1896 / 14 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 17 Jan 1896 18:00:01 GMT) scan diff

die indirekten Steuern werden wohl auch einen Mehrüberschuß

kommensteuer, meine Herren die ist nämlich noch immer um

der Ausgaben wünscht, sehr gern das Gemälde etwas schöner darstellt,

sagen; aber ich glaube, die angegebenen Zahlen werden wohl im Ganzen zutreffen.

Auch die öffentliche Schuld wird in diesem Jahre im Ganzen wohl etwa drei Millionen Mark weniger erfordern. Die Bergwerke werden mindestens zwei Millionen mehr bringen, als etatisiert ist, und

resp. Minderbedarf von 500 000 M haben. Die direkten Steuern hingegen schließen ab mit einem Minderertrag von 3525 900 (Hört! Hört) Ja, meine Herren, das „Hört! hört!“ beweist hier nichts! (Heiterkeit Das kommt nicht von dem Rückgang der Ein

eine Million gestiegen —, sondern das kommt von dem Er— gebniß der ersten Veranlagung der Ergänzungesteuer und den Be⸗ schlüssen, die zu derselben das Haus gefaßt hat. Wenn wir hier einen Minderbetrag haben von 3 525 900 4, so wollen die Herren bedenken, daß ich eben gesagt habe, daß die öffentliche Schuld wohl etwa drei Millionen weniger erfordern wird. Das hängt ja genau zusammen. Das ist das Ergebniß Ihrer Beschlüsse zu der Verstärkung des Be— triebsfonds. Also baarer Nettoverlust ist das nicht, sondern es ist nur gewissermaßen eine Umstellung: die Steuern sind niedriger, dagegen sind die Ausgaben bei der öffentlichen Schuld nicht ganz in dem gleichen Betrage, aber doch nahezu geringer.

Auch hier, meine Herren, wird es kein Interesse haben, daß ich weiter auf die Einzelheiten eingehe. Ich möchte vorläufig in der Schätzung nicht weiter gehen, als daß ich wiederhole: ich nehme an wir werden in diesem Jahre, wenn keine besonderen ungünstigen Um⸗ stände eintreten, einen mäßigen Ueberschuß in der Rechnung haben. Weiter kann ich nicht gehen in meiner Ausdrucksweise, und ich glaube, Sie werden das nachfühlen, daß der Finanz⸗Minister doch in dieser Beziehung etwas vorsichtiger sein muß als ein Abgeordneter, der in Beziehung auf die Finanzlage, namentlich wenn er eine Steigerung

als der Finanz ⸗Minister thun kann. Meine Herren, der Etat für 1896,39 stellt sich bei den ordent⸗

lichen Einnahmen des Staats auf 1924118169 S6, bei den Aus⸗ gaben im Ordinarium auf 1 859 561 591 M; im Extraordinarium auf 79 696 578 ½ Hieraus ergiebt sich denn das vorher schon bezeichnete Defizit. Die ordentlichen Einnahmen übersteigen den Voranschlag für das laufende Jahr um 57 664 350 ; die Ausgaben über⸗ steigen ihn im Ordinarium um 21 067 166 S½ος,, im Extraordinarium um 17 437 184 06

Sie sehen, meine Herren, der Etat ist nach den vorher von mir entwickelten Grundsätzen aufgestellt, und wenn das hohe Haus die Finanzpolitik der Regierung in den Zeiten der Knappheit und der finanziellen Beängstigung, möchte ich sagen, so treu bisher unterstützt hat, so hoffe ich, daß das hohe Haus dieselbe Finanzpolitik jetzt erst recht festhält, wo es sich um eine augenblickliche Verbesserung der Verhältnisse handelt. Später komme ich auf den Gesichtspunkt, wie weit man berechtigt ist, die Besserung als eine dauernde zu betrachten, noch eingehender zurück.

Die staatlichen Betriebs verwaltungen, meine Herren, sollen im Ordinarium einen Mehrüberschuß von 26 424 473 M bringen, welcher sich aus 29 971 078 M Mehrüberschüssen und 3 546 605 M Minder⸗ überschüssen zusammensetzt.

Von den Mehrüberschüssen entfallen allein auf die Eisenbahn⸗ verwaltung 28 617 251 S. Die Einnahmen derselben sind um 42 057 974 M höher veranschlagt, und zwar beim Persenenverkehr um 18 300 000 S, beim Güterverkeht um 18562 000 (, während die dauernden Ausgaben 13420723 SS mehr be⸗ tragen. Bei der Schätzung der vermuthlichen Einnahmen haben wir etwas reichlich gegriffen, meine Herren; wir sind etwas über die Durchschnittssteigerung hinausgegangen, indem wir beim Personenverkehr eine Steigerung um 3 006, beim Güterverkehr um 24 0so zu Grunde gelegt haben. Wir haben geglaubt, daß wir bei dem unzweifelhaften Wiederaufleben von Gewerbe, Handel und Industrie wohl berechtigt wären, gerade in diesem Jahre so weit zu gehen. Ich glaube aber allerdings, daß wir in dieser Beziehung doch an die Grenze gekommen sind.

Bei den Domänen schließt das Ordinarium mit einem Minder überschuß (hört! hört) von 269 810 M ab, während das Extraordi—⸗ narium sich um 268 500 vermindert hat.

Mindereinnahmen ergaben die Titel „Grundherrliche Hebungen und Renten“ und „Ertrag von Domänenvorwerken“. Meine Herren, ich fürchte, wir werden beim letzteren Titel Ertrag von Domänen vorwerken“' in den nächsten Jahren noch mehr Minderüberschüsse haben. (Hört! hört) Das hat schon die Erfahrung in der letzten Zeit bei Neuverpachtungen gezeigt; die haben in der Beziehung durchaus keine günstige Aussicht eröffnet. So lange die Landwirthschaft sich in solchen Schwierigkeiten befindet, wird man sich das gefallen lassen müssen; wir wollen hoffen, daß auch in dieser Beziehung mal eine Besserung eintritt.

Positionen für Drainagedarlehne, Arbeiterwohnungen, Kleinbahnen sind gegen das Vorjahr unverändert wieder aufgenommen.

