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dem Beispiel anderer konkurrierender Staaten. Die Novelle sieht also zwei bauptsächliche Aenderungen vor: neben der Exportprãmie die Brenn steuer, die in Form einer Staffelsteuer erhoben werden soll. Auch diese Staffelstener hat in der Schweizer Monepolverwal tung ein lehrreiches Vorbild; die Staffelsteuer geht von dem Ge⸗ danken aus, daß, je kleiner der Betrieb, desto größer die Unkosten, je größer der Betrieb im allgemeinen, desto geringer die Generalunkosten sich stellten, — ein Verhältniß, was man bei der Branntweinsteuer ziemlich mathematisch genau nachzuweisen in der Lage ist. In der Schweiz variiert der Einkaufspreis für Alkobol in der Monopol⸗ Verwaltung zwischen 56, 50 M bis 76 M pro Hektoliter, und zwar dergestalt, daß den kleinen Betrieben, die also etwa Loose von 150 bis 200 Hektoliter übernehmen, die höchsten Preise und den größten Betrieben, die Lieferungsloose von 700 bis 1000 Sektolitern übernehmen, die niedrigsten Preise von der Monopol— verwaltung gezahlt werden. Hierin liegt indirekt ganz dasselbe System, wie es in der Staffelsteuer zum Ausdruck gebracht werden soll. Von 60 000 Betrieben bleiben übrigens 57 000 von der Staffelsteuer frei. Von etwa 6270 Kartoffelbrennereien werden etwa 2500, darunter etwa 5 gewerbliche, von 6350 Getreide⸗ brennereien etwa 20, darunter etwa 150 gewerbliche brennsteuer - pflichtig. Es ist die Berechnung, welche Unkoften erforderlich sind, um einen Hektoliter Spiritus berzustellen, sehr verschieden aufgestellt. Ich habe gefunden in der Presse, daß man dabei überwiegend Brennereien zu Grunde gelegt hat, Großbrennereien, die eine ausgezeichnete Technik haben, und da mag ja das aufgestellte Exempel im allgemeinen stimmen, soweit es sich um die Berechnung des verbleibenden Kartoffelpreises handelte. Die Nachweise gehen dahin, daß bei dem jetzigen Preise und den Generalunkosten die Kartoffeln noch zu einem angemessenen Preise verwerthet werden können. Aber selbst bei solcher Berechnung habe ich zu meiner Ueberraschung gefunden, daß der Schriftsteller des betreffenden Blattes ganz vergessen hatte, daß man zur Her- stellung von Alkohol bei der Kartoffelbrennerei doch auch Gerte braucht, und daß zur Herstellung eines Hektoliters Alkohol etwa Gerste im Werthe von 4 M erforderlich ist. In den Motiven, die Sie Seite 32 der Vorlage finden, sind die Kosten für Herstellung eines Hektoliters Alkohol auf 52 6 angegeben; es ist dabei ausgegangen von den Herstellungskosten eines kleinen Be—⸗ triebs, der täglich nicht mehr als 1500 Liter Bemaischung hat und jährlich etwa 200 Hektoliter hundertgradigen Alkohol herstellt. Unter diese Betriebe, die so theuer produzieren, fallen aber über 3000 Kar⸗ toffel⸗ und etwa 5000 dickmaischende Getreidebrennereien. Wenn man annimmt, daß die Brennereien seit 1837 für ibren Branntwein an Brennereiftelle durchschnittlich etwa 34 M erbalten haben und der Kontingentantheil mit etwa 13 S pro Hektoliter angefetzt wird, so haben außer den kleinen Betrieben aber auch alle diejenigen Brennereien zugesetzt, deren Unkosten sich auf 47 -— 52 M pro Hektoliter belaufen. Einen geringen Verdienst haben alle diejenigen Brennereien zu verzeichnen, denen der Hektoliter billiger als 47 M zu stehen kommt; aber diese mußten dafür die Nachtheile einer außerordentlichen Produktionseinschränkung tragen und werden ja nach der vorliegenden Novelle wesentlich stärker durch die Staffelsteuer belastet werden. Bei Konstruktion der Staffelsteuer konnte man sich fragen: wendet man die Staffelsteuer an auf die gesammte Produktion eder nur auf diejenige Produktion, die das Kontingent über— schreitet? Nach eingehender Erwägung auch unter Zuziehung von Sachverständigen sind wir doch dazu gekommen, die Staffel⸗ steuer auf die gesammte Produktion anzuwenden und jwar desbalb, weil offenbar in der Branntweinsteuergemeinschaft die mittleren Brennereien im Verhältniß zu ihrem wirthschaftlichen Um⸗ fange die kleineren Kontingente haben, und weil die großen gewerb⸗ lichen und die großen landwirthschaftlichen Brennereien wesentlich leichter ihren Brennereibetrieb regeln können nach Maßgabe ihrer wirthschaftlichen Verhältnisse. Vor allen Dingen kam aber dazu, daß namentlich in Süddeutschland viele Brennereien auch heute noch ihr Kontingent nicht abbrennen oder nur ihr Kontingent abbrennen, und daß, falls wir die Staffel nur auf das Suverkontingent legten, eine ganze Anzabl wohlsituierter Brennereien von der Brennsteuer gar nicht erfaßt würden.
Meine Herren, die Angriffe, die gegen die Brennsteuer erhoben worden sind, haben sich indes in der öffentlichen Meinung vor⸗ zugsweise gegen die Differenzierung der Staffel je nach den ver⸗ schiedenen Rohprodukten, aus denen der Branntwein hergestellt wird, gerichtet; namentlich gegen die Differenzierung der landwirth⸗ schaftlichen Hefebrennereien, gegen die Behandlung der Hefebrennereien überhaupt und gegen die Behandlung der Melassebrennereien. In der Klasse O des Entwurfs sind bekanntlich die Hefe⸗ und die Melassebrennereien vereinigt. Auch die Melassebrennereien sollen in Zukunft nicht mebr Maischraumfsteuer bezahlen, sondern den Zuschlag von 20 Æ Die Mehrbelastung der landwirthschaftlichen Hefebrennereien in Klasse C gegenüber den übrigen landwirthschaftlichen Brennereien in Klasse A betrifft 45 Brennereien von im Ganzen 630 landwirthschaftlichen Hefebrennereien. Dem gegenüber steht aber die Entlastung durch die Zuschlagsermäßigungen für die kleinen Hefebrennereien, die jetzt erst durch die Novelle eingeführt wird. An dieser Zuschlags⸗ ermäßigung sind von den 630 landwirthschaftlichen Hefebrennereien etwa 500 mit Beträgen bis zu 400 Æ während der Brenn⸗ kampagne betheiligt. Die Mehrbelastung der Hefebrennereien durch Skala C beträgt selbst bei denjenigen landwirthschaftlichen Hefe⸗ brennereien, die 600 hI Jahresproduktion haben, erst 25 3 prs Hektoliter, also jährlich für eine solche Hefebrennerei lerst 150 4, und von den mehrbelasteten 45 landwirthschaftlichen Hefebrennereien sind es höchstens 20, die eine höhere Jahresproduktion als 600 hl aufweisen. Ich glaube, es dürfte sich hieraus ergeben, daß die Ein⸗ wände, die man gegen die Belaftung der Hefebrennereien gemacht hat, sich sehr wesentlich qualitativ und quantitativ abschwächen.
