Gestern Abend verstarb hierselbst plötzlich der vortragende Rath im Justiz-Ministerium, Geheinie Ober⸗Justiz Rath Eichholz infolge eines Gehirnschlags Die preußische Justiz⸗ verwaltung hat durch den Tod dieses hervorragenden Beamten
einen schweren Verlust erlitten. Gustav Eichholz wurde am 18. Dezember 1837
zu Galitten bei Heilsberg geboren. Nachdem er 18654 zum Berichts-Assessor, 1867 zum Stadtrichter und 1876 zum Stadtgerichts⸗Rath in . i. Pr. ernannt worden war, wurde er 1882 zum Ober -Landesgerichts-Rath daselbst befördert und 1886 als Hilfsarbeiter in das Justiz— Ministerium berufen. Im Jahre 1887 erfolgte seine Ernennung zum Geheimen Justiz⸗Rath und vortragen⸗ den Rath uns im Jahre 1899 seine Ernennung . Geheimen Ober⸗Justiz⸗Rath. Seit 1887 war er Mitglied der Justiz— Prüfungskommission und 1890 wurde er als ständiges Mit⸗ glied in die zur zweiten Lesung des Entwurfs eines Bürger⸗ lichen Gesetzbuchs für das Deutsche Reich eingesetzte Kommission berufen. ö * . Ausgerüstet mit reichem Wissen und hoher Begabung sowie mit einer eminenten Arbeitskraft und großer geschäftlicher Ge⸗ wandtheit, hat der Verblichene stets schlicht und anspruchs los seines Amtes gewaltet. Ebenso ausgezeichnet wie durch sein erfolg⸗ reiches die 6 Zweige der Justizver waltung umfassendes amtliches Wirken war er durch die Lauterkeit seines Charakters und die Biederkeit seines Wesens, die ihm auch über das Grab hinaus eine warme Verehrung sichern werden. .
Durch Allerhöchste Bestallung vom 1 April d. J. war der Heimgegangene zum Präsidenten des Ober⸗-Landesgerichts in Posen ernannt und damit an die Spitze der Justizverwaltung der Provinz Posen gestellt worden. Es war ihm nicht beschieden, sein neues Amt anzutreten. Dagegen ist es ihm vergönnt gewesen, den Abschluß eines sein ganzes Sein erfüllenden Werks zu erleben, indem kurz vor seinem Tode die beiden letzten Bücher des Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuchs für das Deutsche Reich zweiter Lesung zur Veröffentlichung ge— langten. Auch in der mit dieser Lesung betrauten Kommission hat sich seine Thätigkeit zu einer im reichsten Maße frucht— bringenden gestaltet. Segen ruht auf seinen Werken und gesegnet wird sein Andenken bleiben.
Der General⸗Lieutenant von Spitz Direktor des Departe⸗ ments für das Invalidenwesen im Kriegs-Ministerium, ist hier wieder eingetroffen.
Der General-Lieutenant von Klitz ing, Kommandeur der 1. Garde⸗Infanterie⸗Division, hat Berlin verlassen.
Der Wirkliche Geheime Ober⸗Baurath im Reichs⸗Eisen⸗ bahnamt Streckert ist aus Thüringen hierher zurückgekehrt.
Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Königlich bayerische Ministerial⸗Rath von Heller ist hier angekommen.
Der hiesige Herzoglich braunschweigische Gesandte Freiherr von Cramm-Burgdorf hat Berlin mit Urlaub verlassen. Während seiner Abwesenheit hat die Königlich bayerische Ge⸗ sandtschaft die Führung der Geschäfte der Herzoglich braun— schweigischen Gesandtschaft übernommen.
Der hiesige hanseatische Gesandte Dr. Krüger hat Berlin verlassen, um sich an den Feierlichkeiten der Eröffnung des Nord⸗Ostsee⸗Kanals zu betheiligen.
Nach telegraphischen Meldungen an das Ober⸗Kommando der Marine ist S. M. S. „Marie“, Kommandant Kor— vetten⸗Kapitän Credner, am 16. Juni in Batavia ange⸗ kommen und beabsichtigt, am 20. JFJuni wieder in See zu gehen; S. M. S. „Wolf“, Kommandant Korvetten⸗Kapitaͤn Kretschmann, beabsichtigt, am 22. Juni die Heimreise von Batavia fortzusetzen.
italienische Geschwader
ü , c bestehend aus den
unter dem Vize-⸗Admiral Aceinni, Schlachtschiffen „Re Umberto“, „Andrea Doria“, „Sardegna“ und „Ruggiero di Lauria“, den Kreuzern „Stromboli und „Etruria“ und dem Torpedokreuzer „Partenope“, traf, gesterr um 15/0 Uhr auf der Föhrde ein. Die Schiffe wechselten Salutschüsse mit den Strandbatterien. Die beiden Flaggschiffe spielten „Heil Dir im Siegerkranz“. Der ru mänische Panzerkreuzer „Elisabeta“ und das norwegische Kanonenboot „Sleipner“ liefen gestern Nachmittag, das spanische Geschwader heute Vormittag in den hiesigen Hafen ein.
Seine Königliche Hoheit der
Sigmaringen, 17. Juni. heute von hier zur Kanal⸗
Fürst von Hohenzollern ist in, nach Kiel abgereist.
Bayern.
Ihre Königlichen Hoheiten der Prinz-⸗Regent und der Prinz Ludwig sind heute früh 6 Ur in Begleitung der Minister Freiherren von Crailsheim, Dr. von Riedel und von Feilitzsch mittels Sonderzugs nach Hamburg abgereist.
Sachsen. Die Abreise Seiner Majestät des Königs nach Hamburg zur Eröffnung des Nord⸗Sstsee⸗Kanals 46 dem „Dresd. Journal“ zufolge heute Abend.
Baden.
Seine Königliche Hoheit der Großherzog wird sich dem W. T. B. zufolge heute Abend zur Eröffnung des Nord⸗ Ostsee⸗Kanals nach Hamburg begeben. wo Höchstderselbe morgen früh eintreffen wird. Seine Königliche Hoheit wird von dem Minister des Großherzoglichen Hauses und der auswärti en Angelegenheiten von Brauer und von dem Chef des Ge⸗ heimen Zivilkabinets Dr. von Babo begleitet sein.
