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Verkehr s⸗Anstalten.
Die Post von dein am 2. Januar von Shanghai abgegangenen Reichs . Sach sen“ ist in Neapel ,, . 6 . für Berlin voraussichtlich am 6. d. M. Vormittags ur Ausgabe.
Brem en, 5. Februar. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Schnelldampfer ‚Kaiser Wilhelm II. ist am 4. Februar Morgens in Genug angekommen. Der Postdampfer Aachen“ ist am 1. Februar Nachmittags von New York nach der Wefer abgegangen. Der Reichs Postdampfer Sachsen“ ist am 3. Februar Abends in Neapel angekommen.
Londen, 4. Februar. (W. T. B.) Der Union⸗Dampfer Moor“ ist auf der Heimreise heute in Plymouth angekommen.
Lon don, 5. Februar. (W. T. B.) Nach einer Meldung der „Times“ aus Od essa vom 2. Februar eröffnet in diesem Jahre eine neue russische Transport- Gesellschaft unter der Direktion eines russischen Admirals ihren Betrieb auf dem Schwarzen Meer. 7 Dampfer, welche in England bestellt worden sind, sollen so gebaut werden, daß sie in Kriegszeiten in armierte Kreuzer umgewandelt werden können.
Rotterdam, 4 Februar, (W. T. B.). Niederländisch Amerikanische Dampfschiffahrts⸗ Gesellschaft. Der Dampfer Veendam“ hat heute früh Lizard passiert.
New ⸗ York, 4. Februar. (W. T. B.) Der Dampfer St. Paul‚ der American Line, welcher aut 24. v. M. bei Long Branch aufgefahren war, wurde heute früh wieder flottgemacht.
Theater nud Musik.
Deutsches Theater.
Das Schauspiel ‚Liebelei' von Arthur Schnitzler, hatte gest in Abend bei seiner ersten Aufführung einen starken äußeren Er— solg. Eine schwüle bange Stimmung liegt über dem Stück, die sich bedrückend auch den Zuhörern mitthellt. Die Gestalt der Heldin, der jungen Christine, ist von Beginn an in Schwermuth und Trauer gehüllt, die sich im Verlaufe der Handlung allmählich steigern. Christine, eine schüchterne, empfindungävolle Geigerstochter, lernt durch die Vermittlung ihrer ebenso gutherzigen wie leicht⸗ fertigen Freundin einen jungen, den gebildeten Kreisen an— gehörigen Herrn kennen, für den das Verhältniß mit shr nur eine Liebelei? bedeutet, während es in Christinen selbst eine mächtige verzehrende Leidenschaft entflammt, die das tragische Geschick ihres Lebens umschließt. Als der Freund einer anderen Frau wegen im Duell fällt und sie erkennen muß, daß sie ihm nichts war, geht sie in den Tod. — An Handlung bietet das Schauspiel wenig; es ist alles auf Stimmung aufgebaut, die mehr durch den Dialog vermittelt wird. Die Charaktere sind kräftig gezeichnet und so, wie der Dichter sie im Geiste angeschaut, folgerichtig entwickelt. Das Anwachsen des Liebes- sehnens in der stillen verschlossenen. Seele Christinens zur Leidenschaft spiegelt sich geschickt in den einzelnen Scenen wider, und döch klingt ein Mißton durch die Dichtung. Der vornehme Freund, der nach dem Theaterzettel einfach zu der Kategorie der jungen Leute“ gehört, betont Christinen gegenüber stets das ephemere Element ihres Verhältnisseä; er wünscht keine Seelengemeinschaft und weist ihre Theilnahme für seine intimeren, reineren Familienbeziehungen, für seine Freuden und Leiden schroff zurück. Die Vorstellung, daß einem so begründeten Verhältniß eine reine, große Leidenschaft entsprießen soll, bedeutet eine Entweihung und wirft ein unbehagliches Bangen in die Seele des Zuschauers. Der Verfasser sucht diese Seelenstimmung Christinens, die im Streben nach einem großen Glück zu Grunde geht, durch den Charakter des Vaters, des alten Geigers zu erklären,
der, ganz Gefühl, tiefes Bedauern empfindet, seiner Zeit seine junge Schwester so gut gehütet zu haben, daß sie nie ein Jugendglück kennen gelernt habe; er soll seiner Tochter Geheimniß ahnen und das unerfahrene junge Mädchen ruhig ihr Glück auf heimlichen Wegen suchen lassen. Es soll also ein ungewöhnlicher Vater sein, der eine außergewöhnliche Tochter besitzt; aber beide sind in ihrer Art kaum glaubliche Gestalten. Trotz alledem spricht aus dem Schauspiel ein kräftiges Bühnentalent, das mit seinen Mitteln geschickt und sicher operiert und die Ge— müther der Zuschauer selbst wider ihren Willen zur Theilnahme an der dichterischen Arbeit zwingt. — Die Darstellung war bewährten Kräften anvertraut. Frau Sorma, gab als Christine der schwer— müthigen Leidenschaft und dem wilden Schmerz dieser Mädchenseele ö Ausdruck. Die Damen Schneider als Christinen's Freundin, Marie Meyer als biedere Strumpfwirkersgattin, Herr Reicher in der
Rolle des alten Geigers und die Herren Rittner und Jarno als die jungen Leute“ waren gleichmäßig vortrefflich in ihren schauspielerischen Leistungen. ö
Dem Schauspiel voran ging Heinrich von Kleist's Lustspiel Der zerbrochene Krug‘, in dem Herr Hermann Müller den Dorfrichter Adam spielte. Der Darsteller bot eine zufriedenstellende, aber keine große Leistung, die dafür mit dem übrigen Ensemble um so besser im Einklang stand.