Ich muß aber dieserhalb noch auf die Geschichte der Steuer⸗ belastung der Hefebrennerei überhaupt zurückgehen. Die Hefebrenne⸗ reien waren bekanntlich bis zum Jahre 1887 durch die Maisch⸗ bottichstener mit etwa 13 bis 16 4 mehr belastet als die Kartoffel⸗ brennereien. Durch die Einführung des Zuschlags von 20 4 statt der Maischbottichfteuer trat eine Verminderung der Belastung um etwa 798 4 pro Hektoliter ein. Es sollte also nach der Absicht des Gesetzes eine Belastung der Hefebrennereien in Höhe von 6—7 4 fortbestehen bleiben. Diese Belastung hat aber thatsächlich nicht statt⸗ gefunden, denn der Hefebranntwein wird überwiegend in Raffinations⸗ anstalten verwendet, um dort zur Abschreibung für den Schwund
verwendet zu werden. Bekanntlich werden nach den Ausfũhrungẽ⸗ bestimmungen zum Branntweinsteuergesetz die Fehlmengen, der Schwund, in den Raffinerien stets von dem höchftbelasteten Brannt mein abgeschrieben, und da der Hefenbranntwein mit 70 M Ver⸗ brauchsabgabe plus 20 410 Zuschlag, also mit 890 M belastet ist, wird er vorzugsweise von den Spritfabriken aufgekauft, um zur Abschreibung verwendet zu werden. Thatsãchlich zahlen also die Hefe⸗ fabriken die Steuer, die sie mehr gegenuber den anderen dickmaischen⸗ den Brennereien zahlen sollten, nicht. Etwas differenziert sind sie vielleicht nur dadurch, daß bekanntlich die Kartoffelbrennereien bei der Ausfuhr eine Pnrämie von 3 * gewinnen, indem die Rückerstattung der Maischbottichsteuer 16 beträgt, während nur etwa 13 that⸗ sächlich bezahlt werden; ein Vortheil, s der den Hefebrennereien infolge des Zuschlags nicht zu theil wird.
Meine Herren, dann sind aber auch die Hefebrennereien, die so leb⸗ haft klagen, in eine wesentlich günstigere Lage versetzt durch das soge⸗ nannte Hefenlüftungsverfahren, welches bekanntlich ermöglicht, daß jetzt aus demselben Rohprodukt das doppelte Quantum hergestellt und daß Branntwein immer mehr nur ein Nebenprodukt der Hefe— fabrikation wird.
Ferner ist nach einer technischen Auskunft, die ich erhalten, zu erwarten, daß jetzt, nachdem die Melassefabriken statt der Maisch⸗ raumsteuer auch dem Zuschlag unterworfen werden, die Hefebrennerei zur Verwendung von Melasse übergehen wird. Bisher konnte sie das nicht, weil bei der Hefebrennerei mit Melasse außerordentlich dünn eingemaischt werden muß, und dann die steuerliche Belastung pro Hektoliter erzielten Branntweins bei weitem zu hoch gewesen wäre. Ebenso aber, wie es mit der Hefebrennerei ist, wird es Tc mit der Melassebrennerei sein. Auch die Melassebrennerei, die in Zukunft den Zuschlag von 20 1 statt der Maischbottichfteuer zahlen soll, wird denselben thatsächlich nicht entrichten, sondern wird vorzugsweise verwendet werden zu Denaturierungszwecken, allerdings aber auch einige Mark für Denaturierungskosten abgeben müssen. Es kommt hinzu, daß sich die Melassebrennereien in Zukunft wahr⸗ scheinlich in Dünnmaischbrennereien verwandeln und unter dem Zu⸗ schlag um 1 bis 2 M für den Hektoliter billiger produzieren werden wie bisher.
Meine Herren, es ist übertreibend behauptet worden: die Melasse⸗ brennerei sollte durch dieses Gesetz vollkommen todt gemacht werden. Das ist eine durchaus unrichtige Behauptung. Wenn die Melasse⸗ brennereien ihren Betrieb nicht weiter ausdehnen werden und das thun, was ja die landwirthschaftlichen Brennereien im Jahre 1887 allgemein thun mußten, ihren Betrieb auf den normalen Umfang von 1887 be— schränken, wenn sie nicht ein erhebliches Superkontingent herstellen, dann werden sie nicht weiter belastet sein wie durch die gestaffelte Brennsteuer. Härter getroffen werden allerdings die Melassebrennereien, die kein Kontingent haben und lediglich kapitalistisch im Interesse der Spekulation errichtet sind. Es ist aber mit Sicherheit anzunehmen daß durch die große Ermäßigung, die in ihrem Rohprodukt liegt, d. h. durch die gegenwärtigen niedrigen Melassepreise, die höbere Staffelsteuer wesentlich ausgeglichen werden wird.
