1896 / 28 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 31 Jan 1896 18:00:01 GMT) scan diff

Seine Vorstellung bei.

; Im Königlichen Opernhause gelangt morgen Richard Wagners Lohengrin unter Kapellmeister Dr. Muck's Leitung zur Aufführung. Der Königlich bayerische Kammersänger 3 Heinrich Vogl gastiert als Gralsritter. Im übrigen lautet die 2 Elsa: 8m Pierson; Telramund: Herr Bulß; Ortrud: Frau Götze;

König: Herr Stammer.

Im Königlichen Schauspielhause findet morgen die vierte Aufführung ven Richard Skowronnek's Lustspiel Die kranke Zeit“ statt. Die Damen Poppe, Schramm, Conrad, von Mayburg, . Herren Vollmer] Molenar, Hartmann und Heine sind darin

igt.

Seine Majestät der Kaiser ließ nach der gestrigen Auf— führung des Dramas „König Richard der Zweite durch den General— tendanten Grafen von Hochberg allen Betheiligten 6 ufriedenheit und Anerkennung übermitteln. Herr il helm 53 häuser, dessen Bearbeitung dem Shakespeare'schen Drama zu Grunde liegt, hatte die Ehre, in die Kaiserliche Loge befohlen und ö Seiner Majestät durch eine längere Unterredung ausgezeichnet zu werden.

Im Schiller⸗-Theater wird morgen zum ersten Male Romeo

und Julia“ gegeben.

Mannigfaltiges.

Auf Grund der Ausführungsanweisung zum Einkommensteuer— esetz wurden bei einer festgestellten Einwohnerzahl von 1 609 569 Per 6 (1587 349 Zivilpersonen und 22 220 Militärpersonen) im Ver⸗ waltungs jahr 1894/95 in Berlin 348 Personen von der Steuer freigelassen, während bei 851 039 Personen eine Besteuerung zur Staats. CGinkommenstener deshalb nicht erfolgen konnte, weil das steuerpflichtige Cinkommen derselben den Betrag von 00 jährlich nicht übersteigt. Zur Staats-Einkommensteuer wurden dagegen veranlagt 758 182 Personen. Die Zahl der zur Gemeinde⸗ Ginkemmensteuer veranlagten Zensiten betrug 311763, und zwar 2. Personen mit Einkommen bon mehr als 9go0 M bis einschließlich 3000 .: 263 586, b. desgleichen mit mehr als 3060 Se: 43 bos, 8. nicht physische Personen und Gesellschaften 544, d. 6 6 3787, e. Militärperfonen 748. Im Vorjahre betrug die Jahl der 1 Personen 490691, mithin für 1894,99 weniger 178 928 ., on den zur Gemeinde ⸗Einkommensteuer beziehungs. weise Gemeindeabgaben veranlagten Steuerpflichtigen waren nach der ursprünglichen Veranlagung zu erheben 24 146 3567 4, und zwar A. für Einkommen von . als go0 A bis einschließlich 3006 M0 3 806 184 6, b. von mehr als 3000 S 16095 458 M, C. von den nicht physischen Personen und Gesellschaften 3645 213 M6, d. von den Forensen 585 408 6, e. von den Militärpersonen 113 081

Majestät der Kaiser und König wohnte der

1

In dem Verwaltu n. 1894/95 waren von den in Berlin vorhandenen 23730 Grtrag gewährenden Grundstücen 23 222 mit definitiven Gebäuden be t, während 508 unbebaut waren und als Zimmer-, Holz, Kohlen. und Abladeplätze oder Gärten ver⸗ wendet wurden. Von 654 Ertrag gewährenden Grundstäcken gelangten keine Realsteuern jur Erhebung, weil sie als dem Königlichen Haufe ir . beziehungsweise siskalische, kirchliche, städtische oder ffentlichen und gemeinnützigen Zwecken dienende Grundstücke steuerfrei waren. Die teuerprivilegien der im Privatbesitz befindlichen sogenannten Freihäuser sind sammtlich abgelöst; die übrigen, im Besitze von öffentlichen Behörden befindlichen 8 Frei= häuser waren bei einem Gesammtertrage von 272 324 Y mit 260 924 M unbesteuert. Der Durchschnittamiethswerth der ver⸗ mietheten beziehungeweise benutzten Wohnungen betrug 680 0 gegen 684 des Vorjahrs. Ganz erheblich war die Vermehrung der u nvermietheten Wohnungen, welche bei einer Gesammtzahl von 31 599 die Zahl der im Vorjahr ermittelten Wohnungen um 4315 überschritt. Die Hälfte dieser Mehrzahl sowie überhaupt die Hälfte aller unvermietheten Wohnungen hatte einen Jahresmieths⸗ werth von 101 bis 250 M1

Im ersten Vierteljahr des Jahres 1895 betrug die Zahl der mit 20 besteuer ten Hunde in Berlin 23 054; dieselbe war gegen das Vorjahr, in welchem 23 473 besteuerte Hunde ermittelt wurden, um 419 zurückgegangen. An steuerfreien Hunden wurden im ersten Vierteljahr 18955 4988 gezählt.

