Bekanntmachung.
Die am 1. Januar 1896 zu tilgenden 3i/n prozentigen Vorzugs⸗Anleihescheine 2. Reihe der Schleswig⸗Holsteini⸗ schen Marschbahn werden .
Donnerstag, den 4 Juli 1895, Vormittags 1116 Uhr, in unserem Sitzungszimmer, Oranienstraße 9 / 94, in Gegen wart eines Notars öffentlich verloost.
Berlin, den 6. Juni 1895.
Hauptverwaltung der Staatsschulden. von Hoffmann.
Angekommen:
Seine Excellenz der General, der Kavallerie Freiherr von Los, General-Adjutant Seiner Majestät des Kaisers und Königs, Oberbefehlshaber in den Marken und Gouverneur von Berlin;
Seine Excellenz der Unter⸗Staatssekretär im Ministerium der öffentlichen Arbeiten, Wirkliche Geheime Rath Brefeld, von Bad Ems;
der Unter⸗Staatssekretär im Ministerium für Handel und Gewerbe Lohmann, aus Hannover;
der Ministerial-Direktor im Ministerium der öffentlichen Arbeiten Dr. Mice, aus der Provinz Schlesien.
Abgereist:
Seine Excellenz der Ministerial⸗Direltor im Ministerium für Landwirthschaft, Domänen und Forsten, Ober-Landforst⸗ meister Donner, nach der Rheinprovinz;
der Ministerial-Direktor im Ministerium für Handel und Gewerbe, Ober⸗Berghauptmann Freund, nach Oberschlesien;
der Wirkliche Geheime Ober-Baurath im Reichs-Eisen— bahnamt, Streckert, mit Urlaub nach Thüringen.
Aichtamtliches.
Deuntsches Reich.
Prenß en. Berlin, 10. Juni.
Seine Majestät der Kaiser und König trafen heute früh gegen 5 Uhr aus Kiel im Neuen Palais wieder ein und begaben Sich kurz nach 6 / Uhr mit Seiner Kaiser— lichen und Königlichen . dem Erzherzog Franz Salvator von Oesterreich zu Pferde nach dem Bornstedter Felde, wo eine Besichtigung des 1. und 3. Garde⸗Ulanen⸗ Regiments nebst Gefechtsübung stattfand. Nachmittags ge— dachten Beide Kaiserlichen und Königlichen Majestäten Sich mit dem erlauchten Gast über Berlin nach Hoppegarten zu begeben, um daselbst dem Armee⸗Jagdrennen beizuwohnen. Heute Abend um 8 Uhr findet im Neuen Palais ein Diner zu Ehren des Erzherzogs statt.
Den Verichten des W. T. B.“ aus Kiel entnehmen wir noch Folgendes: Seine Majestät der Kaiser und König besuchten am Sonnabend Vormittag auch den nörd— lichen Festplatz für die Feier der Eröffnung des Nord⸗Ostsee⸗ Kanals bei Holtenau, besichtigten den Leuchtthurm sowie die Tribünen und kehrten um 11 Uhr nach dem Hafen zurück. Hierauf besichtigten Seine Majestät die Rennyachten „Meteor“ und „Vineta“, besuchten das Panzerschiff Hagen“ und gingen Mittags an Bord der „Hohenzollern“. Am Nachmittag schifften Sich Seine Majestät auf der neuen Rennyacht „Vineta“ ein und gingen mit dieser in See, während die Rennyacht „Meteor“ folgte. Abends 7 Uhr kehrten Seine Majestät auf der letzteren nach Kiel zurück und übernachteten an Bord der Jacht „Hohenzollern“.
Gestern Morgen hielten Seine Majestät der Kaiser auf der Yacht „Hohenzollern“ Gottesdienst. Um 2 Uhr Nach⸗ mittags segelten Seine Majestät an Bord des „Meteor“ mit einer Flottille kleinerer Segler aus dem Hafen und trafen um Zi 7 Uhr auf das in die Außenföhrde einlaufende Geschwader, welches salutierte und dann bei Holtenau vor Anker ging. Um 61 Uhr kehrte der, Meteor“ in den inneren Hafen zurück, worauf Seine Majestät Sich an Bord der Hohen⸗ zollern“ begaben. Um 10 Uhr Abends fuhren Seine Majestät der Kaiser unter dem Salut der Flotte nach der Jensenbrücke , alsdann mittels Sonderzugs die Rückreise nach
erlin an.
Die Frühjahrssitzung des Kolonialraths wurde heute Vormittag 10 Uhr im Sitzungssaale des Auswärtigen Amts durch den Direktor der Kolonial-Abtheilung des Auswärtigen Amts, Herrn Wirklichen Geheimen Legations⸗-Rath Dr. Kayser mit einem Ueberblick über die Ereignisse der letzten Monate auf kolonialem Gebiete eröffnet. Er nahm dabei Veranlassung, das Interesse der Anwesenden auf die im nächsten Jahre stattfindende koloniale Ausstellung zu lenken.
Der Kolonialrath, an dessen Sitzung theilzunehmen Herr Ehren⸗Domherr Dr? Hespers, Geheimer Kommerzien⸗Rath Langen, Geheimer Kommerzien⸗Rath Dr. ö durch Krankheit oder aus anderen Gründen verhindert waren, trat zunächst in eine kurze Besprechung der von Herrn Direktor Kayser gemachten Mittheilungen ein.
