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handel zu verbieten (sehr richtig! rechts); sonst aber sind Be⸗ dingungen aufzustellen, welche die Interessen der Konsumenten und der Produzenten nach Möglichkeit schützen. Die verbündeten Regierungen sind bemüht gewesen, in dem Entwurf diese Bedingungen zu finden; sie sind bereit, mit Ihnen zu erörtern, in wie weit sie als hinreichend wirksam und erfolgreich anzusehen sind. Daß sie zu weitgehend wären und geeignet, den legitimen Handel in seiner Bewegungsfreiheit zu stören, das nehmen die verbündeten Regierungen nicht an.
Eine wichtige, ja vielleicht die wichtigste Aufgabe ist in dieser Beziehung dem Verordnungsrecht des Bundesraths zugewiesen, weil gerade hier es besonders wünschenswerth war, Bewegungsfreiheit zu lassen, und weil nicht alle thatsächlichen Verhältnisse so lagen, daß man sofort mit einer gesetzlichen Regelung eintreten konnte. Das bezieht sich besonders auf die Forderung der Untersuchung des Getreides auf seine Lieferbarkeit vor erfolgter Ankündigung: einer Vorschrift, die nach meiner Meinung an sich als wünschenswerth zu be⸗ zeichnen ist. Die verbündeten Regierungen haben, weil eben die gesetz⸗ liche Regelung dieser Frage zur Zeit nicht angängig erschien, wie Sie wissen, einen anderen Weg im § bo des Entwurfs gesucht, indem sie bestimmt haben, daß derjenige, welcher Getreide ankündigt, welches nach der Ankündigung als nicht lieferbar erklärt wird, in Erfüllungs⸗ verzug geräth, obwohl die Lieferungsfrist noch nicht abgelaufen ist.
Im übrigen, meine Herren, richten die verbündeten Regierungen an Sie die Bitte, das Vertrauen zu ihnen zu haben, daß sie von den Kompetenzen, die sie für sich in dem Gesetzentwurf in Anspruch nehmen, auch einen geeigneten Gebrauch machen werden.
Nun, meine Herren, verlasse ich das Börsengesetz und gestatte mir noch einige Worte über den zweiten Ihnen vorliegenden Gesetz⸗ entwurf: das Gesetz, betreffend die Pflichten der Kaufleute bei Auf⸗ bewahrung fremder Werthpapiere. Dieses Gesetz steht mit dem Börsengesetz nicht in so nothwendigem innerlichen Zusammenhang, daß es nicht auch ohne ersteres hätte zur Vorlage kommen können; aber ganz ohne Zusammenhang sind die Gesetzentwäürfe doch nicht. Das Publikum, welches sich an den Börsengeschäften betheiligen will, muß dem vermittelnden Banquier Sicherheit stellen, und diese Sicherheit wird in der Regel, ja fast ausnahmslos in der De⸗ ponierung von Werthpapieren bestehen. Wenn nun das Gesetz die Befugniß des Banquiers, über diese Werthpapiere, des Kommissio⸗ närs, über die angekauften Werthpapiere frei zu verfügen, die er bis⸗ her, in sehr vielen Fällen wenigstens, gehabt hat, einschränkt, so wird mittelbar auch eine Einschränkung des Börsenspiels durch eine solche Bestimmung herbeigeführt werden. Jedenfalls aber erschiten es rathsam, den Gesetzentwurf der Börsen⸗Enqusöte⸗ Kommission zur Berathung vorzulegen. Meine Herren, die Kommission ist der Meinung gewesen, daß es nicht unmittelbar in den Grenzen der gestellten Aufgabe liege, die Materie der Depots einer Besprechung und Beurtheilung zu unterziehen. Die Kommission hat Aenderungen zu dem Gesetzentwurf nicht vorgeschlagen; er hat bereits in einem früheren Stadium einer Berathung von hauptstädtischen und Provinzialbanquiers unterlegen, deren Rathschläge auch in wesentlichen Theilen Berücksichtigung gefunden haben, um zu verhüten, daß Vorschriften gegeben werden, die sich in der Praxis nachher nicht ausführen lassen. Das Gesetz bezweckt wesentlich die größere Siche⸗ rung des Publikums gegen den Verlust deponierter Werthpapiere, und die Mittel, die vorgeschlagen sind, um diesen Zweck zu erreichen, bewegen sich auf zivilrechtlichem und auf strafrechtlichem Gebiete.
In ersterer Beziehung handelte es sich darum, die Unklarheiten im Eigenthumsbegriff zu beseitigen, die sich in der Praxis bei der Verwahrung und der Verpfändung bei dem Kommissionsgeschäft er⸗ geben haben, namentlich dann, wenn an diesen Geschäften mehrere Banquiers, der Provinzialbanquier und der hauptstädtische Banquier, der an dem Börsenplatze sich befindet, betheiligt gewesen sind. Es handelt sich darum, vor allen Dingen den Eigenthumsbegriff unzweifel⸗ haft klar zu stellen in zivilrechtlicher Beziehung und in strafrechtlicher Beziehung bezüglich des Schutzes des Publikums in Betreff der deponierten Werthpapiere Bestimmungen zu treffen, wie sie in den Motiven Ihnen des Näheren dargelegt worden sind. Daß diese Bestimmungen, sowohl die zivilrechtlichen, wie die strafrechtlichen, nicht im stande sein werden, vor Depotunterschlagungen zu schützen, das wissen die verbündeten Regierungen ja auch. Es wird ein vergebliche Bemühen sein, ein Gesetz vorzulegen, das dies unmög⸗ lich macht, wenn man nicht einfach das Deponieren verbieten will. Aber die verbündeten Regierungen sind der Meinung, daß in den Bestimmungen, wie sie jetzt Ihnen vorgeschlagen sind, ein erheb— licher Schutz, namentlich des unkundigen Laien, gegen den Verlust deponierter Werthpapiere liegt.
Nun hat es auch gegen dieses Gesetz nicht an Einwendungen gefehlt, wenn sie auch nicht so weittragend und so erheblich gewesen sind wie diejenigen, die gegen den Börsengesetz entwurf erhoben worden sind, und das kommt daher, daß der wesentlichste Theil der Be⸗ stimmungen, die hier vorgeschlagen werden, von einer Reihe solider bedeutender Bankhäuser heute bereits freiwillig erfüllt wird. Das bezieht sich namentlich auf das Stückeverzeichniß in 5 3 des Ent⸗ wurfs, der besonders lebhafte Anfeindungen erfahren hat. Die ver⸗ bündeten Regierungen sind ja gerade in dieser Beziehung nicht ohne eigene Kenntnisse dadurch, daß sie im Besitz großer Finanzinstitute sind, die selbst Bankgeschäfte treiben, und die Erfahrungen, die an diesen Reichs⸗ und Staats- Finanzinstituten gemacht sind, haben den verbündeten Regierungen nicht die Ueberzeugung gegeben, daß die Vorschriften dieses Depotgesetzes die Banken übermäßig belasten, daß sie unnütz oder gar, daß sie gesetzlich bedenklich wären.
