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Im Konjerthguse wird morgen die Opernsängerin Fräulein Anna Küchlich die Arie der Donna Anna aus Don Juan“, sowie zwei Lieder (. Das Veilchen und Die Spinnerin ') von Mozart singen. Das Orchester bringt beliebte Stücke von Berlioz, Mozart, Lisst, Smetana, Massenet, Saint⸗Sasns und Supps zur Auffübrung.
Jagd.
Morgen, Sonnabend findet Königliche Parforce⸗Jagd statt. Stelldichein: 123 / Uhr im Jagdschloß Grunewald, 115 Uhr am Saugarten.
. igfaltiges.
Die Stadtverordneten beschäftigten sich in ibrer gestrigen Sitz ung zunächst eingehend mit der Frage der Bewirtbschaftung der Rieselfelder. Die Versammlung batte vor längerer Zeit den Magistrat ersucht, der Kanalisatione⸗Dexutation aufzugeben, einen darauf bejũg⸗ lichen generellen Plan aufzustellen. Die Kanalisations⸗ Deputation antwortete nun in einem längeren Erposé, in welchem sie die Art und Weise der Bewirthschaftung, der Kosten und Erträge auf das genaueste auseinandersetzte. Hiermit wurde der Bericht des bezũglich der Rieselfeldet eingesezten Ausschusses verbunden. Die Verwaltung der Rieselfelder giebt seit längerer Zeit zu großen Bedenken insofern Anlaß, als eine Verzinsung des in denselben an⸗ gelegten Kapitals nicht allein nicht stattfindet, sondern die Erträg⸗ nisse auch von Jahr zu Jahr merkbar herabgedben. Der Aus— schuß schlägt daher vor: Die Stadtverordneten. Versammlung be— schließt die Einsetzung einer Deputation für die Verwal- tung der Rieselfelder (Abtheilung II der Kanalisations- Deputation) und ersucht den Magiftrat um Zustimmung hierzu. Insbesondere soll die Deputation einen Organisationsplan vorlegen, in dem auch a. die Zusammenlegung der Güter und deren Eintheilung, b. die Zahl der Beamten und die Erfordernisse für deren Anstellung, e die Feststellung der Gehälter und Emolumente der Beamten, 4. die Kompetenzen der Deputation, der Beamten wie der Dezernenten fest⸗ gestellt werden. Nach längerer Debatte wurde dieser Ausschußantrag angenommen. — Hinsichtlich des stãdtischen Badewesens batte die Stadt⸗ verordneten ⸗Versammlung bei Berathung des betreffenden Spezial Etats am 25. Februar d. J. den Beschluß gefaßt, den Magistrat zu ersuchen, sich mit der Einsetzung einer Verwaltungsdeputation für dasselbe einverstanden zu erklären und der Versammlung eine ent svrechende Vorlage zugeben zu lassen. Der Magiftrat teilte der Ver⸗ sammlung nunmehr durch eine Vorlage mit, daß er sich damit ein⸗ verstanden erklären würde, wenn das städtische Badewesen dem Kuratorium für das städtische Turnwesen mit über⸗ tragen werde, und die gemeinsame Verwaltungsftelle den Namen Deputation für das städtische Turn⸗ und Bade—⸗ wesen! erhalte. Die Versammlung erklärte sich biermit obne Debatte einverstanden. — Die Magistrais vorlage, betreffend den An⸗ kauf der Grundftücke Fischerstraße 3738, um darauf ein Gebäude für die Feuerwehr Am Spittelmarkt. welche von dort verlegt werden soll zu errichten, wurde auf den Antrag des Stadtversrdneten Frick einem Ausschuß von zehn Mitgliedern zur Vorberathung über— wiesen. — Die Versammlung genehmigte sodann ohne Debatte die Beschaffung von 17 neuen Sprengwagen und 2 neuen Kehr maschinen; desgleichen genehmigte sie die versuchsweise Abhaltung des bicsigen Wollmarkts in der Rinderhalle des Zentral⸗ Viehbofs. — Auf Erfuchen des betreffenden Comités wurde ein Beitrag von 300 S zu den Kosten eines Denkmals für Kaiser Wilhelm JI. zu Schmargendorf, und zwar gegen den Widerspruch des Stadt⸗ verordneten Singer, bewilligt. — Nach Erledigung einiger kleineren Vorlagen wurde die öffentliche Sitzung geschlessen. Es folgte eine geheime Sitzung.
Romans „Wilhelm Meisters Lehrjahre von Michel
Der Allgemeinen Elektrizitäts- Gesellschaft ist vom Magistrat unter Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs die Ge⸗ nebmigung zur Herstellung eines Ver bin dungs. Tunnels von dem alten, an der Gcke der Hussitenstraße und der Hermsdorfer Straße be—= legenen Fabrikgebãude durch die verlãngerte Sermsdorfer Straße nach einem in der letztgedachten . noch neu zu errichtenden Fabrik- gebäude ertheilt worden. im Bau begriffene Tunnel erbält ein Gleis von O5 m Spurweite. teres wird in Verbindung ges mit den nach den einzelnen Theilen der Etablissements führenden Gleisen. Die auf diesen Gleisen ver⸗ kebrenden Züge sollen durch eine kleine elektrische Lokomotive befördert werden. Die Gesellschaft beabsichtigt, auch den Personenverkehr zwischen den beiden Etablissements durch die erwähnten Zũge zu ver⸗ mitteln, sodaß ein Begehen des Tunnels durch Menschen wahrend des Zugbetriebs ausgeschlossen werden kann.
