1895 / 124 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 25 May 1895 18:00:01 GMT) scan diff

ist mit einem Hauptbild von Israels Die Ankerträger“, dem Selbst⸗ bildniß des Altmeisters ferner mit Werken von Jakob und Willem Maris, Bisschop, ter Meulen, Tholen, de Bock, Sande⸗Backhuyzen 2c. auch verschiedener junger Künstler vertreten. Von Belgiern haben Kbnopff, Courtens, Frederick, Leempoels, Lurxten und andere sehr interessante Werke gesandt, zu denen nach Schluß des Champ de Mars⸗Salons noch weitere hinzukommen werden. Für eine gute Repräsentation Frankreichs sind die Aussichten sebr günstig, da die dr des Champ de Mars nur bei der Sezession ausstellen werden.

Wie . W. T. B. aus London meldet, hat Ihre Majeftät die Königin Viktoria aus Anlaß ihres gestrigen Geburtstages dem Schauspieler Henry Irving, dem Schriftstelle Walter Besant, dem Dichter Lewis Morris und dem Kriegsberichterstatter Howard Russel den Titel Knight“ verliehen.

Die Académie des inscriptions et belles lettres“ in Paris hat, wie . W. T. B. meldet, Herrn Professor Theodor Mommsen zu ihrem auswärtigen Mitglied gewählt.

Land⸗ und Forstwirthschaft.

Saatenstand in Dänemark.

Die Wintersaaten haben sich, begünstigt durch die milde

Witterung der letzten Wochen, kräftig entwickelt; der Weizen stebt fast

überall befriedigend, während der gern des Roggens, namentlich

in einzelnen Gegenden Jütlands, zu wünschen übrig läßt. Die Be- stellung der Sommersaaten ist überall beendet.

Theater und Musik.

Königliches Schau spielhaus. Im Königlichen Schauspielhause fand gestern eine Auf— führung von Goethe's Egmont statt, in welcher Herr Moxitz Zeisler vom Residenz⸗Theater zu Hannover in seiner jweiten Gast— rolle als Schreiber Vansen auftrat. Herr Zeisler besitzt eine hohe Begabung zum Charakterschauspieler; er verstand es, ein lebenswahres und fesselndes Charakterbild zu schaffen und den wichtigen Volksscenen Leben zu verleihen. Das Publikum folgte seiner Darstellung mit lebhaftem Interesse und spendete ihm reichen Beifall.

Im Königlichen Opernhause gelangt morgen Wilbelm Kienzl's musikalisches Schauspiel Der ECvangelimann? unter Kapell⸗ meister Weingartner's Leitung zur Aufführung. Die Damen Pierson, Goetze, die Herren Sylva, Bulß treten auf. Am Montag tritt Frau Marcella Sembrich als Rosine im Barbier von Sevilla“ auf. Die übrigen Rollen sind wie folgt besetzt: Almaviva: Herr Sommer, Figaro: Herr Bulß. Basilio: Herr Mödlinger, Bartolo; Herr Schmidt, Marzelline; Frau Lammert. Kavellmeister Wein⸗ gartner dirigiert. Frau Marcella Sembrich singt als Einlage Variationen von Proch. Hierauf folgt das Ballet Die Puppenfee*. Iwm Königlichen Schauspiel hause beginnt morgen die siebente Gesammt, Aufführung von Friedrich Hebbel's Nibelungen mit dem ersten Theil „Der gebörnte Siegfried! und „Siegfried's Tod“ Die Befetzung ist die nachstebende: Siegfried: Herr Matkowsky. Krimhild: Fräulein Poppe, Brunhilde: Fräulein Lindner, Hagen Tronje: Herr Molenar, Güntber: Herr Arndt, Velker: Herr Keßler, Kaplan: Herr Kahle. Der erste Theil der MNibelungen' gelangt morgen zum 25. Mal zur Aufführung. Am Montag folgt Krimhild's Rache“ (. Die Nibelungen‘, zweiter Theil) mit folgender Besetzung: Etzel: Herr Ludwig, Dietrich von Bern: Derr Nesper, Hildbrant: Herr Kahle, Rüdiger: Herr Klein, Gudrun: rãulein Sauer.

Im Deutschen Theater tritt morgen Abend Agnes Sorma zum letzten Mal vor den Ferien auf; gegeben wird Shakespeare's TLuftspiel Der Wiyerspenstigen Zähmung“. Nachmittags gehen Die Weber in Scene, die auch am Montag sowie Sonnabend Abend gespielt werden. Am Dienstag kommt neu einstudiert Molisre's Komödie. Der eingebildete Kranke in Verbindung mit dem neuen Schauspiel in zwei Scenen Zwei Wittwer? von H. Eßmann zum ersten Mal zur Aufführung. Dieselben Stücke werden am Freitag, als 36. Abonnements⸗Vorstellung, wiederholt. Am Mittwoch wird die Tragikomödie Das Lumpengesindel , am Donnerstag „Der Talis. man mit Josef Kainz als König Astolf gegeben.

Im Berliner Theater wird Nuscha Butze am Dienstag als Magda in Hermann Sudermann z Schauspiel Heimath“ auftreten, um sich sodann am Freitag in Lessing'‚z Minna von Barnhelm“ zu verabschieden. Der weitere Wochenspielplan ist folgendermaßen fest⸗

estellt worden: Montag und Mittwoch Madame Sans⸗Gene“, onnerstag: Der Go non, Sonnabend zum ersten Mal: Richard Jaff és Schauspiel Das Bild des Signorelli—. Für die morgige Nachmittagsvorstellung ju volkstbüm lichen Preisen ist zHeimath! mit Nuscha Butze als Magda angesetzt, während morgen bend Adolph L Arronge's Lustsriel Der Compagnon“ nach längerer Pause wieder zur Darstellung kommt.

Ein Lessing⸗Theater werden die beiden Novitäten Flirten“ von. Clara Ziegler und Drei“ von Max Dreyer morgen, am Dien tag, Donnerstag und Sonnabend wiederholt. Am Montag findet die letzte Aufführung von Madame Bonivard' in dieser Saison statt. Am Mittwoch wird „Der Herr Senator wiederholt, während am Freitag Hermann Sudermann's Komödie Die Schmetterlin geschlacht in den Spielplan wieder aufgenommen wird.

