1895 / 150 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 26 Jun 1895 18:00:01 GMT) scan diff

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Rendement neue Usance, frei an Bord urg, pr. Juni 98574, pr. Auguft 9.774, pr. Oktober 10 12 vr. 2 1650 tet.

Wien, 25. Juni. (W. T. B) Die Brutto⸗Ginnahmen der Srientbahnen betrugen in der 23. Woche 8 4. Juni bis 10. Juni 1895) 20 131 * Zunahme gegen dag Vorfahr 6799 Fr. Seil Beginn des Betriebe jaßres vom J. Januar bis 19. Juni 1865) betrugen die Brutto Ginnahmen 432 358 Fr., Abnahme gegen das Vorjahr 175 453 Fr. = . Tondon, 25. Juni. (W. T. B.) An der Küste 13 Weijen⸗ ladungen angeboten. ; ö

36 5 Jabazucker loko 115 ruhig. Rüben-⸗Robzu cker loko gz stetig Chile - Kupfer 43, vr. 3 Monat 423.

Amsterdam, 25. Juni. (WB. T. B. Java-Kaffee good ordinary 54. Bankazinn 37.

Verdingungen im Auslande.

Niederlande. te

g. Juli. Brennmittel⸗Vereinigung Help Elkander im Haag: Lieferung von etwa 3000 hl Di f goht Naãͤhere Aufschlüsse zu bekommen bei dem Sekretär C. Tolk, v. Dyckstraat Nr. 6.

Rumänien. . w

22. Juli. General⸗Direktion des Gesundheitsamts im Ministerium des Innern in Bukarest: 8 Kollektionen chirurgischer Instrumente und Apparate, sowie andere ärztliche Bedarfsartikel für die Einrichtung von Landspitälern. . K

2X2. Juli. Zentralverwaltung im Kriegs Ministerium in Bu karest: 3 030 00 gelbe glatte Knöpfe ohne Nummern.

Verkehrs⸗Auftalten.

Kiel, 25. Juni. (W. T. B.) Die Schiffahrt durch den Kaifer Wilberm-Kanal wird mit dem J. Juli für Schiffe mit einem Tiefgang bis zu 75 i eröffnet. ;

Bremen, 265. Juni. (W. T. B. Norddeutscher Lloyd. Der Schnelldampfer Werra“ ist am 22. Juni Mittags von New⸗ Jork nach Genua abgegangen. Der Schnelldampser ulda“ ist am 722. Juni Nachmittags von New⸗ Jork nach der We ser abgegangen. Der Reichs · Postdampfer Darmstadt ist am 22. Juni Nachmittags in Sydney angekommen. ;

London, 25. Juni. (W. T. B.) Der Uniondampfer Doune Castle“ ist am Sonnabend auf der Ausreise von Southampton abgegangen. Der Castle⸗Dampfer Lismore Caf le ist am Sonntag auf der Heimreise in London angekommen. Der Castle Dampfer Venice“ ist beute auf der Heimreise in Durban (Natah angekommen. Der Castle⸗ Dampfer Dunottar Castle' hat Montag auf der Heimreise Madeira passiert.

Theater und Musik.

Das Berliner Phil harmonische Orchester, unter Lei- tung von Professor Franz Mannstaedt, ist nach Beendigung seiner vierwöchigen, an künstlerischen und materiellen Erfolgen reichen Kunst⸗ reise durch Mittel, und Süddeutschland, die Rheinprovinz, Belgien und Holland seit Mitte dieses Monats wieder in Bad Scheveningen, seinem gewohnten Sommerdomizil thätig.

Im Hof⸗Theater in Dresden kam, der Nat.-Ztg.“ elfe, am 2X. und 23. Juni eine kom ische Oper Josef Haydn s, betitelt: Lo Speziale? (. Der Avotbeler ), zur Aufführung. Sie stammt aus dem Jahre 1768 und wurde auf der Schloßbühne des Fürsten Efterhazy in Eisenstadt aufgeführt, auch säter 4 ein Mal von der Fürstlichen Truppe im Hause des Barons von Sumerau dargestellt. ch Vermittelung der Fürstin Metter⸗ nich hat Dr. Robert schfeld die Erlaubniß erhalten, die Driginal-⸗Handschrift kopleren zu dürfen und den italienischen Tert ins Deutsche zu übersetzen. Die drei Akte des Originals hat er in einen zusammengejogen. Die Musik entsprach den hochgespannten Erwartungen durchaus; schon die Ouvertüre ist von heiterer Frische und Lebendigkeit, und die ganze Aufführung des Werks verdiente und erhielt allseitigen Beifall. Dennoch fragt es sich, ob der Oper viele Aufführungen beschieden sein werden; der Inhalt, die Ueberrumpelung eines alten Vormunds, der sein Mündel beirathen will, ist ein allzu häufig ausgebeutetes Thema und steht dabei in der vorliegenden Be— gn keineswegs auf der Höhe anderer Bearbeitungen desselben Stoffs.

Mannigfaltiges.

Die Ausstellung der Ehrengeschenke für den Fürsten Bis⸗ marck im Konzerthause ist seit Montag um ein weiteres inter⸗ essantes Stück bereichert worden. Der s. Zt. erwähnte kunstwolle Ambos, welchen die Limbergischen Schmiede zu Remscheid dem Jubilar dargebracht haben, ist jetzt eingetroffen. Der Untersatz des Ämbos, ein mächtiger Baumstamm, ist mit den Wappen sämmtlicher deutschen Staaten verziert; diese sind in feiner Emailarbeit aus⸗ eführt. Zwei Eisenstüäcke, Nord. und Süddeutschland revräsentierend, in auf dem Ambos zusammengeschweißt.

In der Urania wird heute und morgen, Donnerstag, Abend 8 P. Spies zum letzten Male vor den Ferien des Instituts seinen vperimental. Vortrag Tesla's Licht der Zukunft! halten. An den ubrigen Abenden der Woche wird der dekorative Ausstattungsvortrag Durch alle Welten“ gegeben.

