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370.
Was das Ausbleiben des gf. bei der Hauytverhandlung
tzor dem Berufungsgericht betrifft, so ist zu unterscheiden, ob die Be⸗
r ihm selbst oder ob dieselbe von der Staat?anwaltschaft gelegt ist.
Im ersteren Falle ist nach dem 2 geltenden Gesetz, falls das Ausbleiben nicht genügend entschuldigt ist, die Berufung sofort zu ver werfen. Diese Vorschrift beruht auf der Annabme, daß der im Termine zur Hauptverhandlung nicht erschienene Angeklagte das von ihm eingelegte Rechtsmittel e, habe, und wird daher durch die erweiterte Zulassung des Kontumazialverfahrens, wie solche vom Entwurf vorgeseben ist, an sich nicht berührt. Auch liegt es im Interesse der Rechtspflege, die Vorschrift er, . als Regel festzuhalten, da sie einen wirksamen Schutz gegen mißbräuchliche Anwendung des Rechtsmittels gewährt. Eine Einschränkung ist jedoch zu treffen mit Rücksicht auf Fiej nigen Angeklagten, deren Erscheinen wegen großer Entfernung ihres Aufenthaltsortes besonders erschwert ist oder welche 19. nicht auf freiem Fuße befinden. Hier soll das Gericht auf Antrag
betreffenden Personen beschließen können, daß in ihrer Abwesenheit über die von ihnen eingelegte Berufung zu verhandeln sei (Absatź ). Soweit es sich um Angeklagte handelt, deren Erscheinen wegen großer Entfernüng ihres Aufenthaltsortes besonders erschwert ist, erscheint diese Bestimmung als eine felgerichtige und nothwendige Entwickelung des dem §z 2532 des Entwurfs zu Grunde liegenden Gedankens. Ihre Erstreckung auf Personen, die sich nicht auf freiem Fuße befinden, empfiehlt sich aus Zweckmäßigkeitsgründen.
Anlangend die von der Stgatzanwaltschaft eingelegte Berufung, 6 konnte sich der Entwurf im Absatz 2 der Hauptsache nach auf die
orschrift beschränken, daß bei nicht genügend entichuldigtem Aus⸗ bleiben des Angeklagten über dieselbe zu verhandeln sei. Des weiteren finden, wie sich aus 5 373 der Strafprozeßordnung ergiebt, die im sechsten Abschnitte des zweiten Buchs über die Hauptverhandlung ge—⸗ ebenen Vorschriften auch hier Anwendung. Nach Maßgabe dieser
orschriften wird das Gericht darüber zu befinden haben, ob in Ab⸗ wesenheit des Angeklagten die Hauptverhandlung durchjufübren oder ob die Vorführung des Angeklagten beziehungsweise dessen Verhaftung anzuordnen ist. gu übrigen ist am Schlusse des zweiten Aksatzes nur noch vorgesehen, daß dem unentschuldigten Auebleiben der Fall ,. wenn der Angeklagte, welcher sich nicht auf freiem Fuße efindet, auf die Vorführung zur Hauptverhandlung ausdrücklich ver- . bat. Diese Hervorhebung war nothwendig, weil sonst die Zu⸗ rr eines Kontumazialverfahrens in Zweifel gezogen werden önnte.
Der Absatz 3 entspricht dem Absatz?2 des bisherigen 5 370. Die neu hinzugefügte Bestimmung, nach welcher die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht beansprucht werden kann, wenn der An⸗
eklagte felbst die Verhandlung in seiner Abwesenheit beantragt hatte,
erg keiner besondeten Begründung. Als ein Antrag in diesem Sinne ist es auch anzusehen, wenn der Angeklagte, welcher sich nicht auf freiem Fuße benndet, auf die Vorführung zur Hauptverhandlung ausdrücklich verzichtet hat (ju e ng. 97).
Die Einführung der Berufung gegen die Urtheile der Straf⸗ kammern in erster Instanz hat zur Folge, daß für das Rechtsmittel der Revision an Stelle dieser Urtheile die Urtheile der Ober⸗Landes⸗
erichte in der Berufungsinstanz treten. Dem entspricht die vorge⸗ lagene Fassung des 5 374. 6 S 380.
Nach der bisherigen Fassung des 5 350 kann die Revision gegen Urtheile der Landgerichte in der Berufungsinstanz auf die Verletzung von Rechtsnormen über das Verfahren — die Verletzung der Vor⸗ schrift des 5 398 der Strafprozeßerdnung ausgenommen — nicht gestützt werden. Hiermit ist den Betheiligten die Möglichkeit entzogen, Ver⸗ 66 gegen die Vorschriften des Prozeßrechts, welche in einem solchen
erufungsverfahren stattfinden, selbst wenn dadurch an sich eine Nichtig⸗ keit des Urtheils im Sinne des 5 377 der Strasprozeßordnung be⸗ gründet wäre, vor den höheren Richter zu bringen. Der Umstand, daß der Revisionsrichter insoweit außer stande ist, auf die Beob⸗ achtung der gesetzlichen Vorschriften hinzuwirken, hat aber weiter die unerwünschte Folge gehabt, bei den einjelnen Landgerichten ein ver⸗ schiedenes und nicht überall den Grundsaͤtzen der Strafprozeßordnung entsprechendes Verfahren in der Berufungsinstanz herauszubilden. Schon längst herrscht über die Unangemessenheit der Bestimmung all—⸗ gemeines Lin r nn so 33 6 Beseitigung angezeigt erscheint.
Nr. 5.
Die Nothwendigkeit der hier vorgeschlag nen Einschränkung des Wiederaufnahmeverfahrens ist schon in der allgemeinen Begründung (Nr. 2) dargelegt. . . — .
Soweit bisher die Berufung zugelassen war, nämlich gegen die Urtheile der Schöffengerichte, war die Wiederaufnahme des Verfahrens auf Grund neuer Thatsachen oder Beweismittel nur mit der Be schränkung auf solche Thatsachen oder Beweismittel gestattet, welche der Verurtheilte in dem früheren Verfahren, einschließlich der Be⸗ rufungsinstanz, nicht gekannt hatte oder doch ohne Verschulden nicht hatte geltend machen können. . . . f
Diese Beschränkung soll in Zukunft wegfallen, da die Wiederauf⸗ nahme des Verfahrens auf Grund des abgeänderten 5 399 Nr. 5 nur noch von nachweislich Unschuldigen erlangt werden kann und daher für mißbräuchliche Ausnutzung des Wiederaufnahmeverfahrens Raum nicht mehr übrig sein wird. Einem wirklich Unschuldigen muß aber die Anfechtung . Verurtheilung auch dann gestattet sein, wenn ihn eine Versäumniß in der Benutzung seiner Vertheidigungsmittel trifft. Dieser Grundsatz gilt auch, wenn es sich nicht um die Un— schuld hinsichtlich der ganzen That, sondern nur um diejenige hinsichtlich eines erschwerenden Unstandes handelt. Die bezeichnete Einschränkung in Ansehung der schöffengerichtlichen Sachen ist daher in Wegfall
gebracht. § 409 Absatz 2. . .