In der gestrigen Sitzung der Stadtverordneten berichtete der Stadtv. Mommsen im Namen des Ausschusses über die Vorlage, betreffend den Betrieb der Uhren in den Uraniafäulen, und beantragte folgende Beschlußfassung: Die Versammlung ersucht den Magistrat, 1 die vorhandenen Urania⸗Säulen nach den Bestimmungen des Vertrags in das Eigenthum der Stadtgemeinde zu übernehmen, Y ihr eine Vorlage zugehen zu lassen a. wegen Fortbetriebs der gegenwärtig errichteten Uraniasäulen und der damit im Zusammenhange stehenden Ein richtungen, b über weitere Aufstellung zentral regulierter Uhren in den verschiedenen Gegenden der Stadt, 3) bis zur Erledigung der nach Vorftehendem nothwendigen Verhandlungen bewilligt die Versamm⸗ lung die zur Aufrechterhaltung des Betriebs und der Beleuchtung der Uhren in den Urania⸗Säulen vorläufig nothwendigen Mittel bis zu einem Betrage von 4500 M Dieser Antrag wurde ohne Debatte angenommen. Von den Stadtverordneten Esmann u. Gen. war folgender Antrag, betreffend die e, ., zur Bauplatzsteuer, ein⸗ gebracht worden: Die Versammlung wolle beschließen, den Magistrat dar; über um Auskunft zu ersuchen, ob bei der Einschätzung zur Bauplatz steuer darauf Rücksicht genommen ist, daß Höfe und anderes Zubehör zu bebauten Grundstücken von der Bauplatzsteuer befreit bleiben. Zu derselben Angelegenheit lag auch ein Antrag der Stadtv. Kalisch u. Gen. vor: den Magistrat zu ersuchen, mit der Versammlung in gemischter Deputation über die bei Ausführung des Bauplatzsteuer Regulativs hervorgetretenen Schäden, sowie über die Mittel der Abhilfe in Berakhung zu treten, und ferner ein Antrag des Stadt. Wallach, den Antrag Esmann u. Gen. dem Etats. Aus⸗ schuß zur weiteren Berathung zu überweisen. Nach längerer Debatte beantragte der Stadtv. Mommsen, die Angelegenheit einem besonderen Ausschuß von 15 Mitgliedern zu überweisen, da der Etats. Ausschuß zu sehr belastet sei. Stadtv. Kalisch zog hierauf seinen Antrag zu

Gunsten des Antrags Mommsen zurück, welcher letztere angenommen

bon der Königlichen Staatsregierung bein

esetzes beant

9

utation auch auf die tadtv. Cassel änderte

1 die Beitrages

Infolge Beschlusses der Stadtverordneten. Versammlung, wonach im Untergeschoß des Gebäudes Königstraße 116 eine proviso“ rische Fuß gängerpassage auf die Dauer eines Jahres hergestellt werden soll, hat die städtische Baudeputation vom Magiftrat den Auftrag erhalten, ein bezügliches Bauprojekt nebst Kostenanschla baldigst aufzustellen und zur Genehmigung vorzulegen. Gleichzeitig ist die Baudeputation angewiesen worden, demnächst mit möglichster Be⸗ schleunigung die Herstellung der Fußgängerpassage und die Regulierung der Königstraße in ihrem Theile zwischen der Langen Brucke und der Poststraße vorzunehmen. Die Direktion der Großen Berliner Pferde⸗ eisenbahn⸗Gesellschaft hat dem Magistrat das Projekt der provisorischen Gleiseanlage für die Königstraße zwischen Spandauer. und Burgstraße zur Verbindung mit dem Gleise auf dem Schloßplatz vorgelegt.

Die Gaben und Zuwendungen von Gemälden, Radierungen, k Gegenständen, Prachtwerken und Büchern für die Tombola des Ballfestes des „Vereins Berliner Prefse“. welches am 8. Februar in den Räumen der Philharmonie stattfindet, haben in diesem Jahre einen alle Erwartungen übertreffenden Um— fang angenommen. Dieselben füllen bereits zwei große Zimmer. Pilen , reichhaltig ist die Liste der Werke von Malern, von denen eine Spende Adolf Menzel's schon bei früh rer Gelegenheit erwähnt wurde. Die literarischen Beiträge stellen eine stattliche Bibliothek dar. Der Billetverkauf findet nach wie vor im Bureau des Herrn Dr. Wasner, Mohrenstraße 106, im Vorderhause 1 Treppe, statt.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten Beilage.)

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vom 31. Januar,

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5 Regen

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1) Nachts etwas Regen. ) Dunst. 4 Gestern Regen.

Uebersicht der Witterung.

Ein 780 mm übersteigendes Hochdruckgebiet über⸗ deckt Frankreich und die Britischen Inseln, während eine Depression unter 735 mm über Nordsfandinavien lagert. Dementsprechend wehen über Skandinavien und dem Ostseegebiet vielfach stürmische westliche und nordwestliche Winde und sind auch im nörd⸗ lichen und östlichen Zentral, Europa die westlichen Winde stark aufgefrischt. In Deutschland dauert die trübe, milde ,. allenthalben fort, nur im südlichen Deutschland liegen die Morgentempe⸗ raturen noch etwas unter dem Gefrierpunkte. In Vorddeutschland ist stellenweise etwas Regen gefallen. Fortdauer der milden, trüben und windigen Witte⸗

rung wahrscheinlich. . Deutsche Seewarte. laenger meer ein mmer eee nene

Theater.

Aönigliche Schauspiele. Sonnabend: Opern. haus. 29. Vorstellung. Lohengrin. Roman⸗ tische Oper in 3 Akten von Richgrd Wagner. n Seene Het vom Ober · Regisseur Tetzlaff. ekorative Einrichtung vom Ober Inspektor Brandt. Dirigent: Kapellmeister Dr. Muck.

. . ünster. .. Karlsruhe .. Wiesbaden.

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) Reif.

Lohengrin: Hr. Heinrich Vogl, Königlicher Kammer—⸗ sänger aus München, als Gast.) Anfang 7 Uhr.