Nun, meine Herren, die beiden Gesetze, die Ihrer Berathung unterliegen, bieten ungewöhnliche technische Schwierigkeiten, die deshalb sehr schwer zu überwinden sind, weil die wenigsten Personen, die nicht selbst Börsengeschäfte treiben, über die Börsenverhäͤltnisse klar sehen, weil es für jeden von uns, den nicht sein Beruf an die Börse führt, außerordentlich schwer wird, sich klar zu werden über den Ursprung, über die Bedeutung, über die Tragweite, ja selbst über die Wortbezeichnung des einzelnen Börsengeschäftes. Deshalb ist ja kein Zweifel: Gründlichkeit und Vorsicht sind unerläßlich bei der Berathung der uns beschäftigenden Materie. Aber den Einwand wollen wir uns doch nicht machen lassen, daß, weil hier Unklarheiten, Undurchsichtigkeiten, Schwierigkeiten vorliegen, wir die Hand von der Regelung dieser Materie lassen wollen. Nein, meine Herren, das Material, das uns in den Arbeiten der Enquste⸗Kommission vorliegt, ist ungewöhnlich reichhaltig; wird es gründlich studiert, wird es mit Sorgfalt angewendet, wird der Entschluß festgehalten, nicht über das Ziel hinauszuschießen, aber auch anerkannten Mißständen energisch
und fest gegenüberzutreten, so werden brauchbare Gesetze entstehen. Die verbündeten Regierungen zweifeln nicht, daß der Reichstag so ver⸗ fahren wird. (Bravo! rechts.)
Abg. Graf Kanitz (dkons): Als wir von der Kanalfeier zurückkehrend einen Besuch in Bremen machten, hielt ich auf einem est eine Rede über die produktiven Stände, zu denen ich auch den ndelsstand rechnete. Diese Rede wurde in der freisinnigen Presse vielfach angefeindet, weil sie meinen Anschauungen nicht entspräche. Und doch habe ich nur meine volle Ueberzeugung ausgesprochen, denn ich betrachte den ehrlichen Kaufmann als den besten Freund des Landmanns. Deutschland würde sich nicht; wirthschaftlich so hoch aufgeschwungen haben, wenn nicht ein ehrlicher, solider Handelsstand vorhanden gewesen wäre. Diesen soliden, ehrlichen Handelsstand zu schützen, das muß die Aufgabe jedes einsichtigen Politikers sein, und das ist auch der J von welchem aus wir an die Vor⸗ lage herantreten. Die Vorlage richtet sich gegen Mißstände, welche von den soliden Kaufleuten selbst als überflüssig und schädlich bejeichnet werden. Wir haben einen scharfen Unterschied zu machen zwischen dem Handelsstand im allgemeinen und zwischen den Börsenkreisen. Nur in den letzteren findet sich die ablehnende Hal⸗ tung gegenüber der Vorlage. Worin bestehen die Mißbräuche der 33 Börsen? Angebot und Nachfrage sollen maßgebend sein, nach Vorrath und Bedarf soll der Kaufmann seine Geschäfte einrichten; aber diese Grundlagen sind erschüttert durch die künstliche Steige⸗ rung des Angebots mittels fingierter Waaren und durch die Verminde⸗ rung desselben durch Zurückhaltung der Waarenvorräthe. Nicht bloß die Kaufleute beschäftigen sich mit dem Waarenterminhandel, sondern es werden auch Privatleute herangezogen und dabei ausgebeutet. Je höher die Bedeutung der Börse für den Waaren⸗ und Geldverkehr ist, destomehr muß sie frei gemacht werden von solchen Mißständen, wie sie allgemein beklagt werden. Die Mißstände finden sich nicht bloß an den ö Börsen, sondern auch außerhalb Deutschlands, wo auch eine Reform nothwendig wäre, weil sonst gewisse Reformen bei uns ganz wirkungslos sein würden. Es machen sich aber auch im Ausland solche Reformbestrebungen schon bemerkbar; ich erinnere an die Bewegungen zur Reform des Londoner Stock Exchange und an die amerikanischen Vorgänge. Die ., wollten sich nicht mehr ausbeuten lassen ö. die Spekulation mit landwirth⸗ schaftlichen Produkten. Wir müssen sachlich und ruhig die vor⸗ handenen Mißstände prüfen, um etwas Dauerndes zu schaffen. Vielfach ist die Ansicht vertreten, daß die Gesetzgebung garnicht befugt sei, in das Getriebe der Börse einzugreifen. Gine solche Ansicht wäre vielleicht richtig, wenn die an der Börse thätigen Personen nur mit ihrem eigenen Geld Geschäfte machten; aber der Börsenverkehr hat Einfluß auf die gesammte landwirthschaftliche Lage des Landes; Produzenten' und Konsumenten haben ein Interesse an dem Verkehr der Börse. Deshalb muß die staatliche Aussicht eingreifen und deshalb muß ein Reichsgesetz erlassen werden, die Börse darf nicht der Landesgesetzgebung Üüberlassen bleiben. Es könnte die eine Börse einer laxeren Aufsicht unterstellt werden als die andere, und dadurch könnte eine unberechtigte Konkurrenz der Börsen untereinander entstehen. Auf die Einzelheiten der Vorlage will ich nur eingehen, soweit es zur allgemeinen Ausführung noth⸗— wendig ist. Einverstanden würde ich mit den Bestimmungen über die Staatskommissarien sein, wenn ihre Befugnisse etwas weiter⸗ gehende wären; aber der Kommissarius hat nichts zu sagen, er hat nur Bericht zu erstatten. Der Kommissarius in Wien hat das Recht, Unzuträglichkeiten sofort zu rügen und abzustellen. Wenn die Zustände an der Wiener Börse nicht besonders erfreuliche sind, so liegt das an besonderen Gründen, die hier nicht zu erörtern sind. In seiner jetzigen Form wird der Kommissarius sich keine Autorität erwerben können. Die Zusammensetzung des Börsenausschusses mit z der Mit- . aus Börsenkreisen erscheint nicht sehr praktisch; denn die eschlüsse dieses Ausschusses werden lediglich im Interesse der Börsen gefaßt werden. Die Börfe soll doch alle Produktionszweige im Lande darstellen; alle haben Interesse am Börsenverkehr und müssen daher gleichmäßig vertreten sein. Die Börsen⸗Enguste⸗Kommission hatte nicht ein Ehrengericht, sondern einen Disziplinarhof, vorgeschlagen. Die letztere Bezeichnung scheint mir besser zu sein. Ob ein Ehrengericht passend ist für eine Gesellschaft, die aus verschiedenartigen Elementen zusammengesetzt ist, bezweifle ich. Es könnten ja Personen dort sein, die wegen Unterschlagung u. s. w. bestraft sind. Nachdem die Strafe erledigt ist, wenden sich die Personen wieder der Börse zu., und was machen sich denn solche Leule aus dem Verweise und dem Spruch eines Ehrengerichts; die Strafen müssen schon materieller treffen. Die Feststellung der Kurse soll durch den Börsenvorstand, erfolgen, ganz entsprechend der heutigen Ordnung. In Wirklichkeit aber werden die Kurse nicht vom Börsenvorstand, sondern