Die im § 409 vorgesehene Beweisaufnahme bildet die Grundlage ür den vom Gericht nach 5 410 über die Wiederaufnahme des Ver⸗ ahrens zu . Beschluß. In diesem liegt der Schwerpunkt des
ganzen Verfahrens. Hat das Gericht einmal in Gemäßbheit des s 410 ö 2 die Wiederaufnahme beschlossen, so ist der Antragsteller gegen das Urtheil restituiert und letzteres thatsächlich beseitigt. Das erkennende Gericht ist an den Beschluß gebunden und nicht befugt, die Zulässigkeit der Wiederaufnahme von neuem einer Prüfung zu unterziehen.
Mit Rücksicht auf die hiernach der Beweisaufnahme des 5 409 zukommende Bedeutung muß das Verfahren so gestaltet werden, daß dasselbe eine sichere Gewähr für die Ermittelung der Wahrheit bietet.
Die vorgeschlagene Abänderung ist auch vom Reichstag in dem von ihm 1886 bes e, Gesetzentwurf, betreffend die Abänderung und Ergänzung der Vorschriften der Strafprozeßordnung über die Wiederaufnahme des Verfahrens, vorgeschlagen werden. ;
Neben der Bestimmung, daß die Vernehmung der Zeugen, soweit die Beeidigung zulaͤssig ist, eidlich zu erfolgen hat, greifen selbstoer⸗ ständlich dle allgemeinen Vorschriften der 8; 56a und 57 Platz, wo— nach unter den dort bezeichneten Voraussetzungen die Beeldigung
unterbleiben darf. 410 Absatz 1.
Die Nummern 1 und 9 der bisherigen Bestimmung. Daß im Falle der Nummer 1 der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens auch dann zu verwerfen ist, wenn die darin aufgestellten Behauptungen zum theil sich als hinfällig ergeben, zum anderen Theil zwar Bestätigung finden, aber insoweit nicht mehr erheblich er⸗ cheinen, ergiebt sich aus den Bestimmungen des § 399 von selbst und raucht daher hier nicht noch besonders hervorgehoben zu werden.
darf nicht weiter ausgedehnt werden, als es infolge besonderer Um-
Instanz anhängig gewesen ist. Der Reichskasse wird sie zur Last
rechungen hrt. Die Beseitigung elnes ,
ch einen Widerspruch und
zu böchst bedenklichen auf Grund mündlicher d ohne mündliche Verhandlung enthält an si
stãnde unvermeidlich ist. Solche besonderen Umstände können nur in den — 361 des Absatzes 1 als vorliegend anerkannt werden.
st der Verurtheilte bereits orben, so bietet sich der Natur der Sache nach für eine Hauptverbandlung kein Raum mehr. D esem alle wird, wie es im Entwurf gescheben ift, der weitere Fall ange⸗ chlossen werden dürfen, wenn der Verurtheilte in Geisteskrankheit verfallen ist. Da der Geistezkranke verbandlungsunfähig ist, würde auch, wenn sich nachträglich seine Unschulo ergiebt, nach . des Absatzes 2 eine erneute Hauptverbandlung im Wiederaufnabme⸗ verfahren nicht stattfinden konnen. Seine Freisprechung würde also erst nach seinem Tode möglich sein. Um einer solchen Unbilligteit zu begegnen, ist die Ausnahme des Absatzes 1 auf diesen Fall ausgedebnt
worden. § 411 Absatz 4, § 4132. . Die in dem bisherigen Absatz 4 des § 411 enthaltene Vorschrift soll in Zukunft auf alle Fälle Anwendung finden, in denen im Wieder⸗ aufnahmeverfahren ein freisprechendes Urtheil ergeht. Das Recht, zu verlangen, daß die geschehene Anerkennung der Unschuld des Ver⸗ urtheilten öffentlich betannt gemacht werde, ist den Betheiligten ohne Röcksicht darauf zu gewähren, ob das freisprechende Urtheil nach vor⸗ gängiger Hauptverhandlung oder ohne eine solche erlassen ist. Wird die Vorschrift in der oben gedachten Weise verallgemeinert, so empfiehlt es sich, sie in einer besonderen als § 413 a einzuschaltenden Bestimmung dem Gesetze einzufügen. SS 413 bis 413 f. Daß es jetzt infolge der anderweiten Regelung des Wieder aufnahmeverfahrens für die Gesetzgebung ermöglicht ist, der Frage nach der Entschädigung der in jenem Verfahren Freigesprochenen näher zu treten, ist bereits in der allgemeinen Begründung (Nr. 2) dargelegt, so daß hier nur noch die Einzelheiten zu erörtern sind. § 413 b. Die Bestimmung bringt zum Ausdruck, daß der Anspruch auf Schadenzersatz nicht nur gesetzlich anzuerkennen, sondern auch als ein gerichtlich verfolgbares Recht zu gestalten sei. Bei der Abschätzung des Schadensersatzes soll nur derienige Schaden berücksichtigt werden, welcher dem Verurtheilten durch die erfolgte Strasvollstreckung er⸗ wachsen ist. Auf diesem Standpunkt standen anch die von dem Reichstag beschlossenen Gesetzentwürfe. *
Im Anschluß an die e . trifft die allgemeine Fassung der Bestimmung nicht nur die Fälle einer verbüßten Freiheitsstrafe sondern auch diejenigen Fälle, in denen auf Todesstrafe oder auf Geldsteafe erkannt worden war. ?.