Mecklenburg⸗Schwerin.
Seine Königliche Hoheit der Großherzog empfing gestern Mittag in Schwerin in feierlicher Audienz den russischen Botschafter in Berlin Grafen von Osten-Sacken behufs Entgegennahme seiner Kreditive als außerordentlicher Gesandter und bevollmächtigter Minister am Großherzoglichen Hofe. Der Staats⸗Minister on Bülow wohnte der Audienz bei. Später wurde der Botschafter zur Frühstücks tafel geladen, an
Seiner heute Nachmittag zum Sommeraufenthalt nach Schloß Kamenz.
im Innern als prächtiger
. auch die in her. anwesenden Mitglieder des Großherzoglichen Hauses theilnahmen.
Mecklenburg⸗Strelitz⸗ 63 Königlichen Hoheiten der Großherzog und die Großherzogin werden am 6. Juli aus London in Neustrelitz zurückerwartet.
Braunschweig.
Seine Königliche Hoheit der Prinz Albrecht von Preußen, Regent des Herzogthums Braunschweig, reist dem W. T. B.“ zufolge heute Nachmittag zur Eröffnung des Nord⸗QDstsee⸗Kanals von Blankenburg nach amburg ab. Ihre ,. Hoheit die Prinzessin Albre yt begiebt sich mit
öniglichen Hoheit dem Prinzen Friedrich Wilhelm
Sachsen⸗Coburg⸗Gotha.
Seine Hoheit der Herzog ist heute Vormittag von London abgereist, um sich über Ostende nach Hamburg zu be— geben.
Samburg.
Ueber die Ausschmückung Hamburgs für den morgigen Festtag wird von dort berichtet: Am Dammthor—⸗ Bahnhof, wo Ihre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin und die Fürstlichkeiten am 19. eintreffen, ist eine Doppelreihe von guirlandenumwundenen Flaggen— stangen aufgepflanzt. Perron und Vorhalle sind mit Kränzen, Fahnen und Wappen reich dekoriert. Neben dem eigentlichen Bahnhof ist ein großes Empfangszelt errichtet und lumengarten ausgestattet. Hier werden Bürgermeister, Senatoren und drei Damen des Senats Ihre Majestäten empfangen. Die Straßen, welche der Kaiser passieren wird, sind größtentheils als einheitliche Via triumphalis gestaltet; Mastbäume, mit Guirlanden unter einander verbunden, tragen reichen Flaggenschmuck; an den Kreuzungspunkten ragen baldachinartige Aufbauten mit Emblemen und Bannern bis zu der Höhe des dritten Stockwerks der be⸗ nachbarten Häuser empor. Ganz besonders zeichnen sich aus: KRödingsmarkt, Alterwall, Neuerwall und der Graßkeller, wo Triumphbögen, bekränzte Mastbäume, Tannenbäume, Eichen— laub, Fahnen und Banner mit einander wetteifern. Das Hauptinteresse konzentriert sich auf die neu ent— standene Alsterinsel, auf welcher am Abend des 19. nach dem Diner im Rathhause eine Festlichkeit stattfindet. Inmitten der Binnenalster, wo sonst die kleinen Dampfer kreuzen, erhebt sich auf unsichtbaren Pfählen eine größere Insel mit zwei vorgeschobenen Klippenforts. Das Grau der Felsen wird belebt durch das Grün der ange— pflanzten Sträucher und größeren Bäume. Eine breite statt⸗ liche Landungsbrücke führt gerade auf den Hauptbau zu: eine reich deforierte Festhalle. Zur Seite überragt das Ganze ein mächtiger Leuchtthüurm alt- ehrwürdigen Stils mit freundlichem Erker und kleinen Fenstern; von seiner Plattform soll Abends ein Scheinwerfer den ganzen Kreis der Ufer bestrahlen. Breite Wege, Ter— rassen mit Aussichtsplätzen und Pavillons umgeben die Baulichkeiten. Ebenso eigenartig wie die Insel felbst sind auch die Vorkehrungen für die Zuschauer: längs der Alster— ufer sind auf den bekannten schwarzen Hamburger Schuten große Tribünen errichtet, fast im ganzen Umkreis des Beckens, und andere Tribünen werden oben auf den flachen Dächern der das Becken umrahmenden großen Häuser erbaut.
Die auswärtigen . die sich zu den Feierlichkeiten anläßlich der Eröffnung des Nord-Sstsee⸗ Kanals nach Kiel begeben, wurden, wie „W. T. B.“ berichtet, gestern in Hamburg bei ihrer Ankunft auf dem Bahnhof durch Deputirte des Preßausschusses empfangen. Um 8 Uhr Abends begannen sich die Räume des an der Außenalster belegenen Etablissements „Alsterlusr mit Vertretern der Presse zu füllen. Anwesend waren gegen 200 Personen. Nach Begrüßungsansprachen des Senators Hachmann und des Vorsitzenden des Hamburger Preßaus⸗ schusses Büsching und nach einer Erwiderung Pr Dernburg's dankten mehrere Vertreter ausländischer Nationen. Von anderer Seite wurde ein Hoch auf den Hamburger Preß⸗ ausschuß ausgebracht, in welches alle begeistert einstimmten. Um 106 / Uhr begaben sich die Festtheilnehmer auf zwei Dampfern nach der glänzend erleuchteten Alster⸗ insel, von deren Leuchtthurm 8e , das Alsterufer be— strahlten. Das Kaiserzelt sowie die gesammte Lichtwirkung er— weckten die allgemeine Bewunderung. Vom Alsterufer sah eine nach Tausenden zählende Menge dem prächtigen Schau⸗ spiele zu. Die Alster selbst war tretz der späten Stunde mit Ruderbooten bedeckt. Das Wetter war prächtig. Heute Vor⸗ mittag unternahmen etwa 109 Vertreter der Presse auf dem Dampfer „Falkenthal“ eine Fahrt durch sämmtliche Häfen.
