vom 22. Juni 1889, betreffend die Invaliditäts⸗ und Alters -˖ 8 ng, und einer Ausdehnung der r eine größere Anzahl seither nicht versicherter, aber mit wesentlich Unfall ; gefahr verbundener Beschäftigungsarten auch eingehend geprüft werde, ob und in welcher Weife es geboten und thunlich sei, die Gesammt- heit der Reichsgeseße über die Arbeiterversicherung, ingbesondere auch was die Organtfatten der drei Versicherungszweige anbetrifft, einer
t zu unterwerfen. . dem . Stande der Erfahrungen und Vor⸗
erörterungen ist die Großherzogliche Regierung noch nicht in der Lage, ein endgültiges Urtheil äber die Frage einer organischen Zusammen⸗ legung der verschiedenen Zweige der n, zu gewinnen. HI. Sie vermag daher auch allgemeine Grundsätze, von denen sie sich bei der etwaigen Berathung dieser Angelegenheit im Bundes- rath leiten laffen wird, nicht kund zu geben. Bei der weiteren Bekandlung der Sache wird sie übrigens von dem Gesichts. punkte ausgehen: es sei darauf. Bedacht zu nehmen, daß tie Organifation und das Verfahren in den Angelegenheiten der Nrbeiterversicherung, insbesondere was die Feststellung der Ver⸗ sicherungs· und Beitragspflicht, die Erhebung der Beiträge und die Geltendmachung der Ünterstũtzungsansprüche angeht, unter Bei⸗ behaltung der Antenne e von Vertretern der Versicherten an der Verwaltung und Entscheidung, thunlichst einfach und wenig kost spielig, fowie für die Betheiligten leicht verständlich und zugänglich gestaltet werden. Mecklenburg⸗Schwerin. Den „Meckl. Nachr. wird aus Cannes vom 16. d. M. emeldet: das Befinden Seiner Königlichen Hoheit des Groß⸗ . habe sich in den letzten Tagen im allgemeinen weiter ehoben, sodaß dasselbe befriedigend genannt werden kõnne; ö dauerten die Anfälle von nervösem Asthma noch immer fort, und es sei daher eine lokale Behandlung der Athmungs⸗
organe eingeleitet worden.
Mecklenburg⸗Strelitz.
Das Telegramm, welches Seine Königliche Hoheit der Großherzog bezüglich der Theilnahme des mecklenhurg⸗ strelitzschen Kontingents an den vor 25 Jahren an der Loire erfochtenen Siegen von Seiner Majestät dem Kaiser erhalten hat, und welches Höchstderselbe am 15. 8. M. den verfammelten Veteranen nach seiner Anrede vorlesen ließ,
lautet nach der ‚N.⸗3.“ e . .
„Großherzog von Mecklenburg Strelitz, Königliche Hoheit, Neu- streliz. Neues Palais, den 12. Dezember 1895. Eure Königliche Hohelt bitte Ich, Sich versichert zu halten, daß Ich Mich bei der 35. Wiederkehr der Gedenktage des Loire⸗Feldzuges besonders dankbar der ruhmvollen Theilnahme der Truppen Ihres Kontingents an den Erfolgen jener greßen Zeit erinnere. Wil helm R.“
Seine Königliche Hoheit der Großherzog antwortete bei der Gedenkfeier auf die Ansprache des Majors von Knobelsdorff in einer Rede mit Dank und Anerkennung für die Veteranen, die 18370 auf den Ruf des Bundesfeldherrn, des damaligen Königs Wilhelm L, von Seiner Königlichen Hoheit ins Feld gestellt, getreu gekämpft und dem mecklenburgischen Namen zu altem ere. neue Ehren errungen hätten. Seine Königliche Hoheit wies auf den Fürsten Blücher und den
eldmarschall Grafen Moltke, welche Mecklenburger gewesen . sowie auf andere ruhmvolle geschichtliche Beziehungen der Mecklenburger hin und schloß mit einem Hoch auf Seine Majestät den Kaiser, in das die Veteranen und Truppen dreimal begeistert einstimmten. Schwarzburg⸗Sondershausen.
Der Landtag genehmigte in seiner vorgestrigen Sitzung die Titel des Staatshaushalts-Etats „Direkte Steuern“, „Indirekte Steuern“, „Gebühren“, Handel und Gewerbe“, „Regalien“, „Erträge des Staatsguts“, Garnisons⸗-Einrich⸗ n . und „Unterrichts⸗Verwaltung“ nach den Anträgen des Aus
usschusses.
Oefterreich⸗Ungarn.
Ueber die vorgestern erfolgte Zurückziehung der Re⸗ ierungsvorlagen, betreffend die Errichtung von I der Landwirthe und die Errichtüng von Rentengütern, wird dem W. T. B.“ von kompetenter Seite gemeldet, daß durch die parlamentarische Konstellation in der Behandlung der Vorlagen jedenfalls eine Pause würde haben eintreten müssen; es sei deshalb zweckmäßig erschienen, diese Zeit zu benutzen, um den von wichtigen Korpo⸗ rationen erhobenen Einwänden ,,, zu tragen. Nach der von dem Ackerbau⸗Minister Grafen Ledebur wiederholt ge⸗ äußerten Ueberzeugung sei es , daß die a. enossenschaftliche Organisation der Landwirthe in kürzester * wieder Gegenstand der parlamentarischen Berathung sein werde, wobei die regionalen Verschiedenheiten größere Berück⸗ sichtigung erfahren dürften und eine Garantie für die lebens— kraftige Entwicklung der zu organisierenden Berufsgenossen⸗ schaften durch Gewährung einer den Markt beherrschenden Stellung e affe werden dürfte. Wenn es Berufsgenossen⸗ schaften geben werde, dann werde es auch Zeit sein, die Hypothek⸗ entlastung in Angriff zu nehmen.