Bei der folgenden Besprechung der Lage in den einzelnen Schutzgebieten wurde u n die Bedeutung der Errichtung einer Station in Ujiji behandelt. Der an der Sitzung Kaiserliche Gouverneur von Wissmann machte dabei eingehende Mittheilungen über die dortigen Verhältnisse und die Schwierigkeiten des Baues und der Erhaltung von Straßen in Ost-Afrika. Hinsichtlich Deutsch⸗Südwestafrikas erwähnte der Vorsitzende, daß es bisher leider nicht gelungen sei, einen geeigneten Wasserbau⸗ techniker zur Untersuchung der Landungsverhältnisse an der Thoakhaubmündung zu finden. Es wurde indessen hervorgehoben, daß die Landung daselbst nach den jetzt vorliegenden Erfahrungen weniger Schwierigkeiten bereite als an den meisten anderen Küstenplätzen West⸗-Afrikas. Die Kapitäne der Woermannlinie zögen bereits das Landen in Thoakhaub dem in Walfischbay vor. Weit wichtiger als die Verbesserung der Landungsverhält⸗
ttheilnehmende
für die
nisse sei die Erleichterung der Verbindung mit dem Innern. Eine Aufwendung von Geldmitteln für diesen Zweck werde sich reichlich schon durch Ersparnisse an den bisherigen enormen Transportkoͤsten für den Bedarf der Schutztruppe be⸗ ahlt machen. Es knüpfte sich daran eine längere Debatte über . Aussichten und bie Art und Weise einer Besiedelung des . an welcher sich besonders die Herren Staats⸗ Minister von Hofmann, Rechtsanwalt Dr. Scharlach, Konsul Vohsen, Staudinger und Dr. Schröder betheiligten.
Bei Erörterung der Verhältnisse in Kamerun wurde die
e. der Freiheit der Nigerschiffahrt berührt. Der Herr Vor⸗
tzende theilte mit, daß das neue Reglement der Niger⸗ schiffahrt bedauerliche Vorkommnisse, wie sie früher sich ereignet, Zukunft als ausgeschlossen erachten lasse und daß ein deutsches Unternehmen im Hinterlande von Kamerun . Benue auf den Schutz der deutschen Regierung rechnen önne.
Herr Konsul Vohsen gab nähere Nachrichten über eben eingetroffene Berichte der deutschen Togoexpedition und den ö ihr mit dem Sultan von Gurma am Niger abgeschlossenen
ertrag.
Die Nr. 6 der „Amtlichen Nachrichten des Reichs⸗ Versicherungsamts“ vom 1. Juni 1895 enthält ein Rund⸗ schreiben an die Vorstände der Berufsgenossenschaften vom 206. Mai 1895, betreffend die Aufstellung erläuternder Grundsätze über die Ausfüllung des Formulars der Rechnungsergebnisse, nebst einer Anleitung für die Benutzung der Tabellenformulare, die bei der Einreichung der Nachweisung über die gesammten Rechnungsergebnisse zu ver— wenden sind, sowie folgende Bescheide:
Der Betrieb einer Motorkutsche (Benzin-Droschke) zum Zwecke der gewerbsmäßigen Personenbeförderung gegen Entgelt stellt einen Fuhrwerksbetrieb im Sinne des 51 Ziffer 3 des Ausdehnungsgesetzes dar und ist der Fuhrwerks⸗Berufsgenossenschaft zu überweisen.
Eine Sen , me e en, ist bei der gemäß § 53 des Unfallversicherungsgesetzes vorzunehmenden Unfallunter⸗ suchung unter Umständen auch verpflichtet, zum Zwecke der Aufklärung des Sachverhalts auf eigene Kosten eine Leichenöffnung herbeizuführen.
Der General der Infanterie von Keßler, General⸗ Inspektenr des Militär-Erziehungs⸗ und Bildungswesens, und der General-Lieutenant von Spitz, Direktor des Departe⸗ ments für das Invalidenwesen im Kriegs-Ministerium, haben Berlin verlassen.
Der hiesige französische Botschafter Jules Herbette ist vom Urlaub nach Berlin zurückgekehrt und hat die Ge⸗ schäfte der Botschaft wieder übernommen.
Nach einer bei dem Ober⸗Kommando der Marine ein⸗
gegangenen telegraphischen Meldung ist S. M. S. „Prinzeß
Wilhelm“, Kommandant Korvetten⸗Kapitän von Holtzen⸗ dorff, am 8. d. M. in Singapore eingetroffen und beab— sichtigt heute die Reise nach Hongkong fortzusetzen.
Potsdam, 9. Juni. Seine Kaiserliche und Königliche Hoheit der Erzherzog Franz Salvator von Oester⸗ reich ist heute gien 10 Uhr 12 Minuten auf der Wildpark⸗ station eingetroffen. Seine Königliche Hoheit der Prinz Friedrich Leopold war zum Empfang am Bahnhof anwesend und fuhr mit dem Erzherzog in offenem Wagen nach dem Neuen Palais.
Kiel, 7. Juni. Das Ober-Kommando der Marine hat dem Hamb. Korresp. zufolge nachstehende amtliche Hafen⸗ ordnung für Kiel während der Feierlichkeiten zur Er— öffnung des Nord⸗Ostsee⸗Kanals erlassen:
In den Zeiten, wann fremde Kriegsschiffe erwartet werden, it der Aviso Pfeil“ mit denjenigen Seeoffizieren nach dem Stoller grund, welche bestimmt sind, die erwarteten fremden Kriegsschiffe in den Hafen ju bringen. Dem Ariso Pfeil“ sind zu diesem Zweck zwei Dampfboste beigegeben. Bei Ankunft der fremden Kriegsschiffe begeben sich die für sie kommandierten Secoffiziere an Bord derselben und begrüßen sie im Namen des kommandierenden Admirals. Daß sie gleichzeitig den Dienst des Komplimentieroffiziers verseben, ist den fremden Admiralen bezw. Kommandanten auszumprechen. Sie haben die Admirale und Kommandanten darauf aufmerksam zu machen, daß die Landesflagge der Veste Friedrichsort zu salutieren ist. Die Avisos der fremden Geschwader, welche am 20. Juni Nachmittags von Brunsbüttel durch den Kanal nach Kiel kommen, sind gleichfalls von bestimmten Seeoffizieren auf ihre Ankeipläze zu bringen. Die Salute werden nach den Bestimmungen des Flaggen, und Salut⸗ reglements gefeuert. Solange die Standarte Seiner Majestät des Kaisers weht, dürfen Salute nur auf besonderen Befehl gefeuert und erwidert werden.