Die Forstverwaltung bat zwar eine Mehreinnahme für Holz von einer halben Million und für Nebennutzungen von 180 000 4, schließt aber dennoch nur mit einem Mehrüberschuß von 146 000 M ab, da der Kulturfondz um 318 300 S erhöht und wiederum zur Erhöhung der Diäten für das Forsthilfspersonal 110 000 mehr eingestellt sind. Diese Erhöhung entspricht mehrfach in diesem Hause geäußerten Wünschen. (Hört! hört Wir haben schon im Vorjahre angedeutet, daß die Sache noch nicht abgeschlossen sein solle, und wollen nunmehr die Verhältnisse der Forstgehilfen, die ja aller⸗ dings der Hilfe dringend bedürfen, weiter verbessern. (Bravo 9)

Die direkten Steuern schließen im Ordinarium mit einem Minder⸗ überschuß von 3 274 700 6 ab. An Minderertrag kommen in Betracht bei der Ergänzungssteuer 3 900 000 6, während die Ein— kommensteuer um 600 000 M höher veranschlagt ist, die Hausier⸗ gewerbesteuer um 10 200 M und die Eisenbahnabgabe um 41 000 S Die Mehrausgaben sind etatisiert: für Bureauhilfs arbeiter, Ersatz für frühere Dienstbezüge von Rentmeistern, für Gehalts- zuschüsse und außerordentliche Remunerationen; sie werden aber mehr als gedeckt durch die Eisparnisse an Diepositionz— geldern infolge von Aufhebung von Kassen. Diese Frage ist ja im vorigen Jahre ausführlich erörtert worden, und ich habe damals schon ausgeführt, daß die Ersparnisse natürlich wachsen würden; eine große Anjahl von Rentmeistern ist in andere Stellungen über⸗ gegangen, der Dikpositionsfonds ist demzufolge ermäßigt. Im

Staatsregierung und namentlich auch das hohe Haus gegenüber diesen durch die Neuorganisation ihrer Stellung ledig gewordenen Beamten eingenommen hat, allgemeine Befriedigung hervorgerufen hat, und daß wir eigentlich keinerlei Klagen von den betreffenden Beamten zu hören bekommen haben.

Meine Herren, hier wie bei verschiedenen anderen Verwaltungen finden Sie eine nicht unwesentliche Aenderung in den Verhältnissen der Bureaubeamten. Bekanntlich hatten wir in verschiedenen Ressorts Bureaubeamte erster und zweiter Klasse, die letzteren gewöhnlich Assistenten genannt. Das Maximalgehalt der Assistenten betrug bei den Provinzialbehörden im allgemeinen 1950 M Nun rangieren be—⸗ kanntlich diese Beamten nicht durch die ganze Monarchie, sondern durch die einzelne Verwaltung oder nur bei der Behörde, bei der sie angestellt sind. Diese Assistenten konnten über ihr eigenes Maximalgehalt nicht hinüberkommen. Ob sie hinüberkamen, indem sie Sekretäre, also Bureaubeamte erster Klasse wurden, hing rein vom Zufall ab. Die Uebelstände, die uns schließlich dazu führten, das Dienstalterssystem einzuführen, traten bei diesen Beamten aus den angeführten Gründen in besonders krasser Weise hervor. Die Assi⸗ stenten haben dieselbe Vorbildung wie die Sekretäre, haben auch dieselben dienstlichen Obliegenheiten, und doch konnte es kommen, daß ein Assistent, der 16, 12, 15 Jahre lang im Dienst war, über das Maximalgehalt der Assistenten noch nicht hinaus— kam. Dadurch sind die allerschwersten Klagen, Unzuträglichkeiten und Unzufriedenheiten entstanden. Wir haben uns deshalb entschlossen, die Beamten erster und zweiter Klasse in eine Klasse zu vereinigen, den Unterschied zwischen Bureaubeamten erster und solchen zweiter Klasse fallen zu lassen (sehr gut), und also die Assistenten mit heraufsteigen zu lassen wie bisher die Sekretäre, außerdem sie so zu stellen, daß sie im allgemeinen das Maximum ihres Gehalts in 21 Jahren erreichen.

Ich glaube, wir werden auf die Zustimmung des hohen Hauses rechnen dürfen dazu, daß wir unter den geschilderten besonderen Um— ständen von dem Grundsatz, der ja allerdings sonst unbedingt fest⸗ gehalten werden muß, daß, so lange es nicht möglich ist, eine allge— meine Aufbesserung der Gehälter der Beamten eintreten zu lassen, es soweit als irgend möglich zu vermeiden ist, einzelne Klassen heraus— zugreifen, weil das die Unzufriedenheit in den übrigen Beantenkategorien nur noch wesentlich steigern würde —, daß wir, sage ich, von diesem Grund⸗ satz unter den besonderen Verhältnissen bei diesen Assistenten eine Ausnahme gemacht haben. Es ist das, glaube ich, durchaus berechtigt. Der seitherige Zustand war wirklich nicht mehr haltbar. Allerdings wird das eine Mehrausgabe verursachen, die übrigens schon in diesem Etat erscheint, von etwa 4 Million.

Bei den indirekten Steuern sind insbesondere 367 410 MS an Vergütung für Erhebung von Reichssteuern und 400 000 „S6 an Erbschaftssteuern mehr veranschlagt. Die Einnahme aus dem preußischen Stempel ist nach den bisherigen Grundsätzen, d. h. nach dem dreijährigen Durchschnitt, veranschlagt, weil man in keiner Weise übersehen kann, wie ich bereits bei der Berathung des Stempelsteuergesetzes ausführlich auseinandergesetzt habe, ob und welche Mehreinnahmen oder Mindereinnahmen eintreten würden. Auf den Etat kann man jedenfalls diese ganz unsicheren und haltlosen Berechnungen nicht einwirken lassen; wir werden uns das für das nächste Jahr reservieren, wo wir die Erfahrung vor uns haben. Ganz ebenso ist bezüglich der Ergebnisse des Gerichtskostengesetzes bei der Justizverwaltung verfahren.

