1895 / 105 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 02 May 1895 18:00:01 GMT) scan diff

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Auf Grund des Allerhöchsten Erlasseg, betreffend die Errichtung

eines Kolonialraths, vom 10. Oktober 18990, wird Folgendes be⸗

1890 erhält nachstehende Fassung: Die Ernennung erfolgt für 2 1 des Kolonialraths. Die Zeitdauer dieser Perioden beträgt drei Jahre.. II. Die derzeitigen Mitglieder des Rolonialraths bleiben, sofern sie hierzu bereit sind. auch für die neue mit dem 7. Juni 1895 beginnende dreijährige Periode Mitglieder diefer Körverschaft. Die Feftsetzung der Zahl und die Ernennung weiterer Mitglieder bleibt vorbehalten. ;

Der Regierungs⸗Kepommissar von Linde qu ist meldet über die Feststellung der 3 des Hererolandes unter dem 26. Februar Folgendes:

Bei * 22 nwesenheit in Okahandya hat der Ober, häuptling Samuel Maharers das Grenzprotokoll gezeichnet und ; mit dem Inbalt desselben völlig einverstanden erklärt. Wie ich mi gelegentlich eines mit dem hiesigen Distriktschef unternommenen rößeren Pattousllenritts längs, des Sceicflusses überzeugt habe, ziehen die Hereros weiter über die Grenzlinie dem Nosob zu. Um den angeblich im Namalande verbreiteten falschen Nachrichten von Unruhen im Hererolande zu begegnen, verfehle ich nicht, ausdrücklich zu betonen, daß sich dasselbe im vollsten Frieden befindet und fortgesetzt das beste Einvernehmen mit der Landeshauptmannschaft besteht. .

stimmt: J. Der F 3 der ö des Reichskanzlers vom 10. Ok⸗

Oesterreich⸗Ungarn.

Die Kaiserin traf gestern in Hetzendorf ein, wurde dort von dem Kaiser empfangen und dann nach dem Lainzer Schloß geleitet. .

h . gestrigen Sitzung des ungarischen Unter⸗ haufes inter pellierte ein Mitglied der liberalen Partei die Regierung wegen der jüngsten Reise des Päpstlichen RNuntkus Aglilardi in Ungarn, welche allgemein als eine Einmengung einer auswärtigen Macht in innere Angelegenheiten Ungarns angesehen werde, weil die Mission des Nuntius eine Stärkung der Oppo⸗ sition gegen die Kirchengesetze gewesen sei. Der Inter⸗ pellant fragte, ob die Regierung hinsichtlich der Reise Agliardi's Stellung genommen habe und ob sie dafür Sorge tragen wolle, daß eine ähnliche Beunruhigung nicht mehr er⸗ folge. Der Minister⸗Präsident Baron Banffy erwiderte, der Nuntius habe durch seine in Ungarn gethanen Aeußerungen den Eindruck gemacht, als habe er seine Befugnisse als aus— wärtiger Vertreter überschritten; der Nuntius sei nichts weiter, als der Vertreter einer fremden Macht. Der Einfluß der Kurie auf das geistliche Gebiet dürfe nach dem Staats recht nicht durch den Nuntius, sondern nur durch den Fürst-Primas ausgeübt werden. Diese Ansicht der ungarischen Regierung habe sich auch die gemeinsame Regierung zu eigen gemacht; letztere sei bei dem

eiligen Stuhl vorstellig geworden und habe wegen des a nn. des Nuntius Agligrdi in i, Aufklãrungen verlangt. Diese Antwort des Minister⸗Präsidenten wurde von den Liberalen mit großem Jubel, von den Klerikalen mit häufigen Ausbrüchen tiefster Erbitterung aufgenommen. Der Finanz-Minister Lukacs beantwortete sodann die Interpellation des Abg. Molnar über die öster⸗ reichisch- ungarische Bank, indem er erklärte: Er Fönne sich bezüglich der Lösung der höochwichtigen Bank— frage ö. vorzeitige Erklärungen nicht einlassen. Der Stand⸗

unkt der Regierung sei derselbe wie derjenige der vorigen Regierung. 5 wir uns überzeugten“, schloß der Minister, „daß eine selbständige ungarische Notenbank die Vorbedingung für die Zunahme des allgemeinen Vermögensstandes im Staat bildet, würden wir ungesäumt bezügliche Vorlagen unter— breiten.“ Großbritannien und Irland.

Die Königin ist gestern Vormittag 10 Uhr in Sheerness gelandet und sofort nach Windsor weitergereist. 36 Das Unterhaus genehmigte in seiner vorgestrigen Sitzung nach achtstündiger Debatte ohne Abstimmung die erste Lesung der Gesetzesvorlage, nach welcher jeder Wähler bei Parlamentswahlen nur eine Stimme haben soll. Die Redner der Opposition bekämpften die Vorlage als eine zu Wahlzwecken eingebrachte Maßregel und behaupteten, die⸗ selbe könne nur angenommen werden, falls mit ihr eine Neu⸗ vertheilung der Parlamentssitze verbunden werde. ö

Das Mis des Unterhauses William Saunders ist gestern gestorben.

Italien.

Der Papst, dessen Befinden ein durchaus normales ist, ertheilte gestern die gewöhnlichen Audienzen.

Epanien.

Der Zustand des Herzogs von Orleans hat sich, wie „W. T. B.“ aus Sevilla meldet, gebessert.

Griechenland.

Trikupis wird sich, wie, W. T. B.“ aus Athen berichtet, zeitweilig aus dem aktiven politischen Leben zurückziehen. Dieser Entschluß hat in Athen bedeutendes Aufsehen erregt. Die Blätter sprechen sich über die Person Trikupis' sehr sym⸗ pathisch aus.

Rumänien.

Der Senat hat gestern das Uebereinkommen zwischen ,, und Rumänien zur Hintanhaltung falscher ngaben über den Ursprung einzuführender Waaren genehmigt.

Schweden und Norwegen.

Die Erste Kammer des schwedischen Reichstags be⸗ schloß gestern die Kündigung des schwedisch⸗norwegischen , Die Zweite Kammer lehnte den Antrag auf Kündigung des Handelsvertrags mit Norwegen ab, nahm aber mit 112 gegen 1066 Stimmen einen Antrag auf Revision des Vertrags an.

