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In der gestrigen Sitzung der Kammer der Abgeord⸗ neten interpellierte der Abgeordnete Dr. Schaedker die Regierung über die Vorgange in Fuchsmühl. Der Minister des Innern Freiherr von Feilitzfch erwiderte, das Urtheil des Landgerichts in Weiden stelle fest, daß der Bezirks-Amtmann Wall in Tirschenreuth zum Aufgebot der bewaffneten Macht berechtigt gewesen sei. Er habe jedoch unterlassen, die rechtzeilige, telegraphische An⸗ zeige über die Fuchsmühler Vorfälle an die Staatsbehõrde zu erstatten, welche daher nicht in der Lage gewesen sei, Ministerial⸗Kommissare zu entsenden. Das Militär habe durchweg vorschriftsmäßig gehandelt. Die Regierung be⸗ dauere das unglückliche Vorkommniß in Fuchsmühl, sei jedoch nicht in der Lage, Maßregeln zu bezeichnen, welche die Wieder— kehr ähnlicher Vorkommnisse endgültig ausschlössen. Die Be⸗ sprechung der Interpellation wurde auf heute vertagt.
Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. Das Befinden Ihrer Königlichen Hoheit der Groß⸗ herzogin ist nach den gestern ausgegebenen Bulletins ein durchaus befriedigendes.
Oesterreich⸗Ungarn.
Der Kaiser stattete gestern Nachmittag dem Erzherzog Franz Ferdinand in dessen Palais einen langeren Besuch ab.
Die neuernannten Geheimen Räthe, darunter Dr. Böhm von Bawerck, Graf Forgach und Senats⸗Präsident von Haslmayr, legten . Vormittag den Eid in die Hände des Kaisers ab, wobei der Minister des Aeußern Graf von Goluchowski und der Oberst-Kämmerer Graf zu Traut— mannsdorf anwesend waren. Hierauf empfing der Kaiser den Statthalter Grafen Kielmansegg in besonderer Audienz und sodann sämmtliche Mitglieder des zurückgetretenen Kabinets. Danach legten die neuernannten Minister den Eid in die Hände des Kaisers ab. Vor den Beeidigungen hatte der Kaiser den Minister des Auswärtigen Grafen von Goluchowski in besonderer Audienz empfangen.
Das Kaiserliche Handschreiben an den Grafen Badeni, welches dieser vorgestern in der Wählerversammlung in Krakau verlas (siehe die gestrige Nummer d. Bl.), betont die außerordentlichen Verdienste des Grafen Badeni um das Kaiserliche Haus, um das Reich sowie um das Königreich Galizien. Neben stetigem Fortschritt des Landes in Kultur und Handel nehme der Kaiser mit besonderer Befriedigung die weiteren, in Galizien ge— schaffenen Kommunikationsmlttel wahr. Das Wohl des Reichs und der Armee habe stets thatkräftige Unterstützung in dem opferbereiten Patriotismus Galiziens und dem guten Willen seiner Vertreter gefunden. Der Kaiser erneuere daher den Ausdruck seiner vollen Anerkennung für die zielbewußte, erfolg⸗ reiche Wirksamkeit des Grafen Badeni in Galizien und hege festes Vertrauen, daß man auf dem bewährten Wege weiter— bauen werde zur Erfüllung der stetigen väterlichen Wünsche des Kaisers für das Gedeihen Galiziens.
Der Minister-Präsident Graf Badeni nahm gestern Mittag die Vorstellung des Beamtenkörpers seiner Ressorts entgegen. Bei dem Empfange der Beamten des Ministeriums des Innern betonte der Minister, daß er nie eine andere als sachliche Behandlung der Geschäfte fordern werde; die Führung der Politik, ein Eingreifen in dieselbe und jedwede hierauf bezüg⸗ liche Aeußerung nach außen müsse er sich ausschließlich vorbe⸗ halten. Bei der Vorstellung der Beamten des Finanz⸗Ministeriums hob der Finanz-⸗Minister von Bilinski die Nothwendigkeit der weiteren Aufrechterhaltung des von dem früheren Minister von Dunajewski angebahnten Gleichgewichts im Staatshaushalt sowie des ferneren Bestehens eines guten Einvernehmens zwischen dem Publikum und den Finanzorganen hervor. Der Handels-Minister Freiherr Glanz von Eicha erwiderte auf die Begrüßungsansprache, welche der Sektions-⸗- Chef Wittek im Namen der Beamten des Ministeriums hielt, indem er Wittek für seine freundlichen Worte dankte und ihn bat, ihm mit seinen reichen Erfahrungen und Kenntnissen zur Seite zu stehen. Der Minister hob sodann das weite Feld der Thätigkeit des Ministeriums hervor, dessen Wirken kief in das Erwerbs- und Verkehrsleben eingreife und in dessen Obhut ein großer und wichtiger Theil derjenigen Maßnahmen gestellt sei, welche die Förderung des Vollswohlstandes und das Wohlergehen der arbeitenden Klassen bezweckten. Der Minister erbat die Unterstützung der Beamten und versicherte dieselben seines vollen, warmen Ver— ständnisses für ihre Interessen.
Bei der Landtagswahl des galizischen Groß— grundbesitzes ist der Minister-Präsident Graf Badeni ein— stimmig gewählt worden.
Frankreich.
Der Großfürst Constantin von Rußland traf gestern Vormittag in Begleitung des Ministers des Aus— wärtigen Ha notaux und des französischen Botschafters am russischen Hofe Grafen Montebello in Fontainebleau ein und stattete dem Präsidenten Faure einen Besuch ab. Nach einem Dejeuner bei dem Präsidenten reiste der Großfürst um 2 Uhr wieder ab.
Ein vom Kriegs-Minister verlangter neuer Kredit von 11ñö Millionen ist, dem „W. T. B.“ zufolge, größten— theils für die Verbesserung der Lebelgewehre bestimmt. Diese besteht in einem kleinen Apparat, durch den die Schnelligkeit, Sicherheit und Durchschlagskraft des Schusses erhöht wird.
