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Geheimer Ober · Regierungs · Rath von Bremen; Von einer Ab⸗ änderung der Instruktion von 1811 durch die Regierung ist keine Rede. Es handelt sich in dem vorliegenden Falle darum, daß die Stadt Staßfurt das Statut für die Schuldeputation, welches seit 2 Jahren bestanden hat, abändern will. Der Magistrat von Staß⸗ furt hat es aber versäumt, sich wegen der Bestätigung des neuen Statuts an die Regierung zu wenden. Wenn der Magistrat die Gründe darlegt, die zu der beabsichtigten Aenderung des alten Statuts Anlaß geben, so wird die Schulverwaltungsbehörde die Angelegenheit in wohlwollende Erwägung nehmen.
Ober⸗Bürgermeister Struckmann: Ich habe aus den Aeuße⸗ rungen des Herrn Regierungs⸗Kemmissars den Eindruck gewonnen, als ob es sich hier um eine Etiquettenfrage handele. Weil der Magistrat von Staßfurt sich nicht an das Ministerium wegen Be⸗ stätigung des neuen Statuts gewandt hat, soll er jetzt bestraft werden. Der Magistrat hat den Fehler gemacht, daß er in dem 5 2 des Statuts ausgesprochen hat, das Statut trete nach Genehmigung des Bezirks⸗Ausschusses in Kraft, statt daß er die Regierung als Genehmigungsbehörde aufführte. Dieser Fehler sollte die Regierung nicht veranlassen, eine sachlich richtige Aenderung des Schuldeputationsstatuts zu hintertreiben. Das neue Statut steht mit der Verfügung von 1811 in voller Uebereinstimmung, und die Weigerung des Ministers, es zu bestätigen, bedeutet eine Ab⸗ weichung von dieser Verfügung.
Minister der geistlichen, Unterrichts und Medizinal⸗ Angelegenheiten Dr. Bosse:
Meine Herren! Die Auffassung des Herrn Struckmaann, daß hier eine Ctiquettenfrage vorläge, ist ganz unbegründet. Noch weniger be⸗ gründet ist die Unterstellung, als wenn ich mir angemaßt hätte, den Magistrat oder die Stadt Staßfurt dafür bestrafen zu wollen, daß sie gewisse Etiquettenrücksichten, die ich beansprucht habe, nicht erfüllt habe. Ein solches Recht, Städte zu bestrafen, steht mir nicht zu. Ich nehme es auch nicht in Anspruch und habe auch nicht im ent— ferntesten daran gedacht, einen derartigen Anspruch geltend zu machen. Die Sache liegt einfach so. Derartige Statuten bedürfen nach der Instruktion von 1811 ganz unzweifelhaft der Bestätigung der Schul⸗ aufsichtsbehörde. Es liegt das in der Natur der Sache. Der Magi⸗ strat in Staßfurt hat das auch anerkannt. Er hat in seinem Statut im § 2 selbst eine solche Bestimmung aufgenommen. Danach tritt das Statut erst mit der Genehmigung in Kraft.
Nun hat das neue Statut eine wesentliche und wichtige Ab⸗ weichung von dem bisher in Geltung gewesenen Statut in Aussicht genommen. Nichts lag näher für die Aufsichtsbehörden, auch für mich, dem die Regierung das neue Statut vorlegte, als zu fragen: welche Gründe haben den Magistrat veranlaßt, diese Aenderungen vorzuschlagen und namentlich die Betheiligung der kirch⸗ lichen Organe an dem Schulwesen der Stadt Staß— furt zunächst formell durch das Statut auszuschließen? Meine Herren, ich habe alle Ursache, darauf zu halten, daß derartige Bestrebungen nicht in weiterem Umfang Raum gewinnen (Bravo!), sondern daß die bisherige kirchliche Betheiligung am Schulwesen, wenn sie in den rechten Grenzen und in der rechten Form erfolgt, wie sie sich bisher bewährt hat, auch aufrecht erhalten bleibe. (Bravo) Das — ich spreche es offen aus — ist auch mein Wille, und es ist, wie ich glaube, auch die Pflicht des Kultus⸗Ministers nach unserer ganzen geschichtlichen Entwickelung. (Sehr richtig!)
Nun, meine Herren, will ich gern zugeben, daß vielleicht in der Verfügung, die an die Regierung von hier aus erlassen ist, formell der Wunsch, daß die kirchlichen Organe auch künftig bei der Verwaltung der Schulangelegenheiten in der Stadt Staßfurt betheiligt sein möchten, etwas anders hätte ausgedrückt werden können. Mon kann auf die Idee kommen, wenn man den Wortlaut dieser Verfügung sieht, die ich übrigens nicht gezeichnet habe, wie ich neben⸗ bei sagen will, als wenn ich verlangte, daß nun unbedingt genau so, wie es in dem alten Statut gewesen ist, wieder die Sache mit der
Betheiligung der kirchlichen Organe hätte geordnet werden sollen.
Das ist aber nicht die Meinung gewesen, sondern ich habe die Ver⸗ sagung der Bestätigung nur eintreten lassen, um eine nochmalige Prüfung der Sache herbeizuführen und in die Lage zu kommen, nach allen Richtungen hin die Gründe, die die Stadt veranlaßt haben, die Aenderung vorzunehmen, prüfen zu können. Das ist der einfache Grund der ganzen Sache; das entspricht, wie ich glaube, durchaus der Sachlage, und dem würde es auch entsprechen und es würde garnichts entgegenstehen, wenn das hohe Herrenhaus die Petition der Regierung zur Erwägung über⸗ weisen wollte. Ich bin sebr gern bereit, sie nochmals zu erwägen, es liegt mir auch ganz fern, ohne zwingende Noth in die Befugnisse der Städte einzugreifen; im Gegentheil, es ist mein ernstes Bestreben, die städtischen Behörden, soviel ich nur kann, an der Verwaltung der Schulangelegenheiten zu betheiligen; ich empfinde das selbst als eine Forderung der Billigkeit, daß wir den städtischen Behörden überhaupt, an die wir leider so große Ansprüche bezüglich des Schulwesens stellen müssen, nicht bloß immer mit Geldansprũchen kommen dürfen, sondern daß wir ihnen die Hand reichen müssen, damit sie durch ihre aktive Theilnahme an dem Schulwesen Lust und Feeudigkeit gewinnen, für die Schule etwas zu thun. Das ist der Standpunkt, mit dem ich mit den Herren Ober Bürgermeistern auf demselben Boden mich befinde.