Wie der Stockholmer Zeitung „Unser Land?“ aus Christiania gemeldet wird, sind die von den links stehen⸗ den Gruppen des Storthing abgehaltenen Ver⸗ sammlungen zur Besprechung der Lage und zur ,, ,, fassung über eventuelle direkte Schritte gegen die Erklärung des Ministeriums, vorläufig nicht demissionieren zu wollen, erfolglos verlaufen. Die stärkste Gruppe hielt daran fest, man solle derartige direkte Schritte noch aufschieben und dem Ministerium das Regieren dadurch unmöglich machen, daß man an das Budget allerhand Bedingungen knüpfe. Eine andere Gruppe befürwortete, eine Adresse an den König zu richten. Die dritte Gruppe verlangte ein Mißtrauensvotum

gegen die Regierung.

Dãne mar. ö Der nig wird sich, dem, W. T. B.“ zufolge, wahr⸗ scheinlich am 9. d. nach Wies baden begeben.

Amerika.

Das „Reuter sche Bureau“ bestätigt, daß die ,, von Nicaragua der britischen Regierung gewisse Vor⸗ schläge unterbreitet habe. Die letztere prüfe die Vorschläge gegenwärtig, ohne jedoch ihre Haltung gegenüber . u ändern; England wünsche, nur, daß seinen An⸗ rng, Genüge geschehe. Sollte Nicaragua hierfür aus—⸗ reichende Garantien bieten, 9 dürfte es zu einer Vereinbarung kommen. In Washing ton verlautete gestern, England habe sich zur sofortigen Räumung von Corinto bereit 3 Nicaragua werde die geforderte Entschädigung inner⸗ halb 15 Tagen in London bezahlen und habe weitgehende Garantien angeboten. J

Aus Buenos Aires wird gemeldet, die chilenische Regierung beabsichtige, der Polizei einen militärischen Charakter zu geben und die Natlonalgarde zu reorganisieren.

Assien

Wie das „Reuter sche Bureau“ aus Yokohama meldet, wollte sich Graf Ito Miyoji gestern nach Chef or begeben, wo die Ratifikationsurkunden ausgetauscht werden sollen; allein die Ratifikation durch China sei der japanischen . noch nicht notifiziert worden. Der „Times“ wird aus Peking berichtet, es sei begsglich der Ratifikation des Friedens von Simonoseki noch keine Entscheidung erfolgt. Li⸗Hung⸗ Tschang, der sich auf Befehl des Kaisers nach Peking be⸗ geben habe, sei gestern vom Kaiser in Audienz empfangen worden.

Afrika. Der Khedive hat nach einer Meldung des „W. T. B.“ heute Morgen Alexandrien verlassen, um den Sommer in der Villa Montaza in der Nähe von Abukir zu verbringen.

Parlamentarische Nachrichten.

Die Schlußberichte über die gestrigen Sitzungen des Reichstags und des Hauses der Abgeordneten befinden sich in der Ersten Beilage.

In der heutigen (82) Sitzung des Reichstags, welcher der Staatssekretär, Staats⸗-Minister Freiherr von Marschall und der Staatssekretär Dr. Graf von Posa—⸗ dowsky beiwohnten, gelangte der Gesetzentwurf, betreffend die Abänderung des Zolltarifs, zur dritten Berathung.

Es lag dazu ein Abänderungsantrag der Abgg. Dr. Hammacher (nl) und von Salisch d. kons) zum 86 vor, der für die Belegung tarifmäßig zollfreier Waaren mit einem Zoll eine obere Grenze von 20 vom Hundert des Werths festsetzt.

Zur Begründung dieses Antrags führte der Abg. Dr. Ham macher (nl) aus, daß Rohmaterialien, welche für große Fabrika⸗ tionszweige unentbehrlich seien, gegen einen üÜbermäßigen Zoll gesichert werden müßten. Die Grenze von 20 Prozent sei keine zu enge; in Oesterreich z. B. dürfe der auf tarifmäßig zoll⸗ freie Waaren zu legende Kampfzoll die Höhe von 15 des Werths nicht übersteigen. . ö .

Der Antrag wurde mit großer Mehrheit angenommen.

In Betreff der Zollfreiheit für Nutz holz, welches dirett aus dem Walde kommt und für Industrien des Grenzbezirks bestimmt ist, wünschte der Abg. Dr. Mäller-Sagan (fr. Volksp.) die Zu⸗ sicherung, daß die Vergünstigung auch in Geltung bleiben soll, wenn das Hol; inzwischen gelagert habe. . .

Der Geheime Ober-Finanz⸗Rath von Schmidt gab die ge— wünschte Erklärung. .

Bei der Position des Honigzolls legte der sächsische Bevollmächtigte zum Bundesrath, Geheime Finanz⸗Rath Dr. von Koerner gegen die Anzweifelung der von ihm in der Kommission mitgetheilten Zahlen seitens des Abg. Wurm Verwahrung ein.

(Schluß des Blattes.)

Die Kommission des Reichstags zur Vorherathung des Antrags auf Kündigung des deutsch-argentinischen Meist⸗ begünstigungsvertrags nahm am Dienstag Abend unter dem Vorsitz des Abg. von Puttkamer⸗Plauth ihre Arbeiten auf.

Dem Hause der Abgeordneten ist der nachstehende Entwurf

eines Gesetzes über die Verpflegungsstationen zugegangen: §1.

An geeigneten, in angemessener Entfernung von einander liegenden Orten sind Verpflegungsstationen (Wanderarbeitsstätten) einzurichten, in denen mittellosen, arbeitsfähigen Männern, welche außerhalb ihres Wohnorts eine Arbeitsgelegenheit aufsuchen, vorübergehend Verköstigung und Nachtlager gegen Arbeitsleistung gewährt werden.

6

Zur Einrichtung, Unterhaltung und Verwaltung der Ver— pflegungestationen sind, unbeschadet der Vorschrift in S 6 Abs. 2, die Kreise verpflichtet, innerhalb deren die Stationen belegen sind.

83.