von den Maklern gemacht, das ist technisch auch garnicht anders möglich. In Berlin sind 50 Maklergruppen vorhanden, von denen jede ihre Kurse in kurzer Zeit festzusetzen hat. Was soll da der eine Börsenkommissar machen? Eine Kontrole kann er garnicht ausüben. Ich will übrigens feststellen, daß eine irrthümliche Kursfestsetzung in Berlin fast gar nicht möglich ist, weil die Umsätze dazu viel zu groß sind. Den vereideten Maklern kann man nicht das eigene Geschäft verbieten; sie sind jetzt schon schwer geschädigt durch die Konkurrenz der unver⸗ eideten Makler. Besondere Beamte zur Feststellung der Kurse auzu⸗ stellen, das dürfte am Kostenpunkte scheitern; denn unter 30 0900 würde keiner zu finden sein, weil die Leute sonst als Makler bessere Geschäfte machen würden. Die Makler wünschen eine korporative Regierung, die Bildung einer Maklerkammer und eine größere Selbständigkeit für sich, um von den Banquiers und Börsen— kommissarien unabhängiger zu werden. Diese Abhängigkeit ist ein wunder Punkt für das ganze Maklerwesen; der Boöͤrsenporstand hat die Makler vollkommen in der Hand. Ich bedaure, f der Handels⸗Minister den wichtigen Punkt der Zu⸗ lassung von autwärtigen Werthpapieren nicht berührt hat. An auswärtigen Werthpapieren sind große Verluste in Deutsch⸗ land erlitten worden. Die Regierung hat pielfach vor solchen Papieren gewarnt. Die Regierung hat auch die deutschen Interessen im Auslande energisch vertreten, letzthin in so nachdrücklicher Weise, daß nicht bloß im Lande, sondern auch in diesem Hause ihr Auf⸗ treten die lebhafteste Billigung gefunden hat. Der Redner geht hierauf des Näheren auf das Verfahren bezüglich der Zulassung von Werthpapieren an der Berliner Börse ein, für welche das Börsen⸗ kommissariat zuständig ist, und fährt dann fort: Dieses hat noch niemals eine ausländische Anleihe abgewiesen. Das ist in hohem Grade zu bedauern. Wie viel Kapital hätte dem deutschen Publikum erettet werden können, wenn die Prüfung auch den portugiesischen nleihen , eingetreten wäre! Aber da ist eben mit sehr geringer Sorgfalt vorgegangen worden. In der Haftpflicht der Emissionshäuser liegt nun allerdings, ein wesentlicher Fort schritt. Aber auch diese darf nicht so scharf, konstruiert werden, daß diese Häuser davon abgeschreckt werden, ausländische Papiere auf den deutschen Markt zu bringen. Der. Wortlaut des betreffenden Paragraphen muß also 36 sorgfältig und vorsichtig untersucht werden. Ein Uebelstand ist es aber, daß das fremde Papier in den freien Verkehr gelangen darf, wenn es an einer deutschen Börse zu⸗ gelassen ist; die Enquöte⸗Kommission hatte deshalb mit Recht eine deutsche Zentral⸗Emissionsstelle vorgeschlagen zur Vereinfachung des Emissionswesens und auch zum Schutze der deutschen Emissionshäuser. Ich möchte die Hoffnung nicht aufgeben, daß dieser Vorschlag noch Aufnahme in die Vorlage findet. Eine strenge Ueberwachung des Emissionswesens ist nothwendig im Interesse der kleinen Kapitalisten. Die Vorlage läßt das Zeitgeschäft für Werthpapiere ziemlich un⸗ berührt, mit Ausnahme des Börsenregisters, schränkt es aber in Bezug auf den Waarenverkehr erheblich ein. Ein Terminhandel in Waaren erscheint mir unbedenklich, sobald die Waare eine re Sache ist. Gold und Silber sind gleichwerthig, mögen sie herkommen, woher sie wollen. Sobald es sich aber um verschiedenwerthige Waren handelt, so wird immer der Preis der schlechten Waaren den Preis der guten drücken. Denn es wird sich immer eine Lieferungs— qualität herausbilden, welche maßgebend ist. Die Vecluste, welche die deutsche Landwirthschaft . den Terminhandel erjeidet, be⸗
ziffern sich allsährlich auf, viele Millionen. Es wird gesagt, daß die großen Müllereien nicht bestehen können, wenn sie si nich durch Terminkäuf!e: decken können. Die Prüfung dieser Frage wird ergeben, daß den wenigen Personen, welche ein Interesfe an dem Terminhandel haben, die große Zahl der Produzenten gegen. überstehen wird, deren Interesse auch gewahrt werden muß. Daz reelle solide Lieferungsgeschäft zu stören, hat niemand ein Interesse. Die Börsen Enquéte⸗Kommission hatte zunächst nur ein Regsster sär den Waaren-Terminhandel in Aussicht genommen. Wie die Spiellust an der Berliner Börse ausgebildet ist, das zeigte der Sturm der Entrüstung gegen dieses Register. Man kann sich diefen Sturm gar nicht erklären, wenn man nicht an— nimmt, daß die Börsenspekulanten die ö die Gutsiders heranziehen wollen; denn onst iebt doch das Register zu Bedenken kaum Anlaß. Daß das Regiff auch für den Fondsmarkt eingeführt werden soll, ist eine erfreuliche Ver— besserung. Das Register und alles andere würde entbehrt werden können, wenn es möglich wäre, die Geschäfte nur auf effektshe Waaren zu beschränken, wenn es bei Fondsgeschäften möglich wäte bei jedem Geschäfte die Nummern der Werthpapiere anzugeben. Da es nicht möglich sein wird, wird man alle Vorschläge aufrecht er, halten müssen. Ich theile freilich die sanguinische Hoffnung nicht, daß durch das Börsengesetz die Getreidepreise steigen werden; denn die deutschen Börsen werden mit ihren Preisen immer in gewisser Re— latign stehen zu den Preisen der auswärtigen Börsen. Beim Kom, missionsgeschäft sind sehr einschneidende Mißbräuche vorhanden. Tau— sende von Leuten machen Geschäfte an der Börse durch Kommissionäre und kümmern sich nicht darum, ob der Kommissionär selbst eintritt oder nicht, und dennoch ist sein Interesse in diesem Falle das entgegen— gesetzte des Interesses seines Auftraggebers. Ein beträchtlicher Theil der Perluste, welche das Publikum durch die Spekulation erlitten hat, ist auf dieses Selbsteintreten des Kommissionärs zurückzuführen. Ein bedenkliches Vorgehen ist auch der sogenannte Kursschnitt; ich will nicht allen Berliner Kommissionsfirmen einen Vorwurf machen; aber es giebt Firmen, welche in dieser Beziehung ein sehr wenig zartes Gewissen haben. Der Börsenkommission waren gerichtliche Akten zur Verfügung gestellt. Ich habe daraus ersehen, daß z. B. ein großer Kaufmann in der Rheinprovinz bei Einzahlung von 100090 ½ . Umsätze in zwei Monaten von mehr als 1 000 600 . gemacht hat. Der Mann glaubte mit fremden Leuten Geschäste zu machen; aber