Ich bin also bereit, auch diese Petition nochmals in Erwägung zu nehmen; aber ich will, ehe ich entscheide, genau wissen, um was es sich handelt. Ich will die Gründe kennen, warum man das erste Statut hat ändern wollen, und wenn die Gründe so sind und ich gewiß bin, daß es sich nicht um prinzipielle Beseitigung der kirchlichen Theilnahme handelt, dann werde ich mit Vergnügen das neue Statut bestãtigen.
Ober⸗Bürgermeister Zelle: Ich möchte befürworten, die Petition der Regierung nicht nur zur Erwägung, sondern zur Berücksichtigung zu überweisen. Ich habe mich sehr gefreut über die Freundlichkeit und das Entgegenkommen des Herrn Ministers, womit er die Noth⸗ wendigkeit der Mitwirkung der Selbstverwaltungsbehörden in Schul⸗ angelegenbeiten betonte. Seit längerer Zeit schon hatte sich in den Kommunen ein Gefühl geltend gemacht, als sei die Regierung anderer Ansicht. Die Ge n,. der Stadt, sich ein neues Statut zu geben, darf nicht eingeschränkt werden. Die Be⸗ stätigung des Statuts steht allerdings dem Minister zu. In praxi finden die Selbstverwaltungsbehörden nicht die gebührende Beachtung. Das zeigt ein Beispiel aus Berlin. Einer Beschwerde über Nicht⸗ anstellung eines Lehrers seitens der Kommune Berlin wurde vom Minister in so fern Genüge getban, als in einem Bescheide ausgeführt wurde, die Altersgrenze komme bei der Anstellung eines Lehrers nicht in Betracht. Es macht aber für eine Gemeinde doch einen großen Unterschied hinsichtlich der Gehalts- und Pensionsverhältnisse, ob sie einen dreißig⸗ oder vierzigjährigen Lehrer anstellt. Ich hoffe, daß auch die Herren von der anderen Seite mir darin beistimmen werden, 2 es sich ja ebenso um Gutsbezirke wie um Stadtgemeinden handeln
ann.
Minister der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal⸗ Angelegenheiten Dr. Bosse:
Meine Herren! Nur jwei Worte! Herr Zelle hat anerkannt, daß das neue Statut der Stadt Staßfurt der Bestätigung der König⸗ lichen Staatsregierung bedũrfe. Er hat aber beanstandet, daß die Regierung den Anspruch erhöbe, daß nun auch die städtischen Be= hörden dadurch sich einer Prüfung unterwerfen müßten, ob materiell das, was sie in dem neuen Statut angeordnet wissen wollen, berech⸗ tigt sei. Das ist vollkommen richtig. Was soll überhaupt der Re= gierung ein Bestätigungsrecht nützen, wenn sie nicht prüfen soll, ob das, was sie bestätigen soll, richtig ist? (Sehr richtig) Ja, meine Herren, auf diese Prüfung kann ich nicht verzichten und werde ich nicht verzichten. (Lebhaftes Bravo) Das habe ich nur sagen wollen.
Ich möchte auf die Exemplifikation in Bezug auf die Wahl eines Lehrers hier nicht eingehen und nur bemerken: mir ist in meiner Amtsführung noch kein Fall vorgekommen, wo ich ciner Gemeinde oder einem Wahlberechtigten gesagt hätte: den Lehrer mußt Du wählen! Ich habe auch gar keine Zwangsmittel dazu.
Graf von der Schulenburg-⸗Beetzendorf beantragte, die
ition der Regierung zur Erwägung zu überweisen.
— von Hr, ehr . Statut selbst enthält die Bestimmung, daß es der Genehmigung der Regierung bedürfe. Die Schulverwaltung ist im Recht, wenn sie bisher das neue Statut nicht hat in Wirksamkeit treten lassen. Nachdem der Herr Minister sich bereit erklart hat, die Sache nochmals in wohlwollende Erwägung zu nehmen, glaube ich, genügt es, die Petition der Regierung zur Er= wägung zu üͤberweisen. Den Wunsch und das Bestreben, den kirch⸗ lichen Organen die Mitwirkung an den Schulen zu erhalten, theile ich in vollem Maße. .
Ober⸗Bürgermeister Zweigert sprach sich im Sinne des Ober Bürgermeisters Zelle aus und vertrat die Ansicht, die Bestätigung durch den Bezirks- Ausschuß genüge zur Gültigkeit eines neuen Statuts.
Minister der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal⸗ Angelegenheiten Dr. Bosse:
Meine Herren! Zu meinem Bedauern muß ich noch einmal das Wort ergreifen. Ich nehme keinen Anstand, Herrn Zweigert zu be⸗ stätigen, daß er mit Recht gesagt hat, daß er in seinem Amtsbereich für die Betheiligung der Kirchenbehörden an der Schulverwaltung ein⸗ getreten ist. Aber die Theorie, die Herr Zweigert aufstellt, daß diese Statuten überhaupt nicht die Bestätigung der Schulaufsichtsbehörde bedürften, sondern die Bestätigung des Bezirksausschusses genügte, kann und darf ich nicht unwidersprochen lassen. Diese Theorie ist heute zum ersten Mal, soviel ich weiß, ausgesprochen worden; kein Mensch hat der Schulaufsichtsbehörde, der Regierung bestritten, daß sie das Recht hat, Statuten dieser Art zu bestätigen, und dieses Recht muß ich für die Regierung und in sberster Instanz für den Minister in Anspruch nehmen. Meine Herren, es hätte, wenn es so stände, wie Herr Zweigert gesagt hat, der Antrag Ihrer Kommission absolut keinen Sinn. Denn soviel ich weiß, geht die Petition darauf hin, die Regierung zu veranlassen, das Statut zu bestätigen. Wenn aber, wie Herr Zweigert sagt, die Regierung gar kein Bestätigungsrecht hat, so wäre ich auch gar nicht in der ge, das Statut zu bestätigen, auch wenn die Petition mir zur Berikkksichtigung überwiesen würde. (Heiterkeit) Ich möchte auf das dringendste bitten, diese Gegensätze nicht noch zu verschärfen, sondern einfach die Petition der Regierung zur Erwägung zu überweisen. Ich verspreche, sie soll wohlwollend und ohne jede Voreingenommenheit geprüft werden. (Bravo)
Das Haus beschloß, die Petition der Regierung zur Erwägung zu überweisen. .