Oefterreich⸗ Ungarn.
Der Kaiser empfing gestern Nachmittag den Minister⸗ Präsidenten Fürsten Windischgrätz in längerer Audienz.
In einer gestern Abend abgehaltenen 2 der ver⸗ einigten deutschen Linken, welcher 8; Mitglieder bei—⸗ wohnten, wurde, wie „W. T. B.“ berichtet, betont, daß die politische Lage sich in der „Cillier“ Frage wohl am meisten zu⸗ Pitze, daß sie aber überhaupt nach Klärung dränge. Bei ber Diskussion kam auch die Wahlreform und die Haltung der Regierung gegenüber den extremen Parteien zur Sprache. Nach längerer Debatte wurde sodann nachstehender Beschluß einstimmig gefaßt:
„- Die vereinigte deutsche Linke spricht sich dahin aus, daß das Festhalten der anderen koalierten Parteien an ihren Standpunkten betreffs des slovenischen Gymnasiums zu Cilli es der vereinigten Deutschlinken unmöglich mache, der Koalition weiter anzugehören. Die Partei hat damit in den Klubstatuten entsprechender Form und mit der erforderlichen qualifizierten Majorität durch einen sämmtliche Parteimitglieder bindenden Beschluß die am 13. Juni ausgesprochenen Anschauungen von neuem ausgedrückt und qutgeheißen.
Der Klub beauftragte zum Schluß den orstand, die ge⸗ faßten Beschlüsse in , Weise auszufuͤhren.
Der Polen klub beschloß gestern einstimmig die Ver⸗ öffentlichung eines Communiqués, worin es heißt: Bei Gelegen⸗ heit der Debatte über den 3 1 und 2 des Entwurfs des Sub⸗ comitès des Wahlreformausschusses wurde von vielen Seiten die politische Lage zur Sprache gebracht. Hierbei sprachen sich gewichtige Stimmen für die Not wendigkeit der Erhaltung einer
Koalition der gemäßigten Parteien aus, welche in der gegen ⸗ wärtigen Lage die Garantie für die Durchführung von
allgemeinstaatlichen Zielen, sowie von Gesetzentwürfen biete die nicht nur ein Programm der Koalition, sondern auch eine aus der Situation selbst , politische Noth⸗ wendigkeit bildeten, die jetzt ebenso evident sei wie vor 11½ Jahren. . .
Wie das „Fremdenblatt“ mel det, hat sich das Ministe— rium dahin geeinigt, sein Entlassungsgesuch zu unter⸗ breiten, falls die Linke auf dem Austritt aus der Koalition beharre. . .
Der Budgetausschuß der österreichischen Dele— gation hielt gestern unter dem Vorsitz des Obmanns Delegirten Ruß seine erste Sitzung ab. n n, des Be⸗ richterstatters Dum ba ergriff der Minister des Aeußeren Graf Goluchowski das Wort und bemerkte, er wolle die Geduld des Ausschusses nicht durch Wiederholung des im ungarischen Ausschuß von ihm Gesagten auf die Probe stellen; er sei fest entschlossen, von der bisherigen Richtung der österreichischen Politik nicht abzuweichen. Der Dreibunß und die gleichzeitige Pflege der freund ,, . Beziehungen nach allen Seiten bliehen die Merkmale der auswärtigen Politik. Die gegenwärtige Lage derselben und der Zustand des Friedens ermöglichten es, im Einvernehmen mit beiden Regierungen den handelspolitischen Beziehungen einen kräftigen Impuls zu geben. Im Verlauf der Debatte über das Budget des Aeußern sprach sich der jungczechische Delegirte Herold unter Hinweis auf den . llianzvertrag dahin aus, daß er nicht der Ansicht des Ministers sei, der Dreibund bilde die alleinige Grundlage freundschaftlicher Be ziehungen zu den Mächten. Die Ausführungen des Abg. Serold wurden von den Delegirten Menger, Graf Baden, Sueß und Graf Hohenwart bekämpft, welcher letztere auch hervorhob, daß die angebliche Präponderanz Ungarns auf die außere Politik gesetzlich nicht begründet sei, und daß im übrigen der öͤsterreichische Minister⸗Präsident mit dem Minister des Aeußern ebensoviel verkehre wie der ungarische. Nach Erledigung des Budgets des Aeußern wurde die Schlußrechnung für 1893 ohne Debatte genehmigt. Sodann wurde die Berathung des Heerxesordinariums, in der Generaldebatte zu Ende geführt. Im Verlaufe derselben erklärte der Kriegs-Minister von Kriegham mer, daß er es für seine Pflicht halte, die Armee von jeder politischen Kund— gebung fernzuhalten, allo auch von den Vereinen, welche Politik trieben. Es müsse auf vorbeugendem Wege dafür gesorgt werden, daß Offiziere an keinerlei politischen De— monstrationen theilnähmen, wie dies ja auch in anderen Staaten, welche Regierungsform dieselben auch haben möchten, gehalten werde.
Der vereinigte Viererausschuß der ungarischen Delegation nahm den Voranschlag der außerordentlichen Erfordernisse für die im Occupationsgebiete befind⸗ lichen Truppen für 1895 an. Die Delegirten Berzevicz und Gyurkovics erkannten in warmen Worten die Ver— dienste Baron Kallay's um die occupierten Provinzen an. Baron Kallay dankte für die Anerkennung und beantwortete in längerer Rede mehrere Fragen der beiden vorgenannten Redner. Zum Schluß sprach unter allgemeiner Zustimmung der Präsident Szell dem Baron Kallay den Dank und dir Anerkennung der Delegation aus.
Großbritannien und Irland.
