1895 / 228 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 23 Sep 1895 18:00:01 GMT) scan diff

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lichen, kalten Strenge gegen sich selbst und den Pfarrer die Ent⸗

wickelung des tragischen Konfliktes beschleunigt, war eine vorzügliche 5 Schöpfung. Scharf umrissen, in derber Holjschnittmanier, zeichnete der Schauspieler diese markige Charakterfigur; echt und wabr trat er auf, und ganz prächtig sprach er den österreichischen Dialekt, an dem auch die anderen Mitwirkenden in der Hauptsache nicht scheiterten. Die Rollen der sonst noch in dem Volkestück auftretenden Personen, von denen namentlich noch die Anna Birk meier der Frau Geßner, die das Haus für das Dirndl von St. Jakob zu interessieren wußte, und der Michel Berndorfer des Herrn Wehrlin, der als munterer Bauernbursch zeigte, daß er auf diesem Gebiet Vortreffliches leitet, besondere Erwähnung und Anerkennung ver- dienen, waren gleichfalls gut besetzt. Die ganze Auffübrung, insonder⸗ beit die Leistungen der Herren Sommerstorff und Pohl, fanden reichen, ja stũrmischen Beifall des stattlich gefüllten Hauses.

Theater Unter den Linden.

Das Ensemble vom Teatro Lirico Sonzogno in Mailand veran staltete gestern eine Matinée, zu der ein reiches Programm zusammen⸗ gestellt war. Neben reinen Orchesternummern wie dem Intermeno den Amico Fritz! von Mascagni und Massenet's zierlichem und rein⸗ vollem Minuetto aus der Oper Mangn, wurden mebrere Gesangs. vorträße und einige Chöre mit Orchesterbegleitung zu Gehör gebracht. Eine reine und tiefe Wirkung erzielte das Orchester mit feinen Vortragen, die unter des Kapellmeisters Rodolfo Ferrari Leitung lebbaft und mit Wärme, zugleich aber auch mit künstlerischem Maß ausgefübrt wurden. Die Chöre, von dem Leiter Arisftide Venturi forgfältig einstudiert, batten erfreulichen Antheil an der erfolgreichen Aufführung der Maggielata aus I Medieis von R. Leoncavallo und an der Wiedergabe einiger Nummern aus der Dper Festa a Marina“ von G. B. Coronaro. Die Musik Coronaro's zeigt ein scharf ausgeprägtes Temperament voll sudlicher Lebbaftigkeit im Ausdruck der Empfindungen; der Chorvortrag folgte mit seinen kräftigen, manchmal fast grell, erscheinenden Nüancierungen, die aber den schnellen, leidenschaftlich , . Seelenregungen der feurigen italienischen Volkeznatur entsxrrechen, den Absichten des Komponisten. Als Geigenvirtuosin ließ sich in zwei kleinen Nummern: dem Albumblatt von Richard Wagner und dem Perpetuum mobile von Ries, Fräulein Bianca Pantec bören; die Künstlerin trägt mit ruhigem, klarem Ton und mit zartem Aue druck vor. Den weniger gelungenen Theil des Programms bildeten die Sologesangnummern.

Konzerte.

Das große Orchester⸗Konzert, mit welchem das Konzerthaus die neue Saison am Sonnabend eröffnete, war sebr besucht und bot zablreiche interessante musikalische Gaben dar. Die beliebte Ouvertüre Garnaval romain von H. Berlioz machte den Anfang; ibr folgten Lifjt's schwungvolle E-dur-Polonaise, Wagners Preislied aus der Oper „Die Meistersinger ! und ein weni er bekanntes, recht an⸗ mutbiges Capriccio von Tschaikoweky. Der zweite Theil des Programms krachte Berthoven's Duvertüre Leonore III zwei gut gewählte Novitäten von Mascagni: Introduktion und Intermezzo aus der Oper William Rateliff', und eine etwas weniger Criginelle und zu lang ausgedehnte Phantasie aus der hier noch unbekannten Dper Halka“ von Stanislaw Moniuszko, dem ehemaligen Kapellmeister zu Warschau, woselbst das Orchester des Konzerthauses im Sommer längere Zeit verweilt hat. Außerdem trug der Konzert- meister Herr Viktor Carnier Sarasate's Zigennerweisen für die Violine vor, und jwar mit so großer Virtuosität. daß er nach stürmischem Beifall noch ein Hioliasolo mit Harfenbegleitung eigener Kompositien hinzufügte. Den Schluß des Abends machten bekannte und gern gebörte Stücke von Thomas, Schumann, Gzibulka und Karl Meder, sowie ein duich Herrn F. Werner treff⸗ lich ausgefübrtes Cornet à piston - Solo von Urban. Die Kapelle des Hauses bewährte sich unter Karl Meyder!s Leitung, der bei feinem Erscheinen herzlich begrüßt wurde, sehr tüchtig, wenn auch in der Beethoven'schen Ouvertüre manche Feinbeiten des Ausdrucks zu wünschen blieben. Es werden auch in dieser Saison wiederum Symphonie⸗Konzerte mit Komponisten⸗, Virtuosen⸗ und Gesellschafte⸗ Abenden abwechseln.

In Kroll's Theater bringt die Königliche Oper morgen Teverbeer's Prophet“ unter Kaxellmeister Sucher's Leitung zur Nuffübrung. Den Jobann von Leyden singt Herr Splra, die Fides Frau Götze, die Berta Fräulein Hiedler. Im Könialichen Schauspielbause geht morgen das Luft— spiel Wie die Alten sungen in Scene. Frau Clara Meyer spielt die Annalise, Frau Schramm die Hanne.

Die Aufführung von Goethe's Götz von Berlichingen,, die das Berliner Theater vorbereitet, bat insofern ein besonderes lite- rariches Interesse, als derfelben die erste vollstãndige Bühnen ⸗˖ bearbeitung des Götz, die sogenannte Heidelberger Handschrift, zu Grunde gelegt wird. . ö

Im Leffing⸗-Theater findet am Mittwoch, unter Abänderung des Spielplanes, eine Aufführung von Hermann Sudermann s Ftomẽõdie Die Schmetterlingsschlacht statt ; .