Am Mittwoch, den 29. Mai, Abends 38 Uhr, findet im Saal Bechstein eine musikalische Aufführung der bekannten dramatischen Stilbildungsschule des Professors Julius Hey statt, in welcher aus⸗ schließlich Opern Fragmente zur Aufführung gelangen. Einladungen für diese Aufführung sind in der Hof⸗Musikhandlung von Ed. Bote u. G. Bock, Leipzigerstraße 37, vom 27. Mai ab erhaltlich.

Mannigfaltiges.

Kaum zu einer anderen Zeit des Jahres zeigt die Flora und damit auch die Flora des Botanischen Gartens einen solchen Reichthum an blühenden Formen, besonders aber auch an schön blü—⸗ benden Formen, als gerade jetzt, wo die Frühlingsflora zum theil noch erhalten ist, und die Frühsommerflora sich zu entfalten beginnt. Auf dem Monocotvlenstück', wo wir die ersten Frühlingsboten, Crocus, Schneeglöckchen, Sꝑillen u. a. m. bewunderten, sind jetzt nach deren Verschwinden andere Formen aufgetreten, welche an Schönheit kaum hinter jenen zurückstehen. Den reizenden kleinblüthigen Seilla⸗ arten des Frühlings sind ig andere gefolgt mit großen blauen, weißen oder rosagefärbten Glocken; in großer Zahl zeigt sich das auffallende Muscari comgꝗsum, dessen oberste, unfruchtbare und schopf⸗ artig zusammengedrängte Blüthen in starkem Kontrast zu den unteren fruchtbaren Blüthen stehen. Sehr bald werden auch die Jrisarten k 6 ) zur Blüthe gelangen, welche jährlich diesem Stück zur esonderen Zierde gereichen.

In ibrer prächtigsten Entwicklung finden wir im Botanischen Garten aber jetzt vor allem die Alpenpflanzen, denen hier eine ganz besonders aufmerksame Pflege zu theil wird. Und so treffen wir auf der Alpenanlage (deren Besichtigung jeden Montag und Donnerstag von 4 bis 7 Uhr allgemein gestattet ist denn auch eine große Zahl jener Arten, welche in ihrer Heimath nur in großen Höhenlagen ge— deihen, und von denen man noch vor ganz kurzer Zeit eine Kultur in der Ebene für ganz unmöglich gehalten hätte. Nur wenige werden es richtig zu schätzen wissen, welche Müben es erfordert und wie aus— gedehnte Reisen unternommen werden müssen, um alle diese lieblichen Vertreter der Alpenflora hier zusammenzuschaffen, damit dem Laien ein Bild von dem Zusammenleben jener interessanten Pflanzen ermöglicht und dem Studierenden Gelegenheit geboten wird, sie in lebendem Zustande zu untersuchen, ihre Verwandtschafts⸗ verhältnisse zu erforschen oder ihre Anypassungserscheinungen zu studieren. Und wenn dann diese Pflanzen halbvertrocknet und vielfach verletzt infolge der langen Reise von ihren klimatischen Standorten hier eintreffen wie sorgfältig müssen sie ge— pflegt und gehegt werden, bis sie kräftig zu wachsen beginnen und auf ibre der Natürlichkeit möglichst nachgeahmten Standorte versetzt werden können! In trockenen, fast humuslosen Felsritzen oder auf den sterilen Felsvorsprüngen wurzeln die Edelweißftöcke, deren dicht grau⸗ weiß bebaarte und allgemein für Blüthen gehaliene Blüthenstände sich soeben zu entfalten beginnen und sehr deutlich zeigen, daß sich bei geeigneter Kultur und bei vassendem Standort diese Pflanze in der Ebene nicht oder kaum anders verhält als im Hochgebirge, und nur dann ganz unmerklich vergrünt oder vergeilt, wenn sie zu tiefgrün⸗ digen und zu fruchtbaren Boden angewiesen erhalten hat. In dichten, vorzüglich gedeihenden Büschen, von ihren feuer⸗ rothen Blüthen fast bedeckt, zeigen sich überall die beiden Alpenrosen⸗ arten unserer Hochgebirge in ihrer vollen Schönheit. In der dichten Grasnarbe der Alpengräser treten die großen, tiefdunkelblau leuchtenden Blüthenkelche der Enzianarten hervor, stellenweise öffnet zu ganzen Herden zusammenstehend die Alpenaster ihre schönen Blüthen, oder wir bewundern die durch ihre Größe, die satte dunkelviolettrothe 1 und den herrlichen Geruch ausgezeichnete Alpennelke. Ganze

n sind bedeckt mit den interessanten Steinbrecharten (Saxifraga), deren Blätter am Rande mit Kalkerkretionen bedeckt sind und deren

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Zu dem Schülerrudern um den . Seiner Majestãt des Kaisers und Königs baben nunmehr neun höhere Lehranstalten Berlins 13 Bęeote angemeldet. Es werden an dem Wettkampf tbeilnehmen das Friedrich Wilbelms⸗Symngsium, das Leibniz ⸗Symnastum, daz Königliche Luisen⸗Gymnasium, ferner vier Realgymnasien und' zwar das Andreas · Realgymnasium, das Friedrichs Realgymnasium, daz Königstädtische und das Luisenstädtische Realgymnasium, außerdem die Friedrichs Werdersche Ober ·Realschule und die erste Realschule