In der Monatsversgmmlung des Vereins deutscher In. 6 (Berliner Bezirksverein) vom 4. Dezember 1395 ielt Herr Ingenieur Leist, Dozent an der Königlichen Technischen ochschule zu Berlin, einen Vortrag über Neuere Ausführungen von Flach und Rundschieber⸗Steuerungen. — Die Steuerung ist be⸗ kanntlich die Seele der Dampfmaschine, der eigentliche Sitz des Lebens in derselben, derjenige Theil, der die bin- und her— gebende Bewegung des Kolbens erst seinerseits einleitet, indem er dem Dampf den Zutritt bald zu der einen, bald zu der anderen Seite des Zylinders eröffnet. Neben der verbreitetften Form des Abschlußorgans, dem Flachschiebern, der, auf einer ebenen Fläche hin. und hergleitend, die hierin ausmuündenden Kanäle des Zylinders ab— wechselnd mit der Dampfjufübrung und dem Auspuff in Verbindung bringt, hat sich vor allem der Rundschieber — durch den Amerifaner CGorliß schon vor mehreren Jahrzehnten in die Praxis ein—⸗ geführt — ein weites Anwendungsgebiet erobert. Dieser Rund—= schieber macht nicht eine geradlinig bin. und hergehende Bewegung, sondern schwingt um eine Drehachse auf einer zylindrischen Flache, und auch der Antriebsmechanismus der „Corliß⸗Steuerung' zeigt dem= jenigen des Flachschiebers gegenüber bestimmte Eigenthümlichkeiten, u. a. die — übrigens allen Ausklintsteuerungen gemeinsame —, daß jle nach der von der Maschine verlangten Leistung eine verschieden große Dampfmenge in den Zylinder dadurch eintritt, daß frũber oder Väter der Steuerungsantrieb ausgeklinkt und damit der Einlaß—⸗ schieber freigegeben wird. der sich nun plotzlich schließt. Redner hob einige Gesichtspunkte hervor, welche bei der weiteren Ausbildung der genannten beiden Gruppen von Steuerungen in neuerer Zeit hauptsächlich maßgebend gewesen sind, und besprach dieselben eingehender an der Hand einer Anzabl schematischer und kon⸗ struktiver Darftellungen, welche auf ausgehängten Wandtafeln ent- balten waren. Er zeigte, in welcher Weise neuerdings, besonders in Amerika, bei schnelllaufenden Dampf maschinen die Flachschieber. entlastet und mit mehrfachen Einströmungsöff nungen versehen werden, um sowohl die zu ibrer Bewegung erforderliche Kraft, als auch die Größe dieser Bewegung selbft zu verringern, und fübrte dann eine Anzabl von Konstruktionen vor, bei denen der Schieber überhaupt entbehrlich gemacht ift, indem der eigentliche Arbeitskelben der Maschine die Auf⸗ gabe des Steuerns selbst übernimmt, seinerseits als Schieber wirkt. r kam sodann auf die Achsen⸗Regulatoren zu sprechen: eine heute piel angewandte, besonders einfache Ausführungsform des bekannten Organs, das die Geschwindigkeit der Maschine stets gleichförmig erhält, und verglich die Einwirkung der verschiedenen Konftruttionen auf die Steuerung. Endlich sich im besonderen zu den Corliß⸗- Steuerungen wendend, betonte er, daß sich beute das Bedürfniß zu Abweichungen von der ursprünglichen Bauart baurtsächlich nach der Richtung bin geltend mache, Ausklinkung auch in der jweiten Hälfte des Kolbenwegs — technisch ausgedrückt, größere als halbe Füllung — zu ermöglichen, und besprach die verschiedenen Wege, welche zur Erreichung dieses Ziels eingeschlagen worden sind.
Friedrich Wilhelmstädtisches Theater.
Im Monat Nobem ber wurden in Berlin 15 Butterproben amtlich un tersucht und 4 davon als Mischb welcher . 1000 Magarine zugesetzt war, beanstandet. In ? diesen Fällen er die Untersuchung., daß man die Margarine dem Butterfett unmitte beim Buttern beigemischt oder durch starkes Durchkneten in der Knet- maschine die Vermengung bewirkt
Kiel, 5. Dezember. Cin orkanartiger West sturm tobt seit der vergangenen Nacht. Eine dänische Galeasse ist bei Friedrichsort gestrandet. Durch Lozreißen des Ankers des Zollwachtschiffs wurde die Kabelleitung zerstõrt. ;
München, 5. Dejember. Die Gemeinde devollmächtig ten sind dem Beschluß des Magistrats, ein Friedens denkmal auf der YPrinj · Regenten · Terrasse zu errichten, einstimmig beigetreten.
Dres den. Das Dresdner Journal! meldet. daß Seine Majestät der Kaiser dem Deutschen Patriotenbund zur Errichtung eines Völkerschlacht⸗Denkmals bei Leipzig“ einen Beitrag bon 1000 1 aus. Allerhöchstseiner Schatulle bewilligt babe.
erner hat, wie dasselbe Blatt mittheilt, Seine Majestãt dem Bürgermeifter von Hartenstein für das dort gerlante Denkmal für Paul Fleming den Betrag von 700 A übersandt.
Wie n, 6. Deiember. Während des geftrigen Abends und in der Nacht wüthete hier ein orkanartiger Sturm. Fensterscheiben wurden zertrümmert, Dachziegel und Firmentafeln herabgeschleudert. Auch wurden mehrere Personen verletzt.
Laibach, 5. Dejember. Heute Vormittag 1 Ubr wurde bier ein mäßig starker Erdstoß verspärt. Gine Beunruhigung wurde dadurch nicht hervorgerufen.
Brüssel, 6. Dejember. In der vergangenen Nacht wüthete bier ein gewaltiger Sturm. Zahlreiche Bäume und Gaslaternen wurden zersrplittert und an den Häusern viele Beschädigungen ver⸗ ursacht. Mehrere Personen wurden verletzt.
Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen.
Paris, 6. Dezember. (W. T. B.) Eine Depesche des „Figaro aus Dakar (Senegambien) von gestern meldet, daß die Eingeborenen in Bathurst gegen die dortigen britischen Militärbehörden revoltiert hätten, nachdem in einer Schlãgerei ein Marabut getödtet worden sei. Die Menge sei in das Palais des Gguverneurs gedrungen, habe dasselbe geplündert und die britische Flagge fortgefchleppt.