Den Kreisen ist alljährlich nach erfolgter Rechnungslegung die Hälfte der ihnen durch die Verpflegungsstationen erwachsenen Kosten von dem Provinzialverbande, in der Provinz Hessen⸗Nassau von dem Bezirksperbande zu ersetzen. ̃

Ueber Streitigkeiten, welche dabei entstehen, beschließt der Pro⸗ vinzialrath. ;

Der Provinzial⸗ bezw. Kommunal-Landtag kann eine Erhöhung der den Kreisen zu erstattenden Kosten sowohl allgemein als für ge—⸗ wisse Verpflegungestationen 2

§5 4 .

Durch Beschluß des Kreisausschusses können Gemeinden und Gutsbezirke, in denen eine Verpflegungestation eingerichtet wird, zur Mitwirkung bei deren Verwaltung und zur Hergabe passender Räum— lichkeiten, soweit solche vorhanden sind, verpflichtet werden.

Gegen diesen Beschluß steht den herangezogenen Gemeinden und Gutsbezirken die Beschwerde an den Bezirksausschuß zu, welcher end—⸗ gültig beschließt.

. § 5.

Die Kreise sind befugt, die ihnen obliegende Einrichtung, Unter haltung und Verwaltung der Verpflegungsstationen ganz oder zum theil im Wege der Vereinbarung durch andere bewirken zu lassen, bleiben aber für die gehörige Erfüllung dieser Obliegenheiten ver antwortlich.

§6.

Darüber, an welchen Orten innerhalb einer Provinz erf re.

stationen einzurichten sind, beschließt der Provinzialrath. ierbei

kann die Einrichtung gemeinsamer Stationen für zwei oder mehrere

Kreise angeordnet werden. . Im letzteren Falle beschließt, wenn eine Einigung der betheiligten

Kreise nicht zu stande kommt, der Provinzialrath auch darüber,

finden die Bestimmungen des § 1233 des

welchen Antheil an den Köͤsten der gemeinsamen Verpflegungsstation P ö,. zu tragen * ñ Der Kreis, in dem

die gemeinsame Ver⸗ mee liegt, hat deren Einrichtung und Verwaltung zu be⸗ wirten. ö ĩ

§ 7. . Gegen die von dem 1 in den Fällen des § 6 Abs. 1 gefaßten Beschlüsse steht dem Provinzial! bezw. Bezirks. verband und den 1 Kreisen, sowie aus Gründen, des öffentlichen 4 dem Vorsitzenden des Provinzialraths binnen zwei Wochen die Beschwerde an den Minister des Innern zu. Will der Vorsitzende von dieser Befugniß Gebrauch machen, so gie über die allgemeine , , . vom 30. Juli 1883 (GesetzSamml. S. 195) An⸗ wendung.

§ 8.

Ueber die Einrichtung, Verwaltung und Benutzung der Ver⸗= pflegungsstationen, insbesondere über die Wander, und Arbeits ordnung, sowie über die Regelung des Arbeitsnachweises erläßt, der Qber⸗ Präsident nach Anhörung des Provinzialrathes die näheren Vor⸗

schriften. 88

Vorbehaltlich weiterer Bestimmungen in den gemäß 8 8 zu er⸗ lassenden Vorschriften sind von der Aufnahme in eine Verpflegungs⸗ station ausgeschlossen Betrunkene, Landstreicher und des Landstreichens Verdächtige. . ö

Zu setzteren ist zu rechnen, wer um Aufnahme in eine Ver⸗ pflegungsstation nachsucht, es aber ohne zureichenden Grund ablehnt, in eine ihm dort angebotene Arbeitsstelle einzutreten, oder nicht im stande ist, sich üer seine Person auszuweisen und den Nachweis ju liefern, daß er, abgesehen von der Arbeitsleistung in einer Ver⸗ pflegungestation, innerhalb der letzten vier Monate wenigstens zeit⸗ weise in Arheit gestanden hat. . .

Ausgeschlossen von der Aufnahme in eine Verpflegungsstation ist

ferner, wer wegen Betruges, begangen zu dem Zweck der Aufnahme

in eine Verpflegungsstation, oder gemäß § 363 des Strafgesetzbuchs wegen Anfertigung oder Gebrauchs falscher Legitimationspapiere oder Verfälschung solcher Papiere, begangen zu ö Zweck, oder wer wiederbolt auf Grund des § 10 dieses Gesetzes bestraft ist, während sechs Monaten seit Verbüßung u ten Strafe.

Mit Haft wird bestraft: . .

I) Wer zum Zweck der Aufnahme in eine Verpflegungsstation der über die Aufnahme befindenden Stelle falsche Angaben macht oder Umstände, die ihn von der Aufnahme in eine Verpflegungsstation ausschließen, verschweigt, sofern hierdurch nicht der Thatbestand des Betruges oder des 8 363 des Strafgesetzbuchs begründet ist;

2) wer sich aus Arbeitsscheu weigert, die ihm in einer Ver⸗ pflegungsstation zugewiesene, seinen Kräften angemessene Arbeit zu verrichten. ö

8 Die Verpflegungsstationen unterstehen der Aufsicht des Regierungs= Präsidenten, in . Instanz derjenigen des Ober⸗Präsidenten.

Die Aufsichts behörden haben örtliche Revisionen der Verpflegunge⸗ stationen von Zeit zu Zeit zu veranlassen.

§ 12.

Das gegenwärtige Gesetz tritt, mit Ausnahme der Hohenzollern schen Lande, am 1. April 1896 in Kraft. .

Noch vorher sind in jeder Provinz nach den Vorschriften dieses Gesetzes die Orte, an welchen Verpflegungsstationen einzurichten sind, zu bestimmen und die im § 8 vorgesehenen Vorschriften zu erlassen.

46 .

Der Zeitpunkt, mit welchem das gegenwärtige Gesetz in den Hohenzollernschen Landen in Kraft tritt, wird a Königliche Ver⸗ ordnung bestimmt. ; ;

Dort treten an die Stelle der Kreise die Oberamtsbezirke, der Provinz der Regierungsbezirk, der Kreisausschüsse die Amtsausschüsse, des Provinzial⸗Landtags der Kommunal⸗-Landtag, des Provinzial= verbandes der Landes Kommunalverband, des Provinzialtathes und des Ober ⸗Präsidenten der Regierungs⸗Präsident.

14. Der Minister des Innern ͤ̃ mit der Ausführung dieses Gesetzes beauftragt und erläßt die hierzu erforderlichen Anordnungen.

Entscheidungen des Reichsgerichts.