In der gestrigen 61 des Unterhauses beantragte bei der Berathung des Berichts, betreffend den Budgetposten für die beiden Häͤuser des Parlaments, der irische Abgeordnete Mac Carthy, von dem Posten 500 Pfund für die Errichtung eines Standbildes für Fromwell zu streichen, welche eine Beleidigung des irischen Volks sei. Der Chefssekretär für Irland Morley erklärte, er sei über die Haltung der irischen Mitglieder überrascht; er verstehe indessen deren Gefühle, könne jedoch nicht annehmen, daß die Konservativen wieder wie am vergangenen Freitag abstimmen würden. Er habe niemals die Politik Cromwell s bewundert, doch sei dieser der Begründer von Englands Größe zur See gewesen und ein Mann, der die Macht Eng⸗ lands in Europa größer gemacht habe, als sie je zuvor gewesen sei. Angesichts der Haltung der irischen Müglieder und der Opposition der Konservativen würde das Denkmal indessen nicht von wahrhaft nationalem Charakter sein; die Regierung werde sich daher der Zurückziehun der Forderung für das Denkmal nicht widersetzen. Hierauf wurde der Antrag Mac Carthy's mit 220 gegen 83 Stimmen an— genommenz die Mitglieder der Regierung stimmten mit der Mehrheit. Sodann theilte der Präsident des Landwirthschafts⸗ und Ackerbauamts Gardner mit, daß England auf der interngtionalen Konferenz zu Paris zum Schutze der wilden Vögel durch Sir Herbert Maxwell, Howard, Daunders und ein Mitglied der Pariser Botschaft verkreten sein werde.
Die Times“ von heute Morgen schreibt: Jeder Mann an Bord der britischen Kriegsschiffe in Kiel schließt sich mit herzlichster Freude den Glückwünschen fuͤr den Deutschen Kaiser und das deutsche Volk zur Vollendung des Vord-⸗Ostsee⸗Kanals an. Das britische Volk wünscht die Tiefe und Wahrhaftigkeit seiner Theilnahme an allem zu beweisen, was die Wohlfahrt der befreundeten Nation befördert, in deren Größe sie eine Bürgschaft für die Freiheiten Europas und für die Zukunft der Zivilisation er⸗ ennt. Die Art, wie Deutschland von seiner gegenwärtigen stolzen Stellung unter den Mächten Gebrauch macht, hat die guten Wünsche Englands für Deutschland vertieft. Kein Land sendet in dieser Woche Deutschland und seinem Kaifer herz licheren Glückwunsch als England.
Frankreich.
Der russische Botschafter Baron Mohren heim begab sich gestern Nachmittag 2 Uhr in Begleitung des esammten Botschaftspersonals nach dem Elysse, um dem Präsidenten der Republik Faure die Kette des Sanct Andreas Ordens zu üherreichen. Der Präsident war von dem Minister⸗Präsidenten Ribot, dem Minister des Aeußeren Hanotaux und seiner militärischen Begleitung umgeben. Der Botschafter Baron Mohrenheim, der mit militärischen Ehren empfangen wurde, hielt, nach einer Meldung des W. T. B.“, bei der Ueberreichung der Insignien folgende Ansprache: .
„Im Namen des Kaisers, meines erhabenen Herrn, habe ich die hohe Ehre, Eurer Excellen; die Insignien der Kaiserlichen Orden zu überreichen, welche Seine Majestät Sie als Zeugniß feiner hohen Freundschaft anzunehmen bittet. Wollen Sie darin ein neues Unter⸗ pfand der Gefühle erkennen, von denen Sesne Majeftãt unverãnderlich für Frankreich und dessen verehrtes Oberhaupt beseelt ist, welches in würdigster und vornehmster Weise den edlen Eharakter und den friedlichen Geist der großen Nation verkörpert, die ihn mit den Ge⸗ walten bekleidete. Ich schätze mich glücklich, daß ich bei diesem denk= würdigen Anlaß meine Freude aussprechen darf zu der Fortdauer
der so glücklich begründeten Beziehungen zwischen unseren beiden
dern. . 9 Auf die Ansprache des Botschafters Baron Mohrenheim erwiderte der Präsident Faure:
Ich bin ö. glücklich, aus Ihren Händen die huldvolle Bot⸗ schaft Seiner Majestät sowie die Insignien der Kaiserlichen Orden zu empfangen. Ich bitte Sie, bei Seiner Majestät der Dolmetsch der Gefühle zu sein, mit denen dieses neue und kostbare Pfand' der Sympathie, von welcher der Kaiser nach dem Vorbilde seines ruhm⸗ reichen Vaters für mein Land beseelt ist, und die zwischen den beiden Völkern so glücklich bestehende Freundschaft mich erfüllt. Ich möchte meinerseits heute Ihnen den Aus- druck der Wünsche erneuern, die ich mit ganz Frankreich für das Glück und eine lange Regierung Ihres erhabenen Herrschers wie für die 2 des Reichs hege, dessen Geschicke seiner Weisheit an— vertraut sind.“
Nachdem der Präsident einige Augenblicke in der Unter— haltung verweilt hatte, begab sich der Botschafter unter Er— e. der militärischen Ehren wieder nach dem Botschafts⸗
ebãude. 2 r In der gestrigen Sitzung der Deputirtenkammer brachte im Verlaufe der Debalte über den Gesetzentwurf, be⸗ treffend den Militärdienst der Studierenden der Medizin, der Deputirte Jourdon einen Antrag ein, worin verlangt wird, eine Armee⸗-Kommission solle ein Gesetz vorbereiten, welches den zweijährigen Dienst unter Streichung jeglicher Dispensation 5 Der Antrag wurde mit 349 gegen 182 Stimmen abgelehnt. Der Deputirte Al ype a , eine Interpellation über die Umtriebe Italiens in Abessinien zum Nachtheil der Interessen Frankreichs einzubringen. Der Minister des Aeußern . notaux verlangte die Vertagung der Verhand⸗ lung über diesen Antrag und fuͤgte hinzu, die Regierung be— schäftige sich mit dieser Frage. Die Kammer nahm soͤdann die Berathung über die Reform des Getränkesteuer— gesetzes wieder auf.
Rußland.