Ma dr id, 6. Dezember. W. T. B) Nach Meldungen aus Havanna haben sich die Ausständischen in mehrere Banden getheilt, um einer Begegnung mit spanischen Truppen⸗ Abtheilungen zu entgehen. Die Aufständischen setzen ihren Vormarsch gegen Santa Clara und Mata nzas be⸗ hufs Zerstörung der ZJuckerpflanzungen fort. Ein Haufe griff ein einzeln liegendes Fort, in dem sich Marschall Martinez Cam pos aufhält, an, wurde jedoch auseinandergesprengt.
Konstantinopel, 6. Dezember. (W. T. B.) Der Minister ohne Portefeuille und frühere Botschafter in Wien Arifi⸗Pascha ist gestorben.
(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage)
Saal Bechstein. Sinkstraße 42. Sonnabend,
Wetter.
w Stationen.
in 0 Celsius
Temperatur 50 C. — 49 R.
Bar. auf 0 Gr. vu. d. Meeresp. red. in Millim. 6
9 halb bed. S wolkig wolkenlos 5 bed
S woltenlos
Belmullet .. Aberdeen Christiansund Kopenhagen. Stockholm. St. Petersburg Moskau ... Cork. Queens⸗ ann, . Cherbourg Helder .. Eylt . mburg. Swinemünde Neufahrwasser Menne 1 . dünster ... Karlsruhe. Wiesbaden München Cbemnitz Berlin .. Wien.. Breslau. 742 i r, , rs
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) Gestern und früh Gewitt
Uebersicht der Witteriung.
Unter dem Einfluß einer ungewöhnlich tiefen Depression, welche im mittleren Skandinavien Baro⸗ meterstände unter 715 mm aufweist, wehen über den Britischen Inseln, im Nord und Ostseegebiet sowie über Deutschland fstürmische, vorwiegend westliche Winde, welche vielfach volle Sturmesstärke erreicht baben. Am böchsten ist der Luftdruck über Südwest⸗ Europa. In Deutschland ist das Wetter warm, trübe und regnerisch; zu Münfter fielen 21, Bam⸗ berg 22. Chemnitz 26, Cassel 2 mm Regen; an der westdeutschen Küste und zu Grünberg fanden elektrische Entladungen statt. An der Unterelbe er⸗ reichte der Wasserstand eine ungewöhnliche Höhe. Abkühlung demnächst wahrscheinlich.
Deutsche Seewarte.
. . Theater. Königliche Schauspiele. Sennabend: Orxern⸗
baus. 180. Vorstellung. Zum 100. Male: Mignon. Oper in 3 Aten von Ambroise
Cart und Jules Barbier, deutsch von Ferdinand Gumbert. Ballet von Paul Taglioni. Dirigent: Kayellmeifter Sucher. Anfang 77 Uhr. Schauspielhaus. 272. Vorstellung. Die Onitzoms. Vaterlãndisches Drama in 4 Aufjũgen von Ernst k Regie: Herr Plaschke. Anfang ( T.
Sonntag: Dvernhaus. 181. Vorstellung. Wagner⸗ Cyclus. Der a . Solländer. Roman⸗ tische Oper in 3 Aktien von Richard Wagner. Anfang 78 Ubr. . Mittags 12 Ubr: Matinée des Königlichen Corys de Ballet. Zur Aufführung kommt: Hänsel und Gretel. — Phantasien im Bremer Rathẽkeller.
Schauspiel haus. 273. Vorftellung. Doktor Klaus. Lustspiel in 5 Aufjügen von Adolph LArronge. Anfang 76 Uhr.
Dentsches Theater. Sonnabend: Neu ein— studiert: Der Misanthrop von Molire. — ieraufß: Zum ersten Male: Das Hohe Lied. Versspiel in 1 Aufjug von Felice Cavallotti, deutsch von Ludwig Fulda. Anfang 74 Uhr. Sonntag, Nachmittags 23 Uhr: Die Weber. — Abends 77 Uhr: Der Misanthrop. — Hierauf: Zum ersten Male wiederholt: Das Hohe Lied. Montag: Die Jüdin von Toledo.
Berliner Theater. Sonnabend: Pan Cezar. Anfang 78 Uhr.
Sonntag, Nachmittags 2 Ubr: Des Meeres und der Liebe Wellen. — Abends 7 Uhr: Sasemann s Töchter.
Montag: Pan Cezar.
Voranzeige: Dienstag, Nachmittags 21 Uhr: Deffentliche Generalprobe von Prinzessin Gold⸗ haar. , . Jeder Besucher eines numerierten Sitzes hat das Recht, ein Kind frei einzufũhren.
Lessing · Theater. Sonnabend: Gastspiel von i Schweighofer. s Nullerl. Anfang T.
Sonntag, Nachmittags 2 Uhr: Zu volksthüm— lichen Preisen: Nathan der Weise. (Guftab Kober als Gast) — Abends 71 Uhr: Gaftfpiel von Feliz Schweighofer. s Nullerl.
Residenz · Theater. Direttion Sigmund Lautenhurg. Sonnabend: Zum ersten Male: Sals über Kopf. (Coup de tete.) Schwank in 3 Akten von A. Bisson. — Vorher: Zum ersten Male; In doppelter Bekehrung. Plauderei von Paul Linsemann. Anfang 73 Ubrt..'ꝛ—
Sonntag und folgende Tage: Hals über Kopf. — In doppelter Bekehrung.
Chausseestraße 25 = 26.
Sonnabend: Bei bedeutend ermäßigten Preisen. Volksthümliche Vorstellung unter Leitung des Kaifer⸗ lich russischen Hofschauspielers Herrn Julius Fiala: Kean, oder: Leidenschaft und Genie. Schau. spiel in 5 Atten von Alex. Dumas, deutsch von rg Schneider. Regie: Herr Lemaitre. Anfang ( T.
Sonntag: Kean, oder: Leidenschaft und Genie.
