1896 / 30 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 03 Feb 1896 18:00:01 GMT) scan diff

Ministeriums zur Verhandlung gelangt. Ich kann Ihnen aber die. Versicherung geben, daß die Königlich preußische Staatsregierung Ihren erhandlungen das größte Interesse entgegenbringt und, wig immer, vollste Würdigung und Beachtung wird zu n werden lassen. Soweit es mir möglich sein wird werde ich an Ihren Verhandlungen tbeilnehmen und Ihre Wünsche zu fördenn bemüht sein. (Lebhaftes Bravo!) . Den ersten Gegenstand der Tagesordnung bildete: Die Nahrungsmittelkontrale in Deutschland mit besonderer Rücksicht auf den Schutz der landwirthschaftlichen Produkte vor dem unlauteren Wettbewerb ihrer Ersatz⸗

mittel.

Verdingungen im Auslande.

Niederlande.

4. Februar, 2 Uhr Lokalzeit, im Zentralbureau der Maatschappy tot Exploöoitatie van Staatsspoorwegen im . zu Utrecht; Lieferung von eichenem Wechselholz und eichenen rücken balken für die Staatseisenbahnen. Bedingungsheft Nr. 174 liegt vom 18. Januar 1896 ab zur Einsicht im vorgenannten Zentralbureau und im Bureau des Chef-Ingenieurs der Werkplätze und Magazine, G. J. E. van Vryberghe de Coningh zu Utrecht und ist bei Franko⸗ Anfrage gegen Bejahlung von O50 Fl. erhältlich bei dem oben⸗ genannten Zentralbureau. Nähere Ausschlüsse zu bekommen bei dem mehrfach genannten Zentralbureau und dem Ingenieur.

Februar. Bie Landbau⸗Vereinigung „de Bendracht“ zu Herking en: Lieferung von pl. m. 40 000 kg Sup., 1000 kg Salp., 1009 kg Amm. Sup., 600 4g Thom. Ph. Angebote sind an den Sekretaͤr A. W. Keizer in Herkingen einzusenden. .

. Februar, 12 Uhr, im Zentral Magazin für Militärausrüstung, Sarphatistraße in Am sterdam: Lieferung von je 17 00 Patronen⸗ taschen zu Gewehr M. /95 mit Vorrichtung zur Unterbringung des Schraubenziehers und je 17 000 ohne solche, ie in 4 Abtheilungen zu 42650 Stück. Bedingungen zur Einsicht täglich mit Ausnahme Sonn— tags von 9 bis 12 Uhr im Zentral. Magazin ausgelegt und durch den Major. Magazinmeister bei Cinsendung von O, 20 Fl. erhältlich.

14. Februar. Gemeinde⸗Verwaltung in Nymw egen: Lieferung von gegossenen und schmiedeeisernen Untertheilen zur Verbreiterung der Abzugskanäle. Bedingungshefte für 10 Cent das Stück sind bei Franko⸗Anfrage bei dem Gemeindeschreiber erhältlich. Aufschlüsse werden im Bureau des Gemeinde⸗Architekten gegeben.

Theater nud Mufik.

Schiller ⸗Theater.

Eine wohlgelungene Aufführung von Shakespeare's Liebes⸗ tragödie , Romeo und Julia“ fand zum ersten Mal am Sonn⸗ abend im Schiller⸗Theater' statt. Mit kühnem Vorgehen hatte die Regie, um die Einheit des Orts zu wahren und allzuzeltraubende Ver— wandlungen zu vermeiden, seenisch vieles so zu vereinigen gewußt, daß das umfangreiche Werk trotz des sräten Beginns der Vorstellung den Rahmen des üblichen Theaterabends nicht überschritt. Die beiden Titelrollen waren in den Händen des Herrn Bach und des Fräulein Pauly,. Ersterer verlieb dem schwärmerischen Romeo eine hübsche jugendliche Erscheinung und die erforderliche Gluth leidenschaftlichen Empfindens, während Fräulein Pauly als Julia die lyrischen, weichen Accente des hingebenden Mädchens besser gelangen als die mehr Kraft und Temperament fordernden Stellen ihrer Rolle. Herr Froböse zeichnete den Tybalt nicht in der schablonenmäßigen, kühl überlegenen Manier, sondern gab dieser Gestalt den Charakter maßloser Heftigkeit: eine Auffassung, die man jedenfalls gelten lassen kann. Unter den übrigen

Darstellern und 2 thaten sich Herr Pauly und Fräulein Detschy als Ebepaar Capulet, Fräulein Wilke als Amme, Herr Schmasow als Peter., Herr Patry als Mereutio und Herr Winterstein als Prinz hervor. Eine einheitliche künstlerische Leistung bot Herr Pategg als Bruder Loren o. Die Ausstattung war, ohne übertriebene Pracht zu entfalten, durchaus würdig.

Konzerte.

Im Konzerthause fand am Freitag ein Historischer

Wagner⸗Abend“ statt, der, mit einigen fast unbekannten Werken

ätzen aus seinen Opern Die Feen‘, „Rienzi', „Der fliegende Ibs eder . Die Walküre! und „Die Meistersinger von Nürnberg“ überging. Die Sonate op. 1, für Orchester n⸗ strumentiert von Müller⸗Berghaus, folgt noch llassischen Vorbildern; eine einfache Form zeigt auch die Polonaise, op. 2, während die Ouvertüre zur Oper. Die Feen. schon den vom Hergebrachten sich befreienden Genius Wagner's erkennen läßt, der dann noch glänzender in den darauf folgenden Instrumentalsätzen hervortritt. Herr Meyder, dem alle Anerkennung für die interesseinte Veranstal⸗ tung eines solchen historischen Abends gebührt, wurde dabei durch die tüchtigen Leistungen seiner Kapelle aufs wirksamste unterstützt. Das zahlreich erschienene Publikum spendete lebhaften Beifall.

