reichischen Kaisers an den Beherrscher des uns so eng ver⸗ bundeten Deutschen Reichs braucht nicht erst scharfsinnig zwischen den Zeilen herausgelesen zu werden; der Monarch spricht es unumwunden aus, daß er die herzlichen Beziehungen unserer Armeen noch enger zu gestalten wünscht. Der Dank, den der Kaiser dem obersten Kriegsherrn Deutschlands für die Einladung zu den Mandvern abstattet, die ungewöhnlich zahlreichen Ordensauszeichnungen des Monarchen an die deutschen Würdenträger — alles das soll nur die Auf⸗ richtigkeit dieses Wunsches deutlichst bezeugen. Da dies aber nur eine wachsende Garantie für die Erhaltung des Friedens durch wiederholte warme Betonung der Bundes beziehungen bedeutet, so begleiten auch alle Völker DOesterreich⸗Ungarns die Aeußerungen des Handschreibens mit freudiger Zustimmung.
Der Statthalter von Galizien Graf Baden ist gestern früh in Wien eingetroffen und hatte im Laufe des Tages eine mehr als zweistündige Unterredung mit dem Präsidenten des Abgeordnetenhauses . von Chlumecky. Heute Vor⸗ mittag wurde Graf Badeni von dem Kaiser in Privataudienz empfangen. . .
Aus Budapest erfährt W. T. B.“ von unterrichteter Seite, daß die Begnadigung der im Memorandumprozesse verurtheilten rum änischen Agitatoren sich auf sämmtliche Verurtheilten erstrecken werde. Dieser Gnadenakt solle die Auffassung zur Geltung bringen, daß die Regierung hinsichtlich der nationalen Agitationen jetzt die Lage als beträchtlich ver⸗ andert und gebessert ansehe.
Großbritannien und Irland.
Mit Bezug auf einen von den St. Petersburger Nowosti veröffentlichten Bericht, dem zufolge die englisch⸗russische Pamir-Kommission auseinandergegangen sei, ohne ein Ergebniß zu erzielen, und mit zug auf die Be⸗ hauptung der ‚Nowosti !, daß Rußland keines Abkommens be⸗ dürfe, besonders nachdem England Chitral genommen habe, wird dem „Reuter'schen Bureau“ von maßgebender Seite mitgetheilt, daß die Meinungsverschiedenheit zwischen den britischen und russischen Kommissaren durch An⸗ rufung der beiderseitigen Regierungen bereits beseitigt sei. Außerdem wird hervorgehoben, daß, da ein englisch⸗russisches Abkommen, welches die Grenze leg bereits bestehe, der Behauptung der Nowosti“, daß kein Vertrag erforderlich sei, die Grundlage fehle. Es wird ferner erklärt, daß Chitral, welches stets zur englischen Sphäre gehört habe, nichts mit der Frage zu thun habe.
Frankreich.
Der Präsident der Republik Faure wird sich morgen von Havre nach Fontainebleau begeben. Von dort wird er am 18. September mit dem Minister⸗Präsidenten Ribot, dem Kriegs-Minister General Zurlinden und dem Marine-Minister Adrmiral Besnard zum Abschluß der großen Manöver nach
Mirecourt reisen.
Rußland. Der Minister des Aeußern Fürst Lobanow-⸗Rostows ky ist gestern Abend von St. Petersburg nach Contrexéville abgereist.
Italien.
Der Präsident der Kommission zur Anweisung von Zwangswohnsitzen hat nach einer Meldung des W. T. B.“ aus Palermo, in Anwendung des Gesetzes vom Juli 1894, einen Verhaftsbefehl erlassen, infolgedessen zwölf Führer der revolutionären sozialistischen Partei in Haft ge⸗ bracht worden sind. Unter ihnen befinden sich der Fürst Culo, sowie der Herausgeber und die Redakteure des Blattes Riscossa“, welches zu erscheinen aufgehört hat. Drei Per⸗ sonen, gegen welche af i, erlassen wurden, waren nicht aufzufinden.
Niederlande.
Die marokkanische Regierung hat die anläßlich der Beraubung des niederländischen Schiffs Anna“ geforderte Entschädigung vollständig bezahlt.
Belgien.
Die „Etoile Belge“ will wissen, die Regierung des Unab⸗ hängigen Congostaats habe den General⸗Gouverneur be— auftragt, den Kommandanten Lothaire zu sich zu berufen, damit derselbe vollständige Aufklärungen gebe über die Vor⸗ gänge, die ihn bewogen haben, Stokes vor das Kriegsgericht zu stellen, welches dann gegen diesen die Todesstrafe verhängte.
Türkei.
Der Khedive ist gestern von Konstantinopel abgereist.
Die „Politische Korrespondenz! meldet aus Kon⸗ stantinopel: Das Kriegs⸗Ministerium stehe im Begriffe, die kürzlich einberufenen 12 Bataillone Redifs der Brigade Uesküb und des Regiments Guemueldschina zu demobilisieren, da die Lage in Macedonien keinen Anlaß zu Besorgnissen biete. Diese Maßregel beweise, daß die von der macedonischen Propaganda in Sofia ausgesprengten Nachrichten über das Auftauchen neuer Banden in Macedonien oder im Vilajet Adrianopel den Thatsachen nicht entsprächen.
Infolge des Ablebens des griechischen Bischofs von Prizren sind, dem, W. T. B.“ zufolge, die serbischen Kreise in Konstantinopel bemüht, das ökumenische Patri⸗ archat zur Erfüllung des durch Dyonis V. ertheilten und während der Anwesenheit des Königs von Serbien in Kon—⸗ stantinopel erneuten Versprechens zu veranlassen, den Bischof⸗ sitz mit einem serbischen Kandidaten zu besetzen.
Bulgarien.