Die Petition des Baumeisters Petzenburger in Groß⸗ Lichterfelde um Klarstellung bezw. Ergänzung der 852 und 5 der Bauordnung für die Vororte von Berlin vom 5. Dezember 1892 und die Petition der Gemeindevertretung von Groß-Lichterfelde um Nichtberücksichtigung der auf Abänderung dieser Bauordnung gerichteten Petitionen sind von der Kommission für kommunale Angelegenheiten zur Erörterung im Plenum fi nicht geeignet erachtet worden. Sie wurden ohne Diskussion für erledigt erklärt.
Es folgte der mündliche Bericht der Eisenbahnkommission über die Petition des Magistrats und der Stadtverordneten in Dortmund wegen gründlicher Abänderung der dor— tigen Eisenbahnverhältnisse.
Die Kommission beantragte, die Petition der Regierung als Material zu überweisen.
Ober⸗Bürgermeister Schmieding⸗Dortmund sitellte den Antrag, sie der Regierung zur Berücksichtigung zu über— weisen.
2 Ober⸗Bürgermeister Bra esicke: Die Zustände in Dort⸗ mund sind infolge der vielen Sperrungen der Eisenbahnübergänge sehr mißlich. In zwei Tagen sind im Zeitraum von 6 Uhr Morgens bis 10 Uhr Abends 210 resp. 228 Sperrungen nöthig gewesen. Vas be— deutet für den Verkehr, jede Sperrung zu 3 Minuten gerechnet, 106—1 Stunden Zeitverlust. Die Uebergänge werden pro Len von 9000 Fußgängern und 450 Fuhrwerken passiert. Diese Zustände herrschen schon seit Anfang der 70er Jahre; jedoch mrß man berück- sichtigen, daß der nördliche Stadttheil erst nach der Einrichtung des Bahnhofs entstanden ist. Die Eisenbahnkommission hält eine Aende⸗ rung der Verhältnisse für nothwendig und bittet Sie darum, ihren Antrag anzunehmen.
reiherr von Landsberg⸗Velen: Ich bitte Sie, den Antrag des Herrn Schmieding anzunehmen. Das Bedürfniß nach einer Um⸗ änderung des Bahnhofs ist seit langem anerkannt, auch in einem Erlaß des Ministers von Maybach aus dem Jahre 1879. Während dessen ist die Einwohnerzabl Dortmunds von 58 900 auf 105 000 ge⸗ stiegen, aber trotzdem ist nichts geschehen. Der Verkehr ist bedeutend. Die Eisenbahnverwaltung erzielte aus dem Personen.· und Güterver⸗ kehr 1893/94 eine Einnahme von 7327 350 6 Bei solchen Ein⸗ nahmen kat der Staat die Verpflichtung, den Mißständen möglichst rasch abzuhelfen.
Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen:
Meine Herren! Ich möchte meinerseits die Bitte aussprechen, daß das hohe Haus sich dem Antrage seiner Kommission anschließen möge. Ich kann alle diejenigen Gründe, welche seitens des Herrn Referenten wie auch seitens des Herrn Vorredners für eine baldige Lösung des auch von mir als auf die Dauer als unhaltbar anerkannten Zustandes nur als richtig bezeichnen und ebenso dringend die Beseitigung der Mißstände wünschen, wie die Stadt Dortmund selbst. Aber die Stadt Dortmund und ihre Vertreter kennen ebenso gut wie ich die Schwierigkeiten, die sich der baldigen Lösung dieser Frage entgegen⸗ stellen. Die Stadt Dortmund befindet sich in derselben Lage wie alle anderen großen Industriestädte, die in den letzten Jahrzehnten mächtig gewachsen sind und deren Eisenbahn⸗ und Landverkehr dem⸗ entsprechende Dimensionen angenommen hat, wie man sie bei der Anlage der Eisenbahnen ebenso wenig wie bei der Anlage der städtischen Straßen und Alignements irgend wie hat übersehen können. Der Herr Referent hat schon darauf hingewiesen, daß dieselbe Lage ungefähr mutatis
mutandis in einer ganzen Reihe von Städten vorliegt. e
liegt aber in Bezug auf die baldige Lösung in Dor,
mund infolge ganz besonderer Verhältnisse besonders schwiern
Die Stadt Dortmund liegt mit ihrem größeren südlichen Theil
ich spreche von der Halbierung, die die Stadt durch die Eisenbahn, linien erfahren hat — auf einem ziemlich steil nach der Eisenbahn hin abfallenden Terrain. Die Eisenbahn ist ungefähr in die Soll. gelegt, und von dort aus zieht sich ein ebenes Terrain nach Norden zu. Diese ganz eigenthümliche Lage ergab schon an und für sih außerordentliche Schwierigkeiten, die Niveauverhältnisse zwischen Eisen, bahn und Straße zu beseitigen. Eine Unterführung der von der Höhe kommenden Straßen unter die Eisenbahn ist damit, insofem der Fuhrwerksverkehr in Betracht kommt, fast unmöglich gemacht. Eine Ueberführung der Straßen in deren bisherigen Traktus über die Eisenbahn würde zu ganz außerordentlich weit wegführenden Rampen Veranlassung geben und damit das Interesse sehr vieler Bewohner der betheiligten Straßen auf das stärkste schädigen. Meine Herren, die Stadt Dortmund in ihren Vertretern weiß ebenso gut wie ich, daß eine gründliche Abhilfe der Uebelstände überhaupt nur dam möglich sein würde, wenn wir mit der Eisenbahnanlage aus der Stadt ganz herausgingen. Damit würden aber voraussichtlich schärfere Nach. theile der Stadt Dortmund zugefügt werden als durch die Un, bequemlichkeiten, die jetzt entstehen, wenn Wagen und Men- schen an den Uebergängen allerdings, wie ich zugebe, oft ungebührlich lange warten müssen. Es kommt noch ein ferneres Moment hinzu, welches zur Zeit einer raschen Lösung der Aufgabe besondere Schwierigkeiten entgegenstellt. Das ist das Moment, daß die Stadt Dortmund einen Anschluß an den Dortmund ⸗Ems—⸗Kanal bekommt, von dem sie einen großen Aufschwung ihrer Verkehrs verhält. nisse erhofft und infolge dessen sie sich entschlossen hat, mit großen Opfern einen Hafen anzulegen, der die Verkehrsverhältnisse der Stadt Dort— mund insbesondere für den Güterverkehr ganz umzugestalten geeignet ist. In diesem Augenblick, wo die Verhältnisse sich noch absolut nicht ge— klärt haben, wo wir noch nicht wissen, wie sich unser Güterverkehr demnächst abspielen wird und wo er sich abspielen wird, ob wir ge— nöthigt sein werden, unsere gesammten Güterverkehrdan lagen nach dem Hafen zu verlegen, wenigstens den ganzen Rohproduktenverkehr, wo wir noch garnicht absehen können, ob das möglich sein wird ohne Verlegung der großen Eisenbahn⸗Werkstätten, die