Nach § 85 Abs. 1 und Abs. 2 Ziffer 1 des Gerichtskostengesetzes haben Ausländer, welche als Kläger auftreten, das Dreifache des im § 81 bestimmten Betrags als Vorschuß zu zahlen; diese Ver⸗ pflichtung tritt aber nicht ein, wenn nach den Gesetzen des Staates, welchem der Kläger angehört, ein Deutscher im gleichen Falle zu einer besonderen Vorauszahlung oder zu einer Sicherstellung der Gerichtskosten nicht verpflichtet ist. Das Reichsgericht, J. Ziwilsenat, hat hierzu durch Beschluß vom 5. Januar 1895 ausgesprochen, daß der für Ausländer vor⸗ geschriebene höhere Gerichtskostenvorschuß nicht mehr von russischen Unterthanen, welche bei einem deutschen Gericht klagen, erhoben werden darf, weil im Handelsvertrage zwischen dem Deutschen Reich und Rußland vom 10. Februar 1894 bestimmt ist, daß die An⸗ ehörigen der beiden Reiche freien Zutritt zu den Gerichten des anderen ö. haben, um als Kläger oder Beklagte aufzutreten, und daß sie in dieser Hinsicht alle Rechte und Befreiungen der Inländer genießen sollen. (9l / 4.)

Ein Wechselaccept über Spielschul den oder über Schulden aus reinen Differenzgeschäften ist, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, J. Zivilsenats, vom 5. Januar 1895, sowohl im Besitz des Ausstellers als auch des Remittenten bezw. eines anderen Inhabers, welcher die Veranlassung der Wechselausstellung kennt, unklagbar. Nach 5577 1 11 des Preuß. Allg. E-⸗R. findet wegen Spielschulden. denen die Schulden aus, abgeschlossenen reinen Differenzgeschäften gleichzustellen, sind, keine gerichtliche Klage statt. Nur kann der Spieler, nicht zurückfordern, was er verloren und wirklich bezahlt hat. Damit ist zu⸗ gleich die Unklagbarkeit der über Spielschulden e , Vergleiche wie der über solche Schulden acceptierten Wechsel aus- gesprochen. Da der klagenden Remittentin bei Erwerb des Wechsels, aus welchem sie geklagt hat, die Veranlassung der Ausstellung und somit bekannt war, daß demselben ein 96 materielles Rechtẽ⸗ verhältniß nicht zu Grunde lag, daß die Ausstellerin von dem Acceptanten nicht das zu fordern hatte, was sie durch den Wechsel er⸗ langen wollte, so steht auch der Klägerin die Einrede entgegen, welche der Ausstellerin selbst entgegenstehen würde.“ (320/94)

Entscheidungen des Ober⸗BVerwaltungsgerichts.

Nach 5 16 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzez vom 24. Juni 1891 ist der Kommunalbesteuerung einer Attiengesell⸗ schaft das für die staatliche Besteuerung ermittelte Einkommen ohne den Abzug von 30/0 zu Grunde zu legen. In Bezug auf diese Bestimmung hat das Ober ⸗Verwaltungsgericht, IJ. Senat, durch Urtheil vom 3. Oktober 1894 ausgesprochen, daß dieses staatlich ermittelte Einkommen der Kommunalbesteuerung in jedem Falle zu Grunde zu legen ist, selbst wenn die staatliche Einschätzung thatsächlich unrichtig war und nur in Kraft blieb, weil Zensit keine Berufung erhoben hatte. ‚Da der Sitz der Klägerin (einer Aktiengesellschaft) Hamburg ist, unterliegt der staat⸗ lichen Besteuerung in Preußen nur das in der Stadt W. in Preußen erzielte Einkommen; demnach decken sich das vom Staat, und das von der Gemeinde W. zu besteuernde Einkommen, und es ist das bei der staatlichen Veranlagung ermittelte Einkommen ohne weiteres für die Veranlagung zur Kommunalsteuer maßgebend. Der Umstand, daß

thatsächlich auch das Einkommen aus dem Grundbesitz und dem Ge—⸗

werbe betrieb in Hamburg zur Staatssteuer mit berangezogen ist, muß ohne Bedeutung bleiben, da es nur auf das äußere igen nicht * . 5 Richtigkeit der staatlichen Einschätzung ankommt.“ II. 1320. ;

Statiftik und Volkswirthschaft.

Zur Arbeiterbewegung.

Dos gestrige sozialdemokratische Maifest ist in ganz Deutschland völlig ö, verlaufen, Hier in Berlin fanden zahl reiche Arbeiterversammlungen statt, in welchen eine von der Gewerk⸗ schaftskommission vorgelegte Entschließung überall angenommen wurde; es wird darin u. a. die gesetzliche Einführung des Achtstundentags, die Beseitigung der Kinderarbeit, besonderer n der weiblichen Arbeitskraft und überhaupt Luxchgreifender rbeiterschutz ge⸗ fordert. Aus anderen großen Städten liegen folgende Meldungen vor: In Breslau wurde, wie die ‚Voss. Itg.“' berichtet, die Arbeit nirgends unterbrochen. Es herrschte vollständige Ruhe. Am Abend fanden zwei Versammlungen statt, die über den achtstündigen Arbeits⸗ tag verhandelten. In Essen a. d. Ruhr verlief die Maifeier bedeutungslos. Ueberall wurde gearbeitet. Das eigentliche Maifest findet erst am Sonntag statt. In Hamburg ist die Maifeier ganz unbeachtet verlaufen. Drei Versammlungen waren nur von 200 Mann 3 Auch in Altona blieb die Feier ohne Beachtung. In Leipzig war die sozialdemokratische Feier, wie aus einer Mittheilung der Lpz. Ztg. hervorgeht, ebenso unbedeutend wie in früberen Jahren. Was das Ausland anbetrifft, so liegen folgende Nachrichten vor: In Wien fanden der „Voss. Itg.“ zufolge 52 Arbeiterversammlungen statt, die gleichlautende Kund⸗ gebungen für das allgemeine Wahlrecht und den Achtstunden⸗ tag beschlossen. In Mariahilf, wo die Sozialisten einige Arbeiter zur Einstellung der Arbeit zwingen wollten, er⸗ folgten sieben Verhaftungen. Aus Bu dapest meldet W. T. B.“: Im Wäldchen bei Neu-Pest sammelten sich zahlreiche Arbeiter an. Als die Polizei ö. aufforderte, auseinanderzugehen, kam es zu Thät⸗ lichkeiten. Die Arbeiter schleuderten Steine gegen die Polizeimann⸗ schaften, sodaß diese von ihren Säbeln Gebrauch machen mußten. Hierbei wurden einige Personen verletzt. Die Menge wurde zerstreut, einige Verhaftungen wurden vorgenommen.