wahrscheinlich hatte der Kommifsionär die Geschäfte mit sich selbst gemacht. Der bloße Kursschnitt, die Schwankungen des Kurses während, der Börsenstunden eines Tages genügten, um den kleinen Mann vollständig zu ruinieren. Dazu kommt noch, daß die Konten sehr schlecht geführt sind, und daß die gerichtlichen Bücherrevisoren sehr schlecht revidiert haben. Wenn man diese Art des Geschäftsverkehrs prüfen wollte, so würde man wunderliche Dinge erleben. Mit den Strafbestimmungen bin ich einverstanden; es müßte nur noch eine Strafe erdacht werden für die Kommissionäre, welche zwar einen Dritten nennen, der aber in Wirklichkeit nur ein Strohmann ist. Das müßte als Betrug bestraft werden. Ich lasse es dahingestellt, ob es möglich sein wird, eine solche Strafe zu finden. Eine er— schöpfende Behandlung des ungemein umfangreichen Gegenstandes ist im Rahmen einer parlamentarischen Rede nicht möglich. Sie Alle werden die Ueberzeugung gewonnen haben, oder Sie haben sie schon mit hierher gebracht, daß es sich nicht bloß um wirthschaftliche, sondern auch um soziale Fragen handelt. Was vermehrt den Unfrieden? Nichts ist mehr geeignet, den Haß und die Mißgunst weiter Volkeschichten wach— zurufen, als der leichte Gewinn in absolut unproduktiver Arbeit. In Amerika und überall sonst sind dieselben Mißstände vorhanden. Thun wir das Unsere, um bei uns mit den Mißständen aufn räumen; ich hoffe, andere Länder werden uns folgen, und wir werdnn uns ein Verdienst erwerben, wenn wir zuerst ein brauchbares Börsen— gesetz zu stande bringen. Wir müssen hier Reformen schaffen, welche die wirthschaftlichen und sozialen Zustände bessern. Wir wollen der Börse ihre wirthschaftliche Freiheit lassen, aber sie befreien von den ihr anhaftenden Schäden. Jeder ehrliche Erwerbsstand wird den Gesundungsprozeß der Börse am eigenen Leibe verspüren. Man wird uns freilich Hindernisse in den Weg legen und mit offenen und ver— steckten Waffen uns bekämpfen. Mit fester Hand müssen wir daher zugreifen und das faule Fleisch wegschneiden.
Abg. Dr. Meyer (Halle) (fr. Vgg.): Als ich die Tribüne bestieg, wartete ich immer noch darauf, daß mir jemand warnend zurufen würde: Mönchlein, Mönchlein, Du gehst einen schweren Gang! Ich weiß, daß ich mir schwere Angriffe zuziehen werde; denn alle Interessen darf man vertreten, aber die Interessen des Handels zu vertreten ist bedenklich, und besonders bedenklich ist die Vertretung der Börse. Ich habe öfter den Handel vertreten, aber man hat mir draußen unparlamentarisch und hier nach allen Regeln des feinen Stils zu verstehen gegeben, daß meine Kenntniß des Börsenwesens doch etwas sehr Bedenkliches sei, ich müßte denn daran betheiligt sein. Ich würde mich einer solchen Betheiligung nicht schämen; aber ich habe mit Börsengeschäften nichts zu thun gehabt, ich habe mich niemals an einer Börsenspekulation betheiligt, ich bin niemals von der Börse ab— hängig gewesen. Ich bin in längst verflossener Zeit rechtsverständiger Bei⸗ stand eines Börsenvorstandes und eines Börsenschiedsgerichts gewesen und habe dort die Dinge kennen gelernt; ich habe die Ueberzeugung gewonnen, daß die Angriffe auf die Börse ungerecht sind, daß man den Termin⸗ handel nicht verbieten kann, weil er in verstärkter Form wieder⸗ erstehen würde. Das Gesetz wird nicht viel schaden; der Handel kann Beschränkungen nicht dulden, er wird sich andere Wege suchen müssen, und diese Wege werden sich finden, wenn auch dadurch Spesen und Kosten entstehen. Die leidenschaftliche Agitation gegen das Gesetz kann ich nicht verstehen. Das Gesetz wird die kleineren Banquiers schädigen und die großen begünstigen, es wird den Produktengeschäften in den Provinzen Schwierigkeiten in den Weg legen und dem hauptstädtischen Verkehr zu gute kommen. Ob das der Grund der Freunde des Gesetzes ist, weiß ich nicht. Der Handel ist nicht um seiner selbstwillen da, er soll den Produzenten und Konsumenten dienen; wird er beschränkt, so wird das den produzierenden Ständen zur Last fallen. Der Landwirth verlangt nach der Ernte baares Geld für seine Produkte. Der Konsument kann die Ernte nicht bezahlen, denn die Ernte soll für das ganze Jahr reichen. Die Mehrzahl der Konsumenten he zieht ihr Einkommen in Wochen., und Tagelöhnen, allenfalls in vierteljährlichen Gehältern. Es muß sich also der Handel ein⸗ schieben, der den Produzenten bezahlt und allmählich die Waare an die Konsumenten verkauft. Der Handel beschafft die Kapitalien, um die Produkte zu bezahlen, und wenn der Kaufmann auf Termine kauft, so will er nicht die Waare selbst verbrauchen, sondern er verspricht nur, zu einem bestimmten Preise einen Käufer für die Waare zu beschaffen. Die Theilung der Arbeit drängt dahin, daß der Kauf und der Verkauf in verschiedene Hände gelegt wird; daß dabei Fehler vorkommen, wie überall, ist selbstverständlich,. Et gehen ja auch Leute auf die Jagd, die nicht treffen oder nicht das treffen, was sie treffen wollen. Solche Böhnhafen können nirgends fern gehalten werden. Es sind allerdings manche Dinge beim Börsenspiel vorgekommen, die eine Rechttunsicherheit geschaffen haben; der Einwand des Differenzgeschäfts hat ju manchen UÜnzuträglichkeiten geführt. Aber durch die Eintragung in das Börsenregister gegen Zahlung einer gewiffen Abgabe erwirkt man das Recht, Geschaͤfte zu machen, die die Regierung selbst als Wettgeschäfte bezeichnet. 394 Reichthümer sind an der Börse nicht erworben worden. Die Chefs der Firma Rothschild würden über eine solche Behauptung lächeln. Die Reichthümer sind erworben durch Betheiligung an Kriegt anleihen u. s. w. Die Leute sind nicht reich geworden an der Börse; sie besuchen die Börse, weil sie reich geworden sind. Es ist ein Zufall, daß in der letzten Zeit die beiden reichsten
Berliner gestorben sind. Der eine, Werner Siemens, der niemals
ein Börsengeschäft gemacht hat, hinterließ ein größeres Ver— mögen als der Banquier Bleichroeder. Nach den Einkommensteuer= sisten wohnen die beiden reichsten Leute in Essen und in Fran furt a. M.; aber der nicht die Börse besuchende . in Gffen sst reicher als der Börsenbefucher in Frankfurt. Es ist also eine fals
Darstellung, daß die großen Vermögen an der Börse zu finden sind.