Der unter dem Protektorat Ihrer Majeftät der Kaiserin Friedrich stebende Verein für Kinderbeilstätten an den deutschen Seeküsten bielt gestern Abend im Herrenbause unter dem Vorfitz des Wirklichen Geheimen Ober Regierungs⸗Raths Dr. Rösing feine 15. Generalbersammlung ab. Dem vom Vorsitzenden erstatteten Be⸗ richt zufolge hat der Verein im letzten Jahre in seinen vier Hospizen 1385 kranke Kinder verrflegt, 81 mehr als im Vorjahre und 23 mehr als im Jahre 1392. 446 der Kinder waren aus Berlin, d. h. Sh mehr als im Vorjahre. Die Gesammtzahl der Verpflegungstage betrug 49 77. die Gesammtzahl der verabfolgten Bäder 24 1564 (7749 waren davon warme Bäder). Die Betriebs kosten betrugen 154 374 66, davon wurden 131 752 durch die gezahlten Pflegegelder gedeckt. Am besuchtesten ist das große Kaiserin Friedrich⸗Hosriz in Norderney gewesen: es zählte S09 Pfleglinge, darunter 95 Pensionäre; da der Besuch des Pensionatz erheblich zurückgegangen ist. will man das Knabenpensionat in ein Madchen. pensionat verwandeln. In Norderney war auch eine Winterkur eingerichtet die von 149 kranken Kindern benutzt wurde (gegen 1063 Kinder im Vorjahre). Das Friedrich Franz ⸗-Hospiz in Groß⸗Muritz zählte 275 Pfleglinge, darunter 171 Mädchen. Das Hospiz in Wyk auf Föhr, das von 27 Kindern besucht war, mußte wegen einer Diphtberitiz. epidemie vorzeitig geschlossen werden. Der Besuch des Hospizes in Zoppot litt unter der Ungunst der Witterung und gang von 10 auf 84 zurück. Die Heilerfolge waren im allgemeinen recht gute. Wesentlich unterstützt wurde die Thätigkeit des Vereins durch den unter Vorsitz der Frau Geheimrath Leyden stehenden Frauenverein, welcher für 324 Kinder die Pflegegelder zahlte. Der Braunschweiger Zweigverein sorgte für 55, der Dresdener Zweigverein für 59 Kinder. Der Oldenburger Zweigverein endlich widmete sich vor allem der Fürlorge der Kinder während der Reise. Der von Herrn Banguier Oppenheim erstattete Kassenbericht wies eine Einnahme von 171 358 M und eine Aus⸗ gabe von 170 397 auf; es verblieb ein Baarbestand von 25 124 4 gegen 22 183 4 im Vorjahre. Die Bilanz pro 31. März 1895 schloß in Aktiven und Passiven mit 911 004 6 Der Etat für das neue Jahr wurde mit 184 00 in Einnahme und 161 226 4 in Ausgabe festgesetzt. An Stelle des verstorbenen Stadtraths a. D. Röstel trat neu in den Vorstand Stadtrath Dr. Max Weber⸗Char⸗ lottenburg.

Dem Stadtverordneten ⸗Vorsteher Dr. Lang erh ans wurde heute, an seinem 75. Geburtstage, durch eine Deputation der Stadt- verordneten Versammlung eine Glückwunsch⸗Adresse überreicht

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)

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rbericht vom 25. Mai 8 t Morgens.

westlichen Frankreich fanden Gewitter statt. Ab⸗ kühlung demnächst wahrscheinlich.

Gast .) vor den Ferien.

Deutsche Seewarte.

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Bar. auf Gr. u. d. Meeressp.

Stationen. Wind. Wetter.

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50 C. 40 R.

Temperatur

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Belmullet. 1 baus. Aberdeen. Christiansund Kopenhagen. Stockholm. Savaranda . 6 wolkig Moskau.. 1 wolkenlos Cork Queens⸗ .

3 beiter

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Swinemünde Neufahrwasser .

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Karlsruhe ö.

frieds Tod. Anfang 75 Ubr.

Ignaz Kollmann. Gaul.

1 wolkenlos 4 bedeckt 3 Regen I bedeckt

Schauspielbhaus. lungen. lungen von Dritte

Theater ⸗Anzeigen.

Königliche Schanspiele. Sonntag: Dvern— 134. Vorstellung. Musikalisches Schauspie

Leopold Florian Meißner erzählten wahren Begebenheit, von Wilhelm Külenzl. setzt vom Ober⸗Regisseur Tetzlaff. Dekorative Ein⸗ richtung vom Ober. Inspektor Brandt.

Kapellmeister Dr. Muck. Anfang 7 Uhr.

un. Ein deutsches Trauerspiel in 3 Abtheilungen Friedrich Hebbel. Ober ⸗Regisseur Max Grube. tung vom Ober⸗Inspektor Brandt. Erste Abtheilung: Vorspiel in 1 Aufzug. Zwelte Abtheilung: Sieg Ein Trauerspiel in

Montag: Opernhaus. Barbier von Sevilla. 2 Aufjügen von Gioachimo Rossini. Dichtung nach Beaumarchgis, von Cesar Sterbini, übersetzt von

mimisches Ballel⸗Divertissement von eit d

y n n, 1 ö arcella Sembrich, Königlich ãngerin, als Gast.) Anfang 7 . 42

Ein deutsches Trauerspiel in 3 Abthei⸗ Friedrich Hebbel.

Weber. 75 Uhr: Zähmung. Montag: Die Weber.

. . , in 2 Aufzügen, nach einer . hen Berliner Theater. Sonntag, In Scene ge Dirigent:

Die Nibe⸗

Dienstag: Heimath.

140. Vorstellung. In Scene Flirten. Anfang 795 Ubr.

gesetzt vom Montag: Madame Bonivard.

Dekorative Einrich⸗ Erster Abend. Der gehörnte Siegfried. 5 Aufzũgen.

135. Vorstellung. Der

Komische Oper in Fenntag:

Carl Zeller. Regie: Herr Fredy.

Die Puppenfee. Panto-

Anfang 74 Uhr.

In Scene gesetzt Montag: Der Obersteiger.

(Rosine: Frau Neues Theater.

141. Vorstellung. Die Nibe⸗ Direktors Joss

Zweiter Abend. in 3 Akten na

reitag: Der Revisor. Letzte Vorstellung

Deutsches Theater. Sonntag, 25 Uhr: Die Der Widerspenstigen

Dienstag; Zum ersten Male: Zwei Wittwer. Neu einstudiert: Der eingebildete Kranke.

23 Uhr: Hei⸗ math. 73 Uhr: Der Compagnon. Montag: Madame Sans⸗Géne.

Lessing Theater. Sonntag: Drei. Vorher: Dienstag: Drei. Vorher: Flirten.

Friedrich Wilhelmstädtisches Theater. Cbausseestraße 25 26. Der Obersteiger. 3 Akten von L. Held und M. 2 irigent: Kapellmeister Dahms. Ermaͤßigte pre e pur

Schiffbauerdamm 42. /5.

