die Grporiprämie erst vom 1. Oktober rintreten ließe. Ich glaube aber, in dem jetzigen Stadium der Verathung ist eine solche Ver⸗ Rnderung nicht mehr möglich, da Tie Regierungsvorlage ganz andere Staffeln batte und ganz andere Bestimmungen für die Melasse⸗ brennereien. Ich kann also nur empfehlen, den Kommissionsbeschluß anzunehmen.
Hol befürwortet den Antrag Gamp. Wenn man das e det 8* 6. am 1. Juli in . —— lasse, werde die Hauptwirkung des Geseßzes für dieses Jahr verloren gehen.
Abg. Dr. Paasche ö für den Kommissionsbeschluß ein, Damit nicht für die Kartoffelbrenner ein Anreiz gegeben werde, ihre Diesjährige Kampagne möglichst früh zu beginnen und möglichst viel ohne Brennsteuer zu brennen.
Staatssekretãr des Reichs⸗Schatzamts Dr. Graf von Posa dows ky:
Meine Herren! Es handelt sich hier um einen Antrag Samp und Genossen; es ist eigentlich nicht Sache der verbündeten Regie- rungen, derartige Abãnderungantrãge zu vertheidigen; ich meine aber doch, eine Erweiterung, wie sie von dem Herrn Abg. Fischbeck vorgeschlagen, ist nicht unbedenklich aus den Gründen, die von dem Herrn Referenten bereits angeführt worden sind. Schon gegenüber dem Antrage Samy batte man das Bedenken, daß doch der Defraude ein weiterer Spiel raum eröffnet würde; es wurde aber gegen dieses Bedenken ein gewendet, daß in der Melassebrennerei genau festgestellt werden könne, wenn das Rohmaterial angekauft sei und welches Rendement dieses Roh⸗ material ergebe; man glaubte deshalb, sich gegen Defrauden im größeren Umfange schũtzen ju kõnnen. Bei den übrigen Brennereien liegt der Fall wesentlich anders. Hier ist die Kontrole schon wegen der vorkommenden Vereinigung von Hefenbrennereien, Brauereien u. s. w. auf einer Betriebsstelle wesentlich schwieriger. Aus dem Grunde kann ich meinerseits eine Erweiterung der Uebergangẽbestim · mung, die bisher nur bezüglich der Melassebrennereien vorgeschlagen wurde, nicht empfehlen.
Die Ziffer U des Art. N gelangt sodann in folgender Fassung zur Annahme: ;
Diejenigen Melassebrennereien, welche ver dem 22. März
1895 Melasse angekauft und den bieraus herzustellenden Brannt- wein durch einen vor dem 2. März 1895 abgeschlossenen Vertrag zur Lieferung bis zum 30. September 1895 veräußert haben, sind berechtigt, soweit die in der Zeit vom 22. März bis zum 1. Juli 1895 erzeugte Branntweinmenge hinter den verkauften Mengen e,, ist, den an den verkauften Mengen fehlenden Brannt⸗ wein zu den bisherigen Steuerbedingungen abzubrennen.“
Der Rest des Gesetzentwurfs wird ohne Debatte genehmigt.
Der von der Kommission vorgeschlagenen Resolution:
die verbündeten Regierungen zu ersuchen, gemäß dem §5 5
aha; des ö 14 Mai 18798 bahdigst Maßnahmen gegen die Verfälschung des Trinkbranntweins zu treffen“, stimmt das Haus zu. =
In der dritten Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Bestrafung des Sklavenraubs und des Sklaven⸗
ande ls verweist der ; h Abg. Molkenbubr (Soz.) auf den Artikel von Gottlob Adolf
Krause in der heutigen Nummer der Kreuz ⸗Zeitung“, in dem die Be—⸗ bauptung, daß in Toge Sklavenbandel getrleben werde, aufrecht er balten werde. Diese Vorlage werde der Sklaverei kein Ende machen; der Kauf ven Sklaven werde nicht nöthig sein, da die Nachkommen—⸗ schaft der Sklaven den Eigenthümern eine genügende Anzahl von Sklaven auch in Zukunft sichere. Die Schuldtnechtschaft bestehe in Togo ebenfalls in ausgedebntestem Maße. Er bitte, das Gesetz abiu⸗· lehnen und ein wirksames Gesetz für die nãchste Sessien zu verlangen.
Zu § 1 liegt ein Antrag Schmidt⸗Warburg (Zentr.) vor, wonach die Todesstrafe die Führer und Veranstalter von Sklavenraubzügen nur dann treffen soll, wenn der Tod einer der Personen, gegen die der Streifzug gerichtet war, dadurch „unmittelbar herbeigeführt ist.
Die Abbg. Dr. Hamm ache r (nl) und Dr. von Buchka (kons.) bekämpfen den Antrag, der mindestens überflussig sei. —ͤ
Staatssekretãr des Reichs⸗Justizamts Dr. Nie berding:
Meine Herren! Ich erkenne ja die gute Absicht des Herrn Abg. Schmidt, den Abs. 2 des Paragraphen zweifelsfreier zu fafsen, gerne an, muß aber gleichwohl, ebenso wie es Herr Abg. Dr. Hammacher gethan hat, Sie dringend bitten, das Amendement nicht anzunehmen, und jwar weil nach meiner Meinung tro der guten Ab⸗ sicht des Antragstellers die Tragweite des Paragraphen dadurch nicht klarer, sondern unklarer werden würde, als sie jetzt ist.