Im Jahre 1887 waren bekanntlich die Melassebrennereien fast ausgestorben und sind erst durch das Gesetz von 1887 zu neuem Leben erweckt worden. Beschrãnken sich also die Melassebrennereien auf den Umfang der Produktion, die sie zunächst auf Grund des Gesetzes von 1886/87 hatten, so werden sie auch fernerhin durchaus leistungsfähig bleiben. Ganz besonders möchte ich aber zu Gunsten der Novelle hinweisen auf die Begünstigung, die den kleineren und mittleren Brennereien zu theil wird. Für die kleinen Hefebrennereien ist be⸗ kanntlich nur eine Ermäßigung des Zuschlags nachgelassen, ebenso soll auch der Ermäßigungezuschlag auf kleine Kartoffelbrennereien ausgedehnt werden, wie ihn bisher die kleinen Getreidebrennereien genossen. Es sollen aber auch Ermäßigungszuschläge statt der vollen Materialsteuer den Brennern gewährt werden, die gemeinschaftlich einen Brennapparat benutzen, was bisher bekanntlich ausgeschlossen war. Daß die Novelle für die kleineren Betriebe außerordentlich vortheilhaft wirken würde, das hat gerade von Vertretern der Klein⸗ industrie Anerkennung gefunden. Die freie Vereinigung von Inter⸗ essenten der Spiritus brennereien und Preßhefenfabriken erklärt in einer an den Reichstag gerichteten Petition:
Entspricht die neue Branntweinsteuervorlage auch nicht allen Wünschen der kleineren und mittleren Brenner, so verkennen wir doch nicht den gesunden Kern, welcher ihr innewohnt und den löblichen Zweck verfolgt, vor allen Dingen das Kleingewerbe im Interesse der kleinen Landwirthschaft von West⸗ und Mitteldeutsch⸗ land lebensfähig zu erhalten),
und eine andere Petition, die unterschrieben ist von Herrn Julius Wrede in Peine und Genossen, erklärt:
Wie aber steht es mit der durch die Vorlage erhofften Produktionseinschränkung überhaupt? Wird thatsãchlich der Groß⸗ betrieb, und vor allem der gewerbliche, zu Gunsten des mittleren und kleineren zurückgehen? Wir glauben, ganz zweifellos! Aber sicherer ist noch die Folge, daß auf dem Gebiet der kleineren Fabrikation, durch deren jedes richtige Maß überschreitende Bevor⸗ theilung, eine Betriebserweiterung eintritt, die jeden Rückgang der Erzeugungsmenge hindert.“
Nun, der Wunsch, daß gerade die kleineren und mittleren Brennereien bevorzugt würden, ist von der linken Seite des Hauses wiederholt betont worden. Man hat immer gesagt: das Branntwein⸗ steuergesetz sei eigentlich nur für die größeren Brennereien gemacht und nicht für die kleinen und mittleren. Hier haben Sie, glaube ich, klassische Zeugen dafür, daß diese Novelle sich bemüht hat, auch den kleinen und mittleren Betrieben, die ja vorzugsweise in Süd⸗ und West deutschland heimisch sind, gerecht zu werden.
Meine Herren, man kann gegen die gesetzliche Festlegung einer Exvortyrãmie ja schwerwiegende wirthschaftliche Einwände erheben. Es ist ganz unzweifelhaft, daß, rein wirthschaftlich betrachtet, eine Ausfubrvergütung etwas sehr Unerwünschtes ist. Unerwünscht ist es aber auch schließlich, daß wir ungeheuere Summen für unsere kriege⸗ rischen Rüstungen ausgeben müssen. Wir können aber nicht anders, wenn wir militärisch konkurrenzfähig bleiben wollen. Ganz ebenso liegt es mit den iAusfuhrvergütungen. Wenn andere Staaten erhebliche Ausfuhrvergũütungen gewähren, so sind wir gejwungen, den gleichen Weg zu gehen, und nur darin, daß wir den gleichen Weg gehen, liegt die Möglichkeit vor, das Ziel zu erreichen, daß die Ausfuhrprãmien schließlich überhaupt abgeschafft werden. Wenn alle anderen Staaten ihre Industrien durch Ausfuhrprämien begũnstigen und wir allein die Spartaner spielen, so werden wir einfach vom
Weltmarkte verdrängt. (Sehr richtig! rechts) Meine Herren, es ist von der öffentlichen Meinung auch sehr heftig die Be⸗ handlung der Melassebrennereien während der Uebergangszeit be. kämpft worden. Sollte aber dieses Gesetz schon für die nãchste Kampagne eine Preissteigerung herbeiführen, so konnten wir nicht anders verfahren, als wie das in der Novelle geschehen ist. Es haben jetzt schon in den ersten fünf Monaten die Melassebrennereien
mebr Spiritus erzeugt wie sonst im ganzen Jahre (Hört, hört!
rechts), und es sind seit Anfang 1895 rein spekulativ mit Rück. sicht auf die geringen Melassepreise Melassebrennereien ent⸗ standen, von denen eine, meine Herren, in der Kampagne schon bis zum 1.. März des Jahres 6947 hl Spiritus erjeugt hat. (Hört, hört! rechts) Während bei der Produktion der Melasse man sich bisher immer dabei beruhigt hat: das Zeug kann man ja nicht trinken‘, so ist das doch eine Beruhigung, die wir nicht länger hegen können; denn mir hat ein hervorragender Sachverständiger ver⸗ sichert, daß man jetzt im Ausland aus Melassespiritus Genevre macht. Insofern ift allerdings das Gesetz gegen die Ausdehnung der Melassebrennereien gerichtet. Das Gesetz bezweckt, eine weitere Ausdehnung der Melassebrennereien zu Ungunften der landwirth⸗ schaftlichen Brennereien zu verhindern; denn die verbündeten Regie⸗ rungen balten daran unentwegt fest, daß im Interefse der Landeskultur die Brennerei als landwirthschaftliches Nebengewerbe erhalten werde. (Bravo! rechts.)
Meine Herren, ich könnte hier noch auf viele Details des Gesetzes eingehen. Diese Detailfragen sind aber so außerordentlich kom⸗ plizierter Natur — ich müßte im weiteren Umfange auch auf die Preisbildung des Spiritus eingehen — daß ich glaube, ich behalte mit diese speziellen Auseinandersetzungen besser für die Kommission vor. Ich möchte aber an die Herren noch eine Bitte jum Schluß richten. Es ist den verbündeten Regierungen genau bekannt, daß namentlich auf der rechten Seite des Hauses viele Herren sitzen, die ihr Ideal der Spiritusbesteuerung auf einem andern Wege zu finden glauben. Meine Herren, man kann ja ein Ideal im ver—⸗ schwiegenen Busen tragen, aber man kann es nicht immer realisieren, und ich glaube, dieses Ideal, was manche von Ibnen in Bezug auf die Spiritusbesteuerung haben, würde jedenfalls in diesem Reichstag eine Mehrheit nicht finden. (Sehr richtig) Die verbündeten Regierungen haben deshalb nach dem Grundsatz his dat, qui cito dat dieses Gesetz vorgelegt und richten an die Herren von der rechten Seite, die die Spiritussteuer anders gestaltet sehen möchten, die Bitte, eine gewisse Entsagung zu üben und das Gesetz schnell zu verabschieden, damit es noch auf die Preisbildung der nächsten Kampagne einwirkt. Ich möchte mir aber erlauben, auch noch eine Bitte an die linke Seite des Hauses zu richten. Ich finde in der Behand⸗ lung landwirthschaftlicher Fragen in dieser Session und in der vorigen doch schon einen wesentlichen Unterschied.
Meine Herren, ich glaube, die eingehenden Erörterungen der land⸗ wirthschaftlichen Verhältnisse bei der Gelegenheit der Handelsverträge haben doch Manchem, der gewohnt ist, die landwirthschaftlichen Ver⸗ hãltnisse mehr aus der stãdtischen Vogelperspektive anzusehen, die Ueber⸗ zeugung beigebracht, daß wirklich in der deutschen Landwirthschaft etwas faul ift, und zu meiner persönlichen Freude habe ich in dieser Session schon bis in die aäußerste Linke hinein, ja sogar schon bei den Herren Sozialdemokraten, das Anerkenntniß gehört: ja, die Land⸗ wirthschaft befindet sich wirklich in einer gefährlichen Krisis. (Sehr richtig! rechts.)