Die Liliwutaner werden im Friedrich⸗Wilbelm städtischen Tbeater in der am nächsten Sonnabend, den 28. Sextember, statt. findenden Kindervorstellung, Schneewittchen und die sieben Zwerge jur Auffũhrung bringen. -

Im Theater Unter den Linden findet am Sonntag 3 Ubr die erfte Rachmittagsvorftellung bei zur Hälfte ermäßigten Preisen ftatt. Zur Aufführung gelangt die dreiaktige Operette Der Vogel-

händler von Zeller. Mannigfaltiges.

Neue Gesuche um Aufnahme in die Altersversargungs⸗ Anstalt der Kaiser Wilbelm⸗ und Au gusta Stiftung können wegen vollständiger Besetzung aller etats mäßigen Stellen und wegen der großen Anzahl der bereits vornotierten Personen Berüũck⸗ sichtigung bis Ende 1899 nicht finden. Alle demungeachtet einlaufen; den Gesuche werden vom Kuratorium der Stiftung den Bittftellern auf ibre Kosten unberücksichtigt zurückgesendet werden.

Die seit dem Bestehen der städtischen Sparkasse dauernd günstige Entwicklung dieser Wohlfahrtseinrichtung hat auch im Ver⸗ waltung sjabre 1894ñ985 erfreuliche Fortschritte gemacht. Die Guthaben Forderung der Sparer hat sich um 11 56677638 * und der Reserbefonds um 1111 201,41 60 vermehrt. Das Ver⸗ waltungsjahr schließt mit einem Guthaben der Sparer von 1653 3135 628 33 46 und einem Reservefond8s von 9331 39430 * 5.0 su). Bei der dauernden Neigung des Zinsfußes zum Sinken wird bon Jahr zu Jahr die Anlage der eingezablten Spar-

elder schwieriger, da Hwpothekenkapitale in den erforderlichen Sicher · , 56 zu haben sind. Es war darum nur möglich, den Hvvethekenkapital. Bestand um 1 154 139,60 * zu vermehren, und mußte auf die Anlage von Werihrapieren vorwiegend Bedacht ge= nommen werden. Im Durchschnitt haben sich verzinst: die Werth papiere auf 3 43 0, die Sypotheken auf 403 , die Wechsel auf J Yg 59. Das gesammte Sparka fsendermögen brachte eine Durchschnitts⸗ verjinfung von 3 66 0. Den einzelnen Sparkassenbüchern wurden 3 00

insen mit insgesammt 4357 551. 80 40 zugeschrieben. Das Vermögen der Srarkaffe betrug Ende März 1895 in Wertbpapieren (Nennwerth), Svvetheken Darlehnen, Wechseln, Baarbeständen und Grundstũck⸗ vertben 76 36 878,81 4; darunter waren überwiesen dem Staats. schult buch an 4. 37 und 3 Y konsolidierten preußischen Staatsanleihen

15 36595 850 und dem Reicheschuldbuch 18063 400 6. In den Händen des Publikums befanden sich zu diesem Zeitvunkt 509 732 Sparbücher über zusammen 162 8412 028.353 *; es entfällt somit auf ein Spar kassenbuch ein durchschnittliches Guthaben von 319,47 4

Zu Kroll's Theater fübren von jetzt ab vier verschiedene Omnibuslinien, deren Wagen am Schluß der Vorstellung in ge⸗ nügender Anzabl bereit sfteben.

Königsberg i. Pr., 22. September. Die Nordostdeutsche Gewerbe Ausstellüng wurde heute Mittag im Auftrage des . der Provinz durch den Regierungs-⸗Rath Sack ge⸗ schlossen.

Aachen, 23. September. Auf der Grube Gouley bei Würfe len wurden infolge schlagender Wetter drei Bergleute getõdtet und einer schwer verwundet.

Dresden, 21. September. Die Königliche General ⸗Direltion der Sächsischen Staatsbahnen theilt Folgendes mit: Die gestrigen Mittheilungen über das Eisenbahnünglück bei Oederan (gl. Rr. 225 und 277 d. Bl) beruhten auf den Angaben der Organe, die an Ort und Stelle in Thätigkeit waren und von denen man an— nehmen konnte, daß sie hinreichend unterrichtet waren. Nach genaueren Erbebungen stellt sich nun beraus, daß glück- licher Weise die Opfer des Unfalls weniger zahlreich sind, als in jener Mittheilung angegeben war. Nach diesen Erhebungen mit deren Ergebniß auch die Angaben der Militär⸗Verwaltung im wesent⸗

lichen übereinstimmen, sind von den Soldaten 7 Mann getödtet und

einer nachtrãglich noch gestorben. 3 find schwer und 34 leicht ver- wundet worden. Von dem Personal sind 1 Bremser tödtlich verletzt und 2 Schaffner und 1 Bremser leicht verwundet.

Cbem nitz, 22. September. Das Begräbnis von sechs der bei dem Eifenbahnunfall in der Näbe von Oederan ver- unglückten Soldaten fand heute unter großem militärischen Gepränge statt. An dem Zuge nahmen, wie W. T. B. meldet, tbeil: der General ⸗Adjutant Seiner Majestat des Königs, General- Major bon Treitschke, der Divisions⸗Kommandeur General, Lieutenant don Kirchbach, der Brigade Kommandeur General Major von Kohlfeldt, das Chemnitzer und das Zwickauer Offuier - Korps und Mannschaften von Zwickauer und Chemnitzer Regimentern. Zwei Regimentskapellen spielten Trauerweisen. Der Garnisonprediger hielt eine tief ergreifende Grabrede; darauf folgten Ansprachen von dem Oberften des Zwickauer Regiments und von dem Hauptmann der L. Kompagnie Ihre Majestäten der König und die Königin ließen Kränze an dem Grabe niederlegen.

Kurzel, 21. September. Der zum Kaiserlichen Schloßgut Urville gehörige Pachtbof Pont-⸗à Chaussy ist, wie die Straßburger Post‘ mittheilt, letzte Nacht in Brand gerathen. k ist beträchtlich. Ses Feuers Entstehung ist nech unbekannt.

St. Peters burg, 23. Sertember. In Poltawa findet beute die feierkiche Enthüllung des Denkmals zum Andenken an den Sieg Peter's des Großen über die Schweden statt.

