1895 / 119 p. 7 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 18 May 1895 18:00:01 GMT) scan diff

wo Rübenbau getrieben wird, gestalten werden. Dieser ist doch viel⸗ fach ungünstiger situiert als der Demanialbesitz. Letztere Besitzungen sind nach allen Regeln des jetzigen Standes der Wissenschaft bewirth-⸗ schaftet, mit allen möglichen Meliorationen ausgestattet, die Be⸗ triebseinrichtungen sind mustergültig; das kann ich dreist bebaurten. Es sind nur intelligente Wirtbe, die auf diesen großen Domanial⸗ besitzungen wirthschaften, weil die preußische Verwaltung Werth dar⸗ auf legt, nur tüchtige Pächter anzunehmen, und es sind kapitalkräftige Leute, weil jeder, der zur Pacht zugelassen werden will, den Nach⸗ weis erbringen muß, daß er im Verhältniß zu dem Umfang der Pachtung das nöthige Vermögen besitzt.

Wenn schon bei diesen Wirthschaften eine gefahrdrobende Krisis in Aussicht steht, meine Herren, so vergegenwärtigen Sie sich, wie riel akuter die Krisis beim Privatbesitz sein muß, wo mitunter die Intelligenz der Bewirthschafter nicht so groß ist, wo dieselben ab— bängig sind von ibren Inspektoren, wo die Besitzer öfter mit ge— liehenem Gelde die großen Fabriken gebaut haben, wo sie an sich schon durch die gegenwärtige Krisis in eine bedrängte Lage gekommen sind, und wo sie vielfach noch mit erbeblichen Schulden wirth— schaften müssen. Zweifellos ist die Bebauptung, die ich im Abge⸗ ordnetenbause aufgestellt habe, zutreffend, daß, wenn die Agrarkrisis sich auf den Rübenbau, auf die Zuckerindustrie ausdehnt, sie einen gefahrdrohenden, akuten Charakter annehmen wird, daß dann ein gewaltiger sozialer und wirthschaftlicher Schaden eintreten muß.

Meine Herren, eine Bemerkung des Herrn Vorredners giebt mir zu einer Erwiderung Veranlassung. Er hat scharf das Vorgehen der Reichsregierung in der Richtung kritisiert und rechnet sich zum großen Verdienst an, dagegen Front gemacht und immer darauf bingewiesen zu haben, daß die Materialsteuer das Allerverkehrteste sei, was man sich denken kann. Ich bin gerade gegentheiliger Ansicht. Unsere Zuckerrübeninduftrie, unser Rübenbau ist gerade durch die Ma⸗ terialsteuer zu der Höhe und Bedeutung gebracht, welche derselbe jetzt besitzt (Sehr richtig! rechts); und daß das richtig ist, dafür kann ich den Beweis antreten.

Frankreich hat seit Jahren durch Emissäre sich bemüht, festzu—⸗ stellen, woran es liegt, daß der deutsche Rübenbau, die deutsche Zucker⸗ industrie der französischen überlegen sei, obgleich die klimatischen und Bodenverhältnisse mindestens gleich günstig sind. Frankreich hat sich schließlich überzeugt, daß wir groß geworden sind durch die Materialsteuer. Und was haben die Franzosen gethan? Während die Franzosen das Ideal des Herrn Meyer hatten, die Fabrikatsteuer, haben sie neuerdings, um die Rübenindustrie der unsrigen eben⸗ bürtig zu machen, die Materialsteuer eingeführt. (Hört, hört! rechts) Aber nichtsdestoweniger bin ich mit dem Herrn Meyer darin einverftanden, daß, wenn wir erst unsere Ruübenindustrie auf dem Weltmarit wieder konkurrenzfähig gemacht baben dadurch, daß alle Staaten die Exportprämie abschaffen, dann haben wir richtig ge⸗ handelt, zur Fabrikatsteuer überjzug⸗ hen. Die Fabrikatsteuer ermöglicht, daß auch auf den ärmeren Böden Rübenbau stattfinden kann, daß demselben größere Futtermittel zur Verfügung gestellt werden, die dazu dienen, die Viehzucht zu heben und zu verbessern, und die dazu dienen, die ganze Wirthschaft zu heben, und den ärmeren Böden es er⸗ möglichen, zur intensiven Tiefkultur mit Kunstdünger überzugeben, wodurch die reicheren Böden, welche bisher vornebmlich Rüben trugen, groß geworden sind. Also was Herr Meyer will, erreichen wir am allerersten, wenn er mit der Reichsregierung dahin strebt, daß wir auf dem Weltmarkt konkurrenzfähig bleiben, und wenn er zum Ausdruck bringt, daß wir jedenfalls auch konkurrenzfäbig bleiben wollen; und das ist nur zu erreichen, wenn wir zunächst wenigstens, soweit möglich, die Indufstrie im Weltkonkurrenzkampf schützen. Wenn das Ziel nicht erreicht wird, daß die mit uns konkurrierenden Staaten mit uns gemeinsam die Exportprämien aufheben oder gleichstellen, dann müssen wir den Konkurrenzkampf gegen das Ausland aufnehmen, unsere Landwirtbschaft auf der Höhe erbalten, auf der sie sich jetzt befindet, und die nach Millionen zählenden Kapitalien der Land⸗ wirthschaft erhalten und sichern, die jetzt von der Landwirthschaft in der Industrie angelegt sind. Dadurch allein werden wir die übrigen Staaten zwingen und veranlassen schließlich hat ja jeder derartige Konkurrenzkampf für alle Kämpfenden große Nachtheile —, dadurch allein werden wir es erreichen, daß wir zu gesunden Zuständen kommen nicht dadurch, daß wir, während wir zur Zeit auf dem Weltmarkt noch die Konkurrenzfäbigsten sind, wir jetzt die Flinte ins Korn werfen, unsere gute Waffe bei Seite legen und uns einfach von den übrigen bei Seite schieben und ruinieren lassen; dazu kann ich als Vertreter des größten Bundesstaats im Deutschen Reich unmöglich rathen.