Konzerte.
Die Herren Adalbert Gülzow siieline und Eugen Robert-Weiß (Gesang) gaben am Montag im Saale der Sing-Akademie gemeinsam ein Konzert, welches der Violinist mit fünf Sätzen aus der sechsten Sonate für Solo⸗Vieline ron Bach eröffnete, ju denen Robert Schumann eine Klavier— b gleitung hinzugefügt hat. Mit sorgfältig geschulter Technik und fein abgetöntem Vortrag wußte der Künstler diese Stücke sowie ein Konzert von H. Götz und das Adagio von Spohr aus dem elften Konzert in das günstigste Licht zu setzen. Auch der Sänger brachte seine klangvolle und weiche Baritonstimme in Liedern und Balladen von Wagner, Pirani, von Koß, Löwe, Tappert und Anderen trefflich zur Geltung. Beiden Künstlern wurde lebhafter und wohl verdienter Beifall zu theil.
Ein gleichfalls aus Violin und Gesangsvorträgen bestehendes Konzert veranstalteten gestern im Saal der Sing Akademie die Damen Rosa Hochmann (Violine) und Elly Schmoeckel (Ge— sang). Die erstere bekundete eine erfreuliche künstlerische Begabung. Weiche Tonerzeugung und Sicherheit in der Beherrschung der technischen, Schwierigkeiten, vereinigte sich mit lebendiger Vortragsweise: Eigenschaften, welche besonders in der bekann— ten Spohr'schen. Gesangsseene und in der ungarischen Rhapsodie von Auer vortheilhaft hervortraten. Die Sän⸗ gerin, deren kleine, selbst für die günstige Akustik der Sing ⸗ Akademie nicht ausgiebig genug erscheinende Mezzosopranstimme, abgefehen hier— von, reine Intonation und Deutlichkeit der Aussprache bemerken ließ, war im Vortrag etwas befangen. Beide Künstlerinnen gewährten noch einige Zugaben, die mit anerkennenden Beifallsbezeugungen auf— genommen wurden.
Im Königlichen Opernhause gelangt morgen Sullivan's „IJvanhoe“ zum 10. Mal unter Kapellmeister Dr. Muck's Leitung zur Aufführung. Den Jvanhoe singt Herr Sylva, den Templer Herr Bulß, die Rebecca Fräulein Hiedler, die Rowena Fräulein Weitz. Im Königlichen Schau fpie l hause wird morgen Shake⸗ speare's Sommernachtstraum in folgender Besetzung gegeben: Demetrius: Herr Matkowsky, Lysander: Herr Purschian, Helena: Fräulein Lindner, Hermia: Frau von Hochenburger, Oberon: Fräulein von Mavburg, Puck: Frau Conrad, Zettel: Herr Vollmer. Die Musik von Felix Mendelssohn⸗Bartholdy gelangt
unter Mitwirkung der Königlichen Kapelle unter Leitung des? direktors Wegener zu Gehör. ; Musit. Ibsen's „Nora“ wird im Berliner Theater nach langer Paufse am Dienstag, den 11. Februar, in theilweise neuer Besetzun wieder in Scene gehen. ehßung
Weber's Aufforderung zum Tanz, für Orchester von Felix Weingartner, erscheint demnächst im , e, Adolf Fürstner in Berlin. Kapellmeister Weingartner hat diefe sein. Bearbeltung der Königlichen Kapelle gewidmet.
Mannigfaltiges.
Im städtischen Obdach befanden sich am 1. Januar 1896 27 Familien mit 79 Personen, darunter 13 Säuglinge, und h4 Einzeln. personen. Am 1. Februar war der Bestand 17 Familien mit 6 Personen, darunter 5 Säuglinge, und 63 Einzelpersonen. Dag Asyl für nächtliche Obdachlose daselbst benutzten im Laufe des Monatz Januar 50 982 Personen, und zwar 49761 Männer und 1221 Frauen. Von diesen Perfonen wurden 49 dem Krankenhause am Friedrichshain, 63 dem Krankenhause Moabit, 7654 (733 Männer, 21 Frauen) der Polizei vorgeführt. Der Krankenstation des Obdachs wurden 30 Personen, der Anstalt Wuhlgarten 5 Personen, der Anstalt Herz= berge 1 Person überwiesen.