Dirschau, 25. Juni. Seine Königliche Hoheit der Prinz Albrecht von Preußen, Regent von , traf heute zur Einweihung des Jobanniter⸗Krankenbhauses hier ein und wurde von dem DOber⸗Präsidenten Staats⸗Minister Dr. von Goßler, dem Grafen Lehndorff, dem Ordenskonvent und dem Vorstande des Krankenhauses empfangen. Ferner waren die . der Provinzialbehörden und zahlreiche Johanniterritter eingetroffen. Vereine und Schulen bildeten Spalier und bereiteten Seiner König- lichen n,, einen herzlichen Empfang. Die Einweihung des Krankenhauses verlief programmgemäß. Um 8 Uhr Abends reiste der Prinz nach Kamenz ab.

Görlitz, 25. Juni. Heute Nachmittag bat unter zahlreicher Theilnahme der Bevölkerung die feierliche Enthüllung des auf dem hbiesigen Wilhelmey errichteten, von dem Bildhauer Professor Pfuhl in künstlerischer endung hergeftellten Stand bildes des ver⸗ ewigten General Feldmars Grafen von Roon stattgefunden. Die Uebergabe an die Stadt erfolgte durch den Landesdirektor, Kammerherrn von Witzleben. Der Kriegs Minifter Bronsart von Schellendorff, der kom mandierende General XI. Armee Fo von Seeckt und eine Deputatien des osty en Füsilier⸗ iments Graf Roon“ wohnten der Feier bei, welcher zwei Söhne, eine Tochter, die Schwiegerkinder und Enkel des verewigten General- Feldmarschalls das Denkmal den. Von Seiner Majestät dem Kaifer und König ist, wie W. T. B. meldet, heute das folgende Telegramm an den BVerfihenden des Denkmal · Comitès eingegangen:

An der heutigen Enthüllungsfeier des Denkmals des verewigten Kriegs⸗Minifters, Feldmarschalls Grafen von Roon nebme Ich herz⸗ lichen Antheil und erinnere Mich gern seiner großen Verdienfte um die Armee.

Kiel, Marine⸗Akademie, 25. Juni 1895.

Wilhelm R.“

Kiel, 25. Juni. Der auf der hiesigen Germania Werft gebaute Bremer Lloyddampfer Bonn“ ist heute Nachmittag glücklich vom Stavel gelaufen.

rankfurt a. M., 24 Juni. Seit dem 18. 8. M. erscheint hierselbft The Engiish Wali, die erste englische Zeltung, welche n Deuhschland gedruckt wird. Sie wird wöchen fich zuggegeten und bringt Nachrichten aus Deutschland und dem Auslande über die neuesten , im gefellschaftlichen Leben, Kunst, Literatur und Theater. In erflen. auch im fbrigen Inhall viel seitigen und reichhalligen Nummer beginnt die Publikation eines Theaterstücks Only à woman von 3 Felbermann. München. Ueber das Unglück auf der Zugspißtze, bei dem der Magistrats⸗Sekretãr Hans Simon aus Berlin, Wörtherftraße 2 fein Leben einbüßte, giebt ein Theilnehmer der verhängnißvollen Bergpartie, Poftadjunki Hieber aus München, in der Bad. Presse einen ausführlichen Bericht, dem Folgendes entnommen ist: Ich war vorgestern (19. Juni) Nachmittag allein von Partenkirchen auf⸗ ebr um die Knorrhütte zu besuchen; daselbst fand ich zwei sellschaften zu je zwei Personen, die Unter Führung der Führer Sepp und Toni Koser aus Garmisch andern Tags die Zugspitze be⸗ feigen wollten. Infolge freundlicher Aufforderung schloß ich mich der aus zwei norddeutschen Herren und dem Führer Toni Koser bestehenden Gruppe an. Bei zweifelbaftem Wetter brachen wir Nachts 2 Uhr zugleich mit der anderen Gesellschaft von der Knorr⸗ hütte auf, doch waren wir bald eine n Strecke voraus. Schließlich zwang unt jedoch heftiges Schneegestöber, etwa 20 Minuten unterhalb des bayerischen Zugspitzgiwfels, an den Rüdweg zu denken. Wir schlugen die Richtung nach der Wiener⸗Nenstädter Hütte und dem Eibsee ein, passierten auch glücklich die sogenannte Leiter. und den Stopseljieher. Unterbalb desselben nahmen jedoch der Nebel und das Schneegestöber derart überhand, daß wir vom Wege abkamen und uns plötzlich am Rand eines großen, stark abschüssigen Schneefeldes befanden. Vorsichtig stiegen wir hinab, allein infolge der Kälte, vielleicht auch durch die Ungunft des Terrains, verlor der ältere der beiden en plötzlich seinen Bergstock und damit allen Halt: in rasendem Tempo saufte er die Schneehalde, etwa 209 bis 3060 m, hinab, über⸗ schlug sich mehrmals, an vorstehenden Steinen anprallend, und blieb schließlich zwischen den Felsen hängen. Kaum hatte ich mich einiger⸗ maßen von dem Schreck erholt, als Führer Koser, der dem Ab- rutschenden beispringen wollte, in gleicher Weise an mir vorüberfuhr. Nun kletterte ich zu dem noch oben verbliebenen Herrn, half ihm herab, und glücklich gelangten wir zu den Verunglückten. Der Berliner Herr lag regungslos und war derart verletzt, daß wir ihn für todt halten mußten. Toni Koser, am Kopf und an der Hand verwundet, kam bald wieder zum Bewußtsein; wir verbanden ihn, stärkten ihn mit Wein, worauf er mir andeutete, wie ich etwa nach dem Eibsee gelangen könnte. Unter den aten Anstrengungen gelang es mir, den Weg zu entdecken und zu erklettern, so daß ich etwa vier Stunden, nachdem das Unglück geschehen, im Gasthof Eibsee anlangte. Es folgt dann eine Schilderung der Rettungsarbeiten und der in Eibsee herrschenden Aufregung, worauf es weiter heißt: Stunde auf Stunde verrann in banger Erwartung, bis endlich, Abends halb 7 Uhr, der Gefährte des abgestürzten Tonrlsten, ein Herr Dorn aus Berlin, unten ankam und das Unglück in seinem vollen Umfange bestätigte. Sein Freund, Herr Magistrats Sekretãr Simon aus Berlin, war thatsãchlich bei dem Ab⸗ sturz ums Leben gekommen, während Koser wie durch ein Wunder mit mehreren, allerdings recht schlimmen Verletzungen davonkam. Gegen 18 Uhr wurde der letztere, ein junger Mann von kaum 18 Jahren, auf einer Tragbahre sitzend, von etwa acht Führern und Holzfällern herabgebracht. Einen großen Theil des Weges hatte er zu Fuß zurückgelegt, trotzdem ihm die rechte Hand zerschmettert war und sein Körper, namentlich der Kopf. außerdem noch eine Anzahl nicht unbedenklicher Wunden aufwies. Um 8 Uhr jah man den Zug mit der Leiche Simon's über die Matten am Fuß der Zugspitze herab⸗ kommen; es war ein ergreifender Anblick: voran schritt der greise Führer Denk mit einer brennenden Laterne, alsdann kam die in weiße Laken gebüllte Leiche des Verunglückten auf einer rasch gezimmerten Bahre, getragen ven sechs stãmmigen Söhnen des 2 wãhrend die übrigen an dem Rettungswerk Betheiligten den Schluß des traurigen 6. bildeten. Die Schädeldecke Simon's war durch das mehrfache Aufschlagen an schroffen Felsen vollständig zertrümmert, so daß das Gehirn bloß lag und der Tod schon während des Sturzes eingetreten sein mußte. Die Leiche des Bedauernswerthen wurde so⸗ fort nach der Ankunft in einen bereitstehenden Wagen gehoben und nach dem Leichenhause in Partenkirchen gebracht. Die Bergung des Verwundeten wie des Todten, die dicht bei einander lagen, war mit den denkbar größten Schwierigkeiten und Gefahren verknüpft, und die wackeren Manner, die sich ohne jedes Besinnen diesem * vollen Werke der Menschenliebe hingegeben, verdienen das höchste Lob.“