Schauspiel haus. 32. Vorstellung. Die kranke Zeit. Lustspiel in 4 Aufzügen von Richard Skowronnek. In Seene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Max Grube. Anfang 75 Uhr.

Sonntag: Opernhaus. 30. Vorstellung. Carmen. Oper in 4 Akten von Georges Bizet. Text von 36 Meilhae und Ludovie Halsvy, nach einer

ovelle des Prosper Mörimée. Tanz von Emil Graeb. Anfang 7 Uhr.

Schauspielhaus. 33. Vorstellung. Die kranke

von Richard

Zeit. Lustspiel in 4 Aufzügen Skowronnek. Anfang 75 Uhr.

Auf Allerhöchsten Befehl findet am Mittwoch, den 12. Februar er. in den Räumen des Königlichen Opernhauses ein Subseriptions-Ball statt. esuche um Ballkarten müssen schriftlich gestellt, die genaue Bezeichnung (Name, Stand, Wohnung) der⸗ nigen Personen enthalten, für welche Ball⸗ arten gewünscht werden. Doppelmeldungen (Zeich⸗ nung in den Subseriptions⸗Lifsten und besondere Gesuche) sind unter allen Umständen zu vermeiden. Meldungen um Zuschauer⸗Billets zum III. und IV. Rang sind bereits so zahlreich eingegangen, daß davon nur ein kleiner Theil wird berücksichtigt werden können. Weitere Meldungen um Zuschauer⸗Billets werden deshalb nicht mehr entgegengenommen. Diejenigen Bewerber, welche bis Sonnabend, den 8. Februar, nicht im Besitz der gewünschten Ball⸗ karten sind, können annehmen, daß ihre Gesuche nicht Berücksichtigung finden konnten. Alle den Sub⸗ seriptions⸗Ball betreffenden Schreiben wolle man ke , nl. e n en, der 2 ichen Schauspiele, Französischestraße 36, einreichen und mit der . Ballangelegenheit versehen. Eine besondere Beantwortung 5 er Gesuche kann bei der umfangreichen Arbeit unter keinen Umständen stattfinden. . General⸗Intendantur der Königlichen Schauspiele.

Dentsches Theater. Sonnabend: Weh dem, der lügt! Anfang 71 Uhr.

Sonntag, Nachmittags 25 Uhr: Die Mütter. Abends 7 Uhr: Romeo und Julia.

Montag: Hamlet.

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Berliner Theater. Sonnabend:

Faust. Anfang 7 Uhr. Sonntag, Nachmittags 23 Uhr: Der Hergott⸗ schnitzer. Abends 71 Uhr: König Heinrich. Montag: Der Verschwender.

Lessing· Theater. Sonnabend: Untreu. Hierauf: Fräulein Wittwe. Anfang 74 Uhr.

Sonntag. Nachmittags 3 Uhr: Zu volksthümlichen Preisen: Die Haubenlerche. Abends 7 Uhr: Comtesse Guckterl.

Montag: Comtesse Guckerl.

Residenz Theater. Direktion: Sigmund Lautenburg. Sonnabend; Letzte Weche! Hals über Kopf. Schmank in 3 Akten von Alexandre Bisson, deutsch von Paul Block. Vorher: In doppelter

er nn. Plauderei von Paul Linsemann. Anfang r

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Zu halben Preisen: Der Rabenvater. Abends 76 Uhr: Hals über Konf. In doppelter Bekehrung.

Mittwoch, den 5. Februar: Zum ersten Male: Sotel zum Freihafen. (L Hotel du Libre -Echanze.) Schwank in 3 Akten von Georges Feydeau, deutsch von Benno Jacobson.

Friedrich · Wilhelmstädtisches Theater. 6 , 265 26.

Sonnabend: Mit großartiger Ausstattung an Kostümen, Dekorationen und Requisiten: Der Sungerleider. Ausstattungs⸗Komödie mit Gesang und Ballet in 10 Bildern von Julius Keller und Louis Herrmann, mit theilweiser Benutzung einer Idee des Mark Twain. Musik von Louis Roth. In Seene gesetzt von Julius . Dirigent: Herr Kapellmeister Winns. Anfang 77 Uhr.

Sonntag: Der Hungerleider.

Neunes Theater. Schiffbauerdamm 4a. / 5. Sonnabend: Gastspiel des Herrn Franz Tewele vom K. u. K. priv. Carl Theater in Wien. Der Herr Direktor (Monsienr le Directeur). Lustspiel in 3 Akten von Alexandre Bisson und ö Carrs. Deutsch von Ferdinand Groß. n Scene gesetzt von Siegmund Lautenburg. Anfang 75 Uhr.

Sonntag Nachmittag: Bruder Martin. Abends: Der Herr Direktor.

Montag: Der Herr Direktor.

Dienstag: Der Herr Direktor.

Thenter Unter den Linden. Direktion: Julius Fritzsche. Sonnabend: Neu einstudiert: Der Bettelstudent. Qperette in 3 Akten von F. Zell nk Gene. Musik von Karl Millöcker. Anfang

r.

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Bei halben Preisen: Nund um Wien. Pantomimisches Ballet in 3 Bildern von Fr. Gaul und A. M. Willner. Musik von J. Beyer. Der choreographische Theil von Josef Haßreiter. Abends 75 Uhr: Der Bettelstudent.

Sonnabend, den 8. Februar: Dritter groster Maskenball.