Von diesen Erwägungen heraus, die nicht bloß maßgebend für die vreußische Landwirthschaft, sondern auch für einen großen Theil der Landwirthschaft der übrigen Bundesstaaten, bitte ich dringend das hohe Haus, einstweilen das Nothgesetz anzunehmen und unwider—⸗ sprochen zu lassen, wenn ich bestimmt erkläre, das Nothgesetz soll nur Geltung haben bis zum Jahre 1897. Die Zwischenzeit soll henutzt werden, um ein materielles Gesetz zu stande zu bringen, wenn es noch nothwendig ist, und zwar ein solches Gesetz, dem die zunächst betheiligten Interessenten zustimmen. Wenn die Verhand— lungen, die jetzt mit Oesterreich und Frankreich geführt werden, nicht zum Ziele führen, dann müssen wir unsere Konkurrenzfähigkeit dadurch aufrecht erhalten, daß wir in den sauern Apfel beißen und größere Exportprämien wie jetzt gewähren.

Im übrigen mich noch tiefer auf eine Begründung des Stand— punktes der verbündeten Regierungen einzulassen, dazu liegt wohl gar keine Veranlassung vor, weil das in viel geschickterer und vollkommenerer Weise von dem Herrn Reichs- Schatzsekretär bereits geschehen ist. Ich habe dessen Ausführungen nichts zuzusetzen. Nur eine Bemerkung will ich noch machen. In der Beziehung stimme ich mit Herrn Meyer überein: Das Ziel, was erreicht werden muß, ist, daß allmählich mit der Zunahme der Bevölkerung auch entsprechend die Konsumtion zunimmt, und daß die Produktion zugeschnitten wird auf die steigende Konsumtion. Das sind ideale Ziele, die Sie aber auch nur dann erreichen werden, wenn Sie unseren Rübenbau und unsere Zucker⸗ industrie am Leben erhalten. Lassen Sie dieselbe zu Grunde gehen,

o wird Deutschland in seinem Konsum abhängig vom Auslande werden, was doch an sich ein großes wirthschaftliches Uebel sein würde. Während wir jetzt große Einnahmen aus unseren Rüben⸗ fabriken haben, müßten wir vom Auslande kaufen, auch darin vom Auslande abhängig werden. Aber glauben Sie denn, daß, wenn ein Konkurrent auf dem Weltmarkt verschwindet, daß dadurch der Zucker=

giebt doch zu denken, wie die Verbältnisse sich fär den Privatbesiz, preis im Inland billiger werden wird? Im Gegerlbeil. er wird

steigen, und wenn er steigt, wird das nicht dazu dienen, die Konsumtion

zu erweitern; eher das Gegentheil von dem wird eintreten, was mit mir Herr Dr. Meyer berbeiführen will. Ich will auch, daß die Konsumtion steigt. Kurzum, wenn wir alle diese Dinge in ihrem inneren Zusammenhang, in ihrer logischen Folgerichtigkeit vrüfen, so ist es nothwendig, daß wir in der augenblicklichen Lage zunächst wenigstens das Nothgesetz machen, daß wir darüber klar sind, daß, wenn bis zum Jahre 1897 die Verhandlungen mit dem Auslande zu einem befriedigenden Ergebniß nicht geführt haben, wir dann ein ma— terielles Gesetz machen müssen, das unsere Industrie im Konkurrenz- kampfe schützt und die großen deutschen Kapitalien sicher stellt, welche in der Industrie angelegt sind. Ich gebe mich der Hoffnung hin, wie ich das im Abgeordnetenhause auch schon ausgesprochen habe, daß der Reichstag, welcher auf diesem Gebiete der Reichs⸗ gesetzgebung allein mitzuwirken hat, patrietisch genug denkt, um die Existenz eines der wichtigsten Zweige unserer deutschen Landnirtbschaft nicht nach Theorien zu bebandeln, sendern nach rein praktischen Gesichtspunkten das Bedürfniß und die Art der durch Gesetz zu gewährenden Hilfe zu bemessen. Ich bitte Sie, zunächst das Nothgesetz zur Verabschiedung zu bringen. Was weiter kommen wird, wird die Zukunft lehren. (Lebhafter Beifall rechts und in der Mitte.)

Abg. Spahn (Zentr): Ich kann die Erklärung abgeben, daß wir dem Gesetz zustimmen werden. Ein Theil meiner politischen Freunde ist von vornherein der Meinung, daß auf die Ausfubrprämien nicht verzichtet weren kann; aber auch diejenigen von ihnen, welche dem Geseß von 1891 in der Ueberjeugung zugestimmt baben, daß die deutsche . auch obne Ausfuhrprämien konkurrerzfäbig wäre, erkennen an, daß dies normale Verhältnisse vorauzsetze, daß solche aber nicht vorliegen. Wir haben jedoch den Wunsch, daß, wenn die Verbandlungen mit anderen Ländern zu einem Ergebniß führen sollten, der Bandesrath schon vor Ablauf dieses Gesetzes zu Beseiti—⸗ gung der Auefuhrprämien schreiten möchte.

Abg. Dr. Paasche (nl): Wenn der Staatssekretãr sagt, der Reichstag sei nur gewillt. platonisch für die Landwirthschaft vor⸗ zugehen, und wenn es sich um positive Maßnabmen handle, dann versage die Kraft, so will ich daran keine Kritik üben, fendern seine Mahnung nur unterstützen. Aber wenn bier dem Reichstag Vorwürfe gemacht werden sollen, so kann man diese auch den verbündeten Regierungen machen, daß sie das Gesetz erst im allerletzten Augenblick eingebracht haben, erst wenige Tae vor dem Schluß der Session zu einer Zeit, wo das Haus oft nicht mebr beschlußfähig ist. Ich glaube, die Uneinigkeit in der Zucker⸗ industrie war nur scheinbar. Aber wenn auch die Meinungen wirklich auseinandergingen, so hat das die Regierungen nicht abhalten brauchen. ibrerseits die Sache energisch in die Hand zu nehmen, und thatsächlich hat die Landwirtbschaft monatelang ausgeschaut, ob die in Aussicht gestellte Hilte nicht bald kommen würde. Erst in allerletzter Zeit hatte man die Sache in die Hand genommen. Erst vor 14 Tagen hat man dadon gebört. Warum hat man nicht eber versucht, eine Einigung mit den anderen Staaten zu finden? Ich will dem Staatssekreiär und dem preußischen Landwirthschafts.Minister keinen Vorwurf machen. Sie haben sich eifrig bemübt und den Dank der Zuckerindustrie verdient. Aber ich bedaure, daß die Widerstände nicht überwunden werden konnten, uad daß es nicht möglich war, den Widerstand eber zu bescitigen. Meiner Ansicht nach müßten die verbündeten Regierungen daran denken, baldmöglichst ein deßini⸗ tives Gesetz zu schaffen. Mit einem Notbhstandsgesetz kann man fo