Der veranschlagte Ueberschuß der Seehandlungs-⸗Sozietät ist um 121 000 S höher, der der Bergwerke im Ordinarium und Extra—⸗ ordinarium um 520 695 M höher. Bei den Bergwerken, Hütten und Gemeinschaftswerken sind Mehrüberschüsse in Ansatz gebracht; dagegen ist ein Minderüberschuß etatisiert bei den Salzwerken; das Extra⸗ ordinarium hat sich nicht wesentlich geändert.

Der Etat der öffentlichen Schuld hat sich wesentlich geändert. Es sind durch die regelmäßige ordentliche Schuldentilgung die gesammten alten kurhessischen Schulden einschließlich der kurhessischen Prämien—⸗ Anleihen und ebenso die preußische Prämien ⸗‚Anleihe getilgt, woraus sich eine sehr erhebliche Verringerung der Schuldentilgung ergiebt, ich möchte fast sagen, leider ergeben hat. Es ist dabei aber ein Glück, daß wir die steigende Schuldentilgung noch haben in der sogenannten außer⸗ ordentlichen Schuldentilgung, welche bekanntlich gebildet wird aus den Er⸗ sparnissen durch die konvertierten früheren Prioritäts-Anleihen der Eisenbahnen. Diese zweckmäßige Einrichtung ist durch die Initiatixe des hohen Hauses in den Etat gebracht, ich kann wobl sagen, zu meiner großen Freude. Auch in diesem Jahre ist die Schulden⸗ tilgung in diesem Titel um etwa 1 600 000 M wieder gestiegen. Daneben ist hier noch 1 Million extraordinärer Schuldentilgung aus den Rückzahlungen der Grundsteuerentschädigung vorgesehen. (Hört! hört!)

Meine Herren, ich will hierbei bemerken es wird ja noch nicht an der Zeit sein, über diese Frage, wenn es überhaupt noch vom Hause gewünscht wird, zu debattieren —, daß wir dem hohen Hause über die Durchführung dieser Maßregel, zu welcher wir ja unter allen Umständen gesetzlich verpflichtet waren, eine Denkschrift überreichen werden, aus der Sie ersehen werden, daß jedenfalls die Verwaltung mit der Rückforderung der Grundsteuer—⸗ entschädigungen in der mit dem Gesetz irgendwie verträglichen wohl⸗ wollenden Weise vorgegangen ist, und, meine Herren, Sie werden daneben auch die Vertheilung der Entschädigungsbeträge auf die ein⸗ zelnen Kreise auf das allergenaueste übersehen können, sodaß das Haus jedenfalls eine vollständige Uebersicht über die Wirkung dieser Bestimmung vor sich haben wird.

Meine Herren, es interessiert vielleicht das hohe Haus, bei dieser Gelegenheit sich einmal klar zu machen, wie es in Preußen mit unserer Schuldentilgung eigentlich steht. Bekanntlich tilgen wir im Reich überhaupt keine Schulden, und wir müssen eigentlich 3/3 der Reichsschulden Preußen zur Last rechnen, um das einigermaßen auszu⸗— gleichen. Solange der Reichstag in dieser Beziehung keine anderen Beschlüsse faßt, müßten wir eigentlich in Preußen um so schärfer unsere Schulden tilgen. Aber=-auch in Preußen tilgen wir doch nicht mehr als O,„bls ocso unserer gesammten Schulden, also eine Kleinigkeit mehr als 4 G,. Unsere Schuld betrug 1895,96 6 387 028 318 44 Meine Herren, etz wäre gewiß wünschenswerth, wenn wir in der Lage wären, in erheblichem Maße unsere Schulden

tilgung zu verstärken; aber das ist doch richtig, daß wir in dieser Be⸗ ziehung in so fern etwas anders stehen, als wir unsere Schulden

mit ihren Ueberschüssen nicht nur unsere gesammten Staatsschulden verninsen und, soweit hier vorgesehen ist, tilgen, sondern auch noch einen sehr bedeutenden Ueberschuß daneben für allgemeine Staatszwecke abgeben kann (hört, hört h, sodaß also in dieser Beziehung unsere Lage allerdings etwas besser ist. Wenn wir aber in Betracht ziehen, meine deren, daß wir keinen Erneuerungsfonds für die Eisenbahnen, keinen Resewe. fonds besitzen, daß wir nur Foso tilgen, daß im Reich gar nicht getilgt wird, so kann man iedenfalls nicht davon sprechen, daß wir in dieser Beziehung zu viel tilgen, eher kann wohl der Wunsch entstehen, diese Tilgung zu verstärken; und ich werde darauf später noch zurückkommen, daß wir vielleicht eine Vorlage Ihnen bringen werden, welche in dieser Beziehung dem Hause Gelegenheit giebt, sich über die Finanz= lage und die zweckmäßigen Maßregeln auszusprechen.

Beim Etat der allgemeinen Finanzverwaltung stellt sich gegen. über dem, wie vorher erwähnt, zu berichtigenden laufenden preußischen Etat die Sache so, daß die Ueberweisungen auf Grund des Reicht. Etats, wie er jetzt vorgelegt ist, um 8 301 300 M steigen, daß wir in so fern also eine Besserung haben. Dagegen sind die Matrikular— beiträge Preußens nach dem Entwurf zum Reichs⸗Etat um 97497195 ½ erhöht, sodaß, verglichen mit dem laufenden Etat, unser Verhältniß zum Reich sich um 1448415 M verschlechtert. Wir haben nach Maßgabe des Entwurfs zum nächsten Reichs⸗Etat ich weiß ja nicht, wie der letztere sich schließlich gestalten wird rund 8 Millionen Mark mehr an das Reich zu zahlen, als wir von ihn empfangen.

Was die eigentlichen Staatsverwaltungen betrifft, so habe ich schon hervorgehoben, daß die dauernden Ausgaben um 9134315 4 gestiegen sind. Dagegen sind aber auch die Einnahmen dieser Staatz⸗ verwaltungen um 3 651 720 4M gewachsen.