Meine Herren, ich möchte Sie bitten, wenn Sie diese Ueber⸗ zeugung nun endlich gefaßt haben, daß Sie von der Ueberzeugung auch zu Thaten übergehen und auf Grundlage dieses Entwurfs der Land— wirthschaft oder wenigstens einem Theil der Landwirthschaft belfen. Wenn Sie uns einwenden, daß dieses Gesetz nur einem kleinen Theil der deutschen Landwirthschaft zu gute komme, so haben die verbündeten Regierungen die Hoffnung, daß Sie noch in dieser Session in die Lage versetzt werden werden, auch einem weiteren Kreise von land- wirthschaftlichen Interessenten Ihr Wohlwollen zuzuwenden.
Wir bitten Sie also, meine Herren, reichen Sie uns in dieser Frage einmal den kleinen Finger; wir versprechen Ihnen, nicht gleich die ganze Hand zu nehmen. (Bravo! und Heiterkeit.)
Abg. Spahn (Zentr.): Meine Freunde stimmen im allgemeinen der Reglerungsvorlage zu; immerhin erscheint aber eine ernstliche Prů⸗ fung derselben in einer Kommission geboten, die sich darauf zu richten hat, ob die Brennerei eines solchen Gesetzes bedarf, und ob durch das⸗ selbe die Grundsätze des Gesetzes von 1887 nicht verschoen werden. Durch die Begünstigung der Brennereien, in denen in einem Jahre weniger als 350 hi reinen Alkohols erzeugt wird, wird die kleine landwirthschaftliche Brennerei einen neuen Aufschwung erhalten. Jedenfalls empfiehlt es sich, die voraussichtliche Wirkung der Vorlage einer Prüfung zu unterziehen. Ich beantrage, die Vorlage einer Kom—⸗ mission von 21 Mitgliedern zu Üüberweisen. ;
Abg. Wurm (Soz.): Weil die große Masse der kleinen Brenner mit den bestehenden Brennereigesetzen unzufrieden ist, will die Staatẽ regierung durch den vorliegenden Gesetzentwurf eine Aus sõhnung herbeiführen, bei welcher indeßsen der Verdacht entsteht, als handelt es sich nur um eine Beschwichtigung des kleinen Mannes. Welches find die maßgebenden Gründe zur Unterscheidung zwischen einer lanz= wirtbschaftlicken und einer gewerblichen Brennerei? Den landwirtk⸗ schaftlichen Brennereien sollen Vergünstigungen zu tbeil werden, den gewerblichen nicht. In der That arbeiten doch beide ganz gleich. wenn man von der Verwerthung der Schlempe absieht. Die Landwirthschaft verwerthet die Schlempe selbst, die ge= werbliche kann sie nicht r,. Aber sie bleibt doch imme im Lande, und gerade, weil die gewerbliche Brennerei sie nicht selbst verbraucht, kommt sie dem kleinen Mann zu gute, der sie für ein Billiges kaufen kann. Die großen landwirthschaftlichen Brennereien können ebenso wenig die ganze Schlempe für ihr eigenes Vieh ver. werthen. Direkt verkaufen können sie frelich nicht; aber es läßt sick das doch in der Form machen, daß sie Vieh , auf⸗ nehmen, sodaß der Vortheil davon den kleinen landwirthschaftlichen Betrieben zu gute kommt. Die Gesetzgebung hat das Bestreben den fleinen Brennern zu verbergen, mie sie durch das Hesez geschädigt werden. Diese Schädigung aber bleibt troß der Vergünstigungen bestehen, weil der kleine Betrieb mit dem großen nicht zu konkurrieren vermag. In der Theorie sieht sich die Vorlage nicht schlecht an, anders aber gestallet es fich in der Wirklichkeit. Daran können alle Export · Prãmien nichts ändern. Das Gesetz von 188 hatte den weck, die Branntwein⸗Produktion einzudãmmen; jetzt thut man o als ob man den Brennereien damit etwas Böͤses gethan hätte. Die Strafe aber dafür, daß die Agrarier zu viel Nutzen an ibren Brennereien ziehen wollen, müssen die Branntweintrinler ablen. Branntwein wird in Deutschland von den Aermften de Armen getrunken. 23 sich die Branntweinpest beseitigen, i wart niemand darüber mehr erfreut als die Sonialdemokratie, An der bisher erhobenen Steuer ist schon genug Last zu tragen. Im vorigen 3 hat der Branntwein im Ganzen etwa 155 Millionen ö
u beachten ist, daß die e, m, zugiebt, die eren zwischen dem 50 iger und 790 iger Spiritus von der olkerung ge tragen wird. Darin liegt die Liebesgabe.