Das Pariser Diözesan-Blatt publiziert ein Schreiben des Erzbischofs Richard an den Präsidenten der Republik, worin er den dringenden Wunsch ausspricht, die Anfall— steuer möge entsprechend den Forderungen der Gesetz— lichkeit und Gleichheit abgeändert werden. Angesichts des Kampfes gegen die Kirche und das Christenthum hielten die Bischöfe es für ihre Pflicht, auf die Ge— fahren, welche das Land durch den Atheismus der Landes— gesetze bedrohten, sowie auf die umstürzlerischen Leidenschaften aufmerksam zu machen, welche in der Menge gährten' und keinen moralischen Damm mehr vorfänden.
Italien.
Gestern, als am Jahrestag der Volksabstimmung von 1870, hat, dem „W. T. B.“ 6 der König, der Vor⸗ mittags in Rom wieder eintraf, ein Dekret unterzeichnet, durch welches für Uebertretung des nilitärischen Aushehungsgesetzes den Angehörigen jener Klassen, welche am 31. Dezember 1897 von der Verpflichtung zum Militär⸗ dienst frei sein werden, volle Amnest ie ertheilt wird. Von den
sich im Ausland aufhaltenden und noch zum Heeresdienst Verpflichteten wird denjenigen Amnestie gewährt, welche die esetzliche Altersgrenze noch nicht überschritten haben und zur
fuͤllung ihrer Dienstpflicht nach Italien zurückkehren werden.
Zur Feier des . war die Stadt beflaggt. Vor⸗ mittags überreichte ein Ausschuß von Bürgern dem Bürger— meister feierlich eine Büste des Herzogs Michel⸗ Angelo Castani di Sermoneta, welcher seiner 31 das Ergebniß des Plebiszits in Rom nach Florenz überbrachte. Außerdem fand eine feierliche Preisvertheilung im Kinderasyl und die Eröffnung der Ausstellung im italienischen Künstler— heim, sowie Nachmittags im Teatro Costanzi die Ver⸗ theilung der. Preise für das Scheibenschießen statt, welcher der König, der Kronprinz, der Minister⸗-Präsident Cris pi, die übrigen Minister, die Präsidenten der Deputirten⸗ kammer und andere hervorragende Persönlichkeiten bei⸗ wohnten. Der Praͤsident des Preisschießens Fortis hielt eine beifällig aufgenommene Ansprache, worin er die be— merkenswerthen Forischritte der Italiener im Schießen hervor— hob. Der König vertheilte persönlich die Preise, indem er die Sieger beglückwünschte und sich mit ihnen leutselig unterhielt. Besonders huldvolle Worte richtete er an die Schweizer Richardet und Hirschy, die Sieger der inter— nationalen Abtheilung. Das Publikum begrüßte alle Sieger auf das wärmste und brachte Richardet und Hirschy eine stürmische Beifallskundgebung mit dem Rufe: „Es lebe die Schweiz!“ dar. Zum Schluß defilierten die Schützen vor dem Könige, dem unaufhörliche und begeisterte Ovationen auch auf dem Rückwege dargebracht wurden. Am Abend kehrten der König und der Kronprinz nach Monza zurück.
Portugal. Der König ist gestern von Lissabon nach Paris abgereist. Türkei.
Ueber den Verlauf der am 30. v. M. in Konstantinopel vorgekommenen Ruhestörungen berichtet „W. T. B.“ nach suverlässigen Informationen noch Folgendes: Einige Hundert Armenier zogen nach 19 Uhr in kleinen Trupps von Kum— Kapu gegen die Hohe Pforte, mit zahlreichen Exemplaren der bereits erwähnten Bittschrift versehen. Sie blieben anfangs von der zahlreich anwesenden Gendarmerie und Polizei unbehelligt, da diese von der Pforte Auftrag hatten, von den Waffen nur im Fall eines auf sie ge— machten Angriffs Gebrauch zu machen. Als der Zug etwas nach 11 Uhr bei der Hohen Pforte angelangt war, wurde er von dem daselbst durch die Gendarmerie und die Polizei ge— zogenen Kordon am Weitermarsch gehindert. Der Wortführer der Armenier, Kafedschi Betroß, betheuerte die friedliche Absicht der Demonstrierenden, die nur dem Großvezier eine Bittschrift überreichen wollten, was jedem türkischen Unterthan gestattet sei. Die Polizei erwiderte, sie habe entschiedenen Befehl, den Zug aufzuhalten, man möge also zurückgehen. Es folgte eine heftige Diskussion; Betroͤß und andere wollten hierauf mit Gewalt vordringen, die Polizei leistete Widerstand, wobei Betroß erschossen wurde. Nun machten auch die Armenier von ihren Waffen Gebrauch, wobei auch auf den Minister des Inneren Schüsse abgegeben wurden, von denen jedoch keiner traf. Als erstes Opfer fiel ein Gendarmerie- Offizier, während mehrere Polizisten und Gendarmen verwundet wurden. Unter den Verwundeten befindet sich auch ein Oberst. Die massenhaft an— gesammelte türkische Bevölkerung half bei Festnahme der Armenier, von denen einzelne sich heftig zur Wehr setzten, was die Erbitterung der Türken sieigerte. Die Verhafteten wurden nach der in der Nähe ge— legenen Polizei⸗Direktion und der Eisenbahn⸗-Polizeistation gebracht. Die in die Nebengassen Fliehenden wurden verfolgt und größtentheils festgenommen; diejenigen, die sich zur Wehr setzten oder im Besitz von Waffen betroffen wurden, wurden von der aufgeregten Bevölkerung arg mißhandelt und mehrere tödtlich verwundet. Auch einzelne Gefangene wurden auf dem Transport von der Bevölkerung, ungeachtet der energischen Abwehr der Polizeibegleitung, angefallen und erschlagen. In der Nacht vom Dienstag zum Mittwoch wurden noch zahlreiche Verhaftungen vorgenommen. In die Patriarchats— kirche von Kum⸗-Kapu waren viele Hunderte von Familien ge— flüchtet. Der Patriarch wurde Nachts zum Großvezier berufen und aufgefordert, die Räumung der Kirche zu veranlassen. Die armenischen Vorstädte am Marmarameer sind wie aus⸗ gestorben. Das Aufgebot an Polizei und Gendarmerie ist groß, auch das Militär ist konsigniert. Die Aufregung der armenischen Bevölkerung ist bedeutend.