In Dortmund haben, wie der „Rhein.⸗westf. Ztg. geschrieben wird, die Dach- und Schieferdeckergehilfen ihren Arbeitgebern neue bestimmte Forderungen über den Lohn und die Arbeitszeit mit dem Bemerken zugestellt, die Arbeitgeber möchten eine Erklärung bis zum 3. Mai d. J. abgeben.

Aus Bremerhaven berichtet die ‚Wes.⸗-Ztg.“. Die Arbeits- einstellung der bei dem Erweiterungsbau des Kaiserhafens be⸗ haft igt en Zimmerleute ist dadurch beendigt worden, daß von den Arbeitgebern die eine Forderung, für Arbeiten in den Baugruben 50 * Mindeststundenlohn zu zablen, bewilligt wurde. Seit Montag früh wird wieder wie früher gearbeitet. (Vgl. Nr. 99 d. Bl.)

Aus Paris wird dem W. T. B.“ gemeldet, daß der Aus⸗ stand der Zündholzarbeiter beendet sei, nachdem der Fabrik leiter entsprechend den früher vom Minister⸗Präsidenten Ribot ab⸗ gegebenen Erklärungen den Arbeitern Erhöhung der Löhne und sobald als thunlich ausschließliche Verwendung amorphen Phosphors zur Fabrikation zugesagt hat. (Vgl. Nr. 101 d. BI.)

sunst und Wissenschaft.

Die Rede, mit welcher der Minister der geistlichen 2. Angelegen⸗ heiten D. Dr. Bosse gestern die diesjährige Große Berliner Kunst⸗ Aus stellung eröffnet hat, lautete wörtlich wie folgt:

„Hochgeehrte Versammlung! Seit Jahren wird der Tag, an welchem die Große Berliner Kunst⸗Ausstellung eröffnet wird, von weiten Kreisen unserer Reichs⸗Hauptstadt mit Spannung er⸗ wartet. Die zahlreiche Versammlung, die sich auch heute aus diesem Anlaß hier zusammengefunden hat, beweist, eine wie große Bedeutung man hier in Berlin der Eröffnung der Ausstellung bei⸗ legt. In der That bilden die Ausstellungen Marksteine für den je⸗ weiligen Stand der künstlerischen Entwicklung. Die lebendige Theil nahme, die unsern Ausstellungen und dem Gedeihen der hohen Kunst hier in Berlin von weiten Kreisen zugewendet wird, ist gleich ehrenvoll für unsere Künstler wie für unsere Bevölkerung. Sie beweist, wie., mächtig die Kunst auf, unser Volksleben ein- wirkt, zugleich aber auch, wie zugänglich und empfänglich unser Volk für künstlerische Einwirkung und Anregung ist. Wenn ich in der Lage wäre, diesen Wechselbeziehungen zwischen der Kunst und unserem Volk geschichtlich und psychologisch bis ins einzelne hinein nachzugehen, welche Fülle kulturgeschichtlichen Interesses ließe sich damit zu Tage fördern! Ich überlasse das Berufeneren, die diesen Gedanken zur rechten 3. und am rechten Ort weiter ausführen mögen. Uns soll er heute nur daran erinnern, ein wie mächtiges Interesse auch die staatliche Kunstverwaltung an der Entwickelung der Kunst und des Kunstverständnisses, damit aber folgerichtig auch an unseren Ausstellungen hat.

Sie wissen, daß die äußere Organisgtion für diese Ausstellungen seit einigen Jahren gewechselt hat. Die Ausstellungen sind damit nur der Entwicklung unseres Künstlerthums gefolzt. Die Genossenschaft der Akademie der Künste, der Berliner Künstlerverein und die Künstlerschaft Düsseldorfs sind seitdem zu gemeinsamer Wirksamkeit 3 um unsere Ausstellungen ins Leben zu rufen und ihre Ordnung zu gestalten und zu handhaben. Die neue Organisation hat sich bewährt; viribus unitis haben die berufenen Vertreter und Organe der drei künstlerischen Körperschaften in selbstloser Hingebung und mit bewundernswerthem Eifer zusammengewirkt, um alle die namenlosen Schwierigkeiten zu überwinden, die einer solchen Ausstellung an allen Ecken und Enden crwachsen; Schwierigkeiten, von denen nur der eine Ahnung hat, der jemals das Glück oder Unglück gehabt hat, mit ihrer Ueberwindung selbst befaßt gewesen zu sein. Darum bin ich gewiß, daß ich ebenso aus der Seele der Künstler wie der Kunstfreunde heraus spreche, wenn ich der 6 kommission, der Jury und der Anordnungskommission, wenn ich allen die mitgerathen, ,, . und mitgearbeitet haben, hier öffentlich den wärmsten Dank für ihre unermüdliche Wirksamkeit und Schaffensfreudigkeit ausdrücke. Ganz besonders gebührt und gilt dieser Dank dem hochverehrten Vorsitzenden der Ausstellungs⸗ kommission, Herrn Professor Grafen bon Harrach, der durch rastlose Hingebung an die Interessen der Ausstellung, wie durch die unvergleichlich umsichtige Leitung des ge sammten Unternebmens sich um dieses hochverdient gemacht hat. Wir alle wissen, was wir ihm und seinen treuen Mitarbeitern schulden. Auch namens der Kunstverwaltung darf ich allen Betheiligten den wohlverdienten Dank für ihre Wirksamkeit, deren schönsten Lohn sie in sich selbst finden werden, ausdrücklich und aus vollem Herzen be— zeugen. .