Ich will mich darauf beschränken, einen ganz entscheidenden Grund anzuführen, aus dem Sie nach meiner Meinung den Antrag nicht annehmen können. Dieselbe Fasfung, die dieser Paragraph in Absatz 2 anwendet und die bei dem Herrn Abgeordneten Zweifel erregt hat, findet sich bereits an zwei Stellen des Strafgesetzbuchs in durchaus ũbereinstimmender Weise; das ist einmal bei der Brandstiftung der Fall, wo ausdrücklich gesagt ist: Ist durch den Brand der Tod eines Menschen verursacht“, dann soll eine schãrfere Strafe eintreten. Und das ist ferner bei der Ueberschwemmung der Fall, wo es ebenfalls lautet: Ist durch die Ueberschwemmung der Tod eines Menschen verursacht, so“ — dann folgt die Androhung einer schãrferen Strafe. Nun, meine Herren, frage ich Sie, ist es möglich, daß die Gesetzgebung an dieser Stelle, wo sie nur rezipiert eine Faffung, die bereits unter ahnlichen Verhãltnissen im Strafgesetzbuch verwendet ist, diese Fassung ausdrücklich abändert? Muß dadurch nicht Verwirrung in die Rechtsprechung hineingetragen werden, und würde bei dem Richter, in dessen Sicherheit beim Judizieren der Herr Abgeordnete Zweifel setzt, dadurch nicht gerade eine Unsicherheit angeregt werden?
Ich bitte Sie: gerade im Interesse der Rechtssicherheit, lehnen Sie den Antrag ab.
Abg. Stadthagen (Sog) beantragt Verweisung der Vorlage an eine Kommission von 14 Mitgliedern.
Der Antrag Stadthagen wird abgelehnt, ebenso der Antrag Schmidt (Warburg) — Die Vorlage wird un— verändert in dritter Lesung angenommen. — ö.
Der Gesetzentwurf, betreffend die Kaiserlichen Schutz⸗ truppen für Südwest⸗Afrika und für Kamerun, gelargt nach dem Antrage der Kommission zur Annahme.
s folgt ,. Berathung der Nachtrags⸗EStats.
Abg. Bebel (Soz) bemängelt die orderung von 15 000 4 * Unterstützung der Bewohner der oftafrikanischen Schutzgebiete, die durch schreckenschwãrme in ar e Nothlage gekommen seien, a geringfũ ꝛ9— Redner erwähnt die e en, wonach Ober⸗ a , ke wegen eines Duells zu Festungshaft verurtbeist worden sei. Das Duell habe seine Ursache darin, daß Herr Gschte 1 durch eine vom Gouverneur angeordnete Reriflon des Gerichts beleidigt gesihn babe. Er frage, was gegen diesen ang e sei, und ob eg wahr sei, daß sich Herr Eschke auf dem Wege na Deutschland be⸗
de, 5 seine Festungshaft anzutreten. Wer bezahlt die Koften der
Bevollmächtigter zum Bundesrath, Direktor der Kolonial.
. eichsta Genaue
bei den Sozialdemokraten) im Verein mit dem
die
200 000
wie in Deutschland, Lage, nach den
den Bezicken binzureisen, um die Leute ju unterstützen. um
tbeil ist der Nothstand an der Küste, wo wit zu helfen in der Fage
sind, tbeilweise aber auch im Innern, wo man nicht binreisen kann
und wo sehr große Expeditionen erforderlich wären. Wir können nur
dasjenige thun, was möglich ift und nur an den Plätzen, die zu ãnglich
sind. Im übrigen nehme ich von der Anregung des Abg. Bebel mit
561 Kenntniß, und ich werde davon vielleicht schen im nächsten abre Gebrauch machen und das Haus um größere Mittel zur Unter-
stũtzung der Arbeiter bitten ; ; ;
. 169 Bebel (Soz.: Wir sind jederzeit bereit, Nothleidende zu unterstützzen. Was den Direktor Dr. Kapser betrifft, se hätte er mir dankbar sein müssen, daß ich ihm Gelegenheit gegeben habe, die un- richtigen Darstellungen uber den Duellfall richtig zu stellen. stelle fest, daß das Duell zugegeben ist und daß der oberste richterliche Beamte in der Kolonie, der über die Gesetze ju wachen hat, selbst das Beispiel des Bruchs der Gesetze gegeben hat. Das ist charak teristisch für Deutschland; ebenso, daß der Direktor Dr. Kayser nicht ein Wort der Entrüstung darüber gebabt, sondern nur konstatiert hat, es sei der erste Fall. Angebracht wäre es, daß die Duellanten nach Deutschland zitiert werden und die Kosten der Reife tragen müffen, damit dadurch die Strafe noch verschärft wird.
Die ., werden darauf ohne weitere Debatte in zweiter Lesung angenommen.
Das Haus vertagt sich vor Berathung der Wahl⸗ prüfungen. ‚
Naͤchste Sitzung: Freitag 11 Uhr. (Wahlprüfungen. Dritte Lesungen der Branntweinsteuer⸗Novelle, des Zucker⸗ steuergesetzes, des Gesetzes über die Schutztruppe und der beiden Nachtragẽ Etats)
3 Vorschlag des Abg. Dr. von Bennigsen werden noch die Petitionen der Militärinvaliden und Krieg s⸗ kombattan ten und auf . Abg. Sin ger die Prüfung der Wahl des Abg. öller (Dortmund) auf die Tagesordnung, an deren erster Stelle die dritten Lesungen stehen, gestellt.
Schluß 6 Uhr.
Prenßischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 70. Sitzung vom Mittwoch, 22. Mai.
. den Beginn der Sitzung ist vorgestern berichtet worden.
Auf der Tagesordnung stand zunächst die zweite Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Bewilligung von Staats mitteln zur Verbesserung der Wohnungsverhältnisse von Arbeitern, die in staatlichen Betrieben be⸗
schäftigt sind, und von gering besoldeten Staats-
beamten.
Die Kommission, welcher der Entwurf zur Vorprũfung überwiesen war, beantragte, 5 3 dahin abzuãndern, daß nicht eine zangemessene Verzinsung“, sondern eine möglich st an⸗ gemessene Verzinfung“ die Voraussetzung des Baues sein soll, im übrigen aber den Entwurf underändert anzunehmen.
Vom Abg. von Kölichen (kons) wurde der Antrag auf Zurückverweisung des Entwurfs an die Kommifsion gestellt.
Ab Bued nl) sah keine Veranlafsung, die Vorlage in die Kemmisfion zurückzuberweisen. Die von der Kommifffon vor⸗ geschlagene Aenderung bat er, nicht zu acceptieren; doch machte er seine Stellung zum Hesetz nicht davon abhängig, ob das Wort möglichst ! ftehen bleibt oder nicht.
Finanz Minister Dr. Miquel:
Meine Herren! Ich glaube, daß der Herr Abg. Bueck die Be⸗ denken des Herrn Abg. Gothein im wejentlichen vollstãndig widerlegt bat; ich möchte nur noch einige Bemerkungen hinzufügen. Die Frage, ob hier sich der Weg der Anleihe empfiehlt, oder das Bedurfniß, ange messene Wohnungen zu mãßigen Preisen fũr die Arbeiter im Staatsbetrieb herzustellen, im Wege des Etats zu befriedigen ist, ist schon bei der ersten Lesung von mir berährt worden. Meine Herren, dergleichen Sie mal, was die großen Unternebmer thun. Sie decken die Ausgaben für ihre Arbeiterwohnungen keinegwegs allein, nur in sehr seltenen Fällen, durch die laufenden Mittel des Betriebs, sondern wenn in größerem Stile für die Arbeiter Wohnungen gebaut werden sollen, sind fie auch genäthigt, Anleihen aufzunehmen, und können das mit gutem Gewissen thun, wenn eine an⸗ gemessene Verzinsung der Anleihe in Auzsicht genommen wird. Genau so liegt es hier beim Staat. Wenn wir diese Wohnungen gewissermaßen den Arbeitern umsonst geben wollen, indem wir glaubten, dadurch vielleicht eine Ermäßigung der Lohne zu erzielen, so würde Herr Gothein ganz Recht haben. Aber wir nehmen in Aussicht, daß das Kapital, welches wir hier in die Arbeiterwohnungen stecken, eine mäßige Verzinfung erzielt. Der Weg der Anleihe an sich ist daher wohlberechtigt, aber er hat den großen Vorzug, daß wir mittels einer Anleihe in die Lage kommen, sofort in erheblicher Weise wirk- sam einzugreifen. Obendrein bei der gegenwärtigen Lage unserer Finanzen ist es vollkommen gleichgültig vom Finanistandpunkt aus, ob wir den Weg einer Anleihe wählen oder nicht. Denn selbst wenn wir die betreffenden Beträge in den Etat aufnebmen, wird unser Defiit, das wir ja auch durch Anleihen zu decken haben, nur um so größer.
Meine Herren, ich ziehe auch als Finanz⸗Minister den Wen de Anleihe hier vor, weil ich gerade erreichen will, daß di⸗ Auegaben die wir bier für die Arbeiterwohnungen machen, a6 angemessene Rente bringen; es soll nicht schenkweise à fonds pern gegeben werden. Ich bin überjeugt, daß wir den Arbeiten und kleinen Beamten in staatlichen Betrieben schon eine große Veh. that erweisen, wenn da, wo es überhaupt an geeigneten Wobnungen fehlt, solche hergestellt werden, und zweitens, wenn etwa eine Ver
insung von nur 300 vom Staat gefordert wird, während bei den
Privatunternehmungen eine erheblich größere Verzinsung erforderlich wird. Dag ist an und für sich schon eine sebr große Wohlthat.
Gerwiß bat der Herr Abg. Gothein Recht, wenn er sagt, die Ver wendungszmecke sind sehr dehnbar, aber sie müssen debabar sein, well die ganjze Wobhnungsfrage eine Lekalfrage ist Was an dem einen Orte sich empfiehlt, ist an dem anderen Orte vollständig Man kann zweckmäßig in dem einen Orte das Villensystem anwenden und dahin streben, die kleinen Wohnungen in das Eigenthum der Arbeiter übergeben zu lassen, in anderen Orten ist man unbedingt auf das Kasernensystem angewiesen; das hängt rein von den Umstãnden ab, man kann darũber kein Prinzip aufstellen. Wer sich mit der Wohnungt frage beschãftigt hat, kann und wird das nimmermehr bestreiten. In manchen Fällen ist es sogar für die Arbeiter bedenklich, an die Scholle ge, bunden zu werden durch einen eigenen Besitz; die nothwendige Frri⸗ zügigkeit der Arbeiter, dabin zu gehen, wo die Verhaltniñe günstigere sind, wo der Lohn für sie günstiger ist, wird bãuftz in einer erheblichen Weise beschränkt. Das Miet he verbãltnij namentlich wenn der Staat Eigentbümer der Wohnung it ist sicher genug für ordentliche Arbeiter, daß ein wirklich bãusliche Leben, eine Wohnlichkeit in der Wohnung, die Neigung derselben durch gute Möbel und sonstiges Ausschmücken in vollem Maße die Wohnung zu verschönern, garantiert wird, auch wenn die betreffenden Arbeiter nicht Eigenthümer sind —; das sind alles lokale Fragen und deswegen müssen die Bestimmungen auch dehnbar sein. Die ganze Sache liegt aber in der Ausführung. Sie können nicht durch Paragraphen in dieser Beziebung eine verstãndige Verwaltung binden oder hemmen.