Die „Agence Balcanique“ meldet: Der Korrespondent der „Times“ Bourchier, welcher vor drei Tagen von seiner an— geblichen ne,, , die er auf Einladung der Regierung geführt hatte (iehe Rr. 213 d. Bl.), zurückgekehrt ift, hat bisher der Regierung über die Ergebnisse suchung keinerlei Mittheilungen gemacht., Bourchier hatte stillschweigend die . der Regierung angenommen, eine Untersuchung über seine Behauptungen anzustellen, daß bulgarische Muselmänner verfolgt worden und wölf von ihnen diesen Verfolgungen zum Dpfer gefallen eien, wobei ihm von der Regierung die Eskorte, die er ver⸗ langt hatte, bewilligt wurde. Anstatt aber eine Untersuchung über die angeblich gegen die Türken in Bulgarien verübten Grausamkeiten anzustellen, begab fich Bourchier nach Dos pat, welches auf türkischem Gebiet gelegen ist und von dem niemals in den Reklamationen der bulgarischen Regierung gegenüber Bourchier die Rede war. Bourchier hat also ver⸗
dieser Unter⸗
sucht, die Angelegenheit auf fremdes Gebiet übertragen. A eits wurde auf Befehl der 3 gierung in ganz Bulgarien eine 8 Untersuchung angestellt, welche ergeben hat, daß in letzten Zeit zwei Türken getõdtet worden seien. Ein Fall ereignete sich in 5 wo ein reicher türkischer Grundbesitzer in schwerverletztem Zu⸗ stande in seinem Landhause aufgefunden wurde. Vor seinem Tode 3 . n ,, . zwei 2 * zeichnen, die dur Fenster mehrere intenschũsse abgegeben hatten und sich später in die Turkei flüchten konnten. Der zweite Fall ereignete sich in Tschirpan, wo die in zwei Parteien 4 paltenen Türken vor einem öffentlichen Bade in einen Kampf geriethen, bei welchem einer getödtet wurde. Diese von den Gerichtsbehörden authentisch festgestellten That⸗ sachen lassen keinen Zweifel zu; andere Vorfälle haben sich absolut nicht ereignet. Dãnemark.
Die Kaiserlich russische Jacht Polarstern“ konnte des ungünstigen Wetters wegen heute früh 106! Uhr nach Libau in See gehen. Um 11 Uhr passierte sie die Dec Osborne“ mit dem Prinzen von Wales an Bord. Beide Schiffe gaben Saluischüsse ab.
Amerika.
Aus Havanna wird gemeldet, daß die Insurgenten das Fort Managnita mittels Dynamits in die Luft ge— sprengt und das Dorf Raselles angegriffen hätten. Letzteres sei von der spanischen Besatzung heldenmüthig vertheidigt worden.
Australien.
Einer in San Francisco eingetroffenen Meldung aus Honolulu zufolge ist die wegen Betheiligung an den Roya— listenaufstand zu fünfjährigem Gefängniß verurtheilte frühere Königin Liliuokalani begnadigt und sämmitlichen aus diesem Anlaß Verbannten, mit Ausnahme der Brüder Ashford, die Rückkehr gestattet worden.
Nr. 37 des Zentralblatts für das Deutsche Reich“, berausgegeben im Reichsamt des Innern, Lom 13. Seytember, hat folgenden Inhalt: Handels und Gewerbe⸗Wesen: Bekanntmachung, betreffend die Ausfuhr der zur Kategorie der Rebe nicht gebörigen
änzlinge. — Bank⸗Wesen: Status der deutschen Notenbanken nde Auguft 1895. — TFonsulat⸗Wesen: Ernennung; Bestellung eines Konsular⸗Agenten; Exeguatur-Ertheilung. — Fönen ,,, Ausweisung von Ausländern aus dem Reichsgebiet.
Die Nr. 37 des Zentralblatts der Bauverwaltung“, berausgegeben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten, vom 14. Sey⸗ tember, hat folgenden Inhalt: Amtliches: Dienstnachrichten. — Nichtamtliches: Der Höhepunkt einer Sturmfluth. — Dienstgebãude für die WasserBauinspektion in Tapiau. — Die neuen „Handels reiben! in Meskau. — Anwendung der Bruchstein Zement Bauweise bei Eisenbahnbrücken. — Vermischtes: Wettbewerb für den Lageplan der 1896 in Kiel stattfindenden Ausstellung der Provinz Schleswig Polstein. — Bezug der Patentschriften. — Neues Amtsgericht in Demmin. — Besuchsziffer der Technischen Hochschule in Barmstadt im Studienjabre 1894335. — Klemmgesperte von Vorreiter und Dr. Müllendorf in Berlin. — Bücherschau. ;
Entscheidungen des Reichsgerichts.
Der Zu satz einer geringen Menge ven Ocker zu einer größeren Menge Kaffee, um dem Kaffee ein ö gleichmãßiges Aussehen zu geben, ist, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, J. Strafsenats, vom 11. Februar 1895, nicht obne weiteres als Nahrungsmittel verfälschung zu bestrafen. Richtig ist, daß der in § 10 Nr. 1 des Nahrungsmittelgesetzes vom 4. Mai 1879 vorgesebene Begriff der Verfälschung eines Nahrungs ⸗ eder Genußmittels auch dann erfüllt wird wenn der Waare der Schein einer besseren Beschaffenheit verlieben wird. Unter dieser Beschaffenheit ist aber nicht zu verstehen das bloße Aussebhen der Waare ohne Rücksicht auf deren eigenes Wesen; es muß vielmehr das äußere Anseben den Schluß auf ein besseres Wesen, auf eine Qualität, die mebrwerthig ist als die in Wirklichkeit vorbandene, berechtigt erscheinen lasen. Der Angeklagte hat dem von ihm im gebrannten Zuftande verkauften Kaffee einen Zusatz von einem Theelöffel Ocker auf 150 Pfund Kaffee gegeben: einerjeits um die Verflüchtigung des Aromas zu verhindern, andererseits um dem Kaffee ein besseres gleich- mäßiges Aussehen zu geben. Der erste Zweck kommt hier nicht in Frage. Aus der jweiten Erwägung aber kann nur der Schluß gejogen werden, daß nicht über das Wesen des Kaffees und seinen Werth getäuscht., sondeön daß nur das Ausseben an sich verbessert werden sollte und verbessert worden ist. Der Vorderrichter konnte ohne Rechtsirrthum die Frage, ob der Angeklagte durch den Ockerzusatz dem Kaffee den Schein einer besseren Beschaffen⸗ heit bat verleiben wollen, verneinen und die Revisien ziebt mit Un—= recht den Schluß. daß, weil die Färbung des Kaffees zu dem Zweck vorgenommen worden, um der Waare ein besseres, gleichmãßiges Aus seben zu geben, schon deshalb der Waare der trügerische Schein einer höberwerthigen und besseren Beschaffenbeit verliehen werden sollte. (499694)
— Nur die ern nn . Benutzung eines fremden Gebrauchsmusters, sei es die Nachbildung des Musters, sei es das Inverkebrbringen, Feilbalten oder Gebrauchen der durch Nachbildung berrorgebrachien Geräthschaften und Gegenstände, ist, nach einem Urtheil des Reichsgerichts IJ. Strafsenats, vom 8. Mãr 1895, vom Gebrauchs mufterschut. Gesez vom J. Juni 1891 unter Strafe gestellt. — N, welcher in selnem landwirtbschaft. lichen Betrieb Butter jum Zweck des regelmäßigen Verkaufs erzeugt, batte ein einem fremden geschütten Gebrauch:. muster nachgebildetes Geräth etwa dreimal in seiner Wirth⸗ schaft gebraucht und mittels desselben Butter bhergestellt und einen Theil dieser Butter ebenso wie die anderweitig erzeugte verkauft. N. wurde wegen Vergebens gegen das erwähnte Gefetz, 5 10, ver— urtheilt, und seine Revision wurde vom Reichsgericht verworfen, indem es begründend ausfübrte: Das Wort gewerbsmäßig in 5 4 des Gebrauchsmusterschutz· Sesetzes bezieht sich auf sãmmtliche Fälle der . des Schußrechts, sodaß der Gebrauch eines durch Nachbildung herdorgebrachten Geräths nur dann unter § 4 und folge⸗ weise 10 a. a. O. fällt, wenn es gewerbsmäßig geschiebt, wahrend durch einen anderweitigen Gebrauch, insbesondere einen solchen zu bäuslichen Zwegken, das Schutzrecht nicht verletzt werden kann. Unter Gewerbz— mäßigkeit ift auch bei der Au⸗legung dieses Gesetzes eine auf fort- gesetzten Erwerb gerichtete Thätigkeit, demnach aber unter gewerbs. mäßigem Gebrauch jede Benußung bei dem Betriebe eines Gewerbes zu verstehen. Als Hilfsmittel der gewerblichen Pro= duktion ist ein Arparat verwendet. falls er im Gewerbebetriebe benutzt ist und die mittels desselben gewonnenen Erzeugnisse ebenso wie die anderen Erzeugnisse des Gewerbebetriebes verwerthef sind. Dies trifft hier zu. (485794)
Entscheidungen des Ober⸗Berwaltungsgerichts.