Nach der amtlichen Darstellung wurden die Armenier, welche den Gendarmen und der Polizei mit den Waffen Widerstand leisteten, verhaftet. Dieselben werden nach dem Gesetz bestraft und die Strafen bekannt gemacht werden. — Ferner ist zur öffentlichen Kenntniß gebracht worden, daß alle ÜUnter— thanen des Sultans, Mohamedaner und Andersgläubige, ge— halten seien, die ihnen obliegenden Pflichten zu erfüllen, und daß die den Gesetzen Zuwiderhandelnden der Strafe verfallen würden.
Amerika.
General Miles ist zum Nachfolger des Generals Schofield als kommandierender General der Armee der Ver— einigten Staaten ernannt worden.
Nach amtlichen, in Madrid eingetroffenen Meldungen aus Havanna haben mehrere für die Spanier günstige Zu⸗ sammenstöße mit den Aufständischen stattgefunden.
A sien.
Das „Reuter'sche Bureau“ erfährt aus Peking, die chinesische Regierung habe dem britischen Gesandten das Kaiserliche Dekret Über die Degradierung des Vize⸗ Königs von Sz Tschwan am Sonntag, den 23. September, mitgetheilt. Das englische Ultimatum sei Tags zuvor über⸗ reicht worden. Dagegen hat der Sekretär der chinesischen Gesandtschaft in London Sir A. Macartney die Vertreter der Presse benachrichtigt, daß die Bestrafung des Vize— Königs von Sz'Tschwan bereits vor Uebermittelung des englischen Ultimatums erfolgt sei. ⸗
Afrika.
Ein Brief des Korrespondenten der „Agence Havas“ aus Majunga vom 13. September beziffert die Zahl der Todten bei dem Expeditionskorps auf ungefähr 2000, unter denen sich 1100 Europäer befänden. Die Zahl der Kranken, die sich in den Hospitälern aufgehalten hätten, könne sich auf 7000 be— laufen, von denen der größere Theil indessen im stande sein dürfte, wieder zu seinem Trappentheil zu stoßen.
erhalten
Nr. 40 der Veröffentlichungen des Kaiserlichen Ge⸗ sun Lheit sam ts, vom 2. Oktober, hat. folgenden Inhalt: Ge— sundheitsstand und Gang der Volkskrankbeiten. — J Maß⸗ regeln gegen Cholera 2c. — Desgl. gegen Pest. — Gese gebung u. s. w. 89 Ausländische Ziegelarbeiter. — Apothekergehilfen. — (Reg Bez. Schleswig) Bierdrugvorrichtungen. — Bayern.) Bau⸗ ordnung für München. (Fortsetzung) — GBraunschweig.) Hebeammen. — Oesterreich; Tabackerxtralt — ESchweiz. Kanton Genf.) Epidemien. — (Türkei.) Verhütung ansteckender Krankheiten. — Gang Ler Thierseuchen in Frankreich, 2. Vierteljahr. — Zeitweilige Maßregeln gegen Thierseuchen. (Preuß. Regierungsbezirk Schleswig, Lübeck, Italien, Schweiz — Verhand⸗ lungen von gesetzgebenden Körperschaften. (Württemberg.) Feuer⸗ bestattung. — Wochentabelle über die Sterbefälle in deutschen Orten mit 40 000 und mehr Einwohnern. — Desgl. in größeren Städten des Auslandes. — Erkrankungen in Krankenhäusern deutscher Groß⸗ städte. — Desgl. in deutschen Stadt und Landbezirken. — Witterung.
Nr. 48 des Eisenbahn Verordnungs- Blatts, heraus⸗ gegeben im Königlichen Ministerium der öffentlichen Arbeiten, vom 28. September 18965, hat folgenden Inhalt: Erlasse des Ministers der öffentlichen Arbeiten: vom 20. September 1895, betr. Erhebung von Lagergeld; vom 21. September 1895, betr. Behandlung der Wagen der Weimar ⸗Geraer, Saal⸗ und Werra⸗Eisenbahn nach deren Ver—⸗ staatlichung; vom 22. September 1895, betr. Anwärter für Werk⸗ stättenvorsteherstellen; vom 23. September 1895, betr. Freifahrt ordnung; vom 24. September 1895, betr. Berechtigung der Forst⸗ schutzdkeamten zum Betreten der Bahnanlagen; vom 25. September 1895, betr. Beförderungsbedingungen für flüssiges Acetylen; vom 25. September 1895, betr. Ergänzung der Militär- Eisenbahnordnung; vom 25. September 1895, betr. Berichtigung des 5 54 der Vorschriften über die Prüfung im Baufach. — Nachrichten.
Entscheidungen des Reichsgerichts.
Der Redakteur einer Zeitung handelt, nach einem Urtbeil des Reichsgerichts, IV. Strafsenats, vom 22. März 1895, ebensowenig wie irgend ein anderer in der Wahrnehmung berechtigter Interessen (6 193 St. G.-B.), wenn er strafbare Handlungen oder sonstige Uebelstände, die nach seiner Meinung vorliegen, ihn selbst per⸗ sönlich aber nicht angehen, in einer die Ehre anderer verletzenden Weise öffentlich bespricht, und er ist, wenn die behauptete ehrverletzende Thatsache nicht erweislich wahr ist, wegen Beleidigung zu bestrafen. „Die Anzeige strafbarer Handlungen bei der Behörde behufs Aufklärung des Sachverhalts und Verfolgung des Schuldigen ist ein Recht jedes Staats bürgers. Dagegen ist es nicht ein Recht jedermanns und folglich auch nicht eines Redakteurs, vermeintlich straf⸗ bare Handlungen, für die kein Beweis erbracht werden kann, in öffent⸗ lichen Blättern anderen zur Last zu legen, dadurch ihren guten Namen zu verunglimpfen und sie aufdas bloße Gerede dritter Personen hin vor dem Publikum bloßzustellen. Ein berechtigtes Interesse, in solcher Weise vorzugehen, würde nur dann angenommen werden können, wenn der Einsender bezw. der Redakteur selbst durch die vermeintlich strafbare Handlung betroffen wäre, oder wenn durch sie wenigstens Personen, die ihm nahe stehen oder die er zu vertreten hat, berührt würden.“ (474 / 95.)