Am Mittwoch, den 19. Juni, Vormittags 10 Uhr, versammeln sich sämmtliche Admirale und Kommandanten der deutschen und der fremden Geschwader an Bord des Schulschiffs Mars“ und tauschen dort ihre Besuche gegenseitig aus. Damit gelten alle offiziellen Besuche als erledigt. Jedem deutschen Schiffe werden für die Unterhaltung der Gaͤste ein oder mehrere fremde Schiffe zugetheilt. Die Kommandanten, Offiziere und Seekadetten machen auf den ihnen zugetheilten Schiffen bald nach deren Ankunft Besuch und stellen sich den Gäͤsten zur Er⸗ theilung aller wünschenswerthen Auskunft zur Verfügung. Bei den Festlichkeiten nehmen sie sich ganz besonders dieser Gäste an. Während der ganzen Festlichkeiten hat das Schulschiff Mars“ die Flagge des kommandierenden Admirals gesetzt; dasselbe hat in dem Falle, daß ein fremdes Schiff die Landesflagge erst innerhalb Friedrichsort salutiert, den Salut zu erwidern. Die Schiffe des deutschen Ma⸗ növer⸗Geschwaders haben svätestens am 10. Juni Mittags 12 Uhr ihre Liegeplätze nach dem Plan einzunehmen. Dasselbe hat vom 20. bis 22. Juni für die Fürstlichen Gäste acht Dampf⸗ beiboote zu stellen.
Das Schulschiff Blücher“ übernimmt für die Zeit vom 12. bis 30. Juni die Funktionen des Wachtschiffs, welches die Zentral⸗ stelle für den Verkehr aller fremden Schiffe mit der Werft und allen sonstigen Behörden ist. Für den täglichen Verkehr der Schiffe mit dem Lande werden sämmtlichen Fahrzeugen besondere Landeplätze zur. Verfügung gestellt, und zwar: die Hansabrücke den italienischen Schiffen, die Gefionbrücke den englischen Schiffen, der Kai den dänischen, norwegischen, portugiesischen, russischen. ichwedischen, spanischen, amerikanischen, französischen, niederländischen, österreichischen, rumänischen und türkischen Schiffen. Den beurlaubten Offizieren ist e unbenommen, an allen öffentlichen
Landebrũcken 6 mit Ausnahme der Barbgrossabrücke, welche zur ausschließlichen Verfügung des Kaisers und seiner fürstlichen
Gäste bleibt. Einlaufende Schiffe haben sich an der Westseite, aus. laufende an der Ostseite des freien Fahrwassers zu halten. Zur Auf⸗ rechterhaltung der polizeilichen Ordnung dienen Polizeiboote, welche vorne im Br schwarzweiße Flaggen führen. Den Anordnungen dieser Boote ist unbedingt Folge zu leisten. . . Beurlaubungen von Mannschaften der sämmtlichen im Kieler Hafen versammelten Schiffe an Land während der Festtage können wegen der beschränkten Verhältnisse der Stadt Kiel und ihrer Hilfe mittel in nachstehender Reihenfolge und nur an den nachbezeichneten Tagen stattfinden; am 17. Junk: Dänemark, England, Norwegen, ö am 18. Juni: Italien, Niederlande, Portugal, Rußland; am 19. Juni: Vereinigte Staaten von Nord⸗Amerika, Frankreich, Desterreich, Rumänien, Spanien und Türkei; demnächst vom 20. Jun ab wie am 17. und so fort. Von den deuischen Schiffen sind nur Unteroffiziere von guter Führung in beschränkter Anzahl zu beurlauben. ff Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung in den Straßen Kiels ellt die Kommandantur die erforderliche Zahl von Patrouillen in Stärke von fünf Mann. Eine Sanitätswache wird mit dem erforder⸗ lichen Lazarethyersonal, sowie mit dem Verbandmaterial ausgestattet. In derselben ist auch ein Arzt zu stationieren. In dem Gebäude der Marine ⸗ Akademie hesindet sich zur Benutzung für die fremden Schiffe und Jachten ein Post« und Telegraphenamt; zur Beförderung von Telegrammen werden dem Postamt einige Dampfpinassen zur Ver— fügung gestellt. In sämmtlichen Geschäftszimmern ist der Dienst der. artig zu regeln, daß von Morgens 8 Uhr bis Abends 10 Uhr der dienstliche Verkehr gesichert ist.