Ein Minister hat einmal das Wort von dem „Giftbaum“ der Börse gesprochen; er hätte richtiger gehandelt, wenn er gesagt hätte, daß unter dem Schatten des Baumes der Börse auch manchmal giftige Kräuter wachsen. Für die Produzenten und Konsumenten ist es zweckmäßig, eine möglichste Konzentration des Angebots zu haben. Nicht die Börse macht die Schwankungen, sondern die vorhandenen Schwankungen kommen an der Börse zum Ausdruck. Je lebhafter der Verkehr ist, desto geringer werden die Schwan⸗ kungen sein. Ein sehr wichtiger Punkt ist die Emission fremder Anleihen; dadurch hat das deutsche Nationalvermögen roße Schädigungen erlitten. Aber zu anderer Zeit hat das deutsche hie lone n en einen großen Gewinn gemacht an fremden An⸗ leihen, z. B. während des amerikanischen Krieges. Deutschland hatte Vertrauen zur Sache der Union, England verlor sein Geld, weil es der Sache der Südstaaten zuneigte. Hätten damals Beschränkungen bestanden, welche Regierung hätte damals die Anleihe als sicher betrachten können? Wenn man immer Zukünftiges voraussehen könnte, dann brauchte man keine Spekulation. Wenn man eine Zen—⸗ tral⸗Emissionsstelle schaffen will, so wird in der deutschen Kapi⸗ talistenwelt die Anschauung erweckt, als ob diese das Gras wachsen hört. Wie will Graf Kanitz diese Zentralstelle mit der nöthigen Erleuchtung versehen? Die Leute werden blindlings der Zentralstelle folgen, weil dieselbe eine Schöpfung des Deutschen Reichstags, der Versammlung der weisesten Leute der Nation sei und die Kapita⸗ listen nicht in den Sumpf locken werde. Der einzig sichere Rathschlag, den man den Kapitalisten geben kann, ist der, daß sie ihr Geld pupillarisch sicher anlegen und auf einen höheren Zins— fuß verzichten; leider wird dieser Rathschlag nicht befolgt. Der vom Grafen Kanitz angeführte einzelne Fall bedeutet für die Gesetz gebung nichts. Wer mit 10 9000 S6. Vermögen auf Hundert⸗ tausende spekuliert, muß sein Geld schließlich zusetzen. Daran kann keine Gesetzgebung etwas ändern. Redner wendel sich darauf gegen die Ausführungen des Grafen Kanitz wegen des Eintretens des Kom⸗ missionärs und hält es ebenfalls für unrichtig, von einem Ehren gericht zu sprechen. Er selbst habe immer in solchen Fällen zur Strenge gerathen und gesagt: Stellt den Ehrenmann nicht vor ein Ehrengericht, sondern werft ihn hinaus! Wenn Graf Kanitz das Ehrengericht einen Disciplinarhof nennen wolle, so werde er mit den Beamten in Konflikt kommen, welche unter einem Disciplinarhof stehen und doch mit Börsenjobbern nichts zu thun haben. Ihn habe die Einbringung des Entwurfs nicht in Leidenschaft versetzt, die Ein⸗ leitung der Debatte sei auch nicht dazu geeignet gewesen, Leidenschaft zu erregen. Es bestehe die Stimmung, daß irgend eiwas geschehen müsse, und da möge man lieber etwas Unzweckmäßiges thun, als daß man gar nichts thue. Er sehe voraus, daß die Vorlage im wesentlichen angenommen werde, und über die Folgen werde man sich in einigen Jahren zu unterhalten haben.
Abg. Gamp (Rp); Als mir der Präsident mittheilte, daß die beiden Vorredner, die gegen die Vorlage gemeldet sind, vor mir sprechen würden, freute ich mich darüber; aber die Freude ist getrübt; denn Graf Kanitz hat sich schließlich als Anhänger der Vorlage ent⸗ puppt, und auch Herr Meyer ist nicht ein so schroffer Gegner, als ich dachte. Die große Bedeutung der Börse wird niemand leugnen. Wenn wir sehen, wie die englische Börse einen Angriff auf die englische Politik zurückgewiesen hat, dann kann man die Wichtigkeit der Börse begreifen. Die Börse hätte selbst die Initiative zur Reform ergreifen sollen; es wird aber seit einem Dezennium vergeblich auf ein solches Vorgehen der Börsenvorstände gewartet. Die beiden einzigen Männer der Börse, welche in der Börsenkommifsion vertreten waren, wurden von der Börse boykottiert. Der Handels⸗ stand von Berlin sollte sich durch solche Männer nicht vertreten lassen. Von einem solchen Handelsstande kann man nichts erwarten. Der Handels⸗Minister hat die Waffen strecken müssen vor der Börse. Als er den Terminhandel in Kammzug untersagte, wurde dieser vier Wochen später in Leipzig eingeführt. Der Kaffee⸗Terminhandel in Hamburg konnte nicht unterdrückt werden. Hier muß durch ein Reichsgesetz Ordnung geschaffen werden. Daß die Interessen an der Börse sich ausgleichen und deshalb ein Ein⸗ greifen nicht nöthig sei, ist eine durchaus irrthümliche Auffassung, weil an der Börse nicht immer der Käufer an niedrigen, der Ver— käufer an hohen Preisen ein Interesse hat. Die Landwirthschaft und die Industrie haben das Recht, ihre Interessen an der Börse selbst zu vertreten, sie brauchen sich nicht durch die an der Börse vorhandenen Kommissionäre vertreten zu lassen. Auf die Einzelheiten will ich nicht eingehen. Der Kommissarius muß größere Befugnisse er⸗ halten; er muß direkt und sofort eingreifen können. Ich kann, das, wasß Graf Kanitz darüber und über den Börsengusschuß gesagt hat, nur unterschreiben; von den Börseninteressenten dürfte nur ein Drittel in dem Ausschuß sitzen, namentlich nach der Behandlung, welche den Herren Frentzel und Mendelssohn zu theil geworden ist. Die Hauptsache ist aber die Testsetzung der Börsenpreise. Es wird mehr darauf ankommen, die Stellung der Makler unabhängiger zu machen von den Börsen⸗— vorständen, und auch außerhalb der Börse stehende Kreise werden auf die Preisfeststellung einwirken müssen. In Bezug auf die Zulassung ven Werthpapieren