Einer besonderen Vorschrift für die Fälle, daß die Wiederaufnahme gegenüber einer Gefammtstrafe zu theilweiser Freisprechung geführt bat und die nunmehr erkannte Strafe geringer ist als die bereits vollstreckte, wird es nicht bedürfen. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß diese Fälle durch die Vorschrift des ersten Absatzes mit umfaßt sind. Da nur derjenige Vermögensschaden ersetzt wird, welcher durch die Strafvollstreckung verursacht ist, so versteht es sich von selbst, daß in den Fällen, in welchen im Wiederaufnahmeverfahren auf eine gerln gere Freiheitestrafe erkannt wird, ein Schadensersatz nur insoweit beansprucht werden kann, als die neu erkannte Strafe hinter der vollstreckten Strafe zurũdhleibt. ; . . Voraussetzung des Anspruchs soll lediglich das freisprechende Urtheil sein. Dadurch wird eine Prüfung der mit der Entscheidung über den Anspruch befaßten Behörden über die Vorbedingungen der Ent⸗ schädigungspflicht für den gegebenen Fall erübrigt; die Thätigkeit der Behörden wird sich auf die Fenn eng ob die im 5 4130. bezeichneten Ausnahmefälle vorliegen, auf die Legitimationsfrage, sowie auf Er⸗ mittelung des Schadens und Feststellung der Entschädigungssumme zu beschrãnken haben. ö . Was den Kreis der Berechtigten anlangt, so ist außer dem Frei⸗ gesprochenen auch denjenigen Personen ein Entschädigungsanspruch bei⸗ gelegt, denen der Verurtheilte gesetzlich Unterhalt zu gewähren hatte, insoweit ihnen der Unterhalt durch die Strafvollstreckung entzogen worden ist. Diese Vorschrift entspricht der Billigkeit und findet ihre Rechtfertigung in dem allgemein anerkannten Grundsatze des bürger⸗ lichen Rechts, wonach der Unterhaltsanspruch für die Vergangenhent nicht geltend gemacht werden kann. Zufolge dieses Grundsatzes sind in dem bezeichneten Falle die unterhaltsberechtigten Personen nicht in der Lage, sich nachträglich an den Verurtheilten zu halten, selbst wenn derselbe die erforderlichen Mittel erlangt haben sollte. Der Verurtheilte kann daher seinerseits einen Anspruch auf Entschädigung aus diesem Gesichtẽpunkt überhaupt nicht geltend machen, und hiermit erledigt sich obne weiteres das Bedenken, daß der Ersatz wegen entzogenen Unter⸗ halts sowohl auf Grund von Absatz 1, wie auf Grund von Absatz 2, mithin doppelt, gefordert werden könnte.
K ; Von dem Grundsatze, daß jedem Freigesprochenen ein Anspruch auf Schadensersatz zustehen soll, ist nur eine Ausnahme gemacht. Der Anspruch soll ausgeschlossen sein, wenn die frühere Verurtheilung vom Angeklagten selbst vorsätzlich herbeigeführt oder durch grobe Fahrlässigkeit verschuldet war.
Es ist eine Thatfrage, die nach Lage des einzelnen Falles von dem zustãndigen Gericht zu entscheiden ist, ob eine solche Fahrlässigkeit in der nicht erfolgten Einlegung eines an sich gegebenen Rechtsmittels erblickt werden darf.
§ 4134.
Der Entwurf hat den Standpunkt eingengmmen, daß es sich hier um eine Verpflichtung handelt, die aus der Justizhoheit sich ergiebt. Die Entschädigung soll daher regelmäßig aus der Kasse desjenigen Bundesstaates gezahlt werden, vor dessen Gericht die Sache in erster
lin ö. das Reichsgericht in erster und letzter Instanz geur⸗ theilt hat. Wenn die Verurtheilung von einem mehreren Bundesstagten ge meinsamen Gericht erfolgte, so will der Entwurf selbstverständlich nicht auch die Entschädigung von Angehörigen anderer Staaten der Kasse desjenigen Bundesstaates aufbürden, in dessen Gebiet das ,, Gericht seinen Sitz hat. Es bleibt hier vielmehr die weitere Regelung der Uebereinkunft unter den betheiligten Staaten vorbehalten. . . . Keiner weiteten Begründung wird die Bestimmung bedürfen, daß bis zum Betrage der geleifteten Entschädigung diejenigen Ansprüche kraft Gesetzes an die Kasse übergehen sollen, welche dem unschuldig Bestraften gegen einen Dritten aus dessen rechtswidrigen, für die Ver⸗ urtheilung maßgebend gewesenen Handlungen zustehen. § 43e. . . Da die Aufgabe des erkennenden Gerichts sich im wesentlichen
auf die Ermittelung und Feststellung des Betrages der zu gewährenden Entschãdigung beschrãnkt, so liegt kein Grund vor, besondere Borschristen sber daz Befahren und die Jufländigteit der Gerichte zu geben. Der Entwurf beläßt es daher in diesen Beziehungen bei den allgemeinen Regeln, die sich aus der Anwendung der Zivilprozeßordnung und des Gerichts verfasfungsgesetzes ergeben, jedoch mit der Maßgabe, daß die Zu⸗ fandigkeit der Landgerichte ohne Räcksicht auf den Werth des Streitgegen ttandes eine ausschließliche sein soll. Die letztere Bestimmung empfiehlt
ch, um es zu ermöglichen, 8 in allen Fällen in letzter Instanz das Reichsgericht angegangen und so auf eine gleichmäßige Anwendung der geseßlichen Vorschriften hingewirkt werden kann. Die örtliche Zu⸗ ständigkeit der Landgerichte regelt sich nach 5 20 der Zivilprozeß⸗
Bei der einf Ge ftaltung des für die Stellung Antrages auf g. als Klageerhebung die Einführung 21 u gerãumiger Fristen.
L.
Wenn auch der Entschädigungsanspruch an erster Stelle ein ver⸗= möͤgengrechtliches Interesse befriedigen soll, so bezweckt derselbe doch zugleich eine persönliche Genugthuung für den zu Unrecht Bestraften. Piermit steht es im Ginklange, daß der Anspruch den Erben des im Wiederaufnahmeverfahren Freigewrochenen nur dann gewährt wird, wen der letztere ihn bereits geltend gemacht hat. Der Absatz 2 will einem unwürdigen Handel mit der Gnt⸗ schãdigungsforderung vorbeugen.
§ 414 Absatz 1 und 2. Wenn gegenwärtig ausschließlich Beleidigungen und Körherver⸗ letzungen, soweit die Verfolgung nur auf Antrag eintritt, der Privat. klage unterliegen, so erscheint dlese Beschränkung sachlich nicht gerecht. fertigt Denn es kommen auch andere strafbare Handlungen vor, welche in den leichteren Fällen mehr eine Verletzung der Privatrecht. sphäre, als der öffentlichen Ordnung darstellen, und welche sich daher mangels eines bestehenden öffentlichen Interesses an der Verfolgung fũr die ,. eignen. Auf Grund des Legalitätsprinzips müssen auch solche Fälle gegenwärtig von der Staatsanwaltschaft verfolgt werden Es erscheint zweckmäßig, dieselbe von solchen geringfügigen Sachen zu entlasten und ihr die Befugniß zu verleihen, 2 ben ge⸗ mäß § 16 zur Privatklage zu r . Dies will der abgeänderte Absatz 1 bewirken, indem er in den Kreis der Strafthaten, wegen deren ö. Privatklage angestellt werden kann, folgende Handlungen neu einbezieht:
S§ 123 Absatz 1 (einfacher Hauefriedensbruch,, 241 (Bedrohun mit Begehung eines Verbrechens), 289 (strafbarer Eigen und 303 (einfache Sachbeschädigung).