Friedrichsruh, 9. Juni. Gestern Nachmittag traf, wie W. T. B.“ berichtet, der Kriegs-Minister, General der Infanterie Bronsart von Schellendorff zum Besuch bei dem Fürsten Bismarck ein, übernachtete hierselbst und kehrte heute Vormittag i / Uhr nach Berlin zurück. Heute Mittag um 11½ Uhr traf der Zentral-Ausschuß des Bundes der Landwirthe, im Ganzen etwa 120 Herren und Damen, hier ein. Kurz nach 12 Uhr wurde der⸗ selbe im Park vom Fürsten Bismarck empfangen. Der Vorsitzende des Zentral-Ausschusses von Ploetz hielt eine Ansprache, die mit einem Hoch auf den Fürsten schloß. Fürst Bismarck erwiderte in einer längeren Rede, worin er lebhaft auf die Nothwendigkeit hinwies, bei den Wahlen nur für diejenigen zu stimmen, die unentwegt entschlossen seien, für die Landwirthschaft einzutreten; die An— sprache klang in einem Hoch auf Seine Majestät den Kaiser aus, als den größten Grundbesitzer und den Schutzherrn der Landwirthschaft und der produzierenden Stände. Nach Be⸗ endigung der Rede wurden dem Fürsten von einigen der an⸗ wesenden Damen Blumenspenden überreicht. Nach dem Frühstück, zu dem eine größere Zahl der Erschienenen geladen war, wurde um 1½5 Uhr Nachmittags mittels Sonderzuges die Rückfahrt angetreten.
Kreuznach, 9. Juni. Von Köln kommend, traf heute Nachmittag der Minister für Landwirthschaft 2. Freiherr von Hammerstein-Loxten in Oberstein ein. In der Begleitung des Ministers befanden sich der Ober⸗Landforstmeister Donner, der Ministerial⸗Direktor, Wirkliche Geheime Ober⸗ Regierungs⸗Rath Sterneberg und der Geheime Ober⸗Regie⸗ rungs⸗Rath Dr. Thiel aus Berlin, der Ober⸗Präsident der Rheinprovinz Nasse aus Koblenz, der Regierungs⸗Präsident von 3. und einige Herren der Regierung aus Trier. Von 2Oberstein aus wird eine Bereisung des Hunsrück und der Eifel unternommen werden.
Bayern.
Seine Königliche Hoheit der Prinz⸗Regent empfing am Sonnabend den auch am bayerischen Hofe beglaubigten nieder⸗ ländischen Gesandten in Berlin Jonkheer van Tets van Goudriaan in Antrittsaudienz. Nachmittags fand zu Ehren des Gesandten größere Tafel statt. Heute Mittag 12 Uhr empfing Seine Königliche Hoheit den neu ernannten preußischen Gesandten Grafen von Monts und eine halbe Stunde später den russischen Gesandten Grafen von Butenjew in Antrittsaudienz.
Seine Majestät der König von Dänemark traf am Sonnabend zum Besuch Ihrer Majestät der Königin von Hannover in Kissingen ein.
Württemberg.
Die Kammer der Abgeordneten beendigte in ihrer vorgestrigen Sitzung die Generaldebatte über den Justiz-Etat. Die Spezialdebatte wird morgen beginnen.
Hessen. Die Erste Kammer der Stände wird am 12. d. M. zu einer Sitzung zusammentreten.
Sachsen⸗Coburg⸗Gotha.
Der gemeinschaftliche Landtag der Herzog— thümer Coburg und Gotha hat in seiner vorgestrigen Sitzung die Anträge auf Schutz der Industrie gegen die Arbeiten in den Strafanstalten angenommen.
Oesterreich⸗ Ungarn.
Der Kaiser wird sich morgen früh zur Truppeninspizie rung nach Bruck a. d. Leitha begeben. . Die von dem Präsidenten der Delegation des unga⸗
rischen Reichstags Grafen Aladar Andrassy vorgestern
Mittag bei dem Empfang durch den Kaiser gehaltene An⸗ sprache lautete nach der „Wiener Abendpost“, wie folgt:
Kaiserliche und Apostelisch Königliche Majestät, unfer aller⸗ gnädigster Herr! Als die Mitglieder der seitens des ungarischen Reichttags im Sinne des Gesetzartikels TII vom Jahre 1367 ent sendeten und mit dem Befehle Eurer Majestãt für den 6. d. M. nach Wien einberufenen Delegation erscheinen wir in huldigender Ehrfurcht vor Eurer Majestät, um, bevor wir an unsere Arbeit schreiten, den Tribut der in jedes Ungarn Herzen mit traditioneller Begeisterung genährten Unterthanen⸗-Treue und Anbänglichkeit an den Stufen des Throns des geliebtesten Herrschers niederzulegen.
Da uns, unserem Auftrage gemäß, die konstitutionelle Pflicht obliegt, die auf die gemeinsamen Angelegenheiten der beiden Staaten der Monarchie bezughabenden Vorlagen einer eingehenden Prüfung und Erwägung zu unterzieben, können wir uns auch diesmal kein anderes leitendes Prinzip vorstecken als jenes, mit dessen Befolgung es den bis herigen Delegationen stets gelungen ist, die Allerhöchste Zufrieden⸗ heit Eurer Majestät zu erlangen, und welches darin besteht, daß wir die unter den europäischen Verhältnissen durch unsere Großmacht · stellung und durch unsere Bündnisse in gleicher Weise gebotenen Be⸗ durfniffe der Förderung unserer Wehrfähigkeit mit dem Interesse der möglichsten Schonung der uns zur Verfügung stehenden Quellen materieller Kraft in Einklang bringen und hiermit für unsere Nation mit den Segnungen des Friedens zugleich auch die Mittel der fried⸗ lichen Entwicklung bewahren. .
Wenn auch kisher von Jahr zu Jahr diese Aufgabe der Delega, tionen geharrt hat, fühlen wir doppelt die Tragkraft derselben an der Schwelle jener großen nationalen Feier, welche dazu berufen sein wird,
den Ruhm unserer tausendjährigen staatlichen Existenz mit all dem, was die unter dem utze des Friedens gediehene Kultur geschaffen bat, der gebildeten Welt vorzufũühren. -
Eurer Majestãt Weisheit und thätige Fürsorge für die Wohlfahrt Ibrer Völler ist es, welcher unsere Nation Dieses segensreiche Zeitalter dauernden Friedens zu verdanken hat, in dessen ruhiger Arbeit dieselbe alle ihre Zeit und Kraft ihrer inneren Entwicklung, der Konsolidie⸗ rung ihrer Institutionen zuwenden konnte.