zum Börsenhandel wird die stärkere Haftung der Emissionshäuser von guter Wirkung sein. Würde man zu weit gehen, so würde man die ganze Emission, auch die guter Anleihen, in das Ausland treiben. In Bezug auf die Zusammensetzung der Stellen, welche die Emission zuzulassen haben, enthält der Entwurf eine Abschwächung der Vorschläge der Börsen⸗Enguete⸗ kommission; namentlich fehlt es an einer Vertretung der Inter⸗ essen des kaufenden Publikums. Es müßte auch im Gesetz ausge— sprochen werden, daß die Landesregierungen berechtigt sein sollen, Emissionen ganz zu hindern. Herr Meyer hat doch wohl den Unterschied zwischen Terminhandel und börsenmäßigem Terminhandel nicht recht erkannt. Der nicht börsenmäßige Terminhandel ist nicht zu entbehren für alle Geschäftsleute. Wenn Herr Meyer den börsenmäßigen Handel für so nöthig hält, so mache ich darauf aufmerksam, daß nur 165 Artikel börsenmäßig . werden, wichtige Artikel aber, z. B. die Gerste, nicht. An Blei, Kupfer, Eisen, Kohle u. s. w. ist niemals Mangel, trotzdem dafür kein Terminhandel besteht. Für den Müller ist es ein großer Vortheil, daß er sein Mehl verkaufen und zu gleicher Zeit Getreide kaufen kann. Aber so einfach, wie Herr Meyer es dargestellt hat, ist die Sache nicht. Es wird immer das Risiko von den stärkeren Schultern abgenommen und auf die schwächeren übertragen. Beim Kaffee hat der Terminhandel eine Preissteigerung herbeigeführt, weil in Hamburg die Bestimmung be— steht, daß der Kaffee vor seiner Ankündigung auf seine Lieferbarkeit ge⸗ prüft werden muß; dadurch wird die Ueberschwemmung mit gering⸗ werthiger Waare verhindert. Beim Getreide ist es umgekehrt. Wenn die Be stimmungen über die Lieferbarkeit schon vorhanden gewesen wären, dann hatten etwa 40 J der Getreidemengen, die nach Berlin ge—⸗ kommen sind, nicht an die hiesige Börse zu kommen brauchen. Wenn kein Terminhandel für Weizen bestände, dann würden der argentinische und indische Weizen gar nicht zu uns kommen. Diese Weizensorten aber drücken unsere Preise. Den Terminhandel in Werth—⸗ papieren hätte man überhaupt untersagen können, soweit es sich nicht um internationale Papiere handelt, für die er zur Ausgleichung der Zahlungsbilanz nöthig ö. rüher hat man den Terminhandel in russischen Noten für nothwendig erklärt; jetzt verhindert ihn der russische Finanz⸗Minister, und der Rubel hat jetzt immer ziemlich den gleichen Kurs. Das Börsenregister wird keine schwarze Liste sein, soweit es die Kaufleute angeht. Wenn ein Privat- mann ch eintragen läßt, so ist er eben gewerbs«— mäßiger Spekulant, und ihm gegenüber soll das Register als schwarze Liste wirken. Ich glaube, daß die Eintragung aller Geschäfte, die an der Börse abgeschlossen sind, in eine Liste gegen übermäßige Speku⸗ lation noch ö wirken würde als das Register. Mit den Vor⸗ schriften des Pepotgesetzes bin ich im wefentlichen einverstanden.
Nur die eine Beslimmung würde nothwendig fein, ö nämlich die
Nummernaufgabe obligatorisch gemacht wird. Das ist der einzige Weg, um das Termingeschaäft einzuschränken. Die Unbequemlichkeiten, die dargut für die Bank entstehen, können gegenüber dem allgemeinen Interesse nicht maßgebend fein. Ich beantrage die Verweifung der
Vorlage an eine Kommission, um sie dort sine ira, aber cum . zu prüfen; ich glaube, wir werden zu einem guten Ergebnisse gelangen.
Präsident des Reichsbank⸗Direktoriums, Wirklicher Ge⸗ heimer Rath Dr. Koch:
Meine Herren! Die allgemeinen Gesichtspunkte für die Börsen⸗ reform sind, soweit ich beurtheilen kann, in der Debatte nicht gerade wesent⸗ lich vermehrt worden, obgleich der Herr Abg. Dr. Meyer bis auf die Grundbegriffe des Handels zurückgegangen ist. Es nimmt das ja auch nicht Wunder, denn die Börsenreform ist seit Jahren Gegenstand der umfassendsten Erörterungen in der Literatur, in der fachwissenschaft⸗ lichen und sonstigen periodischen Presse — ich kann sagen: sie füllen bei mir viele Bände an Büchern und Akten. Die beiden anderen Herren Vorredner sind auf die einzelnen Punkte des Entwurfs näher eingegangen; aber ich will ihnen darin heute nicht folgen, da diese Einzelheiten, wie ich glaube, sich mehr zur Erörterung in der Kommission eignen. Nur auf einige ihrer Ausführungen von mehr prinzipieller Bedeutung will ich mir zu antworten erlauben. Vorher aber gestatten Sie mir noch einige allgemeinen Bemerkungen. Die heutige Debatte erinnert mich lebhaft an die Verhandlungen der Börsen⸗Enquséte⸗Kommission, deren Vor⸗ sitzender ich gewesen bin. Freilich ging es dort erheblich heißer her; erst ganz allmählich näherten sich die anfänglich sehr scharfen Gegen⸗ sätze in den Anschauungen, namentlich der Kommissionsmitglieder, wie sich dies auch heute in den Aeußerungen der Herren Abgg. Graf Kanitz und Gamp, zweier damals sehr thätiger Mit— glieder, gezeigt hat. Wir haben eine große Zahl von Sachverständigen aus den verschiedensten Berufskreisen, im Ganzen 115, gehört, indem wir uns bemühten, dem vielgestaltigen, in tausend Facetten schillernden Börsentreiben auf den Grund zu kommen, und nach langen Dehatten gelangten wir schließ— lich zu den Ihnen bekannten Vorschlägen der Kommission. Die Mehrheiten waren wechselnde. Es stand durchaus nicht immer eine bestimmte Majorität einer annähernd gleichen Minorität gegenüber, wie zuweilen behauptet worden ist, sondern viele Beschlüsse sind einstimmig gefaßt, andere mit einer größeren oder kleineren Mehrheit in wechselnder Gruppierung.
