie im Vor⸗ jahre, nur den Verkehr auf für die von Alt-⸗Damm ausgehenden Zweigbahnen nach Kammin, Wollin und nach der Alt⸗Damm⸗ Kolberger Bahn ausschließlich Station Kolberg. — Personenzug 28 Alt⸗Damm ab 3,17, Stettin an 3,30, Berlin Stettiner Bahnhof an 5.50. — Die üblichen Sommerzüge auf den Strecken Danzig — Zoppot, Danzig —=Neufahrwasser, Belgard Kolberg und Stolv — Stolp⸗ münde — wie in den Vorjahren. — II. Sonstige Veränderungen. Personenzug 142, alte Nr. 12, bisher Königsberg ab 6,42, geht 13 Minuten später von Königsberg ab und wird in Elbing statt in Marienburg vom D-Zuge 4 überholt. — Personenzug 146, alte Nr. 14, bisher Königsberg ab 730 geht 20 Minuten später von Königsberg ab und wird in Elbing statt in Marienburg vom D-Zuge 2 überholt. — Gemischter Zug 679, alte Nr. 319, bisher Schneidemühl, ab 82, fährt von Schneidemühl 64 Minuten später ab und trifft in Konitz 38 Minuten später ein. — Gemischter Zug 995, alte Nr. 455, bisher Schneidemühl ab 3,23, fährt bis Neustettin 10 Minuten früber. — Gemischter Zug 906, alte Nr. 776, bisher Tilsit ab 1ů,11, Königsberg an 7, 22, wird von Tilsit 11 Minuten früher gefahren und trifft in Königsberg 7 Minuten früher ein. — Gemischter Zug 1109, alte Nr. 1507, bisher ab Neustettin 6,42, fährt 32 Minuten früher von Neustettin ab und trifft 55 Minuten früher in Konitz ein, sodaß damit der Anschluß an den Personenzug 3 nach Dirschau— Königsberg erreicht wird. — Auf den Strecken Königs berg - Eydtkuhnen und Memel — Bajohren ist der gewöhnliche Sommer⸗ än eingeführt.
St. Petersburg, 24. April. (W. T. B.) Der Aufgang der Newa hat begonnen. Bei dem herrschenden warmen Wetter dürfte in einigen Tagen voller Eisgang erfolgen. Bei Kasan bat sich das Eis der Wolga und bei Nishny⸗Nawgorod das der Oka in Bewegung gesetzt. .
Odessa, 235. April. (W. T. B) Gestern gingen mit dem Dampfer „Orel‘ 9g69 Auswanderer und ferner eine Partie Schienen für die Sibirische Eisenbahn nach Wladiwostok ab; auch be⸗ finden sich zahlreiche Ingenieure für den Ausbau der Ussuri—⸗ Eisenbahn und die weitere Tracierung der Sibirischen Eisenbahn, sowie der Dirigirende des Kaiserlichen Kabinets, General Gudim Lewkowitsch an Bord des Dampfers.
Christiania, 23. April. (W. T. B.) Die russische . unterzeichnete einen Kontrakt mit der Werkstätte von Nyland über den Bau eines Eisgbrecherdampfers für den Hafen von Libau, welcher im nächsten Winter zu liefern ist.