Die zehn Berliner Unfallstationen wurden im Monat Januar 1896 in 1122 Fällen für erste Hilfe in Anspruch genommen, und zwar 1046 mal bei Unfällen und 76 mal bei plötzlichen Er— krankungen. In den Stationen wurden 1028, außerhalb 4 Per— sonen behandelt.
Da zu dem Spies'schen Vortrag über Photographie mit unsicht- baren Strahlen in der „Urania“ für die Abendwiederholungen stetz auf viele Tage im voraus alle Plätze des kleinen Theaters in der Invalidenstraße ausverkauft sind, kündigt die Direktion eine weitere . in einer am Montag um 1 Uhr stattfindenden Ma— inée an.
Seba stopol, 5. Februar. Während eines Sturmes auf dem Schwarzen Meere riß sich das Schiff der freiwilligen Flotte „Petersburg“ von den Ankern los. Zwei auf dem Schiffe befind— liche Frauen ertranken.
Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen.
Sofia, 5. Februar. (W. T. B.) Das Organ der Regierung „Mir“ und der „Progreß“ bestätigen die Meldung anderer bulgarischer Blätter, daß der Kaiser von Rußland die Einladung des Prinzen Ferdinand angenommen habe, die Pathen stelle bei dem Uebertritt des Prinzen Boris zur orthodoxen Kirche zu übernehmen. Der Kaiser dürste sich durch einen russischen General vertreten lassen. Die Ankunft des bulgarischen Exarchen wird am 9. d. M. erwartet. Aus allen bulgarischen Städten sollen Deputationen zu dem Uebertritt des Prinzen eintreffen, welchem sämmtliche Bischöfe und Archimandriten des Landes beiwohnen werden.
(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten Beilage.)
Wetterbericht vom 5. Februar,
Graeb. In Seene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Max
Louis Herrmann, mit theilweiser Benutzung einer
Sing Akademie. Donnerstag, Anfang 75 Uhr:
8 Uhr Morgens. Krube. Wekoratipe Gintichtung vom Ober-Inspektor Idee des Mark Twain. Musit, von Lbuis Roth. gäonzert der Klaviervirluosin Marie Panthés
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73 Uhr.
Stationen. Wind. Wetter. und Gretel.
Brandt. Dirigent: Musikdirektor Wegener. Anfang
Freitag: Opernbaus. 35. Vorstellung. Hänsel Märchenspiel in 3 Bildern von .
Freitag: Der Hungerleider.
e m n,. . k aus Paris mit dem Philharmonischen Orchester
(Dirigent: Professor Mannstaedt.)
in b Celsius 506 C. — 480 R.
Bar. auf 0 Gr. Tem perarfr
u. d. Meeressp. red. in Milli
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Belmullet.. 774 3 wolkig Aberdeen. 1.69 bedeckt Christiansund 764 Regen Kopenhagen. I.66 5 Nebel Stockholm. 753 z bedeckt
aranda. 742 S bedeckt
t. Petersburg 754 S Schnee Moskau... 763 bedeckt Cork, Queens⸗
1440 wolkig Cherbourg. 778 2 heiter
141 1 wolkig 770 3 Nebel Samburg .. 772 4 bedeckt Swinemünde 770 3 bedeckt i) Neufahrwasser 766 4 Dunst Memel... 761 bedeckt y 2 wolkenlos 776 2 bedeckt
3 Nebel
I bedeckt?)
2 wolkenlos still heiter
WNW Abbedeckts) still Nebel Breslau ... 3468 1 Dunst . Ile dAix.. 77? OSO 2bedeckt 11 still wollenlos 776 m l wolkenlos
1) Reif. 2) Reif. 3) Reif.
Uebersicht der Witterung.
Die barometrische Depression über Nord⸗Europa hat ihren Wirkungskreis weiter südwärts ausgedehnt und verursacht jetzt im südlichen Ostseegebiet starke westliche Winde, deren weiteres Auffrischen zu er⸗ warten ist; am höchsten ist der Luftdruck über dem südwestlichen Deutschland. Bei an der Küste schwachen bis starken westlichen, im Binnenlande schwachen umlaufenden Winden ist das Wetter in Deutschland trübe, neblig und durchschnittlich etwas wärmer;
nennenswerthe Niederschläge werden nicht gemeldet. Deutsche Seewarte.
Theater.
Nönigliche Sthauspiele. Donnerstag: Opern⸗ haus. 34. Vorstellung. Ivaunuhoe. Romantische Dper in 4 Akten von Arthur Sullivan. Nach Walter Scott's gleichnamigem Roman bearbeitet von Julian Sturgis, deutsch von H. Wittmann. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Tetzlaff. Dekorative Einrichtung vom Ober⸗Inspektor Brandt. Dirigent: Kapellmeister Dr. Muck. Anfang 75 Uhr.