seit alten Zeiten dort auf dem Bahnhofsterrain liegen und die, soviel ich unterrichtet bin, etwa 3000 Arbeiter beschäftigen, — in diesem Moment scheint es mir schon aus diesen materiellen Gründen doch mehr ge rechtfertigt, die Petition der Staatsregierung als Matern! zu überweisen, als zur Berücksichtigung. Es kommt abe ferner hinzu, daß die Staatsregierung ja an sich garnicht weigerlt ist, in eine Aenderung dieser Verhältnisse einzutreten; im Gegenthä ich habe meinerseits seit geraumer Zeit und noch bis in die letzt Wochen hinein, zum theil auch in Verbindung mit den städtischa Behörden Mittel und Wege gesucht, wie wir in den augenblicklichen, allerdings sehr unangenehmen Verhältnissen eine Erleichterung schaffen können. Aber, meine Herren, wenn Sie beschließen: die Petition sol der Staatsregierung zur Berücksichtigung überwiesen werden, so wollen Sie doch damit aussprechen, daß die Staatsregierung bisher ihre Pflicht nicht mit der Diligentia prästiert hat, die man von ihr ver— langen kann; dem würde ich indessen entschieden widersprechen müssen; Sie würden die Staatsregierung damit zu gleicher Zeit auffordern, in die Beseitigung dieser Verhältnisse ein rascheres Tempo hineinzubringen. Das würde ich mit Freuden thun, wenn ich dan im stande wäre. Ich kann also nicht annehmen, daß der Zustand dadurch, daß Sie die Petition der Staatsregierung zur Berücksichtigung empfehlen, ein besserer wird, als wenn Sie nach dem Antrage Ihrer Kommission die Petition der Königlichen Staatsregierung als Material überweisen.
Ober⸗Bürgermeister Schmieding: Wenn man ernstlich an die Sache heranginge, so müßte es etwas Leichtes sein, in einem Jahre die vollständigen Umbaupläne fertig zu stellen. Aber es fehlt an der ernstlichen Absicht. Früher hieß es, der Hafenbau in Dortmund stehe in einem losen Zusammenhange mit dem Bahnhofbau; heute sagt der Minister, er stehe in einem engen Zusammenhange damit. Die Peti⸗ tien der Regierung als Material zu überweisen, hat keinen Sinn; Material haben wit schon seit langen Jahren zusammengetragen, und das Bedürfniß des Neubaues des Bahnhofs ist allseitig anerkannt. Ich bitte also, die Petition der Regierung zur Berücksichtigung zu überweisen.
Referent Ober⸗Bürzermeister Brgesicke trat demgegenüber noch⸗ mals für den Vorschlag der Kommission ein, der aus dem Grunde allein angebracht sei, weil noch zahlreiche andere Städte gleiche Be— dürfnisse wie Dortmund haben. Die sofortige Erfüllung aller dieser Bedürfnisse verbiete sich aber durch die Finanzlage.
Der Antrag Schmieding wurde angenommen.
Die Petition des Magistrats zu Wormditt um Weiter— führung der Eisenbahn Marienburg — Mohrungen — Wormditt nach Heilsberg überwies das Haus dem Antrag der Kommission gemäß der Regierung als Material
Eine Petition aus Stralsund um Abänderung des preu— ßischen Fischereigesetzes beantragte die Kommission, der Regierung als Material zu überweisen. Das Haus stimmte ohne Debatte diesem Antrage bei.
Den letzten Punkt der Tagesordnung bildete eine Petition des Dr. med. Sternberg in Charlottenburg un Wiederaufhebung des uber ihn verhängten Ent— mündigungsverfahrens und unparteiische Prüfung der vorausgegangenen Vorkommnisse.
Die Petitionskommission beantragte Uebergang zut Tagesordnung.
Berichterstatter Freiherr von Durgnt: Aehnliche Petitionen de Dr. Sternberg haben bereits in den Jahren 1897 und 1893 dem hohen Haufe vorgelegen. Aus den richterlichen Erkenntnissen. gelt hervor, daß auch von richterlicher Seite anerkannt wird, nicht bei jede Störung des Geistes sei eine Entmündigung nothwendig. Run schemm in dem Falle Sternberg die Entmündigung nicht nothwendig gewesen zu sein. In der Kommissisn wurde auch der Antrag gestellt, die Petition der Regierung zur Berücksichtigung dahin zu überweisen daß das Wiederaushebungs verfahren möglichst beschleunigt werde. Di Mehrheit der Kommission war der Ansicht, die Schuld an der Ver. zögerung treffe nicht die Behörden, vielmehr Herrn Pr. Sternbezß selbst. und empfiehlt Ihnen daher Uebergang zur Tagesordnung. der , ist ein Vertreter der her i nee nn, Kultus. Ministeriums dieses Jahr leider nicht anwesend gewesen, soda eine Aufklärung über die Behandlung, die Frau Dr. Sternberg fahren hat und über die früher schon gesprochen worden ist, nich gegeben werden konnte. Ich glaube, gerade in heutiger Zeit muß af. Dingen ins Auge ich werken. Ber Fall von Aach steht nicht vereinzelt da. Bon einem Herrn Ball sist eine Broschint
letzten Tagen veröffentlicht worden, nach der in einer e e n., Irrenanstalt ähnliche Dinge vorgekommen sind. in der Preffe eine Kritik über eine junge Frau die hier in Berlin in einer Anstalt, ich glaube in der Unrecht aufgentemmen worden sein soll. Von einer ag auch in der Petitionskommission eine Petition vor, Provinzialanstalt noch jetzt Strafen angewendet wurden, sich nur wenig von den bekannt gewordenen Strafen unterschieden. Natürlich kann ich nicht konstatieren, wieviel an den Beschwerden wahr ist. Diese Momente scheinen mir darauf sinjuweisen, wie dringend nöthig eine Reform des Irren⸗ wesens ist. Die Regierung bat im Abgeordnetenbause bei Beantwortung der Interpellation Mellage großes Entgegen⸗ fommen gejeigt. Jedenfalls ist erwiesen, daß die Dinge schlimmer als es bisher den Anschein batte. Ebenso wichtig, wie die Zu i in den Irrenhäusern, ist die . der Entmündigung selbst. Die jetzt vielfach herrschende Oberflächlichkeit muß aufhören, eine Härfere Kontrole ausgeübt werden. — Ich halte es für meine Pflicht, 6 auch darauf hinzuweisen, daß die Verdächtigungen, welche in dem Prozeß Sternberg gegen den früheren Herrn Justiz-Minister er—⸗ hoben worden sind, ic als völlig grundlos erwiesen haben. Herrn Pr. Sternberg kann man meiner Ansicht nach nicht für so krank an—⸗ sehen, daß seine Entmündigung in seinem oder im öffentlichen Inter⸗ esse nöthig wäre.