Meine Herren, es wird vielleicht einiges Interesse haben, einmal einen kurzen Rückblick zu werfen darauf, wie sich die Staats⸗ verwaltungsausgaben gestaltet haben in den Jahren 1890/91 bis zum Etat des laufenden Jahres. Da ergiebt sich, daß selbst in dieser doch jedenfalls nicht verschwenderischen Zeit, wo wir in Bezug auf Steigerungen der Ausgaben sehr vorsichtig gewesen sind, durchschnittlich die Ausgaben der eigentlichen Staatsverwaltungen, abzüglich der eigenen Einnahmen derselben, alljährlich etwa um 6 Millionen Mark gestiegen sind. Das ist also eine Steigerung, die überhaupt nicht niedriger sein kann. Sie würde weit größer sein insgesammt beträgt die Ausgabensteigerung 48 Millionen Mark —, wenn nicht zugleich in einer sehr vorsichtigen und sorgsamen Weise auch in allem Kleinen darauf Bedacht genommen wäre, die eigenen Einnahmen der Verwaltung zu steigern, sodaß wir einen Nettobetrag nur etwa von 29 Millionen Mehrausgaben auf diesem Gebiet in den vorgenannten Jahren zu verzeichnen haben.

Das Finanz⸗Ministerium hat einen Mehrbedarf von 1 999 7654 4, und zwar im Ordinarium einen Mehrbedarf von 2297 04 Meine Herren, hier haben wir solche Positionen, von denen ich vor— hin gesprochen habe. Die Zivilpensionen wachsen durchschnittlich um U bis 18 Millionen. Hier sind wieder 1100 000 SP mehr ver— anschlagt. Ebenso wachsen die Wittwen- und Waisengelder etwa um 1 Million jahraus, jahrein. Dagegen ist gar nichts zu machen. Das Finanz-Ministerium hat sodann einige Mehrausgaben für neue Kanzlistenstellen und für Kanzleidiätarien, die nicht weiter ins Ge⸗ wicht fallen.

Meine Herren, was die Bauverwaltung betrifft, so ist der Etat nicht wesentlich gegen das laufende Jahr verändert. Es ist im Ganzen ein Mehrbetrag von 543 599 veranschlagt. Das Extra—⸗ ordinarium ist um 524 000 M gestiegen und beträgt jetzt 15 520 328 Meine Herren, Sie werden hier eine neue Einnahme finden, nämlich eine Position von 300 000 M für Baupolizeigebühren. Bekanntlich gewährt das Kommunalabgabengesetz den Kommunen das Recht, für die Ausgaben ihrer Baupolizeiverwaltung Gebühren zu erheben, und es haben die Städte, welche keine Königliche Polizei⸗ verwaltung haben, davon sehr ausgiebigen Gebrauch gemacht. Wir haben es für billig und gerecht gehalten, meine Herren, daß in den Städten, wo die gesammte Polizeiverwaltung einschließlich der Bau⸗ verwaltung zu Lasten des Staats geführt wird, entsprechende Bau— polizeigebühren erhoben werden. Wir haben keine Veranlassung, meine Herren, bei den Vortheilen, die die großen Städte an sich schon haben auf vielen Gebieten und auch, wie sich das in Zukunft noch mehr zeigen wird, auf dem Gebiet der Polizei— verwaltung trotz des neuen Polizeikostengesetzes, in dieser Beziehung zu Lasten des Staats und zu Gunsten der Einwohner dieser großen Städte, die Baupolizei ganz frei zu lassen (sehr richtig), und wir haben daher, meine Herren, noch mäßige Gebühren eingesetzt. Die sollen natürlich nicht höher werden als die Kosten, die dem Staat für die Polizeiverwaltung erwachsen. Wenn wir hier 300 000 M angesetzt haben, so ist has ein Griff; das kann man auch nicht genau schätzen; es kann vielleicht mehr oder weniger betragen, das kann man nicht übersehen; auch in dieser Be—⸗ ziehung muß die Erfahrung das Weitere lehren. Aber ich glaube, an sich wird das Haus wohl schwerlich Bedenken haben, in dieser Beziehung nach dem Prinzip der ausgleichenden Gerechtigkeit diesen Ansatz zu genehmigen.

Die Verkehrsabgaben bei der Bauverwaltung sind um 100 000 4 höher veranschlagt, während die Beiträge für Kanäle u. s. w. um 279 000 A haben vermindert werden müssen. Mehrausgaben er—⸗ fordern insbesondere noch die Maßregeln gegen die Hochwassergefahr, namentlich haben sich die Eissprengungen in dieser Beziehung nach den Berichten der Techniker bewährt; es sind 60 000 M mehr ein— gestellt (Bravo, um noch entschiedener in dieser Richtung vorzu— gehen. Die von der Hochwassergefahr besonders bedrohten Landes theile und die Herren Abgeordneten aus diesen verschiedenen Landes— theilen werden es hoffentlich bezeugen können, daß diese Ausgaben durchaus nicht zu hoch sind. .

Beim Ministerium für Handel und Gewerbe hebe ich besonders hervor, daß für den gewerblichen Unterricht wiederum mehr, und zwar 269 774 mehr, veranschlagt sind. Es sind in den letzten Jahren fast jährlich die Ausgaben des Staats für den gewerblichen Unterricht gewachsen, natürlich nach den Wünschen mancher immer noch nicht genug; ich sehe ein vis-K-vis von mir mit dem Kopf schütteln. Ja, meine Herren, auf der anderen Seite muß aber doch bedacht werden, daß die meisten Schulen dieser Art eine wesentlich lokale Bedeu⸗ tung haben (sehr richtig, nicht bloß für die Eingesessenen der Ort⸗ schaft, sondern auch dadurch, daß, wenn es bedeutendere Schulen sind, zahlreiche Schüler von außen in die Stadt ziehen und dort den Ver⸗

eigentlich, mit im Ganzen nicht in Betracht kommenden Ausnahmen,

Großen und Ganzen kann ich sagen, daß die Stellung, welche die

für produktive Zwecke kontrahiert haben, und die Eisenbahnverwaltung

kehr heben. Wenn also der Staat fortfährt, auf diesem Gebiet fast

sein, wenn nicht fast eine halbe Million erspart worden wäre an bis-

Jahr aus Jahr ein mehr zu geben, so muß man auch erwarten, daß nun nicht die Kommunen ihrerseits aus der Geneigtheit des Staats, das Schulwesen zu heben, den Vorwand entnehmen, sich selbst zurück-; zuziehen; es muß ein Zusammenwirken von Staat und Gemeinde stattfinden. Das wird nicht bloß figanziell richtig sein, sondern auch die Schulverwaltung selbst wird dadurch eine bessere und geeignetere, wenn beide Theile wesentlich an der Sache in teressiert sind.