iel nicht erreichen. Es ist von den kleinen Mitteln das kleinste. =

läßt sich nicht bestreiten. Selbstverständlich wird meine Partei das Gesetz annehmen mit Rücksicht auf die Ausführungen der Regierungs⸗ dertreter und namentlich mit Rücksicht auf die Motive, in denen die Nothwendigkeit von Maßregeln anerkannt ist, um einer Ueberrroduftion, einer erneuten Krise entgegenzutreten. Wenn der Abg. Dr. Mever voraussehen zu tonnen glaubt, daß in kurzer Zeit alle Prämien beseitigt werden würden, indem eine Konsumvermehrung eintrete, so meine ich: So weit sind wir noch nicht. Die Zuckerindustrie ift eine große Weltindustrie; sie stebt und fällt beute mit der S euergesetzgebung nicht in Deutschland, sondern allenthalben in den Konkurrenjlandern; und diese Konkurrenz⸗ länder zwingen uns, an den Prämien noch festzuhalten, um uns konkurrenzfähig zu erbalten. Ich gebe aber zu: das Beste wäre es, alle Prämien ju beseitigen, und ich bin erfreut darüber, daß die Ver— treter der Regierungen mit Nachdruck erklären: Es wird gelingen, die Prämien durch internationale Verhandlungen zu beseitigen. Vielleicht bätte man den Weg schen früber betreten können: Dann wäre man äber ernste Sorgen hinweggekommen, und wir bätten vielleicht bessere Zustände. Ich hoffe, daß es mõglich sein wird, dieses Ziel zu erreichen; aber vorläufig bat man noch das Recht, Bedenken zu äußern, und ich glaube, es wird nur mõglich sein, von Frankreich Zugeständnisse zu erlangen, wenn wir die Waffen die wir haben, behalten und eventuell verstärken. Ich habe zur zweiten Lesung eine Resolution vorbereitet, dahin gebend:

Der Reichstag wolle beschließen: den Herrn Reichskanzler zu ersuchen; baldigst ein neues Zuckersteuergesetz vorzulegen, in dem böbere Ausfubrrrämien gewãbrt werden, falls es nicht gelingt, durch internationale Vereinbarungen eine Beseitigung der Prämien in den Hauptexvortländern herbeizuführen.

Wir müssen in den sauren Apfel beißen und noch vorlãufig unsere eigenen Prämien erhöhen, um der deutschen Zuckerindustrie in diesem Kampfe zu helfen. Trogdem die Regierungen eine solche Resolution nicht für nothwendig hallen, wäre es bielseicht beffer, daß der Reichstag dieser Resolution zustimmte, als daß er sagte: Wir sind niemals für eine Erhöhung der Prämien zu haben. Die Zucker⸗ industrie würde schwer geschädigt werden, wenn Deutschland nicht mehr die führende Rolle auf dem Zuckermarkt einnähme. Wenn wir aber die Waffen aus der Hand geben, so wird Deutschland vom Zucker⸗ markt verdrängt werden. Deshalb müssen wir diese theoretisch gewiß nicht anzuerkennenden, aber in der Praxis doch befstebenden Prãmien vorläufig noch ertragen, und ich bitte Sie daher, der Refoluͤtien in der zweiten Lesung Ihre Zustimmung zu geben.

Abg. Schip vel (Soz.): Wir vertreten genau den Standpunkt, den die Regierung 1899 eingenommen kat. Die Motive Tes Gesetzes pon 1891, als defsen Urheber wobl der Finanz-Minister Pr. Miguel bezeichnet werden kann, lauten denn doch ganz anders als die Motive des jetzt vorgelegten Gesetzes, und ich muß mich wundern, wie die Regierung in der Zwischenzeit ihren Standpunkt verändert bat. Wir ändern unsere Stellung so leicht nicht und müssen uns daher gegen das vorliegende Gef erklären. Warum sollen wir die Zuckervrämien nicht vermindern? Hat doch auch Frankreich seine Ausfuhrvrämien herabgesetzt. Das Ausfubrprämiensystem bat ja die Üeberproduktion erst heibeigefũhrt und gesteigert.

Abg. von Staud (d. kons.): Ich spreche im Namen meiner politischen Freunde den beiden Herren Regierungsvertretern den leb— haftesten Dank aus für das Interesse, das sie dieser Angelegenheit entgegenbringen. Möge uns die Hoffnung nicht täuschen, daß dieses Interesse sich auch auf den Körnerbau in dem Umfange, wie wir es wünschen, ausdehnen möchte. Wenn der preußische Landwirtbschafts⸗ Minister die Interpellation der Domänenvächter betonte, so möchte ich, um ein Mißverstehen dieser Bemerkung zu verhüten, aus. sprechen, daß der Großgrundbesitz überall durch seine Intelligenz eine fübrende Rolle spielt und den Banern als Vorkild dient. Der Großgrundbesitz ist eine Nothwendigkeit und hat seine Aufgabe glänzend erfüllt. Pa Frankreich seine Prämie herabgemin⸗ dert habe, wie der Abg. Schippel behauptete, ist falsch. Mit Genug⸗ thuung haben wir vernommen, daß eine internationale Vereinbarung betreffs Abschaffung der Praͤmien Aussicht hat: denn wir sind prinz ipiel

Gegner der Ausfuhrprämie und würden dieselben am liebsten vermissen. 9. . ; n Abg. Roe sicke b. 6. J): Auf allen Seiten des Hause in

konstatiert worden, daß man der Abschaffung der ecterane rm tamn. auf internationalem Wege zustimme. In einem Augenblick wo 8 verkündeten Regierungen im Begriff ind, in dies beingliche n= nationale Verhandlungen einzutreten, wäre es verfehlt, ibnen dan die Hände zu binden, daß man obne Rücksicht auf die konkurrieren Staaten und den Weltmarkt die deutschen Prämien ermäßigt ben abschafft. Gegen den Aatrag. Paasche erkläre ich mich * das beftimmteste, weil er äbnlich dem Antrag Kanitz auf * Monopolisierung abzielt. Die Notblage ist durch Uebẽmwrodulti entstanden. Läßt man den Dingen den natürlichen Lauf, so wird . Produktion des Zuckers und iniolge dessen auch die der Räben der selbft eingeschränkt werden. Die Hauptsache ist, daß die Zak industrie nicht durch neue Steuervrojekte beunruhigt wird.