Im Königlichen Opernhause gelangt morgen Lortzing's Waffenschmied in folgender Besetzung zur Aufführung: Hans Stadinger: err Krolop. Graf von Liebenau: Herr Bulß, Georg: Herr Lieban, Ritter Adelhof: Herr Schmidt. Fräulein Deppe singt zum ersten Mal die Marie, Fräulein Pohl die Irmentraut. Hierauf folgt das Ballet ‚Phantasien im Bremer Raths keller“.

Im Königlichen Schauspielhause wird morgen E. von Wildenbruch's vaterländisches Drama ‚Die Quitzows“ gegeben. Die Besetzung lautet: Friedrich J. von Hohenzollern: Herr Ludwig, Herzöge Kasimir und Otto von Pommern: Derren Hertzer, Keßler, Barbara von Bug: Fräulein Poppe, Dietrich von Quitzow: Herr Nesper, Konrad von Quitzow: Herr Purschian, Henning Perwenitz: Herr Eichholtz, Henning Stroband: Herr Oberländer, Rieke; Frau Conrad, Thomas Wing: Herr Kahle, Gertrud: Frau Seebach, Agnes: Frau von Hochenburger, Köhne . Herr Vollmer, Dietrich Schwalbe: Herr Winter, Hans Sturz:

err Siegrist. In der vorgestrigen Vorstellung des Lustspiels „Die kranke Zeit' wurde dem Verfasser derselben, Herrn Richard Skowronnek die Ehre zu theil, in die Kaiserliche Loge befohlen und von Seiner Majestät dem Kaiser durch huldvolle Worte der Anerkennung ausgezeichnet zu werden.

Im Schiller-Thegter werden morgen Bulthaupt's . Vie⸗ toria und ‚Onkel Hräsig⸗ wiederholt. Am Sonnabend findet die Erstaufführung des Laufs'schen Schwanks Ein toller Einfall, statt.

Im Theater Unter den Linden eröffnet am Freitag die schwedische Operettensängerin Frau Pettersson⸗Norrie ein Gastspiel in der Qffenbach'mschen Operette Die schöne Helena“,

In dem am Mittwoch, Mittags 12 bis 1 Uhr, in der Maxienkirche stattfindenden Orgel-Vortrage des Königlichen Musikdirektors Otto Dienel wird Fräulein Martha Kröning den 62. Psalm von Alb. Becker und Herr Tschiersch ein Vaterunser von Dienel singen. Auf der Orgel werden Vorspiele von Liebster Jesu, wir sind hier“, Bach's G-moll. Phantasie, eine Fuge von Rhein— berger, Thiele's Chromatische Phantasie ꝛc. vorgetragen. Der Einlaß ist frei.

München, 31. Januar. Die Intendanz der Königlichen Hof. bühnen veröffentlicht soeben den Spielplan für die, in den Mo— naten August und September d. J. im Königlichen . und Vational⸗ Theater stattfindenden Aufführungen ichard Wagnerescher Werke. Der Spielplan umfaßt: Rienzi' (25. August, 8. nr , Der Fliegende Holländer“ (27. August, 19. September), ‚Tannhäuser“* (6, 15. August, 3., 17, 29. September), Lohengrin“ (6., 15., 22. August, 5., 189. 26. September), ‚Tristan und Isolde“ (20. . 24. September), ‚Die Meistersinger von Nürnberg. (29. August, 12. September). Dem Wagner ⸗Cyelus werden sich Aufführungen des Beethoven'schen Fidelio“ mit vorhergehender Dar⸗ stellung des Festspiels „Die Ruinen von Athen? (II., 18. August, L. 7. 22. September) anschließen. Im Königlichen Residen;⸗ Theater werden in den gleichen Monaten Mozart's Opern Figaro's Hochzeit (2., 9., 16., 23., 30. August, 6., 13., 20., 27. Seelen und Don Giovanni“ (65, 12. 19., 26. August, 2., 9., 16. 23. 30. Sep⸗ tember) neueinstudiert und neuinsceniert gegeben. Das Nähere über die Preise der Plätze ist von der Hoftheater⸗Intendanz zu erfahren. Die Bahnverbindungen zwischen München und Bayreuth bieten Ge— legenheit, die Vorstellungen an aufeinander folgenden Tagen hier wie dort zu besuchen. Die Namen der mitwirkenden Münchener und aus— wärtigen Künstler werden noch in einem ausführlichen Programm ver— öffentlicht werden.

Mannigfaltiges.

In der Urania wird heute sowie am Dlenstag, Mittwoch und Freitag Herr P. Spies seinen Experimentalvortrag Photographie mit unsichtbaren Strahlen, halten. Am Donnerstag trägt Herr Dr. Müller über Das Hühnchen im Ci“ vor, während am Sonn⸗ abend Herr Dr. Naß den Vortrag Moderne Gasbeleuchtung“ noch einmal wiederholen wird.

Um zahlreichen Wänschen entgegenzukommen, wird die Verkaufs zeit der Billets für das Ballfest des Vereins Berliner Presse (am 8. Februar, Philharmonie) im Bureau des Herrn Dr. Wasner, Mohrenstr. 10, im Vorderhause 1 Treppe, jetzt auch Vormittags und zwar von 12 bis 16 Uhr und ferner, wie bisher, von 3 bis 5 Uhr Nachmittags stattfinden.