Der Kaiser und der Großfürst Michael Nikola je⸗ witsch, alle Min ister und die Mitglieder des Minister— Comité s wohnten, wie W. T. Ph meldet, gestern in Zarskoje-Sselo der letzten Trauermesse bei der Leiche des ehe⸗ maligen Präsidenten von Bunge bei. Nach der Trauer— messe wurde die Leiche von Zarskoje⸗Sselo nach der Station Alexandrowskaja an der Bahn nach Warschau übergeführt, um 94 Kiew gebracht zu werden. Die Beisetzung soll dort erfolgen.
Der Großfürst Alexis hat sich gestern zur Theilnahme an den Festlichkeiten anläßlich der Eröffnung des Nord⸗Ostsee= Kanals von St. Petersburg nach Kiel begeben.
Italien.
Die Bureaux der Kammer beriethen gestern Nach— mittag die Vorlagen über die Maßnahmen bezüglich der Finanzen und des Staatsschatzes, welche am 13 Januar durch den Schatz⸗Minister Sonnind und den Finanz-Minister Boselli eingebracht waren, und ernannten nur Minssterielle zu Kommissaren. Somit hat das Kabinet einen vollständigen Sieg in den Bureaux davongetragen.
Türkei.
Der „Standard“ meldet aus Konstantinopel: vorgestern Abend habe die ö. die Antwortnote auf die For— derungen der Mächte bezüglich Armeniens überreichen lassen. Deren Inhalt solle, wie verlaute, in weitem Maße befriedigend sein.
Schweden und Norwegen.
Nach einer Meldung des W. T. B.“ aus Christiania verlautete gestern daselbst Bonnevie werde am Nachmittag dem König mittheilen, daß er nach Erwägung der Lage den Auftrag, die Bildung eines Koalition s⸗Ministertiums zu versuchen, übernehmen werde.
Afrika.
Der „Times“ wird aus Sansibar vom 17. d. M. ge— meldet: da der Araber Mebruck ben Raschid das britische Ultimatum unbeachtet gelassen habe, so seien am 16. d. M in Jakaungu 350 eingeborene Soldaten, 3060 Matrosen und 3 Kanonen gelandet worden. Gongora sei ohne Widerstand besetzt worden. Das Kriegsschiff „Magpie“ sei nach Malindi abgesandt worden.
Parlamentarische Nachrichten.
Der Schlußbericht über die gestrige Sitzung des hen fen der Abgeordneten befindet sich in der Ersten Beilage.
— In der heutigen (77) Sitzung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Minister für Handel und Gewerbe Freiherr von Berlepfch, der Finanz⸗Minister Dr. Miquel und der Minister für andwirthschaft Freiherr don Hammerstein beiwohnten, gelangte der Gesetzentwurf, betreffend die Errichtung einer Zentralanstalt zur För— derung des genossenschaftlichen Personalkredits, zur ersten Berathung.
Das Wort ergriff zunächst der Finanz ⸗Minister . anne zu einer längeren Rede über den Zweck der
orlage.
(Schluß des Blattes.)
— —
Nr. 24 des Zentralblatts für das Deutsche Reich“, berausgegeben im Reichsamt des Innern, vom 14. Juni, bat olgenden Inhalt: Konsulatwesen: Ernennung; — Exequatur-Er—= khellung, — BankWesen: Status der deutschen Notenbanken Ende Mai 1595. — Zoll. und Steuer⸗Wesen: Abänderung des Verzeich⸗ nisses der Reichsbevoll mãchtigten und Stations ⸗Kontroleure; — Ver- Nerungen in dem Stande oder den Befugnissen der Zoll- und Sten e ftellen Polizei⸗Wesen: Ausweifung von Ausländern aus i Reichsgebiet. — Anhang. Militär⸗Wesen: Gesammt ⸗Verzeichniß er jur Ausstellung von Zeugnissen lber die Befähigung für den ein⸗
lãhrig . freiwilligen Militãrhienst berechtigten Lehranstalten.
z Me, g dee, entralblatts der Bauverwaltung“, r ausgegeben im? inisterxium der öffentlichen Arbeiten, en 15. Juni, hat folgenden Inh alt: Das Studium der Pflanzen⸗ Hsemen, Wiederaufbau der Eckthürme auf dem Hauptgebäude der er sttãt in Bonn. — Wildba chberbauungen in Sefterreich in den . leten der Elbe, Oder und Weichsel. — Entgleisung eines Güter— Den = Vermischtes: Um und Erweiterungsbau' des Polizei- ka nstgehäudes in Königsberg i. Pr, — Wettbewerb um ein Rath—
us in Stuttgart. — Wahl des Fräsidenten der Königlichen Akademie
der Künste in Berlin. — Ueber die Elastizität von Beton. — Einstur; einer hölzernen Gerüstbrücke. — Preußischer Beamten, Verein in Hannober. — Neue Patente.
Entscheidu ngen des Reichsgerichts.