Die Benachrichtigung von Steuerveranlagungs- Verfügungen an einen Zensiten hat, nach einem Urtheil des Ober; tungsgerichts, II. Senats,. vom 3. Juli 1895, gem äß den Vorschriften der Zivil -Projeßordnung über die n . zu erfolgen, soweit nicht hinsichtlich der kommunalen
teuerberanziehungsverfũgungen ortsstatutarische Vorschriften der betr. Kommune über die Form der Benachrichtigung bestehen. Ist die Benachrichtigung nicht in der von der Zivil⸗Prozeßordnung beim. ortsstatutarisch vorgeschriebenen Form erfolgt, so ist es Sache der Steuerbebörde anderweitig den Nachweis zu führen, daß der Zensit beiw. sein Generalbevollmächtigter rechtzeitig von der an⸗ lagung benachrichtigt worden sei. Die Zustellung der Benach= 16 an den Generalbevollmächtigten des Zensiten bat in Abwesenbeit des Generalbevollmächtigten an einen zu der Familie desselben gebörenden erwachsenen Hausgenossen oder an eine in dessen Familie dienende erwach ene Person, nicht aber an einen anderen Bediensteten oder Beamten des Zensiten zu erfolgen. Am 25 Mär; 1893 — also wenige Tage vor dem Ablauf des Steuerjahres 1892/93 — erließ der Magistrat zu Berlin eine Steuerheran ziehunge verfügung an den j. 3. nicht mebr in Berlin wohnenden Fürflen X auf Zablung einer Gemeinde ⸗ Einkommen steuer ven 36 190 Æ pro 1852/93. Die Benachrichtigung war ge—⸗ richtet an den Generalbevellmẽchtigten der Fürftlich E schen Domänen⸗ Direktion Herrn J. zu 3. Dieser Brief wurde ausweislich der Zu⸗ stellungẽurkunde am 29. März 1893 durch den Pestboten zu 3, da der Generalbevollmächtigte selbst nicht in dem Geschäfts lokal ange⸗ troffen wurde, dem Fürftlichen Kanzlei⸗Inspektor Herrn N. übergeben. — Gegen diese Steuerheranziehung klagte namens des Fürsten der eral⸗· bevollmãchtigte gegen den Magistrat zu Berlin auf Anerkennung, daß der Herr Kläger pro 1892/95 nicht der städtischen Einkommensteuer unter- liegt, indem er in erster Reihe geltend machte, daß der Fürst bejw. der Generalbevollmächtigte erst im Laufe des April 1893 — also erst im Steuerjahre 18993 94 — Kenntniß von der Heranziehung erlangt babe, diese letztere also im Hinblick auf die SF 5 und 6 des Gesehes vom 18. Juni 1840 unwirksam sei. (Ferner machte der Herr Kläger geltend, daß er seinen früheren 6 in Berlin im Jahre 1892593 bereits aufgegeben hatte) er Bezirksausschuß verurtheilte den Magistraz zu Berlin nach dem Klage⸗ antrage, und die vom Beklagten eingelegte Revision wurde vom Ober · Verwaltungegericht zuruckgewiesen, indem es begrũndend ausfũhrte: Weder allgemeine, noch speziell für Berlin geltende Vor= schriften bestehen darüber, in welcher Weise die Zuftellung von Heranziebungs verfügungen zu erfolgen kat; mithin entscheidet der Grund satz, daß die Benachrichtigung dann als gehörig erfolgt anzu seben ist, wenn diejenigen Vorschriften, welche die Reichs⸗Zivilprozeß. ordnung über die Zustellungen giebt, beobachtet find. Allein, daß dies gescheben, ift zu verneinen... Daß die Zuftellung nicht an den Zensiten selbst erfolgt ist, bedarf der weiteren u r, nicht. Sie ist aber auch an den Generalbevollmächtigten nicht erfolgt. Das wäre nur dann anzunehmen, wenn bei der Ab= wesenheit des Generalbevollmächtigten das fragliche Schreiben gemäß § 166 Zivilprozeßordnung an einen zu der Familie des General- bevollmächtigten gebörigen erwachsenen Hausgensssen oder an eine in der Familie dienende erwachsene Person ausgehändigt worden wäre. Der Beklagte kann sich auch nicht auf 5 169 Abs. 1 Zivilprozeß- nung berufen, weil die Fürftlich E. iche Domänen Direktion zwar einen Namen trägt, der auf behördliche Eigenschaft hindeutet, in Wahrheit aber keine Behörde ift. (II. 1069.) .
Statistik und Volkswirthschaft.
Die Ergebnisse der Arbeiterzäblung im Königreich Sachsen in den Jahren 1893 und 1894.