Wladiwost ok, 22. September. Ende August und Anfang September ging im Flußgebiet des Ussuri, des Daubicha, des Lefu und des Iman tagelang ein Platzregen nieder, welcher die Dörfer und Ansiedelungen überschwemmte. Die meisten Häuser und Anlagen wurden beschädigt oder fortgerissen das Heu und Korn wurde, fortgeschwemmt; viel Vieh ist umgekommen. Auf großen Strecken sind die Telegras hen linien zerstört. Der Damm der Ufsuri⸗Eisenbahn ist an vielen Stellen beschädigt; große Mengen Bahnbaumaterialien wurden vom Wasser fortgetragen oder verdorben. Der Schaden ist außerordentlich groß. Verluste an Menschenleben sind bisher nicht gemeldet worden.

Rom, 22. September. Nach bier vorliegender Privatdevesche aus Ancona arbeiteten daselbst gestern Abend jwei junge Leute, die für Anarchisten gehalten werden, an einem Behälter mit Explosipstoff. Derselbe explodierte und verwundete beide; in dem Hause wurden . zertrümmert. Die beiden jungen Leute sind ent⸗ flohen.

Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen.

Rom, 22. September. (W. T. B.) Der König und der Kronprinz, begleitet von dem Minister⸗Präsidenten CTrispi, den Ministern des Krieges und der Marine, den Präsi⸗ denten des Parlaments und den Spitzen der Behörden, nahmen heute Vormittag auf der Esplanade Macao die große Parade über die Veteranen ab. Auf der einen Seite waren die Vertreter der Korps, die den Feldzug von 1870 mitgemacht hatten, mit den Fahnen aufgestellt; zur rechten Seite einer jeden Fahne stand der Oberst des Regiments, auf der andern Seite eine große Anzahl von Veteranen, darunter 3 Garibaldianer, mit den Fahnen der betreffenden Vereine. Die dritte und vierte Seile wurden von den Offizieren außer Dienst und den Vertretern der Garnison Roms eingenommen. Während der König die Parade abnahm, kam die Königin mit ihrem Gefolge an und wohnte zu Wagen der Feier bei, die einen glänzenden Verlauf nahm Während der Revue unterhielt 6e der König mit jeder Gruppe der Vertreter und betonte besonders die Befriedigung, die er darüber empfinde, bei dieser Gelegenheit die Ueberlebenden der Schlachten zu sehen. Die außerst zahlreiche Volksmenge brachte der Königlichen Familie fortwährend begeisterte Ovationen dar.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)

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Wetterbericht vom 23. September

Theater.

Friedrich Wilhelmstüdtisches Theater. Chausseestraße 25 - 26.

Direktor Richard Schultz. Die Tanz ⸗Arrangements vom Balletmeister Gundlach. Anfang 78 Uhr.

8 Uhr Morgens.

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Tt Wind. Wetter. .

Stationen.

in O Celsius

u. d. Meeres red. in Mill Temperatur

50G.

Belmullet.. Lwollenlos Aberdeen 2 beiter Christiansund 7 ; 3 , . . Kopenhagen. 2 wolkenlos Stockholm 4 wolkenlos

aranda 2A bedeckt St. Petersbrg. 1 dedeckt Moskau... 1 Regen Cort. Queens⸗

beiter wolkenlos J voltenlos 1 wolkenlos I heiter Y hetter still wolkenlos 4 wolkig stĩs volkenlos wolkenlos 2 volkenlos still wolkenlos 1 wolkenl. i) I heiter ftill wolkenlos k still Nebel Breslau.. ftill bedeckt Ile dAix .. 1 welkig m ; still beiter , IL wolkenlos ) Reif. Nebersicht der Witterung. Die Witterung Europas steht andauernd unter dem Einfluß eines Hochdruckgebiets, dessen Kern jetzt in Defterreich⸗UAngarn liegt. Ueber faft ganz Mütel⸗ und Süd ⸗Eurora ist das Wetter still, trocken, heiter und vielfach wolkenlos. In Deutschland, außer im anßersten Nordosten, liegt die Morgentemperatur noch erheblich unter dem Mitttelwerthe, bis zu 54 Grad zu Cassel und Karlsruhe; zu München wurde Reif beobachtet. Fortdauer wahrscheinlich. Deutsche Seewarte.

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Königliche Schauspiele. Dienstag: Drern⸗; baus. (Kroll 's Theater.) 54. Vorstellung. Der Prophet. Große Oper in 3 Akten von Giacomo Meverbeer. Tert nach dem Französischen des Cugsene Scribe, deutsch bearbeitet von Ludwig Rellstab. Ballet von Emil Graeb. In Scene gesetzt vom Ober ⸗Regisseur Tetzlaff. Dirigent: Kavellmeister Sucher. Anfang 7 Uhr.

Schausrielhaus. 200. Vorstellung. Wie die Alten fungen. Lustspiel in 4 Auffügen von Karl Niemann. In Scene gesetzt vom Qber⸗Regisseur Max Grube. Annalise: Frau Clara Mever, Ghren mit 4 des Königlichen Schauspiels.) Anfang

t.

Mittwoch: (Kroll's Theater) 55. Vorstellung. Hänsel und Gretel. Märchen viel in 3 Bildern von Engelbert Humperdinck. Text von Adelheid Wette. Carneval. Ballet Burlesfe in 2 Auf- zügen von Emil Graeb. Musik von Adolf. Stein« mann. Anfang 74 Uhr.

Schausrielbaus. 201. Vorstellung. Wohlthätige Frauen. Lustspiel in 4 Aufzügen von Adolph EArronge. Anfang 7 Uhr.

Dentsches Theater. Dienstag: Der Wider⸗ spensftigen Zähmung. Anfang 76 Uhr.

Mittwoch: Die Mütter.

Donnert tag: Tie Mütter.

Berliner Theater. Dienstag: Die Journa⸗ liften. Anfang 74 Uhr.

Mittwoch: Penthesilea.

Donnerstag: Der Schlagbaum.

Lessing · Theater. Dienstag: Madame Sans; Gene. Anfang 74 Ubr. Mittwoch: Tie Schmetterlings schlacht.

Residenz · Theater. Direktion: Sigmund Zautenburg. Dienstag: Der Nabenvater. Schwank in 3 Atten von H. Fr. Fischer und Josef Jarno. Vorher: Aber die Ehe! Komödie in L Att von P. Linsemann. Anfang 74 Uhr.