Adolph Ernst Theater. Sonnabend: Ma⸗ dame Suzette. Vaudeville⸗Posse in 3 Akten von Sylvane und Ordonneau, bearbeitet von Ed. Jacob⸗ son und Jean Kren. Musik von Edmond Audran. In Seene gesetzt von Adolph Ernst. Anfang 73 Uhr.

Sonntag: Dieselbe Vorstellung.

BFentral⸗ Theater. Alte Jalobstraße Nr. 30

Sonnabend. Wiederauftreten des Herrn Emil Thomas a. G. Eine tolle Nacht. Große Aug—⸗ bert g fh mit Gesang und Tanz in 5. Bildern von Wilh. Mannstädt und Julius Freund. Musik von Julius Einödshofer. In Seene gesetzt vom Direktor Richard Schultz. Die Tanz⸗Arrangementz vom Balletmeister Gundlach. Anfang 77 i

Sonntag: Eine tolle Nacht.

Konzerte.

Konzert ⸗Haus. Sonnabend, den 1. Februar Abends 7 Uhr: Wohlthätigkeits⸗Aufführung zum Besten der Deutschen Reichsfechtschnle (Wohlthätigkeitsverein zum Zwecke der Waisenpflege.)

Sing Akademie. Sonnabend, Anfang 71 Uhr: EI. Quartett Abend von Joachim, Kruse, Wirth, Hausmann.

Saal Bethstein. Linkstraße 42. Sonnabend, Anfang 76 Uhr: Klavier Abend von Joseph Lhsvinne.

Zirhus Renz. Karlstraße. Sonnabend, Abends 7 Uhr: Gala⸗Vorstellung. Großartiger Erfolg. Ein Künstlerfest. Auf das Glänzendste insceniert vom Direktor Fr. Renz. Neue Einlage: Die Katastrophe des Riesendampfers „Circentia“. Außerdem: Auftreten von nur Künstler⸗Spezialitäten allerersten Ranges, u. A.: J. Auftreten der vor⸗ üglichen Reckkünstler Brothers O'Brien. Vorführen und Reiten der bestdressierten Freiheits“ Spring⸗ und Schulvferde. Komische Entrées und Intermezzi sämmtlicher Clowns und des beliebten Driginal⸗August Mr. Lavater Lee.

Sonntag: 2 Vorstellungen: Nachmittags 4 Uhr k Preise und 1 Kind unter 10 Jahren rei): 1870/71. Abends 75 Uhr: Ein Künstlerfest. Neue Einlage: Die Katastrophe des Riesendampfers „Circentia“.

Familien⸗Nachrichten.

Verlobt: Frl. Elisabeth von Brandenstein mit Hrn. Reinhard Frhrn, von Thüngen (Münster i. W- Weißenbach i. Bayern). Frl. Hedwig Eckardt mit Hrn. Pfarrer Wilhelm Hahn (Breslau Ostseebad irn Frl. Else . mit Hrn. Stabsarzt Dr. Max Brecht (Berlin Straßburg i. G.). Fr. Agnes Janecke, geb.

töcke, mit Hrn. Dr. phil. Julian Treumann

S (Han nover). ; Geboren: Ein Sobn: Hrn. Prem. ⸗Lieut. Andreas von Treutler (Berlin). Eine Tochter: Hrn. Pastor Teschner (Küpper). Hrn. T. von Bethe (Reichenbach). ö Ge storbenz Fr. Hauptmann Frida von der Vollen, geb. von Schmidt (Weimar). Hr. Ritterguts besitzer Louis Kiehn (Pinsk). Hr. Oberst⸗Lieut. a. D. Carl Bode (Naumburg a. S.). Hr. Kreis ⸗Schulinspektor Dr. Hans Hennig (Berlin).

Verantwortlicher Redakteur: Si em enroth in Berlin. Verlag der Expedition (Scholz) in Berlin.

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und. Verlagt⸗ Anstalt Berlin 8W., Wilhelmstraße Nr. 22.

Acht Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage).

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs⸗-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

M 28.

Deutscher Reichstag.

2A. Sitzung vom 30. Januar, 1 Uhr.

Tagesordnung: Fortsetzung der Berathung des Reichs— haushalts⸗-Ctats bei Kap. 9 des Ordinariums der Aus— . im Reichsamt des Innern: „Behörden für die

ntersuchung von Seeunfällen“.

Abg. Metzger (Soz.) regt wiederum die Reform der hierher ge⸗ hörigen Gesetzgebung, den Erlaß einer verbesserten Seemanngsordnung, vor allem aber die Revision des Gesetzes, betreffend die Unter⸗ suchung von Seeunfällen, an. Die Kompetenz der Secämter müffe erweitert, ihre Stellung bei der Beurtheilung der Schuldfrage unab— hängiger gemacht, auch eine Beaufsichtigung des Seeschiffbaues und des Seeschiffsverkehrs von Reichswegen eingeführt werden, wie sie für die Binnenschiffahrt bei einigen Bundesstaaten bereits bestehe. Redner fucht die gegen letztere Forderung im vorigen Jahre vom Abg. Jebsen erhobenen Einwände zu widerlegen. Es stehe nicht überall so gut wie in der Rhederei des Abg. Jebsen; die Privat— kontrole des Lloyd genüge nicht, auch nicht die der interessierten Affe kuranzgesellschaften. Die Vorkehrungen zur Rettung aus Lebensgefahr auf den Auswandererschiffen, auch auf den Schnelldampfern, seien höchst mangelhaft; der ganze Rettungsdienst müsse anders organisiert und ebenfalls der dauernden Kontrole der Reichsbehörden, der Seeämter und des Ober⸗Seeamts unterstellt werden. Die kisherige Erfahrung auch beim Lloyd lehre, daß die Rücksicht auf die Sicherheitsmaßregeln sehr bald gänzlich vernachlässigt werde, wenn längere Zeit kein Unfall passiere. Auch die Katastrophe der „Elbe“ habe nichts ge— bessert. Redner sucht dies mit einigen näher dargelegten Vor— kommnissen, die zu seiner Kenntniß gekommen seien, zu belegen.