Meine Herren, ich komme nun zur Justizverwaltung. Da ist im

Ordinarium eine Mehrausgabe von 1581 000 , allerdings aber auch eine Mehreinnahme von 1407 000 veranschlagt; das Extra⸗ ordinarium ist hier um 3 744 100 M höher veranschlagt als im laufenden Jahre und beträgt 7 115 900 0 Der bei weitem überwiegende Theil der Bauten, die hier in Frage kommen, bezieht sich allerdings auf Berliner oder auf Gerichts! und Gefängnißgebäude in und um Berlin. Es soll namentlich hier ein großes Gebäude für das Landgericht 1 und das Amtsgericht J erbaut werden in der Altstadt von Berlin. Es handelt sich auch um erhebliche Neubauten für Gefängnisse, sodaß der größte Theil allerdings durch die unzweifelhaft bisher viel zu lange jurückgestellten Bauten in und um Berlin erfordert wird; aber es snd doch auch eine große Anzahl Bauten in den Provinzen vorgesehen, und ich habe die feste Ueberzeugung, meine Herren, daß hier gerade ein Gebiet ist, wo auch in den nächsten Jahren das Extraordinarium moch sehr stark wird anwachsen müssen, wenn die Mittel es irgend wie erlauben. Denn daß unsere Justizgebäude vielfach in einem höchst mangelhaften, ich möchte fast sagen, unmöglichen Zustande sich be⸗ finden, das kann gar keinem Zweifel unterliegen. (Sehr richtig!) Also hier werden wir Raum genug haben, etwaige Ueberschüsse der nächsten Jahre zweckmäßig zu verwenden.

Meine Herren, nun hat man sehr vielfach in der Presse geklagt, daß die Finanzverwaltung so karg sei gegenüber der Vermehrung der Richterstellen. Kein Vorwurf ist unbegründeter als dieser. (Heiterkeit.)

Meine Herren, wenn die Etatsberathung losgeht, wenn das Gerücht sich verbreitet, der Finanz-Minister ist in Verhandlung mit dem Justiz⸗Minister oder einem anderen Minister über die Gestaltung des Etats, dann kenne ich das schon aus der Erfahrung, dann kommen die Artikel in die Presse, wo der Finanz ⸗Minister gedrängt wird nach allen Richtungen, die öffentliche Meinung, Recht und Gerechtigkeit alles gegen ihn aufgeboten wird, und die betreffenden Schriftsteller, die doch wahrscheinlich meist einem interessierten Kreise angehören (Heiter⸗ keit), bedenken wenig, daß der Finanz⸗Minister die Aufgabe lösen muß, die Mittel des Staats gleichmäßig und gerecht zu vertheilen. Das ist die schwerste Aufgabe, die er hat. Nun meine ich aber, die Justiz hätte am allerwenigsten Veranlassung zu klagen. Ich will garnicht damit behaupten, daß alle Bedürfnisse der Justiz schon in ausgiebiger Weise befriedigt seien; aber dasselbe gilt auch für sehr viel andere Verwaltungszweige. Während die Vermehrung des Personals und der etatsmäßigen Stellen auf allen Gebieten in den letzten Jahren eine sehr geringe gewesen ist, haben wir im Jahre 1892.93 die etatsmäßigen Richterstellen um 39, im folgenden Jahre um 87, im Jahre 1894ñ95 um 72, im Jahre 1895/96 um 49 Stellen vermehrt, und schlagen nun vor, wiederum zu vermehren, und jwar die etatsmäßigen Richterstellen nm 77 und die Staats⸗ anwalte um 165, außerdem eine große Anzahl von Subalternpersonal neu einzustellen. Wir kommen da, meine Herren, auf eine Ver⸗

mehrung der etatsmäßigen Richterstellen einschließlich der Direktoren und Präsidenten, die sich allein auf die Zahl von 324 beläuft. Ja, meine Herren, da kann man doch nicht behaupten, daß gerade die Justiz schlecht wegkomme. Ich erkenne vollständig an ich will ganz offen sein daß damit das wachsende Bedürfniß noch nicht befriedigt ist. Aber Sie werden mir das Zeugniß nicht versagen, daß wir fortschreitend jedes Jahr Vermehrungen haben eintreten lassen, und daß wir damit gewiß die Justiz gegen die anderen Ressorts nicht zurücktreten lassen.

Meine Herren, bei dieser Gelegenheit will ich erwähnen, daß wir Ihnen alsbald eine Vorlage machen werden wegen Einführung des Dienstalterszulagen Systems bei den Richtern. Wenn wir aut den ver⸗ schiedensten Gründen, die ich hier nicht weiter zu entwickeln brauche, das frühere Gehaltsaufrückungs⸗System ersetzt haben durch die Dienst⸗ alterszulagen, fo ist das nach meiner Ueberzeugung bei den Richtern noch viel nothwendiger; da die Richter innerhalb der Ober⸗Landes⸗ gerichte aufrücken, so haben sich da Unzuträglichkeiten der allerkrassesten Art ergeben (sehr wahr) und werden sich immer weiter ergeben, und man kann darüber nur wegkommen, wenn man auch bei den Richtern das Aufrücken nach Dienstaltersstufen einführt.

Meine Herren, es war allerdings bei den Richtern dies besonders schwierig gerade wegen der jetzigen großen Verschiedenheit der Gehälter, die die Richter in den einzelnen Ober ⸗Landesgerichtsbezirken beziehen. Aber ich glaube, wir werden Ihnen Vorschläge machen, deren Richtigkeit und Gerechtigkeit Sie anerkennen werden, die aber allerdings wieder für eine noch nicht absehbare Uebergangsperiode sehr erhebliche Mehr⸗

ausgaben zur Folge haben werden.