Stuttgart, 25. Juni. Die Uebergabe des Denkmals für weiland Ihre Majestãäten den König Karl und die König in Olga fand heute Vormittag 10 Uhr im Königlichen , Garten hierselbst statt. Der einfachen Feier wohnten von Mit⸗

liedetn des Königlichen Hauses bei; die Herzogin Wera und Herzogin 9e og Robert von Württemberg, Herzog Wilhelm von Urach und inz Hermann zu Sachsen⸗Weimar, welcher zugleich als räsident des Vereins zur Förderung der Kunst die eier leitete und eine Ansprache bielt. Das Denkmal stellt sich, dem St - Anz. f. W. zufolge, als ein Eredrg dar: eine halbkreisförmige, mit Sitzen versehene, nach außen 6 öffnende Nische, von Kelbeimer Sandstein mit einem barmonis Aufbau, in dessen Mitte die Reliefmedgillons der beiden Majestäten, bekrönt durch einen kränzespendenden Genius, angebracht sind. Die beschwingte Figur ist sehr fein ausgearbeitet, gewährt den Eindruck graziõser Leichtigkeit und einer gewissen überirdischen Ruhe; sie vaßt vor⸗· trefflich als Krönung dieses intimen Denkmals, welches die Nachwelt an ein kunstsinniges Fürstenpaar erinnern soll. Die Pfeilerre ihe lãuft zu beiden Seiten in Eckpfeiler aus, welche mit Emblemen des Krieges und des Friedens gekrönt sind. Unten sind zwei Stufen vorgelagert, auf denen die bronzierten Wapvpenthiere, Löwe und Hirsch, ruhen: beide weniger heraldisch stilisiert vielmehr naturgetreu behandelt. Das Denkmal ist entworfen von Profefsor Halmbuber und Hofbildhauer Curfeß; die Kunstwerkstätte von Paul Stotz übernabm den Guß der bron= , und der Medaillons, Hofwerkmeister Hangleiter führte en Bau aus.

Lübeck, 25. Juni. W. T. B. meldet: Heute Vormittag Egen 10 Uhr traf eine Anzabl von Reichs tags ⸗Abgeordneten und Fournalisten bier ein und begab sich nach glänzender Korsofahrt durch die reichbeflaggten Straßen der Start 3 den Weinkellern der Firma Maßmann. Nissen zum Frübstũck. Hier brachte Abg. Dr. Goertz namens der Firma ein Hoch auf die Gäste aus; Abg. Dr, von Buchka feierte Lãũbed. Abg. Graf Oriola trank auf das Wohl der gast⸗ gebenden Firma.

Hagenau, 26. Juni.. W. T. B. meldet:; Vorgestern Abend explodierte auf dem Trupyenũ bungsplaz ein Pulver- schuppen. Ein anstoßender Holjschwwwen gerieth mit in Brand. Es war große Gefahr vorhanden, wenn das nahegelegene Laboratorium vom Feuer ergriffen wurde, da in demselben sich eine große Anzahl gefülller Granaten und Shrapnels befanden. Die Gefabr konnte jedoch abgewendet werden. Einige Soldaten sind unbedeutend verletzt. Die hiesige Feuerwehr wurde zur Hilfeleistung herbeigerufen.