Mittwoch und folgende Tage: Ter Rabenvater.

Jeden Abend 77 Uhr: Gastspiel der Liliputauer. Die Reise nach dem Mars. Sonnabend, den 28. September, Nachmittags 3 Uhr: Zum ersten Male: Sneewittchen und die sieben Zwerge.

Sonntag, den 29. September, Nachmittags 3 Uhr: Die Reise nach dem Mars.

Kinder Nachmittags halbe Preise.

Neunes Theater. Schiffbauerdamm 4a. / 5. Dienstag: Frau Müller. Schwank in 3 Akten von Gustay von Moser und Thilo von Trotha. Regie: Siegfried Jelenko. Vorher: Der Eis. brecher. Plauderei in 1 Akt von Felix Dörmann und Friedrich Fuchs. Anfang 76 Uhr.

Mittwoch und folgende Tage: Fran Müller. Vorher: Der Eisbrecher.

Theater Unter den Linden. Direktion: Julius Fritzsche. Dienstag: Miß Helmyett. BVaudeville⸗ODberette in 3 Akten von Max Boucheron, deutsch von Richard Genée. Musik von E. Audran. Regie: Herr Ober Regisseur Eystein. Dirigent:

err Kapellmeifter Winns. Hierauf: Ballet

ivertissement, arrangiert vom alletmeister Herrn J. Reisinger. Anfang 74 Ubr.

Mittwech: Miß Heiyett. Ballet ⸗Diver tifsement. . ö.

Freitag, den 27. September: Mit vollständig neuer Ausstattung: Zum ersten Male: Neu: Burschenliebe. Pantomimisches Ballet in 3 Bildern von Regel und Haßreiter Musik von Jos. Beyer. Vorber: Unter versönlicher Leitung des Kom- vonisten: Zum 25. Male: Die Chansonnette.

Adolph Ernst. Theater. Dienstag: Parade; bummler. Besetzung der Hauptrollen: Anng Bäckers, Josefine Dora, Ida Schlüter. Adolyh Ernst, Guido Tielscher, Carl Weiß, Georg Worlitzsch. Anfang 71 Uhr.

Mittwoch: Dieselbe Vorstellung.

Bentral · Theater. Alte Jakobstraße Nr. z0. Direktion: Richard Schultz. Emil Thomas a. G. Dienstag: Eine tolle Nacht. Große Aus- stattungsvosse mit Gesang und Tanz in 5 Bildern von Wilb. Mannstädt und Julius Freund. Musil

Vorher: Aber die Ehe!

von Julius Cinödshofer. In Scene gesetzt vom

Mittwoch: Eine tolle Nacht.

Konzerte. Konzert Haus. Dienstag: Karl Mender⸗

lustigen Weiber von Windsor“ v. Nicolai. Zamva“ v. Herold. Ung. Tänze Nr. 5 u. 6 v. Brabms. Pbhantasie a. Lucia von Lammermoor“ v. Donizetti. Waljer Immer oder Nimmer v. Waldteufel. ne, ,. f. Violine v. Sarasate (Herr arnier). Der Liebestraum“ f. Piston v. Joch

(Herr Werner). ü

Familien ⸗Nachrichten.

Verlobt: Frl. Helene Hahn mit Hrn. Pastor Alfred Zobel (Breslau Koblfurt). . Mar⸗ garetbe Heilmann mit Hrn. Pfarrvikar Hugo Koll⸗ mitz (Groß. Baudiß = Groß Tin). Frl. Anna Budach mit Hrn. Regierungs⸗Assessor und Prem. Leut. d. R. Frhrn. von Glmendorff (Cassel). Frl. Martha Lesser mit Hrn. Fabrikbesitzer Karl Kilineki (Berlin). Frl. Helene Jagenberg mit rn. Fabrikbesitzer Julius Meyer (Düsseldorf—

nkow).

Verehelicht: Hr. Fammerjunker und Forst ⸗Assessor Roderich von Beulwitz mit Frl. Louise von Ober- nitz (DessauJ. Hr. Hans Frhr. von Minnige⸗ rode mit Frl. Margarete Haupt Wiesbaden). Hr. Regierungs⸗Affessor Fleischmann mit Frl. Bille (Berlin). Hr. Dr. H. in der Stroth mit Frl. J. Stoltenkamp (Bentheim) Hr. Prem. Lieut Jofef Doutreleyont mit Frl. Wally Liebich (Straßburg i. G.).

Geboren: Ein Sobn: Hrn. Oberlebrer und Lieut. d. R. Dr. Alfred Prijygode (Berlin). Eine Tochter: Hrn. Prediger Bayrbhoffer

in). Hrn. Oberst Edler von der Planitz

Verantwortlicher Redakteur: J. V.: Dr. Fischer in Berlin. Verlag der Expedition (Scholz) in Berlin. Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags Anstalt Berlin 8SWw., Wilhelmstraße Nr. 32.

Sechs Beilagen ö h (1553)

seinschließ lich Börsen⸗ Beilage).

Konzert. Ouv. Marco Spada. v. Auber. Die

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. zum Deutschen Reichs⸗ Anzeiger und Käniglich Preu

220.

Statistit und voltswirthschaft.

Die Arbeitslsöhne und Arbeitsleistungen beim Bergbau Preußens im Ja bre 18934. Nach den vierteljäbrlich für die hauptsächlichsten Bergbaubezirke Preußens angestellten amtlichen Erbebungen über die beim Bergbau ejablten Arbeits löhne und erzielten Arbeite leistungen war die mittlere r. der vorhandenen Arbeiter (ausschließlich der Beamten und sonstigen dauernd zur Aufsicht verwendeten Personen, wie Aufseher, Dberhauer, Fabrhauer u. s. w.) im Jahr 1894 folgende: 130 554 unterirdisch beschäftigte eigentliche Bergarbeiter, 61 772 sonstige unterirdisch beschaftigte Arbeiter, 71733 über Tage beschãftigte Arbeiter, ausschließlich der jugendlichen und weiblichen, 9 03s jugendliche männliche Arbeiter unter 16 Jahren, 5 633 weibliche Arbeiter,

jusammen d TN Dee arbeiter, deren reines Jahreseinkommen im Ganzen 275 568 683 Æ betrug Von dieser sich nach den Belegschafts Listen ergebenden Arbeiter-

zabl entfallen auf den 52 300 Arbeiter, 17282 .