Der väterlichen Obhut Eurer Majestät vertrauend, blicken wir etroft in die Zukunft, in der Ueberzeugung, daß Eure Majestät, ge⸗ täzt auf die Liebe Ihrer Völker und die Kraft der Armee, nebft der Aufrechterhaltung der Großmachtstellung unserer Monarchie und ihrer Friedenspolitik auch unseren materiellen Interessen die entsprechende Ünterstützung werden angedeiben lassen.
Zur Erreichung dieser Ziele wünschen, unserem Auftrag gemäß, auch wir mitzuwirken, und deshalb erbitten wir auch den Erfolg unserer Arbeit von der Gnade des Himmels, indem das inbrünftige Flehen aus Millionen und Millionen Ungar Herzen unseren Lippen entsteigt Die Vorsehung möge Eure Majestat zum Heil der unter Furer Majestãt glorreichem Scepter lebenden Völker mit einem langen und von Glück erfüllten Leben segnen.“
Der Kaiser gab hierauf die bereits in der vorgestrigen Nummer d. Bl, unter den nach Schluß der Redaktion einge⸗ troffenen Depeschen mitgetheilte Antwort.
Vorgestern um 1 Uhr empfing der Kaiser sodann die Delegation des österreichischen Reichsraths. Der Präsident Prinz Ferdinand Lobkowitz hielt folgende Ansprache an Seine Majestät:
Eure Kaiserliche und Königliche Apostolische Majestät!
Die Delegation des Reichs ratbs, von Eurer Majestät zur Auf— nahme ihrer verfassungsmäßigen Thätigkeit berufen, tritt vor die Stufen des Throns Eurer Majestät, um Allerhöchftderselben in her= gebrachter Weise ibre allerunterthänigste Huldigung darzubringen.
Zu der großen Freude über das Glück, vor unserem erhabenen Monarchen stehen zu dürfen, gesellt sich heute das Gefühl der Trauer äber den schmerzlichen Verlust, den Eure Majestät, den das ganze Reich ror kurzem erlitten.
Es hat dem Allmächtigen gefallen, ein hervorragendes Mitglied des Allerböchsten Kaiserkauses, den siegreichen . Erzherzog Albrecht, den Stolz der Armee, Eurer Majestät treuen Berather, die Zuflucht aller Noihleidenden, zu sich abzuberufen.
Im Gefühle tiefen Schmerzes erlaubt sich die Delegation des Reichs raths zu bitten; Eure Majestät wollen geruhen, den Ausdruck ihrer . Tbeilnahme Allergnädigst entgegenzunebmen.
Die von Eurer Majestãt gemeinsamem Ministerium eingebrachten Vorlagen wird die Belegation mit gewohnter Gewissenhaftigkeit prüfen, stets im Auge behaltend die Bedürfnisse, den Glanz und die Machtstellung der Monarchie, aber auch die heute schon in hohem Maße in Anspruch genommene Steuerkraft der Bevölkerung.
Den weisen, väterlichen Intentionen Eurer Majestät gemäß hblieben auch in dem Zeitraum seit dem letzten Zusammentritt der Delegationen die Beziehungen zu den Nachbarmächten die besten; gebe Gott., daß der friedliche Geist, welcher heute unzweifelhaft ganz . durchzieht, auch weiterhin seine wohlthuende Kraft ungeschwächt
ewahre. SGeruhen Eure Majestät die Versicherung unserer unwandelbaren kindlichen Liebe und Verehrung Allergnädigst entgegen zunehmen. Gott segne, Gott schütze, Gett erhalte Eure Kaiserliche und Königliche Avoftolische Majestãt!“
Der Kgiser gab hierauf die gleiche Antwort wie an die ungarische Delegation.
Großbritannien und Irland.
Im Wahlkreise Chorley in Nord⸗Lancashire ist an Stelle des verstorbenen General-Lieutenants Feilden gestern Lord Balcarres (kons.) zum Mitglied des Unterhauses ge— wählt worden. Die Liberalen hatten keinen Gegenkandidaten aufgestellt. ; ;
Ueber Gladstone's Befinden berichtet W. T. B.“: Der Husten war gestern wieder stärker und die Temperatur etwas höher, indessen gestatteten die Aerzte ihm, das Zimmer zu verlassen. Man erwartet, daß er im fend! sein werde, am Dienstag nach Tilbury abzureisen, um sich dort an Bord des Dampfers „Tantallon Castle“ zu begeben.
Frankreich.
In dem am Sonnabend abgehaltenen Ministerrath wurden die Neuwahlen für die ausscheidende Abtheilung der Generalräthe und Arrondissementsräthe auf den 28. Juli festgesetzt.
Die Deputirtenkammer hat vorgestern nach ein—
wöchiger Berathung die Generaldebatte über die Reform der Getrankesteuer beendigt. Das Erträgniß der direkten Steuern und Abgaben sowie der Staatsmonopole im Monat Mai weist einen Mehrwerth von 4092209 Fr. gegen den Budgetanfatz und . 2 von 2 884 Fr. gegen den Monat Mai
94 auf.
Rußland.