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NAenes Theater. Schiffbauerdamm 42. /5. Tourusée Indic. Direktion: Theodor von Glaser. Sonnabend: La Roussotte. Cormèédie- Vauderille en 3 actes de Mrs. H. Meilhac, L. Halery et A. Millaud. Musique de Mrs. Lecocꝗ, Hervs et Boullard. Anfang 74 Uhr. Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: sabale und Liebe.
Sonntag Abends: Tournee Judic. Lili. Comè die Opérette en 3 Actes de Mrs. Hennequin et Millaud.
Thrater Unter den Linden. Durektion: Julius Fritzsch. Sonnabend: Der arme Jonathan. Dverette in 3 Atten. Hierauf: Großes Ballet .˖ Divertissement. Anfang 7 Uhr.
Sonntag: Der Obersteiger. . Sonnabend, den 21. Dejember: Zum ersten Male (neu): König Chilperich. Burleske Aus⸗ stattungs · Dperette in 3 Akten (5 Bildern) von Hervs.
Adolph Ernst Theater. Sonnabend: Der kleine Lord. Lebensbild in 3 Akten, nach dem gleichnamigen Roman von Mrs. Hodgfen Burnett, äbersetzt von Bolten⸗Bäckers. — Hierauf: Die ewige Braut. Overette in 1 Akt von W. Mann⸗ stãdt und Jean Kren. Anfang 77 Uhr.
Sonntag: Dieselbe Vorstellung.
Bentral - Theater. Alte Jakobstraßze Nr. 30 Direktion: Richard Schultz. Emil Thomas a. G.
Sonnabend: Eine tolle Nacht. Große Auz⸗ stattungspoßse mit Gesang und Tanz in 5 Bildern von Wilb. Mannstädt und Julius Freund. Mustk don Julius Einödshofer. In Scene gesetzt vom Direktor Richard Schultz. Die Tanz ⸗Arrangementz vorn Balletmeister Gundlach. Anfang 76 Uhr.
Sonntag: Eine tolle Nacht. Anfang 8 Ubr.
Konzerte.
Konzert gaus. Sonnabend: garl Meyder⸗ Konzert, unter freundlicher Mitwirkung der Overn⸗ sängerin Fräulein Anna Kühlich. Arte der Donna Anna aus Don Juan von Mozart, gesungen bon Fräulein Küblich. . Das Veilchen, b. Die ir m' von Mozart, gesungen von Fräulein Kühlich.
Sing · Akademie. Sonnabend, Anfang 8 Uhr: Konzert des Cellozirtuosen Friedrich Grütz⸗ macher. Mitw.: Philharmonisches Orchester.
Thomas. Tert mit Benutzung des Goethe schen
Anfang 78 Ubr: HI. Konzert (Vorträge auf 2 Klav.) von Ch. Roß und * Moore.
Zirkus Renz. Karlstraße. Sonnabend, Abends * Ubr; Grande seiree 6éauestre. Nur noch einige Male: Aufführung des großen mili⸗ tãrischen Ausftattungsstũds 1876/71 vom Direktor Fr. Renz. Außerdem: Jou jon hippigue mit 83 Freibeiteyferden. I) Bagdad, arab. Vollblut⸗ Schimmelhengst. 2) 6 trakehner Rarphengste. 3 Der Favorit Donner. 4 Die Sxanersahrt eines Jagt ˖ herrn, ausgeführt von s Rapphengsten. 5) Monftre⸗ Tableau von 70 der edelsten Freibeitẽpferde. Sammt⸗ liche Pferde dressiert und in Freiheit vorgeführt von Direktor Fr. Renz. Mr. James Fillis mit seinem Vollblut ⸗ Narr bengst. Pedero. Einfache und doppelte Baguettesprüänge über Hinderniffe, ausgeführt von 12 Ungarn. Mephistophela 's Höllen ritt, ausgefũbrt von * Wally Renz. Herr Ritter von Renroff mit feinem Schulpferde Skobeleff. Zum Schluß: Original! Der phänomenale Bagnette⸗ jpvrung. Herr W. Immans mit seinen zehn
oloffal⸗Brachthunden. Auftreten der bervor⸗ ragendsten Reitkänstlerinnen und Reitkünstler. Komische Entrées und Intermezzi von sämmtlichen Clowns und dem beliebten Original August Mr. Lavater Lee. ;
Sonntag: Zwei Vorstellungen. Nachmittags 4 Uhr und Abends 77 Uhr: In beiden Vor⸗ stellungen: 1870/71.
Familien⸗Nachrichten.
Verlobt: Frl. Susanne Weinreich mit Hrn. Kammerpächter und Lieut. d. R. Rudolf Thilo (Stettin - Ballin b. Leppin i. M. . — Frl. Mar- garete von Zenker mit Hrn. Referendar und Tieut. d. R. Ernst von Thämmel (Dahren— Pirna). — Frl. Clara Rothe mit Hrn. Stabzarzt a. D. Dr. Heinrich Hoff mann (Riemberg — Neisse). — Frl. Anna Geßner mit Hrn. Bürgermeifter Arthur Altenberg Memel).
Verebhe licht: Hr. Prem.⸗Lieut. Adolf von Michael mit Frl. Agnes von Hochwächter (Eyck)
Gestorben: Hr. Geheimer Justi Rath Carl Siber (Potsdam) — Hrn. von Alten Tochter Adelheid (Tietzow). — Hr. Wirklicher Geheimer Kriegsrath Ernst Genz (Karlsruhe i B.). — Verw. Fr. Steuer⸗Rath Emma Saint⸗Blanquart, geb. Albrecht (Breslau;. — Hr Oberst a. D. Leo Athenstaedt (Breslau). — Verw. Fr. Aurelie von Schweinichen, geb. Kunkel (Breslau).
Verantwortlicher Redakteur: Siem enroth in Berlin.
Verlag der Ewpedition (Schol;) in Berlin. Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags⸗ Anstalt Berlin SW., Wilbelmftraße Nr. 35.
Sieben Beilagen
Dir.: Prof. Mannfstaedt.
leinschließlich Bõrsen⸗Bei lage).
Erste Beilage
zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.
Berlin, Freitag, den 6. Dezember
1895.