Staatssekretär des Innern, Staats-Minister Dr. von Boetticher:

Wie auf anderen Gebieten der sozialpolitischen Gesetzgebung, wird auch auf dem Gebiete des Seewesens Verwaltung und Gesetzgebung nicht ablassen, bessere Zustände herbeizuführen.

Was insbesondere die von dem Herrn Vorredner beklagte Er— scheinung, daß die Seemannsordnung noch nicht den Reichstag beschäftige, anlangt, so kann ich Ihnen die Versicherung geben, daß auch die Korrektur unserer Seemannsordnung der Gegenstand der fortgesetzten Fürsorge der Regierung gewesen ist, und es ist eine Novelle zu diesem Gesetze vollständig ausgearbeitet. Sie liegt augen⸗ blicklich der technischen Kommission für die Seeschiffahrt vor. Die technische Kommission für die Seeschiffahrt hat die erste Berathung dieses Entwurfs beendet, und im nächsten Monat wird die zweite Berathung stattfinden. Diese Berathung wird vorgenommen werden unter Zuziehung von Seeleuten und zwar solchen, die entweder noch im aktiven Seedienst stehen, oder solchen, die im aktiven Seedienst gestanden haben, und diese Seeleute sind nicht, wie der Herr Vorredner annimmt, von den Rhedereien be— nannt worden, sondern die Reichsverwaltung hat sich hinsichtlich ihrer Benennung an die Regierungen gewendet, und sie darf er— warten, daß die Regierungen bezüglich der Auswahl durch⸗ aus objektiv, lediglich nach der Rücksicht verfahren, daß nur der technischen Kommission für die Seeschiffahrt Kräfte zugeführt werden, die wirklich ein praktisches Verständniß für das, was auf dem Gebiete des Seewesens zu bessern ist, besitzen.

Eine Korrektur des Seeunfallgesetzes, von der der Herr Vor— redner gesprochen hat, ist bisher nicht in Aussicht genommen. Eine. Anregung dazu ist von keiner Seite gegeben worden, und ich glaube auch kaum, daß die Wünsche, die der Herr Abgeordnete in dieser Be⸗ ziehung bei seinem soeben beendeten Vortrag ausgesprochen hat, eine Majorität in diesem Hause finden würden. Meine Herren, unser Seeunfallgesetz beruht bezüglich der Bestimmungen über die Kompetenz der Seeämter darauf, daß diese Behörden nicht einen Gerichtshof darstellen, der mit Strafbefugnissen umgeben werden soll. Man hat vielmehr an dem auch sonst in unserer ganzen Gesetzgebung zur Durchführung gekommenen Gedanken fest⸗ gehalten, daß die Strafen möglichst von den ordentlichen Gerichten verhängt werden sollen. Die Seeämter haben ausschließlich die Aufgabe, die Ursachen der zu ihrer Kognition kommenden See⸗ unfälle festzustellen und die Schuldfrage zu eruieren und, wenn diese Schuldfrage dazu führt, daß eine grobe Vernachlässigung auf seiten eines Schiffers oder eines Steuermanns vorliegt, dann als äußerste Maßregel ihrer Kompetenz die Patententziehung zu verhängen. Ich glaube, daß im allgemeinen diese Vorschriften sich bis jetzt bewährt haben, und daß es ausreicht, alle strafbaren Handlungen, die auf dem Gebiete der Seeschiffahrt begangen werden, den ordentlichen Gerichten zur Aburtheilung zu überweisen. .

Der Herr Vorredner hat nun die Einsetzung einer Reichs⸗See⸗ behörde gewünscht, und wenn ich ihn recht verstanden habe, und wenn ich aus der großen Zahl von Beispielen, die er zur Begrün⸗ dung seines Wunsches angeführt hat, den rechten Schluß ziehe, so kommt es ihm wesentlich darauf an, daß die ganze Seeschiffahrt unter Reichskontrole gestellt werde, daß das Reich also Organe schafft, die von der Zentralstelle aus, also von seiten einer Reichsbehörde, die nöthige Aufsicht über die Seeschiffahrt führen, zunächst nach der Richtung hin, ob die für den Betrieb der Seeschiffahrt erlassenen Vorschriften auch in ausreichendem Maße beobachtet werden. Meine Herren, ich glaube kaum, daß im allgemeinen ein Bedürfniß für die Einrich⸗ tung einer Behörde von so weitem Thätigkeitsumfange sich wird nachweisen lassen. Wir haben ja bereits eine Reihe von Reichs⸗ organen, die mit dem Seewesen beschäftigt sind. Wir haben die Reichs⸗Prüfungsinspektoren, wir haben das Schiffsvermessungsamt, wir haben das Ober⸗Seeamt, wir haben die Aufsicht über das See⸗ zeichenwesen, die vom Marineamt geübt wird, wir haben die Reichs⸗ kommissarien, welche und das ist ja das wichtigste Gebiet und das am meisten der staatlichen Fürsorge zu überlassende auf dem Gebiete des Auswanderungswesens ein jedes Schiff, mit dem Aus— wanderer befördert werden, daraufhin untersuchen, nicht allein, ob es seetüchtig ist, sondern auch daraufhin, ob es im übrigen die Einrich⸗ tungen bietet, die zu einer menschenwürdigen Behandlung der Aus wanderer nöthig sind. Ich komme bei den Ausführungen des Herrn Vor— redners zu dem auch schon in früheren Sessionen betonten Schlusse, daß man eigentlich nur von einer Ausdehnung der Reichskompetenz nach der Richtung hin sprechen kann, daß der Schiffsbau unter eine