Staate sekretãr des Reichs⸗Schatzamts Dr. Graf von Posadowsky:

Ich muß einige Worte erwidern auf die Ausfũhrungen dez Ser Abg. Schipvrel.

Zunächst verzichte ich selbstverftändlich darguf, bier im Ylerrn des Hauses mich in eine Erörterung einzulaffen, wie sich seit 1831 die Zuckersteuergesetzßzebung in den einzelnen Konkurrenzstaaten ent. wickelt bat. Ich glaube, daß bei einer diffizilen Materie, die so ge naue Rechnungen erfordert, das hobe Haus kaum geneigt sein wrde weiteren Erörterungen zu folgen. z

Wenn dann der Herr Abg. Schippel behauptet bat, daß ich mii

meinen jetzigen Ausführungen in geradem Gegensatze stände zu den⸗ jenigen Ausführungen, die den Motiven des Gesetzes von 1891 k, gefügt waren, so bedauere ich behaupten zu müssen, daß sich de geehrte Herr Abgeordnete im Irrthum beßindet; ich hätte gewũnscht er kätte die Motive, von denen er nut einen Theil vorgelesen ba ganz zur Verlesung gebracht. Mit Genehmigung des Herrn Pr sidenten möchte ich den entscheidenden Passus mir erlauben dorzulesen Er heißt:

„Denn die Konkurrenzfäbigkeit unseres Zuckers hängt daper ab, wie sich die gesammten Bedingungen seiner Produktion und Ausfuhr im Verbältniß zu den Bedingungen der Zuckerproduftie und „Ausfuhr der übrigen betbeiligten Länder stellt. Eine Unfãhig keit zur Konkurrenz gegenüber dem Zucker von Prämienländen könnte für unsere Industrie nur in foweit eintreten, als die Zucker industrie jener Lãnder ohne die Prämien oder ohne deren vollen Betrag ebenso günstig produziert und exportiert, wie die prämien— lose deutsche Zuckerindustrie. Nur eine derartig situierte fremde

Zuckerindustrie würde in dem vollen Betrag der Prämien oder einer

Theil derselben einen reinen Vorsprung vor der deutschen Zuck,

industrie genießen.“

Wenn der Herr Abg. Schippel meinen vorherigen Aus fũhrunge⸗

gefolgt ist, so wird er wissen, daß ich erklärt habe, andere Konkurren⸗

staaten hätten sowohl im Bau der Zuckerrübe, wie in ihrer Zucler⸗ technik so erbebliche Fortschritte seit 1331 gemacht, daß jetzt die Voraus setzungen, von denen damals die Motive ausgingen, erfüllt seien, de jetzt jene fremden Staaten uns eine ebenbürtige Konkurrenz machten und doch noch eine wesentlich höhere Ausfubrprämie genössen R wir. (Sehr richtig! rechts) Diese Reserve ist demnächst dur bekannte Erkläcung meines Herrn Amtsvorgängers noch festgelegt, ia welcher er betont: die Ermäßigung det Prämien und die event. Au— bebung derselben findet nur unter der Voraussetzung statt, daß die anderen Staaten unserem Beispiel folgen.

Ich kann ferner den Ausführungen des Herrn Abg. Roesicke darin Recht geben, daß, wenn sich die Preise nicht heben, der Ban der Rüben zurückgehen wird, es würde infolge dessen ein geringere Angebot an Zuckerrüben stattfinden und damit auch die Zucker, produktion zurückgehen und folglich der Zuckerpreis fleigen. Aber wer ist der Geschlagene? Die Landwirthschaft. Sie braucht eben zu ihrer Prosperität die Kultur der Zuckerrüben.

Dem Herrn Abg. Dr. Meyer gegenüber möchte ich bemerken, daß seine Wünsche zum theil bereits durch die Ausführungen zu den S6 vom 31. Mai 1891 erfüllt sind. Wir erstatten bereits die Zuckersteuer zurück für Chokolade für verzuckerte einbeimische Früchte u. s. w., und es wird fertgesetzt das kann ich ihn versichernt erwogen, ob man nicht die Vergütung der Zuckersteuer auch auf weitere zuckerhaltige Fabrikate ausdehnen kann. Wenn das bisher nicht im weiteten Umfange Ke schieht, so liegt das daran, daß es zum theil technisch schwer nachma— weisen ist, in welchem Prozentsatz sich Zucker in den einjelne⸗ Fabrikaten befindet. Ich glaube, Herr Abg. Dr. Meyer verwechielt diese Steuervergũtung mit etwas Anderem. Die Chokolade⸗ und Konservenindustriellen verlangen, daß ihnen auch die Ausfubrptäme prozentual gewährt werde für den in den ausgeführten Fabrikaten ert⸗ baltenen Zucker, und das ist bisher allerdings nicht in Aussicht genommen.

Wenn dann schließlich Herr Abg. Dr. Mever mir gegenüber ein literarisches Bild aus dem Leben Schiller's angewandt hat, so kan ich ihm erklären: wenn ich in meiner Stellung etwas dazu beitrage⸗ könnte, daß alle Erwerbsstände in Deutschland ihr reichliches Bret erhielten, würde ich sebr zufrieden sein. (Bravo)

Abs, Leęuschner (Ry): Es kann kein Zweifel darüber bestebe⸗ daß die Zuderindustrie von besonderer Bedeutung für die dan dn in schaft ist. Daraus folgt, daß wir alles aufbieten müssen, un. Industrie lebensfäbig zu erhalten. Ich habe namens meiner volt 2. Freunde die Erklärung abzugeben, daß wir mit der Vorlage der bũndeten Regierungen einderstanden sind, und daß wir auch dem Vor⸗ schlage des Abg. Dr. Paasche frerndlich gegenübersteben.

Abg. Lotze (. Refp) erklärt sich fur die Vorlage. ö. Abg. Sim ula (Jentr: Wir können der Regierung danken dafür sein, daß sie in Auesicht gestellt hat, daß ein definitives en in, den nächsten Jahren vorgelegt werden soll., und bätten nun ge wünscht, daß ein solches schon früher gekommen wäre. 189 2 . boffentlich angenommen werden. Ohne einen steuerlichen Schuß a unsere Zuckerindustrie mit Frankreich und Amerika nicht ,

Abg. Dr. Meyer (fr. Vg): Wenn ich mit dem Staatsse . von Posadowekr in einem Punkt übereinstimme, so ist es , * die Benrchnung Let. Durchschnittsdiriden den von Altienge ell. müßig ist. Ich stelle diesen Ausspruch bier fest, um mich darauf rufen zu können. Soeben erbielt ich ein Telegramm aus London, * dem hervorgeht, daß die Zuckerpreise eine steigende Tenden; .