Steinkohlenbergbau in Oberschlesien Braunkohlenbergbau des Oter e utetane 23 043 ͤ e

Steinkoblenbergbau in Niederschlesien Kupferschieferbergbau

Steinsaljbergbau

staatlichen Erzbergbau am Oberharz

Stein kohlenbergbau des Ober ⸗Bergamtsbezirks Dortmund 145 280

staatlichen Steinkoblenbergbau in Saarbrücken.. 30079

Steinkohlenbergbau bei Aachen 5187

Siegen ⸗nassauischen Erzbergbau

sonftigen rechtsrheinischen Erzbergbau

linksrheinischen Erzbergbau ;

oder auf den Steinkoblenbergbau überhaupt 256119, auf den Braun⸗

koblenbergbau 23 043, auf den Erzbergbau 32 913, auf den Kupfer-

schieferbergbau 12 680 und auf den Steinsalzbergbau 3975 Arbeiter.

Von den oben unterschiedenen fünf Arbeiterklassen umfaßt die erste die unterirdisch beschäftigten Bergleute im engeren Sinne, welche bei den Aus und Vorrichtungs. sowie den eigentlichen Gewinnungs⸗ arbeiten angelegt sind, also in der Hauptsache die Gesteins. und Kohlenhauer nebst den mit ihnen im Gedinge arbeitenden oder ihnen zugewiesenen Schleppern. Zur zweiten Klasse gehören die sonst noch unterirdisch (namentlich beim Grubenausbau und bei Nebenarbeiten)

beschãftigten Personen, wie Zimmerhauer, Reparaturarbeiter, Maurer. An⸗

schläger, Bremser, Bergeverfüller u. . w Die dritte Klasse der über Tage beschäftigten erwachsenen mãnnlichen Arbeiter umfaßt einerseits dieienigen bei der Förderung, Verladung und Aufbereitung, andererseits die Werkstãtten⸗ Arbeiter. Unter den jugendlichen männlichen Arbeitern befinden sich in einigen Bezirken auch Knaben von 13 bis 14 Jahren. Die fünfte Klasse endlich enthält sämmtliche weiblichen Arbeiter, ein schließlich derjenigen unter 18 Jahren. Von den 5633 weiblichen Arbeitern, welche die Belegschaftslisten aufweisen, beschäftigte allein der Steinkohlenbergbau in Oberschlesien 4123, während beim ganzen staatlichen Bergbau weibliche Arbeitskräfte überbaupt nicht und jugend liche männliche Arbeiter nur 675 verwendet wurden. Die Zahl der jugendlichen weiblichen Arbeiter erreichte übrigens zum Unterschiede don den jugendlichen männlichen Arbeitern nar beim Erzbergbau (Aufbereitungsanstalten) des Ober ⸗Bergamtsbezirks Bonn einige Be⸗ deutung und betrug überhaupt in den hier in Betracht kommenden Bergbaubezirken im Durchschnitt des Jabres 1894: beim Steinkohlen— bergbau in Oberschlesien 15, beim Braunkohlenbergbau des Bezirks Halle 5, beim Siegen⸗nassauischen Erzbergbau 145, beim sonstigen rechtsrbeinischen Erzbergbau des Ober Bergamtsbezirks Bonn 34 und beim linksrheinischen Erzbergbau dieses Bezirks 11. Der weitaus 66 Theil der jugendlichen männlichen Arbeiter wird über Tage eschäftigt. Fine umfangreiche Verwendung derselben un ter Tage (676 im Jahre 1894) findet nur beim Mansfelder Kupferschiefer⸗ bergbau statt.

Die Dauer der von einem unterirdisch beschäftigten eigentlichen Bergarbeiter verfahrenen Arbeitsschichten, deren Zahl zwischen 262 (beim oberschlesischen Steinkoblenbergbau) und 303 (beim Braun- koblenbergbau des Ober⸗Bergamtebezirks Halle im Jahre schwankt, übersteigt beim Steinkohlenbergbau für die Mebrheit der Belegschaft, einschließlich Ein⸗ und Ausfahrt und einschließlich der Ruhepausen, 10 Stunden nicht; nur in Oberschlesien hat noch beinabe die Hälfte der Belegschaften Zwölf⸗Stunden-Schichten Im allgemeinen wãbrt die Schicht 8, bei beschwerlichen Arbeiten aber nur 6 Stunden obne Ein⸗ und Ausfahrt (zusannmen mneist rund 1 Stunde). Beim Erzbergbau schwankt die Schichtdauer zwischen 8, l und 11,7 Stunden. Beim Braun⸗ kohlenbergbau beträgt die Schichtdauer durchschnittlich 114 Stunden. Dies erklärt sich aus der geringen Tiefe der Gruben, welche gestattet, daß die Bergleute zu den Fruübstücks⸗ und Mittagspausen ausfahren. Die wirkliche Arbeitszeit beträgt im allgemeinen noch nicht zebn Stunden. Im Großen und Ganzen hat sich die Schichtdauer im Jahre 1894 gegen 1893 nicht wesentlich verändert. Nur beim Stein⸗ kohlenbergbau in Oberschlesien bat sich der Prozentsatz der auf acht Stunden beschäftigten jugendlichen männlichen Arbeiter wieder von 21,2 auf 35, 4 gehoben und der auf zwölf Stunden keschäftigten entsprechend vermindert; jedoch ist zu beräcksichtigen, daß die Zahl der daselbst überbaupt beschäftigten jugendlichen männlichen Arbeiter um 18,9 zurũckgegang en ist.