In den mit glühlichttragenden Tannenguirlanden geschmückten und festlich erleuchteten Sälen des Kroll'schen Etablissementss fand am Sonnabend das Ballfest des Vereins Berliner Kaufleute und Industrieller unter überaus zahlreicher Betheiligung statt. Der Ball begann nicht, wie sonst üblich, mit einer Polonaise, sondern mit einem kurzen Promenadenkonzert, welchem Rundtänze in dem für die tanzenden Paare durch Landeknechte freigehaltenen Theile des Hauptsaales folgten, während die Polongise den ersten Theil des Balles abschloß und zu den künstlerischen Darbietungen des Abends überleitete. Nachdem der die Polonaise begleitende Ehorgesang ver= stummt war, hob sich der Bühnenvorhang und enthüllte eine in blanke Rüstung gekleidete, auf Wolken thronende Frauengestalt, welche . von Frau fbi dargestellt in Versen aus der Feder Julius Freund's sich als die Schutzgöttin der Berliner Ausstellung 1896 zu erkennen gab. In schwungvoller Form prophezeite der Prolog dem Werke gutes Gedeihen. Es folgten Liedervorträge von Frau Rosa Sucher (be—= gleitet von ihrem Gatten] und Herrn Perron, dann der Kaisergruß von Grell (ausgeführt von Sängern des Königlichen Opernchors), fowie ein von Heinrich Landwehr zu Ehren des Vereins komponierter Festmarsch. Der weitere Verlauf des Festes brachte ein vom Königlichen Solo⸗ tänzer Quaritsch arrangiertes, anmuthiges Tanz Divertissement, das auch in choreographischer Form die Hoffnungen, die sich an die Aus- stellung knüpfen, wirkungsvoll zum Ausdruck brachte; am Schluß des« selben entstieg dem Boden das Wahrzeichen der Nlusftellung. die wohl⸗ bekannte, hammerbewehrte Faust mit der Aufschrift Glückauf * Hierauf gab man sich wieder den Freuden des Tanzes hin, bis der dämmernde Morgen zum Aufbruch mahnte.

Paris, 3. Februar. In Maulsvrier, in der Nähe vno— Angers, ereignete sich gestern ein ernster Unglücksfall. Während der Messe stürzte ein Theil des Kirchengewölbes ein; 4 Per— sonen wurden getödtet, 60 verletzt, darunter 5 schwer.

Buckarest, 1. Februar. W. T. B.“ meldet: Gestern Abend explodierte vor dem Hause des Advokaten Moldovanu in der Strada Fortunei eine Dyna mitbombe, wodurch die Thoreinfahrt und das Vorhaus erheblich beschädigt sowie die Fensterscheiben der Nachbarhäuser zertrümmert wurden. Personen sind nicht zu Schaden gekommen. Das Attentat dürfte keinen politischen, ins besondere keinen anarchistischen Charakter haben. Als Urheber wird von der Polizei ein belgischer Student vermutbet, der mit einem Klienten Moldo— vanu's in einen Prozeß verwickelt war.

Nach Schluß der Redaktion eingegangene De peschen.

Bud apest, 3. Februar. (W. T. B) Der osterreichisch⸗ ungarische Minister des Aeußern Graf Goluchowski und der österreichische Handels⸗Minister Freiherr Glanz von Eicha sind 3 hier eingetroffen. Die österreichischen Minister begaben sich heute Vormittag zum ungarischen Minister⸗Prä—⸗ sidenten Baron Banffy zur Berathung.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten Beilage.)

aus der Jugendzeit des Meisters beginnend, allmählich zu Instrumental⸗ Louis Herrmann, mit theilweiser Benutzung einer Saal Bechstein. Linkstraße 42. Dienttag,

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Uebersicht der Witterung. Die Witterung von Mittel und Süd⸗Europa steht

unter dem Einfluß eines

wolkenlos

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1 h Nachts

ochdruckgebiets, dessen Kern

über dem südlichen Nordseegebiet liegt, während eine tiefe Depression über Laxpland lagert, in deren Be— reich stellenweise starke westliche und nordwestliche Winde wehen. Christianfund meldet Weststurm. 91 Deutschland ist bei durchschnittlich wenig ver— nderten Wärmeverhältnissen das Wetter ruhig, misd, an der Küste heiter, im Binnenlande 2 In Südteutschland sowie größtentheilz in Frankresch

herrscht leichter Frost.

uhiges kälteres, theils

heiteres, theils nebliges Wetter demnächst! wahr⸗ Deutsche Seewarte.

scheinlich

Theater.

Königliche Schauspiele. Dienstag: Opern- haus. 32. Vorstellung. Der Wassenschmied. Komische Qper in 3 Akten von Albert Lortzing. Dirigent: Musikdirektor Wegener. Phanta ien im Bremer Raths keller. han astisches Tanzbild, frei nach Wilhelm Hauff, von Emil Graeb. Musik von Adolf Steinmann. Dirigent: Mustk— direktor Steinmann. Anfang 7 Uhr.

Schauspielhaus. 35. Vorstellung. Die Quitzoms. Vaterländisches Drama in 4 Aufzügen von Ernst 2 Regie: Herr Plaschke. Anfang

r

Mitwoch: Opernhauß. 33. Vgrstellung. Die

. in 3 Akten von Richard Wagner. Anfang r.

Schauspielhaus. 36. Vorstellung. Die kranke

Zeit. Lustspiel in 4 Aufzügen von Richard

Skowronnek. Anfang 795 Uhr.

Deutsches Theater. Dienstag: Neu ein—⸗ studiert: Der zerbrochene Krug. Hierauf: Zum ersten Male: Liebelei von Arthur Schnitzler. Anfang 71 Uhr.

Mittwoch: Der Talisman.

Donnerttag: Der zerbrochene Krug. Hierauf: Zum eisten Male wiederholt: Liebelei.

Berliner Theater. Dienstag: König Hein rich. Anfang 75 Uhr.

Mittwoch: Faust.

Donnerstag: stönig Heinrich.

Lessing Theater. Dienstag: Untreu. Hierguf: Fräulein Wittwe. Anfang 7 Uhr.

Mittwoch: Comtesse Guckerl.

Donnerstag: Comiesse Guckerl.

Residenz Theater. Virektion:

über Bisson, deutsch von Paul Block. mann. A 74 Uhr.

Hun feng n. hafen.

tragen und bearbeitet von Benno Jacobson.

Friedrich · Wilhelmstädtisches Theater. ene n. 26 26. ;

Dienstag: Dekorationen und

Kostümen,

Requisiten: Hungerleider. a

und Ballet

Sigmund Lautenburg. Dienstag: Letzte Aufführung von: Hals Kopf. Schwank in 3 Akten 9 e ,

orher: In doppelter Bekehrung. Plauderel von Paul Linse⸗

Zum ersten Male: Hotel zum Frei⸗ he L Motel du Lipre Echanke.) Schwank in 3 Akten von Georges Feydeau, über

großartiger Ausstattung er

er er. Ausstattungs Komödie mit Gefang in 10 Bildern von Julius Keller und

Idee des Mark Twain. Musik von Louis Rotb.