Die Bewegungen, welche sich im Laufe der Zeit hinsichtlich der Zahl der gewerblichen Anlagen wie auch der Arbeiter derselben er= geben, können als vorzũgliche Unterlage bei Beurtheilung der Ent⸗ wickelung und der Lage der Industrie eines Landes dienen. Es raöge daher bier zunächst eine Zusammenftellung der Zu⸗ bejw. Abnabmen folgen, welche im Königreich Sachsen in Bezug auf die Zahl der ge⸗ werblichen Anlagen und der von diesen beschaͤftigten Arbeiter in den etzten fünf Jahren eingetreten sind. Die am 1. Mai 1894 vorgenommene Arbeiterzählung ergab nach den Vexröffentlichungen des Rzniglichen Statistischen Bureaus 15268 gewerbliche Anlagen mit 404010 Arbeitern, während im Jahre 1893 nur 14 808 dergleichen Anlagen mit 391 426 Arbeitern gejählt worden sind, sodaß sich für die Zeit von 1893 bis 1894 bei den gewerblichen Anlagen eine Zunahme von 460 oder 3,11 0 und bei den in denselben beschäͤftigten Arbeitern eine solche von 8581 oder 243 0,9 herausstellt In den vier voraufgegangenen Jahren be⸗ trugen die Zunahmen (4) bejw. Abnahmen (— in Prozenten
ven 1889 bis 1890. 1 1m 1. Hao Hann V1 Aus dieser Uebersicht dürfte hervorgehen, daß die unbefriedigenden ge⸗ schäftlichen Verbältnisse, welche in den Vorjahren, besonders in der Zeit von 1891 bis 1892, zu beobachten gewesen sind, in den letzten beiden Jabren eine Besserung erfabren baden, die sich namentlich in der Zeit von 1892 bis 1893 bemerklich gemacht und auch in dem letzten Jahr zu einer nickt unerbeblichen Vermebrung der gewerblichen Anlagen sowie der Arbeiter Veranlassung gegeben hat.
Das bezüglich der Gewerbebetriebe in der Zeit von 1893 bis 1894 bervorgetretene Anwachsen, das sich auf 3, 11 o beziffert, ist indeß bei den einzelnen Induftriegruppen ein außerordentlich verschiedenes. Es beziffert sich z. B. in dem Baugewerbe, der Textilinduftrie, den pPolygrarbischen Gewerben, der chemischen Industrie, der Metall rerarbeitung und der Industrie der Ma⸗ schinen, Instrumente und Apparate- die Vermehrung der Zahl gewerb⸗ licher Anlagen auf 23,97 bejw. 774, 7,71, 6,67, 5,54 und 410 cu, übertrifft also den auf das ganze Land bezüglichen Durchschnittzuwachs zum theil in sebr erheblichem Maße. Cine Abnahme in der Zahl der Betriebe hat nur die Industrie der Steine und Erden erfahren. Weitere große Verschiedenheiten in den Veränderungen der Zabl gewerblicher Anlagen ergeben sich, sobald man die ne Motoren, die mit Dampfkraft arbeitenden und die sich anderer Elementarkräfte bedienenden Anlagen gesondert betrachtet. Wäbrend die Zabl der ohne Motoren arbeikenden Betriebe nur um 15 oder O 40 e gestiegen ist. beträgt die Zunahme bei den mit Dampf⸗ kraft arbeitenden Anlagen 376 oder 672/09, und bei denjenigen Be⸗ trieben, welche sich anderer Elementarkräfte bedienen, 69 oder 1,21 90. Hierbei erscheint jedoch die Annahme nicht unberechtigt, daß die Zabl der ohne Elementarkraft arbeitenden Anlagen, welche in der Zeit von 1893 bis 1884 errichtet worden oder im Jahre 1894 durch Ver⸗ mehrung der Zahl ihrer Arbeiter zu dem bisherigen Bestand hinzu⸗ getreten sind, die Zahl 15 wesentlich überfteigt. Es wird aber don denjenigen Anlagen, die sich bisher keiner Elementarkraft bedienten, eine größere Anzabl zum Elementarbetrieb, insbesondere zur Benutzung der Dampfkraft, übergegangen sein.
Auch die Zunabme, welche bhinsichtlich der Arbeiterzahl für die Zeit von 18983 bis 1894 hervorgetreten ist, und die sich insgesammt auf 9584 oder 2430, beiffert, ist bei den verschiedenen Arbeiter klassen eine verschiedene. Werden die gezählten Personen zunächst nach dem Geschlecht getrennt, so stellt sich heraus, daß die Zahl der männ lichen Arbeiter um 7900 oder 3,01 000 und die der weiblichen nur um 1684 oder 1,25 0 zugenommen hat. Noch größere Unterschiede er⸗
geben sich, wenn man die Alter eklaͤffen einer näberen Betrachtung unterzieht und bierbei eine Trennung der Geschlechter vornimmt. Wird junächst die jüngfte Altereklafse, welcke die Kinder ; 14 Jahren umfaßt, fen, Io neigt. sich, . der Knaben um 575 oder 45 6000 und die der Mädchen um 272 oder 46. 23s 460 abgenommen hat. Dieser außergewöhnlich bobe Rückgang in dem Bestand der in Fabriken ver- wendelen Kinder ist auf die Bestimmungen des Gesetzes vom 1. Juni 1891 zurückzuführen, die hinsichtlich der Kinderarbeit am 1. April 1884 voll in Kraft getreten sind, und nach welchen nunmebr Kinder unter 13 Jahren in Fabriken überhaupt nicht mebr und Kinder über 13 Jabre nur dann beschäftigt werden dürfen, wenn sie nicht mebr zm Besuch der Volksschule verrflichtet sind. In welchem Umfang das in Rede stebende Gesetz auf die Entfernung der Kinder aua den Fabriken und diesen gleichftebenden gewerblichen Anlagen hingewirkt bat, ergiebt sich, wenn der Beftand der am 1. Mai 1890 gezählten, bier in Betracht kemmenden Kinder mit dem verglichen wird, welcher sich bei der im Jahre 1894 vorgenommenen Arbeiterzãblung ergeben bat. Im ersteren Fall betrug die Zabl der Kinder 12448 (7846 Knaben und 4602 Mädchen), im letzteren dagegen nur 1002 (686 Knaben und 316 Mädchen), sodaß dieselbe in der Zeit vom 1. Mai 1890 bis 1. Mai 1894 um 11 46 oder 981,95 0 abgenommen bat. — Bei den jugendlichen, im Alter von 14 bis 16 Jahren stebenden Arbeitern ist sowohl hinsichtlich der weiblichen als auch der männlichen Personen eine Verminderung in dem Bestande eingetreten. Sie beziffert sich bei den jungen Leuten männlichen Geschlechts auf 110 Köpfe oder O61 Co, während sie bei den Mädchen die weit böbere Zabl von 