Sonntag: Ensemble . Gastspiel der Mitglieder des Carl Schultze Theaters (Hamburg) unter Leitung des erenczy. Tata⸗Toto. Bilhaud und Barrs von Victor

Theater nter den Linden. Behrenstr. 35 57. Direktion: Julius Fritzsche. Sonntag: Die ledermaus. Komische Operette in 3 Akten nach keilbae und Halévy bearbeitet von C. Haffner und Rich. Gense. Musik von Johann Strauß. Diri⸗ gent: Herr Kapellmeister Ferron. Anfang 7 Ubr. Montag: Die Fledermaus.

Zentral Theater. Alte Jakobstraße Nt. 30.

Sonntag: Zum 22. Male: Unter artistischer Leitung des Herrn Adolf Brakl vom Königl. Gärtner vlatz Tbeater in München; Figaros bei Hof. Rococo) Operette in 3 Akten Inach Beaumarchai⸗ Memoiren) von Bohrmann Rieger. Musik von Alfred Müller. Norden. Anfang 73 Uhr.

Montag: Figaro bei Sof.

ö / Familien⸗ Nachrichten.

Verlobt: Freiin Helene von Bodenhausen mit Hrn. Prem. Lieutenant Fritz von Krosigk Lebusg Potsdam). Gräfin Helene von Seckendorff mil Hrn. Wilhelm Frhrn. von Gaertner (Char- lottenburg Marienhöhe). .

Verebelicht? Hr. Lieutenant Frhr von Wiltzech mit Frl. Hesse (Glogau). Hr. Diakonus Paul Konrad mit Frl. Hildegard Mewes (Breslau).

DPr. Regierungs⸗Baumeister Ernn Progaskv mit

Frl. Elisabeth Schmula (Krappitz OS.

Geboren: Ein Sohn: Hin. Amterichter Schneider (Grünau, Mark).

Gestorben: Hr. Julius Frbr. von Bret lau. = Fr. Marie ben Borch, geb. Zinc (Berlin). Hr. Kammerherr Rudolf Frhr. don Buddenbrock. Sttlau (Berlin). Fr. Landschaftẽ.

Dperette in Musik von

Siegroth

Vaudeville

Serie g siete e.

3 Gestern Vormittag Gewitter.

Uebelr sicht der Witterung.

Der Unterschied des höchsten und niedrigsten Luft— drucks über Europa beträgt kaum 10 mm. Gin barometrisches Maximum liegt auf dem Ozean west. lich von den Britischen Inseln, während über Frank. reich und Deutschland der Luftdruck verhältnißmäßig am niedrigsten ist. In Deutschland ist das Wetter bei meist schwacher Luftbewegung theilweise beiter, an der Küste vielfach neblig, die Temperatur außer in den westlichen Gebietstheilen über dem Mittel. werthe; an der ostpreußischen Küste ist ziemlich viel Regen gefallen, zu Königsberg 9 mm. Im west— deutschen Binnenlande, sowie im zentralen und nord⸗

; 4 Kriemhilds Rache. Ein Trauerspiel in 5 Aufzügen. Anfang 75 Uhr.

Opernhaus. Dienstag: Der Ring des Nibe⸗ lungen. Zweiter Abend: Siegfried. Mittwoch: Bajazzi. Karneval. Donnerstag: Auf Aller⸗ höchsten Befehl: Die Tochter des Regiments. Karneval. (Frau Marcella Semhrich als Gast.) Anfang 8 Uhr. Freitag; Don Juan. (Donna Anna: Frl. Reinl, vom Stadt Theater in Düsseldorf, als Gast. Sonnabend: Der Ring des Nibe⸗ lungen. Dritter Abend: Götterdämmerung. Anfang 7 Uhr. Letzte Vorstellung vor den Ferien mit aufgehobenem Abonnement.

Schauspielhaus. Dienstag: Die Journalisten. (Fräulein Clara Meyer und Herr Zeisler als Gäste)

Won und F. Zell. Musik von Antoine Bansg. In Scene geseßt von Joss . Dit igent: Kurt Goldmann. Anfang 7 . e,, m. (35. Abonnements Veorstellung): Tata⸗ 0 D. Dienstag und folgende Tage: Tata ⸗Toto.

Residenz Theater. Blumenstraße Nr. 9. Direktion: Sigmund Lautenburg. Sonntag: Letzte Sonntags. Vorstellung. Fernand s Eherontratt.

n 1a patte.) Schwank in 3 Akten von Georges evdeau, in deutscher Bearbeitung von Benno

Mittwoch: Halali. Die stille Wache. Donners tag: Natalie. (Natalie: Frau Clara Meyer als

geobson. Anfang 74 Uhr. Montag und folgende Tage: Fernand s

Rath Bertha von der Wense, geb. Gräßin don der Schulenburg a. d. S. Wolfsburg (Weblen rode) Hr. . Oscar von Wasie lem li nige bers li. D m Gre Hauptmans s. D. Sugo Gusovius (Wiesbaden).

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Verantwortlicher Redakteur: Siementoth in Berlin. Verlag der Expedition (Scho l) in Berlin. Drug der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagi⸗· Änftalt Berlin S)., Wil helmstraße Nr. 32.

Neun Beilagen

Eherkontrakt.

leinschließlich Börsen· Beilage).

zum Deutschen Reichs⸗Anz

M 124.

8

Deutscher Reichstag. 99. Sitzung vom Freitag, 24 Mai.

ö den Beginn der Sitzung ist gestern berichtet worden.

Auf der Tagesordnung steht . die dritte Berathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend Aenderung des Branntweinsteuergesetzes vom 24. Juni 1887. Nach dem Abg. Grafen von Kanitz erhält das Wort der

Abg. Liebermann von Sonnenberg (Refp): Die Aus fübrungen des Abg. Grafen von Kanitz kann ich unterschreiben. Die Mehrjahl meiner politischen Freunde wird nach der Streichung des Art. [La der Vorlage zustimmen. Die Befürchtung, daß die Speku . lation von dem Gesetze Vortheil zieben werde, ist ja gewiß berechtigt; aber es ist nun einmal nicht möglich, die jüdische Spekulation ganz zu verhindern. Darum lege ich auch den Angriffen der Abgg. Singer und Genossen auf die Börse keine Bedeutung bei. Wenn die Firma Guttmann das, was die Herren hier zur Sprache gebracht haben, übel genommen hat, so werden andere dafur dankbar sein. Erst bei der Berathung des in Aussicht gestellten Börsengesetzes wird es sich zeigen, ob sie ibre Angriffe in der That ernstlich gemeint haben. Wegen dieser Furcht vor der Spekulation können wir aber den kleinen Brennereien die Wohlthat, die das vorliegende Gesetz für sie doch mitbringt, nicht versagen. Wir fürchten auch nicht, daß durch das Gesetz der Trinkbranntwein unverhältnißmäßig theuer werden könnte. Zum Schluß will ich nur noch hervorheben, daß unsere Zustimmung zum Gesetz nicht einen Verzicht auf die weitere unentwegte Ver— folgung unseres Zieles, den Mittelstand vor dem Verderben zu schuützen, bedeutet. ; .