Im oͤste rreichischen Abgeordnetenh ause griff gestern bei der Berathung des Budget⸗Kapitels im „Beitragsle ij ung H den gemeinsamen Angelegenheiten“ der Abg.
r. Lueger aufs schärfste den jetzigen österreichisch⸗ungarischen Ausgleich und die ungarische Präponderanz an; er protestierte egen die Gleichstellung seiner kaisertreuen Partei mit der irh artei und drückte die Hoffnung aus, die nächsten Ausgleichsverhandlungen würden nicht so glatt ablaufen, wie die Regierung erwarte, indem die Jungczechen, Slovenen, Kroaten, Rumänen, Triestiner, Katholiken und Deutschen, die letzteren wegen der Vergewaltigung der Deutschen in Siebenbürgen, nicht für den Ausgleich stimmen könnten. Der Abg. Süß führte aus: die dualistische Staatseinrichtung bringe es mit sich, daß die großen Angelegenheiten der äußeren Politik im österreichischen Parlament nicht besprochen würden. Dadurch träten die kleineren Fragen mehr in den Vordergrund als anderswo. Der Redner wies auf die Vorgänge in Konstantinopel hin, bei denen die österreichische Regierung eine nicht ruhmlose Rolle gespielt habe. Es würde sicher der Regierung zum Vortheil gereicht haben, wenn man von den en n der äußeren Politik Oesterreich⸗Ungarns in jenem Moment im Hause hätte sprechen können. Der Redner be n, sodann den Ausgleich mit Ungarn und hob dabei hervor, daß ein wirthschaftlicher Bruch mit Ungarn den Verlust der Salfte des Absatzes für Oesterreichs Industrie einerseits und für Ungarn andererseits den Verlust des Marktes für seine Ackerbau⸗Erzeugnisse bedeuten würde. Das Ausland würde davon Vortheil haben und beide Parlamente verspotten, die den richtigen Mittelweg nicht gefunden hätten. Redner empfahl, einen Ausgleich zu 6, bei welchem die
gemeinsamen Einnahmen durch Verbrauchssteuern ver⸗ mehrt und die übrigen Erferdernisse nach dem Ver⸗ hältniß der Kopfzahl vertheilt werden. könnten. Der Minister⸗Präsident Graf Badeni erklärte: im Abge⸗ ordnetenhause mache sich eine doppelte Art geltend, die wirth⸗ schaftlichen Interessen Oesterreichs u vertreten. Diejenigen, welche lediglich ein wirthschaftliches mnteresse vor Augen hätten, erfüllten nicht nur eine patriotische Rfücht, sondern seien auch der Regierung willkommen, weil sie ihr eine moralische Stütze bei den Ausgleichsverhandlungen böten. Daß aber die Motive und Ziele, welche die äußersten Flügel verfolgten, andere seien, sei zweifellos. Durch diese werde an dem Bande zwischen den beiden 6 gerüttelt. Der Minister⸗Prã t schloß: „Ich zweifle nicht, daß auch diejenigen, welche einen feindlichen Ton gegen Ungarn 3 von den besten Absichten für das ohl Oesterreichs beseelt sind. Wenn aber das bestehende staatsrecht⸗ liche Verhältniß angegriffen wird, so wird dadurch dem Staat nicht gedient, wohl aber untergeordneten Parteizwecken oder noch mehr unlauteren Parteiagitationen; es ist dies sogar bei den bevorstehenden Ausgleichs verhandlungen e gn schadlich. Der Abg. Graf Palffy erklärte, der Ausgleich müsse ge⸗ schlossen werden da er eine Hauptsäule der jetzigen monarchischen Gestaltung des Reichs bilde. Der Klub der Konservativen müͤsse jedoch auf Aenderung der Quote des Zolles und Aenderung des Handelsbündnisses bestehen. Der Abg. Dr. Lueger wurde wegen eines Zwischen⸗ rufs von dem Präsidenten Freiherrn von Chlumecky zur Ordnung gerufen; er erwiderte darauf, die letzte Erklärung des Grafen Palffy sei ein Erfolg seiner, Lueger s, Agitation. (Rufe links: „So eine Ueberhebung!“ — Lärm) Lueger fuhr fort zu sprechen und griff die vereinigte Linke an. (Großer Lärm) Der Präsident Freiherr von Chlumeckn erklärte, wenn diesen Ton ein akademisch gebildeter Mann an⸗ schlage, wohin solle es da im Hause kommen? Der Abg. Dr. Lueg er beklagte sich darauf über Unterdrückung der anderen Nationalitäten in Ungarn. Der Abg. Ruß hob hervor, man dürfe bei den Verhandlungen mit Ungarn sich nicht immer in innere Angelegenheiten Ungarns einmischen; er wolle hoffen, daß bei dem Ausgleich das gemeinsame Interesse Oesterreich⸗Ungarns hochgehalten und jedes Parteiinteresse werde bei Seite gesetzt werden. Damit war das Kapitel „Beitragsleistung zu den gemeinsamen Angelegenheiten“ erledigt.
Gegenüber einem Antrag des Abg. Pacak beantragt der Landwirthschafts⸗Ausschuß: Die Regierung aufzufordern, die Frage in Erwägung zu ziehen, ob und wie weit den wirth⸗ schafflich schädlichen Kartellverbindungen im Wege der Gesetz⸗ gebung entgegenzutreten sei.
Die „Politische Korrespondenz“ erfährt von unterrichteter Seite aus Bu dapest, daß die Vorlage, betreffend die In⸗ vestitionsanleihe der ungarischen Staatsbahnen, dem Reichstag im Laufe des Januar zugehen werde. Das Gerücht, daß das Investitionsbedürfniß sich auf 350 Millionen Gulden beziffern werde, sei übertrieben.
Großbritannien und Irland.