Schauspielhaus. 37. Vorstellung. Ein Sommer- nachtstraum von William Shakespeare, übersetzt von August Wilhelm von Schlegel. Musik von Felix Mendelssohn⸗Bartholdy. Tanz von Emil
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Engelbert Humperdinck. Text von Adelheid Wette. — Phantasien im Bremer Rathskeller. Phan— tastisches Tanzbild, frei nach Wilbelm Hauff, von Emil Grageb. Musik von Adolf Steinmann. An— fang 76 Uhr.
Schauspielhaus. 38. Vorstellung. Sonder Abonne⸗ ment B. 6. Vorstellung. König Richard der Zweite. Trauerspiel in 5 Aufzügen von William Shakespeare, übersetzt von August Wilhelm von Schlegel. Für die deutsche Bübne bearbeitet von Wilhelm Oechelhäuser. Anfang 79 Uhr.
Sonntag, Nachmittags 35 Uhr: In Kroll's Thegter Der Postillon von Lonjume au. Ko— mische Oper in 3 Akten von A. Adam. Text nach dem Französischen des Leuven und Brunswick, von M. G. Friedrich. — Die Puppenfee. Panto⸗ mimisches Ballet⸗Divertissement von Haßreiter und Gaul. Musik von Joseph Bayer. Preise der Plätze: Fremdenloge 5 MS Mittel ⸗Parquet und Mittel ⸗Balkon 3 M. Seiten Parquet und Seiten⸗ Balkon 2 M Stehplatz 1 44 — Abends 75 Uhr: Vasantasenaga. Drama in 5 Aufzügen von Emil Pohl, mit freier Benutzung der Dichtung des alt— indischen Königs Sudraka. Preise der Plätze: Fremdenloge 4 M Mittel⸗Parquet und Mittel⸗ Balkon 2 A 50 3. Seiten⸗Parquet 2 MS Selten⸗ Balkon 1 M 59 3. Stehplatz 75 .
Dentsches Theater. Donnerstag: Der zer— brochene Krug. — Hierauf: Zum ersten Male wiederholt: Liebelei. Anfang 77 Ühr.
Freitag: Die Weber.
Sonnabend: Die Mütter.
Berliner Theater. Donnerstag: König Svein⸗ rich. Anfang 79 Uhr.
Freitag (21. Abonnements⸗Vorstellung): Kabale und Liebe.
Sonnabend: König Heinrich.
Lessing Theater. Donnerstag: Comtesfe Guckerl. Anfang 7 Uhr.
Freitag: Untren. — Hierauf: Fränlein Wittwe.
Sonnabend: Comtesse Guckerl.
Nesidenz Theater. Direltien: Sigmund Lautenburg. Donnerstag: Hotel zum Freihafen. (L HGtel du Libre Echarke.) Schwank in 3 Akten von Georges Feydegu, übersetzt und bearbeitet von Benno Jacobson. Anfang 743 Uhr.
Freitag und folgende Tage: Hotel zum Frei⸗ hafen. . 2
Friedrich Wilhelmstädtisches Theater.
Chausseestraße 25 — 26.
Donnerstag: Mit großartiger Ausstattung an Kostümen, Dekorationen und Requisiten: Der Hunugerleider. Ausstattungs Komödie mit Gesang und Ballet in 10 Bildern von Julius Keller und
Neues Theater. Schiffbauerdamm 4 a. / 5.
Donnerstag: Gastspiel des Herrn Franz Temele vom K. u. K. priv. Carl⸗Theater in Wien. Der Oerr Direktor (Monsieur le Directeur). Lustspiel in 3 Akten von Alexandre Bisson und ar. Carré. Deutsch von Ferdinand Groß. In Seene gesetzt von Sigmund Lautenburg. Anfang 78 Uhr.
Freitag: Der Herr Tirektor.
Sonnabend: Der Herr Direktor.
Sonntag: Der Herr Direktor.
Voranzeige: Sonntag, den 9. Februar, Nachmittags 3 Uhr: Zu halben Preisen: Bruder Martin.
Theater Unter den Linden. Direktion: Julius. Fritzsche. Donnerstag: Neu einstudiert: Der Bettelstudent. Operette in 3 Akten von F. Zell und R. Gense. Musik von Karl Millöcker. n et: Herr Kapellmeister Federmann. Anfang
zr.
Freitag: Erstes Gastspiel der Fran Petterson Norrie. Die schöne Helena. — Hierauf: Mnsikalische Scherze. Großes Ballabile, arrangiert vom Balletmeister J. Reisinger.
Sonnabend: Dritter großer Maskenball.
Sonntag, Abends 77 Uhr: Zweites Gastspiel der Frau Petterson Norrie. Die schöne 8 — Hierauf: Musikalische Scherze.
roßes Ballabile, arrangiert vom Balletmeister JI Reisinger. 46
Adolph Ernst . Theater. Donnerstag: Ma⸗ dame Suzette. Vaudeville⸗Posse in 3 Akten von Sylvane und Ordonneau, bearbeitet von Ed. Jacob⸗ son und Jean Kren. Musik von Edmond Audran. In Seene gesetzt von Adolph Ernst. Anfang? Uhr.