Berlin, Freitag, den 31. Januar

1896.

staatliche Kontrole genommen wird. Ich habe im vergangenen Jahre den Herren auseinandergesetzt, daß bei der Reichsverwaltung die Absicht vorlag, dieser Frage näher zu treten, ob und wie eine Reichs—⸗ aufsicht über den Schiffsbau einzurichten sein möchte, und ich habe bei der Aufnahme, die dieser bekannt gewordene Gedanke in den interessierten Kreisen gefunden hat, es für nützlich gehalten, zunächst einmal zu sehen, ob nicht auf dem Wege der von dem Herrn Vorredner allerdings perhorreszierten Privathilfe eine Besserung der bestehenden Zustände zu ermöglichen sei. Meine Herren, dieser Versuch ist nicht ohne Erfolg und ohne Frucht geblieben. Die Reichsverwaltung hat die erforderlichen Anregungen sowohl bei der Berufẽsgenossenschaft, als auch bei dem Germanischen Lloyd gegeben, und beide Institute haben bereits in gewissem Maße eine Verständigung dahin herbei⸗ geführt, daß auf dem Wege einer Verschärfung der Seeunfall⸗ Verhütungsvorschriften dem vorhandenen Bedürfniß Rechnung ge⸗ tragen werden möge. Die Reichsverwaltung ist aber dabei nicht stehen geblieben, sie hat auch ihr eigenes technisches Organ, das Schiffsvermessungsamt, darüber vernommen, welche Vorschriften nothwendig sind, um die größtmögliche Gewähr für die Sicherheit der auf der See fahrenden Personen herzustellen.

Es haben sich nun allerdings bei den Verhandlungen über diesen Punkt nicht unerhebliche Meinungsverschiedenheiten zwischen den Anforderungen unserer technischen Organe und zwischen den An⸗ schauungen, wie sie in der See⸗Berufsgenossenschaft und beim Germanischen Lloyd vertreten sind, herausgestellt. Allein die Hoffnung darf nicht ausgeschlossen werden, daß der von uns zunächst einge⸗ schlagene Weg doch zu einem guten Ziele führen wird. Sollte das aber nicht der Fall sein, so wiederhole ich, was ich im vergangenen Jahre gesagt habe, daß die Reichsverwaltung nicht ablassen wird, dann auch dem Gedanken näher zu treten, daß eine Reichskontrole über den Schiffsbau eingeführt werde.

Was die Kontrole der Schiffe nach anderen Richtungen hin als nach der baulichen Seite anlangt, von denen der Herr Vorredner ja auch gesprochen hat er hat beispielsweise die Frage der Regulierung der Chronometer, die Frage des Mannschaftslogis, die Frage der Mannschaftsverpflegung berührt —, so, meine Herren, ist hierin, was namentlich die Auswanderungs—⸗ schiffe cmlangt, doch schon jetzt durch das Institut er Reichskommissarien eine staatliche Vorsorge getroffen. Wenn Fälle vorgekommen sind, wie sie der Herr Vorredner anführt, daß ein Mangel, den der Reichskommissar bei Besichtigung eines überseeischen Dampfers gerügt hat, dessen Abstellung er angeordnet hat, gleichwohl nicht abgestellt worden ist, so wird mir der Herr Vorredner zugeben, daß in diesem Fall der Uebelstand nicht in dem Mangel der Kontrole liegt, denn diese war da; sondern er liegt ich weiß nicht, ob der Fall vorgekommen ist, aber wenn er vorgekommen sein sollte daran, daß die betreffende Rhederei den Anforderungen des Reichs kommissariats nicht genügt hat. Das kann auch vorkommen, wenn wir eine vollkommenere Kontrole, wie sie der Herr Vorredner an— strebt, besitzen; das sind einmal menschliche Schwächen und menschliche Unvollkommenheiten, denen man zwar begegnen muß, und in dem Falle, den der Herr Vorredner berührt hat, werde ich recherchieren und werde dem Kommissarius allerdings auch Anweisung ertheilen, daß er auch die Ausführungen seiner Auflagen, die er den Rhedern macht, kontrolieren muß.