Die Londoner Blätter von heute 4 besprechen die (in der heutigen Nummer d. Bl. unter „Amerika“ mit⸗ getheilte Botschaft des Präsidenten Eleveland. Die „Times“ sagt, es sei unmöglich, sich den Ernst der zwischen England und Amerika entstandenen Schwierigkeiten zu ver⸗ hehlen. Die England , ,., Konzessionen seien solcher Art, daß keine sich selbst achtende Nation iz ihnen unter⸗ werfen könne. Es sei schwer zu glauben, daß die amerika⸗ nische Regierung den von dem Präsfidenten Cleveland ange⸗ drohten Weg beschreiten werde; wenn es aber doch geschehen sollte, so liege England die Pflicht ob, seine Interessen und Rechte zu schuͤtzen. Die Monroe⸗Doktrin sei niemals als inter⸗ nationales Gesetz anerkannt worden. Der Vorschlag des Prä⸗ sidenten der Vereinigten Staaten sei das Erstaunlichste, was seit Napoleon's Tagen jemals in Friedenszeiten geleistet worden sei. Vieles sei angesichts der herannahenden Präsidentenwahl verzeihlich; viel Zeit könne vergehen, ehe die von Cleveland empfohlene Kommission werde eingesetzt werden, und der Bericht der Kommission werde vielleicht nicht vor dem Ueber⸗ gang der Exekutive in andere Hände vorgelegt werden; was aber auch immer geschehen möge, England müsse fest und ruhig auf seinen Rechten als unabhängiger Staat bestehen und, wenn nöthig, die geeigneten Maßregeln zur Sicherung dieser Rechte treffen. Die „Daily News“ schreibt, die Bot⸗ schaft sei agressin und drohend, werde aber vermuthlich nicht ernsthaft sein. Es sei unwahrscheinlich, daß Lord Salisbury ich den Vorschlägen Cleveland s fügen werde. Der „Standard“
lärt, Cleveland's Haltung sei widersinnig; die einzige Ant⸗ wort der Engländer darauf sei: „Wir lehnen es ab, uns selbst zu erniedrigen oder eine Entscheidung der Exekutive der Ver⸗ einigten Staaten anzunehmen in einer Angelegenheit, die außerhalb ihrer Jurisdiktion liegt.“
Rußland.
Der Großherzog von Hessen, Höchstwelcher mit der Großherzogin aus Moskau zurückgekehrt ist, empfing gelte, wie W. T. B. berichtet, in Zarskoje Sselo den
eutschen Botschafter Fürsten Radolin in Privataudienz.
Die Deputation des preußischen Kaiser Alexander Garde ⸗Grenadier⸗ i, , . Nr. 1 folgte, wie W. T. B.“ aus St. Petersburg erfährt, am Dienstag einer Einladung der Garde⸗Kosaken und gestern einer solchen der Garde⸗Artillerie; in den Kasernements fanden militärische Uebungen statt, so bei den Kosaken die traditionelle „Dschigi⸗ towka“. Die Aufnahme war die allerherzlichste. Bei den nachfolgenden Frühstückstafeln sandten beide russische Regi⸗ menter Begrüßungs⸗Telegramme an den Kommandeur des 2h Alexander Garde⸗Grenadier⸗Regiments, Obersten von Sausin.
Italien.
Der Senat hat gestern die von der Deputirtenkammer bereits genehmigte Vor * angenommen, wonach die Gültig⸗ keit der Bestimmungen über die Zahlung von 26 ã mien 3. Gunsten der Handelsmar ine bis zum 31. Dezember 1 verlängert wird.
Die Deputirtenkammer setzte gestern die Berathung über die einzelnen Artikel der Vorlage, betreffend die U m⸗ wandlung der vier Königlichen Dekrete vom 6. No⸗ vember 1894 in ein Gesetz, fort. Der Minister⸗Präsident Crispi brachte eine Vorlage, betreffend die Bewilligung eines Kredits von 20 Millionen für Afrika, ein m
eitig die frühere Vorlage, durch welche ein Kredit von? Millionen ür Afrika gefordert wurde, zurück. In der Begründung der Vorlage
heißt es: „Die militärischen Verstärkungen werden im Ver⸗ 5. zu bem Ziel Flehen, dag wir erreichen wollen; d. h. wir wollen die von üns besetzten Provinzen vertheidigen und das Ansehen unserer Fahne wieder befestigen, indem wir sie wieder dahin tragen, wo sie gehißt worden war, nicht infolge des ehrgeizigen Wunsches nach Ausdehnung, sondern wegen der Nothwendigkeit, uns zu vertheidigen, und wir wollen uns fest auf dem mit dem Blut unserer Söhne getränkten Gebiete niederlassen und unsere Herrschaft über Tigre sichern. Auf Antrag des Minister⸗Präsidenten Crispi wurde die Vorlage der Bu dgetkommission überwiesen, die noch gestern Abend in Berathung trat. Wie ‚W. T. B. vernimmt, hätte die Kommission mit allen gegen eine Stimme den Kredit ge⸗ nehmigt und werde in k Sitzung der Deputirten⸗ kammer Bericht erstatten.
Der Dampfer Singapore“ hat in Messina Geschütze und anderes Kriegsmaterial an Bord genommen und ist gestern Abend unter begeisterten Aeußerungen des Patriotismus N der Bevölkerung von dort nach Massowah in See gegangen.
Die e Beisetzung des Kardinals? . fand gestern in Rom in der Kirche San Bernardo alle Terme statt. Derselben wohnten 13 Kardinäle, zahlreiche Prälaten, der preußische Gesandte beim Vatikan von Bülow, der Groß⸗ meister des Malteser⸗Ordens, die Notabeln der deutschen und der österreichisch⸗ ungarischen Kolonie und die Schüler des deutschen Kollegiums bei. Der Erzbischof De Neckere zelebrierte die Todtenmesse, der Kardinal Bianchi ertheilte die letzte Absolution.
Spanien. Die der Opposition 1 Senatoren und Deputirten sind, dem, W. T. B.“ zufolge, übereingekommen, die Wiedereröffnung der Cortes zu verlangen.