Ober ⸗Bürgermeister Struckmann: Die Kommission hat Ueber- gang zur Tagesordnung vorzuschlagen beschlossen. Eine Minderheit war allerdings gegen diesen Beschluß, aber sie beschränkte sich auf den Herrn Referenten. Der Herr Referent hat sehr ausführlich die Gründe der Minderheit mitgetheilt; ich bitte ihn, dem Hause nun auch die Gründe der Mehrheit bekannt zu geben.
Geheimer Ober-⸗Justiz⸗Rath Vierhaus: Vielleicht kann 6 diesem Wunsche von dieser Stelle aus nachkommen, da, wie i glaube, die von mir in der Kommission vorgetragenen Gründe von
der Mehrheit acceptiert worden sind. Der Herr Referent hat sich für
seine Ausführungen auf die Göttinger Thesen berufen. Selbstver⸗ ständlich kommt in diesen Thesen mancher gesunde Gedanke zum Aus— druck; denjenigen Sätzen aber, welche der Referent verlas, kann ich dieses Prädikat nicht geben. Am bedenklichsten ist der erste Satz, daß nachweislich ungerechtfertigte Entmündigungen und andere grobe Rechtswidrigkeiten vorgekommen seien, ohne daß dagegen eingeschritten worden wäre. Ich richte seitens der Justizverwaltung an die Unterzeichner dieses Aufrufs die direkte Auf⸗ forderung, derartige Fälle dem Minister anzuzeigen. Bis jetzt ist ein Fall dieser Art dem preußischen Justiz. Minister nicht zur Kenntniß gelangt, und so lange das nicht geschieht, muß ich den Vor⸗ wurf als unberechtigt zurückweisen. Andere allgemeine Aus— führungen des Vorredners bezogen sich auf das Reform bedürfniß des Entmündigungsberfahrens. Sämmtliche ZJustiz⸗ behörden haben sich dahin ausgesprochen, daß die Grund lagen des Entmündigungsverfahrens durchaus gesunde sind und, daß nur an einigen Stellen Verbesserungen eintreten könnten. Bei den Arbeiten der Kommission für die Zivilprozeßordnung ist der preußische Justiz⸗Minister für solche Verbesserungen eingetreten. Seitdem haben Verhandlungen unter Zuziehung von Praktikern aus verschiedenen deutschen Bundesstaaten stattgefunden, und auch diese haben die Grundlagen unseres Entmündigunge verfahrens für ge= sund erklärt. Der Vorwurf, daß die Gerichte oberflächlich verfahren, ist durchaus unbegründet. Was den vorliegenden Fall be—⸗ trifft, so ist Dr. Sternberg durch Gerichtsbeschluß entmündigt worden. Gegen diesen Beschluß stehen ihm zwei Wege offen, und zwar der Nachweis, daß er zur Zeit des Beschlusses nicht geisteskrank ewesen, oder daß er inzwischen gesund geworden ist. Dr. Sternber . beide Wege beschritten; eine endgültige Entscheidung ist aber no
nicht getroffen. Der wesentlichste Grund hierfür liegt in dem Ver⸗ balten des Herrn Dr. Sternberg selbst, der fortwährend durch neue Be⸗ schwerden, durch Ablehnung der Richter, durch den Verdacht, man wolle ihm ein Leid anthun, die Prozesse hemmt. Freiherr von Durant fordert, man solle alles thun, um den Rechtszustand des Dr. Sternberg zu ver⸗ ändern. Er befindet sich in derselben falschen Auffassung unserer Rechtsverhältnisse wie Dr. Sternberg. Eine Erklärung des Staats. anwalts, daß Dr. Sternberg gesund ist, hat für das Gericht ebenso— wenig Bedeutung wie die Erklärung einer Privatperson. Daß Dr. Sternberg ungeachtet seiner Entmündigung seine ärztliche Praxis weiter ausüben kann, ist die . höchst bedauerlichen Lücke in unserer Gewerbegesetzgebung. Auf den Hinweis auf die Behand⸗ lung in der Charits kann ich positive Erklärungen nicht abgeben. Die Charits untersteht dem Minister der geist— lichen Angelegenheiten. Eine staatliche Anstalt aber auf die gleiche Stufe mit einer Privat- Anstalt, wie es die Anstalt Marlaberg ist, wo die Aufsicht lässiger ist, zu stellen, halte ich nicht für richtig. Daß Personen in perschiedenen Irrenanstalten untergebracht worden sind, ohne daß sich eine Behörde darum gekümmert habe, ist nicht leicht möglich. Denn der Staatsanwalt muß stets von der Auf⸗ nahme eines Kranken in eine Irrenanstalt unterrichtet werden und hat sich um das Schicksal des Kranken zu kümmern. Sollte das einmal unterblieben sein, so bitte ich, es dem Herrn Justiz. Minister anzuzeigen. Die Justizverwaltung wird stets alles, was an ihr liegt, thun, um begründeten Beschwerden auf dem Gebiet des Irrenwesens abzuhelfen.
Der Präsident befragte das Haus, ob es dem Referenten das Schlußwort gestatten wolle; es erhob sich nur eine geringe Minderheit, womlt die Diskussion beendet war.
Das Haus stimmte dem Antrage der Kom— mission zu.
Schluß nach 5 Uhr.
Nächste Sitzung: Mittwoch 11 Uhr (Eisenbahnverstaat⸗ lichung).
Statistik und Volkswirthschaft.
Bremens Handel und Schiffahrt im Jahre 1894.