Bezüglich dieser Thatbestände wird es einer besonderen Rechtferti- gung nicht bedürfen. Daß der 5 241 kein Antragsdelikt ist, kann seiner Einbeziehung nicht entgegenfteben, da die Frage der Verfolgbarkeit von Amtswegen sich mit derjenigen, ob bestimmte Fälle wegen mangelden offentlichen Interesses dem Betriebe durch den Verletzten Überlassen werden dürfen, nicht nothwendig deckt. Die gleiche Erwägung trifft auch für den in den Absatz 1 neu aufgenommenen 5 223 a zu. Zwar beziebt sich der Paragraph begrifflich auf die schwereren Fälle don Förperber eßbzung. Die Erfahrung hat aber gelehrt, daß that . sächlich unter die Begriffsbestimmangen desselben auch leichte, in ihrer Bedeutung für die öffentliche Ordnung von der gewöhnlichen Körper⸗ verletzung kaum sich unterscheidende Vergehungen fallen, deren Zahl infolge der Auslegung, welche die Rechksprechung den Begriffen den gefährlichen Werkzeuges und der Gemeinschaftlichkeit gegeben hat, nicht unerheblich ist. Gegen die Ausschließung solcher Fälle von der Verfolgung von Amtswegen dürfte kein wesentliches Bedenken bestehen, zumal die Verpflichtung der Staatsanwaltschaft, da einzuschreiten, wo ein öffentliches Interesse berührt erscheint, bestehen bleibt, und die Vorschriften des 5 417 es sicherstellen, daß die Staatsanwaltschaft von jeder erhobenen Privatklage Kenntniß erhält. Die Erbebung einer solchen ohne vorgängige Anrufung der Staatsanwaltschaft wird wohl auch — schon der Kosten wegen — nur höchst selten vor⸗
kommen. § 447 Absatz 1. . . Nach der Vorschrift des 8 447 ist der Erlaß eines amtzrichter, lichen Strafbefebls gegenwärtig nur in den gemäß § 2. Nr. 1 und 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes zur Zuständigkeit der Schöffengerichte gehörigen Sachen julässig. Der Entwurf will die Vorschrift auch auf die in den Nummern J und 5 des 5 A (nach der Fassung unter Artikel I) bezeichneten Sachen ausdebnen (Hausfriedensbruch im Falle des 5 123 Absatz 3 des Strafgesetzbuchs, Bedrohung im Falle der § 241). Bei den gedachten Vergeben ist der Thalbestand oftmalz einfach und weiterer Aufklärung nicht bedürftig, sodaß die Erledigung der Sache durch Strafbefehl unbedenklich und im Interesse der Be⸗= schleunigung wünschenswerth erscheint. Sz 496 Absatz 2.
Die veränderte Fassung des zweiten Absa zu beseitigen, welche in der Praxis bezügli verfahrens hervorgetreten sind. Die vorgeschlagene Regelung, welche sich der von den Gerichten vielfach schon jetzt befolgten Uebung anschließt, betrifft nur den Fall, daß dem Beschuldigten, dem Privatkläger oder dem Nebenkläger zufolge einer in Gemäßheit des ersten Absatzes des 5 496 ergangenen Entscheidung ein Anspruch auf Erstattung von Auslagen erwachsen ist.
Insoweit gegen den Ansatz von Gebühren und Auslagen der Gerichte Erinnerungen erhoben werden, ist der 5 des Gerichts kosten⸗ gesetz's vom 18. Juni 1878 Reichs ⸗Gesetzbl. 1878 S. 141) maß⸗
gebend. Artikel III. Die in diesem Artikel vorgesehenen Uebergangsbestimmungen werden einer besonderen Rechtfertigung nicht bedürfen.
3 bezweckt, die Zweifel des Kostenerstattungẽ⸗
Anlage A. J. . Der gegenwärtige Standpunkt der größeren eurepäischen Staaten hinsichtlich der Berufung gegen die Urtheile von
Strafgerichten. .
L. Oesterreich, dessen Strafprozeßordnung vom 23. Mai 1875 lediglich gegen erstinstanzliche Urtheile der mit Einzelrichtern beseßten Benirksgerichte im vollen Umfange eine 1 zulãßt, leitet dieselbe an den höheren Gerichtshof L. Instanz', das Landesgericht. Sowent — hinsichtlich der Strafzumessung und privatrechtlicher Ansprũche — die Berufung gegen erstinstan liche Urtheile der Landes. und der Ge⸗ schworenengerichte ftatthaft . geht auch sie an ein höheres Gericht. das Qber · Landeggericht als Gerichtshof II. Instanz“.
Nach der Sirasprozeßordnung vom 17. Januar 1850 hatte sich allerdings das Landesgericht in der Berufungzinstanz mit erstinftan;. lichen Entscheidungen des Bezirks⸗Kollegialgerichts selbst in den Fällen befassen müssen, wo dieses Gericht aus einem besonderen Senate des Landesgerichts bestand. Doch bat die Praxis diese Einrichtung schon damals als Ausnahme für kaum erträglich erachtet (vergl. Glaser: Bemerkungen über einen neuen ö g jur Regelung der Be
2 Strafsachen“, in den gesammelten kleineren Schriften Theil 1 S. ö In Ungarn ist es zur Kodifikation des gesammten Strafprozessel
noch nicht gekommen, do Umfang, hinsichtlich der uldfrage und der Strafzumeffung, n. elassen, und in 11. Instanz entscheiden stets höbere Gerichte, die Vöniglichen Gerichtshöfe oder die Königlichen Tafeln. In diesem Zu. stande beabsichtigt auch der neueste Regierungs⸗Entwurf einer Straf⸗˖ prozeßordnung von 1888 keine Aenderung. .
I. In Frankreich gewahrt der Gods d' instruction criminells von 1308 gleichfalls die Berufung im vollen Umfange und leitet se stets an dot Gerichte, an die tribunaux correctionnels beziehung. weife von diefen als erfter Instan an die Cours appel, wobon feit dem Gefetze vom 13. Juni 1856 eine Ausnahme nacht mehr giekt.
Vor diesem Sesetz' beftanden folche allerdings dielfach. Die Apyellhoõfe waren namlich korrertionelle Berufungsinflanz nur für die Tribunale im Departement ihres Sitzes, während in den anderen ihrem Bezirke gehörenden Dæhartements II. Instan; dag sonst ele stehende Tribunal am jeweiligen Präfektursitze war. Die , gegen deren eigene Urtbeile J. Instan war an den Appellbof weilen auch an das Tribunal am Präfeltursitze des Rach bar derart ne t gewiesen. 1856 existierten in Frankreich 356 Tribunale; nur fir 1 don ihnen war infolge jener Bestimmungen der Appellhof, für! dagegen ein nebengeordnetes Tribunal II. Safe,
. 41 es empfleb 4
n Schmyz, Wallis, Luzern, Thurgau, Unterwalden ob dem Wald,
ist gegenwärtig eine Berufung im vollen
zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und König
M 279.