Nach §5 5a Abf. 1 des Krankenversicherungsgesetzes vom 10. April 1892 gilt für Personen, welche in Gewerbebetrieben beschãftigt sind, deren Natur es mit sich bringt, daß einzelne Arbeiten an wechselnden Orten außerhalb der Betriebsstätte aus— fn rt werden, auch für die Zeit, während welcher sie mit solchen
rbeiten beschäftigt sind, als Beschäftigungsort der Sitz des Ge⸗ werbebetriebs. Diese Bestimmung ist, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, 17. Zivilsenats, vom 7. Februar 1895, so zu verstehen, daß bei den darin erwähnten Gewerbebetrieben der Ort der gewerb— lichen Niederlassung, die Betriebs stätte, von welcher aus das Gewerbe betrieben wird, nicht die wechselnde, außerhalb desselben belegene jeweilige Arbeits stätte, als die für die Gemeindekrankenversicherung maßgebende Beschäftigungs gemeinde anzusehen ist, und zwar nicht bloß für ständ ige Arbeiter, sondern durchweg auch für un ständ ige Arbeiter, die ein solcher Gewerbetreibender lediglich für eine außerhalb seines Niederlassungsorts vorübergehende Arbeit angenommen hat, ohne damit ein dauerndes Arbeitsberhältniß zu begründen. — Fünf in Berlin domizilierende Baugeschäfte beschäftigen seit mehreren Jahren eine große Zahl von Arbeitern bei der Ausführung umfangreicher Bauten in Lichtenberg. Obgleich diese Arbeiter auf den Baustellen in Lichtenberg für die dortigen Bauten angenommen worden sind und bezahlt werden, zum theil auch in Lichtenberg wohnen, ist ihre Kranken⸗ versicherung durch die erwähnten Baugeschäfte bei einer Berliner Orts⸗ krankenkasse bewirkt worden. Die Ortskrankenkasse zu Lichtenberg war jedoch der Ansicht, daß die gedachten Arbeiter ihr angehsrten, und krohte demgemäß den fünf Baugeschäften die zwangsweise Einziehung der r en Krankenkassenbeiträge an. Auf die Klage der fünf Bau⸗ geschäfte gegen die Ortskrankenkasse zu Lichtenberg auf Anerkennung, daß Kläger nicht verpflichtet seien, ihre Arbeiter der bezeichneten Kategorie bei der Beklagten gegen Krankheit zu versichern, erkannte die Berufungsinstanz nach dem Klageantrage, und Tie Revision der Beklagten wurde vom Reichsgericht zurückgewiesen, indem es in Ueber⸗ einsätimmung mit einer Anwelsung des Reichskanzlers vom 3. Oktober 1884 dem später formulierten 5 5a Abs. J des Krankenver⸗ sicherungsgesetzes die oben mitgetheilte Auslegung gab und des weiteren ausführte: Daß die in dieser Weise erfolgte Regelung sich durch Einfachheit auszeichnet und die sonst unvermeidlichen Schwierigkeiten und Zweifel verhütet, daß sie namentlich den Verkehr der Arbeitgeber mit den Krankenkassen sowie die Geschäftsführung der letzteren wesentlich erleichtert, liegt auf der Hand. Bei der von der Revision vertretenen Auslegung des Gesetzes würden Berliner Bauunternehmer, die gleichzeitig in Berlin und in Vororten Bauten ausführen, zu Anmeldungen“ und Ein— zahlungen bei mehreren Krankenkassen, die verschiedenen Krankenkassen aber zu einer oft sehr mühsamen Prüfung der Zugehörigkeit der einzelnen Bauarbeiter genöthigt sein. Wenn vorliegend alle von den Klägern sowohl bei dem Bau der städtischen Irrenanstalt Herzberge wie bei dem Neubau des Klagers zu 3 beschãftigten Per sonen in Lichtenberg selbst angenommen worden sind, so wird doch häufig genug bei auswärtigen Bauten eine Vermischung der von Berlin aus an die Baustesse verschickten Arbeiter mit den dort angenommenen stattfinden, und selbft für die letzteren ist eine spätere Verwendung zu Bauten, die in Berlin oder in. Nachbargemeinden ausgeführt werden, nicht ausgeschlossen. Anderer⸗ seits steht es im Falle des Bedürfnisses der höheren Verwaltungs⸗ behörde nach §§ 69 ff. Krankenversicherungsgesetzes jederzeit frei, für auswärtige Bauten, bei denen eine größere Zahl von Arbeitern be— schäftigt wird, die Einrichtung besonderer Bau⸗Krankenkassen an—⸗ zuordnen, und sofern dies nicht geschieht, wird Uebelständen, die etwa aus der weiteren Entfernung der zuständigen Krankenkasse für die Ver— sicherten erwachsen könnten, auf dem in 57a des Gesetzes bezeich- neten Wege regelmäßig abzuhelfen sein. (355/94)
— Gewährt ein , seinem Darlehnsgläubiger eine Hypothek auf seinem Grundstück mit der in der Schuldurkunde vereinbarten Maßgabe, daß er für die Sicherheit des Kapitals, für Zinsen und Kosten perssnlich nur so lange haften solle, als er Eigen⸗ thümer des Grundstücks ist, für den Fall der Veräußerung des Grundstücks aber seine persönliche Haftbarkeit erlöschen soll, so geht, nach einem Urtheil, des Reichsgerichts, V. Zivilfenats, hom 25. Januar 1895, im Gebiete des Preußischen Rechts das durch diese Vereinbarung geschaffene Recht des Darlehnsnehmers zwar auf seine Erben als solche, nicht aber auf den Erwerber des belasteten Grund- stücks äber, an welchen der Darlehnenehmer oder deffen Erben das Brundstück veräußert haben. Hat der Erwerber die Hypothek als Selbstschuldner in Anrechnung auf den Kaufpreis übernommen, so bleibt dieser bei der Weiterveräußerung des Grundstücks für die Hypothekenschuld gemäß § 41 des Preußischen Eigenthumerwerbs⸗ gesetzes persönlich haftbar. Dasselbe gilt auch für den Fall, daß die Erben des Darlehnsnehmers durch Erbtheilung und Auflassung das Grundstück an einen Miterben übertragen; diese Uebertragung ist als eine Veräußerung im Sinne des Schuldscheins zu erachten. Der Hauseigenthümer B. hatte auf seinem Grundstück N . . Straße zu Berlin auf Grund der Schuldurkunde