Der Kaiserliche Ukas, durch welchen eine dauernde Gesandtsch aft bei dem Päpstlichen Stuhl eingerichtet wird, ist, wie W. T. B. meldet, gestern amtlich n, nn worden. Die Gesandtschaft wird aus einem Minister⸗Residenten und einem Legations⸗Sekretär bestehen. Die jährlichen Kosten sind auf 16000 Rbl. Gold veranschlagt.
Türkei. Der Großvezier Dshevad Pascha ist, wie, W. T. B.“ be⸗ richtet, durch Sa id Pascha ersetzt worden, der bereits vom Dezember 1882 bis zum Herbst 1885 Großvezier gewesen ist. . Minister des Auswärtigen ist der frühere türkische Bot— 23 in Rom und Madrid Turkhan Pascha ernannt worden.
Das „Reuter sche Bureau“ daß die Antwort der Pforte betreffend Armenien, nicht unbedingt alle gemachten Vorschläge ablehne, sondern vielmehr eine Verallgemei⸗ nerung aller für nothwendig erachteten Reformen befürworte. Es sei kaum zweifelhaft, daß die Pforte auch weiterhin seden Vorschlag einer Konfrole der Mächte Europas über die erwaltung irgend eines Theils des türkischen Reichs als ungerechtfertigt zurückweisen werde. Die Antwort der Pforte sei in einer Weise abgefaßt, die darauf berechnet erscheine, eine weitere Erörterung der strittigen Fragen zu ver⸗ anlassen und so weitere Maßregeln hintanzuhalten. Eine Antwort der Mächte auf das Communiquè . noch aus, doch habe Said Pascha mehrere Besprechungen mit den Bot⸗ schaftern gehabt.
Auf Befehl des Sultans sollen Spezial kom missi onen unter Zuziehun von Armee⸗—ffizieren gebildet werden, welche eingehende Studien über die in den verschiedenen Theilen des türkischen Reichs wohnenden Stämme zu machen haben. Diefe Studien sollen die Stämme, ihre Scheidung nach Land und
amilien und die Bezeichnung der von ihnen bewohnten Land—
erfährt aus guter Quelle, auf das Reformprojekt,
Serbien.
Der König hat sich gestern in Begleitung der Königin Natalie zu zweitägigem Aufenthalt nach Schabatz begeben=
Am Sonnabend sind in Belgrad die .
des griechisch⸗serbischen Handels vertrags zwischen dem an ler des Aeußern Bogicewic und dem . Ge⸗ schäftsträger Rikukls ausgeiauscht worden.
Bulgarien. Zan kow ist gestern aus St. Petersburg wieder in Sofia
eingetroffen.
Schweden und Norwegen.
Der König, die Königin und der Kronprinz werden nach einer Meldung des „W. T. B.“ am Mittwoch in Christia nia eintreffen. Bevor diese Nachricht dort bekannt wurde, hatte der Staatsrath beschlossen, den König telegraphisch . bitten, dorthin zu kommen, um eine neue egierung zu ilden. Gerüchtweise verlautet, daß eine Kompromiß⸗Regierung zu stande kommen werde.
Amerika.
Der in New⸗York weilende Herausgeber einer cubanischen Zeitung hat, dem „W. T. B. zufolge, die Mittheilung ge⸗ macht, daß die von Key West abgegangenen Freibeuter 280 Mann auf Cuba gelandet seien.
Afrika. Ein Telegramm des Generals Duchêsne aus Majunga 66 mit, daß die erste Brigade bis auf 4 km an den ereinigungspunkt der Flüsse Ikopa und Betsiboka vor⸗ gerückt sei. Der Feind scheine diesen Punkt nicht zu ver⸗ theidigen, vielmehr sich vor Mevatanana zu konzentrieren.
Australien.
. In San Francisco eingetroffenen Meldungen aus Samoa vom 18. Mai zufolge hak in dem Bezirk der Auf⸗ ständischen ein Gefecht zwischen den Eingeborenen statt— 66 Drei Menschen wurden getödtet, viele verwundet. ie Auffständischen fallen fortgesetzt von Malietoa ab, der k keine Schritte unternimmt, die Erhebung zu unter— rũcken.
Parlamentarische Nachrichten.
Dem Hause der ö ist der Entwurf eines Ge setzes, betreffend die Aufhebung des Abschnitts 1 des An« bhangs zu der revidierten Apotheker Ordnung vom 11. Oktober 1801, zugegangen.
. Auf der Tagesordnung fär die morgige Sitzung des Hauses der Abgeordneten stehen die dritte Beratkung des Gefeß. entwurfs, betreffend dawt Grundbuchwesen und die Zwangs. vollstreckung in das unbewegliche Vermögen in dem Sebiet der vormals freien Stadt Frankfurt sowie en vormals Großberzoglich hesfischen. und Land . bessischen Gebietstheilen der Provinz Hessen.
assau, und die jweite Berathung des Entwurfs eines Stempelsteuergesetzes.
Vierte Versammlung der dentschen Landesgruppe der Internationalen kriminaliftischen Vereinigung. IV.