Man liest noch immer trotz der vielfachen Verhandlungen in der Presse und hört viel davon sprechen, daß das System der Dienstalterszulagen eigentlich eine List des Finanz · Ministers gewesen sei (Heiterkeit), daß dabei sehr viel Ersparungen für ihn abgefallen seien, und daß der Fiskus dabei einen großen Gewinn gemacht hätte. Daz ist offensichtlich falsch. Sie brauchen nur die Etats anzusehen, um das Gegentheil zu gewahren. Die Ausgaben während der Uebergangeperiode sind bisher schon um mehrere Millionen infolge dieses Systems gestlegen. Daß die Gesammtheit unserer Beamtenschaft die Durch⸗ führung des Systems mit großer Freude begrüßt hat, kann man täglich hören, und daß die ganze, ich möchte sagen nicht bloß finanzielle, sondern auch moralische Lage der Beamtenschaft dadurch in ent⸗ schiedener Weise gehoben ist. Daß daneben auch mal bei der Durch führung eines solchen Systems an der einen oder anderen Stelle eine Stockung im Aufrücken eintritt, weil der betreffende Beamte das Glück gehabt hatte, vorher schneller aufzurücken, als seine Kollegen ist gewiß nicht zu vermeiden.

Die Ausgaben der Justijverwaltung würden noch etwas höher

herigen Ausgaben durch die anderweite Regelung der Bezüge der Gerichte volliieher. Meine Herren, ein großer Theil dieses Gerichts⸗ volliieherwesens ist höchst mangelhaft geregelt (sehr richtig! rechts) und bedarf dringend einer durchgreifenden Reform. (Sehr richtig! recht und bei den Nationalliberalen.) Es sind darunter Beamte, die gegen ihre sonstige Stellung und gegen ihre Leistungen ganz ungerecht

Ich habe es sehr dankbar anerkannt, daß der Herr Justiz Minister auf meinen Wunsch wenigstens einen Schritt nach der Richtung gethan hat, der niemanden zum Bedruck gereicht, aber dem Staate doch wenigstens etwa eine halbe Million erspart. Aber ich bleibe allerdings dabei und mein Herr Kollege in der Justiz ist derselben Ansicht —, daß das Gerichts vollzieherwesen überhaupt einer durchgreifenden Reform bedarf (sehr richtig! rechts), und dies ist also hier nur eine Maßregel, die die Hauptschaden, die in die Augen fallenden Schäden, möchte ich sagen, beseitigt, die aber eine grundlegendere Reform nicht allein nicht ausschließt, sondern für die Zukunft erleichtert.

Das Ministerium des Innern, meine Herren, hat eine Mehr— einnahme im Ordinarium von 1 952000 es, dagegen eine Mehr⸗ ausgabe von 2 334 000 66. im Extraordinarium von 279 0090 ½ς Es sind aber SI4 000 4M Mehreinnahmen eingestellt, meine Herren, mit Rücksicht auf die neue Volkszählung mit Rücksicht auf die Steige⸗ rung der Einwohnerschaft der Städte mit Königlicher Polizeiverwal. tung; es beruht diese Summe von ol 4 000 zwar noch nicht auf einer gans genauen Rechnung, aber doch auf einer unzweifelhaft an⸗ näbernd richtigen Schätzung. Ein durchlaufender Posten wegen Unter⸗ stützung von hilfsbedürftigen ehemaligen Militärs erhöht die Ein⸗ nahme und Ausgabe der Verwaltu ng des Innern um rund 1 Million Mark; sie wird auch in Einnahme gestellt, weil das Reich in dieser Beziehung uns Ersatz leistet. Dann sind Mehrausgaben für land⸗ raͤthliche Behörden und Aemter, für die Polizeiverwaltung in Berlin und in den Provinzen, wie alljährlich, beantragt.

Die landwirthschaftliche Verwaltung bedarf im Ordinarium mehr 295 000 M und im Extraordinarium 1 429 O00 υs Die Mehraugs⸗ gaben für die General. Kommissionen, die landwirthschaftlichen dehranstalten, Thieraͤrztlichen Hochschulen, für die Förderung der Fischerei und der Landesmeliorationen brauchen wohl nicht näher er⸗ lãutert zu werden. Im Extraordinarium ist der Dispositionsfonds für die Hebung der Lage der Landwirthschaft in den östlichen Provinzen um 150 000 Æ erhöht, außerdem sind einmalig eingestellt für die Loheregulierung in Schlesien 250 000 ½ und zum Bau einer Lehranstalt für Gährungsgewerbe 850 000 ½ Meine Herren, ich will auf diese Fragen nicht näher eingehen. Die Sache ist für die Entwickelung des Brauerei⸗ und Brennereigewerbes von der aller größten Bedeutung, hat sich bisher für die Brauereien ganz außer—⸗ ordentlich günstig erwiesen, und wir haben geglaubt, diese allerdings erhebliche Ausgabe nicht scheuen zu dürsen. Eine besondere Denk- schrift wird Ihnen über diesen Titel zugehen, die alles Nähere be— gründet.

Das Kultus⸗Ministerium endlich fordert 2927 000 M mehr gegen den laufenden Etat, und zwar im Ordinarium 1993 000 , im Extraordinarium 933 000 ½. Auf die Einzelheiten brauche ich nicht einzugehen. Auf eine Position möchte ich aber Ihre Auf⸗

merksamkeit lenken, weil sie mit dem Schulgesetz, welches Ihnen ja schon zugegangen ist, zusammenhängt. Die Er⸗ höhung der Position für das Elementarunterrichtswesen um 1229 052 M betrifft nämlich wesentlich die Stellen⸗ zuschũsse, welche nothwendig werden auf Grund der Vermehrung der Einwohnerzahl in den großen Städten. Der Patronatsbaufonds, der bisher schon niemals ausgereicht hatte, ist um 250 000 M erhöht, wie wir überhaupt an verschiedenen Stellen darauf Bedacht genommen haben, solche Titel des Ordinariums, welche unzweifelhaft nach langeren Erfahrungen nicht ausreichen und jedes Jahr überschritten wurden, entsprechend höher zu veranschlagen.