3 291. *
Parlamentarische Nachrichten.
Dem Reichstag ist der nachstehende Entwurf eines Ge⸗ setzes, betreffend die Errichtung von Hand werks kammern,
ugegangen: zugegang .
Zur Vertretung der Interesfen des Handwerks sind Sandwerke⸗ kammern zu errichten.
Den Handwerke kammern liegt insbesondere ob:
I) bei der Organisation des Handwerks mitzuwirken, insbesondere über die örtliche Gliederung der Organisation sich gutachtlich zu äußern;
2) die Staats- und Gemeindebehsrden in der Förderung des 6 durch thatsächliche Mittheilungen und Erstattung von
utachten über Fragen, welche die Verhältnisse des Handwerks be—
tũbren, zu unterstũtzen;
3) Han e g. über ihre Thätigkeit und über ibre die Ver— hältniffe des Handwerks betreffenden Wahrnehmungen zu erftatten⸗
4 Wünsche und Anträge, welche die Verhältnisse des Handwerks berühren, zu berathen und den Behörden vorzulegen.
Die Handwerkekammern sollen in allen wichtigen, die Gesammt⸗ interessen des Handwerks berũbrenden Angelegenheiten gehört werden.
Die Bezirke der Handwerkskammern werden von der Landes Zentra lbehörde festgestellst. Mehrere Brndesstaaten können ssich zur Errichtung gemeinsamer Handwerkskammern vereinigen; die Vereinigung hat sich auch darauf zu erstrecken, von welchen Bebörden die in diefer Gesetze den Landes- Zentralbehörden und der höheren Verwaltungs bebörde übertragenen Obliegenheiten wahrzunehmen sind. Für Bezirke, in denen durch andere Einrichtungen (Handels und Gewerbekammern, Gewerbekammern) für eine ausreichende Vertretung der Interessen des Handwerks gesorgt ist, kann die Errichtung von Handwerkskammern unterbleiben. .
9.
Die Errichtung der Handwerkskammer erfolgt auf Grund eines durch die Landes Zentralbehorde aufzustellenden Statuts.
Vor der Errichtung sind Vertreter der in dem Bejick der Hand—⸗ werks kammer bauptsächlich betriebenen Handwerke, Unter besonderer Berücksichtigung der Innungen und sonstiger Vereinigungen von Hand. wer kern, zu hören.
Das Statut kann von der Landes-Zentralbehörde nach Anhörung der Dandwerkekammer geändert werden.
Das Statut sowie Aenderungen desselben sind durch den Reichs. Anzeiger! sowie durch dasjenige Blatt bekannt zu machen, welches für die amtlichen Veröffentlichungen der höheren Verwaltungsbeböͤrden, über deren Bezirke sich der Bezirk der Handwerke kammer erftreckt, be— stimmt ist.
5 4
Das Statut muß Bestimmungen enthalten über:
) den Sitz und den Bezirk der Handwerkskammer;
2) die Bildung der Waͤhlerschaften für die Wablen der Mit- glieder, die Zahl der letzteren und ihre Vertheilung auf die Wähler. schaften;
3) das Verfahren bei den Wablen, soweit dieses nicht durch be⸗ sondere Wablordnungen geregelt wird;
4 die Ergänzung der Handwerkskammer durch Zuwabl (8 9); 5) das Stimmrecht der Mitglieder und die Art der Beschluß⸗ fassung;
6) die Wahl, die Befugnisse und die Legitimation des Vor⸗ standes;
D die Form und die Vorausetzungen für die Zusammenberufung der Handwerkskammer und ibrer Ausschässe;
8) die öffentlichen Blätter, durch welche die Bekanntmachungen der Handwerksfammer zu erfolgen haben;
9) die Aufstellung und Abnahme der Jahresrechnung.
8 5
Wählbar zu Mitgliedern der Handwerkskammern sind nur Personen, welche
I) ein Alter von mindestens 30 Jahren haben und
B im Bezirk der Handwerkskammer ein Handwerk seit mindestens drei Jahren selbständig betreiben.
Personen, welche zum Amt eines Schöffen unfähig sind (G8 31, 32 des Gerichts verfassungsgesetzes) sind nicht wählbar.
56.
Für jedes Mitglied sind ein erster und ein zweiter Ersatzmann zu wählen, welche dasselbe in Bebinderungsfällen zu ersetzn und im Falle des Ausscheidens für den Rest der Wablperiode in der Reibenfolge ihrer Wahl einzutreten haben. .
F JI.
Die Wahl erfolgt auf fünf Jahre. Die Ausscheidenden können wiedergewählt, die Wiedetwabl kann abgelehnt werden.
Im übrigen kann die Annahme der Wahl nur aus Gründen verweigert werden, welche zur Ablehnung eines unbesoldeten Gemeinde⸗ amts berechtigen. Wo landesgesetzliche Bestimmungen über die zur Ablehnung von Gemeindeämtern berechtigenden Gründe nicht besteben, darf die An nabme nur aus denselben Grunden verweigert werden, aus welchen das Amt eines Vormundes abgelehnt werden kann.
§ 8.
In der Person eines Mitglie er Handwerkskammer eintretende Umstaͤnde, welche dasselbe, wenn sie vor der Wabl vorbanden gewefen wären, von der Wahl ausgeschlossen haben würden, baben das Er⸗ löschen der Mitgliedschaft zur Folge.
—
Die Handwerkskammer kann sich nach näherer Bestimmung des — 1 ꝛ — 2 ö 2 Statuts bis zu einem Fünftel ihrer Mitgliederzahl durch Zuwabl von sachverständigen Personen ergänzen. Sie kann zu ihren Verhandlungen Sackverstãndige mit berathender Stimme zuziehen.
§ 16.
Die Mitglieder der Handwerkskammer verwalten ihr Amt als Ehrenamt und erhalten nach den durch das Statut zu bestim menden Sätzen nur Ersatz für baare Auslagen.
§5 11.