Abg. n Der 2. Wurm könnte mit den Wirkungen * wohl zufrieden sein, denn der Konsum Trinkbranntwein hat sich in den Jahren 1859 bis 1887 um ca. 20 0½00 vermindert. Die arbeitende Bevölkerung giebt im Großen und Ganzen heute nicht mehr für Branntwein aus, als vor 1887, denn sie trintt beute weniger. Das Gesetz pon 1887 hat also keine Belastung der Armen zur Folge ebabt. Ebensowenig richtig ift die Behauptung, daß jenes etz eine Unterstũtzung der ostelbischen Brennereien zurück= zuführen sei. Im Jahresbericht der Handelskammer in Gmünden Kübrt ein sachverständiger Berichterstatter aus, daß es kaum faßlich sei, wie die Sage von der Liebes gabe entftehen konnte. Hätten die Brennereien in Bayern für die Kontingentierung kein Aeguwalent, so würden sie ruiniert sein. Die Kontingentierung sei für den Süden eine Existenznothwendigkeit. Wenn sich der Preis des Branntweins erhöhen sollle, so werden doch nicht nur die großen, sondern auch die kleineren Brennereien den Vortheil davon haben. Glaubt denn der Vorredner, daß diese billiger verkaufen werden als zum Markt⸗ preise? Im Durchschnitt haben die Brennereibesitzer in den Jahren 1887 — 1893 ebenso viel für ihre Erzeugnisse bekommen, wie in den Jahren 18530-1887. Beröücksichtigen Sie aber, daß sie 25 — 30 e weniger bergeftellt haben als früber, daß die ganzen Kosten der Verzinsung, der Amortisationen auf 75 0 der früheren Produktion vertheilt werden, so müssen Sie zugeben, daß die Brennereibesitzer keinen Vortheil von der Kontingentierung batten. Daß der Brannt⸗ weinkonfum in den öftlichen Provinzen größer ist als in den west⸗ lichen, ist richtig, ist aber auf die klimatischen Verhältnisse zurückzu⸗ führen. Wie kann man hierfür die ortsüblichen Tagelöhne verantwort- lich machen? Diese geben immer die geringste Summe an, die ewöhnlich den Anfängern gezablt wird. Außerdem spielen die Natural⸗ öhne gerade im Osten eine große Rolle. Die Arbeiter erhalten dort mehr an Naturalien als im Westen und in den Industriebezirken. Wir würden uns schämen, den Arbeitern Wohnungen zu geben, wie sie . B. bier in Berlin von ihnen bezogen werden. Viele Besitzer in 2 und Ostvreußen geben dem Arbeiter 400 6 für Wohnung. er Erhaltung der landwirthschaftlichen Brennereien müssen wir ein rößeres Interesse entgegenbringen als der der gewerblichen. Der Landwirth, der eine Brennerei auf seinem Grund und Boden errichtet, will diesen besser ausnutzen und ertragsfähiger machen, während der gewerbliche Brennereibesitzer Melasse verbraucht, die Beschaffenheit des Bodens nicht berücksichtigt, sondern nur die Konjunktur benutzt. Jeder Landwirth wird bestätigen können, daß in den landwirthschaftlichen Betrieben mit Brennerei die Pre⸗ duktion an Getreide und Vieh eine größere ist trotz des für den Kartoffelbau beanspruchten größeren Areals. Im Jahre 1887 war man der Ansicht, daß die Melassebrenner durchschnittlich nur 6 — 70 Ausbeute hätten. Das wurde im Gesetze berücksichtigt. Nun hat es sich aber berausgestellt, daß sie 8-9 90 Ausbeute haben, also mit den landwirthschaftlichen Brennereien konkurrieren können. Damit ift die thatsächliche Voraussetzung der damaligen Gesetzgebung hinfällig geworden. Die Melassebrennereien baben außerdem auch keine Bedeutung für die Hebung des Vieh⸗ standes und dessen Ernährung. Die Bestimmungen der Vorlage zeugen von einer sehr eingehenden Kenntniß der landwirthschaftlichen Brennereiverhältnisse. Wir haben alle Veranlassung, dem Staats⸗ sekretär unseren Dank für das Wohlwollen auszusprechen, das er für die landwirthschaftlichen Brennereien bethätigt. Im Gesetz von 1887 sind einige Fehler gemacht worden, weil man sich ganz neuen Ver—⸗ hältnissen gegenüber befand; aber die hier vorgeschlagenen Aenderungen beweisen, daß jenes Gesetz im Großen und Ganzen seinen Zweck erreicht hat. Ein Rückgang in den kleinen Brennereien ist aller⸗ dings eingetreten, aber nur in geringem Umfange. Wenn sich. die Zahl der kleinen Brennereien auch unter dem neuen Gesetze immer noch etwas vermindert hat, so haben sie sich doch im großen Ganzen zu halten vermocht. Daß eine ungünstigere Behandlung der großen Betriebe eintritt, scheint mir durchaus gerechtfertigt. Ob eine Hebung des Exports sich wird durch diese Vorlage erreichen lassen, ist mir allerdings zweifelhaft; denn die Ursachen für die Exportminderung liegen nicht in der Steuer und Zollpolitik, sondern in anderen Verhältnissen; so in der Verheerung der süͤd⸗ französischen Weinberge und der dadurch hervorgerufenen dortigen Spiritusproduktion. Es wird vielleicht das Richtigste sein, den Gedanken an eine Steigerung des Experts aufzugeben und das Qauptgewicht auf die Hebung des inländischen Verbrauchs zu legen. Sollte die Steigerung der Petroleumpreise andauern, so könnte man wohl mit Aussicht auf Erfolg versuchen, den Spiritus zu einem kon⸗ kurrenzfähigen Beleuchtungsmittel zu entwickeln. Es wäre zu erwägen, ob man nicht aus der Betriebssteuer einen Fonds bilden sollte, um nur insoweit Exportyrämien daraus zu gewähren, wie die Preise nicht eine hinlängliche Höhe haben. Es könnte ferner eine Erhöhung der Steuer in Aussicht genommen werden für diejenigen, die über einen bestimmten Prozentsatz mehr brennen, als ihr Kontingent beträgt. Ich bedaure, daß in der Vor⸗ lage eine Bestimmung fehlt, welche den Brennern das Recht gäbe, die Denaturierung in der Brennerei selbst vorzunehmen. Ferner würde ich für wünschenswerth halten, daß der Verkauf des denaturierten Brannt⸗ weins erleichtert und nicht auf diejenigen beschrãnkt würde, welchen der Ver⸗ kauf des Trinkbranntweins konzessioniert ist. Man könnte damit auf eine erhebliche Steigerung des Konsums hinwirken. Endlich hätte ich den Wunsch, daß gegen die Verwendung gewisser Surrogate, wie Pfeffer, mit denen die Verkäufer häufig das Publikum über den Werth des verkauften Branntweins zu jäuschen suchen, Vorkehrung im Gesetz getroffen würde. Dem Antrage auf Ueberweisung der Vor- lage an eine Kommission von 21 Mitgliedern schließe ich mich an.
Um Hi Uhr wird die weitere Berathung auf Sonn⸗ abend 1 Uhr vertagt.
Nr. 16A des Zentralblatts der Bauverwaltung“, berausgegeben im Ministerium der 5ffentlichen Arbeiten, vom 24. April, hat folgenden Inbalt: Versuche über Eigenschaften und Sichtbarkeit verschiedener Signallichter. — Zur Frage der Be⸗ ruhigung der Meereswellen durch Del. — Ueber die Form von Schneewehen. — Bücherschau.
Statistik und Volkswirthschaft.
Berwahrloste Kinder in Preußen.