— Die Bestimmung des § 367 3. 3 des Strafgesetzbuchs: Mit Geldstrafe . . oder mit Haft .. wird bestraft, wer ohne polizeiliche Erlaubniß Gift oder Arzneien, soweit der Handel mit denselben nicht freigegeben ist, zubereitet, feilhält, verkauft oder sonst an andere überläßt“
findet, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, J. Strafsenats, vom 8. April 1395, auch auf Handlungsgehilfen eines Geschäͤfts— inhabers Anwendung, welche in dem Geschäftslokale Gifte oder nicht freigegebene Arzneien für Rechnung ihres Prinzipals verkaufen. „Mit einem gewissen Schein von Berechtigung könnte der Einwand erhoben werden, daß nicht der angeklagte Ge— werbsgehilfe, sondern der Inhaber des Drogengeschäfts der wirkliche Verkäufer gewesen sei, da jener nur als Beauftragter des Geschäftsinhabers dessen Verkaufswillen voll⸗ zog und für die zivilrechtlichen Wirkungen des Geschäfts, abgesehen von dem hier nicht mehr fraglichen Titel der Verschuldung, aus⸗ schließlich die Personen des Geschäftsinhabers und des Käufers in Betracht kommen. Für sie war der Angeklagte nur Mittelsperson. Allein dieses zivilrechtliche Verhältniß ist in den strafgesetzlichen Be⸗ stimmungen nicht berücksichtigt. Die polizeiliche Natur des Verbots des Verkaufs gewisser Arzneimittel außerhalb von Apotheken schließt jedes Ein⸗ gehen auf Unterscheidungen aus, die in der thatsächlichen Erscheinung nicht hervortreten. Nicht nur der gemeine Sprachgebrauch, fondern auch die Gesetzgebung bezeichnet die Handlungen der Gewerbsgehilfen, die sich unter den Formen des Verkaufs vollziehen, schlechtweg als Verkäufe (vgl. Art. 50 Handelsgesetzbuchs) und dieser Begriff des Verkaufens ist daher jedenfalls dann zu Grunde zu legen, wenn gerade solche Hand— lungen in Frage stehen.“ (966 / 935.)
— Der Anspruch auf Schadensersatz wegen der schädlichen Folgen einer zugefügten Körperverletzung wird, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, VI. Zivilsenats, vom 8. Juli 18965, dadurch nicht beseitigt, daß der Verletzte, welcher medizinssche Kenntnisse nicht be⸗ sitzt, aus Unkenntniß sich einer rechtzeitigen, geeigneten ärztlichen Behandlung nicht unterzogen hat. — Der Häusler G. hatte den Musikus Gr. mit einem Schnapsglase vorsätz⸗ lich auf die Stirn und in das linke Auge geschlagen, sodaß das Sehvermögen auf diesem Auge verloren ging. Später wurde das rechte Auge in Mitleidenschaft gezogen, und Gr. büßte auch das Sehvermögen auf diesem Auge ein. Wie festgestellt, ist dies ebenfalls eine Folge der Verletzung des linken Auges. Die vollständige Erblindung des Gr. hatte verhütet werden können, wenn derselbe sich drei bis vier Monate nach der Verletzung, oder sobald er eine Störung des Sehvermögens und eine größere Empfindlichkeit auf dem rechten Auge bemerkte, einer sachgemäßen Behandlung und dauernder Beaufsichtigung in einer Augenklinik oder entsprechenden Krankenanstalt unterzogen hätte, sodaß die ersten Anzeichen der sympathischen Augen= entzündung hätten beobachtet werden können. Gr. klagte gegen G. auf Schadensersatz wegen der durch vollständige Erblindung ein⸗ getretenen Verminderung seiner Erwerbsfähigkeit. Dieser Anspruch wurde in beiden Instanzen für begründet erachtet und die Revision des Beklagten wurde vom Reichsgericht zurückgewiesen, indem es be— gründend ausführte: „Dadurch, daß das Berufungsgericht hervorhebt, daß der Kläger medizinische Kenntnisse nicht besitzt, ist ausgesprochen, daß an denselben weitergehende Anforderungen in Bezug auf fein Verhalten bei der Verletzung seines Auges nicht gestellt werden konnten, als an einen gewöhnlichen Menschen. Daß der Kläger auch solchen Anforderungen nicht entsprochen habe, war in der Berufungsinstanz nicht geltend gemacht und bedurfte daher keiner be— sonderen Erörterung. ( 121/95.)
Entscheidungen des Ober⸗Verwaltungsgerichts.
Nach § 68 Absatz 2 des Landesverwaltungsgesetzes vom 30. Juli 1885 kann im Verwaltungsstreitverfahren das Gericht zur Aufklärung des Sachverhältnisses Tas persönliche Erfcheinen einer Partei anordnen. In Bezug auf diese Bestimmung hat das Ober Verwaltungegericht, IJ. Senat, durch Urtheil vom 8. Mai 1895 aus- gesprochen, daß einem Parteiantrage, der Verwaltungsrichter möge das persönliche Erscheinen der anderen Partei an— ordnen, dom Richter nicht entsprochen werden muß. Die gedachte Vorschrift ist keine zwingende, sondern sie statuiert nur eine in das pflichtmäßige freie Ermessen gestellte Befugniß des Gerichts. „In der Begründung der Novelle zum Ver⸗ waltungsgerichtsgesetz vom 2. August 1880, aus dem die Vorschrift
in das Landesverwaltungegesetz übergegangen ist, wird hervorgehoben, es werde kaum der Befürchtung Raum zu geben sein, daß die Ver⸗ waltungsgerichte von der ihnen durch Abf. 2 gewährten Befugniß einen rücksichtslosen, die Stellung der betreffenden Partei außer Acht laffenden Gebrauch zu machen geneigt sein sollten. ¶ II. 717.)