Meine Herren, diese 5 Millionen Mark sind allerdings ein Ve such, ein erster Anfang. Ich hoffe persönlich, daß die Sache sich noch weiter entwickeln wird, und die Herren werden ja jedenfalls darũber einen ausführlichen Bericht bekommen. Der Landtag wird ja seine Meinung darüber äußern, und die Regierung wird sich, wenn sie nach der Meinung des Landtags verkehrt gegangen ist, reformieren. Also ein wirkliches Risiko geht der Landtag nicht ein, wenn er den Versuch mit. den 5 Millionen der Staatsregierung gestattet.
Nun meinte der Herr Abg. Gothein, die Sache wäre doch nicht so eilig, in diesem Jahre könne der Staat überhaupt nicht mernr bauen. Das kann ich durchaus nicht zugeben; wir können sehr woll noch in diesem Jahre bauen, dazu bedarf es garnicht solcher grozer und schwieriger Vorarbeiten. Wo, wie namentlich bei de Eisenbahnverwaltung, die Sache besonders dringend ist, die Pläne vorliegen, häufig sogar der Grund und Boden der Verwaltung iur Disposition steht, da, hoffe ich, wird allerdings noch in diesen Jahre gebaut und ein großer Theil dieser fünf Millionen in nũtzlicher und ersprießlicher Weise bis zum Abschluß dieses Gtats jahres bereitz verwendet werden. Da wäre es doch bedauerlich, wenn wir nmz lediglich auf eine Resolution beschränkten.
Der Herr Abg. Gothein kam dann auf die Frage der Einrichtunz der Wohnungen und meinte, es sei nothwendig, durch ein Wohnungẽgescʒ namentlich in sanitãrer Beziebung bessere Kautelen zu schaffen. Ich stinnm⸗ ihm da völlig bei, ich halte ein solches Wohnungsgesetz, wie es ja in der⸗ schiedenen Staaten Deutschlands schon besteht, für ein dringendes Se—= dürfniß. Aber so lange wir dasselbe nicht haben, ist doch die beßt Garantie für die Arbeiter, wenn der Staat selber baut. Wenn Sie der Staatsregierung nicht zutrauen, daß sie gesunde, jweckmäßie Wohnungen herstellt, die dem Bedürfniß der Arbeiter entsprecher, dann mäüssen Sie die ganze Summe überhaupt nicht bewilligen weder hier noch im Etat; aber ich glaube, eine solche Befürchtanz brauche ich kaum zu widerlegen. Die Hauptsache wird sein, daß ir Wohnungen in größeren Gebäuden verschiedener Art einrichten: Wohnungen, bestehend aus einer Küche und einer Kammer, Wohnunger, bestehend aus einer Küche und zwei Kammern, und auch noch für die besfer situierten Arbeiter eine Autwahl besserer Wohnungen. Da kan⸗ man garnicht schablonisieren.
Eine große Hauptsache nach meinen Erfahrungen wird sein . dafür liefert der Staat doch auch die natürliche Garantie — des zweckmäßige Hausordnungen in solchen Gebäuden zur Anwenden kommen, welche eine prompte Ordnung, am besten durch einen der im Hause wohnenden älteren Arbeiter oder Beamten gewäãhrleisten: sie ist Voraussetzung eines gedeihlichen Zusammenwohnens.
Herr Bueck kam auf die Frage der Bauprämie. Ick muß i zugeben, daß mit dem Grundgedanken dieses Gesetzes, daß bestinmnate Summen für Herstellung von Wohnungen verwendet werden solles, wo die Miethen einigermaßen nicht bloß die Unterbaltungskosten a sonstigen Ausgaben decken, sondern auch eine mäßige Verzinsung eder der Begriff der Bauprämie nicht recht in Einklang stebt. Ich meine aber, man wird davon nur ganz ausnahmzweise Gebrauch machen. Es lassen sich aber Fälle denken, wo sie jweckmäßig der⸗ wendet wird. Ich fär mein Theil und, ich alacke auch meine Kollegen würden nicht sehr beunruhigt semn, wenn dies Wort Bauprämie überhaupt gestrichen würde. Wer wenn Sie es stehen laffen, würden auch nicht große Ulebelstände der⸗ entstehen; denn ich glaube, wir sind ja darin einig, daß in die sem bier vorliegenden Gesetz solche Bauprämien nur in seltenen fallen gewährt werden dürfen. Ich glaube, damit könnte wahl der Herr Bueck nach dieser Richtung hin sich beruhigen.
(Schluß in der Zweiten Beilage]
zum Deutschen Reichs
3 123.
Zweite 8eilage nzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.
1895.
na
(Schluß aus der Ersten Beilage.)