Die Ja kes, Ir bei tez Leistun & Hat in sämmtlichen Haupt⸗ bezirken des Steinkohlenbergbaues im Jahre 1894 wiederum eine Zu⸗ nahme und zwar von 1 bis 25 erfahren. die Arbeitsleistung auf 1 Schicht indessen nur in den Beüirken Ober und Niederschlesien, während sie in Dortmund auf der Höhe des Vorjahres blieb und in Saarbrücken eine geringe Abnahme aufwies. Im Vergleich mit den früheren Jahren stellt . die Jahres-Arbeiterleistung, wie folgt:

Jahr Oberschlesien Niederschlesien Dortmund Saarbrũcken

t t

t t 1888 354 228 325 256 1889 365 225 302 237 1890 345 202 286 226 1891 351 203 278 221 1892 305 197 267 210 1893 323 209 271 214 1894 329 213 274 219

Der Jahresverdienst der Bergarbeiter hat im Jahre 1894 egen das Vorjahr keine wesentliche Veränderung erfahren. Nur in Mansfeld, wo der starke Rückgang der Kupfer, und Silberpreise zu einer Verminderung der Selbstkosten nöthigte, blieb der Jahreslohn um 49½ gegen 1893 zurück. Beim Steinkohlenbergbau in Ober⸗ schlesien, Dortmund und Aachen, sowie beim gesammten Erzbergbau

außer Mansfeld) fand eine geringe, * bis 20,ö90 betragende Auf

besserung, beim Steintohlenbergbau in Niederschlesien und Saar- brücken, sowie beim Halleschen Braunkoblen. und Salibergbau eine gleich hohe Herabsetzung statt. Auch der Lohn für eine Schicht zeigte in den einzelnen Bezirken, abgesehen von Saarbrücken und Manktfeld, wo er um etwa 4Y0 fiel, feine erhebliche Aenderung. Der höchste Lohn wurde, wie in den Vorjahren, beim Steinfalzbergbau in Halle gejahlt, wo der durchschnittliche Netto⸗Lohn aller bela ft ge Arbeiter 1018 M betrug. Auf mehr als 1000 Æ allerdings nur

GErste Beilage

Berlin, Montag, den 23. September

für die unterirdisch, beschäftigten eigentlichen Bergarbeiter belief sich der Reinverdienst noch in den Staatz. Bergwerken bei Saarbrũcken (1020 ) und beim Dortmunder Steinkohlenbergbau

(1102 M). Die eigentlichen Kohlen- und Gesteins hau er verdienten

1894 durchschnittlich Verhältniß eser Arbeiter zur Gesammt⸗ beleg aft in Qberschlesen J . Nie derschlesien⸗ 32 Die niedrigften Nettolöbne weist der Erzbergbau auf, wo sie für keine Arbeiterklasse 7830 * üÜkersteigen. Der Jahresverdienst der weib. lichen Bergarbeiter schwankt zwischen 179 6 bei allerdings nur 148

für das anze di

verfahrenen Arbeitsschichten (im Steinkohlenbergbau bei Aachen) und

398 46 (oder 1,0 M für eine Schicht, beim Braunkohlenberghau des Bezirks Halle); in Oberschlesien, wo 4123 weibliche Arbeitskräfte ver⸗ wendet werden, verdienten sie bei 285 verfahrenen Arbeitsschichten 236 jährlich oder 0, 8) M für eine Schicht. —Diese Löhne ver= stehen sich nach Abzug aller Nebenkosten (wie Beiträge für die Ver⸗ sicherung gegen die Folgen von Krankheit, von Alter, von Invalidität und von Tod, Koften für Arbeits Gezäh, Sprengmittel und Geleuchte); andererseits ist in den angegebenen Löhnen der Werth der den Ar⸗ beitern durch die Werke zutheil gewordenen wirthschaftlichen Beihilfen, welche vornehmlich in Gestalt von Ackerland, Wohnung und ver—⸗ schiedenen Deputaten gewährt werden, noch nicht enthalten.

Zum Schluß sei den Lobnverhältnissen der Bergarbeiter noch das Ginkommen der bisher nicht berücsichtigten Gruben beam ten leinschließlich der ständigen Aufseber, Oberhauer, Fahrhauer u. s. w. gegenübergestellt. Im Jahre 1894 betrugen die durchschnittliche Zahl der Beamten u. s. w. und die gezahlten Jahreslöhne

Zabl Jahres lohn der Beamten eines Beamten ; u. s. w. , beim Steinkohlenbergbau in Oberschlesien. 1356 1691 f J Niederschlesien 624 1654 Braunkohlenbergbau des Ober · Berg · M98 1368 Kupferschieferbergbau y amtẽbezirks 268 1499 Saljbergbau Halle 136 1812 staatlichen Erzbergbau am Oberharz. 134 1696 Steinkohlenbergau des Bezirks ö (667 1712 staatl. Steinkohlenbergbau bei Saar⸗ brücken (obne die im Staatsbeamten⸗ Verhältniß stehenden Beamten). 142 1105 Steinkohlenbergbau bei Aachen. 220 1666 Siegen ⸗nassauischen Erjbergban. 575 1173 sonstigen rechtsrheinischen Erzbergbau 181 1380 linksrheinischen Erzbergauu ... 125 1360

zusammen 426, welche im ver⸗

gangenen Jahre ein Netto⸗Einkommen von 15 168 623 M im Ganzen bezogen haben. Auch hier waren, wie die vorstehende Uebersicht er⸗ eb, die gezahlten Jahreslöhne am höchsten beim Salʒbergbau des Ober ⸗Bergamtsbezirks Halle, und im allgemeinen am niedrigsten beim Erzbergbau; nur der staatliche Erzbergbau am Oberharz weist Jahres⸗ löhne auf, welche selbst die beim Steinkohlenbergbau in Oberschlesien gezahlten noch übersteigen.

Verein zur Wahrung der Interessen der chemischen Industrie.