Das kürzlich erschienene erste Heft des Jahrbuchs für Bremische Statistik (Kommissionsperlag von G. A,. von Halem in Bremen) enthält interessante Daten über Bremens Schiffs. und Wagrenverkehr im Jahre 1894 und über die Entwicklung desselben während des letzten Jahrfünfts. Von den rund 142 005 Register⸗Tonnen, welche ie in Bremen angekommenen 4178 Seeschiffe als Zunahme gegen das Jahr 1893 aufweisen, fallen rund 121 000 t allein auf das europäische Rußland. Von Hamburg kamen über 28 0900 t, dom übrigen Deutschland 23 009 t mehr als im Vorjahre. Dagegen sind die Ankünfte aus Großbritannien und Irland um 17000 und diejenigen aus dem übrigen Europa um 25 000 t zurückgegangen. New Jork und Baltimore weisen eine Abnahme um 31 O0 bezw. J000 t, zusammen also um 38 900 t, andere Häfen der Vereinigten Staaten (New-⸗Orleans, Galveston, Savannah, Phila⸗ zelphig u. a. aber einen Zuwachs um 53 G00 t auf, sodaß aus Nord- merika im Ganzen 13996 t mehr als im Vorjahr angekommen sind. Die Schwankungen bei Mittel, und Süd-Amerika wie bei den anderen Erdtheilen sind unbedeutend. — Dem gesteigerten Schiffsverkehr ent⸗ prechend ist auch die Gesammtmenge der Einfuhr gewachsen, nicht doch der Werth, was auf die i e in einigen der Haupt⸗ stapelartikel Bremeng, namentlich Baumwokle und Getreide, zurück= zuführen ist. Aehnlich verhält es sich mit der Äusfuhr. Es betrug die Gesammtelnfuhr nach Bremen: Doppel / Itr. 26 139 795
27 647 266 28 811 971
Werth in 6 719 494 492 723 552 013 694 485 348
im Jahre 1899 ... kö . J
und jwar wurden importiert:
189 1893
Fam . Werth in Doppel ⸗Ztr. 2 Doppel · tr. 2.
Verzehrungs⸗ gegen stände. 8 846 719 198 862 666 8393 420 216 367 189
1457 667 19312240 S6l 8772 ] 635 326 2 868 298 130 514 1827491 5 562 499 1142479 11907 652 6 170 282 373 257 4720 631 5 454791 319 082 4254 617
16515493 125 949 20 692 106 3 gS6 008 36 244 3 166 288 . 3716 693 30 704 2 807 928 Schlachtvieh 7 601 670 72761 8 014692 Roggenmehl . 1135013 68 096 1332209 Welzenmehl ... 2687796 148 291 3178 219 Reis 2182 857 26716 286 2505 474 33 554 804 Rübenzucker.. 529289 11 887 285 299 281 9208 317 raffinierter Zucker 129 842 5 221 455 124 886 5 438 768 Taback, roher A459 706 44666 797 583 733 54 598 g81 Wein Liter 12 0654 845 6 229 669 L. 9 525 277 5 039 404 Spirituosen, Liter 4977 650 3 826 436 L. 6 444 965 4588 283 Roh st offe . . . 18190 377 322 682 354 17516 395 331 859 579 1496753 12513 006 1408 265 12557 8657 152 125 374 1753 560 156 513 914 3 687 959 126 930 3 080 072 . 70 580 424 613 947 80 840 154 Halbfabrikate 28 856 429 458 459 A 330 531 Manufaktur⸗ ö 1 ö 189 7065 73 195 403 avon: Baumwollenwaaren 100 975 34 985 964 Sõ 612 27 784 427 Leinenwaaren 32 049 4719 075 42191 7452790 Seiden⸗ und Halb⸗ seidenwaaren 12 803 328 S (694 11725255 Wollen und Halb⸗ wollenwaaren 17 278 196 36 537 20 152 846 andere Industrie⸗ er zeug nisse . 1045937 68 293 740 1089 287 74799 311 Von der Gesammtmenge der nach Bremen eingeführten Ver— zehrungsgegenstände kamen im Jahre 1894 zur See an dem Gewicht nach fast , dem Werthe nach ca. I, von den Rohstoffen dem Gewicht nach nicht ganz ü, dem Werthe nach 3, von den Halbfabrikaten dem Gewicht nach ca. 3. dem Werthe nach fast die Hälfte, von den Manufakturwaaren dem Gewicht und Werthe nach etwas mehr als *, und von den anderen Industrieerzeugnissen dem Gewicht nach ca. J, dem Werthe nach ziemlich 8. — Die Gesammt aus fuhr aus Bremen belief sich auf: Doppel⸗Itr. 3 ö im Jahre 1892 18 909 346 684 324 487 . ö 18 642 202 676 215 953 ö 1894 19 758 234 672 109 730 und zwar wurden im letzten Jahre ausgeführt: davon 99 2 Deutschen ei Doppel / ãtr. 236 in Doppel, Ztr. , g Verzehrungsgegen⸗ stͤnde 7787 970 194924763 5408 662 125 779 526 Rohstoffe .. . 10457 996 316027 045 601743 224 638 845 Halbfabrikate 467 111 28142021 98 979 14856 336 Manufakturwaaren 217 886 72099597 69 h42 7141188 andere Industrie⸗ erzeugnisse S827 266 60 916 304 222 355 13002068 Am erheblichsten ist, wie man sieht, der bremische Tabackshandel zurückgegangen; 1893 wurden 583 733 Doppel Ztr. im Werthe von rund 54 6 Millionen Mark, 1894 nur 459 706 Doppel Ztr. im Werthe von 44557 Millionen Mark eingeführt. — In erster Reihe interessiert gegenwärtig die Entwicklung des bremischen Handels mit China und Japan. m Jahre 1591 erreichte die Einfuhr Bremens aus China und Japan 1022 (5,3 4 6,89 Millionen Mark, im folgenden Jahre sank sie auf 5.55 (2, 99 4 2386) Millionen Mark herab, um indessen 1894 wieder auf 966 (7,46 4 2,2) Millionen Mark zu steigen. Noch stärkere Schwankungen hat die Ausfuhr aus Bremen nach China und Japan k von 9, 93 (6 4 2,33) Millionen Mark im Jahre 1891 auf 17, 93 C11, 724 6,21) Millionen Mark im Jahre 1893 und 23,97 (16,95 4 7,02) Millionen im letzten Jahre. Der chinesisch⸗japanische Trieg hat demnach keine Abnahme des Geschäfts zur Folge gehabt. Auf den Aufschwung des andels mit Ostasien ist ubrigens auch die Subventionierung der Reichs⸗Postdampferlinien von unverkennbarem Einfluß gewesen.
Literatur.
Gefängnißkunde.