Seit dem 1. Oktober 1878, dem Tage, an dem das Gesetz über die Zwangserziehung verwahrlofter Kinder (vom 13. März 1878 in Traft getreten, haben nach den Feftstellungen des Königlich preußischen Minifteriums des Innern bis zum 1. April v. J. in der gesammten Monarchie 23 252 Rinder in JZwangserziehung untergebracht werden müäffen. Big zum J. April 13933 waren es 21 S864 Kinder gewesen. Der Zuwachs im letzen Jahre dieses Zeitraums hat also 3853 S 6 oo betragen. Von Jenen 25 257 Kindern gehörten 1573 der Propin Oftpreußen, 864 der Provinz Westnreußen, 1012 der Stadt Berlin, 261 der Provin; Brandenburg, 1525 der Provinz Demmern, 1470 der Provinz Posen, 4084 der Provinz Schlesien, 1914 der Propin; Sachfen, Ioößß der Provin Schleswig. Holstein dazu 28, die auf Lauenburg kamen), 1698 der Provin; Hanncver, 1244 der Provinz Westfalen, 1230 dem Regierungsbenirk Cassel, So dem Regie · tungs berir? Wiesbaden, 2565 der Rheinprovinz und 18 den Hohen. kollernschen Tanden an. Von der Gesammtiabl sind während der Berichleperiode 5 Kinder widerruflich, ag unwiderruflich entlassen worden, Si derftorben, 1 anderweit — ingbesondere durch Eintritt des Endtermins der Zwangserziehung — in Abgang gekommen, sodaß am 1. April v. J. nur noch 10722 Kinder in Zwan erziehung der⸗ blieben. Von dicfen waren 50g, also mehr als die Hälfte in Familien, 3852 in Pribatanftalten und 261 Kinder in den vom Kommunaler
bande eingerichteten Anstalten, dagegen keine in Staatsanstalten unter · gebracht. An Koften, die aus der aller in Zwangterziehung besind⸗ lichen Kinder im Etats jahre 1893 94 erwachsen sind, waren 1 467 280 4 zu decken, wovon 733 34 der Staat und 733 936 die Kommunal- verbãnde bestritten. In der Provinz Schlesien allein, welche die bei weitem höchste Zahl der verwahrloften Kinder gejählt hat, sind für . und Versorgung 283 206 Æ erforderlich gewesen.
ür jedes einzelne Kind betragen die Verpfle 33* durchschnittlich ca. 215 Æ im Jahre, wenn es in einer An stalt untergebracht ist, dagegen für ein in Familien zur Zwangserziehung und Versorgung gelangendes Kind nur durchschnittlich ca. 115 bejw. ca. 60 , je nachdem es noch im schulpflichtigen Alter steht oder das 14. Lebens⸗ jahr bereits vollendet bat. Seit dem Inkrafttreten des Gef über; haupt haben die Kosten für die Kommunalverbände 8 S7 068 4 und für den Staat 8 847 461 4, zusammen also nicht weniger als 17724 530 M betragen.
Zur Arbeiterbewegung.
Aus Wien wird berichtet, daß der Ausstand der Ziegelei⸗ arbeiter nach dem Ergebniß der gestrigen Berbandlungen zwischen den Vertretern der Arbengeber und der Ausständigen (ogl. Nr. 100 d. Bl.) als beendet betrachtet wurde, und daß man erwartete, die Arbeit werde beute überall wieder aufgenommen werden. Die Ziegel⸗ werksbesitzer boten den Ausständigen, wie W. T. B. meldet, eine Lohnerböhung von 15060 an, welche von den Lehmscheibern an⸗ enommen wurde. Die übrigen Arbeiterkategorien verlangen eine Lohnerhöhung von 20 069; hierüber hatten die Werksbesitzer eine bindende Zufage gestern noch nicht gemacht.
In Paris haben gestern, wie der Minister des Innern Leygues im Ministerrath mittheilte, die ausständigen Omnibus bediensteten die Arbeit wieder aufgenemmen. Prouft und Deville, der Vorsitzende und der Schriftführer des Ausstands⸗Syndikats, werden in Haft behalten und unter Anklage gestellt, die übrigen ver- hafteten, aber nicht abgeurtheilten Ausständigen werden freige⸗ lassen werden. — Nach einer Meldung des H. T. B.“ wird die baldige Beendigung des Ausstandes der Arbeiter der Zündholz⸗ fabriken erwartet. Die Arbeiter der Manufakturen von Trelaze und Marfeille sollen beschlossen haben, heute die Arbeit bedingungslos wieder aufzunehmen. (Vergl. Nr. D d. Bl.)
In Gent stellten, wie H. T. B. meldet, die Weber die Arbeit ein. Als Grund werden hohe Geldfstrafen für kleine Vergehen bei der Arbeit angegeben.
Aus Rom meldet W. T. B.“. Der Präfekt von Rom unter⸗ sagte für den 1. Mai alle Ansammlungen, Aufzüge, Vorträge und öffentlichen Versammlungen.
Aus Bu kare st berichtet W. T. B.“: Der Ministerrath hat die Straßenaufzüge der sozialistischen Arbeiterpartei bei der Maifeier auf Grund der Verfassung untersagt. Der Polizei= präfekt wurde mit der strengen Durchführung dieses Verbots beauftragt.
Nach Mittheilung des Statistischen Amts der Stadt Berlin sind bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom 14. April bis inkl. 20. April er. zur Anmeldung gekommen: l3 Lebendgeborene, 585 Eheschließungen, 25 Todtgeborene, 591 Sterbefãlle.
Sandel und Gewerbe.
Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Kots
ö an der Rubr und in Oberschlefien.
An der Rubr sind am 26. d. M. gestellt 11 408, nicht recht zeiti? ageftellt keine Wagen.
In Oberschlesien sind am 25. d. M. geftellt 3714, nicht recht⸗ zeitig gestellt keine Wagen.
— In der gestrigen 25. ordentlichen Generalversammlung der Aktionãre der Preußischen Central⸗Bodenkredit⸗Aktien⸗ gesellschaft, bei welcher 6536 Aktien mit 116 Stimmen vertreten waren, wurde die Genehmigung der Rechnungen und der Bilanz für 1894 beschlofsen, danach die Dividende für 1894 auf 94 o½ für das eingezahlte Grundkapital festgestellt und dem Verwaltungsrath und der Direktion Entlastung ertheilt worden.