Schweiz.
Die großbritannische Regierung ist, nach einer im Bundesrath gemachten Mittheilung, auch für ihre Kolonien Natal, Ceylon, Lagos, St. Helena und Kanada der Dres⸗ dener Sanitäts-Konvention vom 15. April 1893 bei⸗ getreten.
Belgien.
In der gestrigen Sitzung des Senats bgründete Lejeune in längerer Rede einen Antrag gegen das Spiel und die Wetten und empfahl dessen Annahme, um die gewinnsüchtige Ausbeutung der Spieler verhindern und die Spieler auf zivilgericht⸗ lichem Wege belangen zu können. Van Put⸗Antwerpen betonte, der Antrag Lejeune leide an Uebertreibungen und sei wenig praktisch. Der Senat stimmte indessen im Fortgange der Sitzung dafür, den Antrag Lejeune in Erwägung zu ziehen. — der Repräsentantenkammer erklärte der Kriegs⸗Minister Brassine: sein Entwurf zur Heeresorganisation sei bis auf einige Einzelheiten fertig. Der Entwurf unterliege gegenwärtig einer Prüfung durch die zuständigen Minister, von seiner un⸗ verzüglichen Einbringung könne jedoch bei der Ueberladung der Tagesordnung des Hauses keine Rede sein. Der Minister betonte aber, daß der Entwurf seiner Zeit werde vorgelegt werden, und daß sein, des Ministers, Verbleiben im Ministerium nur unter dieser Bedingung möglich sei. Die Führer der Sozialisten Bertrand, Vandervelde, Defuisseaux und Andere sprachen sich für eine unverzüglich einzubringende Vorlage über
die militärische Reorganisation aus und setzten ihre gegen das
Militär gerichteten Theorien auseinander.
Türkei.
Von amtlicher türkischer Seite wird, dem „W. T. B.“ zufolge, berichtet, die Aufständischen von Zeitun hätten neun von Mohamedanern bewohnte Ortschaften in der Nähe von Zeitun, darunter den Hauptort Enderin, geplündert und in Brand gesteckt. Von der mohamedanischen Bevölkerung seien 266 Personen, darunter 7 Frauen, getödtet und ungefähr 100 Personen beiderlei Geschlechts verwundet worden. Die Zahl der in den oben erwähnten Ortschaften einge⸗ aͤscherten Häuser betrage gegen 5090. Es sei festgestellt worden, daß die Aufständischen große Grausamkeiten gegen Frauen und Kinder verübt hätten. Zwei Gendarmen seien lebendig verbrannt worden; der Kommandant der Gendarmerie von Marasch sei mit 3 Gendarmen seiner Begleitung getödtet, ein anderer schwer verletzt worden. Der Lieutenant Hassan Agha und dessen Frau seien ermordet worden, nachdem man vorher vor ihren Augen ihre 3 kleinen Kinder umgebracht habe. Ein Gendarmerie⸗Sergeant und ein Korporal der türkischen Armee seien von den Insurgenten auf der Brücke von Enderin gleichfalls niedergemacht worden. Außer den erwähnten Greuelthaten hätten sich die Aufständischen noch anderer Mordthaten, Grausamkeiten und Plünderungen in Zeitun und anderen Orten schuldig gemacht.
Bulgarien.
Die Sobranje beschloß auf Antrag des Präsidenten nahezu einstimmig, den Kaiser von Rußland anläßlich seines heutigen Namensfestes zu beglückwünschen.
Die Konferenz der Delegirten des macedonischen Comité s tagte, wie ‚W. T. B.“ aus Sofia berichtet, bei verschlossenen Thüren. Es verlaute: Ludskanow, der Schwiegersohn Zankow's, sei zum provisorischen Präsidenten gewählt worden; auch werde versichert, alle Delegirten gehörten der Partei Karawelow's und Zankow's an.
Montenegro.
Der neue, auf der Basis des Meistbegünstigungsrechts ab⸗ geschlossene serbisch⸗montenegrinische Handelsvertrag ist 1 einer Meldung aus Tetinje gestern unterzeichnet wor
Amerika.
Der Präsident Cleveland hat gestern an den Kongreß eine Botschaft über die Venezuela⸗Frage gesandt, der die Antwort Lord Salisbury's auf die Note der Re⸗
ierung der Vereinigten Staaten beigegeben war. räsident Cleveland sagk darin: Lord Salisbury erhebe dagegen Einspruch, daß die amerikanische Regierung in der vorliegenden af der Monroe⸗Doktrin eine neue und . Auslegung gebe, einer Doktrin, welche im allgemeinen auf den Stand der Dinge, in welchem man heutigen Tages lebe, und im besonderen auf die gegenwärtige Streitfrage unanwendbar sei. In der in seiner * . hieran eknüpften Erörterung bezeichnet der Präsident Cleveland die uslegung der Monroe⸗Doktrin durch Amerika als stichhaltig und esund, als wichtig für die Sicherheit der Nation, wesentlich ür die n,, ihrer freien Einrichtungen und 2 bestimmt, in jeder Entwicklungsstufe des nationalen Lebens Anwendung zu finden. Diese Doktrin könne nicht veralten. Sodann erklärt
Kongreß
der Präsident, daß die Doktrin vollkommen auf den anwendbar sei, wa eine europäische Macht durch eine hnung von einem Gebiete Besitz zu ergreifen suche,
das einer Republik auf dem amerikanischen 5 gehöre. Nach dem Ausdrucke des Bedauerns darüber, daß Großbritannien die Schlichtung der Angelegenheit durch Schiedsspruch ablehne, be⸗ merkt der Praäͤsident, es bleibe nichts übrig, als die gegebene Lage anzunehmen und entsprechend zu handeln. Der Streit
e ein Stadium erreicht, welches es den Vereinigten Staaten zur Pflicht mache, Schritte zu thun, um festzustellen, was dis wirkliche Grenze zwischen Venezuela und Britisch— Guyang sei. Der Präsident schlägt daher vor, daß der 5 eine entsprechende Summe für die Kosten einer Kommission bewillige, welche die erforderliche Untersuchung vornehmen und mit möglichst 9. Verzug über die Ange , erstatten solle. „Wenn dieser Bericht . ein wird“, fährt die Botschaft fort, wird es die Pflicht der Vereinigten Staaten sein, mit allen ihnen zu Gebote stehenden Mitteln sich, als einem vorsätzlichen Angriff auf ihre Rechte und Interessen, der Aneignung irgend welcher Land⸗ strecken durch Großbritannien zu widersetzen, welche wir nach vorgenommener Untersuchung als von Rechts wegen Venezuela gehörig erkennen mögen. Ich bin mir wohl der vollen Ver⸗ antwortlichkeit bewußt, welche ich übernehme, indem ich diese Vorschläge mache, und stelle mir klar alle etwaigen Konsequenzen vor Augen. Obwohl anzuerkennen ist, 6 es ein schmerzlicher Gedanke ist, die zwei großen englisch sprechenden Völker sich als andere denn freundschafkliche Rivalen auf dem Wege des Fortschritts und des Friedens vorzustellen, so it doch kein Unglück demjenigen gleich, welches aus unthätiger Unterwerfung unter Unbill und Üngerechtigkeit hervorgeht, — nämlich dem Verluste der nationalen Ehre.“ Die Botschaft wurde von dem Senat mit warmem Beifall durch Händeklatschen aufgenommen und an die Kommission für auswärtige Angelegenheiten überwiesen.