vom 19. Juni 1876 eine Darlehnshypothek von 36 600 6 für den Darlehnsgeber M. eintragen lassen. Die Schuldurkunde enthielt die Erklärung des B.: „Für die Sicherheit des Kapitals der 36 000 4 sowie für die Zinsen und Kosten will ich persönlich nur so lange haften, als ich Eigenthümer des Grundstücks R.. . Straße bin; so— bald ich das Grundstück veräußere, erlischt meine perfönliche Ver⸗ pflichtung für das Kapital, Zinsen und Kosten. — B. verstarb später und hinterließ 5 Erben. Diese ließen bei der Erbschafts⸗ theilung das Grundstück an den Miterben Karl B. auf, welcher bei der Erbtheilung die M.sche Hypothek Jin Anrechnung auf seinen Erbtheil übernahm. Mehrere Jahre späͤter, im Mai 1892. berkaufte Karl B. das Grundstück an C. welcher die M. sche Hypothet in Anrechnung auf den Kaufpreis übernahm. Während dessen Besitz⸗ zeit wurde das Grundstück ar n ern, wobei die M.'sche Hypothek mit ca. 23 000 M ausfiel. Die Erben des Darlehnsgebers M. welcher inzwischen ebenfalls verstorben war, klagten nunmehr gegen Karl B. auf Zahlung des bei der Subhastation ausgefallenen Be— trags nebst Zinsen und erstritten in der Berufungsinstanz ein ob⸗ siegliches Urtheil. Die Revision des Beklagten wurde vom Reichs— gericht zurückgewiesen, indem es unter anderem begründend ausführte: „Mit dem Tode des n , Darlehnsschuldners ging dessen persönliche Schuldverbindlichkeit bei der streitigen Hypothek auf deffen Erben über. Diese hafteten nach der Schuldurkunde von 1875 fo lange, als sie Eigenthümer des Pfandgrundstücks blieben; deren Haftung hörte aber in dem Augenblick auf, wo sie das Grundstück in der Weise veräußerten, daß der Erwerber infolge der Uebernahme der Hypothek in Anrechnung auf den Erwerbspreis an ihre Stelle als persönlicher Schuldner trat. Etz fragt sich, ob die Uebertragung des mit der Hypothek belasteten Nachlaßgrundstücks an den Beklagten als Miterben hei der Erbtheilung im Jahre 1886 eine folche Veräußerung darstellt. Das Berufungsgericht bejaht dies aus der festgestellten Absicht der Kontrahenten. Rechtliche Bedenken stehen dem nicht entgegen. Daß überhaupt eine Veräußerung und ein Erwerb statisindet, wenn die Erben ein Nachlaßgrundstück einem von ihnen zum Alleineigenthum übertragen, hat das Reichsgericht schon mehrfach ausgesprochen. Ebenso ist entschieden, daß die Rechts folgen des § 41 des Eigenthumerwerbsgesetzes eintreten, wenn der Miterbe, dem das Alleineigenthum übertragen wird, die auf dem veräußerten Grundstück eingetragene Hypothek in Anrechnung auf den ihm zu⸗ fallenden Erbtheil übernimmt. Daß der übernehmende Miterbe bereits als Erbe für die Hypothek als Nachlaßschuld persönfich ver⸗ haftet ist, verhindert dies nicht; denn es ist nicht ausgeschlossen, daß jemand aus mehreren Rechtsgründen persönlicher Schuldner derselben Forderung wird, und die Anwendung des F 41 des Eigen⸗
verbunden mit Frösten und heftigen Winzen,
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thumerwerbsgesetzes ist nicht an die Voraussetzung ge⸗ bunden, daß der Erwerber auf Grund der Uebernahme als ein neuer, bisher noch außerhalb des Schuldnexus stehender per⸗ säönlicher Schuldner neben die bereits Verhafteten fritt. Hier trifft übrigens auch nicht zu, daß der Beklagte infolge der Uebernahme aus einem zweiten Grunde verfönlich haften würde. Denn, soweit er als Erbe Schuldner der Nachlaßschuld war, wurde er nach der Be= stimmung der Schuldurkunde von 1875 mit den übrigen Erben von der persoͤnlichen Verbindlichkeit frei, als er das Grundstück durch Auf⸗ lafsung erwarb und durch seine vertragliche Uebernahme persönlicher Schuldner der Hypothek wurde. Von da ab blieb feine persõnliche Verbindlichkeit also ausschließlich als vertraglich übernommen be— stehen. (27ö5 / 94.)
Entscheidungen des Ober⸗Verwaltungsgerichts.
Ein Konsum verein (eingetragene Genossenschaft), der entgegen seinen Bestimmungen in vereinzelten Fällen an Nicht mit⸗ glieder Waaren abgiebt, ift, nach einem Urtheil des Sber Ver= waltungsgerichts, II. Senats, vom 5. Januar 1595, der Gem einde⸗ Einkommen steuer unterworfen. Nicht minder geht der Geschãfts⸗ betrieb eines Konsumvereins über den Kreis seiner Mitglieder und ist der Gemeinde Einkommensteuer unterworfen §S I des Kom⸗ munalabgabengesetzes vom 27. Juli 18865 und § 33 3. 3 des Kom- munalabgabengesetzes vom 14. Juli 1893), wenn itglieder aus seinem Lager Waaren zu dem erkennbaren Zwecke entnehmen, als Händler diese an jeden Nachfragenden weiter a bzulafsen, ohne Gewähr dafüͤt, daß der weitere Abnehmer. von der Theilnabmne an den Vorzugspreisen der Mit— glieder ausgeschlossen bleiben wird. — Ber Konsumverein V. in der Stadt L., eine eingetragene Genossenschaft, welche statutaris nur an Mitglieder Waaren verkauft, wurde trotzdem vom Magistrat zu S. zur Einkommensteuer herangezogen. Der Verein klagte auf Freistellung. Diese Klage wurde aber vom Bezirksausschuß abge⸗ wiesen, nachdem derselbe festgestellt hatte, daß einem Nichtmitgliede, welches z. Z. allerdings seine Aufnahme in den Verein bereits beantragt hatte, Waaren aus den Vereinsbeständen verkauft worden waren, und daß Händler und Hausierer, welche Mitglieder des Vereins waren, Waaren aus dem Vereinslager entnommen hatten zu dem offen ausge— srochenen oder doch sonst unschwer erkennbaren Zweck, diefe an jeden Nachfragenden abzusetzen, und daß der Verein diefen Vermittlungs⸗ derkehr , . hatte. Die