Triest, 25. Juni. Der Dampfer des österreichischen Llovd Thisbe“ ist nach einer Meldung des. W. T. B. auf der Fahrt von Madras nach Coconada bei Saeramento Shoal gestrandet. Die Besatzung ist gerettet, das Schiff gilt für verloren. Es werden . erwartet, um die ungefähr 309 Tonnen betragende Ladung zu bergen.

Korsör, 25. Juni. Das i e n, Kriegsschiff „Sardegna“ ist laut Meldung des W. T. B. im Grohen Belt auf Grund geratben. Gin deutsches und ein dänisches Kriegsschiff sind zur Hilfeleiftung abgegangen.

Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen.

Kiel, 26. Juni. (W. T. B) Heute Abend von 7 bis sis, Uhr wird im Kieler Hafen ein groß Blumen⸗Korso stattfinben, an welchem die Boote sämmtlicher Kriegsschißfe sich betheiligen werden. Die Boote werden zu di Zweck besonders dek

denkt Seine Maje

„New⸗York“ zum Diner 63 entsprechen. Die schwedis und die niederländischen Kriegsschiffe und von den 6 en die „Elisabetha“ gingen gestern, das rumänische Kriegsschi „Mircea“, die be und die portugiesischen , e. heute in See. dem Festbericht aus Kiel in Nr. 148 d. Bl. ist 3. 29 von oben anstatt „der österreichische Bot⸗ schafter von Szoegyeny“ zu lesen: „der russische Botschafter Graf von Osten⸗Sacken.“ Konstantinopel, 26. Juni. (W. T. B.) Die in Depeschen eines Wiener Blattes vom 22. d. M. enthaltenen Angaben über einen Aufstand in den Bezirken Egri⸗ Palanka, Kotschana und Istib werden türkischerseits auf das bestimmteste dementiert.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten Beilage.) .

Wetterbericht vom 25. Juni, 8 Ubr Morgens.

Bar. auf 0 Gr.

Stationen.

in O Celsius

Temperatur 50G. 40 R.

n, openhagen Stockholm. aranda. St. Petersburg ö

Cork, Queenstown

Damburg Swinem unde Neufahrwasser Memel

6 nster. Karlsruhe Wiesbaden München Kd W * w 31 10 1 ö ,, 4 W k— w 1412 J . 15 J / NR JJ 1 Uebersicht der Witterung. . Ein Hochdruckgebiet, welches am Kanal 770 mm erreicht, bedeckt bei ruhiger, heiterer Witterung ganz West⸗Furopa, während über der Osthälfte Europas eine flache umfangreiche Devression mit Barometer ˖ ständen unter 760 mm lagert, charakterisiert durch trübe Witterung mit Regenfällen. In Schottland und Nordirland ist das Barometer wieder fir gefallen. Bei meist schwacher, vorwiegend nördlicher biz westlicher Luftströmung ist das Wetter in Deutschland durchschnittlich etwas wärmer, im Westen ziemlich beiter, im Osten trübe; in der Osthälfte Deutschlands ist allenthalben Regen gefallen in sebr erheb⸗ licher Menge, 35 mm ju Neufahrwasser. Deutsche Seewarte.

Theater⸗Anzeigen.

Berliner Theater. Donnerstag: Die Frenuzelschreiber. Anfang 74 Ubr.

6 Madame Sans⸗Gène. ;

Sonnabend: Madame Sans ⸗Gene. (Vorletzte Abend⸗Vor⸗ stellung vor den Theaterferien.)

Nenes Theater. Schiffbauerdamm 42. / 5. Donnerstag Ensemble⸗Gastspiel der Mitglieder des Carl Schultze Theaters (Ham burg) unter Leitung des Direktors Joss Ferenczm. Tata- Toto. Vaudeville in 3 Akten nach Bilbaud und Barrs von Victor Loon und F. Zell. Musik von Antoine Banés. Anfang 71 Uhr.

reitag: Tata - Toto.

Theater Anter den Linden. Bebrenstt 55/57. Direktion:

ö Donnerstag: Miß Helyett. Vaudeville⸗Oyerette n

en von Maxime Boucheron. Deutsch von Richard Genée. G. Audran. Dirigent: Herr Kapellmeister Federmann.

t Uhr. äitag: Miß Helyett. luß der Saifon: 30. Juni. Wiedereröff nung: 1. August 1895.

Familien⸗Nachrichten.

Verlobt: Irene Gräfin zu Dohna mit Lieutenant Gebhard Grafen von Bose Vigreggioh. Frl. Maria Schäffer mit Hrn. Rittergutepächter Arthur Feller ( dorf, Kreis Görlig= —Ditt. mannedorf bei Reichenbach O-). Frl. Bertha von irschfeld mit rn. Forst⸗Assessor Werner don Papen (Bückeburg).

Vere helicht: Dberförster Guftad Wegener mit Frl. Karoline Zimmermann (Leipzig -St. Avoldꝰ. r 361

Geboren: Ein Sohn: * Professor Sperling (Berlin). Hrn. Rittmeister Reinhard berrn von Wechmar 1 5 . Hauptmann von Metzsch (Straßburg. Elsaß). Gin

ochte r: Hrn. Regierungs⸗Asfessor ö Koblenz). Hrn. enn, 52 Berlin). ;

Gestorben: Verw. Fr. Geheime Rechnungs⸗Rath Marie waldi

8 Weymann (Tabarr Berlin), Hr. General⸗Konsul prunck (Hall edt). Hr. Geheimer ö. Gustav Adolf Emil Freiberr von Hertzberg (Dresden).

Verantwortlicher Redakteur: Siemenroth in Berlin.

Verlag der Expedition (Sch oly in Berlin. Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagganstalt, Berlin 8SW., Wilhelmstraße 32.

Sieben Beilagen

leinschließlich Börsen · Beilage]

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

M 150.

Breu ßischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 79. Sitzung vom Dienstag, B. Juni.