Abg. Dr. Meyer - Halle (fr. Vgg.): Der Abg. Graf von Kanitz hat im wesentlichen zwei Bedenken gegen das Gesetz geltend gemacht. Das erste gründet sich darauf, daß, wenn er jetzt dieses Gesetz nach Hause trägt, man annehmen könnte, er sei befriedigt. Dieses Bedenken erscheint mir gegenstandslos, denn G6zur Rechten) Sie werden nie in diesen Verdacht kommen. Selbst wenn der Antrag Kani durchginge, würden neue Forderungen auftauchen, zufrieden werden Sie nie sein. Das zweite Bedenken, welches der Abg. Graf von Kanitz äußerte, gipfelt darin, daß auch nach seiner Ueberzeugung diefes Gesetz im wesentlichen nur dem Großgrundbesißer Vortheil bringen wird, für den kleinen Bauernstand aber nicht segenbringend ist. Dieses Bedenken kann ich dem Abg. Grafen von Kaniß leider nicht nehmen. Ich beschränke mich darauf, festzustellen, daß dieses Bedenken auch auf jener Seite besteht und halte es für richtig. Ich glaube in Uebereinftimmung mit dem Abg. Grafen von Kanitz, daß durch dieses Gesetz die Unzufriedenheit des kleinen Landwirths nicht gehoben werden wird. . können unsere Bedenken nicht, wie der Abg. Graf von Kanitz es thut, beseitigen, sondern werden auf die Vorlage mit. Nein⸗ antworten. Diese Bedenken aber bestehen kurz darin: es werden durch das Gesetz neue Belastungen geschaffen, die nicht den Bedürftigen zu gute kommen werden; es werden die Taschen der einen geleert, ledig- lich, um die Taschen der anderen zu füllen; es handelt sich nicht um eine Unterstũtzung der gesammten Landwirthschaft, sondern nur eines Theils derselben, und zwar des größeren Grundbesitzes. Der Reichs Schatz ekretãr wünschte neulich in der Lage zu sein, jedem einzelnen Industrie⸗ weig Hilfe zu bringen. Wenn man es als die Aufgabe des Staats betrachtet. den Nothleidenden Hilfe zu bringen, so sind eigentlich die Sozialdemokraten die allein Konsequenten. Sie verlangen wenigstens für jeden die Hilfe in gleicher Weise, der Staatssekretär Dr. Graf von Posadowsky aber will sich die Kreise aussuchen, denen er zu Hilfe kommen will. Den Nutzen, den diese Kreise haben werden, kann man ziemlich ziffermäßig ausrechnen, aber den Schaden, welcher Ungezählten zugesügt wird, werden wir weniger klar zu sehen be— kommen. Ich bin der Ueberzeugung, daß die Zeit kommen wird, in der die Febler der heutigen Wirthschaftspolitik korrigiert werden. Es wird eine sehr ernsthafte Korrektur sein, darauf können Sie (zur Rechten) sich verlassen. . . .

Abg. Dr. Paasche al): Ich muß meinem Bedauern darüber Ausdruck geben, daß der Abg. Graf von Kanitz hier mit einer solchen agitatorischen Rede hervorgetreten ist. Meinen politischen Freunden ist es durch dieses Vorgehen schwer gemacht, an dem Kompromiß fest⸗ zubalten, der zum Zweck des Zustandekommens dieses Gesetzes ge⸗ schlofsen ist. Meine volitischen Freunde haben sich gerade deshalb für die Vorlage erklärt, weil von seiten der Regierung und anderer mit Entschiedenheit betont worden ist, das Gesetz sei eingebracht worden, um der nothleidenden Landwirthschaft zu helfen. Der Abg. Graf Kanitz erklärt nun, daß das Gesetz den kleinen Grundbesitzern den Bauern nichts nützen werde. Wir bleiben trotzdem dabei, daß das Gesetz für einen großen Theil der Landwirthschaft, auch für die kleinen und mittleren Landwirthe, Vortheile bringen wird. In dieser Auf⸗ fassung lassen wir uns auch von dem Abg. Grafen Kanitz nicht irre machen. Wenn er der Regierung Vorwürfe darüber macht, daß sie nur das Zucker und Branntweinsteuergesetz eingebracht hat, so stimme ich in diese Vorwürfe nicht ein, obgleich auch wir mit der Empfindung des Bedauerns nach Hause gehen, daß nicht mehr zu stande gekommen ist. Der Abg. Graf Kanitz erklärte, es müsse bald etwas zur Rettung der Landwirthschaft geschehen, und bat seinen Antrag wiederum em⸗ pfohlen. Wir haben diesen Antrag in der Kommission auf das sorg⸗ fältigste berathen. Die Regierung kann dech nicht über den Kopf der Kommission binweg den Antrag zum Gesetzentwurf gestalten. Wenn wir mit fast leeren Händen heimgehen, wöher kommt das? Zumeist daber, daß die Bänke auf der Rechten bei den wichtigsten Verhandlungen fast stets sehr leer waren. Meine politischen Freunde sind bereit, weiter zu tagen und zu berathen. Daß der Abg. Graf Kanitz schwere Vor⸗ wäürfe gegen die Regierung erhoben hat, bedauere ich lebhaft, nament⸗ lich deshalb, weil diese Vorwürfe von jener Seite kommen. Der- artige Vorwürfe müssen die Autorität der Regierung, der Regierung Seiner Majestät des Kaisers erschüttern. Die Herren auf der Rechten betonen stets ihre monarchische Gesinnung. Ich zweifle an dieser nicht, aber wenn man diese Gesinnung bei jeder Gelegenheit in den Vorder⸗ grund stellt, so sollte man sich auch der Pflicht bewußt bleiben, die Regierung nach Kräften zu unterstützen. . ; Abg. Richter (fr. Volkep.): Die Herren auf der Rechten möchte ich doch gegen den Vorwurf in Schutz nehmen, daß sie agitatorisch vorgehen. Der Abg. Dr. Paasche ist in der Zuckersteuerfrage ebenso agitatorisch verfahren, wie der Abg. Graf Kanitz in anderen Fragen. Feststellen will ich aber die Erklärung des Abg. Grafen Kanitz, daß das Gesetz nur dem Großgrundbesitz nützen werde. Die Regierung kann einzelnen n e e e . nur dadurch helfen, daß sie anderen das nimmt, was sie jenen giebt, und hier soll den Besitzenden gegeben, den Nichtbesttzenden genommen werden. Die Parteien haben einen . Fehler begangen, als sie den Antrag Kanitz dilatorisch be⸗