Mit großer Freude und Genugthuung begrüßen wir die reiche Beschickung der Ausstellung auch seitens der ausländischen, insbesondere auch seitens der französischen und der in Paris thätigen amerikanischen, sowie seitens der süddeutschen Künstler. So geheimnißvoll auch der Zusammenhang sein mag zwischen der Kunst und dem heimischen Boden, auf dem sie erwächst, so gewiß ist es, daß die Kunst selbst nicht Halt macht vor den territorialen Grenzen der Völker. Die reine Freude am Sehen und Erkennen des Schönen und Wahren ist uns allen gemein, und dieser allgemein menschliche 3 der hohen Kunst erstreckt seinen 2 auch hinüber über die Grenzpfähle der Nationen. Darum

eißen wir sie alle, die Künstler und Kunstwerke aus Nord und Süd,

aus Ost und West, aus allen Landen und auch aus unseren süd⸗ deutschen Bundesstaaten, wir heißen sie alle ohne Ausnahme als liebe und werthe Gäste e ir und herzlich willkommen. Wir hoffen, daß sie sh unter uns wohl fühlen werden, und daß sie getrost die nord⸗ deutsche Hand er n werden, die sich ehrlich und rückhaltlos ihnen entgegenstreckt. Lassen Sie diese Ausstellungen ein Band werden, dag

uns auf dem gemeinsamen Gebiet der Kunst neidlos zu gegenseitiger örderung dauernd verbindet! Die Ausstellung vollzieht sich in Räumen, die dem Staat Preußen . So ziemt es sich wohl, daran zu denken, daß die slaatliche rdnung dieses Landes ihre schirmende und fördernde . auch über die n und ihre 2 streckt. Die Verfassung unseres Landes ist monarchisch, und unsere denen ihre Zeit und ihr Volk getragen ist. Was die deutsche Kunst unsern Königen, was sie insbesondere unseres jetzt regierenden Kaisers und Königs Majestät zu danken hat, brauche ich in diesem Kreise nicht weiter auszuführen. Sie alle wissen, wie feurig Sein Herz erglüht, wie hell Sein Auge schaut, wie tief Sein Jen kh empfindet, wo es sich um die Kunst und ihre Würdigung handelt. Ihm schlagen unsere genen, Ihm gilt unser Dank, Ihm huldigen wir in urverbrüchlicher iebe und deutscher Treue, indem wir uns zu dem Rufe vereinigen: Seine Majestät der Kaiser und König Wilhelm II., unser af = 6 err, Er lebe hoch! Im Namen Seiner Majestät des Kaisers und Königs erkläre ich die diesjährige Große Berliner Kunstausstellung für eröffnet.“

Die Königliche Akademie der Wissenschaften hat in ihrer letzten Gesammtsitzung folgende Summen zu wissenschaft⸗ lichen Zwecken bewilligt: Dr. von Rebeur-Paschwitz zu Merseburg erbielt 500 zur Fortsetzung seiner Untersuchungen über Verände⸗ rungen der Schwere; Dr. K. Buresch, z. Z. in Athen, 1500 4 für eine topographische Reise in Kleinasten; der außerordentliche Professor an der Universität Dr. W. Grube 900 66 zur Herausgabe einer auf der hiesigen Königlichen Bibliothek befindlichen Handschrift der In- tschen⸗ Sprache.

Land⸗ und Forstwirthschaft.

Die Deutsche Landwirthschafts-Gesellschaft hatte beab⸗ . tigt, im Monat Mai eine landwirthschaftliche Studienreise nach

er Italien zu veranstalten. Nachdem dieser Plan auf Hindernisse ge⸗ ehen ist, wird beabsichtigt, die Reise im Monat Juni, und zwar kurz nach Pfingsten, anzutreten. Dieser Reiseplan hat nicht nur für den Landwirth im engeren Sinne Interesse, sondern auch fur jeden, welcher sich mit volkswirthschaftlichen Dingen im allgemeinen beschäftigt. Ganz besonders sollten Kulturtechniker diese n, nicht versäumen, die weltberühmten Bewässerungsanlagen in Ober⸗Italien auf diesem bequemen und verhältnißmäßig billigen Wege kennen zu lernen. Nähere Auskunft ertheilt das Bureau der Gesellschaft, Berlin 8SW., Zimmerstr. 8.

. Saatenstand in Spanien. Die in den letzten Wochen herrschende milde Witterung und elinder Regen sind dem Wachsthum der Saaten förderlich gewesen. Im allgemeinen soll der Stand derselben befriedigend sein. Ungünstig lauten die Nachrichten nur aus Sevilla, Granada und Huelva.

Saatenstand in den Niederlanden.

Der Stand der Wintersaaten wird im allgemeinen als befriedi⸗ gend bezeichnet. Hinsichtlich des sehr spät gesäten Sommerkorns läßt sich zur Zeit ein Urtheil noch nicht fällen.

Sgatenstand in Schweden.

Andauernde Nachtfröste haben den Saaten fast im ganzen Lande

Schaden zugefügt.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.

Frankreich.

Durch Verordnung des französischen Ackerbau⸗Ministers vom 13. April 1895 ist aus Anlaß des Auftretens der Maul und Klauenseuche in der Schweiz die Einfuhr von Rindern, Schafen, Ziegen und Schweinen über das Grenzzollamt Delle (Gebiet von Belfort), abgesehen von der aus Oesterreich⸗Ungarn unmittelbar nach dem Sanatorium von La Villette erfolgenden Einfuhr von Schafen, verboten worden.

Der Gesundheitsstand in Berlin blieb auch in der Woche vem 14. bis 20. April ein ziemlich günstiger und die Sterblichkeit eine etwas kleinere als in der Vorwoche (von je 1000 Einwohnern starben, aufs Jahr berechnet, 16,9). Unter den Todesursachen herrschten auch jetzt noch akute Entzündungen der Athmungsorgane vor, die auch noch immer häufiger als sonst um diese Jahreszeit tödtlich endeten, Erkrankungen an Grip pe wurden weniger beobachtet, doch kamen noch 16 Todesfälle an Grippe (gegen 18 der Vorwoche) zum Bericht. Erheblich seltener kamen dh akute Darmkrank⸗ heiten zum Vorschein und führten auch seltener zum Tode. Die Betheiligung des Säuglingsalters an der Sterblich⸗ keit war die gleich geringe wie in der Vorwoche; von je 10 000 Lebenden starben, aufs Jahr berechnet, 47 Säuglinge. Von den Infektion krankheiten kamen von Masern etwas mehr, von Scharlach und Diphtherie etwas weniger Erkrankungen als in der Vorwoche zur Anzeige, und zwar . sich Erkrankungen an Diph⸗ therie nur in der Rosenthaler Vorstadt in besonders nennenswerther Zahl. Erkrankungen an Unterleibstyphus kamen gar keine, an Kind—⸗ bettfieber nur eine zur Kenntniß. Rosenartige Entzündungen des Zell—⸗ gewebes der Haut, sowie Erkrankungen an Keuchhusten, welche letztere in acht Fällen zum Tode führten, wurden gleichfalls etwas seltener beobachtet. Dagegen gelangten akute Gelenkrheumatismen in ge steigerter Zahl zur ärztlichen Behandlung, während rheumatische Beschwerden der Muskeln sich seltener zeigten.