Zur Theilnahme an den Wablen zur Handwerke kammer sind nur Reichsangehörige berechtigt, welche das fünfundzwanzigste Lebensjahr vollendet haben und seit mindestens einem Jahr in dem Bezick der DVandwerkskammer ein Handwerk selbstãndig betreiben.
Perjonen welche sich nicht im Besiz der bürgerlichen Ebrenrechte befinden oder welche durch richterliche Anordnung in der Verfügung über ibr Vermögen beschränkt sind, sind nicht wablberechtigt.
Durch das Statut ist den Innungen (G5 97 ff. der Gewerbe⸗ ordnung), deren Sitz sich im Bezirk der Sandwerkskammer befindet, die Berechtigung beijulegen, einen im Statut näher zu bestimmenden Tbeil der Mitzlieder der Handwerkskammer zu wählen. Bei der Be⸗ stimmung dieses Antbeils ist die Bedeutung der Innungen für den Dandwerkekammerbezirk in Betracht zu zieben.
Eine besondere Wablberechtigung kann durch das Statut auch sonstigen Vereinigungen von Dandn grkern beigelegt werden. 5 12.
Die Handwerkskammer ist . Ausschũsse aus ihrer Mitte zu bilden und mit besonderen regelmäßigen oder vorũbergehenden Auf⸗ gaben zu betrauen.
Die Ausschüsse können zu ibren Verbandlungen Sachverstãndige mit berarhender Stimme zuzieben.
*
§ 13.
Die Handwerkskammern unterliegen der Aufficht der böheren Ver⸗
waltungs bebhõrde. ; Die Aufsichtsbehõrde überwacht die Befolgung der gesetzlichen und statutarijchen Vorschriften und kann dieselbe durch Androb ung Festfetzung und Vollstreckung von Ordnungastrafen gegen die Mitglieder der Sand werke kammer er jwingen. ;
Sie entscheidet Streitigkeiten über die Wablen des Vorftandes, der Mitglieder und der aus ihrer Mitte zu bildenden Ausschüfe fowi⸗ über die Rechte und Pflichten der Mitglieder.
Sie bat Wahlen, welche gegen die gesetzlichen oder statutarischen Bestimmungen verstoßen, fũr ungültig zu erklären. Gegen die Entscheidungen und Anordnungen der Aufsichtsbebörde ift nur die Beschwerde an die nãchftrorgesetzte Behẽrde zulãssig.
Die Landes ⸗Zentralbehöõrde kann die Handwerkskammer auflssen und Neuwahlen anordnen.
14.
Für jede Handwerkekammer ist von der höheren Verwaltung ˖ bebörte ein Kommissar zu bestellen. Derselbe ift berechtigt, jederzeit don den Schriftstücken der Handwerkskammer Einsicht zu nehmen, den Verbandlungen beizuwobnen, Gegenftände jur Berathung zu stellen und die Einberufung der Handwerkskammer oder ihrer Ausschüffe zu ver- langen. Der Kommissar muß auf Verlangen jederzeit gehört werden, hat aber kein Stimmrecht.
§ 15.
Die aus der Einrichtung und Thätigkeit der Handwerkskammern erwachsenden Kosten tragen die Gemeinden des Handt ers kammerbezirks nach Verhältniß der Zahl der den Gemeindebe;irken angebõrenden selbständigen Handwerksbetriebe. Die Gemeinden sind ermãchtigt, die Beitrãge auf die einzelnen Handwerksbetriebe nach einem Fon der bõberen Verwaltungs behörde zu bestimmenden Vertheilungs maßstab umzulegen.
Die Landes ⸗Zentralbebörde kann bestimmen, daß die Kosten von weiteren Kommunalverbãnden statt won den Gemeinder aufgebracht werden.
. § 16.
Die Handwerkskammern haben über den zur Erfüllung ihrer gesetz˖ lichen Aufgaben erforderlichen Koftenaufwand alljährlich einen Vor anschlag aufjuftellen. Der Voranschlag sowie jede Ueberschreitung des⸗ selben bedarf der Genebmigung der böberen Verwaltunzsbebörde⸗
Im übrigen verwalten die Handwerkskammern ikr Kassen! und Rechnung wejen selbstãndig.
§ 17.
Die Zentralbehörden der Bundesstaaten bestimmen, von welchen Staats. oder Gemeindeorganen die in diesem Gefeg den Behörden zugewiesenen Verrichtungen wahrzunehmen sind.
§5 18.
D
Dieses Gesetz tritt am
Die dem Entwurf beigefügte allgemeine Begründung lautet:
Bei der Prüfung der Vorschläge, welche im Laufe der letzten Jabre für eine jwangsweise Zusammenfassung des Handwerks und für die Regelung des Lehrlingswesens gemacht worden sind, ist es als ein Mangel empfunden worden, daß das Handwerk in weiten Theilen des Reichs einer geordneten Vertretung entbehrt. Wenn man von denjenigen Bundesstaaten, in welchen Sewerbekammern für sich oder in Verbindung mit Handelskammern errichtet sind, und von den. jenigen nicht zahlreichen Personen absieht, welche ihr Handwerk kauf— männisch betreiben und als Kaufleute einer Handels fam mer oder äbnlichen Korporationen angebören, so kommen gegenwärtig nur die Innungen oder sonftige freie Vereinigungen in Betracht.
Die Handwerker, welche diesen Drganisationen angebören, bilden indessen nur einen verbältnißmäßig geringen Theil ihrer Berufs- genossen. Infolge hiervon entbehrt die Regierung bei den im In:eresse des Handwerks zu treffenden Maßnahmen des Beiratbs und der gutachtlichen Mitwirkung des weitaus größten Theils der Hand- werker und siebt sich in der Hauptsache auf die Anhörung der Innungen oder sonstigen Vereinigungen beschränkt.