Meine Herren, in der Presse hat man sich über diese Vorlage gewundert, man hat sogar gesagt, das sei doch ein rein soʒialistischer Schritt, wenn der Staat dazu überginge, für die Arbeiter Wohnungen berzustellen. Wenn das schon Sozialismus ist, daß der Staat das jenige nachholt, welches viele Privatunternehmer sowohl im Groß⸗ grundbesitz als auch in der Industrie in ausgiebiger Weise bereits getban haben, dann ist das freilich eine sehr eigenthũmliche Art von Definition des Sozialismus. Meine Herren, wir wissen ganz genau, daß die große Wohnungsfrage nicht durch diese 5 Millionen gelõft werden kann; aber diese großen sozialen Fragen können überhaupt nicht mit einem Schlage gelöst werden; da müssen Tausende kleine Bãche zusammen⸗ fließen, um einen Fluß zu bilden, und daß wir hier auf dem rechten Wege sind, daß wir eigentlich nur eine Schuld erfüllen, die der Staat vielleicht schon früher hätte erfüllen können, die aber früher vielleicht noch nicht in der jetzigen Dringlichkeit hervorgetreten ist: darin, bin ich überzeugt, wird das Haus mit mir übereinstimmen. (Bravo h
Abg. von Kölichen (kons.): Wir wünschen die Zurũckverweisung des Gesetzentwurfs an die Kommission, weil uns die Garantien zu seblen scheinen, daß die Wohnungen auch dauernd billig an die Ar⸗ beiter vermiethet werden, und daß den Arbeitern Gelegenheit geboten wird, selbst Gebäude zu erwerben, die nicht weiter veräußert werden dürfen. Aehnlich liegen die Verhältnisse bei den Eisenbabnbeamten.
Minister für Handel und Gewerbe Freiherr von Berlepsch:
Meine Herren! Die Regierung kann ja keinen Einspruch da⸗ gegen erheben, wenn das Haus den Wunsch hat, das Gesetz nochmals einer Kommission zu überweisen. Eine Nothwendigkeit dafür scheint mir aber nicht vorzuliegen. Die Regierung hat die Bestimmungen bezüglich der Darlehne in so allgemeiner Fassung in das Gesetz aufgenommen, weil sie der Meinung ist, daß Kautelen, die für erforderlich gehalten werden, besser im Wege der Verwaltung getroffen werden als durch gesetzliche Bestimmungen, die mõglicher, weise dahin führen, daß überhaupt von den Bestimmungen des Gesetzes kein Gebrauch gemacht werden kann. Wenn beispielsweise, wie beantragt ist, eine Bestimmung in das Gesetz aufgenommen würde, daß Darlehne nur an solche Personen gegeben werden dürfen, die sich ausdrücklich verpflichten, das Haus niemals an andere Personen als an Arbeiter oder Beamte der betreffenden Werke zu verãußern, so kann der Fall eintreten, daß der Eigenthümer des Sauses aufs empfindlichste geschädigt wird. Es kann der Fall eintreten, daß der betreffende Betrieb, zu dem der Arbeiter gehörte, eingestellt wird. Das kann sowohl bei der Eisenbabn⸗ derwaltung wie bei der Bergbauverwaltung vorkommen. Dann ruht die gesetzliche Verpflichtung auf dem Hause, nur an Arbeiter des Betriebs, der eingestellt ist, verkauft werden zu dürfen. So, wie der Antrag in der Kommission gestellt ist, ist es meines Erachtens nicht zu machen. Derartige Schwierigkeiten werden sich aber immer ergeben, wenn man versucht, ins einzelne gehende Bestimmungen in das Gesetz aufjunehmen. Wenn die Versicherung von der Staatsregierung gegeben wird, daß sie in derselben Weise dafür sorgen wird wie bisher, daß die Häuser nicht an fremde Besitzer übergehen dürfen, — wenn über diese Be⸗ stimmung Uebereinstimmung zwischen dem Hause und der Re⸗ gierung vorhanden ist, dann ist es doch wohl nicht nöthig, das Gesetz zu ändern. Wenn etwa das Haus auf dem Weg gehen wollte, die Bauprämien aus dem Gesetz ganz zu streichen, so würde meines Erachtens auch die Bergwerksverwaltung keinen Widerspruch dagegen zu erheben brauchen. Wir sind ja in der Lage, auf Grund der Mittel, die Sie uns in dem Etat gewãhren, das System der Bauprämien und der Baudarlehne fortzusetzen, und wir würden uns in Bezug auf die Verwendung des hier in Nede stehenden Fonds wesentlich auf die Errichtung von Mieth häusern beschränken müssen. Wird aber die Anrechnung der Bauprãmien vorgenommen, dann sind meines Erachtens die Bedenken, die gegen den 5 4 geäußert worden sind, noch weniger erheblich, und ich möchte deshalb dem Hause zur Erwägung anheim geben, ob es nicht, wenn ein Antrag dahin gestellt wird, das Wort „Bauprämien“ zu streichen, denselben annehmen und auf weitere FKtommissionsberathungen verzichten will.
Abg. Gerlich (frkons.): Wir stimmen dem Antrag axf Zurück⸗ derweisung bei. Ziel und Wege der Vorlage find noch nicht genau Enug umschrieben. Die 5 Millionen lege ich allerdings ver⸗ trauens voll in die Disposition der Regierung. Das Gesetz ist nicht sozialistisch, fondern wird derartigen Aspirationen Mntgegenwirken. Sehr erfreut sind wir, daß mit diesem
onds, die Regierung in die Lage kommt, der großen Arbeits⸗ Ysigkeit abzubelfen, und es wäre nür zu wünschen, daß auch auf dem Gebiet des Eisenbahnbaues, des Klein bahnbaues ebenfo energisch vor⸗ gangen würde. Mit dem Fonds könnte gerade der Errichtung von
rbeiterkolonien auf dem Lande Vorschub geleistet und die Kon⸗ lentration in die großen Städte etwas gehemmt werden.