Abg. Br. Paasche nl: Der Abg. Roesicke kat versckt here nicht auf der Tages ordnung stebenden Antrag durch eine . mit dem Antrage Fanitz zu verdächtigen. Ich glaube, er hat ee. Antrag nicht durchgelesen, sonst hätte er nicht von einer Monche sierung gesprochen, von der darin gar keine Rede ist. ;

Damit schließt die erste Berathung, und das Haus fru sofort in die zweite Berathung ein. . . der Abg. Spahn (Zentr.) beantragt die Einfügung folgenden Bestimmungen: u e

Der Bundesrath ist ermächtigt, die vorstehenden Zuschun

12 * H die

bergehend oder dauernd zu ermäßigen oder die Bestimmun

die Zablung von Zuschüssen vollftändig außer Kraft zu . sekald in anderen Rübenzucker erzeugenden Ländern, welche gegen“ artig für die Zuckererzeugung oder Zuckerausfuhr eine Prãmle ge⸗ nähren, diese Prämie ermäßigt oder beseitigt wird. Der bezügliche Beschluß des Bundesraths ist dem Reickstag, sofern er verfammelt R. sofort, andernfalls aber bei seinem nächsten Zufammentreten vor- nien, . ift außer Kraft zu setzen, soweit der Reichstag dies derlang! ;

Aba. Richter (fr. Volkep.) : Ich bätte keine Veranlassung, mich beute bier nochmals über die Zuckerprãmienfrage aus zusprechen, da ich genen Standpunkt bereits früber dargelegt habe; aber die Erklãrun der Regierung und der Antrag des A g. Dr. Paasche bestimmen * zech dazu. denn sie eröffnen eine bedenkliche Perspeftive. Meiner An- rt nach thut der Zuckerindustrie vor allen Dingen eine Stabilität R Gesetzgebung nolb, denn sie bat durch die Schwankungen der Ge⸗ wFzckung sehr gelitten. Durch die künstlichen Rtaßnabmen, ihr sofort he Rentabilität zu verschaffen, hat man sich gewöhnt, seine Etwar= tungen auf gesetzliche Maßnahmen zu stellen, ftatt auf das Verkältniß wichen Angebot und Nachfrage. Fürst Bismarck bat seiner Zeit die Schutz ollgeseßgebung damit befürwertet, daß durch die Erböbüng der Schuß zélle die anderen Mächte veranlaßt werden würden, ihre Zölle kerabzuseßtn. Genau das Gegentbeil ist eingetreten. Desterreich⸗ Ungarn beabsichtigt, wie aus der uns gegebenen Erklarung ju schlichen , nicht die Abschaffung, sondern die Normierung von Maximal. zen für Prämien; es ist daber zu befürchten, daß, wenn wir bier t Säße seftftellen, diese leicht als Maximal. und damit Rormal— ie statuiert werden könnten, während wir doch die vollstãndige Ab- schaffung anstreben. Daher scheint es mir nützlicher, wenn wir jetzt bier nichts an der Sache rühren.

Abg Dr. von Paasche (nl) bringt die von ihm ange— kündigte Resolution ein, die Erhebung höherer Ausfuhr— zrämien im Falle des Scheiterns der internationalen Ver— bandlungen betreffend. Es wird beschlossen, diesen Antrag erft Rach Beendigung der zweiten Berathung der Gesetzvorlage ge⸗ sondert zur Verhandlung zu bringen.

Staatssekretãär Dr. Graf von Posadowsky:

Ich glaube, zur Abkürzung der Diskussien den Antrag Spahn awfehlen und erklären zu können, daß die verbündeten Regierungen

kine Bedenken gegen denselben hegen dürften.

Der Antrag des Abg. Spahn (Zentr) wird hierauf nit großer Mehrheit angenommen.

Die Abstimmung über den so erweiterten Gesetzentwurf

ine namentliche.

Für den Gesetzentwurf stimmen 140, dagegen 46 Abge— ardnete. Es sind mithin nur 186 Mitglieder anwesend und das Haus nicht besch lußfähig.

Präsident Freiherr von Bu ol beraumt die nächste Sitzung uf Montag, 1 Uhr, an mit der Tagesordnung: Gesetzentwurf, detreffend Sklavenraub und Sklavenhandel, Gesetzentwurf über die Schutztruppe, Fortsetzung der zweiten Berathung des Ent— rurfs eines Gesetzes wegen Abänderung des Zuckersteuergesetzes, erste Berathung des von den Abgg. von Dallwitz, Baron von Gustedt, Graf von Holstein, von Ploetz, von Podbielski, Rettich eingebrachten Gesetzentwurfs, betreffend die Herstellung, den Handel und Verkehr mit Butter, Butterschmalz, Schmalz, Nargarine, Kunstspeisefetten und Käfe.

Schluß gegen 5 Uhr.

Breußischer Landtag. Herrenhaus. 15. Sitzung vom Freitag, 17. Mai.

Ueber den Beginn der Sitzung ist gestern berichtet vorden.

Zur Berathung gelangte zunächst der Entwurf eines zreußischen Gerichtskostengesetzes, dessen unveränderte Annahme der Wirkliche Geheime Ober-Postrath Dam bach namens der Justizkommission empfahl.

Justiz-Minister Schönstedt:

Meine Herren! Im Anschluß an die Bemerkungen des Herrn Referenten bitte ich, mir auch nur einige wenige Worte zu gestatten. Die schon von dem Herrn Referenten hervorgehoben worden ist, bat as vorliegende Gerichtskostengesetz wesentlich den Zweck, auf einem Febiet, auf dem außerordentlich große Verschiedenbeiten und Mannig⸗ altigkeiten bisher bestanden, eine Einbeitlichkeit des Rechts innerhalb Dreußens herbeizufũhren.