. Meine Herren, Sie finden für den ja vielfach besprochenen und in der Presse erwähnten Umbau der Charits keine Position im Etat. Wir beabsichtigen, Ihnen in dieser Beziehung ein besonderes Gesetz, ein Anleihegesetz vorzulegen. Die Kosten des Umbaues beziehungs— weise der Erweiterung der Charité durch eine Reihe neuer Institute sind veranschlagt auf rund 15 Millionen; in diesen 15 Millionen stecken allerdings auch die Ausgaben der Verlegung des Botanischen Gartens nach der Domäne Dahlem. Nun wird also der Botanische Garten in der Stadt Berlin frei, und wir beabsichtigen, diese Kosten von 15 Millionen wieder zu decken durch die Einnahmen aus der Ver— äußerung dieses Botanischen Gartens. Ich habe mannigfache Be⸗ schwerden, namentlich gegen mich persönlich, gelesen in Berliner Blättern, daß das ein ganz ungehöriges Vorgehen sei, daß der Staat vielmehr der Stadt Berlin den Botanischen Garten überlassen müsse. Ich würde mich nicht für berechtigt halten, kaum geneigt sein, dies zu aeceptieren, wenn die Landes⸗ vertretung auf den Gedanken käme, der Stadt Berlin neben dem Thiergarten noch einen Park unentgeltlich auf Landes. kosten zu verschaffen. (Sehr richtig) Wenn die Stadt Berlin den Botanischen Garten erwerben wollte, so werden wir das ja bei Zahlung eines gebührenden Preises sehr gern in Erwägung ziehen. Wenn das aber nicht der Fall ist, ist der Staat nach meiner Meinung nicht in der Lage und auch kaum berechtigt, einer einzelnen Stadt solche bedeutenden Zuwendungen zu machen. (Bravo! Sehr richtig) Ich habe mir gleich gedacht, daß die Landesvertretung in dieser Be⸗ ziehung anders denke, wie manche Bewohner der Stadt Berlin, (Heiterkeit) obwohl ich überzeugt bin, daß auch in Berlin man die Richtigkeit und die Berechtigung dieses Standpunktes der Staats⸗ regierung sehr wohl anerkennt.

Meine Herren, für Sekundärbahnen wird Ihnen ein ausgiebig bemessenes Anleihegesetz zugehen. Ein erheblicher Theil der neu zu bauenden Linien, die übrigens mehr oder weniger allen Provinzen zu gute kommen, hat den Zweck, in denjenigen landwirthschaftlichen Gegenden, die bisher noch zweckmäßiger und leichter Verbindungen mit der Eisenbahn entbehren, gewissermaßen Stammlinien herzu⸗ stelleß, welche als Stützpunkt dienen sollen für die Weiter— entwickelung des Tertiärbahnwesens in diesen betreffenden Gegenden. Gerade in solchen Gegenden können sich die Tertiärbahnen oft deswegen nicht wohl entwickeln, weil es an einem festen Stütz= punkt durch eine Sekundärbahn fehlt, die die Verbindung mit dem allgemeinen Eisenbahnnetz herstellt. Auf das Einzelne gehe ich natürlich hier nicht ein; aber wir haben geglaubt, daß bei den schwierigen Verhältnissen der Landwirthschaft, wo ja auf die Preise leider nicht eingewirkt werden kann und es sehr schwer ist, in vielen Fällen unmöglich, die Produktionskosten zu vermindern, doch noch übrig bleibt, eine wesentliche Erleichterung der Landwirthschaft durch die Verminderung der Transportkosten und durch die Hebung des Verkehrs zu schaffen, damit der einzelne Landwirth leichter mit dem großen Markt in Verbindung kommt, sodaß die Fälle, wo Produkte der Landwirth⸗ schaft thatsächlich unverkäuflich sind, sich jedenfalls wesentlich ver⸗

rakter haben, wirklich zur Belebung der Tertiärbahnen, der kleinen Nebenbahnen, führen werden. Wir dürfen den jetzigen unklaren Zu⸗ stand für bestimmte Gegenden, wo es zweifelhaft ist, ob der Staat Sekundärbahnen bauen wird, oder ob die Bevölkerung, wenn auch mit Hilfe größerer Verbände und selbst des Staats, Ter— tiärbahnen herstellt, sodaß der eine gewissermaßen auf den anderen wartet, nicht auf die Dauer bestehen lassen; wir müssen wenigstens für bestimmte Regionen in dieser Beziehung Klarheit schaffen. Namentlich für die oͤstlichen Provinzen, aber auch für einige westliche Theile, namentlich für Hannover, wird das sehr wesentlich in Frage kommen, und es ist ja dabei nicht ausgeschlossen wir haben ja einen Fonds von 5 Millionen bereits im Anleihegesetz des vorigen Jahres gehabt, und er wird auch wiedererscheinen daß in solchen Fällen, wo der be= treffende Landestheil gänzlich außer stande ist, sich selber zu helfen, auch für die Tertiärbahnen in dieser Beziehung Zuschuß geleistet wird. Ich glaube, es wird hiermit eine wesentliche Förderung des Eisenbahnwesens erreicht werden.

Meine Herren, in diesem Anleihegesetz werden Sie auch eine Position finden für Unterstützung von landwirthschaftlichen Genossen⸗ schaften bei Herstellung von Kornhäusern. Die Ansichten über diese Kornhãuser und ihre Bedeutung für die Preisbildung, für den Absatz, für die Unabhängigkeit vom Zwischenhandel, Gewährung von Kredit u. s. w., sind verschieden. Die Einen stellen sehr große Hoffnungen auf eine solche Entwickelung, die Anderen geringe. (Zuruf: Gar keine) ö Ja, Herr Graf, Sie sagen: gar keine, aber ich könnte Ihnen eine große Zahl sehr tüchtiger Landwirthe anführen, die sagen: sehr bedeutende. Nun sage ich so: wir in der Staatsregierung sind der Meinung, daß allerdings unter bestimmten Voraussetzungen, wenn die richtige Lokalität gewählt wird, wenn eine leb hafte und zahlreiche Betheiligung der Landwirthschaft statt⸗ findet, wenn eine tüchtige und wohlsituierte Genossenschaft mit tüchtigen Verwaltungskräften ausgerüstet ist, diese Korn⸗ hãuser erheblichen Nutzen stiften können. Und da, sage ich, muß man den Streit aus der Theorie herausbringen. Wir machen hier einen Versuch mit einigen Millionen. Das kann der Staat sich erlauben und muß es im Interesse der Landwirthschaft sich erlauben. (Sehr richtig) Wir gehen hier einfach vor nach dem Grundsatz: probieren geht vor studieren! und die Erfahrung wird entscheiden, was dabei herauskommt.