Abg. von Kölichen zog hierauf seinen Antrag zurück.
Abg. Dasbach Zentr) nahm indessen den Antrag wieder auf. Das Zentrum halte die Frage, die die Kommission nur in einer ein- en Sitzung berathen habe, noch lange nicht für geklärt. Eine
srettirẽ müsse in das Hesetz hineingearbeitet werden. Auch habe ich die Kommision nicht für Kafernenbauten erwärmt, die der Minister van, Herlepsch heute als Regel hinstelle. Die Bauprämüien follten nicht in Fortfall gebracht, sondern noch ausgedehnt werden.
Finanz- Minister Dr. Miquel:
⸗ Meine Herren! Der Herr Vorredner sagt, das hätte gar keine Gefahr, daß die Arbeiter an fremde Nichtarbeiter verkauften; wenn sie mal wegziehen oder das Haus nicht mehr benutzen könnten, dann würden sie entweder an ihre Kollegen verkaufen, oder beispielsweise iin Bergarbeiter an einen Hüttenarbeiter. Hat er darin Recht, dann ist der Antrag, die Sache wieder an die Kommission zu verweisen, han unnöthig; dann kann die Sache fo bleiben, wie sie hier liegt, aß man diese Dinge der Verwaltung überläßt und nicht in das eseß schreibt. Ich sage im voraus: wenn Sie die Sache wieder an e Kommission verweisen und solche Spezialbestimmungen in dat
esetz schreiben wollten, so werden sie entweder in den meisten Fällen
Berlin, Freitag, den 24 Mai
nicht passen, oder aber die Kommission kommt unverrichteter Sache wie auch diesmal zurück. Sie können diese Bestimmungen nicht im Gesetz fixieren. Beispielsweise steht hier in dem Antrage, der in der Kommission gestellt wurde:
Baudarlehen sind namentlich an solche Genossenschaften zu ge⸗ währen, welche die von ihnen zu bauenden oder zu erwerbenden Wobnhãuser als unverãußerliches Gesammteigenthum aller Genossen behalten und dieselben alsdann ganz oder theilweise zum Selbst⸗ kostenpreis ihren Mitgliedern lebenslänglich zur Nutznießung üũber⸗ lassen.
Das ist ja ein Gedanke, der sehr vielfach erörtert worden ist und in manchen Lokalitäten passen würde, aber gerade da nicht passen wird, wo man, wie der Herr Vorredner mit Recht annimmt, sofern die Möglichkeit vorliegt, dem Villensystem den Vorzug giebt. Dieser ganze § 46 ist nur in bestimmten Städten überhaupt anwendbar. Der Verfasser der betreffenden Schrift — ich kann den Namen nicht finden — (Zuruf: Stolv ) Stolp hat diesen Gedanken hauptsãchlich propagiert, und es liegt wirklich ein fruchtbringender Gedanke darin, aber es ift wohl nur da möglich, wo im Kasernenstil gebaut wird; Sie können darüber keine gesetzliche Direktive geben. Wenn der Herr Vorredner — ich weiß nicht, ob er das aus meiner Aeußerung ber⸗ geleitet hat — von einer besonderen Vorliebe für das Kasernensystem spricht, so habe ich in der ganzen Debatte von einer solchen Vorliebe nichts gehört. Aber in den großen Städten, da wenden Sie mal das Villenspstem an, da werden Sie sehen, welche Preise man den Arbeitern abfordern muß. Ob Sie in den großen Stãdten Villen bauen oder gar keine Wohnungen, das ist für den Arbeiter vollkommen das Gleiche. ¶ Sehr richtig h Ich komme immer wieder darauf zurück: die Sache ist so elaftisch zu halten, es ist die Frage lokaler Natur, welche Beschrãnkung man den Arbeitern auferlegen muß im Interesse des Staats, im Intereffe des Betriebs; das ist eine rein lokale Frage. Wenn Sie Beschränkungen in das Gesetz schreiben wollen, müssen Sie noch ganz andere Bestimmungen bineinfũügen. Beispvielsweise würde ich dann sehr großes Gewicht darauf legen, daß man sich die gewerblichen Betriebe ansiebt, die in diesen Häusern betrieben werden dürfen. Wenn vor einen Schacht eine Schänke gestellt wird und das der Eigenthümer des Haufes bew. derjenige, der das Darlehn gegeben hat, nicht verhindern kann, so können daraus die größten Uebelstãnde entstehen.
Das siad alles Erwägungen des einzelnen Falls. Nun frage ich, sind denn aus dem bisherigen Berfahren der Staatsregierung so⸗ wobl in der Eisenbahn⸗Verwaltung als in der Bergwerks. Verwaltung Unzutrãglichkeiten entstanden, sind Fãlle angeführt, wo man nicht genũgend die richtige und zweckentsprechende Benutzung dieser mit Staatshilfe ge⸗ bauten Wohnungen bat kontrolieren können? Das ist doch gar nicht der Fall. Der Abg. Dr. Gerlich sagt, man gebe bier der Staats- regierung ein Pauschquantum. Sind die Millionen, die im Etat stehen, nicht auch Pauschauantum? In dieser Beziehung ist nicht der geringste Unterschied, nur daß wir hier eine Rente bekommen, einen mäßigen Zins, dort nicht. Wir haben doch nicht bei der Berathung des Eisenbahnetats jedes einzelne Wohnhaus und den Bauplan dafür vorliegen. Sie haben auch hier der Staatsregierung die Art, ob Prämien, ob Baudarlehen, ob eigenen Bau, vollständig in die Hand gegeben. Also in dieser Beziehung liegt kein besonderes Bedenken vor. Ich möchte dringend bitten, namentlich mit Rücksicht auf die vorgerückte Session, aber auch mit Rücksicht darauf, daß es der Wunsch ist, das Gesetz möglichst bald zu verabschieden, weil wir aller⸗ dings die Absicht haben, noch in diesem Jahre zu wirklichen, that⸗ sächlichen Bauten überzugehen, den Antrag auf Zurückverweisung in die Kommission, der nun wieder aufgenommen ist, abzulehnen.