In Scene gesetzt von Julius Fritzsche. Dirigent:

Herr Kapellmeister Winn. Anfang 7 Uhr. Mittwoch: Der Hungerleider.

Neunes Theater. Schiffbauerdamm 4a. 6. Dienstag: Gastspiel des Herrn Franz Tewele vom K. u. K. priv. Carl Theater in Wien. Der Herr Direkter (Monsieur le Directeur). Lustspiel in 3 Akten von Alexandre Bisson und 6 Carré. Deutsch von Ferdinand Groß. n. Scene. gesetzt von Sigmund Lautenburg. Anfang 79 Uhr.

Mittwoch, Donnerstag und Freitag: Der Herr Direktor.

Voran zeige: Sonntag, den 9. Februar, Nachmittags 3 Uhr: Zu halben Preisen: Bruder Martin.

Theater Unter den Linden. Direktion: Julius Fritzsche. Dienstag: Neu einstudiert: Der Bettelftudent. Operette, in 3 Akten von F. Zell und R. Gene. Musik von Karl Mlllöcker. . Herr Kapellmeister Federmann. Anfang

28

Mittwoch: Der Bettelstudent.

Sonnabend, den 8. Februar: Dritter großer Maskenball.

Adolph Ernst Theater. Dienstag: Ma—⸗ dame Suzette. Vaudeville⸗Posse in 3 Akten von Sylvane und Ordonneau, bearbeitet von Cd. Jacob⸗ son und Jean Kren. Musik von Edmond Audran. In Scene gesetzt von Adolph Ernst. Anfang 73 Uhr.

Yriff ech Dieselbe Vorstellung.

BFentral- Theater. Alte Jakobstrahe Rr. 30.

Dienstag: Emil Thomas a. G. Eine tolle Nacht. Große Ausstattungspofse mit Gesang und Tanz in 5 Bildern von Wilh. Mannstädt und

liuß Freund. Musik von Julius Einödshofer.

n Scene gesetzt vom Direktor Richard Schultz.

ie Tanz⸗Arrangementg vom Balletmesster Gund⸗ lach. Anfang 7 Uhr.

Mittwoch: Eine tolle Nacht.

Konzerte.

onzert / haus. Karl Meyder Konzert. Diengtag: Ouv. Die Genueserin‘, Lindpaintner. Wilhelm Tell. Rossini. Phantasie aus „Der Freischütz von Weber. Potpourri Waldteufeleien“ von Mohr. „Le Déösirn für Cello von Servais 7 Smit). „Ich sende diese Blume Dir“ für iston von Wagner (Herr Werner). ienstag, den 18. Februar: Fastuachts⸗Snb⸗ ,, Billets à 3 J im Bureau des uses.

Anfang 71 Uhr: Konzert der Sängerin Lonise Loeher.

Dirkus Renz. Karlstraße. Dienstag, Abends 7 Uhr: Große brillante Vorstellung. Groß⸗ artiger Erfolg! Ein stünstlerfest. Auf das Glän— 2 insceniert vom Direktor Fr. Renz. Neue Einlage: Die Katastrophe des Riesendampfers „Circentia“. Außerdem: Auftreten von nur Künstler. Spezialitäten allerersten Ranges, u. A.: The Tarof Skay“,. Musik⸗Flammenteufel. Kor sshren der berühmten Original. Dressuren des Direktors Fr. Renz. Auftreten sämmtlicher Clowns und des beliebten August Mr. Lavater Lee.

Mittwoch: Ein Künstlerfest. Neue Einlage: Die Katastrophe des Riesendampfers „Cir centia“. Seit 5 Monaten befindet sich in Ein studierung und scenischer Vorbereitung: Lustige Blãtter!

Familien⸗Nachrichten.

Verlobt: Frl. Käthe Preuß mit Hrn. Pastor Theodor Hammerschmidt (Gätzkow Wittbrietzen b. Beelitz). Frl. Iphigenia Demetriades mit 66 Gerichts. Assessor Dr. Wilhelm Noodt (Ham⸗ zurg Gr. Lichterfelde)⸗ Frl. Margarethe Knorrn mit Hrn. Gymnasial Oberlehrer Dr. Max Borheck (Waldenburg i. Schl.). Frl. Martha Hoffmann mit Hrn. Rentmeister August Fricker (Groß · Rosen). ; .

Verehelicht: Hr. Sec. Lieut. Friedrich Franz Graf von Schlieffen mit Frl. Ella von Sprenger (Malitsch )

Geboren: Ein Sohn:; Hrn. Sec. ⸗Lieut. Ernst Thümmel (Ehrenbreltstein). Eine Tochter: Hrn. Amtsgerichts. Rath Max , . (Berlin). . Hrn. Prem. Lieut. von Reichmeister (Anna— urg).

Gestorben: Fr. Geheime Staatsrath Marie Agnes von Wittken, geb. von Tepper⸗Laskt gen, Hr. Rittmeister a. D. Otcar von Wacholtz (Jena). Hr. Rektor Friedrich Dürr (Breslau). Hr. Feuerwerk. Lieut. Julius Roensch (Breslauj.

Verantwortlicher Redakteur: Siem enroth in Berlin. Verlag der Expedition (Scholz) in Berlin.

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags⸗ Anstalt Berlin 8W., Wilhelmstraße Nr. 32. Sieben Beilagen

leinschließlich Börsen⸗Beilage), (19335) und die Gewinnliste der zweiten Klasse der Großen Geld⸗Lotterie zur Restaurierung der

Lamberti⸗Kirche in Münster.

M 30.

Deutscher Reichstag.

29. Sitzung vom 1. Februar, 1 Uhr.

Ueber den Anfang der Sitzung wurde in der Nummer d. Bl. vom Sonnabend berichtet.