Freitag: Dieselbe Vorstellung.
Zentral ⸗Theater. Alte Jakobstraße Rr. 36.
Donnerstag; Emil Thomas 4. G. Eine tolle Nacht. Große Ausstattungspoffse mit Gesang und Tanz in 5 Bildern von Wilh. Mannstädt und Jullus Freund. Musik von Julius Einödshofer. In Seene gesetzt vom Direktor Richard Schultz. Die Tanz⸗Arrangementt vom Balletmeifter Gund. lach. Anfang 76 Ubr.
Freitag: Eine tolle Racht.
Konzerte.
Konzert ⸗ Haus. Karl Mender Konzert.
Donnerstag: Ouy. „Die Stumme von Vortici“, Auber. Frühlingsjubel', Wagner. Phantasie aus „Don Juan“ von Mozart. Potpourri ‚Kriegs—⸗ erinnerungen 1870 — 71 (neu) von Thiele. Trou⸗ badour⸗Phantgsie für die Violine von Alard (Herr Carnier). „Weber's letzter Gedanke“ für Piston von Fuchs (Herr Werner).
Dlenstag, den 18. Februar: Fastnachts⸗Sub⸗ striptions⸗Ball. Billets im Bureau des Hauses.
Saal Bechstein. Linkstraße 42. Donnerstag, Anfang 8 Uhr: Konzert der Pianistin Agda Lys ll.
Birkns Renz. Karlstraße. Donnerstag, Abends
7 Uhr: Große brillante Vorstellung. Groß—⸗ artiger Erfolg! Ein Künstlerfest. Auf das Glän— zendste inseeniert vom Direktor Fr. Renz. Neue Einlage: Die Katastrophe des Riesendampfers „Circentia“. Außerdem: Auftreten von nur Künstler⸗Spezialitäten allerersten Ranges. Vor— führen der berühmten Original ⸗Dressuren des Direktors Fr. Renz. Auftreten sämmtlicher Clowns und des beliebten August Mr. Lavater Lee.
Freitag: Ein Künstlerfest. Neue Einlage: Die Katastrophe des Riesendampfers „ECir⸗ centia!.
Sonntag: 2 Vorstellungen: Nachmittags 4 Uhr (ermäßigte Preise und 1 Kind unter 10 Jahren frei): 1879/71. Abends 78 Uhr: Ein Künstler⸗ fest. Seit 5 Monaten befindet sich in Ein⸗ studierung und scenischer Vorbereitung: Lustige Blätter!
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Fanmilien⸗Nachrichten.
Verlobt: Freiin Helene von Schlotheim mit Hrn. Legations⸗Sekretär Dr. Alfred Georg (Cassel— Genf). — Frl. Gertrud Przikling mit Hrn. Stabs— arzt Pr. med. Karl Schneyder (Beuthen O. S.).
Geboren: Ein Sohn: Hrn. Oberlehrer Carl Reichelt (Breslau). — Eine Tochter: Hrn. Prem.⸗Lieut. Fritz von Zollikofer - Altenklingen (Hamburg). ;
Gestorben: Verw. Fr. Geheime Sanitäts⸗Rath Friederike Werth, geb. Koch (Dresden). — YI. Major a. D. Eduard von Neindorff (Bad Kösen). — Hr. Oberst / Lieut. a. D. Ludwig Müller (Wehl heiden b. Cassel). — Fr. Stadtrath Julie Röstel, geb. Stieff (Berlin). — Hr. Regierung. Baumeister Paul Bertram (Charlottenburg). — Hr. Bank⸗ Direktor E. Hoffmann (Breslau). — Verw. Fh. Geheime Sanitäts. Rath Clara Hasse, geb. Poh̃ (Kauern b. Wansen). — Hr. Prem. Lieut. a, Heinrich Sommé (Breslaus. — Verw. Fr. Ritter . Pauline Ruprecht, geb. Müller ( Deutsch⸗
a).
m.
Verantwortlicher Redakteur: Siem enroth in Berlin. Verlag der Expedition (Scholz) in Berlin.
Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagk⸗ Anstalt Berlin 8W., Wilhelmstraße Nr. 3X.
Sechs Beilagen leinschließlich Börsen⸗Beilage).
M, 32.
Erste Beilage zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.
Berlin, Mittwoch, den 5. Februar
E896.
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Denutscher Reichstag. 31. Sitzung vom 4. Februar, 1 Uhr.
Tagesordnung: Fortsetzung der ersten Berathung des Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuchs.
Ueber den Anfang der Sitzung wurde in der gestrigen Nummer des Blattes berichtet. .