Nun, meine Herren, bin ich doch noch genöthigt, den Nord⸗ deutschen Lloyd und die Hamburg-Amerikanische Packetfahrt⸗ Gesellschaft gegen die Vorwürfe, die aus den Ausführungen des Herrn Vorredners herausklangen, in Schutz zu nehmen. Es war da von mangelhaften Reinigungsanstalten die Rede, es war von einem mangelhaften Mannschaftslogis die Rede. Meine Herren, ich glaube nicht, daß diejenigen Herren, die bei unserer Kanalfeier die Schiffe des Norddeutschen Lloyd und der Hamburg-Amerikanischen Packetfahrt⸗Gesellschaft besucht und besichtigt haben, den Eindruck gewonnen haben werden, daß irgend etwas auch im letzten Winkel des Schiffs nicht in Ordnung gewesen wäre. (Sehr richtig! bei den Nationalliberalen.) Ich glaube im Gegentheil, daß, was den Dienst auf diesen Schiffen betrifft, die Herren den Rhedern und den Kapitänen das allergünstigste Zeugniß ausstellen werden. (Sehr wahr! rechts. Oho! bei den Sozialdemokraten. Ja wohl, meine Herren, das ist meine volle Ueberzeugung! Ich bin auf vielen Schiffen des Norddeutschen Lloyd und auf vielen Schiffen der Hamburg⸗ Amerikanischen Packetfahrt ⸗Linie gewesen und bin nicht nur bei Gelegenheit der Kanalfeier dagewesen: eine Gelegenheit, von der Sie vielleicht sagen können, das wäre Paradevorstellung und alles vorher aufs schönste in Ordnung gebracht, sondern ich bin auch unerkannt auf Schiffen des Norddeutschen Lloyd und der Hamburg ⸗Amerika⸗Linie gefahren und kann sagen, ich habe mich gefreut und war mit Stolz erfüllt, zu sehen, in welcher prompten, tüchtigen und sachgemäßen Weise der Dienst auf diesen Schiffen gehandhabt wird. (Lebhaftes Bravo!) Ich bin das den beiden großen Schiffsinstituten schuldig, daß ich sie gegen solche Vorwürfe verwahre, und, meine Herren, meine eigenen Augen sind mir werthvoller als die Denunziationen irgend eines Anonymus, der mir mittheilt, daß irgend etwas nicht in Ordnung gewesen ist. Gehen Sie auch selber hin, prüfen Sie selber, ver⸗ trauen Sie nicht den Gewährsleuten, die ja ganz gewiß recht achtbare und aufrichtige Leute sein können, aber vielleicht doch nicht dasselbe Verständniß haben wie Sie, wenn es sich darum handelt, Schiffe zu kontrolieren, und dann urtheilen Sie! Vertrauen Sie aber nicht blindlings auf dag, was Ihnen in dieser Beziehung zugetragen wird. Es steht, wie gesagt, nicht in Einklang mit dem, was ich und viele Mitglieder zu beobachten Gelegenheit gehabt haben. (Lebhafter Beifall rechts und bei den Nationalliberalen.)

Abg. Jebsen . tritt dafür ein, daß das Material der esammten deutschen Rhedereien fast ohne Ausnahme seetüchtig und solide gebaut und ausgerüstet sei. Auch seien die Rheder wirklichen Verbesserungen, auch mit Kosten verknüpften, durchaus zugänglich. Wie solle die Reichs, Kontrolbehörde die deutschen Schiffe kontrglleren, welche an den amerikanischen und anderen überseeischen Küsten Küsten⸗

schiffahrt trieben und oft zehn und mehr Jahre draußen blieben? Ein

Gesetz zu machen üher die richtige Bemannung der Schiffe, hätten selbst die praktischen Engländer bisher nicht fertig bekommen.

Abg. Frese⸗Bremen (fr. Vg.) theilt mit, daß er mit dem Abg. Lenzmann im vorigen Frühjahr in Bremerhaven die Schiffe „Ems und „Havel“ des Lloyd unerkannt besichtigt und sie genau auf das Vorhandensein und gute Funktionieren der Rettungseinrichtungen unter⸗ sucht habe. Sowohl in dieser Beziehung als hinsichtlich der Sauberkeit hätte sich alles in bester Ordnung befunden. Die Klagen des Abg. ,, über zu geringe Bemannung der Schiffe träfen bei manchen Schiffen kleiner Rhedereien zu, die beim Mangel aus reichenden Verdienstes mit den Mannschaften leider sparen müßten. Für die Auswandererschiffe seien jedenfalls Kontrolen genug vorhanden. Jan lte h der Anführungen des Abg. Metzger ständen ohne Beweis da. Die Verbesserung der Sicherheitsvorrichtungen sei von selbst auf den Schiffen eingetreten, ohne daß es dazu der Einwirkung einer öffentlichen Behörde bedurft hätte. Zum Schluß bringt Redner eine Klage des Kapitäns des „Prinz Heinrich“ über mangelhafte Be—⸗ feuerung des südlichen Theils des Rothen Meeres zur Sprache.

Abg. Freiherr von Stumm (Reichsp.) hält wie im vorigen Jahre die Einführung einer Reichsaufsicht Über den Seeschiffsverkehr für ein nothwendiges Erforderniß. .