(Fortsetzung aus der Zweiten Beilage)
Das YPrinziv, die Berufung in korrektionellen Sachen vor die Arvellbäfe zu Reisen, war in der Gesetzgebung von 1808 und 1816 in der Annahme durchbrochen worden, daß eine Anfechtung der Tri= kunalsurtheile in sehr erböhtem Maße stattfinden und zugleich eine Viederholung der Zeugen vernehmung in L. Instanz häusig nothwendig werden würde; bei der damaligen Unzulänglichkeit der Verkebrsmittel ud Wege befürchtete man daher im . der Verweisung aller Be⸗ mfungen vor die Appellböfe zu große Koften und Schwierigkeiten.
ie Ersadrung zeigte indessen, daß jene Annahmen ungenaue und
jene Befürchtungen übertriebeng waren. Nicht mehr als 5 oo der rstinftanzlichen Tribunalsurtheile kam in die Berufungsinstanz, und deren Abneigung gegen eine Wiederholung der in J. Instanz statt⸗ bten Zeugenvernehmung ließ eine solche nur in 3 oM der Be— mfungssachen erfolgen.
Fiel jomit der oben angeführte Grund für die weitere Bei—⸗ bebaltung jener Anomalie fort, so kam noch die ungeahnte Entwickelung der Verkehrsmittel und mit ihr die Verringerung der Entfernungen hinzu, so daß man 1856 die für Zivilsachen längst durchgefuͤbrte ein- beitliche Gerichtsorganisation auf die korreftionellen Straffachen aus. dehnen zu dürfen glaubte.
Man verglich mit den Nachtbeilen des bisherigen Systems die Vortheile der Verweisung sämmtlicher Appelle vor die Appell höfe. Wenn letzteres durchgeführt wurde, war es nicht mehr möglich, daß ein Verletzter sich je nachdem den Appellhof oder ein Tribunal als Gericht II. Instanz dadurch sicherte, daß er entweder mit einer selbst⸗ sländigen Zivilklage vorging oder seine Zivilansprüche nur accefforisch im Strafverfahren geltend machte.
Andererseits waren Regierung und gesetzgebender Körper darin einig, daß die Berufung mit ernstlichen Garantien nur dann umgeben sei, wenn das mit der erneuten Prüfung betraute Gericht gegenüber der J. Instanz einen böberen Rang einnehme. Die Tribunale an den Präfektursitzen waren zwar mit einer größeren Zahl von Richtern be⸗ cht und bildeten ber fich die Ajsisenbofe: wenn sie aber aufbörten, II. Jaftanz für die Arrondissementstribunale zu sein, so waren sie den lekteren und ihren Richtern in keiner Beziehung mehr übergeordnet. Zwischen den hauptstädtischen und den Arrondissementstribunalen be⸗ fand eben nur ein zufälliges and auch nur zeitweises Verhältniß von lleber und Unterordnung, was befürchten ließ, daß, wenn die ge⸗ nügende Nachgiebigkeit auf der einen, die nöthige Mäßigung auf der mderen Seite feblte, ein gewisser passiver Widerstand oder obpositionelle Tendenzen der Rechtspflege Abbruch thun könnten.
Als unbestreitbar nahm man dagegen die Ueberlegenheit der Irvellhõfe an; ihre , gewährleistete eine bessere Recht- vdrechung wegen der Zahl und Vorzüge ihrer Richter, die vorher an den Tribunalen mitgewirkt hatten und deren Beförderung zu Appell⸗ iichtern gerade ein Beweis ihrer Dienste und Verdienste, vor allem ber einer größeren Erfahrung zu sein schien. Gegenüber solchen Berufungsri tern meinte man, werde bei den Richtern J. Instanz kein Gefühl von Rivalität und kein Gedanke an Widerstand auf— kenmen; die Berufungsurtheile in korrektionellen Sachen würden, gleich denen in Zivilsachen, im ganzen Benirk eine unbestrit tene Autorität genießen und dadurch die so dringend erwünschte Einheit der Recht sdrechung sichern.
Nebenbei versprach man sich von dem Eingreifen der General⸗ Rekuratoren bei den Appellhöfen in den Gang des Berufungsver⸗ sabrens eine schnellere und sichere Repression des Verbrechens.
Bon diesen Erwägungen war die Verweisung aller Berufungen zer die Appellhöfe getragen, und es ist nicht bekannt geworden, daß die Erwartungen hinsichtlich des guten Einflusses der Neuerung ge—⸗ täuscht worden wären.
HI. In Belgien, wo der französische Code q instruction Timinelle gilt, ist die Berufung ebenfalls in vollem Umfang zulässig. lebnliche Erwägungen wie in Frankreich fübrten bier schon im Ge— e vom 1. Mai 1849 dazu, die Berufung gegen die Urtheile der lemeltionellen Tribunale in allen Fällen an die Appellhöfe zu bringen. IV. Die Niederlande haben die früher abgeschaffte Berufung Bg wieder eingeführt, und auch das neueste Wetboek van Straf- ö 1886 bat sie in vollem Umfang aufrecht erhalten. Sie ist gleichfalls stets vor ein höberes Gericht verwiesen, indem vom lanton regter an die arrondissements regtbank, von diefer als erster Instanz an den geregtshof appelliert wird. U;, Italiens Codices di progedura penale vom 28 November Bö6ös führte die Berufung in weitestem Umfange durch. Auch dieses esehzbuch bestellt zu Gerichtsböfen II. Instanz nur höhere Gerichte, R tribunali correzionali gegenüber den pretori, und den ersteren ald Gerichten J. Instanz gegenüber die corti d'appello.