Meine Herren, Sie finden schließlich bei dem Etat zum ersten Mal auf Grund des im vorigen Jahr ergangenen Gesetzes den Etat der Ausgaben der preußischen Zentralgenossenschaftskasse.

Meine Herren, wenn ich nun schließen darf, so möchte ich noch⸗ mals Ihren Blick darauf richten, woher es eigentlich kommt, daß die Besserung unserer Finanzlage beginnt, und ob und was sie bedeutet. Wir haben in unserem heutigen Etat, entgegen den Zuständen vor der Wiederherstellung des Deutschen Reichs und vor der Verstaatlichung der Eisenbahnen, zwei ganz neue unsichere Elemente. Das eine Ele⸗ ment liegt in Preußen selbst; das ist die ungeheure Entwickelung unserer Betriebsverwaltungen und der kolossale Einfluß, den die Be= triebsverwaltungen, namentlich die Eisenbahnverwaltung, auf unsern Etat ausüben.

Meine Herren, wenn unser Netto⸗Etat, der jetzt wieder ange⸗ schlossen ist, eine Ausgabe hat von nur 480 Millionen nach Deckung der großen, der Eisenbahnkapitalschuld, so liegt das eben an der kolossalen Bedeutung der Betriebsverwaltungen. Wenn zur Deckung der Nettoausgaben unsere Betriebsverwaltungen Ueberschüsse von 400 Millionen bringen und unsere direkten Steuern nur 143 Millionen betragen, so ergiebt sich aber hieraus eine besondere Schwierigkeit unserer Finanzverwaltung. Der Schwierigkeit der großen, sich hieraus ergebenden Schwankungen sind wir bisher nicht Herr geworden, und die Aufgabe einer richtigen, planmäßigen Finanzverwaltung muß es bleiben, hier, wenigstens soweit möglich, Wandel zu schaffen.

Wir haben hier oft über das sogenannte Eisenbahngarantiegesetz gesprochen, und es war eigentlich alle Welt einig, daß dies Gesetz seine Zwecke in keiner Weise erfüllt habe; es macht eigentlich bloß Veränderungen auf dem Papier und vermindert die Eisenbahnkapital⸗ schuld auf dem Papier, während die wirkliche Schuld immer dieselbe bleibt, ja sogar steigt. Das Haus und alle Kenner unserer Finanzen waren darin einig, daß dies Gesetz werth ist, zu sterben. Meine Herren, nun habe ich ja immer anerkannt, daß auf diesem Gebiet eine schwere Aufgabe zu lösen ist; ich habe aber immer gesagt: bis dahin können wir die Aufgabe nicht lösen; wenn wir zur Ergänzung unseres allgemeinen Etats so erheb⸗ liche Anleihen aufnehmen müssen, wenn wir die laufenden Ausgaben dadurch decken müssen, daß wir die Zukunft belasten, so hat es keinen Sinn, in dieser Beziehung eine Aenderung zu treffen. Was der Eisenbahnverwaltung zu gute käme, würde dem allgemeinen Etat zur Last fallen. Aber anders vielleicht liegt die Sache heute, wo wir die Hoffnung haben, wieder in dem laufenden Jahre mit einem Ueberschuß abzuschließen. Da kann man allerdings erwägen, ob die Zeit nicht gekommen ist, noch in dieser Session eine neue gesetzliche Regelung in dieser Beziehung vorzunehmen. (Sehr richtig h Diese gesetzliche Regelung muß nach meiner Meinung, soweit unsere Finanzen das vertragen, eine Verstärkung der obligatorischen Schuldentilgung enthalten und gegenüber den schwankenden Neber⸗ schüssen der Eisenbahnverwaltung Gegenreserven legen, Ausgleichungs⸗ mittel, welche die schlechten Jahre mit den guten ausgleichen. (Sehr guth Der Herr Minister der öffentlichen Arbeiten und ich sind hierüber in Erwägungen getreten, und es kann sein, daß wir noch in dieser Session Ihnen Vorschläge in einem besonderen Gesetzentwurf machen werden. (Hört! hört! Bravo Meine Herren, wenn wir dieses Ziel erreicht haben, so würde das starke Schwanken auf Grund unserer eigenen Betrtebseinnahmen, ganz ohne Rücksicht auf die Verhäͤltnisse des Reichs, in unserem Etat jedenfalls schon sehr bedeutend vermindert werden. Und nichts erscheint unrichtiger für jemand, der von der Verwaltung eines großen Staats einen rechten Begriff hat, als die Behauptung, daß es ja gleichgültig wäre, ob die einzelnen Jahre schwanken, ob ein einzelnes Jahr mit einem Defizit und das andere mit einem Ueberschuß ab⸗ schließt. Nein, meine Herren, derartige starke Schwankungen sind bedenklich in Jahren des Ueberschusses (sehr richtig) und bedenklich in Jahren des Defizits, Es bringt die ganze Staatsmaschine in Ver wirrung, ins Stocken, wenn ein sehr bedeutendes Defint vorhanden ist, und es verführt zu verkehrten Handlungen und zu großen Mehr⸗

sertigt hohe Berge haben. (Sehr richtig! rechts.

mindern werden. Wir hoffen dabei, daß Linien, die diesen Cha⸗

ausgaben in den Zeiten des Ueberschusses. (Sehr richtig) Gleich⸗