Es ist als ein nicht wänschenswerther und auf die Dauer nicht zträzlicher Zuftand angesehen worden, daß innerhalb der Monarchie n verschiedenen Provinzen dieselben Rechtsakte mit ganz verschiedenen Kosten belastet werden, sodaß die eine Provinz bevorzugt, die andere denachtheiligt erscheinen könnte. Das Gesetz hat aber nicht nur diesen red verfolgt, sondern es hat auch in Uebereinstimmung mit den Grundsãtzen, die in den letzten Jahren für andere Gesetze maßgebend zmwesen sind, erstrebt Entlastung der schwächeren Bevölkerungsklassen urch Ermäßigung der Kosten für geringere Objekte. Für Vormund⸗ Fafté. und Grundbuchsachen bat die Ermäßigung durchgeführt werden können bis zu Objekten von 4500 Allerdings ist es nicht möglich zeweser, die dadurch der Staatekasse entgehenden Einnahmen vollstãndig len zu lassen; es hat ein Ausgleich gesucht werden müssen in der Er⸗ Kbeng der Gerichtskosten für höhere Objekte, die dann aber auf leistungs. ibigere Schultern gelegt werden. Auch das entspricht der Auffassung,

die namentlich in diesem hohen Hause immer befolgt worden ist, daỹ

zie leistungefähigeren Schultern in erhöhtem Maße herangezogen erden müssen, als die ärmeren Kreise der Berölkerung.

Ich glaube deshalb, auch in dieser Richtung wird der Entwurf * Widerspruch nicht wohl begegnen. Es ist nun das Abgeordnetenhaus in wesentlichen Punkten weiter gegangen, * bat eine Reibe weiterer Kostenherabsetzungen beschlossen: um theil, wie bereits hervorgehoben, unter ausdrũcklicher Zustim⸗ mung der Staatsregierung, zum theil gegen gewisse Bedenken, zum

gegen ausdrücklichen Widerspruch der Staatsregierung.

Meine Herren, ich erkläre hiermit in Bestãtigung dessen, was be⸗ lt in der Kommission von den Kommissarien gesagt worden ist, daß Staate regierung darauf verzichtet, in irgend einer Richtung die Wie⸗ *terstellung der Regierungsvorlage in Anregung zu bringen, unter der Fraussetzung, daß nicht von anderer Seite eine weitergehende Herab— mg in Antrag gebracht und vom Hause beschlossen werden möchte. een. einen solchen Fall würde die Königliche Staatsregierung sich ihre ö e Entichließung vorbehalten müssen. fut Die Ermãßigungen, die im Abgeordnetenhause beschlossen wurden, ö an theil von sehr erheblicher, wenn auch nicht ganz genau zu ũber⸗ . Tragweite. Es ist mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit anzunehmen, z *. einen Theil der vom Abgeordnetenhause beschlossenen e m ein recht umfangreicher Ausfall eintreten wird für die

asse. Es wird, wie gesagt, davon abgesehen, in dieser Be—

ziebung eine Remedur herbeizufübren. Ich will bemerken, daß Kosten⸗ gesetze unter allen Umständen nicht überall sich einer freund. lichen Aufnahme erfreuen; sie theilen dieses Schicksal mit den Steuergesetzen, und es ist auch auf diesem Gebiet nicht möglich, allen Anforderungen und Wünschen gleichmäßig gerecht zu werden. Ich halte die Möglichkeit nicht für ausgeschlossen, daß auch in der Anwendung des beute zu Ihrer Berathbung stehenden Kostengesetzes in Zukunft Beschwerden werden erhoben werden, wie sie schon im Ab⸗ geordnetenhause in Aussicht gestellt worden sind von einzelnen Interessentengruppen. Trotz alledem darf uns das nicht abhalten, das Gesetz zu verabschieden. Möchten spätere Erfahrungen ergeben, daß die Anwendung des Gesetzes Unzuträglichkeiten oder Hãrten mit sich bringt, die nicht wobl ertragen werden können, dann wird die Königliche Staatsregierung immer sich bereit finden lassen, die bessernde Hand anzulegen. Ich balte es für im hohen Grade wünschenswerth, daß das Geseß jetzt underãndert zur Annahme komme damit eine Gesetzgebung, die vieljährige mühsame Vorarbeiten zur Veraussetzung gehabt hat und der es nur mit erheblicher Anstrengung gelungen ist, die von ibr erstrebte Einheitlichkeit und Gleich mãß igkeit auf dem Gebiete der Kostengesetzgebung zu erreichen, damit diese Gesetzgebung auch in der That heute zum Abschluß komme, und nicht etwa durch Beschließung neuer Aenderungen die Nothwendig⸗ keit herbeigeführt werde, das Gesetz noch einmal an das Abgeordneten⸗ baus zurückgeben zu lassen.

Von den Petitionen, die seitens des Herrn Referenten erwähnt sind, geht die eine, wie ich böre ausgegangen von rbeinischen Hausbesizern, dahin, die Ermäßigung der Kostensätze in noch böherem Maße auszudebnen, als die Regierungsvorlage und das Abgeordnetenhaus es bisher zugestanden baben. Solche Wünsche sind schon im Aobgeordnetenhause vorgebracht und lebhaft vertreten worden, haben aber dort keine Zustimmung gefunden. Es handelt sich um spezifische Interessen des rheinischen Grundbesitzes, dessen Verhältnisse allerdings etwas von denen der östlichen Pro— vinzen abweichen, insofern als der Grundbesitz dort in hohem Maße zersplittert ist, und deshalb Veräußerungen häufiger vorkommen, sodaß vielleicht unter Umständen die Kostenfrage dort lebhafter empfunden wir dwie anderswo. Ich möchte Sie aber bitten, auch hier sich auf den Standpunkt des Abgeordnetenhauses zu stellen und nicht auf Aenderungen in der angestrebten Richtung einzugehen, um so weniger als bestimmte Vorschläge, in welcher Richtung, welchem Umfange und welcher Art solche Aenderungen in das Gesetz einzu—⸗— fügen wären, nicht gemacht sind.

Eine Petition der Berliner Notare bat zum Gegenstand eine Erhöhung der Wegegebübren für Wechselproteste. Ich enthalte mich, in diesem Augenblick darauf einzugeben, und behalte mir vor, wenn die Sache bei der speziellen Berathung zur Sprache kommt, mich darüber zu äußern.

Das Haus trat sodann in die Spezialberathung ein.

Nach 576 Absatz 2 des Entwurfs soll für beglaubigte Abschriften oder Auszüge aus dem Handelsregister ein Zehntel der für die Eintragung der Firma erhobenen Gebühren, mindestens aber 1 6 erhoben werden.