Nach dem Abg. Dr. von Dziem bows ki-Pomian nimmt das Wort der
Abg. Kauffmann (fr. Volksp.): Ich kann namens meiner Freunde erklären, daß wir anerkennen, daß der zweite Entwurf cine erhebliche und entscheidende Verbesserung des ganzen Werks bedeutet, daß wir aber meinen, daß der Reichstag einer Nach⸗ prüfung einzelner großer Materien, namentlich des Vereinsrechts sich nicht entziehen kann. Wir hoffen, daß die Kommissionsberathungen zu einem baldigen gedeihlichen Abschluß gelangen. Der Staate— sekretãr hat mit Recht auf die Verworrenheit und Zersplitterung unseres Rechtszustandes hingewiesen, aber die rechte Basis für ein einheitliches Recht hat in Deutschland gefehlt. Diesem Zustand entsprach der Lehrplan der deutschen Universitäten: mit dem Pan dektenrecht wurde angefangen, und zuletzt kam man auf das geltende Recht. Dieser Spaltung der Rechtswissenschaft in zwei Lager ent— sprach auch der Zustand der Rechtsprechung. Verschiedene Parti⸗ kularrechte lassen sich ertragen, wenn sie ein größeres Gebiet um⸗ fassen; aber nicht zu ertragen ist es, wenn in einer Stadt mehrerlei Recht herrscht. In Berlin gilt für das Erbrecht nicht das Preußische Landrecht, sondern die constitutio Joachimica; in Schlesien gelten 50 verschiedene Rechte; was in Bayern für (heliche Güter⸗ rechte herrschen, wage ich gar nicht zu entscheiden. Der Abg. Herz sprach schon vor Jahren in der Bayerischen Kammer davon, daß eine Buntscheckigkeit wie im bayerischen Recht nirgends zu finden sei. Ebenso herrschen in manchen Ländern Observanzen, die nur die ältesten Richter beherrschen können. Die erste Kommission hat sich zu lange mit der Sichtung des Partikularrechts aufgehalten; das war ihr als nächste Aufgabe gestellt. Deshalb sind die Arbeiten der Kommission so langsam vorgeschritten. Mit der Sorgfalt des Archäologen ist jedes veraltete Rechteinstitut aus dem Schutte der Jahrhunderte hervor⸗
geholt worden. Allein trotz dieses Fleißes wurde der erste Entwurf.
nicht eine richtige Basis für das Bürgerliche Gesetzbuch. Diesem ersten Entwurf gegenuber war die Kritik des Germanisten Gierke vollständig berechtigt. Die Vorwürfe gegen den zweiten Entwurf sind zum theil unberechtigt. Bei der Rechtssprache handelt es sich um Formu⸗ lierung von allgemeinen Rechtssätzen; um diese technische Sache kann sich wohl der Reichstag nicht kümmern. Man kann Manches anders fassen, aber neu ist, daß die Auslegung der Verträge u. s. w. an— gewiesen wird auf Treu und Glauben, wie es die Verkehrssitte erfor⸗ dert. Schließlich kommt jeder Jurist mit einer anderen Definition. Bezüglich der materiellen Rechtssätze ist der Vorwurf erhoben, daß der Entwurf kein deutsches Recht enthalte. Ich halte diesen von Gierke ausgesprochenen Vorwurf für so bedeutend, daß man darauf ein⸗ gehen muß. Denn dem deutschen Volke wollen wir ein nationales Recht geben. Aber ich bin der Meinung, daß dieser Vorwurf ganz unberechtigt ist. Das Sachenrecht ist rein deutsches Recht, Grundstücke werden anders behandelt als fahrende Habe, während sie im römischen Recht gleichmäßig behandelt werden. Festgehalten ist der deutsche Grundsatz, daß der Eigenthumsübergang nur durch gerichtlichen Akt er⸗ folgen kann; daraus folgt die Beurkundung des Eigenthumsüber— gangs, woraus die Grundbücher entstanden. Davon hat das römische Recht keine Ahnung. Ebenso ist das Hypothekenrecht durchaus deutsch. Für die verschiedenen Arten der Hypotheken bietet das Gesetz⸗ buch verschiedene Formen; es giebt die Hypothekenschuld, die Grund⸗ schuld und die Rentenschuld. Das Mobiliarrecht des Entwurfs ist in keinem Worte römisch. Ebenso sind andere Abschnitte durchaus in deutschrechtlichem Sinne ausgestattet, so das Gesellschaftsrecht, der Miethsvertrag u. s. w. Das eheliche Güterrecht ist dem System des Sachsenspiegels entnommen; deutsches Recht ist nicht Güter⸗ gemeinschaft, sondern Gütertrennung mit Verwaltungsgemeinschaft. Das Erbrecht ist deutschrechtlichen Ursprungs. Höchstens das Testamentsrecht ist römisch; denn ein solches kannten wir in Deutsch⸗ land nicht. Aber auch hier sind die alten, streng römischrechtlichen Formen beseitigt. Deutsch sind auch die Parentelenordnung und das Pflichttheilsrecht. Auch der Grundsatz: der Todte erbt den Lebendigen, ist gewahrt. Wir haben den Erbvertrag und die Testamentsvollstrecker:; das sind deutschrechtliche