XI. Von den Kantonen der Schweiz kennen Waadt, St. Gallen, reiburg, Neuchatel und Graubünden eine Berufung nicht, während e lei es gegen sämmtliche Strafurtheile J. Instanz, sei es bei einer Kwissen Höhe der Strafandrohung oder Straffestsetzung, gewährt wird
—
zinich Appenzell . Rboden, Solothurn, Uri. Ueberall haben e bier Gerichte höherer Ordnung in der zweiten Instanz zu ent- n. II. England kennt die Berufung im kontinentalen Sinne s Wortes nicht. Gs besteht bier allerdings ein Court ol Grimfinal Ppeal, doch hat er nur solche Rechtsfragen zu entscheiden, die der Pisident der Assisen nicht selbst entscheiden will. Indessen macht sich gegenwärtig auch in England eine nicht unerhebliche Strömung Gunsten der Einführung einer Berufunge geltend. So lag dem terhause vor wenigen Fahren ein Geseß Entwurf mehrerer Ab— heordneten dor, wonach dem Angeklagten in jeder Strafsache die Be⸗ gg. auch hier an ein höheres Gericht, eine Abtheilung des High urt, zustehen sollte. XIII. Norwegen giebt in der neuesten Strafprozeßordnung vom 83 1887 die Berüfung nur gegen Urtheile der unteren Gerichte Cüfen, und Verhöresgerichte — im weitesten Umfange; gegen Ent⸗ Heizungen der Schwurgerichte ist zwar gleichfalls die Berufung zu— assen, dach entspricht sie unserer Revision, da sie auf eine unrichtige n be dang der Schuldfrage nicht gestũtzt werden darf. Das Rechte el geht stets an das ober fte Gericht des Landes, das Döchftegericht. 327 selbst oder in gewiffen Fällen durch einen aus seiner Mitte *rildeten Beschwerdeausschutz entscheidet. . Umm die Juständigteit der Üntergerichte erweitern und gleichzeitig bl ihrer Richter einschränken zu können, hat man noch ein der . abnliches Rechtemittel gegen schöffen und verhörsgerichtliche . eingeführt. Wenn nämlich eine Partei, Angeklagter oder dard Sanwalt, das, was dort hinsichtlich der Schuldfrage angenommen . ift, bestreitet, ohne sich dabei lediglich auf eine angeblich un⸗= e ge Gesetzeg anwendung zu 3. so kann die Sache ju erneuter
ndlun a8 S ĩ m bers j ö 4 . das Schwurgericht, also auch vor ein höheres Gericht
Dritte Beilage
Berlin, Freitag, den 22. November
während im letzteren Falle ihre Entscheidungen allendliche und als solche nur im Kassations verfahren anfechtbar find. Immer aber geht die Berufung nur an höhere Gerichte, die Appellationsgerichte. .
Anlage B. ulãssigkeit des Kontumagzialver fahrens in den größeren
europäischen Staaten. E. In DOesterreich ruht nach der Strafprozeßordnung vom
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3
dadung zur Hauptverhandlung nicht zugestellt werden konnte, bis zu ihrer Betretung, und es findet nur auf Antrag des Anklägers ein Ungehorsam verfahren statt. Das Gericht erläßt an den Angeklagten eine öffentliche Vorladung, sich binnen bestimmter Frist an Gerichts= stelle zu verantworten, widrigenfalls ihm die Ausübung der staatg= bürgerlichen Rechte untersagt werden würde. Im Falle der Stellung des Angeklagten sindet das Verfahren feinen regelrechten Fortgang; sonst erkennt die Rathskammer auf Antrag des in, gemäß der in der Vorladung enthalten gewesenen Androhung. . Ist das Verfahren bis jur Hauptverhandlung gediehen und er— scheint in ihr der Angeklagte nicht, so kann ihn vor dem Bezirks⸗ gericht der Richter zum versönlichen Erscheinen auffordern oder, falls dies bereits geschab, vorführen lassen. Hält er aber seine perfönliche Vernehmung nicht für erferderlich, so tritt er in die Verhandlung ein, erledigt die Beweisaufnahme und verkündet schließlich das Urtheil, gegen welches nur die Berufung zugelassen ist.
Auch vor anderen Gerichten darf ohne Rücksicht auf den ab⸗ wesenden Angeklagten verhandelt werden, aber bei fonftiger Nichtigkeit nur, wenn
1) jur Anklage ein Vergehen oder ein mit höchstens fünfjähri Freiheitsstrafe bedrobtes Verbrechen stebt, .
3 der Angeklagte schon in der Voruntersuchung vernommen und
) jur Hauptverhandlung noch persönlich geladen worden war. == Das Urtheil wird ihm durch einen dazu bestimmten Richter er⸗ öffnet oder abschriftlich mitaetbeilt, eventuell veröffentlicht und unter⸗ liegt dem GEinspruch auf Grund nachgewiesenen unabweisbaren Dinder nisses.
Ist eine Hauptverhandlung obne den Angeklagten gesetzlich un⸗ wan oder vom Gericht für nicht durchführbar erachtet, so wird die Vorführung veranlaßt. EGrweist sich dieselbe als unausführbar, so kann der Ankläger auf Einleitung des Ungehorsamperfahrens (vergl. oben) antragen.
IHE. In Frankreich findet nach dem Code d'instruction 5 von . vor ee ,. correctionnels und en tribunauss de ꝑolies bei den juges de paix auch beim Nichterscheinen des Angeklagten die Hauptverhandlung st*r n n fr bei sonstiger Nichtigkeit zwischen Ladung und Termin mindestens 3 Tage beriehungsweise 24 Stunden liegen. Die Nichtigkeit kann nur im nächsten Termin, nach der gegen das Kontumazialurtheil eingelegten Opposition, geltend gemacht werden; erscheint der Angeftlagte hier, so wird aufs neue verhandelt, bleibt er aus, so gilt seine opposition comme non avenus und er kann sich der Vollstreckung des Urtheils nicht mebr widersetzen.
Vor den gours deassises fordert der Präsident den An= geklagten, der sich nach der Versetzung in den Änklagezustand der Verhaftung entzieht und sich auch nicht stellt, öffentlich auf, letzteres binnen 10 Tagen zu thun, widrigenfalls er als rebelle à la 106 er- klärt, ihm die Ausübung der bürgerlichen Rechte entzogen und sein Vermögen beschlagnahmt, jede gerichtliche Handlung untersagt, das Verfahren jedoch trotzdem fortgesetzt werden würde. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist findet ohne Zuziehung von Geschworenen und ohne Zulaffung eines Vertheidigers die Vauptverbandlung und Urtheils— verkündung statt. Stellt sich der Angeklagte innerbalb der Straf⸗ verjährungsfrist oder wird er festgenommen, so gilt das Urtheil als nicht gesprochen und es findet eine neue Verhandlung in den gewöhn— lichen Formen statt.
HE. Belgien hat mitz dem französischen Code d'instruction criminelle auch dessen Gestaltung des Kontumazialverfahrens.
LV. Nach dem in den Niederlanden geltenden Wetboek van Strafrordering von 1886 kann sich in der Hauptverhandlung vor dem KEanton-regter der Angetlagte — einen Fall ausgenommen — stets vor der regtbank durch einen Advokaten oder procureur nur dann vertreten lassen, wenn die ihm zur Last gelegte Handlung nicht mit Gefängniß bedroht ist. Wenn jedoch das Gericht das versönliche Erscheinen des Angeklagten für nothwendig hält, so kann es die Verhandlung aussetzen; andernfalls wird, wenn weder der An—⸗ geklagte noch ein Vertheidiger erscheint, nach den Regeln des ordent⸗ lichen Verfahrens in contumaciam verfahren. Gegen das Urtheil ift ein Einspruch zugelaffen, worauf von Rechtswegen in der nächsten ordentlichen Gerichtẽssitzung weiter verbandelt wird; erscheint der An= geklagte hier abermals nicht, so wird sein Einspruch als verfallen erklärt, und das angegriffene Urtheil vollstreckt
Wird der Angeklagte wegen Störung der Ruhe und Ordnung aus der Sitzung hinausgewiesen, so wird ohne ihn weiter verhandelt, und nur die Urtheilsverkündung muß erst wieder in seiner Gegenwart erfolgen.