Die zweite Berathung des Reichshaushalts— Etats für 189697 wird mit dem Etat der Reich s-Ju stiz⸗ verwaltung, bei den Ausgaben für das Reich s-Ju stiz— amt Tit. 1 „Staatssekretär 4 000 M fortgesetzt.

Abg. Basser mann (nl) irt im weiteren Verlaufe seiner Rede aus, der Reichstag habe bereits im letzten Jahre sich mehrfach dahin ausgesprochen, daß die Kündigungsfrist für beide Theile: Prinzipal und Gehilfen, gleich sein muüsse. Die Vertragsfreiheit müsse in dieser Beziehung aufgehoben und eine Minimal-Kündigungsfrist eingeführt werden. So habe der Reichstag auch am 16. April 1854 beschlossen. Die Dauer dieser Frist werde am richtigsten auf 4 Wochen bemessen. Die Konkurrenzklausel, das Verbot des Eintritts in ein Konkurrenzgeschäft, vielfach sogar auf langjährige Dauer und auf sehr weite Rayons, habe eine so excessive Ausdehnung erfahren, daß hier das Gesetz einschreiten müsse. Der Kampf um die Klausel werde ja schon lange geführt. Die Aus. führungen der Sachverständigen in der Kommission für Arbeiterstatistik hätten sich einstimmig gegen die Konkurrenzklausel oder doch gegen deren exzessiven Gebrauch gerichtet. Geradezu als Unfug müͤsse bezeichnet werden, daß durch solche Vertrage schon die Lehrlinge in ihrem , Fortkommen behindert würden. Der Druck dieser harten Be⸗ timmungen stehe außerdem in einem schreienden Gegensatz zu dem Gehalt. In einem solchen Vertrage sei ein Gehalt von 560 M jährlich, daneben aber eine Konventionalstrafe von 10 060 S für die Verle ung der Konkurrenzklausel ausgemacht. Solche unerhörten Mißbraͤuche der Vertragsfreiheit müßten verschwinden. Die ganze weitere wirth⸗ schaftliche Existenz des Handlungsgehilfen werde durch die Konkurrenz- klausel ruiniert oder er werde ins Ausland getrieben. Die Handlungs— ge unterschrieben diese Verträge, weil sie müßten, um Überhaupt

eschäftigung zu finden. Das Reichsgericht habe leider nicht nur auß— drücklich die Klage aus diesem Vertrage für zulässig erklärt, fondern auch den Zwang zum Austritt aus dem Konkurrenzgeschäft ausge— sprochen, auch die Konventionalstrafe für verfallen erklärt, wenn der Prinzipal dem Handlungsgehülfen gekündigt habe. In keinem anderen Berufe würde so weitgehender Ge— brauch von Vertragsstrafen gemacht, als im Handelsstande. Darum müsse auch diese Frage nicht im Bürgerlichen Gesetzbuch, sondern im Handelsgesetzbuch besonders geregelt werden, die Schutz⸗ vorschriften des Entwurfes eines Bürgerlichen Gesetzbuches genügten nicht fur die Handlungsgehilfen. Bei niedrigen Gehaltssätzen follte die. Konkurrenzklausel überhaupt verboten werden. Die chemische Industrie zahle gute Gehälter. die ein gewisses Aequivalent für die über den Vertrag hinaus erkaufte Schweigepflicht darböten. Im Kaufmanngstand, wo die geringen Gehälter an der Tagesordnung seien, muͤsse die Klausel fallen, event. müsse der Richter das Recht der Aufhebung oder der entsprechenden Einschränkung derselben er—⸗ halten, auch eingreifen können, wenn der Prinzipak ohne jeden Grund den Kommis auf die Straße setze. Ber wirthschaftlich Schwache müsse geschützt werden. Dle Rechtsentwicklung voll ziehe sich offenbar auch in vielen zivilrechtsichen Beziehungen nach dieser Richtung; die Vertragsfreiheit müsse dem zwingenden Recht weichen, damit das Gebot der sozialen Gerechtigkeit erfüllt werde.

Staatssekretär des Reichs⸗Justizamts Nieb erding:

Meine Herren! Mit dem Herrn Vorredner bin ich darin ein— verstanden, daß bei der Revision des Handelsgesetzbuchs die Regelung der Rechtsstellung der Handelsgehilfen eine besondere Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen muß. Als unser gegenwärtig in Geltung befind— liches Handelsgesetzbuch berathen wurde, war auf der einen Seite der wirthschaftliche Interessenkampf noch nicht so heftig entbrannt, und auf der anderen Seite die Gesetzgebung noch nicht so gewöhnt, sich mit der sozialen Seite der Wirthschaftsverhältnisse zu befassen, daß man damals diesem Gebiete eine ernstere Aufmerksamkeit zugewandt hätte, und es ist anzuerkennen, daß die Bestimmungen des Handels gesetzbuchs wenigstens für die Gegenwart nicht mehr ausreichend sind. Auch besteht im Schoß der verbündeten Regierungen die Meinung, daß bei der Neuregelung, die hier in Aussicht genommen werden muß, die Maßnahmen so zu treffen sind, daß beide Theile: die Arbeit⸗ geber, aber auch die Arbeitnehmer, die Ueberzeugung haben dürfen, es werde von dem Standpunkte ausgleichender Gerechtigkeit nach beiden Seiten hin und der richtigen Würdigung der Interessen, die auf beiden Seiten stehen, ausgegangen. Deshalb sind auch, als im Laufe dieses Winters vorläufige Besprechungen mit Sachverständigen über verschiedene Theile des Handelsgesetzbuchs, so insbesondere über die Frage der Regelung der Stellung der Handlungs— gehilfen, geführt wurden, zu diesen Verhandlungen nicht bloß Kaufleute, sondern auch Vertreter des Gehilfenstandes zugezogen worden, und ich kann hier dankbar anerkennen, daß diese Herren mit Besonnenheit, mit Gerechtigkeitsliebe, mit Anerkenntniß der Interessen auch der Arbeitgeber in einer Weise an den Verhandlungen theil— genommen haben, daß wir hoffen dürfen, es werde sich aus diesen Verhandlungen eine befriedigende Unterlage für die weiteren Schritte der Gesetzgebung ergeben.