Die demokratischen Mitglieder des Kongresses billigen einmüthig die Botschaft, die republikanischen Mitglieder halten mit ihrem Urtheil meist noch zurück.
Die meisten New⸗Horker Blätter erklären, die Bot⸗ schaft des Präsidenten Cleveland habe die Unterstützung der i Nation. Die „Eve ning Post“ sagt, der r fer! abe vorläufig gezeigt, daß er im siande sei, auswärtige Fragen zu benutzen, um er if, Siege zu erringen.
Die ir ische National⸗Liga hat ein Manifest erlassen, worin sie den Vereinigten Staaten im Fall eines Krieges mit England die Dienste von 100 900 Soldaten anbietet.
Nach einer Depesche des Madrider „Heraldo“ aus Cien—⸗ fuegos zeigten sich Patrouillen der Truppen des Insurgenten— führers Gomez in der Nähe dieser Stadt.
Afrika. Die Agenzia Stefani“ berichtet aus Massowah von 6 der General Baratieri habe telegraphisch aus dug gemeldet: die Lage sei unverändert, in Adua und Axum herrsche Ruhe. Ueber ein Vorrücken des Feindes liege keine Meldung vor.
Parlamentarische Nachrichten.
Der Schlußbericht über die gestrige Sitzung des Reichstags befindet sich in der Zweiten Beilage. ;
Entscheidungen des Reichsgerichts.
Es ist nach einem Urtheil des Reichsgerichts, IV. Zivilsenats, vom 30. September 1895, gesetzlich zulässig, daß einem Di rektor beim Landgericht oder einem Senats, Frü*ffoe* nen beim Ober⸗ zandesgericht der Vorsitz in mehreren Kammern oder Sen aten übertragen werde. — In einer Ehescheidungssache, welche in der Berufungsinstanz bei dem XII. Zivilsenat des Kammergerichts anhängig gewesen hatte die Revistonsbeschwerde gerügt, daß der er⸗ kennende Senat nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen sei, weil von dem Präsidium des Kammergerichts für das Jahr 1895 zum Vor sitzenden des XII. Zivilsenats der Senats. Prãsident 8. bestimmt worden; dieser aber sei gleichzeitig um Vorsitzen den des IV. Zivilsenats bestellt, durch dessen Geschäfte jedoch seine volle Arbeitskraft in Anspruch genommen werde, sodaß er den Vorsitz in dem XII. Senat nicht führen könne und von einem Kammergerichts Rath vertreten werde; im vorliegenden Falle habe die Bestimmung eines Präsidenten zum Vorsitzenden zweier Senate stattgefunden, weil durch den preußischen Staatshaushaltz- Etat die erforderliche Anzahl von k beim Kammer- gericht nicht bewilligt worden sei. Diese Rüge wurde vom Reichs⸗ gericht als nicht begründet erachtet, indem es ausführte: Die die Land⸗ gerichte betreffende Vorschrift des 5 61 des Gerichts verfaffungsgesetzes, der, wie den nachfolgenden S§ 62 bis 68, nach 5 121 für die Ober Landesgerichte entsprechende Anwendung gegeben ist, enthält zwar nicht, wie der § 62 bzi. der anderen Gerichtsmitglieder die ausdrückliche Bestimmung, daß ein Direktor oder Senats. Präsident zum Vorsitzenden mehrerer Kammern oder Senate bestellt werden könne. Dessen ungeachtet ist es als der Sinn des Gesetzes auzusehen, daß dies nicht ausgeschlossen sein sollte. .. Verbietet nun aber das Gesetz nicht, . einem Direktor oder Senats Prãsidenten der Vorsitz in mehreren Kammern oder Senaten über- tragen werde, so können bei der Beurtheilung, ob ein Verstoß im Sinne des § 513 Nr. 1 Zivilprozeßordnung vorliegt, die Gründe, die im einzelnen Falle dazu geführt haben, einem Vorsitzenden die Leitung mehrerer Kammern oder Senate ju Überweisen, nicht in Betracht kommen.“ (l / gö.)