V. In Italien wird nach dem Codice di procedura . vom 26. November 1865, wenn der Angeklagte in der Hauptverhand⸗ lung vor den tribunali correzionali und den pretori nicht erscheint, ohne ein gesetzliches Hinderniß glaubhaft zu machen, nach den gewöhn⸗ lichen Regeln in seiner Abwesenheit verfahren, ein Vertheidiger jedoch nicht zugelassen. Das Urtbeil unterliegt der Berufung oder, wo diese nicht zulässig ist, der binnen 10 beziehungsweise 5 Tagen einzulegenden Dpposition. Der Präsident beraumt auf dieselbe einen neuen Termin an: erscheint der Angeklagte hier, so gilt das Kontumazialurtheil als nicht erlassen, andernfalls wird durch nur der Kassation unterworfenes Erkenntnis die Vollstreckung des ersten Urtheils angeordnet.
Vor den corti d'assise erläßt, ähnlich wie in Frankreich, der Präsident gegen den Angeklagten, der sich nach Versetzung in Anklage⸗ zustand nicht stellt, auch nicht ergriffen wird, einen öffentlichen Befehl zur Stellung binnen 10 Tagen, widrigenfalls gegen ihn in seiner Ab= wesenheit verfahren werden würde. Stellt er sich nicht, so wird in öffentlicher Sitzung jener Befehl binsichtlich seiner Formalien geprüft und nach Ver 2. des Protokolls, sonstiger Dokumente sowie der
niedergeschriebenen Jeugenaussagen das Urtheil gefällt und verkündet. Hierbei wirken Geschworene nicht mit, wenn
1) der auf freiem Fuß befindliche Angeklagte zwar innerhalb der . öffentlich geftellten Frist, aber nicht zur Hauptverhandlung er⸗ schienen ift.
2) wenn der Präsident den Angeklagten unter abschriftlicher Mit- , des Gesetzeswortlauts direkt hat laden lassen, ohne daß er erschiene.
Im ersten Fall wird in der Sitzung der Ueberweisungsbeschluß und das Protokoll über die Bekanntmachung des Befehls, im letzteren
23. Mai 1873 das Verfahren gegen abwesende Beschuldigte, denen die
lich Preußischen Staats⸗ Anzeiger.
1895.
XI. Von den Kantonen der Schweiz lassen das Kentumazial⸗ verfahren in weitestem Umfange und vor Strafgerichten jeder Ordnung zu: Zürich, Luzern, Neuchatel, St. Gallen, Appenzell außer Rhoden, Solothurn, Schwyz. Unterwalden ob dem Wald. bei werden im Verfahren vor den Schwurgerichten in Zurich, Solothurn, Neuchatel Geschworene nicht zugezogen. Schwyz, St. Gallen haben eine obliga⸗ torische Vertheidigung des in der Hauptverhandlung abwesenden An- gellagten. Vielfach ist ein freifh rechen des Kontuman alurtkell anstatt. haft, vielmehr bei nicht hinreichendem Schuldbeweise Vertagung der Verhandlung bis zur Betretung des Angeklagten vorgesch ieben. — In Verfahren vor den Amtsgerichten Solothurns besteh! die Be—= sonderbeit, daß der nicht geständige Angeklagte beim Ausbleiben in der Daurtverbandlung mit einer Ordnungsbuße belegt wird, oe ne daß das Verfahren selbst eine Unterbrechung erlitte. ö
II. In Norwegen kann nach der Strafprozeßoren ng vom 1. Juli 1887 das Schwurgericht, falls das betreffende Delikt vor- zugsweise mit — 5 oder einer geringeren Strafe bedrort ist, und die Anwesenheit des Angeklagten nicht erforderlich erscheint, gegen den Ausgebliebenen verbandeln, wenn er hierein willigte oer kein Grund vorliegt, eine gesetzlicke Verhinderung am Erscheinen anzu⸗ nebmen. Fand die Ladung im Ausland oder öffentlich stait, so be= schränkt sich die Zulässigkeit dieses Verfahrens, außer bei der Zuftim— mung des Angeklagten, auf Delik e, die mit keiner höberen Strafe als mit Buße bedroht sind.
Ist der Angeklagte erst nach der an ibn geschehenen Verkündung des Anklagebeschlusses entwichen und auf seine Anwesenheit kein Gewicht zu legen, so ist eine Verhandlung in seiner Abwesenbeit ganz allgemein zulässig. Ferner kann beim Ausbleiben des Angeklagten stets ein frei= sprechendes Urtheil ergehen und die Verbandlung dann fortgefũhrt werden, wenn sie zweifellos zur Freiwrechung zu führen scheint. Auch wenn die Hauptverhandlung ausgesetzt wird, können doch sofort alle Beweise aufgenommen werden, deren svätere Erhebung unmöglich sein oder weniger befriedigend ausfallen würde.
Das Schöffengericht kann, wenn der Angeklagte in der Hauyt⸗ verhandlung ohne anzunehmeude geseßliche Verhinderung ausbleibt, obne Rücksicht auf die angedrohte Strafe in allen Fallen, von dem für nöthig gehaltenen persönlichen Erscheinen des Angeklagten ab— geseben., in dessen Abwesenbeit verhandeln. Bei Strafkefehlen und überhaupt in Polizeisachen kann sein Ausbleiben, obne Verhinderung oder Verweigerung einer Erklärung, mangels dagegen sprechender Momente als Zugeständniß angesehen werden.
EI. In Rußland ist ein Kontumazialverfahren nur vor dem Friedensrichter statthatt, wenn die Strafe böchstens mit Arrest bedroht ist und der Angeklagte weder selbst. noch ein Bevoll⸗ mächtigter für ihn erscheint, oder wenn er einen solchen schickt, wo er persõnlich erscheinen sollte. Die gegen das Kontumazialurtheil ge⸗ gebene Berufung führt zu erneuter Verhandlung vor cemfelben Friedensrichter. Erscheint der Angeklagte hier wieder nicht, so wird er in eine Geldbuße genommen, und das Urtheil bleibt in Kraft. Steht auf dem Delikt eihke bärtere Strafe, so darf nur ein zivil⸗ pProzeffuales Kontumazialurtheil über den Schadensersatzanspruch des Verletzten ergehen, während die Verhandlung der Strafsache bis zur Vorführung des Angeklagten auszusetzen ist.