Der Herr Vorredner hat in seinem Vortrage zwei Punkte hervorgehoben, die nach seiner Meinung besonders wichtig für die in Frage stehende Regelung sind. Das ist einmal die Festsetzung der Kündigungsfrist auf Seiten der Arbeitgeber wie auch der Arbeitnehmer, und es ist auf der anderen Seite die sogenannte Konkurrenzklausel, d. h. das Recht des Arbeitgebers in dem Annahmevertrag, den Handlungsgehilfen Beschränkungen zu unterwerfen, die den Arbeit- nehmer verhindern, nach freiem Ermessen seine künftige wirthschaftliche Existenz zu suchen.

Auch darin stimme ich dem Herrn Vorredner bei, daß diese beiden Fragen von besonderer Wichtigkeit sind. Die erste Frage, die Frage der Kündigungsfristen, hat ja schon durch verschiedene Sessionen hindurch dieses Haus beschäftigt und schließlich auf Grund eines An— trags Schröder zu einem Gesetzentwurf geführt, der den verbündeten Regierungen zugegangen ist. Meine Herren, wenn die verbündeten Regierungen diesem Gesetzentwurf bisher ihre Zustimmung noch nicht gegeben haben, so liegt das nicht darin, daß sie mit dem Gedanken, der in dem Entwurf zum Ausdruck kommt, prinzipiell nicht einver⸗ standen wären; im Gegentheil, sie stehen mit ihren Auffassungen durchaus auf dem Boden dieses vom HSause aeceptierten Entwurfs. Wenn sie Anstand genommen haben, ohne weiteres dem Entwurfe zuzustimmen,

zum Deutschen Reichs⸗Anze

Er st e Beilage

Berlin, Montag, den 3. Fehruar

so hat das seinen Grund gerade in einer Rücksicht auf die Interessen der Handlungsgehilfen. Wir wünschten zunächst das Ergebniß der statistischen Erhebungen über die Verhältnisse der Handlungsgehilfen vollständig vor uns zu haben, weil wir zweifelhaft darüber waren, ob der Gesetzentwurf allen Rücksichten auf Seiten der Handlungs⸗ gehilfen gerecht werde. Die inzwischen zum Abschluß gekommenen Erhebungen haben unsere Zweifel bestärkt und bestätigt, und wir sind bei der Erwägung, in welcher Weise die hier im Hause getroffenen Bestimmungen zu ändern und zu erweitern wären, um den Interessen beider Theile vollständig gerecht zu werden.

Der Herr Vorredner hat sodann die Konkurrenzklausel berührt und richtig hervorgehoben, daß die Frage der Zulässigkeit oder Nicht⸗ zulässigkeit der Konkurrenzklausel in den Sach verständigen⸗Berathungen dieses Winters über die Revision des Handelsgesetzbuchs einen ziemlich breiten Raum eingenommen habe. Meine Herren, das Resultat dieser Verhandlungen läßt sich dahin zusammenfassen, daß sowohl auf Seiten der Handlungsgehilfen wie auf Seiten der Arbeitgeber anerkannt wurde: ein unbedingtes Verbot der Konkurrenzklausel ist zicht möglich, ohne wichtige und berechtigte Interessen des Handelsstandes zu schädigen. Eine Freiheit in der Anwendung der Konkurrenzklausel, wie sie jetzt besteht, ist auf die Dauer auch nicht zulässig, ohne die berechtigte Stellung der Handlungsgehilfen zu beeinträchtigen. Die Aufgabe ist hier, einen Mittelweg zu finden und den zu nehmenden Rücksichten nach beiden Seiten gerecht zu werden.

Nun, meine Herren, haben Ihnen die Ausführungen des Herrn Vorredners bereits gezeigt, wie verschiedene Wege man da einschlagen kann, um zu suchen, diese Mittellinie zu finden. Leicht ist die Aufgabe nicht; ich kann Ihnen aber die Versicherung geben, daß es unser ernstes Bemühen bleiben wird, zu einem Resultat zu gelangen, das seiner Zeit auch die Zustimmung des Reichstags wird finden können. Vorläufig muß ich Sie bitten, sich bei dieser Erklärung zu beruhigen.