— Die Rechte der Aktionäre einer Aktiengesell« sch aft werden nach Art. 21 des Handelsgesetzbuchs in der Gene ral. versamm lung durch Beschlußfassung der erschienenen Aktionäre ausgeübt. In Bezug auf diese Bestimmung hat das Reichsgericht, L. Zivilsenat, durch Ürtheil vom 2. November 1895 ausgesprochen, daß den Aktionären die Möglichkeit einer Erörterung derjenigen Gegenstände, über welche Beschlässe gefaßt werden sollen, innerhalb derjenigen Grenzen gewährt werden müsse, welche für eine sachgemäße Erörterung erforderlich sind, widrigenfalls die Beschlüsse als ungültig angefochten werden önnen. — der ordentlichen Generalbersammlung einer Aktien⸗ esellschaft zu Berlin meldete sich ein Aktionär, Redakteur M., beim Beginn der Verhandlung zum Wort; er erhielt dasselbe indeß nicht, vielmehr a, , . Versammlung auf den Antrag eines anderen Aktionãrs, daß kein Redner länger als 10 Minuten sprechen soll. Darauf erklärte Redakteur M. zu Protokoll, er protestiere gegen die Gültigkeit der heutigen Generalversammlung, da ihm sein Recht un= gesetzlicher Weise dadurch beschränkt sei, daß vor Eintritt in die Tages- ordnung bestimmt worden sei, jeder Aktionär dürfe höchstens 10 Mi⸗ nuten sprechen. Die Tagesordnung wurde sodann erledigt, und durch Beschluß wurde dem Vorstand und Aufsichtsrath Decharge ertheilt. M. erhob auf Grand der Art. 190 a, 222 5. G. B. Klage auf Ungültigkeits⸗ Iklärung der Beschlüsse der Generalversammlung. Die Klage wurde in der
erufungsinstanz abgewiesen. Auf, die Revision des Klägers hob das Reichsgericht das Berufungzurtheil auf, indem es begründend aus—
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Entscheidungen des Ober⸗Verwaltungsgerichts.
Der Einspruch gegen die Heranziehung der Anlieger einer neuen Straße zu den Straßenherstell ungskosten Cogenannte Anlieger⸗ beiträge, 5 J5 des aufluchtengesetzes vom 2. Juli 1575 ist. nach einem Urtheil des Qber⸗Verwaltungsgerichts, J. Senats, vom 17. Sep- tember 1895, nicht an die Einhaltung der Fristen des Ge— setzes vom 18. Juni 18409, betreffend die Verjährungs⸗ fristen bei öffentlichen Abgaben, gebunden. Wie in dem Urtheil des 1II. Senats des Ober- Verwaltungsgerichts vom 16. September 1892 ausgeführt, bilden die Anliegerbeiträge zwar eine Gemeindeabgabe, sind aber — da sie das Aequivalent für die eigene Herstellung der Straße durch die Anlieger und den Ersatz der hierfür gemeinde eitig aufgewendeten Kesten darstellen — weder zu den direkten noch zu den indirekten Gemeindeabgaben zu rechnen und fallen daher nicht unter diejenigen Arten dieser Abgaben, welche in dem Sz 37 der Landgemeindeordnung vom 3. Jull 1851 oder in dem Gesetze vom 18. Juni 1840 erwähnt sind.“ ¶J. 1177.)
— Bei Ermittelung des Anliegerbeitrags zu einem Bä⸗sräbnißplatz mit einer an der neuen Straße errichteten Todtengrãberwohnung kommt, nach einem Urtheil des Ober⸗Verwal⸗ tungsgerichts, J. Senatg, vom 17. September 1895, die Länge der gesammten, die Straße berübrenden Grenze des Be⸗ grãbnißylatzes in Anrechnung. Das Grundstück bildet rechtlich und wirthschaftlich ein einheitliches Ganzes. Ob das Gleiche auch far einen meilenlangen Forst und die in diefem stehende Waldwärterhütte anzunehmen wäre, fann um so mehr unerörtert bleiben, als folche Forsten inmitten des Straßennetzes bebauter Ortschaften nicht vorzukommen pflegen. ¶ I. 1177.)
Land⸗ und Forstwirthschaft.
Der belgische Ackerbau ⸗Minifter hat durch Verordnung vom 26. November d. J, die Einfuhr von niederländischem Rind⸗ vieh auf der Gisenbahn nach den Schlachthäusern in Brüssel, Cureghem, Anderlecht, Antwerpen, Gent, Lüttich und Brügge unter der Bedingung vorgängiger thierärztlicher Untersuchung bei den Grenz- zollämtern bis auf weiteres wieder gestattet.
Die Einfuhr und Durchfuhr von Schaf vieh aus den Nieder . wird ebenfalls unter der bezeichneten Bedingung wieder zu—= gelassen.
Der vwirekte Transit von Schafen und Schweinen auf der Eisenbahn ohne Umladung unterliegt keinen beschränkenden Bestim—⸗ mungen; im übrigen wird das allgemeine Verbot der Einfuhr und 3 . von Schweinen aus den Niederlanden aufrecht erhalten.
Die in Rede stehende Verordnung ist am 5. d. M. in Kraft getreten.
Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ aßyregeln.
Spanien.
Die Königliche Verordnung vom 10. d. M., durch welche die gegen Herkünfte von Tanger s. J. angeordnete Quarantäne aufgehoben worden ist (vergl. R.Anz.“ Nr. 297 vom 13. d. M.), bestimmt ferner, daß alle Häfen Marokkos, welche nicht über 165 km von Tanger entfernt sind, nicht mehr als choleraverdächtig gelten sollen. Ausgenommen hiervon sind jedoch die bis 165 km von Tetuan und Rabat entfernten Häfen, welche bis auf weiteres choleraverdächtig bleiben. (Vergl. R. Anz.“ Nr. 238 vom 4. Oktober d. J. und Nr. 292 vom 7. d. M.)
Portugal.
Durch Verfügung des Königlich portugiesischen Ministeriums des Innern ist der Hafen von Rabat (Marokko) seit dem 1. d. M. für choleraverseucht erklärt worden.