Handel und Gewerbe.

Die Zentralstelle der Raiffeisen chen Genossen⸗ scha ften zu Neuwied Hat zwei weitere Filialen errichtet, eine in Wiesbaden und eine in Straßburg i. E.

Verkehr s⸗Anstalten.

Die Worttaxe für Telegramme nach Uruguay, der Argentinischen Republik und Paraguay via Emden, Valentia, Galveston, Chile ist von 5 Æ 95 3 auf 5 15 8 er⸗ mäßigt worden.

Laut Telegramm aus Herbesthal ist die zweite eng⸗ lisch e ost über Ostende vom 1. Mai ausgeblieben. Grund: Zugverspätung in Belgien.

Für die Folge werden, laut Verfügung des Reichs⸗Postamts, die Ausgabetermine des Reichs ⸗Kursbuchs (Berlin, Verlag von Julius Springer) in der 6 geändert, daß an die Stelle der Termine vom 1. Februar, 1. April und 1. Dezember solche vom 1. Januar, 1. März und 1. November treten. Bei halbjährigem Bezuge des Kurshuchs umfaßt mithin: das erste Halbjahr die Aus—⸗ aben vom 1. Januar, 1. März, 1. Mai und 1. Juni; das zweite ah! die Ausgaben vom 1. Juli, 1. August, 1. Oktober und J. November. Die Postanstalten haben die Bezieher des Reichs⸗ Kursbuchs hierauf aufmerksam zu machen.

Swinemünde, 2. Mai. (W. T. B.) Die J n. abgehaltene 336 efahrt des für den Norddeutschen Lloyd auf der Werft des ulkan neuerbauten Dampfers ‚„‚Crefeld“, bestimmt für die brasilignische Linie des Norddeutschen Lloyd, verlief vorzüglich; Schiff und Maschine bewährten sich nach jeder Hinsicht. Die erreichte Maximal⸗Geschwindigkeit betrug 13, 15 Knoten. Der Dampfer „Crefeld“ ist noch gestern Abend von Swinemünde nach Bremen abgegangen. Bremen, 2. Mai. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Schnelldampfer Ems“ 1 am 30. April Vormittags in New⸗ 56 angekommen. Der Re , , Prinz Heinrich“ at am 30. April Morgens die Reise von Southampton nach Genua fortgesetzt. Der Schnelldampfer Lahn“ hat am 1. Mai

onarchen verkörpern gleichsam die Ideen, von

Nachmittags Dover passiert. Der Schnelldampfer Saale“ hat am 1. Pn Vormittags Dover passiert. Der Postdampfer Stutt⸗ gart“ bat am 1. Mai Morgeng Dover passiert. Der Postdampfer

Dres den' hat am L. Mat Morgens St. Vincent passiert. Der Reichs. hostdampfer Sachen het am 1. Mia. Itachmirtags die Reise von Adelaide nach Colombo fortgesetzt. Der Reichs. Post⸗ . Gera“ ist am 28. April Nachmittags in Adelaide ange⸗ ommen.

Theater und Mufit.

Konzerte.

Herr Leo Schrattenholz, ein junger begabter Cellist und Komponist, der ö. Studien an der biesigen Königlichen Hochschule 6 hat, gab am Dienstag im Saale der Sing Akademie ein erstes eigenes Konzert, welches mit einem Quintett für zwei Violinen, zwei Bratschen und Cello eröffnet wurde. Das klar und melodiõs . Werk folgt dem Vorbilde klassischer Meister und erhebt sich besonders im Finale zu interessanter rhythmischer und modulatorischer Eigenartigkeit, während der erste Satz einige Längen enthält. Der Komponist wurde in der Ausführung des Quintetts von der Violinvirtuosin Fräulein Gabriele Wietrowetz und den Herren Messias, Bandler und Schleicher auf das wirk=— samste unterstützt. Außerdem trug Fräulein Helene Ober. beck noch sechs Lieder vor, die gleich dem ersten Werk mit vielem Beifall aufgenommen wurden. Herr Professor Barth führte mit der an ihm fen gerühmten Feinheit des Ausdrucks noch fünf, meist kurze Klavierstücke des Konzertgehers aus, die sich in der Schreibweise an Schubert anlehnen. Den Beschluß des Abends machte das bereits in der Philharmonie mit wohlverdientem Beifall ausgeführte Cello⸗Konzert, welches der Komponist mit musterhaft . Technik und feiner, belebter Schattierungsweise vortrug. lach fleißig fortgesetzten Studien dürfte der Künstler sich bald einen Namen in der Musikwelt erwerben.

Das Abschieds⸗Konzert des . Orchesters, welches gestern Abend unter Professor Mann städt's Leitung statt⸗ fand, war ein Beethoven⸗Abend“ und brachte drei größere Werke des Meisters, nämlich die erste Symphonie in C-dur, das Violin -Konzert in D-dur, welches vom Konzertmeister Ant on Witek vortrefflich . wurde, und die herrliche (5) C-moll-Symphonie. Das sehr zablreich erschienene Publikum spendete den künstlerischen Leistungen der Kapelle und ihres Dirigenten sowie dem Vortrag des Solisten den lebhaftesten Drall Am Tage zuvor hatte der letzte Wagner Abend! dem Orchester ebenfalls vielen Applaus eingetragen. Am Schluß der Saison sei den ein— sichtsvollen Direktoren der Philharmonie, den Herren Sacerdoti und Landecker, die Anerkennung dafür nicht bersagt, daß sie in Gemeinschaft mit dem Professor Mannstädt guch im verflossenen Winter stets bemüht waren, die hervorragendsten Werke klassischer und neuerer Komponisten dem Publikum in diesen populären Kon zerten zugänglich zu machen. Im Sommerwird die Kapelle wiederum im Bad Scheveningen konzertieren.