Abg. Bebel (Soz.): Den Erklärungen der beiden , der großen Schiffahrtsgesellschaften steht direkt entgegen, was über den Untergang der „Elbe“ amtlich festgestellt ist. Herr Jebsen und Herr Frese nehmen sich, wetteifernd mit dem Staatssekretär von Boetticher und Herrn Dr. Lieber, der ja auch einmal auf Lloyddampfern nach Amerika und zurück gefahren ist, des Lloyd und der Vortrefflich⸗ keit seiner Einrichtungen an. Was mir im vorigen Jahre über die wirklichen Zuftände auf den Lloyddampfern hierher telegraphiert wurde, hat sich buchstäblich als wahr erwiesen. Ich habe dem Herrn Staatssekretär von Boetticher damals privatim den Namen meines Gewährsmanns genannt: es war der langjährige Vorsitzende der Bremerhavener Organisation der Feuerleute, alfo nicht etwa ein beliebiger Anonymuß. Was war der Dank? Nach einigen Monaten wurde der Mann, ein Desterreicher, weil er lästig gemacht hatte, ausgewiesen. Natürlich! Nicht, daß der Herr Staatssekretär daran schuld wäre, aber in Bremen sind die Interessen des Lloyd mit denen des Bremischen Senats so innig verknüpft, daß die Ausweisung nur zu begreiflich ist. Redner verliest nun eine Reihe von Aussagen in dem Prozesse wegen des Untergangs der „Elben, aus denen sich die Richtigkeit der im vorigen Jahre der von ihm und seinem Gewährsmanne aufgestellten Behauptungen ergeben soll, und führt weiter aus: Daß die Entziehung des Patents für den Führer der Crathie“ keine Strafe sei, die dem Rechtsgefühl Genugthuung verschaffe, sei klar. Ebenso schuldig sei aber auch der Erste Offizier der Elben nach den Ausführungen des Reichskommissars selbst; dieser sei auch der Ueberzeugung, daß das Handhaben der Boote ein höchst ungenügendes gewesen sei. Alfo auch auf Seiten der Elbe“ hätten schwere Versehen vorgelegen. Die Elbe“ habe 190 Boote und 173 Mann Besatzung gehabt; im Moment der Gefahr habe aber niemand von ihnen gewußt, wo er hingehöre, und der größere Theil der Besatzung sei einfach nicht seefähig gewesen. Die Unfall Inspektoren, die man in den Seeämtern besitze, reichten nicht aus, das habe diese Schiffskatastrophe klar bewiesen. Würden die Staatssekretäre so oft auf Seeschiffen fahren, wie auf den Eisenbahnen, so würde man 2 eine Reichs. kontrole haben. Die Lloyddampfer seien dafür bekannt, daß sie mit größter Rücksichtslosigkeit führen; die Kapitäne müßten den Ge⸗ sellschaften blindlings gehorchen und die wagehalsigsten Fahrten unternehrnen; sie müßten auf die elementarsten Sicherheitsdorrich⸗ tungen verzichten, wenn es gelte, der Konkurrenz zuvorzukommen. Auch den mißlichen Zuständen, unter denen die Kohlenzieher auf den Dampfern zu leiden hätten, müßte ein Ende gemacht werden. Nur brauchbare, kräftige Leute follten zu diesem Dienst, wie überhaupt zum Dienst auf den überseeischen Schiffen zur 9 gelangen. Nicht allein der Profit, dürfe das Ausschlaggebende sein. edner zitiert wiederholt die bezüglichen Anführungen des Sachverständigen Wislicenus. Die praktischen Seelente, welche man gutachtlich für die neue Seemannz—⸗ ordnung hören wolle, würden doch nur Beauftragte der Rhedereien sein, wenn die Reichsverwaltung sich dieserhalb an die Einzelregierungen wende, denn diese kennten die einzelnen Arbeiter nicht. Die Arbenrter müßten sich selbst ihre Vertreter wählen können; was man jetzt vor⸗ habe, sei kaum etwas Anderes, als eine große Komödie.

Staatssekretär des Innern, Staats⸗Minister Dr. von Boetticher:

Meine Herren! Ich habe doch die Empfindung, daß ich den Reichstag bitten muß, so packend auch die Schilderung des Herrn Vorredners gewesen ist, sie doch mit einiger Vorsicht aufzunehmen. Ich bezweifle nicht die Objektivität des Herrn Vorredners, aber aller⸗ dings habe ich Grund zu bezweifeln, daß er über die Vorgänge, um die es sich handelt, so unterrichtet ist, wie man das sein müßte, um die Schlüsse, die er daraus gezogen hat, abzuleiten.

Der Herr Vorredner hat seinen Vortrag damit begonnen, daß er gemeint hat, die Darstellungen der Herren Abg. Jebsen und Frese ständen im direkten Widerspruch mit dem Ergebniß der Untersuchung über den Untergang der „Elben, und er hat gemeint, daß aus dieser Untersuchung über den Untergang der „Elbe“ mit Nothwendigkeit zu folgern sei, die Schuld an diesem Untergange liege zum theil auch auf deutscher Seite. Diese Voraussetzung trifft nicht zu. Es liegt hier vor mir das Erkenntniß des Seeamts von Bremerhaven, welches die Untersuchung über den Untergang der „Elbe geleitet hat, und da heißt es gleich auf Seite 2 folgendermaßen:

Daß die „Elben in so kurzer Zeit gesunken ist und 230 Menschen ihren Tod gefunden haben, ist nicht auf Mängel in der Bauart, Beschaffenheit, Ausrüstung, Beladung oder in der Bemannung des Schiffs, sondern lediglich auf die erhebliche Be⸗ schädigung zurückzuführen, welche auch das Querschott 6 in Mit- leidenschaft gezogen haben wird, sodaß gleichzeitig zwei Abtheilungen mit Wasser gefüllt waren.

Da ich nun einmal bei dieser Entscheidung bin, so werde ich mir erlauben, auszuführen, daß auch die Vorwürfe, die der Herr Vorredner dem Kapitän und der Mannschaft des Dampfers GElbe⸗ gemacht hat hinsichtlich ihres Verhaltens nach eingetretener Katastrophe, an der Hand der Feststellungen des Seeamts nicht begründet sind. Der Herr Vorredner hat gemeint, die Boote seien nicht in Ordnung gewesen, sie hätten nicht so zahlreich und so schnell zu Wasser gebracht

werden können, wie das nothwendig gewesen sei, um eine größere An—=

zahl von Passagieren und Mannschaften zu retten. Nach der Dar stellung, wie sie sich aus der Begründung des Urtheils des Seeamts

ergiebt, sind allerdings nur drei Boote von den vorhandenen zehn Booten zu Wasser gebracht. Daß nicht mehr zu Wasser gebracht worden sind, liegt aber nur an dem außerordentlich unglücklichen Um-= stande, daß, während die Boote zu Wasser haben gebracht werden

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