Revision des Konfumvereins wurde vom Ober⸗Verwaltungsgericht verworfen, indem es begründend ausführte; Es ist nicht abzusehen, warum nicht schon in der ein— maligen Abgabe von Waaren seitens der Genossenschaft an einen Dritten ein Hinausgehen des Betriebs über den Kreis der Mitglieder sollte gefunden werden können. Keinenfalls bietet das Gesetz irgend einen Anhalt für die Voraussetzung, daß es unter demjenigen Hinaus⸗ gehen des „Geschäfts betriebs- über den Mitgliederkreis, an welches die Steuerpflicht geknüpft wird, nur ein gerade g ewerbsmäßig sich vollziehendes habe perstanden wissen wollen. Ob die Zeugin, so. lange sie dem Verein noch nicht als Mitglied an⸗ ehörte, etwa nur einmal oder — wie es scheint — zu wieder- . Malen Vereinswaaren empfangen hat, mag dahin⸗ gestellt bleiben, desgleichen ob nicht vielleicht bei freier Würdigung dieser Fall, wenn er allein dastände, eine dem Kläger minder un—⸗ günstige Beurtheilung zugelassen hätte. Allerdings will die Zeugin damgls ihre Aufnahme in den Verein bereits beantragt gehabt haben; es ist aber nicht etwa behauptet worden, daß sie gemäß 5 8 Abs. 3 des Genossenschaftsgesetzes vom 1. Mai 1859 bereits die Erklärung des Beitritts zur Genossenschaft unterzeichnet gehabt hätte und von dieser zugelassen gewesen wäre. — Nicht minder verfehlt ist aber auch der Angriff, welcher sich gegen die in Ansehung der mittelbaren Theilnahme Dritter an den Zwecken des Vereins getroffene vorder— richterliche Feststellung richtet und in dem rechtsirrigen Satze gipfelt, daß, da für Konsumvereine die gleichen Grundsätze gelten müßten wie für Rohstoffvereine, es für die Beurtheilung der Steuerpflicht unerheblich sei, ob sich unter den Mitgliedern des klagenden Vereins Händler be⸗ fänden, daß in dem Weitervertrieb von Vereinswaaren durch Händler keine Ausdehnung des Betriebs Über den Mitgliederkreis zu erblicken sei. Zweck eines Konsum vereins und des klagenden insbefondere ist der gemeinschaftliche Einkauf von Lebens und Wirthschaftsbedürf= nissen im großen und Ablaß im kleinen an die Mitglieder. Entnimmt von dem Lager eines Konsumvereins ein Mitglied Waaren ju dem offen ausgesprochenen oder doch sonst unschwer erkennbaren Zweck, als Händler dieselben gleich anderen eigenen Beständen — praͤsumtiv also an je de n Nachfragenden — weiter abzulassen und geschieht dies zumal ohne irgend eine Gewähr dafür, daß der weitere Abnehmer aus ge⸗ . bleiben wird von einer Theilnahme an dem zunächst nur dem Mitgliede gebührenden Vorzugspreise, so ist dem hierzu die Hand bietenden Vereine . mit dem Thatbestande des Duldenz einer solchen Theilnahme zu rechnen; der Verein setzt sich schon mit einem unter derartigen Umständen erfolgenden Ueberlassen der Waaren an das Mitglied über diejenigen Schranken hinweg, bon deren Ein haltung im Gesetz das Zugeständniß der Steuerfreihest abhängig ge⸗ macht wird; von seiner Seite ist damit alles geschehen, um Dritte gerade an denjenigen Vortheilen theilnehmen zu lassen, auf deren Zu⸗ wendung an die Mitglieder die verfassungsmäßige Aufgabe Der Genossenschaft abzielt. (iI. 17.)
— Ein Ortsstatut, welches Adiazenten an einer neu angelegten bezw. bisher unbebauten Straße zu Beiträgen für die Straßenherstellung schon dann verpflichtet, wenn sie Gebäude auf den adjazierenden Grundstücken errichten, ohne daß die Gebäude selbst an der neuen Straße liegen, ist nach einem Urtheil des Ober ⸗Verwaltungs⸗ gerichts, II. Senats, vom 24. Nobember 1894, in so weit ni cht rechts⸗ wirksam. „Der § 4 des Ortsstatuts der Stadt X. lautet:
Die Sigenthümer derjenigen Grundstücke, welche an nach dem Erlasse dieses Statuts neun angelegten oder an z. 3. bestehenden Straßen, soweit dieselben unbebaut sind, angrenzen, sind, sobald fie Gebäude auf diesen Grun dstücken errichten, in dem Umfange des § 15 des Gesetzes vom 2. Juli 1875 verpflichtet, die von der Ge⸗ meinde für die Freilegung, erste Einrichtung, erste Beleuchtungs⸗ vorrichtung und in, ,. einschließlich der Pflasterung, jedoch ausschließlich etwaiger Kaualisierung diefer Straßen und Straßen . aufgewendeten oder noch aufzuwendenden Kosten zu er⸗ ö,,
Wie bereits in einer diesseitigen Entscheidung vom 24. Oktober 1894 ausgesprochen, geht diese Vorschrift in so fern über die durch das Gesetz vom 2. Juli 1875 der Autonomie der Gemeinden gezogenen Schranken hinaus, als sie die Adjazenten schon dann für verpflichtet erklärt, wenn diese überhaupt auf den adjazierenden Grundstücken bauen, während das Gesetz nur und erst an den Thatbestand, daß auch das Gebäude selbst ein an der neuen Straße errichtetes ist, die Beitrags⸗ pflicht knüpft.“ (II. 1603.)
Land⸗ und Forstwirthschaft.
Saatenstand in Rußland.
Ueber den Stand der Saaten in Rußland zu Ende vorigen Monats gehen uns folgende Nachrichten zu:
In Kur⸗ und Livland haben die Roggensaaten, obwohl sie den Winter meist gut überstanden haben, infolge anhaltender Trockenheit, bedeutenden Schaden erlitten, sodaß stellenweise die a umgepflügt werden mußten. Es wird befürchtet, daß die ungünstige Witterung auch den Sommerfaaten Schaden zugefügt hat. In Estland soll der Stand der Felder, soweit sich bis jetzt ühersehen läßt, günstig sein. Dagegen hat die trockene Witterung auch in Polen die Saaten in der Entwicklung gehemmt, sodaß der Stand derselben dort nur als mittelmäßig inn, werden kann.
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