Abg. Singer (Soz.): Durch diese Erklärung wird die Hoffnung auf baldige Erfüllung der sehnlichen Wünsche der Handlungsgehilfen leider stark herabgestimmt. Der Bundesrath steht sachlich vollständig auf dem Boden der großen Mehrheit des Reichstags in Sachen der Kündigungsfrist; warum also nicht diese höchst dringliche Frage durch ein Nothgesetz in Ordnung bringen? Durch die ewigen Gen gun und Erhebungen in den verschiedenen Ressorts und Instanzen ver—⸗ schleppen die Herren am grünen Tisch solche höchst dringlichen Anforde⸗ rungen des wirklichen praktischen Lebens in schlimmster Weise. Die armen Handlungsgehilfen, die unter diesen jämmerlichen Verhältnissen leiden müssen, haben nicht so viel Zeit, wie die Behörden sich nehmen zu können glauben. Auch die Mißstände auf dem Gebiete der Kon—⸗ ke nn ff bedürfen der sofortigen Abstellung. Ich habe der Kom⸗ mission für die Vorlage wegen des unlauteren Wettbewerbes nicht weniger wie 75 solcher ö zur Verfügung , welche in schamlosester Weise die ngestellten der öglichkeit be⸗ raubt, für ihre Zukunft zu sorgen. Daß ein Verbot nicht möglich sei, muß ich durchaus bestreiten. Während aber hier der Staatssekretär wenigstens in der Hauptsache die Schädlichkeit dieser Klausel anerkennt, bringen die verbündeten Regierungen in dem Gesetzentwurf, betreffend die Bekämpfung des unlauteren Wett⸗ bewerbes eine Bestimmung in Vorschlag, welche diese Konkurrenz klausel durch kriminelle Strafandrohung noch verschärft. Das ist ein sehr auffallender Widerspruch. Im Ganzen gilt auch von diesem Theil der unerfüllten sozialpolitischen Forderungen das Wort: Der Worte sind genug gewechselt, laßt uns nun endlich Thaten ., Ich habe das Work erbeten, um die Thätigkeit des jüngst ber⸗ storbenen Landgerichts Direktors Brausewetter zur Sprache zu bringen. Obwohl die Sozialdemokratie besondere Ursache hätte, über die Thätigkeit gerade dieses Herrn zu klagen, so will ich die Frage aus den allgemeinen Gesichtspunkten heraus, bei denen alle Parteien interessiert sind, behandeln. In dem bekannten Gummischlauchprozeß, der sich aus Anlaß einer Polizeiattacke gegen Arbeitslose hier in Berlin gegen die Opfer diefer Polizeiattacke abspielte, ging Herr Brausewetter mit den sonder— barsten Argumenten gegen die Vertheidiger vor. (Redner zitiert einige derselben In 5. Zusammenhang fiel auch die zum geflügelten Wort gewordene Aeußerung: „Die Oeffentlichkeit e istiert nicht. Alle diese Aeußerungen beweisen, daß der Mann seit Jahren nicht mehr den Ansprüchen genügte, die an den Inhaber eines so verantwortungsvollen Postens, wie es der des Vorsitzenden einer Strafkammer ist, gestellt werden müssen. Als Schwurgerichts⸗Vorsitzender hat sich Herr Brausewetter womöglich noch ärger blosgestellt, namentlich dadurch, daß er die Ge= schworenen nicht belehrte, sondern sie durch den direkten Anschluß an die Anschauungen des Staatzanwaltes zu beeinflussen suchte; daß Herr Brausewetter lz krankenhaften Zustandes wegen schon seit Jahren die für einen Richter nothwendige Selbstbeherrschun nicht mehr besaß, beweisen diese Auslassungen in drastischer Weise. Seine Krankheit kam im Dezember in voller Stärke nach einem heftigen Gewitter zum Ausbruch; wenige Tage danach wurde er in eine Heil⸗ anstalt übergefühdt. In der a her gt aber hatte er noch ein Gerichts- urtheil abgefaßt, durch welches zwei sozialdemokratische Schriftsteller, welche eine beleidigende Aeußerung gegen einen Meiningenschen Beamten in das von ihnen redigierte Protokoll des Frankfurter sozialdemokratischen Parteitags übernommen hatten, wegen dieser minimen Sache zu der horrenden Strafe von je drei Monaten Gefängniß verurtheilt wurden! Dabei ist erwiesen, daß schon zwei Jahre vorher der Gerichtsphysikus zu einer Erklärung veranlaßt worden war, wonach die Handlungen des Herrn Brausewetter schon damals unter einem krankhaften Einfluß gestanden haben. (Präsident . von Buol hält dafür, daß diese ganze persönliche Dar- tellung vor den preußischen Jufti⸗ / Min istẽr gehöre.) Ich habe dies anführen, müssen, um die Unterlage für die an den Staatssekretãr zu stellenden Fragen zu haben. Kann der Staatssekretär es zulassen, daß ein Zustand in der Strafrechtspflege fortdauert, der das Rechts- bewußtsein deg Volkes in der aͤrgsten Weise verwirren muß: daß Urtheile rechtsbeständig bleiben, auch wenn sie von Geisteskranken gefällt werden? Bei zivilrechtlichen Sachen, wie Testaments— errichtungen u. s. w., kann dieser Umstand zur Vernichtung der betreffenden 1 andlung führen; warum hier nicht? Wir fordern eine lex Brausewetter, durch welch vorgeschlagen wird eine r g. sämmtlicher Prozesse, die unter nn,, Vorsitz seit der Zeit verhandelt worden sind, wo seine Geistesstörung er⸗ wiesen ist. Noch sitzen Hunderte, nicht bloß Sozialdemokraten, deren Verurtheilung ja eine Speʒialstãt des ern war, sondern auch viele Angehörige bürgerlicher Parteien, in den Gefängnissen, die viel. leicht von einem geistig normal besetzten Gericht ein anderes Urtheil erfahren hätten. Ueber den großen Einfluß des Vorsitzenden einer Strafkammer ist man allseltig unterrichtet. Es ist das Recht der Angeklagten, zu verlangen, daß sämmtliche Richter geistig normal sind. Legen Sie Werth auf das Ansehen der Justiz, dann verhindern Sie das Eintreten von e, wie sie hier ju Tage liegen. Urtheile, die ein notorisch wahnsinniger Mann gefällt hat, müssen revisibel fein!

iger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

89.

Staatssekretär des Reichs⸗Justizamts, Nieberding:

Meine Herren! Der Herr Vorredner hat zur Begrundung der Fragen, die er am Schlusse seiner Ausführungen an mich gerichtet hat, eingangs seiner Rede persönliche Beziehungen eines verstorbenen Mannes in die Debatte hineingeführt, die hineinzuführen nach meiner Meinung nicht nothwendig war. Ich würde, auch ohne daß er das Haus mit diesen Erinnerungen an einen verstorbenen unglücklichen Mann befaßt hätte, in der Lage gewesen sein, seine Schlußfragen zu beantworten. Ich werde auch auf die Ausführungen, die er über den Verstorbenen gemacht hat, soweit sie thatsächlicher Natur sein sollen, nicht weiter eingehen. Ich bestreite, daß sie richtig sind, und ich habe um so mehr Grund, das zu thun, als der Herr Abgeordnete kein Bedenken getragen hat, hier Ausführungen eines Blattes vorzulesen, das er nicht einmal mit Namen genannt hat und für dessen Inhalt er die Verantwortlichkeit nicht übernehmen will. (Zuruf bei den So ial⸗ demokraten.) Ich bin der Meinung, daß, wenn der Herr Abgeordnete hier gravierende Thatsachen über einen Verstorbenen, der sich nicht mehr vertheidigen kann, anführt, so sollte er auch so viel Ver⸗ antwortlichkeitsgefühl haben, daß er persönlich für diese Thatsachen einzustehen geneigt ist. (Sehr richtig! rechts.)