Blätter für Gefängnißkunde, Organ des Vereins der deutschen Strafanstaltsbeamten, redigiert von Dr. Oskar Wirth, Geheimem Justiz⸗Rath und Direktor der Strafgefängnisse zu Plötzensee und Rummelsburg. Verlag von G. Weiß in Heidelberg. — Aus dem reichen Inhalt der Hefte 1 und 2 des 29. Bandes ist zunächst hervorzuheben eine Abhandlung vom Geheimen Regierungs-⸗Rath C von Massow mit dem Titel: Die Stellung volljâhriger Delinguenten unter Vormundschaft als selbständige Strafart und als Zusatzstrafe, sowie die Ausdehnung und energische Handhabung der Vormundschaft über Minderjährige als Präventivmittel «. Man strebt danach, die kurzzeitigen Freiheitssfrafen durch andere Strafmittel, z. B. durch Vermehrung bezw. Erhöhung der Geldstrafe, durch Zwangsarbeit zu ersetzen und zu vermindern. Von jedweder Kritik dieser Ersatzmittel absehend, stellt der Verfasser ihnen ein weiteres zur Seite. ie der vaterlose Minderjährige unter Vormundschaft gestellt werde, weil er noch nicht die benöthigte Verstandesreife und Willenskraft besitze, über sich selbst in richtiger Weise zu disponieren, wie man für jugendliche Delinquenten bereits die Zwangserziehung hat, die auch in einer Familie bewirkt werden könne, so soll auch den Volljährigen, welche — ohne geisteskrank im gesetzlichen Sinne zu sein — des Verstandes und namentlich der Willenskraft derart entbehren, daß sie nicht ungeleitet durch das Leben gehen können, denen das moralische Rückgrat fehlt, deren Leben in Zwangsanstalten verläuft, unterbrochen durch kurze , . Entlassung und Wiedereinsperrung, die in der
nstalt sich häufig tadellos führen, nach der Entlassung aber sofort dem alten Laster wieder fröhnen, — die Selbstdisposition für eine be⸗ stimmte Zeit entzogen werden. Der Delinquent soll einen Vormund erhalten, welcher bestimmt, wo und wie der Bevormundete zu wohnen
und zu arbeiten hat, welcher für ihn den Arbeitslohn einzieht und in
die Sparkasse legt, soweit er nicht zum Lebensunterhalt erforderlich ist. Ungehorsam gegen den Vormund wäre mit Arrest in dunkler Zelle ohne Lager und Kost, den auf Anrufen des Vormundes nach proto— kollarischer Anhörung des Bevormundeten der Richter ohne weitere k zu verhängen hätte, und wenn alles nichts helfe, durch eberweisung an ein Korrektionshaus zu ahnden. Gelinge aber dem Vormund die Beschaffung von Arbeitsstellen zunächst nicht, dann bleibe immer noch, die Arbeiterkolonie als temporäres Aus- kunftsmiüttel übrig. Bei der vom Verfasser vorgeschlagenen Art der kö falle einmal der Uebelstand fort, daß der Delinquent aus Staatsmitteln Kost und Logis bekommt; zweitens würden die Gefängnisse entleert, sie hätten weniger mit den kurzzeitig Bestraften zu thun, die für sie die größte Plage und auf die sie zumeift ohne Einfluß seien; drittens falle der schaͤdliche Einfluß fort, den das Zusammenleben der Bestraften auf den Einzelnen, namentlich auf den relativ Unverdorbenen gusübt; viertens — und
das sei das Wichtigste — werde die Hauptschwierigkeit beseitigt. welche der Rügkkehr des Bestraften in das geordnete bürgerliche Leben ent- gegensteht, der vlötzliche unvermittelte Uebergang zur Freiheit; der mit Einsperrung Bestrafte müsse sich, wenn er entlassen werde, zumeist eine Existenz suchen, und bei diesem Suchen gehe er vielfach zu Grunde; der unter Vormundschaft Gestellte aber habe bereits diese Existenz, er brauche, wenn die Vormundschaft aufhöre, sein tägliches Leben absolut nicht zu ändern. Natürlich dürfe diese Strafart allein nur bei Uebertretungen und leichten Vergehen zur Anwendung gebracht werden und auch hier nur elektip. Bei Belinquenten, deren Eigenwille durch die Einsperrung erst gebrochen werden muß, sowie bei allen schwereren Vergehen empfiehlt der Verfasser, die vorgeschlagene Strafart kumulativ anzuwenden, den Delinquenten also zur Einsperrun
und Stellung unter Vormundschaft zu verurtheilen, selbstverständli
letzteres über die Zeit der Einsperrung hinaus. Die nöthige Anzahl ven pflichttreuen und zuverlässigen Vormündern werde sich gewinnen lassen, sobald sie eine, sei es auch nur geringe Besoldung erhielten. — In einem weiteren Aufsatze: Die Fürsorge für geistes kranke Strafgefangene“ von Dr. A. Leppm ann (Berlin⸗Moabit) wird die Frage nach der zweckentsprechenden Behandlung von geistig nicht ge⸗ sunden Strafgefangenen und zwar vornehmlich derjenigen eingehend erörtert, deren geistige Störungen entweder erst im Laufe der Freiheits- entziehung entstehen oder deren seelische Unzulänglichkeiten in dem streng geregelten, geistige und körperliche Zusammenraffung erfordernden Leben einer Zwangsanstalt erst zum Ausdruck kommen. Der Verfasser, dessen ärztlicher Leitung die Irrenabtheilung der Königlichen Straf— anstalt Moabit unterstellt ist, empfiehlt für größere Staaten mit ent⸗ prechend zahlreicher Zwangkanstaltsbevölkerung und verwickelter Gliederung der öffentlichen Irrenfürsorge die Schaffung besonderer Beobachtungs ⸗ bezw. Heilanstalten für geistes kranke Strafgefangene. Solche Geisteskranken indeß, welche wegen Straf, Endes oder Unheil⸗ barkeit aus dem Strafvollzuge entlassen werden, sollen nicht um ihrer Bescholtenheit willen in Spezialanstalten oder besonderen Irrenanftaltsabtheilungen, getrenut von den übrigen Geistes⸗ kranken, untergebracht werden. Damit aber überhaupt die
Häufigkeit des Vorkommens der Geistesstörung und der ungünstige