Der Verein zur Wahrung der Interessen der chemischen Industrie Deutschlands bielt am Freitag in Kiel unter dem Vorsitz des Kommerzien⸗ Raths Dr. Héltz⸗Eisenach seine Generalversammlung ab, an welcher Vertreter einer großen Zahl chemischer Fabriken theilnahmen. Als Vertreter des Handels. Ministeriums wohnte der Geheime Ober⸗Regierungs Rath von der Hagen den Verhandlungen bei. Nachdem Bürgermeister Lorey im Namen der Stadt Kiel die Versammlung begrüßt hatte, erstattete Direktor O. Wenzel den Jahresbericht, in welchem er an der Hand einer Reihe statistischer Ziffern ein umfassendes Bild der geschäftlichen und wirtbschaftlichen Entwicklung der chemischen Industrie und ihrer einzelnen Fabrikationszweige im letzten Jahre gab und daran eine Dar⸗ stellung der Wirksamkeit des Veräins auf den verschiedenen Gebieten der Gesetzgebung und Verwaltung knüpfte. Direktor Böttinger⸗ Elberfeld berichtete alsdann über eine Reihe von Beschwerden, die von der chemischen Industrie über das bisherige Verfahren bei der Konzessio⸗ nierung gewerblicher Anlagen geltend gemacht werden. Geheimer Ober- Regierungs. Rath von der Hagen erkannte, wie W. T. B. berichtet, an, daß der chemischen Industrie aus dem bisberigen Konzessions⸗ verfahren vielfach Schwierigkeiten erwachsen, sagte die Unterstützung der Regierung zu, soweit diese Schwierigkeiten sich im Verwaltungs⸗ wege beseitigen ließen, und wies im übrigen auf die gesetzlichen Hand⸗ baben hin, die es der Industrie ermöglichen, sich gegen eine Schädigung selbst zu schüßen. Nach lebhafter Debatte, an der sich namentlich Dr. Krãmer⸗Berlin, Dr. Gans⸗Frankfurt, Dr. Marquardt⸗- Bonn, Bättinger. Elberfeld, Dr. Knoll u. a. betheiligten, beschloß die Versammlung die Einsetzung einer Kommission zur Bearbeitung einer an die Regierung zu richtenden Eingabe. Im weiteren Verlauf der Generalversammlung sprach Dr. Häuser⸗Söchst über den Gesetzentwurf zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs. Auf seinen Antrag beschloß die Versammlung zu erklären, daß sie die Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs auf gesetzlichem Wege für geboten und den vorliegenden Entwurf im Ganzen für geeignet erachte, den erheblichsten Mißstãnden zu steuern. Wesentliche Bedenken hegt der Verein allerdings namentlich hinsichtlich der⸗ jenigen Bestimmungen. die den Verrath der Geschäfts⸗ und Betriebs gebeimnisse betreffen. Er beauftragt den Vorstand, auf Grund einer kommissarischen Berathung diese Bedenken dem Bundes- rath und dem Reichstag zur Kenntaiß zu bringen. Ueber geeignete Mittel zur Verbũtung einer Monopolisierung des deutschen Petroleum⸗ kandels in den Händen der Standard-⸗Oil Company berichtete Herr Pr. Krämer. Er empfahl, durch Festsetzung eines niedrigen Zolls für Robpetroleum eine Verlegung der Petroleumraffingtion nach Deutsch⸗ land zu ermöglichen. General- Direktor Kuble - Halle befürchtete, daß durch Annahme dieses Vorschlags der Sãchsisch⸗Thüringischen Mineralöl⸗ und Paraffin Industrie eine schwer , Konkurrenz erwachsen würde, und schlug seinerseits vor, den beabsichtigten Zweck durch Er⸗ böbung des Abel Test⸗Punktes und durch Ausschließung der jetzt von der Standard⸗Dil⸗Company gelieferten minderwerthigen Lima und Ohio Dele zu erreichen. Die Versammlung beschloß einstimmig: bei der Reichsregierung zu beantragen, Bertreter der betheiligten Intereffentenkreise des Handels und. der Industrie zu⸗ fammenzuberufen, um gemeinsam mit diesen einen Weg zu suchen, der es g die Verarbeitung von aus⸗ ländischem Robpetroleum im Inlande herbeizuführen und damit der immer umfassenderen Monopolssierung des Verkehrs in Leuchtpetroleum durch auslandische Gesellschaften wirksam entgegenzutreten. Die Neuwahl des Vorstandes hatte folgendes Ergebniß: Varsitzender: Rommerzien Rath Dr. Holtz. Eisenach, Stellvertreter: J. Stoof- Griec beim, Schatzmeister: Julius Rütgers Berlin. Beisitzer: Dirertor Böttinger . Elberfeld, Kommerzien⸗Rath Dr. Brunck⸗

sischen Staats⸗Anzeiger.

worden ist.

1895.

Ludwigshafen, Dr. Gans Frankfurt a. M., Göpner Hamburg. General · Direktor Hasenklever⸗ Lachen, General Direktor Kaesemacher⸗ Stettin, Dr. Kolbe, Radebeul, Dr. G. Krämer Berlin, General- Direktor Kuhlow. Halle, Prof. Dr. Laubenheimer⸗Höchst a. M., Dr. C. A. Martius Berlin, Dr. Louis Merck Darmstadt. Gebeimer Kommerzien Rath Siegle. Stuttgart und Julius Weber ⸗Duisburg. Als Ort der nächsten Generalbersammlung wurden Breslau und 6 vorgeschlagen. Die Entscheidung bleibt dem Vorstand

vorbehalten.

Zur Arbeiterbewegung.

Aus Bochum wird der Rh. Westf. Ztg. geschrieben: Der sozialdemokratische Berg · und Hüttenar eiterverband hatte im vergangenen Monat eine Einnahme an Beiträgen von 794,18 4 Darunter befinden sich 230 08 aus Schlesien 3c., sodaß auf den rbeinisch⸗westfälischen Bezirk 564, 10 46 entfallen. Es bedeutet dies gegen den Vormonat einen gewaltigen Rückgang. An sonstigen Ein⸗ nahmen waren zu verzeichnen: 66 * für die Druckerei, 75,57 M für den Buchhandel. 80 3 ür die Unterstũtzungskasse und 60 für den Kongreß. Für den Monat September wird der erhöhte Beitrag von 40 (bisher 30 ) erboben.

Ver in Berlin wurde, wie die Poßst“ meldet, der Ausst and der Sattler der Militäreffektenbranche am Sonnabend beendet, nachdem eine Einigung zwischen dem Inbaber der Firma Loh Söhne und den ausständigen Arbeitern vor dem Gewerbegericht erzielt wor! In dem Versöhnungstermin wurde für die An fertigung von Tornistern der reis von 2 S 45 8 ver⸗ einbart. (Vgl. Nr. 228 d. I) In der Sitzung der soꝛialdemokratischen Berliner Gewerkschafts kommission wurde über Ausstände u. a. Folgendes berichtet; Der Ausstand der Zim merle ute, der auf der Berliner Gewerbe Ausstellung aus⸗ gebrochen ist, erstreckt sich nur noch auf jwei Zimmerplätze. Der Ausstand der Ver gelder umfasse 490 Ausständige mit 309 Kinpern; die Frauen hätten sich nicht angeschlossen. Der Ausftand der Loh⸗ gerber bei der Firma Steinlein umfasse 102 Mann mit 108 Kindern. Der Ausstand der Arbeiter chirurgischer Insttumente verlaufe ungünstig, weil für die Ausständigen zum größten Theil Ersatz gefunden worden sei.