Wenn sich auch in diesen Organisationen ohne Zweifel viel tüchtige und mit den einschlägigen Verbäältnissen vertraute Personen finden, so stellt sich doch das Gesammtbild, welches sich aus der An⸗ börung der Innungen und Gewerbevereine ergiebt, immerhin nur als die Auffaffung einer Minderbeit dar. Es kann daher schon aus diesem Grunde nicht obne weiteres angenommen werden, daß deren Ansichten über dasjenige, was dem Handwerk noththut, auf die Zu⸗ stimmung eines erheblichen Theils derjenigen Handwerker rechnen können, welche sich den Innungen bisber ferngehalten baben. Je bedeutsamer aber die Fragen sind, welche bei der modernen Ent- wickelung der Verbältnisse im Handwerk an die Gesetzgebung und die Verwaltung herantreten, um so mebr muß Werth darauf gelegt werden, daß diese Fragen einer Erörterung möglichst aller Kreise der Be⸗ tbeiligten unterzogen werden. Dabei ist selbstverstãndlich Vorsorge zu treffen, daß den bestehenden Organen des Handwerkerstandes eine ihrer Bedeutung entsprechende Mitwirkung gewahrt wird.
Diese Geñchtspunkte haben dazu geführt, einen Gesetzentwurf über die Errichtung obligatorischer Handwerkskammern aufjustellen, um mit Hilfe dieser Organisation zunächft eine umfassendere Ver⸗ retung des Handwerks zu schaffen und auf diese Weise die Mitwirkung des geiainmten Handwerks bei den wichtigen Fragen, welche zu seiner Förderung * der Lösung harren, zu sichern.
Die Rücksicht auf diesen nächsten Zweck läßt es einstweilen nicht tatbsam erscheinen, bei der Festsetzung der den Handwerkekammern zu übertragenden Aufgaben über den Rahmen einer berathenden und begutachtenden Thätigkeit binausgehen. Insbesondere muß schon im Hinblick auf die in den Kreisen des organisierten Handwerks hervor- getretenen Wünsche auf Einfübrung von korporativen Organisationen mit weitgebenden Zwangsbefugnisfen und auf die zur Prüfung dieser Bestrebungen in Angriff genommenen Vorarbeiten davon Abftand ge⸗ nommen werden, den Handwerkekammern Aufgaben zuzuweisen, welche je nach dem Ausfall der Entschließung über die Wege, welche dem nächft für eine weitergehende Organisation des Handwerks etwa einzu⸗ schlagen sein werden, der letzteren vorgreifen würden. .
Aus den Kreisen des innungsmäßig oraanisierten Handwerks ist gegen die Einführung von Handwerkekammern der Einwand erhoben worden, daß dieselben unter den gegenwärtigen Verhältnissen eines korporativ gegliederten Unterbaues ermangelten. . .
Diesem Einwande würde einige Berechtigung nicht versagt werden können, wenn die Aufgaben der Handwerkekammern über die ihnen nach dem Entwurf übertragenen Obliegenheiten hinaus erstreckt würden. Bei der Beschränkung aber, die der Entwurf sich auferlegt, werden sie in der Gesammtbeit der Handwerker ihres Bezirks eine ausreichende Unterlage für eine ihrem Zweck entsprechende erwwrießliche Thätigkeit finden. Allerdings wird Fürsorge zu treffen sein, daß die Handwerke⸗ kammern in den Stand gesetzt werden, nicht nur über die all- semeinen Verhältnisse des Handwerkerstandes als solchen, sondern auch über die beson deren Verhältnisse innerhalb der einzelnen Gewerbe Auskunft zu erhalten und zu geben. . Der Entwurf siebt deshalb neben der Zuziehung von Sachverfländigen zu den Verhand- lungen der Handwerke kammern die Möglichkeit vor, innerhalb der Kammern Ausschüsse zu bilden und zu den Berathungen derselben auch Personen zuziehen, welche nicht Mitglieder der Handwerkskammern sind, aber besondere Sachkunde in Bezug auf die in Frage stehenden Verhältnisse besitzen (6§5 9 und 12). Auf diesem Wege werden die
Handwerkskammern befähigt sein, auch die aus den einzelnen Ge⸗ werben an sie berantretenden besonderen Wünsche einer sachgemãßen Prüfung zu unterziehen und Gutachten über die Verhältnisse der ein⸗ zelnen Gewerbe mit Sachkunde zu erstatten.
Dem Reichstag ist der nachstehende Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Abänderung des Gesetzes über die Erwerbs⸗ und Wirthschaftsgenossen schaften vom 1. Mai 1889, zugegangen:
Artikel 1.
Der Absaß 4 des F 8 des Gesetzes, betreffend die Erwerbs⸗ und Virthschastegenossenschaften, vom 1. Mai 1859 Reichs- Gesetzbi. S. 55) erhält folgende Fassung:
Konsumvereine (6 1 Nr. 3) dürfen im regelmäßigen Geschäfts⸗ verkehr Waaren nur an ihre Mitglieder oder deren Vertreter ver⸗ kaufen. iese Beschränkung findet auf landwirthschaftliche Konsum. bereine, welche ohne Haltung eines offenen Ladens die Vermittelung des Bezugs von ihrer Natur nach ausschließlich für den laadwirtk⸗ schaftlichen Betrieb bestimmten Waaren besorgen, hinsichtlich dieser Waaren keine Anwendung.
Artikel 2.
Hinter den 5 30 und den 5 145 werden folgende Bestimmungen eingeschaltet:
S 30 a.
Für Konsumvereine, welche einen offenen Laden haben, hat der Vorftand, um die Beobachtung der Bestimmung des 5 58 Absatz 43u sichern, Anweisung darüber zu erlassen, auf welche Weife sich die Vereinsmitglieder oder deren Vertreter den Waarenverkänfern gegen⸗ über zu legitimieren haben. Abschrift der Anweisung bat er der höͤberen Verwaltungsbehörde, in deren Bezirk die Genosfenschaft ibren Sitz hat, unverzũglich einzureichen.
Die böhere Verwaltungsbebörde ist befugt, die Mitglieder des Vorstandes zur Einreichung und nöthigenfalls zur Abänderung oder Ergänzung der Anweisung durch Geldstrafen bis zum Betrage don je dreihundert Mark anzubalten.