Minister für Handel und Gewerbe Freiherr von Berlepsch:
Ich habe den Worten des Herrn Finanz⸗-Ministers nur wenige Bemerkungen hinzuzufügen. Der Herr Abg. Dasbach hat wesentlich auf zwei Punkte hingewiesen, von denen der eine durch den Herrn Finanz ⸗Minister bereits Widerlegung gefunden hat. Er hat nämlich seine Besorgniß beseitigt, daß der Staat dazu übergehen könne, das System der Kasernenbauten bei den Arbeiterwohnungen vorzugs⸗ weise einzuführen. Meine Herren, die Bauten, die jetzt in Frage stehen, werden sich ja wesentlich nicht in den großen Städten befinden, sondern vielmehr außerhalb der Städte in der Nähe der Betriebestätten. Da ist der Kasernenbau an sich in keiner Weise wünschenswerth, und so ist es auch gekommen, daß da, wo wir bisher Arbeiterwohnungen zum Vermiethen gebaut und errichtet haben, niemals das System der Kasernen zur Anwendung gelangt ist. Wir ziehen unbedingt das Zweifamilienhaus mit einer Zwischenwand zwischen beiden Wohnungen und mit besonderen Eingängen jeder anderen Bauart in der Bergverwaltung — und wohl auch in den anderen Verwaltungen — vor, aber da, wo die Preise des Grund und Bodens, der Baumaterialien zu hohe sind, wäre es doch wirklich unverständig, bei dem Zweck, den Arbeitern billige Wohnungen zu geben, nicht zu einem System überzugehen, was dies erst möglich macht. Außerhalb der großen Städte wird die Verwaltung nicht dazu übergehen, mehr als Vier oder Achtfamilienhäuser zu bauen. Wir haben in Staßfurt eine Reihe von Häusern gebaut und vermiethet, und dort ist das Vierfamilienhaus dasjenige, welches zweckmäßig ist. Wollten wir dort bei dem theueren Grund und Boden bei dem Zweifamilienhaus bleiben, so wäre das ganze Spstem der Vermiethung unmöglich; dann würde man eben dazu übergehen müssen, Wohnungen zu bauen, die dem Arbeiter umsonst oder gegen so geringe Entschädigung vermiethet werden, daß von Miethe keine Rede mehr wäre. Also ich glaube, der Herr Abg. Dasbach braucht in dieser Beglehung sich keiner Befürch⸗ tung hinzugeben.
Sein zweiter Wunsch war, die Frage der Prämie noch einmal zu untersuchen. Er war nicht dafür, die Prämie im Gesetz fallen zu lassen; er meinte, neben der Bergverwaltung, wo vielleicht ein autgedehnterer Gebrauch von ihr gemacht werden könnte, gäbe es auch andere Betriebe, wo man zweckmäßig Prämien verwenden könne.
Meine Herren, gewiß, es giebt wahrscheinlich auch andere Betriebe, aber warum wollen Sie denn dieses System der Prãmienverleihung nicht in den Etat verweisen? Das muß man doch zugeben, daß die Prämie eine. Ausgabe ift, die sich nicht verzinst. Dieses Gesetz ist ausdrücklich darauf basiert, daß eine Anleihe aufgenommen wird, die sich in mäßigem Betrage verzinsen soll, und das ist doch nur möglich, wenn man vermiethet oder darleiht und nicht Geschenke giebt. Also wenn wir erklären: wir sind vollständig einperständen mit dem Herrn Abg. Dasbach, und ich glaube mit der Mehrheit dieses Hauses, daß das System der Prämienverleihung sich durchaus bewährt hat, wenn wir entschlossen, sind, wo wir bisher damit vorgegangen sind, daran festzuhalten; dann, glaube ich, können Sie sich dabei beruhigen; denn Sie haben es in der Hand, bei jeder Etats— berathung die Prämienfrage zu erörtern und die Staatsregierung zu ermutbigen, auf dem Wege fortzuschreiten und event. höhere Forde— rungen wie bisher einzuftellen. Ich habe mit dem Herrn Finanz— Minister die Ueberzeugung, daß, wenn Sie die Vorlage nochmals in die Kommission verweisen, die Neigung, Direktiven zu geben, so weit geben wird, daß wir eine Reihe von Bestimmungen bekommen, die nachher in der Praxis sich als unmöglich erweisen und die Anwendung dieser Wohlthat so einschränken, daß sie schließlich nicht mehr als Wohlthat wirkt, oder Sie werden, geschieht das nicht, mit der jetzigen Vorlage der Kommission wieder vor das Haus treten. Ich bitte Sie daher, es bei der allgemeinen Bestimmung des Gesetzes zu belassen. Ich kann Sie auch nur bitten, nachdem der Antrag seitens der konservativen Partei zurückgezogen ist, eine Kommissionsberathung nicht zu beschließen.
Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen:
Auch vom Standpunkt meines Ressorts kann ich nur den dringenden Wunsch haben, daß das hohe Haus die Zurückverweisung an die Kommission ablehnen möge. Ich werde im wesentlichen von denselben Motiven geleitet wie meine beiden Herren Amtsgenossen, ich möchte aber noch besonders hervorheben, daß in meinem Ressort die baldige Ausführung von Arbeiterwohnungen, namentlich in der Nähe von Werkstãttenbetrieben ein dringendes Bedürfniß ift, und daß, wenn die Zurũckverweisung an die Kommission erfolgt, jedenfalls damit eine Verzögerung der Ausführung des Gesetzes von mindestens 6 Wochen eintritt, und dann allerdings die Gefahr naheliegt, daß, wie der Herr Abgeordnete Gothein ausführte, in diesem Jahre die Herstellung von Arbeiterwohnungen nicht stattfinden könnte.
Auch möchte ich hier konstatieren, daß bei der Eisenbahn— verwaltung ebensowenig eine Vorliebe für den Bau von Arbeiter kasernen besteht. Arbeiterkasernen werden naturgemäß in der Regel nur in der Nähe von großen Städten am Platze sein und dort wird die Herstellung derselben zweckmäßigerweise den Baugenossenschaften überlassen event. unter Beihilfe der Arbeiterpensionskassen und eventualissime unter Beihilfe des Staats. Daher hat die Eisenbahnverwaltung eigene Wohnungen fast ausschließlich nach dem Villensystem gebaut und ist dabei im Großen und Ganzen sehr gut gefahren und bat sich dabei der Zustimmung der Arbeiter, an die diese Wohnungen vermiethet sind, in hohem Maße zu erfreuen gehabt · Ich bitte daher, die Zurückverweisung an die Kommission ablehnen zu wollen.
Abg. von Eynern (al.): Wir haben die Vorlage mit großer Freude begrüßt, weil der Staat als Arbeitgeber damit einer Ver pflichtung nachkommt, die andere Arbeitgeber schon lange erfüllen. Spezialbestimmungen über den Bau, die Einrichtung und Benutzung der Wohnungen in das Gesetz aufzunehmen, halte ich für unzweckmäßig. Es ist unmöglich, hierfür bestimmte Formeln aufzustellen, ebensowenig wie die Frage, wo Prämien zu be⸗ willigen sind, vorber entschieden werden kann. ÜUm über diese Schwierigkeiten hinwegjukommen, ist es gut, die Bauprämien zu streichen. Der Herr Finanz- Minister bat sich bisher immer gesträubt, Anleihen zu produktiven Zwecken aufzunehmen. Ich erinneré nur an die Sekundärbabnen. Ich freue mich, daß er sich jetzt zu unseren Anschauungen bekehrt bat.
Finanz⸗Minister Dr. Miquel:
Meine Herren! Auf daß bier keine Legende entsteht, (Heiterkeit) möchte ich doch ein vaar Worte hierauf erwidern. Ich habe schon vor Jahren ausgeführt, daß der Staat nützliche Unternehmungen vor⸗ zugsweise in den Zeiten machen soll, wo die Privatindustrie nicht über⸗ mäßig angestrengt ift, die Materialien billig, die Löhne niedrig sind. Meine Herren, ein solcher Grundsatz liegt so auf der Hand, daß man kein Weiser zu sein braucht, um ihn zu proklamieren; nichtsdestoweniger haben alle diese Dinge ihre natürlichen Grenzen. Wenn hier Herr von Eynern beispielsweise von einer halben Milliarde sprach, die ohne weiteres zu Eisenbahnbauten verwendet werden sollen, so lehrt uns das Beispiel Frankreichs, wohin der grand plan des Herrn Freycinet geführt bat: man ist mitten in der Sache stecken geblieben. In allen Dingen muß man Maß halten und namentlich in den Finanzen. (Heiterkeit. Zuruf links: Steuern! Wenn wir in diesem Jahre 51 Millionen verbauen für Eisenbahnen, erheblich mehr als im Vorjahre, wenn dazu kommen 9 Millionen, die in den Etat eingestellt sind für Vermehrung von Betriebsmitteln und früher im Anleihegesetz steckten, so macht das 60 Millionen; wenn daneben der Eisenbahnbau im Tertiärbahnwesen sich erheblich er⸗ weitert, wenn die Zahl der Sekundärbahnen, die noch eine Aussicht auf eine angemessene Rente darstellen, sich vermindert von Jahr zu Jahr, — so glaube ich, können die Herren sich für dieses Jahr nicht beklagen. Ich werde mit den Herren in jedem Fall darüber sprechen, wenn es sich um bestimmte Summen handelt; im Grundsatz sind wir ja vollkommen einverstanden. Aber ich betone immer: die Frage der Verwendung von Staatsmitteln muß allein aus den Interessen des Staats und der Allgemeinheit entnommen werden. Verwendungen des Staats können deswegen nicht rationell sein, weil sie einzelne Industriezweige beschäftigen, die Arbeit bedürfen. Wohl ist es richtig, daß die Interessen meistens zusammenfallen, daß der Staat sich zu einem solchen Unternehmen eher entschließen wird, wenn auch für ihn eine billige Konjunktur besteht, und daß er so in solchen Zeiten, wo die Industrie wenig sonstige Beschäftigung hat, derselben in einer