Nun hat die Kommission die Genugthuung gehabt, daß die ver— bündeten Regierungen den wesentlichen Theil ihrer Vorschläge adoptiert und nur in einzelnen, allerdings nicht unerheblichen Punkten verschärft haben. Aus diesen Beschlüssen der Enquste⸗Kommission ist also der heutige Entwurf in der Hauptsache hervorgegangen. Ich glaube, das ist nach beiden Richtungen hin zu rühmen: die Enquséte⸗Kommission darf in gewissem Grade darauf stolz sein, daß die verbündeten Re⸗ gierungen nicht wesentlich neue und abweichende Vorschläge zu machen gewußt haben, um den unleugbaren Mißständen an der Börse bei⸗ zukommen, und auf der anderen Seite ist es auch ein Vorzug des jetzt vorliegenden Entwurfs, daß er sich in der Hauptsache an dasjenige gehalten hat, was nach langer, eindreivierteljähriger Arbeit auf Grund eingehendster thatsächlicher Ermittelungen von der Enquste⸗Kommission empfohlen worden ist.
Gegen den Entwurf, wie er jetzt vorliegt, hat sich nun, und zwar mehr noch draußen als heute im Reichstage, wo eine mildere, zum theil resignierte Stimmung vorherrscht, eine heftige Opposition geltend gemacht, theils von solchen, denen er nicht genügt, theils von denen, welche in ihm unerträgliche Fesseln für den Handel erblicken. Mit Genugthuung habe ich aus dem Munde des Herrn Abg. Dr. Meyer vernommen, daß er die leidenschaftliche Art dieser Opposition verwirft, obschon auch er zu den Gegnern des Entwurfs gehört. Der Grund jener beiderseitigen Opposition liegt darin, daß der Entwurf sich auf einer mittleren Linie bewegt. Nach meiner Ueberzeugung würde es für das Schicksal der Börsenreform von großem Werth sein, wenn auch bei den ferneren Stadien diese mittlere Linie nicht ver⸗ lassen würde. Und eine gewisse Gefahr in dieser Hinsicht ist unleugbar. Hinter den zum theil sehr harmlos klingenden Anregungen der Herren Graf Kanitz und Gamp verbirgt sich eine Anzahl ziemlich weitgehender Verschärfungen. Ueber einzelne dieser noch wenig ausgebildeten Vor⸗ schläge mag sich immerhin reden lassen; aber ich möchte davon ab— rathen, sie allzu hartnäckig zu verfolgen oder gar noch zu vermehren, weil sonst der Entwurf leicht gefährdet werden und nützliche Reformen unterbleiben könnten.
Auf der anderen Seite bedauere ich, daß im Handelsstande die Versuche, zu einer Börsenreform, einem Reichs⸗Börsengesetz zu kommen, einer so entschiedenen Abneigung begegnen. Es handelt sich hierbei nicht bloß um die Börsenhändler und deren überwiegenden Einfluß, wie Herr Graf Kanitz meint, sondern um sehr angesehene und hochstehende Kreise des Handelsstandes. Vertretungen von der Bedeutung der Aeltesten der Kaufmannschaft von Berlin, der Handelskammern von Frankfurt am Main, der Hansestädte, der Ostseeplätze u. a. stehen in den Hauptpunklen dem Entwurf feindlich gegenüber. Zum theil haben sie auf Grund eingehender Berathungen und in motivierten Eingaben den Reichstag ausdrücklich gebeten, den ganzen Entwurf ab⸗ zulehnen, während andere, allerdings unbedeutendere Handelskammern, namentlich im Süden, mit einzelnen wichtigen Bestimmungen, z. B. mit der Einführung des Börsenregisters, sich einverstanden erklärt haben. Das muß gewiß zur größten Vorsicht mahnen, wird aber die Börsenreform nicht verhindern können.
Sehr erfreulich war mir das Anerkenntniß des Herrn Grafen von Kanitz von der Vortrefflichkeit, der Zuverlässigkeit mindestens eines guten Theils des deutschen Handelsstandes. Ich habe in meinem langen amt⸗ lichen Leben die Erfahrung gemacht und immer mehr befestigt, daß der deutsche Handelsstand in seinem Kern und in seiner großen Mehrheit wahrhaft solide und gut ist; er hat wesentlich beigetragen zu der wirthschaftlichen Stellung, die heute Deutschland einnimmt. Auch der Börsenverkehr ist in der Hauptsache gesund trotz aller parasitischen Auswüchse, und der Handelsstand hat sich vermöge seiner Betheiligung an der Aufsicht und Leitung der Börsen redlich bemüht, jenen Aus wüchsen und Mißständen entgegenzutreten; aber freilich nicht mit rechtem Erfolg, wie immer wieder von neuem hervortritt, und deswegen, glaube ich, darf er sich nicht wundern, wenn nun die Regierungen diesen Weg einschlagen, mit Hilfe eines Reichsgesetzes den unleugbaren, weit verbreiteten Mißständen auf den Leib zu rücken. Ohne Grund erblickt der Handelsstand in seinem Selbstbewußtsein darin ein Miß⸗ trauen in die Redlichkeit seiner Absichten und fühlt sich dadurch ver⸗ letzt. Die Erfahrung lehrt, daß er trotz allen guten Willens und mancher glücklicher Reformmaßregeln auf einzelnen Gebieten bisher aus eigener Kraft nicht hinlänglich im stande gewesen ist, eine durch greifende Börsenreform herbeizuführen. Der Handelsstand wird es
sich daher gefallen lassen müssen, wenn die Bahn, die die verbün Regierungen einschlagen, weiter verfolgt wird. Man ist ja fast i der ganzen Welt bemüht, zu einer Börsenreform zu gelangen, Ungarn, Italien, der Schweiz, Rußland u. s. w. Ueberall blickt man
auf Deutschland, in der Hoffnung, daß hier ein Gesetz zu standeͤ
kommen werde, welches wenigstens einem Theile der schreiendsten Uebelstände im Börsenwesen ein Ende macht und anderen Staaten als Muster dienen könnte.