Gegen die Anordnungen und Straffeftsetzungen der höheren Ver⸗ waltungs bebörde findet binnen zwei Wochen die Beschwerde an die Landes · Zentralbehorde statt.
S 145 a.
Personen, welche für einen Konsumperein den Waarenverkauf be—⸗ wirken, werden, wenn sie der Vorschrift des 5 8 Abs. 4 zuwider wissentlich oder obne Beobachtung der nach S 30 2 von dem Vorstand erlassenen Anweisung Waaren an andere Personen als an Mitglieder oder deren Vertreter verkaufen, mit Geldstrafe bis zu einhundert fũnfzig Mark bestraft.
Gleiche Strafe trifft das Mitglied, welches seine zum Waaren⸗ kauf in einem Konsumverein berechtigende Legitimation einem Dritten zum Zweck unbefugter Waarenentnabme überläßt, sowie den Fritten, welcher zu demselben Zweck von der für ein Mitglied ausgestellten Legitimation Gebrauch macht.
Dieses Gesetz tritt am
Die Begründung lautet:
Durch den 5 8 Ab. 4 des Gesetzes vem 1. Mai 1889 ist den Tonsumpereinen zur Pflicht gemacht, im regelmäßigen Geschãfts zerkebr Waaren nur an solche Personen ju verkaufen, welche als Mitglieder oder deren Vertreter bekannt sind oder sich als solche in der durch das Statut vorgeschriebenen Weise legitimieren. Beim Mangel einer Strafandrohung hat jedoch das in dieser Bestimmung liege die beabsichtigte Wirkung nicht gehabt.
Reichstag aus Anlaß eines vo
eingebrachten Antrages mittels eine solution vom 8. Februar 1893 beschlossen, den Reichskanzler um als ige Vorlage eines Gesetzes zu ersuchen, durch welches den Konsumverei die Abgabe von . an Nichtmitglieder schlechthin und unter Strafandrohung verboten werde. Demmnächft ist durch die Anträge der Abgg. Gröber und Ge— nossen, Dr. Kropatscheck und Genossen sowie Dr. Zammacher und Ge— nossen (Nr. 17. 25 und 158 der Drucksachen des Reichstags 1893 55
eine Ergãnzung des Genossenschaftẽgese zes durch Strafbeftimmungen gegen Uebertretungen des im 5 8 Abs. 4 enthaltenen Verbots in Anregung gebracht worden. Ueber den ersteren Antrag baben ausführliche Ber= dandlungen des Reichstags in der Sitzung vom 17. Januar v. J. stattgefunden. In gleicher Richtung wie diese Anträge bewegen sich zablreiche Kundgebungen und Eingaben aus dem Handels- und Hand—⸗ werkerftande; in denselben wird lebhaft über die Schädigungen geflagt, welche dem Handel und Handwerk dadurch zugefügt werden, daß die Konsumvereine die durch das Geseß ihrem Geschäftsverkehr gezogenen Schranken übertreten.
Es ist nicht zu verkennen, daß diese Kundgebungen zum theil über das berechtigte Ziel binausgeben, indem sie sich gegen die Existenz der Konsumvereine überhaupt richten und die dem Handel und Hand⸗ werkerstand unliebsame Konkurren; derselben, auch soweit sie legitim ist, zu beseitigen suchen. Andererseits stebt es aber auch außerhalb allem Zweifel, daß die erbobenen Klagen bis zu einem gewissen Grade begründet sind; die Ausdebnung des Geschäftsbetriebes vieler solcher Vereine stebt im Widerspruch mit dem Gesetz und ist vom sozial— politischen Standvunkt aus um deswillen bedenklich, weil sie die wirthschaftliche Existenz zablreicher Einzelbetriebe im Handel und im Handwerk gefährdet. Ein SEinschreiten der Gesetzgebung erscheint daher geboten. .
Um demselben einen Erfolg zu sichern, ist es erforderlich, daß nicht nur das wissentliche Abgeben von Waaren an Nichtmitglieder mit Strafe bedroht, sondern auch jedem fahrlässigen Verhalten der mit dem Waarenverkauf betrauten Angestellten der Konsum= vereine entgegengetreten werde. Da es nun aber nicht dem individu= ellen Ermessen dieser Angestellten überlassen bleiben darf, durch welche Mittel sie sich über die Mitgliedschaft der Waarenkaufer vergewissern wollen, so ist in dem Entwurf den Vorstãnden der Konfumbereine die Pflicht auferlegt, zur Durchführung des Verbots des 58 Absatz 4 geeignete Anweisungen darüber zu erlassen, wie sich die Vereins⸗ mitglieder oder deren Vertreter bei der Entnahme von Waaren aus. zuweisen haben. Die Vorstände werden in der Lage sein, die Legiti⸗ mation der Mitglieder oder der Vertreter derselben in einfachster Weise Vorzeigen der Mitgliedskarte, eines Quittung buches, eines sonftigen Abzeichens) zu regeln und dem Verkaufepersonal klare Vorschriften zu ertheilen, welche unschwer zu bandhaben sind, und deren sei es wiffent⸗ liche sei es fabrlässige Uebertretung alsdann unbedenklich unter Strafe gestellt werden kann. Hierdurch würden den Konsumvereinen weder für die Gewinnung geeigneter Verkäufer noch in der Erfüllung ibrer Aufgaben den Mitgliedern gegenüber irgendwie nennenswerthe Schwierigkeiten bereitet werden.
Der Entwurf hat davon abgesehen, die Durchführung der mehr erwähnten, den Vorständen autjuerlegenden Obliegenheit durch die Registergerichte überwachen zu lassen. Allerdings ist diesen Gerichten schon durch den § 152 des Genossenschaftsgesetzes in einzelen Be—⸗ ziehungen, insbesondere hinsichtlich des Verbots der Ausdehnung des Geschaͤftsbetriebes der Kreditvereine auf Nichtmitglieder, eine gewisse Aufsicht über die Genossenschaften übertragen worden; es läßt sich indeß nicht verkennen, daß die hier in