1141 Köpfen oder S850 oο erreicht. Der Rück garg im Bestande dieser Arbeiterklasse dürfte zum theil darauf jurũckjufübren sein, daß mehrfach Unternehmer von der Einstellung jugendlicher Hilfskräfte absehen, um den Be⸗ stimmungen der er, , ,, aus dem Wege ju geben, welche zum Schuße der jugendlichen Arbeiter getroffen worden sind. Stellt man den Bestand an dergleichen Arbeitern für den 1. Mai 1894 demjenigen vom 1. Mai 1890 gegenüber, so ergiebt sich, daß die Zabl der jugendlichen Arbeiter im Alter ren 14bis 16 Jahren pon 30 612 auf 30 128 oder um 158 0,½ zurückgegangen ist, während die Gesammtzahl der in Fabriken und diesen gleichftehenden Betrieben beschãftigten Arbeiter in der Zeit von 1890 bis 1894 eine Zunabme von 369 2658 auf 404 010 oder um 4170 erfabren hat. — Werden end⸗ lich die erwachsenen, über 16 Jahre alten Arbeiter ins Auge gefaßt, so stellt sich beraus, daß die männlichen Personen in der Zeit von 1893 bis 1894 um S585 eder 356 9½ und die weiblichen um 3097 oder 258 90 zugenommen baben. Das immerhin nicht unbeträchtliche Anwachsen des Bestandes der weiblichen Arbeiter dieser Alterstlasse, das die durchschnittliche, auf das ganze Land entfallende Zunahme der Arbeiterzabl im Betrage von 243 5 etwas übertrifft, dürfte nach Lage der Sache zum tbeil darauf zurüchuführen sein, daß entlassene jugendliche Arbeiter und Kinder durch erwachsene weibliche Persenen ersetzt worden sind. . Die Veränderungen, welche die Zabl der in den gewerblichen Anlagen Beschäftigten in der Zeit von 1893 bis 1894 erfahren kat, sind indeß bei den einzelnen Indu striegruppen sehr verschieden. Be⸗ sonders 4 Zunahmen des Beftandes der Arbeiter, und zwar ab solut wie auch rrojent ual, ergeben sich sür die Industrie der Ma⸗ schinen, Instrumente und Aprarecte', für die Metallverarbeitung“ und für die Industrie der Bekleidung und Reinigung“, wo ein Anwachsen der Arbeiterjahl um 2300 oder 47500 bejw. um 1885 oder 7.65 9 und um 1328 oder 6 Sc 9 eingetreten ift. Eine Ab⸗ nahme des Arbeiterbestandes weist nur die chemische Industrie auf; sie be fffert sich auf 3, 90M / g. — Hinsichtlich der unter 14 Jahre alten Mädchen ergeben alle Gewerbegruppen, bei denen solche Arbeitskräfte anzutreffen sind, mit Ausnahme der Industrie der forstwirthschaftlichen Neben produkten. wo der Bestand von 2 unverändert geblieben ist, Abnabmen. Aehnlich liegt die Sache bezüglich der Knaben dieser Alterẽklasse; auch bier ergeben alle Induftriejweige mit Ausnahme der eben genannten Gruppe, wo der Bestand an Knaben von 2 auf 5 gestiegen ist, einen Rückgang in der Zabl der kindlichen Arbeitekräfte. — Bei den jugend⸗ lichen Arbeitern im Alter von 14 bis 16 Jahren, und zwar bei denen männlichen Geschlechts, weisen der Bergbau und das Hüttenwesen, die chemische Industrie, die Industrie der forstwirthschaftlichen Neben ⸗ produkte. die Textilindustrie, die Papier und Lederindustrie, die In= dustrie der Nahrunge⸗ und Genußmittel und die volvgrapbischen Ge- werbe Abnahmen auf, während im übrigen ein Anwachsen der Zahl dieser Arbeiter eingetreten ist, das indessen nur in der Metall- verarbeitung! und der Industrie der Maschinen, Instrumente und Apparate, wo eine Zunahme von 158 bejw. 157 Köpfen zu verzeichnen ist, einen nennenswerthen Umfang erreicht. Eiwas anders liegen die Verhältnifse bei den weiblichen, im Alter von 14 bis 16 Jahren stebenden Arbeitern. In Bezug auf diese Hilfskräfte sind Zunahmen nur in den Industrien der forftwirtbschaftlicken Neben= produkte, der Holj⸗ und Schnitzftoffe, im Baugewerbe und im Kunst⸗ gewerbe wahrzunek men, die sich jedoch nur auf 7 bezw. 12, 2 und and 5 Köpfe beziffern; wäbrend bei den bier in Betracht lemmenden Betrieben der Industriegruppe „Bergbau und Hüttenwesen“ weibliche Dersonen dieser Alters klaße überhaupt nicht beschäftigt werden und alle übrigen Gewerbe Abnabmen ergeben, die namentlich bei der Textilindustrie sowie der Nahrungk⸗ und Genußmittelindustrie, wo eine Verminderung des Bestandes dieser Arbeiterklasse um 849 bezw. 111 Köpfe zu rerieichnen ist, bervortreten. — Was endlich die eiwachsenen, über 16 Jahre alten Arbeiter
anlangt, so ergiebt bezüglich der Männer nur die chemische Industrie
eine Abnahme, die sich auf 3 60 Ho beziffert, während hinsichtlich der Frauen außer diesem Industriezweig auch die Holz- und Schnitz stoff r dustriẽ owie die polvgraphischen Gewerbe Abnahmen in Höbe von L45 bezw. 0, 92 und 1,37 0 aufweisen. Die böchsten absoluten Zu⸗ nahmen in der Zabl der männlichen erwachsenen Arbeiter ergeben die GSewerbegruppen Metallverarbeitung' und . Industrie der Maschinen, Instrumente und Apparate, wo sie 1447 bezw. 1989 Köpfe betragen, während bezüglich der weiblichen erwachsenen Personen die größte absolute Zunahme bei der Textilindustrie anzutreffen ist. Sie betraͤgt bier 1731 Köpfe, wogegen der Bestand der männlichen erwachsenen Arbeiter dieser Industrie nur um 625 gestiegen ist. Hiernach, sowie im Hinblick rarauf, daß die Textilindustrie hin sichtlich der jugendlichen Arbeiter im Alter von 14 bis 16 Jahren sowie der Kinder unter 14 Jahren die höchsten Beftandsziffern aufzuweisen hat, und daß bei ihr erstere in der Zeit von 1893 bis 1894 um 1180 oder 8100 und die Kinder um 330 oder 46 09 9 abgenommen baben, erscheint die Annahme gerechtfertigt,
daß namentlich in dieser Induftrie ein Theil der in Abgang ge⸗
kemmenen jugendlichen und kindlichen Arbeite kräfte durch erwachsen weibliche Personen ersetzt worden ist. ;
Zur Arbeiterbewegung.