— Von mehreren Wohnsitzgemeinden sind, nach einem Urtheil des Ober⸗Verwaltungsgerichts, II. Senats, vom 8. Mai 18965, sowohl nach dem Kommunalabgabengesetz vom 27. Juli 1885 als auch nach dem am 1. April 1895 in Kraft getretenen Kommunal- abgabengesetz vom 14. Juli 1893 nur diejenigen zur Heranziebung des Zensiten zur Kommunaleinkommensteuer berechtigt, welche einen vor— jährigen Aufenthalt desselben von mindestens 3 Monaten in ihrer Gemeinde dem dies bestreitenden Zensiten gegenüber nachzu— weisen in der Lage sind. . Während in dem Falle, daß nur ö gemeinde vorhanden, der thatsachliche Aufenthalt daselbst ohne Belang ist, verschafft im Konkurrenzfall erst der, vorjährige dreimonatige Auf- enthalt ein Steuerrecht. Dreimonatiger Aufenthalt während des Steuerjahres gewährt die Steuerberechtigung auch ohne Wohnsitz, dreimonatiger Aufenthalt im Vorjahre dagegen giebt der Domizil⸗ gemeinde die Steuerberechtigung auch ohne Aufenthalt im Steuer- jahre. Ist hun der dreimonatige Aufenthalt im Vorjahre eine noth⸗ wendige Vorgussetzung der Steuerberechtigung im Konkurrenzfall, so erhebt die Klägerin damit, daß sie einen solchen Thatbestand nicht einräumt, keineßwegs etwa eine „exceptio“, sondern sie verhält sich lediglich bestreitend. (II 717.)
Statistik und Volkswirthschaft.
Zur Arbeiterbewegung.
Das sozialdemekratische Zentralblatt Vorwärts“ peröffentlicht in seiner heutigen Nummer den für den diesjährigen Parteitag in Breslau bestimmten Bericht des Vorstands der soztal“ demokratischen Partei. Der Bericht erwähnt die Beendigung des von den Dresdener Sozialdemokraten gegen die Waldschlößchen— Brauerei gerichteten und des großen Berliner Bier⸗Boykotts. Als⸗ dann wird bemerkt, daß die Agitation für die Arbeiterinnen—⸗ bewegung großen Sch vierigkeiten begegne, sich darum aber nicht weniger rege entfaltet habe. Die Agitation unter den See— leuten habe durch die Herausgabe einer Broschüre wesentliche Förde rung erfahren. Der Bericht handelt dann eingehender von der sozial— demokratischen Agitation, während über die Maifeier nur kurz berichtet wird. Der Stand der Parteipresse ist im abgelaufenen Jahre fast unverändert geblieben. Es erschienen im Jahre 1895 76 politische (sozialdemokratische) Blätter gegen 74 im Jahre 1894 und 53 Ge— werkschaftsblätter, wie im Vorjahre.
Aus Bochum wird der Berliner Volks Ztg.‘ geschrieben: Der ssozialdemokratische) deutsche Berg⸗ und Hüttenarbeiter⸗Verband geht immer mehr seiner Auflösung entgegen. Schon ist der Vorstand ge— zwungen, mehrere Zahlstellen wegen zu starker Abnahme seiner Mitglieder zu einer zu verschmelzen. Selbst an der Ruhr, wo der Verband am stärksten vertreten war, hat man zu dieser Mahregel schreiten müssen. Die Zahlung der monatlichen Beiträge geschieht sehr unregelmäßig oder garnicht mebr. Auch die einzelnen Reviere in Sachsen und Schlesien, welche früher sehr hohe Beiträge leisteten, sieht man bei den monatlichen Abrechnungen nur noch mit sehr geringen Summen verzeichnet.
Hier in Berlin wurde in einer am Dienstag abgehaltenen Ver— sammlung der Schneider und Konfektionsarbeiter eine Ent— schließung angenommen, wonach, wie die Blätter melden, mit allen Mitteln auf die Einrichtung von Betriebswerkstätten hingearbeitet werden soll.
Bauten.
In dem Wettbewerb um den Entwurf eines Rath—⸗ hauses für die Stadt Jauer i. Schl. haben die Preisrichter den ersten Preis von 1000 S dem Baumeister Hermann Guth in Char— lottenburg zuerkannt. Den zweiten Preis (750 S6) erhielt der Architekt Gustav Schmidt in Breslau, den dritten (500 S) der Architekt Franz Thyriot in Berlin. Zwei Entwürfe — Rother Stern im Kreise' und, Gewappnet“ — wurden zum Ankauf empfohlen.
Land⸗ und Forstwirthschaft.
Ernteergebnisse 1895 in Frankreich. Den in dem „Journal offieiel“ veröffentlichten Schätzungen über das diesjährige Ernteergebniß Frankreichs entnehmen wir folgende Zusammenstellung:
Anbaufläche hl
Ilg 508 361
Ergebniß in Mtr. ⸗Itr.
92091739 93 671 456
,,, . 1895 t 1894 122 469 207
Mischkorn (Weizen mit Roggen ge⸗ 1895 5860 792
1894 265 3465 1895 1539 606 1894 1 555 723 1895 917 985 1894 S90 314
4443 631 29 24 988 879 18093 52 26 406 900 19032229 17969778 11496880 1704408 10838 526 1895 3 920 561 95 h 79 406 44 807 320 1894 3881 399 l 878 734 42724 304 Hiernach hat die Ernte ein besseres Ergebniß geliefert, als im Beginn unter dem Einfluß des ungünstigen Wetters erwartet werden konnte. Besonders gut ist die Ernte in den am meisten Getreide — insbesondere Weizen, Hafer und Gerste — bauenden nördlichen Gou— vernements ausgefallen.
Ernteergebniß in Schweden. Die diesjährige Ernte Schwedens hat im allgemeinen die auf sie n. Hoffnungen erfüllt. In Roggen und Weizen ist ein mittleres rgebniß erzielt worden, während Sommerkorn ein solches über mittel, stellenweise sogar ein gutes geliefert hat.
Ernteergebniß 1895 in der Provinz Manitoba (Canada).
Ueber die Anbauflächen und das Ergebniß der hauptsächlichsten Getreidearten in der Propinz Manitoba erhalten wir folgende Zahlen: Anbauflächen Ergebniß
in Acker in Bushel 1040500 29 140 000 154 800 5507 000 483 000 21 887 000
Weizen. Gerste Hafer
Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.
Cholera.
Oesterreich- Ungarn. In der Sadt Tarnopol wurden, dem -Oest. San. W. zufolge, vom 16. bis 23. September 12 Erkran- kungen (und 4 Todesfälle) sestgestellt, in 3 Ortschaften des Bezirks Tarnopol dom 17. bis 22. September 10 (7 und in Panasöwka (Bezirk Skalat) am 13. September 1 (I). Insgesammt kamen seit dem 23. August in Galizien 76 Erkrankungen mit 45 Todesfällen zur Anmeldung.