Aus Wien meldet W. T. B.“: An einem gestern auf der Feuerwerkswiese im Prater stattgebabten Arbeitermeeting be- tbeiligten sich über 8000 Personen. Mehrere Redner sprachen zu Gunsten des allgemeinen Wablrechts. Während des Abmarsches er⸗ folgten wiederholte Zusammenstöße mit der Sicherheitswache. 26 dr, , . wurden verhaftet; ein Polizei Agent wurde leicht ver⸗ wundet.

In Sta leybridge kam es, wie. W. T. B.“ berichtet, wegen eines Ausstands in der Carrbrok'schen Druckerei zu Arbeiterunruhen, infolge deren berittene Schutzleute in die Stadt einrücken mußten. Der Minister des Innern wurde um Gewährun weiteren polizeilichen Schutzes ersucht. Die Unruhen sollen h . veranlaßt worden sein, daß die Ausständigen die Neuangestellten ver⸗ hinderten, weiter zu arbeiten.

Literatur.

Rechts und Staatswissenschaft.

Unter dem Titel Ueber die Rechtsgewohnheiten der im Bezirk Tanga ansässigen Farbigen“ beginnt Bezirks Amtmann von St. Paul -Illaire im letzten Heft der von Dr. Frei⸗ berrn von Danckelmann herausgegebenen „Mittheilungen von For⸗ schungsreisenden und Gelehrten aus den deutschen Schutz gebieten eine längere, interessante Abhandlung zu veröffentlichen, mit der ein neues, bisher wenig betretenes und durchforschtes Gebiet unter den exotischen Rechten occupiert, wird. In einer gewissen ethnographischen Gruppierung fkizziert der Verfasser eine Reihe unter den Farbigen seines Bezirks Tanga in Geltung stehender Rechts⸗ normen, wie sie bisber von ihm festgestellt und gesammelt werden konnten. Schriftlich fixiert ist, wie wir dieser Abhandlung entnehmen, nur das mohammedanische Recht, dessen Grundlage für alle mohamme⸗ danischen Sekten der Koran bildet. Ihm unterwirft sich außer den Arabern, den Suaheli und den Indern an der Küste ein Theil der Wasegeju und. Wadigo. der zum Islam übergetreten ist. Das ge⸗ sammte komplizierte mohammedanische Zivil⸗ und Strafrecht ist in einer großen Reihe mehr oder weniger ausführlicher Rechts bücher und Rommentare zu denselben niedergelegt, die sämmtlich im Druck erschienen sind; als die gebräuchlichsten macht von St. Paul⸗Illaire nicht weniger als 55 Rechtsbücher und 23 Kommentare namhaft. Auf Grund der wichtigsten derselben werden beim Bezirksamt alle mohammedanischen . entschieden, während in Straf⸗ sachen meist die Grundsaͤtze des deutschen Strafrechts Anwendung finden, da in vielen Fällen die nach arabischem Recht zu verhängenden Strafen nicht mit den humaneren Anschauungen einer europäͤischen Nation in Einklang zu bringen sind. Außer dem mohammedanischen Recht, das Jedem im Druck zu⸗ gänglich ist, sind im deutsch⸗ostafrikanischen Bezirk Tanga noch die nicht aufgejeichneten, untereinander pesentlich verschiedenen Rechts-⸗ gewohnbeiten der Wadigo, der Wabondei, der Washambaa und der Wasegeju für die Praxis von größerer Bedeutung; und über die des erstgenannten Volkestamms, insbesondere über das Ehe und Erbrecht der Wadigo, theilt von St. Paul⸗Illaire so manches mit, was allgemeines Interesse erweckt. Bei den Wadigo herrscht jede rechtmãaßige Frau erbält aber ihre Hütte und ihren ausstand fuͤr sich. Die Form einer rechtsgültigen Eheschließung pflegt unter den weniger Begüterten folgende zu sein: Der Mann, welcher ein Mädchen beirathen will, einigt sich einfach gelegentlich eines Tanzfestes mit ihr und führt sie nach seinem Dorf und Haus, wo die Eheschließung ohne weitere Formalitäten vollzogen wird. Am nächsten Morgen theilt der Ehemann seinen Freunden und Dorf⸗ genossen die Thatsache mit; ein Schmaus wird von den Frauen unter Besang bereitet und im Freien von den Männern und Frauen des Dorfes eingenommen. Weder seinem Schwiegervater noch anderen Verwandten der Frau sendet der Ehemann irgendwelche Nachricht. Das Verschwinden der Tochter kann den Eltern aber nicht lange ver⸗ borgen bleiben; sie stellen Nachforschungen an, und nachdem das Gerücht ihnen die Kunde der Greignisse zugetragen, machen sich Vater und Mutter auf, suchen ihre Tochter und bringen ibr Ricinusöl, zum SEinsalben des Körpers und Kleider. Sie geben dadurch der Ehe bereits eine gewisse Sanktion. Der wichtigste Theil des Geschäfts' folgt für den Vater aber erst; für ihn ist die Verheirathung einer Tochter eine Einnahmequelle; die Frage des Hochzeitsguts bleibt zu erledigen, denn so lange dies nicht gezahlt ist, kann die Ehe noch rückgängig gemacht werden. Berechtigt, die Zablung des Hochteitsguts zu verlangen, sind der Vater und der aͤltesse Bruder der Mutter der Braut (d. H, ihr Onkel mütterlicher⸗ seits bew. Schwager des Vaters); verpflichtet, die Zahlung zu leisten, sind der Vater und der älteste Bruder der Mutter des Bräutigam. Als Hochjeitsgut sind zu leisten:; eine erwachsene Kuh, zwei Fersen, ein männliches Rind und almwein das eigentliche ochzeitszut —, ferner zwei iegen, Schafe oder jwei Dollar, welche der Onkel des Bräutigams an den Onkel der Braut zahlt. Die vier Rinder werden je nach den Vermögensverhältnissen auf einmal oder nach und nach entweder in Natura oder in Geld bezahlt, wobei eine Kuh bejw.