Ueber den Beginn der Sitzung ist gestern berichtet worden. ;

Erster Gegenstand der Tagesordnung war die von den Abgg. Sattler, Stengel und Graf zu Limburg⸗ Sti rum eingebrachte Interpellation, betreffend die Beaufsichtigung der privaten oder unter Leitung von Kor— porationen stehenden Irrenheilanstalten.

Abg. Sattler, der zur Begründung derselben das Wort ergriff, schilderte zunächft die Vorgänge in dem Kloster Mariaberg, wie sie durch den Prozeß Mellage bekannt geworden sind, und fuhr dann fort: Die Alexianerbrüder sind eine alte kirchliche Genossenschaft. Dieselben wurden durch das Klostergesetz vom Jahre 1875 nicht be⸗ troffen; sie wurden durch den Paragraphen des Gesetzes gedeckt, der die Riederlassungen von Orden schützte, welche sich nur mit der Kranken⸗ pflege beschãftigen. Die Alexianerbrüder waren gewissermaßen berechtigt, ein großes Vertrauen zu beanspruchen, da die katholischen Kranken⸗ anstalten mit Recht in einem hohen Ansehen stehen. Die Miß⸗ handlungen sind vorgekommen in einer Anstalt, die das besondere Vertrauen der Provinzialbehörde genoß; sie sind vorgekommen direkt unter den Augen der Regierung zu Aachen. Aber nicht nur die Menschlichkeit ist verletzt, sondern auch die Forderungen der ärztlichen Wissenschaft. Es ist festgestellt, daß in einer Anstalt, die 600 Insassen zählt, kein Arzt wohnt, daß die ärztliche Behandlung der Kranken von jwei Aersten im Nebenamt, gegen Tantièmen ausgeübt wurde. Die Wärterzahl war viel zu gering. So ist es gekommen, daß die unglũcklichen Kranken der Mißhandlung durch ungebildete Leute ausgesetzt waren. Es ist festgestellt, daß die Unter⸗ suchung der Kranken vor ihrer Aufnahme in die Anstalt eine sehr mangelhafte war. Auf eine einmalige kurze Beobachtung hin hat der Kreisphysikus die Festhaltung des Geistlichen Forbes in der Anstalt verfügt, und daraufhin ist Forbes jahrelang festgehalten worden. Es ift verstoßen worden gegen Gesetze und Vorschriften. Nach einer Ministerialverfügung sollen freiwillige Pensionäre nicht ohne ärztliches Attest in einer Irrenanstalt festgehalten werden. Diese Verfügung ist in Mariaberg völlig unbeachtet geblieben. Aus den Motiven des gerichtlichen Urtheils geht hervor, daß ein ausländischer Bischof in der Lage war, einen Geistlichen widerrechtlich in eine deutsche Anstalt einsperren zu lassen, den er im eigenen Lande nach den dortigen Gesetzen nicht festhalten konnte. Ein deutsches Kloster ist dazu benutzt worden. Das rechtfertigt doch wohl die Frage: Wie konnte so etwas in unserem Staate vorkommen? Mitgewirkt dazu hat ohne Zweifel die mangel hafte Organisation der Anstalt, die mangelhafte Aufsicht von seiten der Aerzte. Möglich wurden die Vorkommnisse aber erst durch die Nachläfsigkeit der Behörden in der Aufsicht. Es ist erstaunlich, daß die Provinzialverwaltung ihrer Aufsichtspflicht nicht nachgekommen ift. Der Hauptgrund liegt darin, daß die Staats. und Provinzialbehörden ein zu großes Vertrauen in das Klofter der Alexianerbrüder gesetzt baben. Die Scheu vor einem Eingreifen in die Verhältnisse eines Klosters war es, welche die Behörden von einem Einschreiten zurück⸗ gehalten bat. Wenn die Dinge so liegen, dann ist eine rücksichts- lose Ermittelung und Bestrafung der Schuldigen zu verlangen. Es ist in dieser Richtung ja schon manches geschehen. Wir haben gelesen, daß zwei Alexianerbrüder wegen Meineides, andere wegen Mißhand⸗ lungen der Kranken in Unterfuchung genommen sind. Das ist gewiß nothwendig; aber nothwendig ift es auch, klarzustellen, wie es kam, daß der Prozeß gegen Mellage, statt gegen die Alexianerbrüder ein⸗ geleitet wurde; wie es kam, daß auch nach dem Erscheinen der Bro⸗ schüre des Herrn Mellage die Regierung keinen Anlaß zum Einschreiten gefunden hat. Es ist zu untersuchen, ob die An⸗ staltsarzte nicht wegen grober Vernachlässigung ihrer Pflicht zur Verantwortung zu ziehen sind. Auch der Kreis⸗ physikus ist zur Verantwortung zu ziehen. Das Verhalten der Staats⸗ und Provinzialbehörden ist einer strengen Untersuchung zu unterwerfen. Ferner ist festzustellen, wie es möglich gewesen ist, daß die Zeit der Revisionen, die in der Anstalt stattfanden, fast immer vorher in derselben bekannt war. An welchen Einrichtungen liegt das? Wie war es nur möglich, daß die Revistonen so oberflächlich vorgenommen wurden, daß man die Mißstände nicht bemerkte? Wich⸗ tiger noch ist die Frage, was gescheben muß, um derartige Vorgänge in Deutschland unmöglich zu machen. Das Kloster Maria—⸗ berg ift ja allerdings geschlossen. Ich halte es aber für dringend nöthig, daß auch alle anderen Anstalten, die von Alexianer⸗Brüdern gehalten werden, auf das genaueste untersucht werden; es ist nothwendig, daß überhaupt alle Anstalten, ob sie von Korporationen, ob von Exangelischen oder Katholischen oder von Pri⸗ vaten gehalten werden, einer genauen Revision unterzogen werden. Eine weitere Frage ist: wie kann derartigen Mißbräuchen, wie sie vorgekommen sind, für die Zukunft vorgebeugt werden? Ich meine, man sollte die privaten und Korporationsanstalten thunlichst ein⸗ schränken. In Anstalten, die von Korporationen gehalten werden, haben die Aerzte wenig Macht, in Priratanstalten herrscht meift das geschäftliche Interesse vor. Es ist zu ver⸗ langen, daß sämmtliche Irrenanstalten unter ärztlicher Leitung stehen und daß diese nicht gleichzeitig freiwillige Pensionäre aufnehmen. Die Vorschriften über die Aufnahme und besonders über das Fest⸗ halten von Geisteskranken in Anstalten bedürfen dringend einer Ver⸗ schärfung. Herr Kollege Stöcker hat vor einigen Jahren in dankens— werther Weise die Frage der Entmündigung angeregt. Gegen die Entmündigung giebt es aber noch einen Rechtsweg; gegen das Zest⸗ balten einer Person in der Irrenanstalt ist die Beschreitung des Rechtsweges nicht möglich. Unerhört ist, daß auf Grund des Attestes einez Kreisphysikus ein Mann jahrelang festgehalten werden kann. Es ist eine schãrfere Aufsicht seitens der staatlichen Organe nothwendig. Die Vor⸗ schriften darüber lassen in Preußen außerordentlich viel zu wünschen übrig; die Revision findet meist bei einer gelegentlichen Anwesenheit des Veeispbysikus statt. Die Frage ist allerdings eins sehr schwierige. Die Revision muß von durchaus sachverständigen Leuten ausgeführt werden. Ich babe in letzter Zeit durch die Literatur feststellen können, daß im allgemeinen zu wenig Gewicht auf die Ausbildung in der Pfychiatrie gelegt wird. Wenn aber ein Kreisphysikus nicht im stande ist, eine Revision in Irrenanstalten in der richtigen Weise auszuführen, so müßte damit ein anderer Medizinalbeamter beauftragt werden. Die Frage ist allerdings auch die, ob es möglich ist, derartige Beamten⸗ posten im Nebenamt gegen eine Entschaͤdigung von 906 jährlich auszufüllen. Die Reform der Medizinalverwaltung ist eines der dringendsten Bedürfnisse. Bei den Bischöfen bestand keine Kenntniß der gesetzlichen Vorschriften. Das Gesetz bestimmt, daß kein Geift= icher wider seinen Willen länger als drei Monate seiner Freiheit be⸗ raubt werden kann. Wie konnte diese Vorschrift überschritten werden? Es ist nothwendig, festzustellen, wie der Staat derartigen Mißbräuchen entgegentreten kann. Der Staat kann nur dann der Schützer auch der unglũcklichsten Schwachen sein, wenn eine genaue Aufsicht über die AUnstalien besteht. Ich hoffe, nach dieser Richtung eine gũnstige Antwort seitens der Regierung zu erhalten.