Frankreich. In Paris kamen, wie das „Bull. hebd. de stat. mun,“ meldet, vom 15. bis 21. September in 4 Stadtvierteln zusammen 6 Erkrankungen an vaffections cholériformes“ zur Anzeige.
Rußland. Dem Medizinal Departement wurden bis zum 14. September folgen de Erkrankungen (und Todesfälle) gemeldet: in
dem Goupernement Wolhynien vom 18. bis 24. August 2497 (944), vom 25. bis 31. August in den Kreisen Ostrog, Kremenez, Saslaw, Starokonstantinow, Nowogrodwolynsk, Dubno, Rowno, Luzk, Schi⸗ tomir, Kowel 3352 (199), in dem Gouvernement Pod olien vom 21. bis 24. August 34 Q), vom 25. bis 31. August 67 (250).
Türkei. In 4 Ortschaften des Vilajets Hudavendkjar wurden vom 1. bis 14. September zusammen 1899 Erkrankungen (135 Todesfälle) festgestellt, davon 37 (30) in Brussa, 160 (109 in Cdindiik, ferner in 3 Ortschaften des Vilajets Aleppo vom 1. bis 13. September 15 (8), in 3 Ortschaften des Vilgjets Diarbekir vom J. bis 19. September 38 (33), in Adal ig (Vilajet Konia) vom 28. August bis 9. September 8 (6), in Mossul vom 11. bis 14. September 12 (5). — In der Medresss Papazoglu zu Konstantinopel wurde am 6. September bei einem Softa, welcher am Tage zu9or aus Edindjik zugereist war und in dem Lazareth von Tutla fünf Tage Quarantäne durchgemacht hatte, Cholera festgestellt. Vom 8 bis 17. September kamen dann noch 15 Erkrankungen mit 8 Todesfällen in zwei Straßen des Quartiers von Balat zur . In Pera starb am 6. dess. M. die Oberin des Jeremia—⸗
ospitals.
Ostindien. Kalkutta. Vom 11. bis 17. August, starben 8 Personen an Cholera, 3 an Pocken und 141 an Fiebern, hl bis 24. August S an Cholera, 1 an Pocken und 1665 an
ebern.
Ching. Einer Mittheilung vom 16. August zufolge sind in Shanghai seit Ende Juli unter der Fremdenbevölkerung, soweit festgestellt, gegen 20 Erkrankungen mit 5 Todesfällen vorgekommen. Die Zahl der Krankheitsfälle unter den Eingeborenen entzieht sich der Schätzung, ist aber jedenfalls bedeutend. In der letzten Zeit scheint die Seuche im Abnehmen begriffen zu sein.
Marekko. Nach Mittheilungen vom 16, und 18. September wurden in Tanger vom 7. bis 18. dess. M. insgesammt 982 Neu⸗ erkrankungen und 93 Todesfälle festgestellt. Unter der europäischen Bevölkerung waren bis dahin nur vereinzelte Krankheitsfälle auf— etreten.
; Hawaii. Eine Drahtnachricht vom 13. September meldet den Ausbruch der Krankheit in Honolulu. Gelbfieber.
Die Krankheit ist nach den „Abstr. of sanit. rep.“ in Rio de Janeiro im allmählichen Erlöschen begriffen; ess wurden daselbst vom 21. bis 27. Juli 12, vom 28. Juli bis 3. August 6 Todesfälle festgestellt, ferner in Santos vom 28. Juli bis 3. August 1, in Vera Cruz vom 16. bis 22. August 10.
Trichinose.
Während des Sommers d. J. trat in der Umgegend von Kelbra (Regierungsbezirk Merseburg), insbesondere in dem Dorfe Altendorf eine Epidemie auf, deren Natur und Ursache zunächst unaufgeklärt blieb. Im Ganzen erkrankten 242 Personen, von denen eine am 3. August starb. Bei der Untersuchung der Leiche wurden zahlreiche Trichinen, gefunden. Hiernach und auf Grund. der sonstigen. Ermittlungen, ist anzunehmen, daß es sich bei den erwähnten Massenerkrankungen um Trichinose handelte, die wahrscheinlich auf den Genuß rohen Schweine⸗ fleisches bei Gelegenheit eines am 16. Juni in Altendorf stattgehabten Sängerfestes zurückzuführen ist. Die Epidemie, welche in der Zeit vom 13. bis 16. Juli ihren Höhepunkt erreichte, ist gegenwärtig
erloschen. ; Verschiedene Erkrankungen.
Pocken. London 2 Todesfälle; London 23 Krankenhäuser), Paris 3, St. Petersburg 6 Erkrankungen; Genickstarre: New Vork 5 Todesfälle; Tollwuth: Rom 1 Tedesfall; Milzbrand: Wien 1 Todesfall. — Mehr als ein Zehntel aller Gestorbenen starb an Scharlach (Durchschnitt aller deutschen Berichtsorte 1881/90: L39009: in Posen — Erkrankungen wurden gemeldet in Berlin 119, Breslau 74, im Regierungsbezirk Posen 151, in Edinburg 76, London 344 (Krankenhäuser), Paris 31, St. Petersburg 54, Wien 68 — an Diphtherie und Croup (1881,90: 4,49 ooh: in Brandenburg, Bromberg, Halle, Posen — Er— krankungen kamen vor in Berlin 124, Hamburg 36, Budapest 39, Kopenhagen 37, London 114 (Krankenhäuser), Paris 47, St. Peters⸗ burg 49, Wien 60 — desgl., an Masern im Regierungsbezirk Düsseldorf 123, in Wien 39 — desgl. an Unterleibstyphus in Paris 34, St. Petersburg 150.
Handel und Gewerbe.
Bei den Abrech nungs stellen der Reichsbank wurden im Monat September 1721 423 800 S abgerechnet gegen L631 036100 6 im August d. J., 1491 409 800 S im September 1894, 1 453 108 200 6 im September 1893, 1260 619 200 M im September 1892 und 1 387 099 400 Mt im September 1891.