Gießen, 8. Juni. Es bestand die Absicht, noch einen im Pro⸗ gramm nicht vorgesehenen Sitzungstag abzuhalten, um das Strafen⸗ vstem zu berathen, welches Liner Reform des deutschen Strafgesetz⸗ buchs zu Grunde zu legen sei. Geheimer Rath Professor Seuffert mußte jedoch abreisen, und so können nur noch dessen Thesen skizziert werden. Er sieht das Ziel der Strafeinrichtung in einem rechtlich begrenzten und e . Güterschutz Die Strafanwendung soll Schuß egen weitere Verletzungen von seiten des Schuldigen gewähren, die Strafgesetze sollen Rechtsgüterschuz Aurch Generalpräpention und Be— i der ftaatlichen Strafgewalt im Interesse des Individual⸗ chutzes bezwecken. Demgemäß schläͤgt Seuffert folgende Strafen vor: Todesstrafe in Kriegszeiten, im Belagerungszustand und in den Schußgebieten; als Sicherungsstrafe Cinsperrung in einer Arbeits. anstalt in oder außerhalb Europas, welche wegen der Schwere der That bei gewissen Verbrechen auf Lebenszeit, wegen der Unverbesserlichkeit des Verurtheilten bei gewissen anderen Verbrechen auf unbestimmte Zeit zu erfolgen hat; als Abschreckungsstrafen: Gefängniß von 4 Wochen bis zu 5 Jahren, gegen Rückfällige und in gewissen anderen Fällen bis ju 10 JZahren; Geldstrafen, welche den Vermögens und GErwerbsverhältnifsen der Schuldigen ange⸗ paßt und im Falle ihrer Uneinbringlichkeit abzuverdienen sind; Ver⸗ weis mit bedingter Verurtheilung, einfacher Verweis; als Erziebungẽ⸗ und Besserungsstrafe das Besserungshaus auf 1 bis 5, unter Um— ständen 19 Jahre; bei Uebertretungen, welche anders als jetzt abzu⸗ grenzen sind, nur Geldstrafe. Körperliche Züchtigung ist unzuläfssig, zulässig hingegen Verschärfung der Strafe durch Hungerkoft, Enk— ziehung des weichen Lagers, Dunkelarrest, im Falle der Wieder setzlichkeit und der Gewalttbätigkeit auch Krummschließen. Die Auf⸗ sicht ũber r, , , wird in erster Instanz durch Strafvollzugs⸗ ausschüsse geführt, welche bei den Landgerichten aus deren Präsidenten, Eistem Staatsanwalt, einem Richter und sechs Vertrauensmännern gebildet werden, in zweiter Instanz durch eine beim Reichs⸗Juftizamt einzurichtende Strafvollzugskommission, die jährlich an den Reichs- kanzler Bericht zu erstatten hat.
Die , begaben sich in einer Anzahl von 85 bis 30 Personen nach Butzbach, wo ihnen die n n,, durch den Ministerial⸗Rath Schlippe, den Direktor Klehmet, den Pastor Roth und den Pfarrer Ambros gezeigt wurde. Die Anstalt ist vortrefflich eingerichtet; sie beherbergt aber Zuchthaus. und Gefängnißsträflinge gleichzeitig in gesonderten Flügeln; ein dritter Flügel ist im Bau.
Nach einem von der Großherzoglich hessischen Landesregierung dargereichten Mahle wurde noch das Zuchthaus Marienschloß, welches Gemeinschaftshaft bat, während Butzbach ausschließlich Zellenhaft kennt, besichtigt und demnächst der Kongreß mit einem gemeinschaft⸗ lichen Beisammensein im Hessischen Hofe zu Butzbach beschlossen.
Statistik und Volkswirthschaft.
Zur Arbeiterbewegung.
Der Dachdecker⸗Ausstand in Mainz soll nach der Frank— furter Zeitung! beendet sein. Den Gehilfen wäre Erhöhung des Lohnes bewilligt worden. (Vergl. Nr. 123 d. Bl.)
In Halle sind, wie der Vorwärts“ berichtet, die Böttcher der Hädicke'schen Werkstatt wegen Verweigerung einer geforderten Lohnerhöhung in den Ausstand getreten.
Wie das Leipziger Tageblatt meldet, beschloß eine am Sonn—⸗ abend Vormittag in Leipzig abgehaltene Versammlung der aus— ständigen Maurer im Ausstand zu verharren, etwaige Vermittlunge⸗
Der Ausstand der Briefträger in Budape st (vergl. Nr. 135 d. Bl.) ist, wie dem W. T. B. heute gemeldet wird, dadurch beendet worden, daß den Zurüdkehrenden Straflosigkeit zugesichert wurde und die Regierung ver sprach, die Beschwerdeschrift einer Prüfung zu unter- zieben. — Von zehn durch die sozialdemokratische Partei einberufenen Volksversamm lungen wurden zwei nicht abgehalten und eine aufgelöst. Die übrigen verliefen rubig.
In Wien versammelten sich gestern Vormittag gegen 4000 Ar—= beiter in verschiedenen Gasthäusern des Praters. Im Gasthause zum Tivoli wollte der Abgeordnete Pernerstorfer eine Rede halten, das Lokal wurde jedoch durch die Polizei geräumt. Hierauf begaben sich die Arbeiter in ein anderes Wirths haus, wo troß des Verbots des Polizei⸗Kommissars die Ansprachen fortgesetzt werden sollten. Ein Agitator, der in demonstrative Rufe ausbrach, wurde von der Sicherheits- wache verhaftet und zum Polizei⸗Kommissariat abgeführt. Unterwegs ver⸗ suchten die Arbeiter, den Verhafteten zu befreien, und bewarfen die berittenen Wachleute mit Steinen. Die Wachleute zerstreuten hierauf die Menge mit flacher Klinge und drängten sie schrittweise aus dem 5 hinaus. Es wurden im Ganzen 19 Verhaftungen vorgenommen.
ie Arbeitergruppen zogen sodann in der Richtung gegen das Parla⸗ ae e. weiter, um vor demselben Kundgebungen zu veranstalten. Die Polizei hielt jedoch das Gebäude besetzt und zerstreute die Menge. Dem W. T. B.“ zufolge wurden vier Wachleute, jedoch keine Arbeiter verletzt. ͤ In Brüssel wurden, nach einer Meldung des D. B. H.‘, geftern zwei große Versammlungen der Ziegelarbeiter abgehalten, in denen der allgemeine Ausstand beschlossen wurde.