Berlin, Mittwoch, den 26. Juni

Minister der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗ Angelegenheiten Dr. Bosse:

Meine Herren! Ob meine Antwort nach allen den Richtungen hin, die der geehrte Herr Vorredner hier an den Fall, um den es sich handelt, angeknüpft hat, ihn vollkommen befriedigen wird, muß ich dahingestellt sein lassen. Mein Bestreben wird sein, sachlich und angesichts der tiefen Erregung, die der Fall Mellage in Aachen hervor⸗ gerufen hat, nicht ab irato, sondern objektiv die Verhältnisse hier so darzustellen, wie sie liegen, und der Wahrheit in allen Stücken die Ehre zu geben. (Bravo! rechts und links.)

Meine Herren, die Erregung und Beunruhigung, die durch die weitesten Kreise unseres Volkes gegangen ist aus Anlaß der Ver⸗ handlung des Prozesses Mellage, war mit Recht eine sehr tiefe. Ich selbst habe während meines Urlaubs mit dem lebendigsten Interesse jene Verhandlungen verfolgt und babe die bestimmtesten Direktiven über die Maßregeln, die von seiten der Regierung zu ergreifen sein würden, von Karlsbad aus bierher gelangen lassen. Ich finde es daher durchaus begreiflich und vollkommen berechtigt, daß auch die Landesvertretung sich dieser Frage annimmt und daß sie hier öffentlich vor dem ganzen Lande zur Sprache gebracht ist. (Bravo) Mit Vertuschen ist in solchen Dingen überhaupt nicht geholfen. Was uns helfen kann, ist allein offene Wahrheit; denn nur dann kann es besser werden, wenn wirklich etwas gefehlt ist. (Bewegung im Zentrum; Bravo! rechts und links) Und, meine Herren, es ist gefehlt. (Sehr wahr! rechts und links.)

Nun liegt ja die Frage sehr nahe und die Herren Inter⸗ pellanten können überzeugt sein, daß auch die Königliche Staats⸗ regierung sich diese Frage vorgelegt hat —: wie ist es möglich, daß in einem wohlgeordneten Staatswesen, wie bei uns, bei einer geordneten Aufsicht auch über die Privat⸗Irrenanstalten, solche Dinge Jahre lang haben passieren können, ohne daß davon etwas zur Kenntniß der Aufsichtebehörden gekommen ist und ohne daß wenigstens die Aufsichte⸗ behörden eingeschritten sind? Was ist geschehen, um diese Dinge künftig unmöglich zu machen, und was soll geschehen, was will die Staatsregierung thun, um die Wiederholung derartiger Vorfälle ab⸗ solut auszuschließen?