Der Gesundheitsstand in Berlin war auch in der Woche vom l, bis 7. Dezember im allgemeinen ein günstiger, die Sterblichkeit aber eine etwas größere als in der Vorwoche. (Von je 1009 Einwohnern starben, aufs Jahr berechnet, 182. Insbesondere kamen infolge der anhaltend naßkalten Witterung akute Entzündungen der Athmungsorgane in größerer Zahl zum Vorschein und endeten auch häufiger tödtlich. Auch Erkrankungen an Grippe wurden zahlreicher beobachtet und waren in sechs Fällen Todesursachen. Dagegen haben akute Darmkrankheiten seltener zum Tode ef het; die Betheiligung des Säuglingsalters an der Sterblichkeit lieb eine geringe; von je 19 000 Lebenden starben, auf's Jahr be— rechnet, 47 Säuglinge. — Von den Infektionskrankheiten blieben Erkrankungen an Typhus selten, an Masern in fast gleicher Höhe wie in der Vorwoche, während Erkrankungnn an Scharlach etwas weniger, an Diphtherie etwas häufiger zur Meldung kamen als in der Vorwoche; und zwar zeigten sich Erkrankungen an Scharlach in der Tempelhofer Vorstadt und der diesseltigen Louisenstadt, Erkrankungen an Diphtherie in der senseitigen und dies⸗ seitigen Luisenstadt, im Stralauer und Spandauer Viertel, in der Rosenthaler und Oranienburger Vorstadt am haäͤufigsten, Masern dagegen nur im Stralauer Viertel in nennenswerther Zahl. Weitere Erkrankungen an Pocken sind nicht gemeldet worden. Erkrankungen an Kindbettfieber wurden 4 bekannt; rosenartige Entzündungen des Zellgewebes der Haut blieben selten. Zahlreich kamen auch in dieser Woche Erkrankungen an Keuchhusten, die in 19 Fällen zum Tode führten, und rheumatische Beschwerden, namentlich der Muskeln, zur ärztlichen Behandlung.
Handel und Gewerbe.
In der Zeit vom 9. bis 14. Mai 1896 findet — wie in diesem Jahre — in Wien ein von der dortigen Land⸗ wirthschaftsgesellschaft veranstalteter internationaler Ma— chinenmarkt statt. Anmeldungen sind dem Programm zufolge bis zum 15. März an das Comité, Wien J, , g. 13, zu richten. Die Annahme der Gegenstände eginnt am 25. April und endet am 14. Mai. Bis 8. Mai müssen alle , 9 den ihnen zugewiesenen Plätzen aufgestellt und nach Schluß des Marktes
aus dem gedeckten Raum bis 16. Mai, die im Freien aus⸗
gestellten bis 18. Mai Abends entfernt sein. Die Anmeldungen für die Prüfung von Neuheiten find bis J. März und die dafür bestimmten Gegenstãnde bis längstens 9. April 1896 an das Comits einzusenden.
Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks * ,, . ö An der Ruhr sind am 17. d. M. ellt 13122, nicht * n,, 2 1 ! 9 . erschlesien sind am 16.8. M. gestellt 5454, nicht recht⸗ zeitig gestellt keine Wagen. z 2
Zwan gs⸗Versteigerungen.
Beim Königlichen Amtsgericht 1 Berlin standen am 16, und 17. Dezember die nachbezeichneten Grundstũcke zur Ver⸗ steigerung: Dun ger str. 6, dem Kaufmann M. Krause gebörig; Fläche g.46 a; Nutzungswerth 11700 : mit dem Gebot von 168 000 „6 blieb der Kaufmann Rich. Maaß zu Berlin Meist⸗ bietender. — Frankfurter Allee 6l, dem Taufmann Jul, Erzleben gehörig; Fläche 17352 a; Rutzungs⸗ werth 5259 1M; ein Gebot wurde nicht abgegeben. — Friedrichstr. 181 u. Mohren st r. 51, dem Rittergut besnz Albert Petry gehörig; Nutzungswerth 53 300 ; mit dem 3 von S7l G0) M blieb der Kaufmann Carl Ziegler, Schüßenflr. 3, Meistbietender. — Liesen str. 11, der Frau Bauunternehmer Emilie Granowsky, geb. Gohlke, gehoͤrig, lãche 15 2; Nutzungswerth 10490 (a; Meistbietende blieb die Frau Kaufmann Schubarth, geb. Weissenborn, zu Pots dam, mit dem Gebot von 143 000 0 — Prenzlauer Allee 207, und Fransegdistr. 31, dem Maurermelster August Müller ge—= hörig; Fläche 1091 a; Meistbietender blieb der Rentier Carl Messow, Spenerstr. 198, mit dem Gebot ven 215 000 4. Aufgehoben wurde das Verfahren Der Zwangsversteigerung wegen der nachbezeichneten Grundstücke: Grünstr. 7 u. 3, dem Architekten W. Bragrock gehörig. — Rigaer str., dem Zimmer⸗ meister Aug. Reisener gehörig.
Beim König lichen Amtsgericht I Berlin standen zur Versteigerung: Grundstũck zu Schöneberg, angeblich Brunhild= straße 15 belegen, dem Versicherungs Beamten Alois Burkert zu Berlin gehörig; Fläche 6,09 a, mit 450 6 Nutzungswerth zur Gebhäudesteuer veranlagt; mit dem Gebot von 118 8006 blieb der Kaufmann Wilhelm Wolff zu Berlin, Behren— straße 509, Meistbietender. — Grundstück zu Friedenau, dem Uhr macher Adolph Hertel zu Friedenau gehörig, Fläche 3 53 a; mit 3600 46 Nutzungswerth zur Gebãäudesteuer veranlagt; mit dem Gebot don 31 900 M blieb der Rentier Gustav Schweitrig zu Berlin, Wartenburgstraße 31, Meistbietender. — Aufgehoben wurde das Ver⸗ fahren der Zwangs versteigerung wegen des zu Schöneberg, Sedanstraße o8, belegenen Grundstücks, der Handelsgesellschaft in Firma Schmidt und Brennicke zu Berlin gehörig. — Eingestellt wurde das Verfabren der Zwangsversteigerung wegen des zu Schöneberg, an=
eblich Goltzstraße 11 und Barbarossastraße 75, belegenen, dem aurermeister Hermann Hoffmann zu Schöneberg gehörigen Grundstũcks.