Meine Herren, der Herr Abgeordnete hat die Sache dann so dargestellt, als wenn es sich hier um einen Richter handle, der seit längerer Zeit geisteskrank gewesen sei und in diesem krankhaften Zu⸗ stand an der Rechtsprechung theilgenommen habe. Soweit mir die thatsächlichen Verhältnisse bekannt sind, muß ich die Richtigkeit dieser Behauptung bestreiten. (Zuruf bei den Sozialdemokraten.) Nein, es ist nicht von dem preußischen Justiz⸗Ministerium zugegeben worden im Gegentheil! Der Herr Vertreter des preußischen Justiz⸗ Ministeriums hat sich in der Kommission für den Strafprozeß dahin ausgesprochen, daß nichts vorliege, was zu der Annahme berechtige, daß der Verstorbene bei den Urtheilen, an denen er theilgenommen hat, in einem Zustande geistiger Umnachtung thätig gewesen ist. So lange mir keine thatsächlichen Beweise von seiten der Herren beigebracht werden, können Sie von uns nicht verlangen, daß wir sie glauben, und bin ich jedenfalls berechtigt, sie zu bestreiten. .

Der Herr Abgeordnete hat die Sache so dargestellt, als wenn die übrigen Mitglieder des Fünfmänner⸗Kollegiumz, die mit dem Verstorbenen an der Rechtsprechung theilgenommen haben, von seinem Zustand geistiger Umnachtung Kenntniß gehabt hätten (Widerspruch bei den Sozialdemokraten) und trotz dieser Kenntniß an der Urtheils⸗ fällung theilgenommen und nicht an zuständiger Stelle von der Lage der Sache Mittheilung gemacht hätten. Ich bestreite, daß die Herren Kenntniß davon gehabt haben, und wenn der Herr Abgeordnete jetzt seine Bemerkung dahin auslegt, daß sie Kenntniß davon hätten haben müssen, so frage ich ihn, woher denn dieses sein Urtheil kommt, das ihn ermächtigt, den Herren den Vorwurf zu machen, daß sie ihre Pflicht verletzt hätten, indem sie, obwohl sie in der Lage gewesen wären, den Zustand des Mannes als einen krankhaften zu würdigen, doch diese Erkenntniß nicht gewonnen hätten. (Sehr richtig! bei den Nationalliberalen.)

Der Herr Abgeordnete hat es dann so dargestellt, als wenn der preußische Herr Justiz⸗Minister seine Pflicht verletzt hätte, indem er diesem Zustand der Dinge längere Zeit ruhig zugesehen habe, ohne einzugreifen. Ich muß zunächst immer wieder sagen, daß alle diese Vorwürfe, ob sie nun gegen den Verstorbenen, ob sie gegen seine Kollegen im Richteramt oder ob sie gegen die Justizverwaltung im allgemeinen sich richten, auf supponierten Thatsachen aufgebaut sind, für die der Herr Abgeordnete den Beweis bis dahin nicht erbracht hat, und ich bestreite ihm das Recht, auf solche beweislose Behauptungen hin der preußischen Justizverwaltung den Vorwurf zu machen, daß sie ihre Pflicht vernachlässigt habe (Bravo! bei den Nationalliberalen.)

Meine Herren, wenn die preußische Justizverwaltung die Erkenntniß gehabt hätte, daß es ihre Pflicht sei, hier einzuschreiten, so hätte es ihr an den Mitteln dazu nicht gefehlt, und ich komme damit auf die Frage, die der Herr Abgeordnete an mich gerichtet hat, welche Mittel auf gesetzgeberischem Wege geboten werden sollen, um Dingen, wie er sie hier dargestellt hat, für die Zukunft vorzubeugen. Neuer Mittel hierfür bedarf es nicht. Die bestehende Gesetzgebung giebt die Mittel bereits an die Hand, indem sie die Verwaltung ermächtigt, in den Fällen, in denen eine Geisteskrankheit nach gewiesen oder wahrscheinlich ist, einen Richter im Wege des gesetzlichen Verfahrens von seinem Amt vorläufig zu entheben und demnächst die dauernde Ausschließung vom Richteramt herbeizuführen. Zu diesem Verfahren hätten ja diejenigen, die sich über den Richter beschwerten, die Anregung geben können, indem sie die Thatsachen, die ihnen bekannt waren als Zeichen der geistigen Krankheit des Mannes, an der zuständigen Stelle anbrachten. Anonyme Mittheilungen in den Zeitungen sind nicht geeignet, um die Justijverwaltung zu einem Einschreiten mit so schwerwiegenden Konsequenzen zu veranlassen. (Sehr richtig! rechts; Heiterkeit bei den Sozialdemokraten.)

Dann hat der Herr Abgeordnete ein besonderes Gewicht darauf gelegt und auch der Justizwerwaltung daraus einen Vorwurf gemacht, daß dieser Mann so lange Zeit in seinem Amt als Vorsitzender einer Kammer thätig gewesen sei. Ja, meine Herren, was hat denn die Justizverwaltung damit zu thun? Sie haben ja immer der Justiz⸗· verwaltung das Recht abgesprochen, sich in diese Dinge einzumischen. Sie wollen ja nicht, daß die Justizverwaltung irgend einen Theil an der Besetzung der Kammern habe. (Sehr richtig! rechts und bei den Nationalliberalen) Sie wollen das ja in der Hand der Gerichtshöfe lassen. Wie können Sie da in demselben Augenblick, wo Sie nach dieser Richtung hin den Standpunkt einnehmen, daß die Justiz— verwaltung kein Recht und keine Möglichkeit haben soll, hier einzu⸗ greifen, dieser Verwaltung den Vorwurf machen, daß sie nicht ein⸗ gegriffen habe? Darin liegt doch ein Widerspruch. Ich muß also auch in diesem Punkte die Vorwürfe, die gegen die Justijverwaltung erhoben sind, als unberechtigt zurückweisen.

Also, meine Herren, die Sache liegt ganz einfach; lassen wir den Todten ruhen, das Grab hat sich über dem Unglücklichen ge⸗