Kunft und Wissenschaft.
In München ist, wie der Nat. tg. gemeldet wird, am 7. d. M., Mittags der hervorragende Historienmaler Professor Wilhelm von Lindenschmit kurz vor Vollendung seines 56. Lebensjahres gestorben. Er war am 20. Juni 1829 in München geboren als Sohn des 15485 verftorbenen gleichnamigen Historienmalers und erhielt seinen ersten Kunft⸗ unterricht in Mainz bei seinem Onkel Ludwig, dem Begründer des Römisch⸗Germanischen Zentralmuseums, sowie am Stãdel schen Inftitut in Frankfurt Ja. M. Nach weiteren Studien in Antwerpen und Paris ließ er sich 18553 in Frankfurt a M. nieder, wo fein Karton: Gefangennahme Franz L in der Schlacht bei Pavia, eine Evisode aus der Geschichte des Lötzow'schen Freikorps, der Tod Franz von Sickingen's und die Reformatoren. Versammlung in Marburg entstanden. 1863 siedelte Lindenschmit nach München über und zeichnete zunächst für Bruckmann die deutsche Ruhmeshalle. Von seinen übrigen Bildern sind zu erwähnen: Der Fischer und die Nixe (in der Schack schen Galerie), Luther als Kurrendeschüͤler im Dause der Frau Cotta, Lutber bei Andreas Proles, Ulrich von Hutten im Kampf mit französischen Adligen, die Stiftung des Jefusten⸗ ordens in Rom, Klosterfreuden ꝛc. Dazu kommen außer den Wand⸗ und Deckengemälden, die er im Hause Cramer's in Nurnberg ausfũhrte, noch der Tod Wilbelm's von Oranien, Falstaff und die luftigen Weiber, Knox und die schottischen Bilderstürmer, Anng Boleyn, Narziß, Venus an der Leiche des Adonis, Luther und Cajetan in Augsburg u. a. Sein letztes großes Historienbild war Der Einzug Alarich's in Rom.. Der Verstorbene war Mitglied der Berliner Akademie und bekleidete seit 15375 eine Professur für Historienmaierei an der Münchener Akademie.
Land⸗ und Forftwirthschaft.
Ernteergebniß der Kolonie Victoria im Jahre 139495.
Der von dem Regierungsstatistiker der Kolonie Victoria ver= öffentlichten Uebersicht über das Ergebniß der diesjährigen Ernte in der gedachten Kolonie entnehmen wir folgende Zablen:
Anbaufläche.
Weizen fer Mal gerste Andere Gerste Kartoffel Ac ke, , wer ,
1348208 262 283 84 251 11 863
Ertrãge. Weizen Hafer. Maligerste Andere Gerste Kartoffeln 5 Busbel Busbhel 6e Busbel Tonnen 8 11 226 809 5568 021 1314904 257 657 196 061
Durchschnittsertrag für den Acker.
56 224 487 481
616 856
Hafer. Mäligerste Aadere Gerste Kartoffeln ö ö
Busbel 15 61
8.33 21,23 21,72 3,49 1,ů27
Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Ma regeln.
Urugugy. . Durch Dekret der Regierung zu Montevideo vom 13. v. M. ist = ere 2. de 2 , aufgehoben und dur eine strenge esinfektion des Passagierguts ersetzt worden. (Vergl. . R. Anz.“ Nr. 127 vom 29. v. M.) ;
. .
Konstantin opel, 8. Juni. In Tarsus sind vom 3. Juni * , 26 Personen an der Cholera erkrankt und 15 ö orben.
Handel und Gewerbe.
Die Wochenübersicht der Reichs bank vom 7. Juni zei ĩ einem Gesammtkassenbestand von 1112153 000 6 * ö gegenüber eine Abnahme von 13975 0665 6, der Metallbestand allein hat um 1 679 900 0 abgenommen. Der Beftand an Wechseln im Betrage von 526 752 00565 S erscheint um 4755 500 60 und der Bestand an Lombardforderungen im Betrage von Oo2I5 900 4AÆ um 2 S807 000 νν niedriger. uf diesen beiden Anlagekonten ergiebt sich also eine Abnahme von 7 602 000 Auf passiber Seite hat der Betrag der umlaufenden Noten um 11 90 000 M abgenommen und belãuft sich auf 1 948 129 090 0, während die sonstigen täglich fälligen Verbindlichkeiten (Giroguthaben) bei einem Betrage von 54 016 00 M eine Zunahme von 2674 600 M erfahren haben.
Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Ruhr und in Oberschlefien. An der Ruhr sind am 8. d. M. gestenst 11 337, nicht recht. reti e z t 67 Fee ö erschlesien sind am 7. d. M. gestellt 3889, ni — jeitig geftellt keine Wagen. 7 K
Berlin, 8. Juni. Wochen bericht für Stärke, Stärke fabrikate und Hülsenfrüchte von Max Saberskr. 2. Kartoffelmehl 1774 -= 18 , Ia. Fartofferffarie 7. - 18 2 Ha. Kartoffelmehl IS — 164 „6, feuchte Kartoffel stärk Fracht; . r,. — — r, e Sprur 20— 200 4, * —2 46, ap. Export 22 - 22 a
elber 20 - 20 Do. Kap. 22. — . ier⸗Kuleur 32 - 34 4 ĩ
sekunda 2022 . inft ;
dorschläge der Gemeindebehörden aber nicht zurückjuwei sen. (Vergl.
ecken umfassen.
Nr. 134 d. Bl.)
. 1 . s ö. 2829 6, .
eisstärte (Strahlen) 49 =- , do. Studen