ndelten, ihn einfach abzulehnen. Auch die Regierung bat die Ferderungen der Agrarier, 3. B. die Währungs- frage, dilatorisch behandelt. Die Haltung der ye, . in dieser Frage entbehrte jeder Klarheit und Entschiedenheit. Ich been 8 mit Freuden, daß die en auf der Rechten immer mehr Verstãndniß für das parlamentarische Regierungssystem zeigen. N niemals habe ich eine Regierung so verlasfen gesehen, wie bie jetzige. Hoffentlich gelangt bald das Prinzip in der Regierung zur Geliung, daß allein die Allgemeinheit und nicht die Interessen einzelner Gruppen für die Kir tof s e m mit maßgebend sein sollen.

Erste Beilage

Berlin, Sonnabend, den 25. Mai

Abg. Freiherr von Manteuffel (kons. ): Der Abg. Dr. Paasche hat sein Bedauern über die Rede des ke Grafen Kanitz ausgedrückt. Dem gegenüber erkläre ich, daß der Abg. Graf Fanitz in Uebereinstimmung mit seinen sämmtlichen Parteigenossen gesprochen hat, daß die gesammte konservative Partei hinter seinen Ausführungen steht. Wenn aber der Abg. Dr. Daasche die Rede als agitatorisch bezeichnet bat und als geeignet, die Autorität der Regierung anzu⸗ tasten, so muß ich das entschieden zurũckweisen. Davon ist kein; Wort in der ganzen Rede zu finden. Der Abg. Graf Kanitz hat sein Bedauern darũber ausgedrückt, ich glaube mit vollem Recht, daß von allen jenen Dingen, die in der Thronrede angekündigt worden sind, bis jetzt nicht viele vorgelegt oder nicht verabschiedet sind. Er hat in dieser Beziehung in erster Linie das 3 genannt. Ich habe bei der Etats-⸗ berathung schon auf dieses Gesetz hingewiesen und damals von dem Staats sekretäãr des Innern den 843 erhalten, es werde kommen. Wir haben es aber nicht bekommen. Daß dem gegenüber der Abg. Graf Kanitz seine Verwunderung ausgesprochen hat, lag in der Natur der Sache. Die Gewerbesteuernovelle kommt auch nicht mehr zur Verhandlung. Meine Freunde und ich sind jeder Zeit bereit gewesen, noch in dieser Session in die Verhandlung darüber einzutreten, wie über ein Margarinegesetz. Die Abgg. Dr. Paasche und Dr. Meyer haben gegen die Rechte den Vorwurf erboben, sie sei wesentlich schuld an der r, , des Hauses bei verschie⸗ denen Abstimmungen. Wir wollen in dieser Beziehung zwischen der rechten und der linken Seite nicht abrechnen; aber das möchte ich doch sagen, daß, nachdem einmal die Beschlußunfäbigkeit kon⸗ ftatiert worden war, die Bänke auf der Rechten reichlich so gefüllt gewesen sind, wie die auf der Linken. Sodann aber bitte ich ins Auge zu fassen, daß gerade in jenen Tagen

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die Verhandlungen des Herrenhauses eine große Zahl der Mitglieder in Anspruch nahmen. Man hat speziell in der Presse den Abg. Grafen Mirbach und mich gewarnt; wir beide waren im Herrenhause durch die Wãhrungẽdebatte festgebalten. Ich habe nun ein Mißverstãndniß zu berichtigen, das sich an die Rede des Abg. Grafen Kani geknüpft hat, nämlich daß er gesagt habe, die Spiritussteuervorlage nütze dem kleinen und mittleren Landwirth garnicht. Er hat gesagt, das Gesetz komme im wesentlichen den größeren Besitzern zu gute. Es ist aber keine Frage, daß es auch den mittleren zu gute kommt, und noch viel mehr gerade dem kleinsten. Denn so lange mit Erfolg Spiritus ge⸗ brannt werden konnte, war es möglich, die Kartoffeln im kleinen zu kaufen, sie mit der Karre heranzufabren; jetzt können nur Lowren ge⸗ kauft werden. Nun noch einiges über die Unersãttlichkeit der Agrarierti, das Geschenkt, das hier den Großgrund⸗ besitzern gemacht werden soll. Ich möchte bitten, eine einzige Industrie in der Welt zu nennen, die so unter der Steuerlast zu leiden hat wie die Spiritusindustrie, eine Industrie, die gerade den Gegenden zu Hilfe kommt, wo nur der Roggen und die Rertoffcl wäͤchst. Welche andere Industrie hätte derartige Steuern zu tragen und derartige Scheerereien mit den fiskalischen Beamten! Wir sind nicht unersättlich; wir wollen nur das baben, was wir ö um fortbestehen zu können, und zwar um es zu können zum Wohle des Vaterlands.