Dies findet stets vor den anderen Gerichten statt; das Ver⸗ mögen des nicht erscheinenden Angeklagten wird unter Kuratel geftellt und, wenn er nach sechs Monaten noch nicht aufgefunden ist, nach den für die Güter Verschollener geltenden Bestimmungen behandelt.
Anlage C.
Die Bestimmungen des französischen, belgischen und englischen Rechtes über die beschleunigte Aburtheilung der Dèélits flagrants.
2 L. Frankreich. ;
Der code d'instruction criminelle von 1808 kannte eine Be- sonderheit bezüglich der délits lagrants nur in so weit, als für den ersten Zugriff der strafverfolgenden Behörden eine auf schleunigfte Feststellung des ersten Eindrucks abzielende Ausnahmeprojedur zuge⸗ lassen war; nach Beendigung derselben trat das gewöhnliche Verfahren ein. Durch das Geseß vom 20. Mai 1863 (Bulletin des lIois, Tome XXI — Jahrg. 1863, Bd. 1 — S. 66) ist für den Fall, daß der Verüber einer kerrektionell strafbaren Handlung (mit Ausnahme einzelner bestimmter Delikte) auf frischer That ergriffen wird, ein summarisches Verfahren eingeführt worden. Der Festgenommene wird unverzüglich dem Staatsanwalt überliefert, der ihn vernimmt und sodann, wenn möglich, sofort in der Sitzung des Gerichts vor⸗ führt; findet keine Sitzung statt, so bat er ihn, geeignetenfalls unter Erlaß eines Haftbefehls, zur Sitzung des , Tages laden zu lassen, welche nöthigenfalls besonders berufen wird. Die Zeugen⸗ ladungen erfolgen mündlich zur Vermeidung der gewöhnlichen Un- geborsamsftrafen. Wenn die Sache spruchreif ift, ergeht sofort das Urtheil; andernfalls wird sie auf eine der nächsten Sitzungen vertagt; der Beschuldigte kann aber immer einen Aufschub von drei Tagen bebufs Vorbereitung seiner Vertheidigung verlangen. Das Gericht kann ihn jederzeit, geeignetenfalls gegen Kaution, entlassen; der Frei- gesprochene ist stets, auch wenn Berufung eingelegt wird, in Frelheit
zu setzen.
II. Belgien. Gegenwärtig findet, da lediglich der französische code d'instrue- tion criminelle ält, ein besonderes Verfahren nicht statt. Der Ent⸗ wurf einer revidierten Strafprozeßerdnung von 1885 enthielt Be= stimmungen zur Regelung dieser Materie; derselbe ist aber noch nicht Gesetz geworden (vergl. Travaux prèéparatoires du code de pro- csdurs pénale, rapports faits à la chambre des reprèsentants au nom de la commission parlementaire par M. Thonissen, Bd. II, S. 416). Um bereits vor Beendigung dieser Gesetzesrevision eine beschleunigte Aburtheilung der 46lits flagrants zu ermmöglichen, legte der Juftiz⸗Minister am 14. April 1896 den Kammern einen Gesetzentwurf vor, welcher im wesentlichen die Bestimmungen des französischen Gesetzes vom 20. Mai 18635 wiedergiebt. Abweichend von demselben wird bestimmt, daß das beschleunigte Verfabren nach Ergreifung auf frischer That nur bei denjenigen der Juris diktion der tribunaux correctionels unterliegenden Strafthaten statthaft ist, welche ausschließlich mit Freiheitsstrafen bedroht sind. Jeder Beamte, selbst jeder Bürger kann den Ergriffenen dem Staatsanwalt oder dem Friedensrichter vorführen; der Letztere kann ihn dem Staatsanwalt zuführen lassen; der Staats- anwalt vernimmt den Beschuldigten. Das weitere Verfahren ist das- selbe wie in Frankreich; nur muß, falls eine Vertagung stattfindet, der Beschuldigte immer in Freiheit gesetzt werden, sofern nicht einer der allgemeinen gesetzlichen Haftgründe vorliegt. Nach Erlaß des Urtheils ist der Freigesprochene oder in Abweichung von der ursprünglichen Be= schuldigung nur zu Geldstrafe Verurtheilte sofort freizulassen; der zu , n,, Verurtheilte kann, wenn Berufung eingelegt wird, gegen aution in Freiheit gesetzt werden. III. England.
die Beurkundung der Zustellung verlesen. ; Wird der zu einer Pena criminale verurtheilte Angeklagte inner⸗ halb der BVerjäãhrungsfrist feftgenommen, so kann er seine Rechte so geltend machen, als ob er gar nicht kontumaziert worden wäre, in welchem Fall das Urtheil als nicht gefällt gilt und auf Grund des in Kraft bleibenden Ueberweisungsbeschlusses sowie der Anklage in ge⸗ wöhnlicher Form verhandelt wird ;
Gegen Kerrektional oder Polizeistrafen aussprechende Erkennt nisse ist Opposition zugelassen.
ordnung. 6 weitere . des 5 n , ö die 6
weges nur nach vorgängiger ung obersten Justiz⸗ verwaltungs behörde für a f , sich dem 8 Gesetze * . und den im chstag angengmmenen Anträgen an. Dieselbe dürfte umsomehr am Platze sein, als sie einerseits der Natur des Anspruchs Rechnung trägt und andererseits dem eigenen Interesse des Entschãdigungober tn, entspricht, dem dad vielfach die Weislaufizteit des projeffualischen Verfahreng erspart bleiben wird.
Die Bestimmung unter Nummer 3 wird durch die Aenderung des . Nr. R erfordert, um, entsprechend dem bestehenden Recht, das iederaufnghmeverfahren in densenigen Fällen auszuschließen, in denen trotz der Anwendung eines milderen Strafgesetzes eine geringere Bestrafung nicht begründet sein würde. s 111 Kbsaz 1, 2 . Der jetzige Absatz? laßt auch fur den Fall, daß der Verurtheilte noch am Leben befindet, eine erm, , ohne Erneuerung der twverhandlung jn. Die Bestimmung hat in der Praxis mehrfach
Durch die drei summary jurisdiction acts von 1848 (11 C 12 Vict. c. 43, ergänzt durch Gesetz von 1863, 26 & 27 Vict. e. 97), 1i8f8 ie C 4 Viet. . 19 und 1854 i. & 48 Vict . 43) in Verbindung mit der früheren Gesetzgebung ist für eine große Zahl einzeln bezeichneter Delikte eine beschleunigte Aburtheilung vor den courts of summary jurisdiction ermõglicht.
Dieselben bestehen meistentheils aus einem Einzelrichter und einem Gerichtsschreiber; nur in gewisfen Gerichtsbejirken sind bei einzelnen
HR. n 1576) Ytrafgeri
(Fortsetzung in der Dritten Beilage.)
, . n e . . de .
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