Ober⸗Bürgermeister Struckmann hielt diese Gebühren für zu boch bemessen, besonders da in Prozessen die Zahlung der Gebühr öfter dem vrozessierenden Kreditnehmer zur Last fallen würde. Auch werde bäufig von den Richtern im Laufe eines Prozesses eine erneute Beglaubigung verlangt, wenn der Prozeß längere Zeit dauere. Er ersuche den Justiz⸗Minister, hier, wenn möglich im Verwaltungswege, Abänderung zu treffen.

Justiz⸗Minister Schönstedt:

Meine Herren! Den thatsächlichen Angaben des Herrn Ober— Bürgermeisters Struckmann kann ich in keiner Weise widersprechen. Die Gebübr für Bescheinigungen und Auszüge aus dem Handels register, die nach dem bestehenden Recht im Höchstbetrage sich ein—⸗ schließlich eines Stempels auf 3 M belaufen konnte, kann nach dem vorliegenden Gesetzentwurf unter Umständen, wenn es sich um größere Gewerbebetriebe, große Gesellschaften u. s. w. bandelt, eine Höhe von 10 erreichen, und ich geüe dem Herrn Ober⸗Bürger⸗ meister Struckmann auch das vollständig zu, daß diese Gebühr nicht immer den Inhabern derartiger Firmen und Gesellschaften zur Last fallen würde, sondern daß sie vielfach in Prozeßsachen dem unter⸗ liegenden Gegner, im Hypothekenverkehr dem Kreditnehmer endgültig aufgebürdet werden wird. Das kann allerdings zu erheblichen Be⸗ schwerden führen, und ich würde meinerseits nichts dagegen zu er— innern gehabt baben, wenn im Abgeordnetenhause eine Ermäßigung dieser Sätze beschlossen worden wäre. Daß das nicht der Fall ge⸗ wesen ist, berubt allerdings auf einem Versehen oder einem Miß— verständniß. Es war in der dritten Lesung ein entsprechender Antrag von dem Abgeordneten Hartmann gestellt worden, der dann von ihm zurückgejogen wurde. Er sollte von einem anderen Herren wieder auf⸗ genommen werden. Dieser hatte aber den richtigen Augenblick verpaßt und kam zu spät. Deshalb ist es dabei geblieben. Trotz alledem und obgleich ich anerkenne, daß eine Ermäßigung des Satzes nicht un— erwünscht wäre, möchte ich doch im allgemeinen Interesse Herr Struckmann ist ja damit einverstanden bei der jetzigen Geschäfts— lage bitten, davon abzusehen und die Bestimmung nicht zu ändern. Ihre Tragweite ist doch nicht so groß, wie es vielleicht scheinen könnte. In dieser Beziehung darf ich zunächst darauf aufmerksam machen, daß es einer solchen Bescheinigung über die Legitimation einer Firma überhaupt nicht bedarf, wenn die Sache bei demselben Gericht schwebt, wo auch das Handelsregister geführt wird. Da hat der Richter die Pflicht, sich durch Einsicht des Handelsregisters selbst die nöthige Kunde zu verschaffen. Im übrigen darf angenommen werden, daß im großen Hypothekenverkehr der Hypothekenbanken und sonstigen Kredit gesellschaften sich doch wohl Wege finden lassen werden, daß nicht für jeden einzelnen Fall die Gebühr erhoben wird. Es wird sich bei einer verständigen Geschäftsverwaltung erreichen lassen, daß diese Gesell— schaften eine Zahl von Akten zusammenkommen lassen, die dann zusammen mit einem für alle ausreichenden Attest aus dem Handelsregister dem Gericht überreicht werden. Die Praxis der Gerichte Herr Struckmann hat das auch er— wäbnt ist verschieden. Hier und da soll regelmäßig eine Bescheinigung allerneuesten Datums gefordert werden. Mir ist es in meiner Praxis nicht vorgekommen, daß ein Auszug aus dem Handelsregister, der etwa im Beginn eines Prozesses überreicht wurde, im sräteren Verlauf des Prozesses irgendwie beanstandet und, etwa im Falle einer Eidesleistung von dem Inhaber der klagenden Firma der Gesellschaft ein neues Attest gefordert worden wäre. Im Verwaltungswege in dieser Beziehung einzuwirken, würde allerdings

schwierig sein; denn es handelt sich da immer um Akte des erkennenden Richters, die sich der Beeinflufsung durch die Justiz verwaltung entrieben. Aber ich glaube, bei verständiger Erwãgung und vraktischer Handhabung der Geschäfte wird vielfach, wo gar kein Zweifel vorliegt, daß eine Aenderung in dem Bestande einer Firma eingetreten sei, der praktische Richter sich auch mit einem Attest älteren Datums begnügen und nicht darauf bestehen, daß ein für den Augenblick, für den Tag selbst ausgestelltes neues Attest über- reicht werde. Dies wäre ja auch praktisch undurchführbar, namentlich wenn es sich um eine auswärtige Firma handelt, wo ja immer Tage iwischen der Aasstellung des Auszugs und seiner Verlegung bei einem vielleicht weit entfernten Gerichte vergehen können, sodaß die Möglich⸗ keit einer inzwischen eingetretenen Aenderung auch hier gegeben wäre. Ich glaube also, in der Praxis wird sich die Sache nicht so gefãbrlich geftalten, wie es, vom rein theoretischen Gesichtspunkte aus betrachtet, vielleicht erscheinen könnte. ö

S8 23 verlangt für die Beaufsichtigung von Fidei— kommissen und Stiftungen jährlich nach dem Betrage des Vermögens 310 der Gebühren fuͤr gerichtliche Beurkundungen und Bestätigungen.

Herr von Wiedebach wünschte, daß eine wirkliche Beauf sichtigung stattfinde. Es seien Fälle vorgekommen, in denen das ganze Jahr bindurch keine Beaufsichtigung eingetreten sei; auch in solchen Fällen Gebühren zu verlangen, sei ungerecht.