Theater und Mufik.
Königliches Schauspielhaus.
SFFriedrich Haase setzte gestern sein Gastspiel als Graf Thorane in Gutz kow's bekanntem Lustspiel Der Königslieutenant“ fort: eine Rolle, die von jeher zu den besten und ausgereifteften des Künstlers zu zäblen war. Auch gestern war der gefeierte Gast wieder vom Scheitel bis zur Sohle der französische Kavalier alten Regimes, der feinsinnige Cdel mann, dessen liebenswürdiges Wesen alle Weßt für ihn einnimmt. So blieb denn auch der herzliche und einmüthige Beifall nicht aus, der dem nun bald aus der Theaterwelt scheidenden Künstler so oft an dieser Stätte zu theil geworden ist. Zum Gelingen des Ganzen trugen die übrigen Mitwirkenden ebenfalls wesentlich bei; namentlich verdient Frau von Hochenburger für die sympathische Art, in der sie den jungen Wolfgang Goethe gestaltete, vollste Anerkennung. Ihre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin wohnten der Aufführung von Anfang bis zum Schlusse bei.
Neues Theater.
Madame Segond⸗Weber trat gestern, am zweiten Abend ibres Gastspiels, in dem Drama Les Jacobites«“ von Frangois CoppsSe auf. Das in Versen geschriebene Schauspiel des zeitgenossischen Dichters ist im ganzen Bau und Stil den französischen Klassikern nachgebildet. Wie ein wallendes Gewand gleiten die viel⸗ fühigen klangvollen Verse majestätisch dahin; aber sie hemmen die natürliche freie Bewegung des Bühnenkünstlers, sein Spiel und seine Ausdrucksfähigkeit und fordern geradezu zur Dekla—⸗ mation, zum getragenen Pathos heraus. Frau Segond⸗Weber ist Meisterin dieser Vortragskunst; sie gebietet auch über einen helden⸗ haft leidenschaftlichen Ausdruck, sodaß sie das Interesse der Hörer und Zuschauer weckt; aber es gelingt selbst ihrer Kunst nur schwer, das menschliche Herz zu ergreifen und zu rühren. In den Jacobitesé spielt sie die Rolle einer schottischen Bettlerin Marie, die mit schwärmerischer Begeisterung die Heimkehr des echten Königs, des ö Karl Eduard, zur Beglückung Schottland? ersehnt. Wie der angestammte Fürst in ihrer Phantasie mit ihrem Vaterlande zu einem füßen Bilde verschmilzt, sodaß für Schottland streiten und für ihn kämpfen ihr gleichbedeutend erscheint, so tritt die arme Marie auch dem Prinzen als ein Sinnbild 662 Vaterlandes entgegen, das er symbolisch mit einem Kusse auf ihre Stirn begrüßt. Marie und ihr alter blinder Vater Angus sind nun des Königs treueste Anhänger. Als ein Liebes. verhältniß, das Karl Eduard mit Lady Fingall, der Gattin seines vertrauten Freundes, angeknüpft hat, entdeckt zu werden droht, giebt sich Marie zu seiner Rettung der öffentlichen Verleumdung Preis. Nach, des Prätendenten Schlachtenunglück treffen sie sich wieder: das Mädchen sterbend an der felsigen Meeres. küste und der Prinz ermattet durch Entbehrungen, von seinen Feinden verfolgt. Beider er ef een sind vernichtet. Der Eindruck des Schauspiels ist ungleichmäßig wie die dramatische Bewegung, die in, den verschiedenen Akten nicht gleich kräftig punstert. Der vierte und fünfte Akt bieten eigentlich nur Stimmungs— bilder, die freilich durch die Darstellung edler Empfindung in poetisch schöner Sprache fesseln und rühren. Nach den „Jacobites beurtheilt, erscheint Coppée größer als Lyriker denn als Dramatiker. Madame Segond⸗Weber spielte das patriotische Bettlerkind mit llassischer Ruhe in der Geste und mit klugem Ausdruck im egg ihr zartes durchgeistigtes Gesicht gewann manchmal den Ausdruck einer Seherin; ö. bot sie, an den blinden Greis gelehnt, ein rührendes Bild. Die Stimme jedoch ist, wie schon gestern bemerkt wurde, spröde und entbehrt der Weichheit und Geschmeidigkeit. Neben dieser künstlerisch immerhin hervor- ragenden Darstellerin verdienen die Leistungen der Herren de Neers ee. Karl Eduard), Tesce (Lord Fingall) und Menrice (der blinde ngus) mit Anerkennung genannt zu werden.
Im Königlichen Opernhause geht morgen Wilhelm Kienzl's musikalisches Schauspiel ‚Der Evangelimann“ zum 17. Mal in n. 6 Besetzung in Scene: Mathias: Herr Sylva; Johannes: Herr
ulß; Martha: Frau Pierson; Magdalena: Frau Götze. Kapell⸗ meister Dr. Muck dirigiert. Hierauf folgt das Ballet „Phantasien im Bremer Rathskeller von Gracb und Steinmann (Anfang 7 Üühr). n n. bayerische Kammersänger Herr Heinrich Vogi wird in den Aufführungen von „Siegfried? und „Götterdämmerung“ den Siegfried singen. . Intendant Possart hat zur Verlängerung dieses 66 Herrn Vogl Urlaub ertheilt.
Im Königlichen Schauspielhause wird morgen Calderon's Märchendichtung Das Leben ein Traum“ mit Herrn Matkowsky als
Sigismund gegeben; die Rosaura spielt Fräulein Poppe. —