Staatssekretär des Innern, Staats⸗-Minister Dr. von Boetticher:

Zu meinem großen Bedauern habe ich die Rede des Herrn Grafen Kanitz nicht gehört; ich war anderweitig in Anspruch genommen. Herr von Manteuffel bat aber die Güte gehabt, die Klagen zu wieder⸗ holen, die Herr Graf Kanitz in seinen Ausführungen vorgebracht hat. Von diesen Klagen richten sich zwei oder drei auf Dinge, die meinem Ressort angehören, und da werden Sie mir gestatten, daß ich zur Erläuterung der von den Herren Vorrednern besprochenen Vorgänge einige Worte sage. Niemand kann mehr beklagen als ich, daß das Börsenreformgesetz und das Gesetz zum Schutz der vaterländischen Butter nicht in dieser Tagung an das Haus gelangt sind. Es war die feste Absicht, das Börsengesetz noch in dieser Session zur Verabschiedung zu bringen; allein diese Absicht hat sich nicht erfüllen lassen. Ich kann zur Erklärung der Nichterfüllung nur darauf hin—⸗ weisen, daß auch dieses Gesetz seine Schicksale, und zwar Schick⸗ sale gehabt hat, die unabhängig von dem Willen derjenigen sind, die für die Förderung der Verabschiedung des Gesetzes thätig zu sein haben. Das Gesetz wird erst heute im Plenum des Bundesraths zur Berathung gelangen. Daß es erst ss spät jur Berathung dort ge— langt, liegt einfach in dem Umstande, daß der ursprünglich be⸗ stimmte Referent aus dem Bundesrath abberufen worden ist, und daß es längere Zeit erforderte, bis der anderweit bestellte Referent sich mit der Materie vertraut machen konnte.

Also ein Vorwurf trifft uns nicht und namentlich mich nicht ich glaube, Herr Graf Kanitz hatte die Güte, meinen Namen zu nennen. Ich bin mir bewußt, zur Förderung dieser Materie alles gethan zu haben, was in meinen Kräften steht.

Was das Margarinegesetz anbelangt, so ist ein Entwurf dafür fertiggestellt. Er geht in seinen einzelnen Bestimmungen nicht so weit wie der aus der Initiative des Hauses hervorgegangene Ent- wurf; allein ich glaube, daß, wenn der Reichstag in die Berathung dieses Entwurfs eintreten wird, er sich überzeugen wird, daß derselbe eine Mittellinie innehält, die nicht ohne Wirkung zu Gunsten der Naturbuttererzeugung bleiben wird, und die außerdem das Gute in sich birgt, daß die legitime Fabrikation eines gesunden Volks- nahrungsmittels nicht unmöglich gemacht wird. (Zuruf rechts.) Ich weiß sehr wohl, daß die Herren das nicht wollen; deshalb habe ich auch das Vertrauen, daß wenn wir erst in die Berathung der Materie einsteigen, wir uns mit Ihnen sehr leicht verständigen werden.

Was die Gewerbeordnungs⸗Novelle anlangt, über welche der Kommissionsbericht erst vor einigen Tagen vorgelegt ist, so halte ich die Erledigung im Hause in einem Stadium der Entwickelung der Geschäfte des Hauses, in dem wir uns augenblicklich befinden, nicht für so leicht und nicht für so wenig Zeit erfordernd, daß zu erwarten wäre, der Reichstag werde auch selbst, wenn er noch bis zum Juli zu— sammenbliebe, eine Verabschiedung des Gesetzes herbeiführen. (Sehr richtig! links.)

Ueberhaupt, meine Herren, wollen Sie es uns doch nicht ver⸗ denken, wenn wir den Schluß der Session auf den Schluß der laufenden Woche zu legen beschlossen haben. Ihr Seniorenkonvent selbst bat sich ja auch dahin schlüssig gemacht, daß nur noch gewisse Materien erledigt werden sollen (Zustimmung links, Widerspruch rechts, und diese werden ja heute oder morgen ihren endgültigen Abschluß finden. Daß die Regierung nicht gerade sich ermuthigt fühlt, den Reichstag noch mit neuen Aufgaben zu befassen (Heiter

eiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

1895.

keit), wenn sie sich einem chronisch beschlußunfähigen Hause gegen⸗ übersiebt (Sehr richtig! links, Ach! rechts), wie wir das noch bis vor wenigen Tagen gehabt haben, das können Sie uns doch wirklich nicht verdenken. (Sehr richtig! links. Widerspruch rechts) Auch bei dem besten Willen und bei der festesten Absicht der verbündeten Regierungen, die Geschäfte zu föödern, liegt doch der Gedanke sehr nahe, daß der Reichstag selbst nicht mebr die Neigung besitzt, bei so vorgerückter Jahreszeit noch neuen. Aufgaben sich zu unterziehen. (Sehr wahr! links. Widerspruch rechts.)

Wenn die Sache aber so liegt, dann möchte ich glauben, daß wir beide, Reichstag und Regierung, so sehr wir es beklagen und es kann mich keiner im Beklagen dieses Zustandes übertreffen (Lachen rechts ja, bitte, Sie lachen, meine Herren, aber das sind eben Empfindungen, die, glaube ich, Sie doch nicht so beurtheilen können wie der, der sie hegt lsehr gut! links) ich sage: es kann niemand mehr beklagen als wie wir, daß die Thätigkeit des Reichs⸗ tags in dieser Session für die Landwirthschaft, deren Nothlage in vollem Maße anerkannt ist, sich nicht fruchtbarer gestaltet hat. Wir hoffen und ich boffe namentlich für das Börsengesetz, das so⸗ fort, nachdem es der Bundesrath beschlossen hat, publizirt werden und so in der Zwischenzeit bis zur nächsten Session eine Klärung und eine Anbahnung der Verständigung finden wird —, daß wir im nächsten Jahre an diese Aufgabe und an alle übrigen, die zum Nutzen der Landwirthschaft geplant worden sind, um so eifriger herantreten und denselben werden gerecht werden können.