Institute. Professor Gierke tadelt, daß die alten, längst rückständig gewordenen Bestimmungen des Agrarrechts nicht aufgenommen sind. Er kommt mit all den mittelalterlichen Belastungen, die glücklicherweise die Stein⸗Hardenberg'sche Gesetzgebung aufgehoben hat. Unter dem Bären⸗ fell des Germanischen guckt plötzlich der agrarische Fuchspelz heraus. Die deutschen Bauern werden sich für ein solches Agrarrecht bedanken, durch welches sie zurückgeschleudert würden in die Verhältnisse, wo der Bauer noch hörig war. Herr Rintelen will den Bauern den Wald wiedergeben. Er sollte uns einmal ein Verzeichniß derjenigen seiner Freunde vorlegen, die bereit wären, den Bauern den gemeinsamen Wald und die gemeinsame Mark wiederzugeben! Wir würden mit Freuden dabei fein. Die lange Liste, welche das Einführungsgesetz von Rechtsgebieten aufstellt, in denen die Landesgesetze in Krast bleiben, kann man nur mit Bedauern lesen. Sie ist die Verlustliste des deutschen Einheitskampfes. Diese ausgeschlossenen Rechtsgebiete können wir nicht mehr hineinarbeiten, z. B. das Wasserrecht; ein solcher Entwurf würde allein eine ganze Session in Anspruch nehmen. Mir würde besonders das Gesinderecht am Herzen liegen. Es wird zu er— wägen sein, ob nicht eine Reichs⸗Gesindeordnung auszuarbeiten sein würde. Zu beklagen ist, daß nicht einmal auf dem Gebiet des Ent— eignungsrechts ein einheitliches Gesetz zu stande gekommen ist. Meinen Freunden liegt besonders am Herzen das Kapitel von den juristischen Personen. Der erste Entwurf bestimmte, daß die Erwerbung der juristischen Persönlichkeit nach den Landesgesetzen sich regeln solle. Das war eine Abdankung der Reichsgesetzgebung zu Gunsten der Landes gesetzgebung. Der zweite Entwurf hat die Sache besser geordnet, aber der Bundezrath hat es wieder verschlechtert. Die ganze Vorschrift der Verleihung der juristischen Persönlichkeit durch den Staat ist eigentlich ein alter Zopf. Es ist ein Verdienst der Germanisten ge⸗ wesen, daß sie hier freiere Bahn geschaffen haben. Der eine Weg ist der, daß jeder Verein, der einen Vorstand und eine besondere Vermögensverwaltung hat, die surist ische Persönlich⸗ keit hat, der andere Weg ist der der Verleihung durch den Staat; ein Mittelweg ist der der Normativbestimmungen, auf Grund deren die juristische Persönlichkeit erworben werden kann. Der Entwurf ist sich nicht konsequent. Er gestattet die Eintragung in das Vereinsregister, er verleiht aber auch die juristische Persönlich⸗ keit durch Anerkennung des Staats, dem auch ein Auflösungsrecht gewahit wird. Die Vereine, welche Politik oder Sozialpolitik treiben, sind geradezu der Polizei preisgegeben. Es genügt, daß die Polizei den Verein als einen mit Politik beschäftigten betrachtet. Welcher gemeinnützige Verein kann aber der Politik oder Sozialpolitik ganz sern bleiben? Wenn ein Verein die Scylla des Einspruchs rechts der Polizei umschffft hat, dann kann er der Charybdis der Auflösung verfallen. Die Bestimmungen verdanken ihre Form der Furcht vor der Sozialdemokratie. Aber die Gerechtigkeit ist stets die beste gilt che Klugheit, und durch die Vorenthaltung der juristischen Per⸗ önlichkeit kann man die Sozialdemokratie nicht aufhalten. Das
sind Worte des Professors Sohm, und ich hoffe, daß die Jommission diesen Abschnitt verändern wird. Für die Berufsvereine und Fachvereine in weitester Ausdehnung muß eine sichere Rechtsbasis geschaffen werden, dann werden diese Vereine ihre soziale Aufgabe besser lösen können. Vom freiheitlichen Standpunkt aus kann man, ohne sozialistischen Tendenzen zu huldigen, auf diese Weise soziale Aufgaben lösen. Das freie Vereinswesen ist ein Bundesgenosse im Kampf gegen die Sozial demokratie. Der Abg. Rintelen lobte zuerst den Entwurf, nachher gefiel er sich aber in der Rolle der Kassandra und folgerte aus dem Familien⸗ und Eherecht, daß der Entwurf die Gemeinde, den Staat und die Monarchie zu Grunde richtet. Diese Ausführungen des Abg. Rintelen, der die alte Sturmfahne des Zentrums führte, nehme ich nicht tragisch. Er hat sie wiedereinmal gezeigt demonstrandi causa, ut aliquid fecissé videatur. Ich hoffe, daß er die Fahne wieder zusammenrollt und auf den Aktenwagen packt und mit uns zusammenarbejtet. Wenn er Ernst macht, dann wird er einer geschlossenen Phalanx aller ö des Hauses sich gegenübersehen, denn die