JustiMinister Schönstedt:

Zu meinem Bedauern bin ich nicht in der Lage, eine bestimmte Erklärung in der von dem Herrn Vorredner gewũnschten Richtung abiugeben. Es läßt sich eben nicht genau definieren, worin die Be—⸗ aufsichtigung eines Fideikommisses bestebt. Vielfach kann es auch dem Fideikommißbesitzer so erscheinen, als wenn die Aufsichtẽbebõrde vollstãndig untbätig gewesen wäre und nichts gethan hätte, als die Aufftellung einer Kostenrechnung am Schluß des Jahres zu veranlassen, während vielleicht eine stille Thätigkeit stattgefunden bat, die nicht obne weiteres in die ãußere Erscheinung getreten ist. Im übrigen bezieben sich die Gebühren auf die Oberaufsicht im allgemeinen, die vielfach überhaupt nicht akten⸗ mäßig ist. Im Abgeordnetenhause war ein Antrag gestellt durch Herrn von Bülow; dieser Antrag wollte bestimmte äußere Voraus setzungen festgeftellt wissen, unter denen allein Gebühren zur Erhebung kommen sollten; es müsse wenigstens eine Verfügung erlassen sein im Laufe des Jahres. Man überzeugte sich aber, daß se⸗ äußere Merkmal auch nicht durchgreifend sein würde, man damit nicht weiter käme und der eigentliche Zweck, man zu erreichen wänschte, doch nicht erfüllt werde.

von fünf Zebntel auf drei Zehntel, also insoweit bat die Saris

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Staatsregierung auch in diesem Punkt ein weitgebendes E kommen bewiesen. Ich möchte bitten, es dabei zu belassen, we: ich die von Herrn ven Wiedebach gewünschte Erklärun außer stande bin.

Graf von der Schulenburg-Beetzendorf schloß sich den Ausführungen des Herrn von Wiedebach an.

Der Gesetzentwurf wurde in seiner Gesammtheit un— verändert angenommen, desgleichen der Entwurf einer Gebührenordnung für Notare gemäß dem Antrage der Justizkommission in der vom Abgeordnetenhause beschlossenen Fassung, und die zum Gerichtskostengesetz und zur Gebühren— 3 eingegangenen Petitionen wurden durch die Beschlußfassung für erledigt erklärt.

. Die Petition des Magistrats zu Schönsee wegen Er— richtung ein es Amtsgerichts daselbst wurde gemäß dem Antrage der Justizkommission der Staatsregierung als Material überwiesen.

Vom Grafen von Klinckowstroem war sodann, unter— stützt von zahlreichen Mitgliedern des Herrenhauses, folgender Gesetzentwurf beantragt:

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen ꝛc., verordnen mit Zustimmung der beiden Häuser des Landtags Unferer Monarchie für den Umfang derselben, was folgt: Artikel J. Der § 4 des Jagdpolizeigesetzt vom 7. März 1850 erhält hinter „Alle, anderen Grundstücke eines Gemeindebezirks, welche nicht zu den im S2 gedachten gehören, bilden der Regel nach einen ge⸗ meinschaftlichen Jagdbezirk folgenden Nachsatz: „ausgenommen sind die Grundstücke, insbesondere der Bahnksrper der Eisenbahnen, auf welchen die Ausübung der Jagd ruht. Auf Gifen— bahnterrain. verendetes (übergefahreneß ꝛc. Wild gehört dem Jagdberechtigten, dessen Jagdbezirk durch die Bahn Durchschnitten wird Bildet die Bahn die Grenze zwischen wei Jagdbezirfen, so gehört das Wild demjenigen, auf dessen Seite, von der Mitte des Bahnkörwers an gerechnet, das Wisd liegt. Artikel I. Dem 8 11 desselben Gesetzes wird am Schluß hinzu n Besitzer der Grundstücke von Eisenbabnen und Kunststraßen aben einen Anspruch auf diese Pachtgelder und Einnahmen nicht.“

Ferr von Alvensleben beantragte, in der Einleitung flatt der Worte für den Umfang derselben zu fagen: „für den Geltungs. bereich des Jagdpolizeigesetzeg vom 7. März 1850

Graf von Klinckowstroem: Nach einer Entscheidung des Ober ⸗Verwaltungsgerichts gehören die eifenbahnfiskalischen Grund? stücke, insbesondere auch der Bahnkörper, nicht zu den einen eigenen Jagdbezirk bildenden Grundstücken. Der Königkiche Eisenbahnfiskus hat nun verschiedene Klagen gegen Stadt und Landgemeinden an—

gestrengt: anzuerkennen, daß die n, ,, , insbesondere der

Bahnkörper, mit den übrigen Grundstücken des Gemeindebezirks, in dessen Grenzen der betreffende Theil des Bahnkörpers liegt, einen gemeinschaftlichen Jagdbezirk bilden. Ebenso verlangt Ter Eifenbahn— fis kus, an den Ertraͤgen der Jagdnutzung nach Verhältniß des von ihm besessenen Areals theilzunehmen. Nun sollen aber die Pacht⸗ gelder resp. Finnahmen der Jagd nach dem Gefsetz an die Besitzer derjenigen Grundstücke vertheilt werden, auf welchen die ge— meinschaftliche Ausübung der Jagd stattfindet. Da nun das Betreten des Bahntertains für Privatpersonen unter Strafe gestellt ist, können diese auf diesem Terrain auch die Jagd nicht ausüben. Da aber ohne Aenderung des Gesetzes das Ober. Verwaltungsgericht Die Ansprüche des Eisenbahnfiskus anerkennen müßte, bitte ich, unseren Antrag an⸗ zunehmen, und hoffe, daß die Regierung, wenn sie auch heute noch keine bindende Erklärung abgiebt, sich der Sache freundlich gegenüber? stellen wird. Es würden sonst zabllose Prozesse entstehen, zumal der Eisenbahnfiskus auch hinsichtlich der früher aus den Jagderträgen ge⸗ flossenen Einnahmen bis dreißig Jahre zurück klagbar werden könnte und dadurch Unzufriedenheit im Lande erweckt würde.

Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen:

Meine Herren! Ich bin nicht in der Lage, heute namens der Staatsregierung eine Erklärung auf den vorliegenden Initiativantrag abgeben zu können; dagegen möchte ich mir gestatten, an die Ausfüh⸗ rungen des Herrn Grafen von Klinckowstroem einige thatsächliche Bemer kungen anzuknüpfen. Meine Herren, der Herr Graf von Klinckowstroem hat schon darauf hingewiesen, daß der Eisenbahnfiskus außer dem eigentlichen Bahnkörper noch einen nicht unerheblichen Besitz an Grundstücken hat, welcher mit den Grundstäcken der übrigen Fluren