Die Wochenübersicht der Reichsbank vom 30. September weist einen gesammten Kassenbestand nach von 943 276 0090 „, d. i. der Vorwoche gegenüber weniger 67 421 000 A6; der Metallbestand allein hat um 62 654 000 S abgenommen. Der Bestand an Wechseln zeigt mit 732 523 000 ƽ eine Zunahme um 129 893 000 „ und der Bestand an Lombardforderungen mit 149 899 9000 4 eine solche um 73 290 000½; diese beiden Anlagekonten haben sich also zusammen um 203 183 000 6 vermehrt. Auf passiver Seite zeigt der Betrag der umlaufenden Noten mit 1282764 000 Æ eine Zunahme um 202 941 000 M, während die sonstigen täglich fälligen Verbindlichkeiten sich um 59 817 000 S auf 442 538 000 M vermindert haben.
Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks
an der Ruhr und in Oberschlesien.
An der Ruhr sind am 2. d. M. gestellt 11 262, nicht recht. reitig gestellt keine Wagen.
In Oberschlesien sind am 1. d. M. gestellt 4680, nicht recht⸗ zeitig geftellt keine Wagen.
Ausweis über den Verkehr auf dem Berliner Schlachtviehmarkt vom 2. Oktober 1895. Auftrieb und Markt⸗ preise nach Schlachtgewicht mit Ausnahme der Schweine, welche nach Lebendgewicht gehandelt werden. Rinder. Auftrieb 541 Stück. (Durchschnittspreis für 100 kg.) J. Qualität — M, II. Qualität , III. Qualität 0 - ioo p, IV. Qualität 80-85 M6 -= Schweine. Auftrieb 9072 Stück. (Durchschnittspreis für 100 kg.) Mecklenburger 956 — 98 M, Landschweine: a. gute 92 — 94 6, b. geringere 84—– 90 M, Galizier ——— , leichte Ungarn — — , bei 20 5/9 Tara, Bakonyer —— JS bei — kg Tara pro Stück. — Kälber. Auftrieb 1181 Stück. (Durchschnittspreis für 1 Kg.) I. Qualität 124 — 1,30 S, II. Qualitãt 1,18— 122 MS, III. Gialitat l, 10 — 1,16 M — Schafe. Auftrieb 923 Stück. (Durchschnittspreis für 1g.) I.. Qualität 1,04 - 1,26 Æτι, II. Qualität o, 92 — 1,00 , III. Qualitãt —, —
— In der Bankenstatistik, die der ‚Deutsche Oekonomist“ zu veröffentlichen pflegt, bilden die Hypothekenbanken eine besondere Abtheilung. Im Jahre 1894 bestanden danach 33 Hypotheken banken mit 413,08 Millionen Mark Aktienkapital und 99,5 Millionen Reserven. Die ausstehenden Darlehen dieser Banken erreichten Ende 1894 die Summe von 4693,6 Millionen, und auf Grund dieser hypothekarischen Eintragungen befanden sich Pfandbriefe in Höhe von 4456, 8 Millionen in Umlauf. Der Zuwachs der Darlehen wie an Pfandbriefen war 1894 besonders hoch: 461,1 bezw. 489,7 Millionen Mark; da nur geringe Beträge ausländischer Papiere an den Markt gelangten, so wandte sich das Kapital in stärkerem Maße den Hypotheken- pfandbriefen zu. Die sämmtlichen Banken besaßen nur für 12,1 Millionen Immobilien, welche zur Sicherung der Forderungen in Subhastationen übernommen werden mußten; das ist nur etwa Foo ꝝͤder Darlehenssumme. Die Rentabilität dieser Banken ist eine . gleichmäßige. Die Vividende betrug im Durchschnitt 7.94 oo gegen 7,68 , für 1893. Seit 1884 hat sie sich langsam von 6.76 0/o
ehoben. Bei den Banken gemischten Spstems sind darin die ere, der anderen Geschäfte enthalten. Der Bruttoüberschuß aus dem Hypothekengeschäft hat im Gesammtdurchschnitt in den beiden letzten Jahren O, 49 , betragen. Davon müssen die Unkosten bestritten und die Verluste getragen werden, und was dann übrig bleibt, ist Gewinn. Derselbe deckt nur einen kleineren Theil der Dividende. Die eigenen Mittel der Banten (Aktienkapital und Reserven) bringen jedenfalls 4 bis 49 0iο Verzin⸗ sung; auf das Aktienkapital allein berechnet, 3 sich hieraus — da die Reserven bereits 24 0 des Altienkapitals betragen — eine Divi⸗ dende von 5 bis 53 oo; nur die Mehrdividende entspricht dem Pfand brief ⸗Darlehnsgeschäft. Für das Jahr 1894 kommt aber noch ein anderer Umstand in Betracht., der die Gewinnresultate erheblich beeinflußt hat: das hohe Agio der Pfandbriefe.
— Einer Mittheilung der . Köln. Volsztg. zufolge setzten die in Duisburg versammelten Vertreter der Trägerwalzwerke der Saar, von Rheinland und Westfalen und des Peiner Walzwerks für Träger den Mindestpreis auf 90 M pro Tonne fest, Grundpreis Frachtbasis Oberhausen.
— Ein Konsortium, bestehend aus der Berliner Handelsgesell⸗
schaft, der Dresdner Bank, dem Bankhause Meyer Cohn und der
Restocker Bank in Rostock, hat mit dem Mecklenburgischen Ritterschaftlichen Kreditverein einen Vertrag wegen Kon˖ vertierung der gegenwärtig im Umlauf befindlichen etwa 33 Millionen Mark 39 M Pfandbriefe dieses Vereins auf 309i abgeschlossen.
— Wie der „Hamb. Corr.“ erfährt, ist gestern ein Vertrag zwischen der Ballien'schen Rhederei und der Schiffswerft Blohm C Voß zu stande gekommen, demzufolge die Werft mit dem Bau eines Salondampfers für Helgoland⸗Fahrten betraut worden ist. Das Schiff soll in Größe und Geschwindigkeit der „Cobra“ ungefähr gleich gehalten werden und die Lieferung am 11. Mai 1896
erfolgen.