In Leipzig hat eine Versammlung der ausständigen Maler⸗ und Lackierergebilfen gestern Kenntniß genommen von dem Antwortschreiben der Innung, nach welchem erst die nächste General. versammlung darüber beschließen soll, ob den Gehilfen vom 1. April 1896 ab ein Mindestlobn von 45 3 bei neunstündiger Arbeitszeit zu gewähren sei (vergl. Nr. 219 u. 226 d. Bl). Die Gehilfenverfamm⸗ lung beschloß darauf, den Ausstand fortzusetzen und in weitere Unter⸗ handlungen mit der Innung nicht einzutreten.
Hier in Berlin fand gestem eine Versammlung der Stein bildbauer und Ste inmeßzen statt, in der über den Ausstand der Steinbildhauer (vgl. Nr. 16 d. Bl) verhandelt wurde. Wie die Berliner Volks- Itg. berichtet, wurde mitgetheilt, daß bis jetzt sieben Firmen die siebenstündige Arbeitszeit bewilligt haben, sodaß bei diesen die Arbeit aufgenommen werden konnte. Die Innungsmeister, die meist große Firmen vertreten, verhalten sich sämmtlich ablehnend. Instzesammt haben 135 Bildhauer die Arbeit . Zu unterstũtzen sind 124 Mann — darunter 72 Ledige und 52 Verheirathete — nachdem 11 Ausständige abgereist sind. Nach einem Beschluß der Versammlung sehen die Steinmetzen vor⸗
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läufig von einem Ausftand ab, wollen jedoch im nächften Frubjabre die achtstũndige Arbeitszeit eventuell durch einen Ausstand erzwingen.
Nach Mittheilung des Statistischen Amts der Stadt Berlin sind bei den biesigen Standes ãmtern in der Woche vom 1. September bis i 7. September er. jut Anmeldung gekommen: S6 Lebendaeborene, 243 Gbeschließungen 26 Todtgeborene, S828 Sterbefalle.
Kunst und Wiffenschaft.
Der Kunftwerlag von Richard Bong bierselbst bat das Recht zur Reproduktion des in der Großen Kunftausftellung befindlichen Ge⸗ mäldes von Rudolf Eichstãdt erworben, welches unter dem Titel Für das Vaterland, Tilsit, den 6. Juli 1806. das Zusammentreffen der Königin Luise mit Napoleon L schildert. In Helischnitt sorgfältig wiedergegeben, wird dasselbe nebst dem von Seiner Majestãt dem Kaiser Bilbelm II. gemalten Bilde: Kampf der Panzerschiffen, den Haupt- schmuck der in dem genannten Verlage erscheinenden Modernen Kun ft. bilden. die mit diesen patriotischen Kunstgaben ihren jebnten (Jubilãums· Jahrgang würdig einleitet.
— Der russische Minister für Volksaufklärung hat, wie dem W. T. B.“ aus St. Petersburg gemeldet wird, die Kaiserliche Grlaubniß erbeten Manuskripté Immanuel Kant's, welche Eigenthum der Universitãt Dorpat sind, auf einige Zeit nach Berlin zu senden. Die Entsendung der Manufkripte erfolgt auf Ansuchen des deutschen Botichafters behufs Unterstãtzung der Berliner Akademie der Wissenschaften bei der Herausgabe der voll- ständigen Sammlung der Werke Kant 't.
Land⸗ und Forstwirthschaft.
Ernteaussichten in Rußland.
Neber die diesjährigen Ernteaussichten in Rußland, wie sie sich ju Ende v. M. stellten, gehen uns aus einzelnen Gouvernements folgende Nachrichten zu:
In Kur⸗ und Livland ist fast durchgängig eine gute Mittelernte erzielt worden.
Dagegen kann das Ergebniß in Polen nur als mittelmäßig be⸗ zeichnet werden. Die Qualität des Korns ift befriedigend, die Menge aber soll nicht viel mehr als die Hälfte einer Mittelernte betragen. Von den Sommersaaten ift Gerste am besten gerathen, das Ernte⸗ ergebniß wird jedoch nur auf zwei Drittel einer Mittelernte geschätzt. Verhälinißmäßig am besten ist die Getreideernte in den links der Weichsel gelegenen Gouvernements ausgefallen.
In Finland wird eine theils mittlere, theils gute Ernte erwartet.
In den Gouvernements Wilna, Kowno und Grodno bat Roggen eine kaum mittelmäßige Ernte ergeben, während die Weizenernte etwas besser ausgefollen ist. Sommergetreide, insbesondere Gerste, derspricht ein gutes Resultat.
Im Südwestgebiet, wo das Getreide unter günstigen Bedingungen eingebracht wurde, hat Winterweizen und Sommergetreide im all⸗ gemeinen eine Ernte über mittel und Roggen eine Mittelernte er—⸗ geben. Hierbei muß jedoch berũcksichtigt werden, daß die Anbaufläche für Wintergetreide etwas geringer als im Vorjahr ist. Die Qualität des Getreides soll faft durchweg vorzüglich sein.
Im Gouvernement Cherson wird das durchschnittliche Ernte⸗ ergebniß auf über mittel und im Gouvernement Taurien auf mittel geschãtzt.
Im Kuban⸗ und Terek⸗Gebiet ift im Duichschnitt eine gute Mittelernte erzielt worden, aus dem Gouvernement Stawropol wird über mangelhafte Qualität Klage geführt. In den Gouvernements Tiflis, Elisabethyol und Eriran war das Ernteergebniß im all- gemeinen gut.
Der internationale , , , (vgl. Ni. 220 d. Bl.) verwarf gestern, wie W. T. B.“ aus Brüssel weiter meldet, das Prinzip der Zwangsversicherung gegen Viehsterben, verwies an eine internaticnale Sommission zur Vorlage an den nächsten Kongreß den Wunsch auf Einführung der gesetzlichen Arbeiterversicherung gegen Krankheit, Unfälle und Invalidität zurück und stimmte einigen Wünschen zu, betreffend die Uebertragung des Eigenthums, die Einführung von Maßregeln gegen den Alkoholismus und die Ent— schäãdigung der Pächter. Ferrer ehe der Kongreß Beschluß über eine größere Anzahl don Anträgen der Sektionen und überwies die Beschluß⸗ fassung über gewisse Vorlagen dem nächsten, zu Budapest abzuhaltenden Keongreÿ.
Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln. Spanien.
Durch ministerielle Verordnung vom 7. d. M. ist für Herkünfte ron Tanger eine mindestens dreitägige Beobachtung angeordnet worden, wenn die Schiffe mit reinen Pässen oder mit solchen, welche nur verdächtige Fälle erwähnen, ankommen. Ist aber in den betreffenden Pässen ein wirklicher Cholerafall angeführt, so hat sich das Schiff der Quarantäne zu unterwerfen.
Norwegen. Durch Verordnung der Königlich norwegischen Regierung vom 6. d. M. ist Kleinasien bis auf weiteres far choleraverseucht erklärt worden.
Wien, 13. September. Nach dem offiziellen Cholerabericht fanden am 11. Sextember in Tarnopol jwei Erkrankungen an Cholera statt, von denen eine tödtlich verlief, in Zabaraßz 6 Er— krankungen und 7 Todesfälle.
Handel und Gewerbe.
Vom oberschlesischen Eisen⸗ und Zinkmarkt be⸗ richtet die Schl. Ztg.: Der oberschlesische Eisenmarkt hatte sich auch im Verlaufe der letzten Woche stabiler Verhältnisse zu erfreuen. Die Produktion von Roheisen hielt sich auf der bisherigen Höbe und wurde von den Wal und Stablwerken in vollem Umfange ver⸗ braucht. Gießerei Roheisen ist zwar immer noch weniger gut gefragt. doch waren die Verladungen derartige, daß eine Vermebrung der Bestãnde, über welche übrigens nut ein oberschlesisches Werk in größerem Maße verfügt, nicht flattgefunden kat. Weder für Puddel noch für Gießerei⸗Robeisen ist eine Preissteigerung zu melden. — Der Waljeisenmarkt verfolgte die steigende Tendenz weiter. Am 18. 2. M. findet in Berlin eine Sitzung der vereinigten oher⸗ scklesischen Waljwerke statt, in welcher wegen des flotten Geschäfts⸗ ganges eine weitere Preiserhöhung für Walzeisen beschlossen werden därfte. Auf die ju neuen Preisen zu stande gekommenen Abschlüsse laufen bei den Werken berests umfangreiche Sxezifikationen ein. In Anbetracht des starken Beschäftigungsgrades werden von den Werken in den seltensten Fallen Lieferfristen unter vier bis sechs Wochen be— willigt, da die Läger fast vollständig geräumt sind und zur Ausfüb⸗ rung der Aufträge nicht mit berangezogen werden können. Die Blech⸗ wal;jwerke sind namentlich mit Herstellung von Dachblechen derartig in Anspruch genommen, daß sie außer stande sind, die eingegangenen Lieferfristen, auf deren Innehbaltung von den Abnehmern wegen der porgeichrittenen Bausaison bestanden wird, einzuhalten. Ganz bedeu tend sind die Feinb lech⸗Verladun gen nach Rußland. Auch die Stahlwerke sind wieder etwas besser beschäftigt, dagegen klagt ein Theil der Maschinen⸗ und Kesselfabriten über unzureichenden Eingang von Aufträgen. Die vor einiger Zeit neu in Betrieb gesetzte Waggonfabrik in Königshütte ist durch Herstellung einer größeren me Güterwagen für die Staatsbahn mit Arbeit vollauf versehen.
Die Röbrenwaljwerke sind nach wie vor gut beschäftigt und bringen namentlich bedeutende Poften Gasröhren zur Verladung; es kommt ibnen das für Bauten anhaltend günstige Wetter ebenso wie den Konstruktionswerkftätten ut zu statten. Für Kleineisenzeug, inebesondere Nieten, bat die Nachfrage in der letzten Zeit stark nas gelassen, sodaß die Werkstãtten tbeilweise über mangelbafte Beschäãf ligung zu klagen haben. Bei den Draht und Naͤgelwerken haben sich die Verhãltnisse nicht geändert. — Die Gießereien sind groͤßtentheils ungleich beschäftigt; während einjelne, beson⸗ ders die Röbrengießereien, immer noch genügend ju thun baben, klagen die anderen über zu geringen Eingang an größeren Auf⸗ trägen. — Der Zinkmarkt bat sich auch in der abgelaufenen Woche wenig geãndert. Die Zinkblechpreise behaupten ibren bisherigen Stand, obwobl die Robzinknofierungen an der Londoner Börse in der letzten i weniger fest waren und um Kleiniskeiten nachgegeben baben.
in kst aub und Zinkweiß gelangen in vollem Umfange der Pro- duktion zur Verfrachtung. Auf dem Bleimarkte bat sich nichts geandert.
Verkehrs⸗Anstalten.
Der vom 1. Oktober d. J. ab gültige Fabrylan für die der Königlichen Eisenbabn-⸗Direktion Erfurt unterstebenden Eisenbabnlinien entbält gegenüber dem Sommer⸗Fabrylan folgende wesentlichere Aenderungen: A. Neue Züge: Vor! Tan der Betriebs⸗ eröffnung Stadtilm Saalfeld fäbrt Zug 475, von Saalfeld kommend, ab Arnstadt 5, 12, an Erfurt 5.50 und Zug 478 ab Erfurt 7,22, Arnstadt 722 bis 7,4 weiter nach Saalfeld. — B. Ausfallende Züge: Die Züge 81 und 82 jwischen Erfurt und Neudietendorf, die Züge 215 und 216 zwischen Eisenach und Korbetha, 21898 und 220 zwischen Leipzig und Korbetba und 179 von Eisenach nach Erfurt fallen fort. Die Züge 81 und 82 fallen von Neudietendorf bis Subl aus und verkehren auf der Strecke Suhl — Ritschenbausen als gemischte Züge. — C. Wesentlick ere Aenderungen: Zug 344 verkehrt im Anschluß an den Zug 22 von Mersekurg bis Mücheln 27 Minuten früber. Zug 22 fäbrt unter Aufgabe des Anschlusses in Halle vom Zuge 125 don Magdeburg, aber unter Beibehaltung des Anschlufses von Kottbus bereits 10,28 ab Halle und wird erst in Weißenfels vom Zuge 32 überholt, sodaß die im Sommer vorhandene Verbindung von Leipzig nach Stuttgart München (Züge 216 78/32) auch im Winter be⸗ stehen bleibt (Züge 216/2273 32). Der Zug 74 fährt wegen des künftigen Anschlusses in Arnstadt in der Richtung nach Saalfeld von Erfurt vor dem Zuge 26, aber unter Aufnahme des Anschlusses von diesem. Zwischen den Stationen Stadtsulza und Apolda wird die Station Niedertrebra eröffnet, daselbst halten die Züge 26, 24, 22, 28 und 9 25, 23. Zug 299 Erfurt —Nordhausen erbält wieder die Lage wie im vorigen Winter. Der Zug 288 nimmt den Anschluß vom Zuge 55 in Wolkramshausen auf und fährt deshalb ab Nordbausen 26, an Erfurt 26 Minuten früher als jetzt (Ver= besserung der Verbindung Hannover — Erfurt. — Zwischen Suhl und Dietzhausen wird die Station Mäbendorf eröffnet, daselbst halten die Züge 74 76, 72 und 73, 77, 71. Schnellzug 32 erhält wegen des Anschlusses der Strecke Triptis — Lobenstein Aufenthalt in Triptis.