— Vom oberschlesischen Eisen⸗ und Zinkmarkt be⸗ richtet die Schl. Ztg.): Die Roheisenproduktion auf den ober⸗ schlesischen Hochofenwerken betrug im ersten Quartal d. J. laut der vom Verein deutscher Eisen⸗ und Stablindustrieller, öftliche Gruppe, veröffentlichten Roheisen⸗Statistik überhaupt 125 496 t; alle Roh⸗ eisenforten mit Ausnahme des Bessemer⸗Eisens hatten gegenüber dem Vorjahre eine Mehrproduktion im Ganzen von 11368 t, während von Befsemer⸗Eisen 3023 t weniger produziert wurden. Hiewwon wurden exportiert nach DOesterreich ss5 t Puddel⸗ und 3673 * Gießerei⸗Rob⸗ eisen; nach Rußland 338 t Puddel⸗ und 180 t Gießerei⸗Roheisen. Die Roheisenbestãnde waren am Schluß dieses Quartals um 3275 t geringer; sie nehmen zusebhends ab; die Hoch⸗ ofenwerke werden, wenn in Roheisen nicht Mangel ein⸗ treten soll, an baldige Verstärkung ihrer Produktion berangehen müssen. Die Erizufuhr aus Engarn und Böhmen, sowie von den ober⸗ schlesischen Erzförderungen ist bereits stärker aufgenommen worden. — Die Walzwerke sind infolge vorliegender Schlüsse auf Monate hinaus ausverkauft, jedoch sind die Preise immer noch verluftbringend; eine weitere Erhöhung ließ die westliche Konkurrenz vorläufig noch nicht zu. Neue Aufträge gehen bei den Werken ziemlich zahlreich ein, jedoch hat sich ein recht reges Geschãft trotzdem immer noch nicht entwickelt. Das Auslandẽgeschäft ist ein sehr mäßiges, und die Abfuhr der Walifabrikate zu Wasser geht nur schwach vor sich. In Bau⸗ und Handelseisen hat sich das Geschäft recht lebhaft entwickelt, und auch für Kon- struktionseisen hat sich in letzter Zeit die Nachfrage gehohen. Für Feineisen ist der Absatz noch schwach. Auf Feinbleche gehen zahlreiche Aufträge ein, und sind die Strecken voll im Betriebe; Grobbleche sind zwar etwas besser, jedoch noch unzulänglich gefragt. Die Stahlwerke haben gegenwärtig genügend zu thun, und auch die Röhrenwalzwerke sind besser beschäftigt. Den Maschinen⸗ und Kesselfabriken sind größere Bestellungen zugegangen, sodaß sie ihren Betrieb verstärken konnten. Drgaht⸗ und Nägelwerke sind zwar gut beschäftigt, jedoch der westfälischen Konkurrenz wegen nicht in der Lage, ihre gedrückten Preise aufbessern zu können. — Im Be⸗ triebe der Eisengießereien hat sich in letzter Woche nichts ge⸗ ändert, im allgemeinen sind sie ziemlich gut beschäftigt. — Auf dem Zinkmarkt verblieb die Tendenz eine feste. Die Umsätze am hiesigen 1 waren allerdings geringfügig, da die schlesischen irn für das aufende Quartal fast ganz ausverkauft sind und mit Abgaben auf entferntere Termine erst eine weitere Preisbesserung abwarten wollen. Die Verladungen waren besonders in Rohzink in der letzten Woche ziemlich stark, daher sind auf den Werken nur nech unbedeutende Be- stãnde vorhanden. . ö
— Die gestrige gemeinsame außerordentliche Generalversammlung der Saalbahn beschloß durch schriftliche Abstimmung mit 1729 Stimmen für 4499 700 6 Kapital gegen 18 Stimmen eines Aktionärs für 56 4900 M Kapital die Annahme des Angebots der Königlich preußischen Staatsregierung wegen des käuflichen Erwerbs der Saal⸗ bahn. Ferner wurde, wie W. T. B.“ meldet, beschlossen, daß mit dem Inkrafttreten des Vertrags jede Stamm ⸗⸗ und jede Stammprioritãtè-· Aktie eine Stimme gewährt und die Bestimmungen des Vertrags vom gleichen Zeitpunkte an die Geltung statutarischer Festsetzungen erhalten. — In den darauf folgenden getrennten Generalversammlungen der Inhaber der Stamm und der Stam mprioritäts Aktien wurde den vorstehenden Beschlüssen einftimmig die Zustimmung ertheilt.
Magdeburg, 26. April. (W. T. B. Zuckerbericht. Kornzucker exkl., von z 00 — neue 10, 109-1025. Kornzucker erkl. S8 , Rende⸗ ment 9 35 — 9,50, neue M 60 — 9. 80, Nachprodutte exkl. 750/09 Rendem. 6.40 - 7,25. Ruhig. Brotraffinade J 2290. Brotraffinade II 21, 75. Gem. Raffinade mit Faß 21,50 - 22,00. Gem. Melis J mit Faß 21,25. Stetig. Rohzucker J. Produkt Transito f. a. B. Hamburg pr. April
g 225 Gd., 9, s Br., pvr. Mai 9.30 bej. und Br. pr. Juni 342 bez, 9, 45 Br.. pr. Juli 9,523 Gd., 9,5 Br. Stetig. — Wochenumsatz im Rohzuckergeschäft 297 9000 Ztr.
Teipzig, 26. April. (. T. B.) Kammzug - Termin handel. La Plata. Grundmuster B. vr. Avril — *. pr. Mai 252 *Æt, pr. Juni 2,95 M6, pr. Juli 2.977. 4. pr. August 297 , pr. September 3090 „*, vr. Oktober 3.00 , pr. November 3,02 Æ, pr. Dezember 3, 024 4A, pr. Januar 3,05 A, pr. Februar 3, 3 M, pr. März . 16. Umsatz: Joh O0 . .
Leipzig, 23. April. (W. T. B.) Garnbörse. Die heutige Börse war gut besucht. Es wurde festgestellt, daß die deutschen Baummwollspinnereien voll beschäftigt sind. Da die englische Kon- kurrenz wesentlich theurer geworden ist und für die nächste Zeit nach dem Osten in Anspruch genommen scheint, ist entsprechend den wesentlich erhöhten Notierungen der Baumwolle ein weiteres Anziehen der Garnyreise in Aussicht genommen, zumal wenn die in zweiter Hand befindlichen Posten begeben sein werden. Größere Garnlager sind nicht vorhanden. .
Bremen, 26. April (B. T. B.) (Börsen ⸗ Schluß bericht. Raffiniertes Petroleum. (Offizielle Notierung der Bremer
etroleum⸗Börse.) Ruhig. Loko 950 Br. — Baum wolle.
est. Upland middl. lIoko 348 83. — Schmalz. Fest. ilcor 371 , Armour sbield 367 4, Cudahy 37 4, Fairbanks
308 3. — Speck. Fest. Short clear middling loko 32. — Wolle. Umsatz 86 Ballen. — Taback. Umsatz 106 Seronen Carmen.
Ham burg, 26. April. (W. T. B.) Kaffee. Nachmittags bericht. Good average Santos vr. Mai 76, pr. September 75, pr. Dezember 724, pr. März 713. Schlepypend. — Zuckermarkt. (Schl ußbericht. Rüben Rohzucker J. Produkt Basis 88 o Rendement neue Usance, frei an Bord Hamburg vr. April 9.25, vr. Mai 9.30, pr. August 9, 624, pr. Oktober 9, 823. Stetig.
Lon don, 26. April. (W. T. B.) An der Küste 3 Weizen ladungen angeboten.
96 o0 Javazucker loko 11 rubig, Rüben⸗Rohzucker loko 91 ruhig. — Chile Kupfer 49, vr. 3 Monat 40s / i.
London, 26. April. (W. T. B.) Die Direktoren der Nobel Dynamite Trust Co. haben beschlossen, der am 30. Mai abzu⸗ haltenden Generalversammlung die Vertheilung einer Dividende von 1009 wie im letzten Jahre vorzuschlagen.