Breslau, 2. Otftober (W. T. B.) Getreide ⸗ und
Produktenmar kt. Spiritus pr. 100 1 100 0½ exkl. 50 AM Ver⸗ brauchsabgabe pr. Oktober 52,0, do. do. 70 S0 Verbrauchsabgabe pr. . 32, 90, do. do. Rüböl pr. Oktober 43,00, pr. Mai 43,50. Zink —. Magdeburg, 2. Oktober. (W. T. B.) Zuckerbericht. Kornzucker exkl., von 92 ½ — — neue 11,15 — 11,35. Kornzucker exkl. 838 Rendement — — neue 1060 — 10859. Nachprodukte exkl., 75 o Rendem. 7,50 —8,30 Fest. Brotraffinade 1 23,00. Brot- raffinade 11 22,5. Gem Raffingde mit Faß 23,20. Gem. Melis 1 mit Faß 22,50 — 22,75. Stetig. Robzucker J. Produkt Transito f. a. B. Hamburg pr. Oktober 10,55 bez, 10,679 Br., pr. November. Dezember 10,R774 bez.. 10,823 Br., pr. Januar⸗März 11,02 bez., 11,05 Br., pr. April⸗Mai 11,175 Gd., 11,20 Br. Ruhig.
Verdingungen im Auslande.
Rumänien. 25. Oktober. Ministerium für öffentliche Arbeiten, Bu karesst: Schutzwehr⸗ und Ausbesserungsarbeiten des Brückenkopfs über den luß Uzu auf der Eisenbahnstrecke Tirgul—cna Moinesti sowie rdarbeiten in der Station Darmanesti. Kostenvoranschlag 346 000 Fr. Näheres an Ort und Stelle zehn Tage vor dem Lizitationstermin.
Verkehrs⸗Anstalten.
Bremen, 3. Oktober. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Postdampfer Wittekind“ hat am 1. Oktober Vormittags die Reise von Villa Garcia nach dem La Plata fortgesetzt. Der Postdampfer ‚Croft' ist am 360. September von Buenos Aires nach der Weser abgegangen. Der Postdampfer Neckar ist am 2. Oktober Morgens auf der Weser angekommen. Der Reiche— , . Prinz⸗Regent Luitpold“ hat am 1. Oktober Vachmitkags die Reise von Genua nach Southampton fortgesetzt. Der ReichsPostdampfer „Sach s en“ ist am 2. Oktober Vormittags in Colombo angekommen.
London, 2. Oktober. (W. T. B.) Der Castle⸗ Dampfer Venice“ ist am Sonntag auf der Ausreise in Durban (Ratah angekommen.
Genua, 3. Oktober. (W. T. B.) Heute Vormittag erfolgte die Betriebseröffnung zweier weiteren Linien (via Roma und Circonvallazione) der von der Allgemeinen Elektrizitäts⸗Gesellschaft ausgeführten elektrischen Tram bahn mit oberirdischer Strom⸗ zuführung.
Theater und Mufik.
Königliche Oper (Kroll's Theater.
Von den beiden für gestern Abend angekündigten Novitäten ge— langte nur die neue Oper zur Erstaufführung, während das Ballet wegen Erkrankung des Fräuleins Dell'Era in letzter Stunde abgesagt werden mußte. Ein treuer Schelm“, lyrisch⸗komische Oper in 2 Akten von Apel Delmar, Musik von Ferdinand Hummel, behandelt einen Stoff, der gewiß eine hübsche Operette ab- gegeben hätte, hingegen der ernsteren Arbeit des Opernkomponisten erhebliche Schwierigkeiten bereitet haben muß. Das Libretto handelt von den Vorgängen bei einem Schäferspiel am Hofe August's des Starken von Polen im Jahre 1718. Ila von Radowist, die Nichte des Kanzlers Beichling, liebt ihren Jugendgespielen, den Grafen Lusi. Der glücklichen Ver— einigung des Paars droht von seiten des Königs Gefahr, der die schöne Ila für sich begehrt — ein Umstand, der auch die Eifersucht der dem König zugethanen Gräfin Kosel erweckt. Ein seltsamer Mummenschanz wird angezettelt, um die Dinge zu einem glücklichen Ende zu führen. Der Leibnarr des Königs verkleidet sich als exotische Gräfin Galizin, die auf der Reise die Gastfreundschaft des Hofes in Anspruch nimmt und bei dieser Gelegenheit den König, den Kanzler und die übrigen Herren durch eine besonderß präparierte Prise Taback in Niesanfälle versetzt, die eine vorübergehende Erkrankung berbeiführen. Die so ge— wonnene Zeit wird zur Kopulierung des liebenden Paares verwerthet. Die Musit zu diesen Vorgängen enthält mehrere reizvolle Nummern, so einen Pagenchor und ein Quartett im ersten Akt, eine zierliche Polonaise und die Niesseene. Der zweite Akt bringt ein hübsches Liebesduett zwischen Ila und Lusi. Die Aufführung verhalf dem Werke zu einem freundlichen Erfolg. Für den Narren — eine Partie, die an anderen Bühnen wohl schwer angemessen zu besetzen wäre — hat die Königliche Oper in Herrn Lieban, dem es in Koloratur und Falsettgesang kaum ein anderer nachthut, einen ausgezeichneten Vertreter. Er konnte, als Gräfin Galizin verkleidet, diese Kunst sowie seine Komik voll entfalten. Herr Sommer (König), Fräulein Rothauser (Gräfin Kosel), Fräulein Weitz (Ila) und Herr Krolop (Beichling) erfreuten durch den Wohlklang ihrer Stimmen, namentlich in dem Quartett. Herr Philipp (Lusy sang die lyrischen Stellen im zweiten Akt mit schöner Stimme. Fräulein, Dietrich führte einen Chor von übermüthigen Pagen an. Dr. Muck leitete die Oper mit gewohnter Umsicht. Der Komponist durfte vor dem Vorhang den Beifall der Anwesenden entgegennehmen.
Konzerte.
Der Baritonist Herr Dr. Ludwig Wüllner aus Meiningen ließ sich am Mittwoch im Saal Reh ten in einer Anzahl von 27. Liedern hören, unter denen auf Brahms allein 14 Lieder entfielen. Die Stimme, die einen Umfang von ungefähr anderthalb Oktaven besitzt, ist gut geschult, die Intonation ist zuverlässig, die Aussprache von anerkennengwerther Deutlichkeit und das Piano einschmeichelnd. In der Vortragsweise liebt der Sänger die auffallenden Gegensätze, die in manchen Liedern nicht angebracht erschienen und wohl von seiner Bähnenthätigkeit herrühren. Außer den Liedern von Brahms nannte das Programm nur noch die Namen Beethoven und Schubert, von denen einige kleine, aber gut gewählte Nummern zu Gehör kamen. Das zahlreich erschienene Publikum spendete lebhaft Beifall.