Abg. Graf von Arnim (Rp.): Der Abg. Dr. Meyer hat mit dem Ton eines Triumphators gesprochen und gemeint, es werde bald die Zeit kommen, wo die Fehler der heutigen Wirthschaftsvolitit korrigiert werden würden. Ich möchte ihn doch bitten zu erwägen, ob etwa die Zunahme seiner Partei in den legten Jahren ihn zu dieser Annahme berechtigt. Wenn der Abg. Dr. Paasche und der Staatzsekretär ausgeführt haben, daß das Haus wiederholt beschlußunfähig gewesen ist, so glaube ich doch auf einen Punkt hinweisen ju müssen, der noch nicht berührt ist. Es haben in diesem Frühjahr eine ganze Anzahl von Land⸗ wirthen auf das Land gehen müssen, um die dringendsten Arbeiten zu beaufsichtigen, die gemacht werden mußten, um den Schaden zu reparieren, den der Frost anrichtete. Auch möchte ich in Anregung bringen, in Fällen, wo die Auszählung des Hauses beantragt ist, die Sitzung nicht abzubrechen, sondern eine Pause eintreten zu lassen, um den Herren, welche vom Abgeordnetenhause oder Herrenhause kommen, die Möglichkeit ju gewähren, noch rechtzeitig zu erscheinen. Wenn man dem Abg. Grafen Kaniz vorwirft, daß er nicht hinreichend die Zuckersteuer⸗ und die Spiritussteuervorlage gewürdigt habe, so möchte ich doch zu be⸗ merken geben, daß er wie ein Arzt gehandelt hat, der für die Land⸗ wirthschaft nur ein großes Mittel im Auge hat; es ist ihm nicht zu verdenken, wenn er die anderen Mittel nicht so hoch schätzt wie ich es thue. Ich stehbe in dieser Beziehung auf dem Standpunkt, daß nicht allein der Großgrundbesitzer, sondern auch der kleine Grund⸗ besitzer, der Tagelöhner und der Aibeiter Vortheile von dem Gesetze haben werden. Ich gebe zu, daß auch ich ein Bedenken gegen das Gesetz habe, und das besteht darin, daß die Miß⸗ stnde und Mißbräuche, die vorläufig noch in der Produktenbörse herrschen, jedenfalls benutzt werden konnen, um unlautere Manipu⸗ lationen vorzunehmen. Aber sollten wir das Gesetz deswegen ab⸗ lehnen, weil uns die verbündeten Regierungen das versprochene k nicht rechtzeitig vorgelegt haben? Ich meine, wir baben in diesem Dilemma doch richtig gewählt; selbst auf die Gefahr hin, daß in diesem Sommer an der Börse hier und da unlautere Dinge vor sich gehen, haben wir Recht gethan, dieses Gesetz zu acceptieren. Aber ich kann nicht verstehen, warum das Boͤrsen⸗ gesetz nicht vorgelegt worden ist, obgleich es weiter nichts ist, als eine Paragraphierung der Beschlüsse, welche die Mehrheit der Börsenenquste⸗ kommission gefaßt hat. Zu dieser Paragraphierung hat man zwei Jahre gebraucht! Ich erinnere Sie daran, daß im vorigen Jahre der Abg. Dr. von Cuny mit einigen anderen Herren eine Interpellation an die verbündeten Regierungen gerichtet hat, in welcher er dieselben dringend bat, das Börsengesetz vorzulegen. Wenn uns dasselbe nun nicht nur nicht vorgelegt wird, sondern nur gesagt wird, es würde demnächst erst an den Bundesrath zur Beschlußfassung kommen, ja, dann können Sie es uns doch nicht verdenken, daß wir nun auseinanderzu⸗ gehen wünschen und nicht weiter tagen wollen. Aber ich bin der Ansicht, wenn wir im Laufe des Januar oder Februar den Entwurf bekommen hätten, so würden wir heute nicht auseinandergeben, ohne das Börsengesetz erledigt zu haben. Der Staatssekretãr des Innern führte als Grund der Verzögerung an, daß man einen Herrn zum Referenten über das Börsengesetz ernannt hat, der nachher Kultus⸗ Minister in Bayern geworden ist. Ich gebe zu, daß es sehr viel Zeit in Anspruch nimmt, sich in eine solche Materie hineinzuarbeiten, und wenn ein Herr, der auf der Aus⸗ stellung von Chicago war und dort Ausgezeichnetes geleistet hat, nun zum Referenten und Bearbeiter des ,, entwurfs ernannt wird, so hat der betreffende Herr natürlich eine sehr große Zeit zu verwenden, um sich mit der Materie vertraut zu machen. Zum theil liegt also in diesen Verhältnissen eine Erklärung der großen Verzögerung; zum theil liegt die Verzögerung aber auch in dem Um⸗ stand, daß die Einflüsse, welche von Herren geübt waren, die der linken Seite sehr nahe standen, so mächtig gewesen sind, daß Be⸗ denken aller Art hervorgehoben worden sind und die verbündeten Regierungen zu immer wiederholten Erwägungen und Prüfungen veranlaßt wurden. Wir haben es ja von dem Abg. Dr. Barth ge⸗ hört, daß er überhaupt von der Börsenreform nichts hält, weil er nicht glaubt, daß irgend etwas dabei herauskommt. Der Abg. Singer bat sogar behauptet, wir hätten eine Spekulationskompagnie errichtet, indem wir mit den Spiritusbändlern ein gemeinsames Geschäft ge⸗ macht bätten. Ich weise das entschieden zurück. Jene Be⸗ bauptung wird schon dadurch widerlegt, daß Sie (zur Linken) uns immer den Vorwurf machen, wir hätten kein Verständniß und Interesse für den Handel und seien von Haß gegen den— selben erfüllt. Das letztere ist ganz falsch. Sebald der Handel in effektiver Waare und in der rich an Abwägung an Vorrath und Bedarf arbeitet, so begrüßen wir ihn mit Freuden; wenn er aber, wie die jetzige Börse mit , , nn. handelt, die lediglich durch künstliches Angebot und künstliche Nachfrage hervorgerufen werden und die durch den Kapitalismus bestimmt werden, so stehen wir diesem Treiben feindlich gegenüber. Der Abg. Dr. Meyer sprach von dem Spiel Berlicke und Berlacke und meinte, die Spiritusinteressenten würden dieses Spiel erneuern. Ich möchte den Abg. Dr. Meyer bitten, wenn wir zur Börsen⸗ reform kommen und die igen Herren dann, die Selbfstkündigungen vornehmen, die 20, 30 Schlußscheine in Bewegung setzen und durch ihre Helfershelfer diese wieder zurückführen, um den Anschein einer

roßen Waarenmenge hervorzurufen, wenn diese Herren rufen: He m t Korn ist da! Berlacke, Korn ist wieder weg! dann möchte ich ihn bitten, auch diesem Treiben mit uns entgegenzutreten und dafür zu sorgen, daß die Vertragsfreiheit nicht übertrieben

wird, sondern daß hier Einschränkungen vorgenommen werden.