Nun ist es ja richtig — das ist das Ergebniß langer Erwägungen —: ein Radikalmittel gegen die zahlreichen Mißstände im Börsenwesen giebt es nicht. Ein Gesetz, das von einem großen Gesichtspunkt aus einen schöpferischen Gedanken in logischer Folge richtigkeit und mit vollem Ebenmaß in allen Theilen entwickelt, ist auf diesem Gebiete schier unerreichbar. Die Uebelstände des Börsen⸗ treibens sind zu mannigfaltig, zu sehr mit der menschlichen Natur und mit sozialen Mängeln verknüpft, als daß sie rasch und radikal be⸗ seitigt werden könnten; davon haben wir uns in der Enquste⸗ Kommission überzeugt. Die Gesetzgebung wird also den Weg ein schlagen müssen, von den verschiedensten Punkten aus gegen die schlimmsten Auswüchse des Börsentreibens vorzugehen, in der Hoff⸗ nung, daß die Gesammtwirkung aller dieser verschiedenen Maßregeln, möge sie jede für sich auch vielleicht als schwächlich erscheinen, doch schließlich ein heilsames und befriedigendes Resultat ergeben möge. Von großem Werth schon ist der Grundgedanke, daß dem allgemeinen Interesse bei dem Börsenverkehr Rechnung zu tragen sei durch eine weitgehende Thätigkeit des Reichs und der Landesregierungen: ein Gedanke, den Herr Graf Kanitz und auch Herr Abgeordneter Dr. Meyer dahin ausgesprochen haben, daß nicht das Interesse des Handels allein im Börsenwesen maßgebend sein dürfe, sondern das Interesse der Produzenten und Konsumenten, kurz der Allgemeinheit.
Ich glaube: wir haben in dem Entwurf einen sehr bemerkens⸗ werthen Anfang eines Reichsrechts über die Börse, wie man es in gleichem Werth in keinem Lande besitzt. Auch das öster⸗ reichische Börsengesetz von 1875 in seinem ziemlich mageren Inhalt läßt sich mit dem Entwurf kaum vergleichen. Das Reich tritt darin zum ersten Mal als Gesetzgeber für das Börsenwesen auf, und im Interesse der Einheitlichkeit sind dem Bundesrath ein wichtiges Ver⸗ ordnungsrecht und mit Hilfe des „Börsenausschusses“, auf den ich noch zurückkomme, andere bedeutsame Funktionen überwiesen; die Landesregierungen sind als die Hauptinstanzen für die Aufsicht über die Börsen gedacht. Sie errichten Börsen und können sie aufheben, sie haben wesentlichen Einfluß auf den Inhalt der Börsenordnungen, sie unterrichten sich über alle Vorkommnisse durch einen Staatskommissar; sie haben eine wichtige Mitwirkung bei mancherlei Börseneinrichtungen, kurz, sie können in der verschiedenartigsten Richtung das allgemeine Interesse zur Geltung bringen. Allerdings sind diese Gedanken nicht völlig bis ins Einzelne ausgebaut; das ist auch ganz natürlich bei so neuen Ver⸗ suchen; hier rechnet der Entwurf darauf, daß die Zukunft erst den Lehrmeister machen werde. Mancher von den Abschnitten des Ent⸗ wurfs, wie der vom Ehrengerichte, enthält sehr ins Einzelne gehende Bestimmungen; für andere Dinge begnügt man sich mehr mit einem bloßen Rahmen, mit einer Ermächtigung für die Regierungen, in der Hoffnung, daß die Praxis uns das nöthige Material für das, was zu thun sei, bieten werde. Darin liegt ja eine gewisse Unvoll⸗ kommenheit, aber eine solche, die durch die Neuheit und Schwierig⸗ keit der Materie entschuldigt wird. Die Enquste⸗Kommission war in gewissen Beziehungen weiter gegangen; sie hatte mehrfach Vorschläge für den Inhalt der Börsenordnungen gemacht. Die Re⸗ gierungen wie die kaufmännischen Instanzen werden gewiß auch dieses Material später benutzen. Der Handelsstand darf das Vertrauen zu dem Bundesrath und zu den Regierungen haben, daß die Maßnahmen, zu welchen sie durch den Entwurf ermächtigt werden, niemals auf eine Schädigung des Handels, und damit des Landeswohls abzielen werden, sondern daß die verbündeten Regierungen immer die allge⸗ meinen Interessen im Auge behalten werden, und in diesem Ver⸗ trauen wird der Handelsstand, dem ja die Börsenleitung verbleibt, die Stimmung und Neigung finden, die Regierungen in ihrem Bemühen, den Börsenverkehr solider zu gestalten, nachhaltig zu unterstützen.
An die allgemeinen Bestimmungen des Entwurfs knüpft dieser ein ziemlich kompliziertes System von theils staatsrechtlichen, theils privatrechtlichen, administrativ polizeilichen und straf⸗ rechtlichen Bestimmungen, die in ihrem Zusammenhange dahin wirken sollen, die Hauptschattenseiten des Börsenverkehrs zu beseitigen, nämlich die weitgehende Betheiligung unberufener und unvermögender Leute am Börsengeschäft, kurz, das sogenannte Börsenspiel wesentlich einzuschränken und die Unsolidität, die in manchen Manipulationen an der Börse vorkommt, soweit möglich zu verhindern. Ich will in dieser späten Stunde bei der Generaldiskussion nicht auf diese einzelnen Punkte eingehen, sondern nur in Besug auf einzelne Bemerkungen der Herren Graf Kanitz und Gamp mir noch einige Aeußerungen erlauben.
Zunächst rügte Herr Graf Kanitz, daß dem Staatskommissar zu geringe Befugnisse eingeräumt seien, und Herr Gamp ist ihm in dieser Beziehung beigetreten. Das Institut des Staatskommissars ist aber überhaupt noch ein unbeschriebenes Blait; es ist der erste Ver⸗ such, der mit einem solchen ständigen Organe der Regierung gemacht werden soll. Es wird sich empfehlen, seine Aufgabe nicht von vorn⸗ herein zu überlasten. Ich möchte daran erinnern, daß unter den ver⸗ nommenen kaufmännischen Sachverständigen, auch bei den kauf⸗ männischen Mitgliedern der Börsen⸗Enquséte⸗Kommission, sich eine un⸗ gemein tiefe Abneigung gegen eine solche staatliche Aufsicht, gegen einen Staatskommissar überhaupt bestand. Nach der ganzen Per⸗ sönlichkeit dieser Herren, die wegen ihrer Haltung in der Enquste⸗ Kommission argen Anfechtungen ihrer Berufsgenossen ausgesetzt ge—⸗ wesen sind, darf man wohl schließen, daß sie dabei nicht bloß das Interesse der Börse, sondern das allgemeine Interesse im Auge hatten. Die Vorschläge der Enquöte⸗Kommission enthalten einen Staatskommissar in einer viel abgeschwächteren Gestalt als der Entwurf; es war für ihn lediglich eine gewisse Mitwirkung bei dem Disziplinarverfahren vorgesehen. Das ist nun durch den Entwurf dahin erweitert, daß er sich an den Börsenversammlungen betheiligen und die vorgesetzte Regierung über alle bemerken he rgäng auf dem Laufenden erhalten soll. Eine andere noch weiter Thätigkeit des Staatskommissars in den Börsenversammlt mag ich mir kaum zu denken, am allerwenigsten das, was will, daß der Staatskommissar sich auch am Kurtm soll. Wie das beispielsweise in Berlin bei der Unzahl vr möglich sein soll, ist mir unverständlich. Ich so es wird genügen, wenn er sich auf das