Der Fabry lan für die Linien der Königlichen Eisenbahn⸗ Direktion Cassel vom 1. Oktober d. J. weicht in folgenden wichtigen Aenderungen von dem bisberigen Sommerfahrplan ab: J. Aus fallende Sommerzüge. Die Schnellzüge 71 a Göttingen —Elze (— Ham burg) und 722 (Hamburg —) Elze Göttingen; Zug 71a Göttingen ab 2.48, Elze durch 401 Nachm.; Zug 72a Elje ab 130, Göttingen an 391 Nachm. Die Personenzüge 51a und 62a zwischen Northeim und Nordhausen Zug 5Ja Northeim ab 648, Nordhausen an 8,122; Zug 52a Nordhausen ab 2.49, Northeim an 4,43 Nachmittags. — II. Wesentliche Zuagverlegungen und Herstellung neuer Anschlüsse. Der Personenzug Nr. 104 von . wird bereits 2, 47 Nachmittags, also 1 Minuten früher als bisber, in Cassel angebracht, um daselbft den Anschluß an Zug 186 nach Warburg zu gewinnen. Zug 1824 Bebra — Cassel fährt in der Zeit vom 1. Oktober 1895 bis 31. März 1896 eine Stunde später als im Sommer. Die bereits seit dem 15. Juli d. J. eingeführte beschleunigte Durchführung der Züge Nr. 183 Warburg —Cassel und Nr. 257 Cassel— Eichenberg zum Anschluß daselbst an den D-Zug Nr. 51 Frankfurt — Berlin, sowie die damit verbundene Früherlegung der Anschlußzüge ist in den Winter ⸗ Fahrplan aufgenommen worden.
Der Postdampfer Rotterdam“ der Niederländisch ⸗Amerika⸗ nischen Dampfschiffahrts⸗Gesellschaft ist am 13. Septen ber in New
Vork angekommen.
Bremen, 13. September. (W. T. B.) Der Norddeutsche Lloyd“ bat seine Zwischendecks⸗Passagierpreise vom 16. September an wie folgt festgesetzt: Nach den. Mort Schnell⸗ dampfer 1409 , Postdampfer 140 „6, Rolanddampfer 130 M; nach Baltimore Postdampfer 130 66, Rolanddampfer 120 6 für deutsche, 130 1 für nichtdeutsche Passagiere. Von New⸗Jork nach Bremen Schnelldampfer 134 S6, Postdampfer 126 6, Rolanddampfer 113 4; von Baltimore Postdampfer 113 6, Rolanddampfer 113 60
Bremen, 14. September. (W. T. B.) Norddeutscher Llovd. Der Postdampfer Willehad“ ist am 12. September Nachmittags von New⸗York nach der Weser abgegangen. Der Postdampfer Weimar“ ist am 13. September Nachmittags auf der Weser angekommen. Der Reichs Postdampfer Bayern“ ist am 13. September Nachmittags auf der Weser angekommen.
London, 13. September. (W. T. B.) Der Castle⸗ Dampfer Methven Gastle“ ist auf der Ausreise am Dienstag und der Castle Dampfer Hawar den Castle“' am Mittwoch in Kapstadt angekommen. Der Castle⸗Dampfer Harlech Castle“ ist auf der Heimreise heute in London angekommen. Der Union ⸗Dampfer Goth“ ist auf der Ausreise heute von den Canarischen Inseln, der Union Dampfer Mexican“ auf der Heimreise von Madeira abgegangen.
Kopenhagen, 12. September. (W. T. B.) Von Oktober ab werden mehrere Dampferlinien für den Vieh⸗Export zwischen Esbjerg und den ostjütländischen Städten einerseits und den mit Quarantäne ⸗Anstalten versehenen deutschen Plätzen andererseits eröffnet werden.
Theater und Musik.
In Kroll's Theater bringt die Königliche Oper morgen Carl Maria von Weber's Freischütz unter Kapellmeister Dr. Muck's Leitung in folgender Besetzung jur Aufführung: Agathe: i, Hiedler, Aennchen; Fräulein Dietrich, Max: Herr Sommer, Kaspar:
r Mödlinger, Ottokar: Herr Bulß, Kuno: Herr Krolop, Eremit:
err Stammer, Kilian: Herr Krasa, Samiel: Herr Schmidt, Braut-
jungfern: Damen Weitz, Krainz, Deppe. Montag werden „Hänsel und Gretel und „Die Puppenfee“ gegeben.
Im Königlichen Schauspielhause geht morgen Shake—⸗ speare'ß Sommernachtstraum“, folgendermaßen besetzt, in Scene.
ettel: Herr Vollmer, Squenz: Herr Blengke, Puck: Frau Conrad.
räulein Galafrés spielt zum ersten Mal den Oberon. Fräulein
illv Krause gastiert als Titania. Die Mendelssohn'sche Musik wird unter Mitwirkung der Königlichen Kapelle und Leitung des Musikdirektors Wegener zu Gehör gebracht. — Am Montag findet die Gesammt⸗ aufführung von Friedrich Hebbel's „Nibelungen. mit „Kriemhilds Rachen ihren Abschluß. Die Besetzung lautet: Etzel: Herr Ludwig, Dietrich von Bern: Herr Nesper, Rüdiger: Herr Klein, Kriemhild: Fräulein Poppe, Hagen; Herr Molenar. .
Das Schauspiel Die Mütter“ von Georg Hirschfeld, welches im Deutschen Theater am nächsten Dienstag, den 17. d. M., zum ersten Mal in Scene gebt, wird in den meisten Rollen von den näm⸗ lichen Darstellern gespielt, welche in dem Werke auf der Freien Bühne