Diese Fragen sind vollkommen berechtigt, und ich werde mich bemühen, sie ruhig und objektiv zu beantworten. Denn, meine Herren, das erkenne ich an: wenn die Königliche Staatsregierung, wenn der Minister, wenn ich mir sagen müßte: ich hätte die Schuld daran, daß diese empörenden, rohen Behandlungen und diese Zustände dort in Mariaberg Jahre lang gedauert haben, das wäre ein unertrãglicher Vorwurf. (Sehr gut! rechts und bei den National⸗ liberalen) Aber so liegt es nicht. Ich habe, um das gleich vorweg zu nehmen, einen Irrthum des geehrten Herrn Vorredners zu be⸗ richtigen, der darin bestand, daß in der Medizinal⸗Abtheilung des Ministeriums kein Psychiater wäre; ich habe sofort nach meinem Ein⸗ tritt in das Ministerium die Berufung eines bewährten Pspchiaters, des Herrn Professors Dr. Moeli, in die Medizinal⸗Abtheilung des Ministeriums herbeigeführt, und er ist auch jetzt noch unser Referent für das ganze Irrenwesen. Ich habe vorgefunden in Bezug auf die Beaufsichtigung der Privat⸗Irrenanstalten den gemeinsamen Erlaß der Minister des Innern und der geistlichen Angelegenheiten vom 19. Januar 183858, der diese Frage sehr ausgiebig und sehr eingehend regelt ich behaupte nicht: vollkommen ausreichend regelt ich komme darauf nachher noch zurück, aber er regelt sie sebr eingebend.

Ich will in Bezug auf die Revision der Privat⸗Irrenanstalten nur emerken, was auch der Herr Vorredner schon angedeutet hat, daß er Kreisphysikus verpflichtet ist, alljährlich zweimal jede Privat⸗Irren⸗ stalt seines Bezirks gründlich zu revidieren. Jener Erlaß vom Januar 88 enthält ganz genaue Vorschriften, auch Rubriken und Formeln über ie Art und Weise, wie die wichtigsten Punkte erörtert und beantwortet werden müssen, die bei den Revisionen ins Auge zu fassen sind. Das ist die geltende adminiftrative Vorschrift, die auch gegolten hat während der Zeit, wo diese Unzuträglichkeiten in Mariaberg vorgekommen sind. Nun ist festgestellt, daß die Anstalt in Mariaberg seit dem Jahre 1889 alljährlich durch den Physikus revidiert worden ift. Die Revisions—⸗ berichte und Protokolle sind dem Regierungs⸗Medizinalrath bezw. Regierung Prãsidenten eingereicht, und sie sind durch den Regierungs⸗ Präsidenten hierher an die Medizinal⸗Abtheilung des Ministeriums ge⸗ langt. Diese Berichte über das Alexianerklofter Mariaberg, von 1889 an bis zum Jahre 1894 alljährlich erstattet, enthalten keine Aus⸗ stellungen irgend wesentlicher Art. (Hört, hört! rechts und links.)

Ueber Mariaberg insbesondere ist nichts Nachtheiliges angegeben; Ordnung und Reinlichkeit werden gelobt (hört, hört! rechts und links), ebenso die Lagerstätten, Wäsche und Kleidung; die Kost wird als gut bezeichnet. (Heiterkeit rechts und links.) Nur einmal in dem Bericht für 1890 ist darauf hingewiesen, daß ein Theil des Kellers nicht frei von üblen Gerüchen und in die Krankenbücher nicht immer die speziellen Diagnosen eingetragen seien. In dem Be⸗ scheide auf den Bericht für 1892 wurde der Regierungs- Präsident darauf aufmerksam gemacht, daß über Größe des Luftraums für den einzelnen Kranken, das Vorhandensein getrennter Tageräume für den Aufenthalt der Kranken, über Sicherheitsmaßregeln und über Einzelheiten der Beköstigung nicht ganz den Erlassen vom 19. Januar 18858 und 12. April 1890 entsprechend berichtet worden sei. In dem darauf folgenden Bericht für 1893 ist über Mariaberg gesagt: alle neueren Erfindungen und Verbesserungen, welche in Bezug auf bauliche Einrichtungen von Krankenhäusern Berücksichtigung verdienen, sind in Anwendung gekommen. (Heiterkeit rechts und links.) Es werden sodann Einzelheiten bezüglich der Entwässerung, der Ausstattung der Räume, des Vorhandenseins besonderer Tageräume, des gewährten Raumes u. s. w. angegeben; die Speisung an Revisionstagen, Brot und das selbstgebraute Bier wurden als sehr gut befunden. Auch die vorschriftsmäßige Führung der Bücher wurde erwähnt. Ebenso findet der Bericht für 1894 der regelmäßige Bericht zu Ausstellungen keinen Anlaß.

Meine Herren, gegenüber diesen Revisionsberichten, die durch

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1895.

das geordnete Organ hier in das Ministerium gelangten, werden Sie mir zugeben, daß für den Minister auch nicht der Schatten eines An⸗ laffes vorlag, um nun einzugreifen und etwa zu sagen: diese Anstalt muß aufgelöft werden. Was ich noch besonders bemerken möchte: nicht das Vertrauen auf die Alexianer wie ich dem Herrn Vor⸗ redner entgegnen möchte ist es, was uns bewogen hat, uns bei diesem Bericht zu beruhigen, sondern das Vertrauen auf unsere Organe, auf unsere Behörden. Haben wir uns in diesem Vertrauen geirrt und, meine Herren, darüber wird die ernfteste und strengste Untersuchung geführt (Bravo ), haben wir uns geirrt, so versichere ich Sie heilig und theuer, darauf können Sie sich verlassen: es wird, was an Schuld da vorliegt, nicht nur nicht ungerügt, sondern auch nicht ungesühnt bleiben. (Bravo)

Nun, meine Herren, könnte man immerhin sagen: ja, es kam ja doch die Untersuchung über den Fall Forbes, und die ging durch die Zeitungen, es erschien die Broschüre von Mellage, hat nun das Ministerium hier still gesessen? Nein, wir haben nicht still gesessen, sondern wir haben die Zeitungsausschnitte genommen und haben von der Regierung in Aachen Bericht gefordert und jwar zu Anfang Oktober vorigen Jahres während des Schwebens der Untersuchung. Der Bericht ist von einiger Wichtigkeit und von Interesse, ich muß desbalb einiges daraus mit Erlaubniß des Herrn Präsidenten mit⸗ theilen. Dieser Bericht der Regierung ist vom 93. November vorigen Jahres und enthält über Mariaberg Folgendes:

„Was den Zustand der Anstalt Mariaberg angeht, so füge ich die von dem Regierungs⸗Medizinal⸗Rath aufgenommenen Revisions⸗ protokolle aus den Jahren 1891 bis 1894 in einem Heft gehorsamst bei. In diesen Protokollen sind erhebliche Erinnerungen nicht er⸗ hoben. Die Anstalt, welche vor etwa 16 Jahren erbaut ist, hat eine sehr günstige Lage, verfügt über geräumige, luftige Zimmer und macht einen reinlichen Eindruck. Auch sind Fälle von Miß⸗ handlungen der Kranken bis jetzt nicht festgestellt.“

Nun kommt allerdings ein Punkt, auf den ich besonders eingehen muß:

Als einen Mißstand möchte ich jedoch hervorheben, daß in der Anstalt kein Arst wohnt. Die Anstalt Mariaberg ist eine Zweig⸗ anstalt des in hiesiger Stadt gelegenen, seit mehreren Jahrhunderten beftehenden Alexianerklosters. Von diesem aus wird die ganze An⸗ staltsverwaltung geführt.“

Es heißt dann weiter: Die Anstaltsärzte Dr. Capellmann und Dr. Chantraine besuchen tãglich abwechselnd die Anstalten, ohne in denselben zu wohnen. Es sollen zwar in der Anstalt Mariaberg nur unheilbare Geistes⸗ kranke aufgenommen und verpflegt werden.... aber im Hinblick darauf, daß in beiden Anstalten sogenannte Pensionäre, thatsächlich auch Kranke, deren Heilung noch nicht aussichtslos ist, sich auf⸗ halten, ferner, daß die Unterscheidung zwischen einem heilbaren und einem unheilbaren Geisteskranken schwierig ist, dürfte es doch erwünscht sein, daß ein Arzt in der Anstalt wohnt.“ Ich babe darauf umgehend verfügt, ich sei mit der Aufforderung an das Alexianerkloster, daß ein Arzt anzuftellen sei, der in der Anstalt stationiert sei, durchaus einverstanden, aber das nehme ich auch vollständig auf mich ich hielte es nicht für nützlich, dies sofort zu thun, so lange noch die Untersuchung schwebte, weil daraus Anlaß genommen werden konnte, der Staatsregierung den Vorwurf zu machen, daß sie in der Organisation der Anstalt Veränderungen her⸗ beigeführt habe, die den Thatbestand, der gerade der Untersuchung unterlag, hätte verdunkeln können. Ich habe desbalb angeordnet, daß in der Anstalt ein Arzt nicht angestellt werden solle, bis der Projeß entschieden worden sei.

Nun, meine Herren, was geschehen ist in Bezug auf die Anstalt, das wissen Sie ja. Ich habe angeordnet, daß die Anstalt sofort ge⸗ schlossen werde. Das ist am 12. Juni bereits angeordnet, und die unverzügliche Ausführung ist dem Regierung ⸗Präsidenten aufgegeben. Das hatte seine gewissen Schwierigkeiten, denn man mußte doch erst einmal sehen, wo man die anderen Kranken hinbringen kann. Es ist sofort mit der Provinzial Verwaltung in Berbindung getreten worden, und zu meiner großen Freude bekam ich gestern ein Telegramm des Ober ⸗Präsidenten, der mir anzeigt, daß ein Vertrag zwischen den Alexianern und dem Provinzial⸗Ausschuß zu stande gekommen ist, wonach der Provinzial ⸗Ausschuß die Anstalt mit allem Inventar und allen Kranken auf 2 bis 4 Jahre pachtweis vorläufig übernimmt. Damit ist diese Anstalt aus dem Kreise der Privat⸗Irrenanstalten ausgeschieden, sie ist öffentliche Anstalt geworden.

Nun, meine Herren, damit ist ja die Sache selbstverständlich noch nicht erledigt. Es handelt sich ja nicht bloß um diese Anstalt, sondern, wie der Herr Vorredner ganz richtig gesagt hat, um eine ganze Reihe anderer Privatanstalten, und man wird fragen müssen: was ift nun da zu thun? Genügt es, daß man etwa bloß die Vorschriften von 1888 noch einmal einschärft, und würden wir damit vielleicht ebenfalls dahin kommen, daß nämlich das Schlimmste eintritt, was eintreten könnte, daß eine wohlüberlegte und geordnete staatliche Kontrole zu einer bloßen Scheinkontrole würde? das ist das Schlimmste, was passieren konnte, das ist ganz außer allem Zweifel.

Meine Herren, es sind zweifellos in Mariaberg Zustände zu Tage getreten, die jeden, der ein Mitgefühl mit den elendesten und hilflosesten unter unseren Mitmenschen und ein Interesse an geord= neten Zuständen in unserem Staate hat, tief betrüben müssen, und die auch der Staatsregierung die Frage nahe gelegt haben: was muß geschehen, um ähnliche Vorkommnisse ein für allemal uumöglich zu machen?

Nun haben die Alexianer außer jener Aachener Anstalt auch noch andere in Krefeld, München Gladbach, Köln ⸗Lindenthal, Neuß, Amels⸗ büren und Weißensee; die Weißenseer Anstalt ist von hier aus revidiert Zuruf) es sind aber auch Alexianer und ebenso ist auch eine Kölner Anstalt, die in den Händen von Alexianern ist, neuerdings revidiert worden durch den Direktor einer öffentlichen Irrenanstalt,

und ich will hier gleich bemerken, daß dort das Ergebniß in der That