Verlauf der in Zwangsanstalten eingetretenen oder sichtbar gewordenen verhindert werde, fordert der Verfasser vor allem eine größere und zweckent prechendere Rücksichtnahme auf die geistige Unzulänglichkeit in der Strafrechtspflege. Wer, wie der Arzt, oft 8 und Tage lang als Hörer oder Experte Strafverhandlungen beizuwohnen ge— zwungen ist, der wird zu der Meinung gelangen, daß so mancher ver= urtheilt wird, bei dem nach dem Wortlaut des § 51 des R. St.- G. eine strafbare Handlung als nicht vorhanden angesehen werden müßte.“ Oft werde die Wirksamkeit des ärztlichen Sachverständigen im Straf⸗ verfahren dadurch gehemmt, daß er nach erhobenem Einwand der Geistesstörung bei Begehung der That nur zur Hauptverhandlung — und auch das im letzten Augenblick — geladen werde. Er habe dann für seinen Entscheid als Material nur den persönlichen Eindruck, den der Angeschuldigte bei der Vernehmung biete, sowie die Umstände! der Strafthat. Das genüge meist nicht, und er müsse sein Gutachten häufig dahin zusammenfassen, daß er, soweit er aus dem vorliegenden Material K Urtheil fällen könne, keine genügenden An⸗ haltspunkte für die Annahme einer Geistesstörung zur Zeit der That habe. Werde dann der Bestrafte im Verlauf der Hast deutlich als geistesgestört erkannt, dann werde noch die Wiederaufnahme des Ver— fahrens durch die Thatsache erschwert, daß die Frage der Zurechnungs— fähigkeit aus 5 51 bereits sachverständig erörtert sei. Deshalb sei es wünschenswerth, wenn ähnlich wie bei dem Entmündigungsverfahren auf dem Wege der Verordnung festgestellt werde, daß bei jeder Prüfung eines zweifelhaften Geisteszustandes wegen zweifelhafter Zurechnungs⸗ fähigkeit dem Sachverständigen Gelegenheit zu Ermitteluagen, d. h. persönlichen Untersuchungen des Beschuldigten, Einsicht der Akten, eventuell zu Anträgen auf Zeugenvernehmungen in seinem Beisein und auf . bei Behörden gegeben werden müsse. Als weitere vorbeugende Maßnahme befürwortet der Verfasser die Ein⸗ führung einzelner Strafwvollzugseinrichtungen zunächst auf dem Ver— ordnungswege, welche den Ausbruch von Störungen während der Freiheits- entziehung verhindern und die möglichst zeitige Erkennung vorhandener bewirken sollen. Denn bei vielen finde man eine Mitursache der Geistesstörung darin, daß auf geistige Defekte, welche dieselben in die Strafe brachten, in der Zwangsanstalt keine Rücksicht genommen und die bei solchen Minderwerthigen unausbleiblichen Verstöße gegen die Hausordnung mit voller Strenge disziplinarisch geahndet worden seien; in einzelnen Strafanstalten werde ferner die Geisteskrankheit immer noch überlange verkannt und durch allerhand Ausprobungs⸗ versuche ungünstig beeinflußt. Auch eine größere und passendere Be rücksichtigung des Irrsinns in der öffentlichen Armenfürforge fordert der Verfasser. Frage man sich schließlich, welche von den verschiedenen Gesetzesprojekten, die heutzutage in der Oeffentlichkeit auftauchen, als ehentuelle Vorbeugungsmaßregeln ein besonderes Interesse hätten, so sei dies in erster Reihe die weitere Ausgestaltung der vorläufigen Entlassung. Diejenigen, welche unter der Wirkung der Strafe körperlich oder vielmehr geistig übermäßig gebeugt werden, seien in der Regel keine Unverbesserlichen. Oft sehe man, wie jemand mit der kommenden Krankheit seines Gemüths, oder Verstandeslebens ringe, wie ihm nur eins Rettung bringen könne, die baldige Freiheit, und man habe kein Mittel, sie ihm zu gewähren. Die vorläufige Entlassung, welche nach 5 23 des Strafgesetzbuchs nach Ablauf von drei Vierteln der Strafzeit erfolgen kann, sei durch bestimmte Vor— aussetzungen, wie gute Führung, Geständigkeit u. s. w. umgrenzt, welche man gerade bei den seelisch Impressioniblen nicht immer finde. Eine Erweiterung der Befugniß der vorläufigen Entlassung würde solche Ungleichheiten in der Strafwirkung aufheben. — Des weiteren bieten die vorliegenden Hefte eine namentlich für die Kriminalpolizei werthvolle Abhandlung von Direktor Dr. Dage in Christiania: „Identifizierung von Verbrechern“, ferner einen Aufsatz vom Geheimen Sanitärs-Rath. Dr. Baer in Berlin über die „Reformbestrebungen auf dem Gebiete der Gefängnißbauten?', „Bemerkungen über das Disziplinar⸗Strafsystem im Entwurf des österreichischen Strafvollzugs ⸗ esetzes vom Jahre 18991. von Ober⸗Direktor Mareovich in Mar⸗ urg a. D. (Steiermark) und endlich eine Reihe kleinerer Artikel und kurzer Mittheilungen aus und über Strafanstalten.
Verdingungen im Auslande.
Rumänien.
31. Juli. Ministerium der öffentlichen Arbeiten in Bukarest: Erweiterung des Bahnhofs von Ploessi. Kostenanschlag 146 000 Fr.
J. September. Ebendaselbst: Bau einer Plattform mit Widerlagern und einer Zugangs⸗Chaussee im Hafen von Zimnicea. Kostenanschlag 406 443 Fr.
Verkehrs⸗Anstalten.
Bremen, 19. Juli. (W. T. B. Nord deutscher Lloyd. Der Schnelldampfer Ems“ ist am 8. Juli Abends auf der Weser angekommen. Der Postdampfer Roland ist am 9. Juli Morgens auf der Weser angekommen. Die Schnelldampfer Fulda“ und. „Happel“ haben am 9. Juli Morgens Seil ly passiert. Der Schnell dampfer Werra“ ist am 9. Juli Vormittags in Genug an. gekommen. Der Postdampfer München! ist am 8. Juli Nachts auf der Weser angekommen. Der Postdampfer Straßburg“ ist am 8. Juli in Pernambuco angekommen.
London, 9. Juli. (W. T. B.. Der internationale Eisen⸗ bahn⸗Kongreß wurde heute geschlossen. Der nächste Kongreß findet im Jahre 1900 in Paris statt.
London, 9. Juli. W. T. B). Der Uniondampfer Norman“ ist Dienstag auf der Ausreise in Kapsndt angekommen.