Im Königlichen Opern hause findet morgen das zweite Auftreten der Frau Marcella Sembrich in Flotow's Martha“ statt. Herr Naval vom Stadttheater in Frankfurt a. M. eröffnet als Lyonel ein Gastspiel auf Engagement. Als Nancy tritt Frau Goetze, als

lumket Herr Krolop auf. ö Steinmann dirigiert. Die am Sonnabend zum überhaupt ersten Mal zur Aufführung gelangende Oper Der Evangelimann“ von Wilhelm Kienzel spielt in diesem Jahrhundert und zwar 1820 und 1850. Dem Vorgange, der im ersten Akt im Benediktinerkloster St. Othmar in Nieder⸗ Oesterreich und im zweiten Akt in Wien sich abspielt, liegt eine wahre Begebenheit zu Grunde. Dr. Kienzel hat darnach den Text selbst gedichtet. Das Bruderpaar Johannes und Mathias Freudhofer wird von den Herren Sylva und Du dargestellt. Die Dekorationen sind neu angefertigt. Der Komponist Herr Dr. Kienzel befindet sich seit geraumer Zeit in Berlin, um an der Leitung der Proben theilzunehmen.

Im Königlichen Schauspielhause wird morgen Nicolay Gogol's Lustspiel Der Revisor. (Herren Vollmer, Klein, Blencke, Keßler; Damen Abich, Plan, Schramm, Stollberg gegeben. Am J). d. M. geht neu einstudiert Goethe's Torquato Tasso“ in Scene.

Noch vor Schluß der, Konzert⸗Saison wird die Altistin des Königlichen Theaters in Wiesbaden, Fräulein Lina Rücker sich in Berlin hören lassen; für das Konzert, welches am 9. d. M. im Saal Bechstein stattfindet, ist der Kartenverkauf bei Bote u. Bock eröffnet.

Bei den in den Tagen vom 25. Mai bis 10 Juni in Bremen stattfindenden scenischen Aufführungen der Rubinstein'schen geist⸗ lichen Oper „Christuss wird eine Reibe der hervorragendsten Sänger und Sängerinnen Deutschlands mitwirken. Die Regie der Aufführungen liegt bekanntlich in den Händen des Textdichters Pro⸗ fessors Dr. Heinrich Bulthaupt. Dirigenten sind die 8 Dr. Muck vom Königlichen Opernhause in Berlin und Herr Julius Ruthardt vom Stadttheater in Bremen. Die Hauptrolle ist doppelt besetzt und zwar mit den Herren von zur Mühlen und Leon Gritzinger, den Satan singen alternierend die Herren Hofopernsänger Johannes Emblad und Hans Keller. Mit der Partie des Judas sind betraut die Herren C. M. Sommer und Anton Hromada. Die erste Frauenrolle, die der Maria, liegt in den Händen der Sängerinnen Frau Iduna Walter⸗Choinanus und Fräulein Ida van Jung aus Brünn. Die übrigen Rollen sind , besetzt: Erster König: Herr

ichler vom Stadttheater in Magdeburg; zweiter König: Herr dolph Mühlmann vom Stadttheater in Breslau; dritter König: 6 Schauer vom Stadtheater in Breslau. Der Engel der Ver— ündigung: Fräulein Holmy vom Stadttheater in Bremen und Fräu— lein Suzanna Lapalle vom Hoftheater in . Ein Hirte: Herr Schramm vom Stadttheater in Breslau. Johannes der Taͤufer: Verr Friedrich vom Stadttheater in Bielitz; Simon ., err Schmalfeld vom Stadttheater in Reichenberg, Johannes: Herr Dr; Briesemeister vom Stadttheater in Aachen. Maria Magdalena: . Rosen vom Stadttheater in Breslau, Pilatus: Herr acob vom Stadttheater in Saljburg, das Weib des Pilatus: räulein Sedlmair vom Stadttheater in Danzig, Eine Mutter: räulein Wiesner vom Stadttheater in Graz, ihr Sohn: Fräulein roßmann vom Stadttheater in Breslau, Paulus: Herr Hans Roleff vom Thalia ⸗Theater in Rostock. Der Chor besteht aus 350 Bremer Damen und Herren, die, meistens Mitglieder tüchtiger Gesang⸗ vereine, den Chorpartien zu angemessener Wirkung verhelfen werden.

Mannigfaltiges.

Der Epangelische Kirchbauverein hielt gestern im Pro vinzial⸗Ständehause unter dem Vorsitz des Ministers des Königlichen n. von Wedel seine Generalversammlung ab. Derselben wohnten

ei der Ober-Hofmeister Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin Freiherr von Mirbach, der Unter⸗Staatgsekretär D. Dr. von Weyrauch, der Ministerial⸗Direktor Dr. von Bartsch, der Präsident der Seehandlung von Burchard, der Ober:Konsistorial⸗Rath Hubert, der Konsistorial⸗ nden Schmidt, der Lande. Direktor von i und Andere.

räsident von Burchard erstattete zunächst den Rechenschaftsbericht. Danach betrug die Gesammteinnahme sseit Begründung des Vereins) 2 425 (00 , die Gesammtausgabe 2 100 000 , sodaß ein Bestand vom 325 000 S verblieb. Alsdann nahm Freiherr von Mirbach das Wort. Er konstatierte, daß in Jahresfrist in und um Berlin neun neue Gotteshäuser eingeweiht worden sind, von denen sieben unter dem Protektorat Ihrer Majestät der Kaiserin drei der letzteren unter 6 des Vereins erbaut sind. Diese neun Kirchen

enthalten 9910 Plätze und erforderten insgesammt an Baukosten 3 683 000 M; außerdem waren 120 000 für Erwerbung und Frei- legung. der Bauplätze auszugeben; in 7 Fällen waren die Bauplätze geschenkt worden, in einem 8. Fall mußte der geschenkie Bauplatz durch Zukauf eines Hauses erweitert werden. Zu den Baukosten steuerten bei: der Ober ⸗Kirchenrath 3200 , der