Liverpool, 26. April. (W. T. B.) Baum wollen⸗ Wochenbericht. Wochenumsatz gegenwärtige Woche 92 00 sorige Woche 53 000), do. von amerikanischen 85 000 50 000), do. für Speku. lation 3000 (1000), do. für Export 2000 (1090), do. für wirklichen Konsum 80 000 (48 000), do. unmittelb. ex. Schiff 81 009 (56 000), wirklicher Export 4000 (4000, Import der Woche 79000 (72 000), davon amerikanische 73 000 (63 000), Vorrath 1716000 (1 722 600, davon amerifanische 1 600 000 (1 6053 00), schwimmend . n,, 110 000 (138 000), davon amerikanische 1065 000
35 J.
Manch ester, 26. April. (W. T. B.) 12 Water Taylor 5, 30r Water Tavlor 64, 20 r Water Leigh 55, 30 r Water Clapton 63, 32 Mock Brooke 68, 40 r Mavoll 6t, 40r Medio Wilkinson 7*, 321 Warpcops Lees 6. 361 Warpcops Rowland 63, 36r Warrcovs Wellington 74. 40r Double Weston 8, 60 r Double courante Qua- lität 10, 32 116 vards 1616 grey Printers aus 32 r 46 146. Anziehend.
Glasgow, 26. April. (W. T. B.) Die Vorräthe von Roheisen in den Stores belaufen sich auf 283 668 Tons gegen 314535 Tons im vorigen Jahre. — Die Zahl der im Betrieb befind⸗ lichen Hochöfen beträgt 75 gegen 72 im vorigen Jahre.
St. Petersburg, 26. April. (W. T. B) Heute ist ein Gesetz veröffentlicht worden, betreffend die Erlaubniß zur Emission von 40M Obligationen der Moskau -Jaroslaw⸗Archangeler Eisenbahn im Betrage von 27 Millionen Kredit⸗Rubel. Die Obligationen werden von der Regierung garantiert und unterliegen der Kuponsteuer.
Produ ktenmarkt. Weizen loko 8, 09. Roggen loko 5.99. Hafer loko 3,55. Leinsaat loko 1125. Hanf loko 44.00. Talg loko ol, 0, pr. August —.
Baku, 26. April. (W. T. B. Preis für rohes Naphta loko 5 bis 6 Kopeken, ab Astrachan⸗Rhede 77 Kopeken, Maschinenöl waggonweise 33 Kopeken, Spindelöl 23 Kopeken per Pud.
Warschau, 26. April. W. T. B) De Brutto⸗Cinnagmen der Warschau⸗Wiener Eisenbahn betrugen für 1894 13666 636,43 Rbl., der Reingewinn beläuft sich nach Abzug der Aus⸗ gaben für den Kupon und die Tilgung auf 2958 918 Rbl. Der Verwaltungsrath schlägt die Vertheilung einer Ergänzungsdividende von 5,50 Rbl. per Aktie vor.
Am ster dam, 26. April. (W. T. B.) Java⸗Kaffee good ordinarv 524. — Bancazinn 38.
New⸗ Jork, 26. April. (W. T. B.) Die Börse eröffnete mit etwas nachgebenden Kursen, wurde im weiteren Verlauf fest und schloß recht fest. Der Umsatz der Aktien betrug 219 000 Stück.
Weizen eröffnete fest, stieg dann während des ganzen Börsen⸗ verlaufs mit wenigen Reaktionen infolge besserer Kabelmeldungen und auf Berichte von reichlichen Käufen der Exporteure, sowie auch Meldungen von Ernteschäden in Kansas. Schkuß sehr fest. — Mais allgemein fest während des ganzen Börsenverlaufs infolge der Festig⸗ keit des Weizens. Schluß fest.
Waarenbericht. Baumwolle Preis in New⸗Jork 6i3 18, do. in New Drleans 64. Petroleum Stand. white in NewYork 50, do, in Philadelphia 3,45, do. rohes nom., do. Pipe line ert. . Mai 2Wöt nom. Schmal; West. steam 7, 10, do. Rohe & Brothers 7,35, Mais pr. Mai 523, do. vr. Juli 53, pr. September 533. Rother Winterweizen 68, do. Weizen pr. April —, do. pr. Mai 56k, do. pr. Juli 664, do. pr. Dezember 693. Getreidefracht nach Liverpool 2, Kaffee fair Rio Nr. 7 16, do. Rio Nr. 7 pr. Mai 13, 95, do. do. pr. Juli 1440. Mebl. Sxring Wheat elears 2,75, Zucker 2u / ns, Kupfer 9,80. Nachbörse: Weizen 4 c. höher.
Baumw ollen ⸗Wochenbericht. Zufuhren in allen Unions bäfen 71 009 Ballen, Ausfuhr nach Großbritannien 40 900 Ballen, Ausfuhr nach dem Kontinent 22 000 Ballen, Vorrath 725 009 Ballen.
Chicago, 26. April. (W. T. B.) Weizen schwächte sich nach Eröffnung etwas ab, da der sehr nothwendige Regen jetzt ein- getreten ist und reichliche Verkäufe stattfanden. Später trat Erholung und Festigkeit ein infolge strammer Kabelmeldungen und Meldungen von Ernteschäden sowie auf Berichte von Exportkäufen. Schluß sehr fest. — Mais schwächte sich nach Eröffnung etwas ab, erholte sich aber später und schloß fest, entsprechend der Hef rl des Weizens. Weizen pr. Mai 61z, pr. Juli 624. Mais pr. Mai 473, Speck short clear nomin. Pork pr. April 12,223.
Verkehrs⸗Anstalten. .
UBremen, 27. April. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd! Der Schnelldampfer Saaler ist am 26. April Morgens auf der Weser angekommen. Der Schnelldampfer Trave ist am 25. April Nachmittags, der Postdampfer Salier. Vormittags in New⸗YPork angekommen. Der Schnelldampfer Kaiser Wilhelm II.“ hat am 26. April Vormittags Horto passiert. Der Postdampfer, Witte kind“ hat am 25. April Abends East⸗ bourne passtert. Der Postdampfer Roland“ ist am 26. April Morgens von Antwerpen weitergegangen. Der Postdampfer Neckar“ hat am 26. April Nachmittags Do ver passiert. Der Reichs ⸗Postdampfer Prinz Heinrich) ist am 26. April in Antwerpen angekommen. . .
St. Petersburg, 265. April. W. T. B.) Laut Beschluß des Tarifcomités wird die Eisenbahnfracht von Baku nach Batum für Petroleum und Destillate 3. Wochen nach der ö von 9 auf 14 und vom Juli ab auf 19 Kopeken erhöht.