Konservativen zaben erklären lassen, daß sie an der Zivilehe nicht rütteln wollen. Daß die Patria potestas verletzt wird, kann ich aus den Bestimmungen des Entwurfes nicht folgern. Wann ist denn die gute alte Zeit gewesen, wo das vorhanden war, was Herr Rintelen so lobt? Wahr⸗ scheinlich in seiner Jugendzeit, aber damals schon klagten die kirch⸗ lichen Zeitschriften über die Verwahrlosung der Jugend u. s. w. und schon vor Christi Geburt sind dieselben Klagen bei den griechischen Philosophen zu finden. Ein Gesetz, wie das vorliegende kann auf die Ausgestaltung von Sitte und Religion, auf die Heiligkeit der Ehe us. s. w. keinen Einfluß haben. Glaubt man denn, daß die Eheleute, wenn sie die Ehe eingehen wollen, ein Kapitel des bürgerlichen Gesetzbuches aufschlagen? Wenn die Eheleute das Gesetzbuch aufschlagen, dann ist es mit der Ehe vorbei. Für die Juristen wird die Ehe erst dann interessant, wenn die Ehe für die Eheleute längst aufgehört hat. Gegenüber der weiteren Be⸗ schränkung der Ehescheidung müssen wir hervorheben, daß gegenüber dem Landrecht die Ehescheidung einen Rückschritt gemacht hat. Durch die Einschränkung der Ehescheidung wird die Heiligkeit der Ehe nicht verstärkt. Die Frauen, die seit Jahren bemüht sind, das Recht der Frau zu heben, protestieren gegen eine solche Einschränkung der Ehescheidung. Wie kann der Richker darüber urtheilen, ob durch ehrloses Verhalten des einen Ehegatten die Fort—⸗ führung der Ehe unmöglich geworden ist! Er kann ja garnicht in alle Geheimnisse des Lebens blicken. Aeltere, erfahrene Richter werden leicht auf Scheidung erkennen; junge Richter, namentlich unverheirathete, pflegen dagegen sehr streng zu urtheilen. Wir müssen diese zu allge⸗ mein gehaltenen Vorschriften in ihre Bestandtheile auflösen und genauer formulieren. Bezüglich der geschäftlichen Behandlung sind wir wohl jetzt einverstanden, daß der ganze Entwurf der Kommission überwiesen werden soll. Denn die Zusammenstellung der verschiedenen Wünsche, welche Theile in die Kommission verwiesen werden sollten, ergiebt fast die Ueberweisung des ganzen Entwurfs als nothwendig. Die Abschnitte, über welche keine Meinungsverschiedenheit besteht, können schnell erledigt werden, und ich möchte bitten, daß die Kommission über die einzelnen fertiggestellten Abschnitte schleunig dem Reichstag Bericht erstatten möchte. Im übrigen verspreche ich mir von dem Zustandekommen des Entwurfs eine segensreiche Wirkung. Wir werden eine lebendige Wirkung davon haben auf die Gerichts- praxis, namentlich auf das Reichsgericht. Erst wenn wir ein einheitliches Recht haben, wird das Reichsgericht seine Auf— gabe erfüllen können. Jetzt macht sich der Formalismus der Rechtsprechung und die Zerfahrenheit des Rechtes geltend. Es wird eine segensreiche Wirkung auf die Gestaltung der Rechtswissenschaft nicht ausbleiben, es wird die Kluft zwischen Romanismus und Germanismus überbrückt werden und wir werden zu einem besseren Studienplan kommen. Ich denke mir die spätere Gestaltung des juristischen Universitätswesens so, daß mit den konkreten Rechts⸗ gebilden begonnen wird und in den späteren Semestern kann auch die Rechtsgeschichte in ihre Rechte treten. Gegenwärtig ist das mißliche Ding, daß das römische Recht als geltendes Recht gelehrt wird. Es wird ein anderes Bild gewonnen, wenn das Recht als ein historisches dargestellt wird. Es wird dann an der Zeit sein, bei der Prüfung der Rechtsbeflissenen von dem ganzen Wust von Controversen abzusehen. Es ist wichtiger, die praktischen Verhältnisse des Lebens zu lernen, und auf sie das geltende Recht anzuwenden. Sie werden sehen, wie interessant dadurch das Rechtsstudium wird. Ich fasse den Entwurf nicht auf als ein monumentum are perennius. Nicht unabänderlich soll das bürgerliche Recht sein; ich wünsche, daß gerade jetzt eine neue Rechtsentwicklung beginnt; die freie Bahn haben wir aber erst, wenn wir den Schutt der Jahrtausende weg— geräumt haben. Wir haben als deutsche Nation die Pflicht, die Führerschaft auch auf diesem Gebiet zu übernehmen, wie wir sie auf anderen Gebieten: in dem Weltpostverein u. s. w. haben. Auch auf dem Gebiete des Rechts haben wir solche Dinge anzubahnen, wozu die Keime schon vorhanden sind im internationalen Völkerrecht. Die Führerschaft können wir aber nicht übernehmen, so lange uns die Bleigewichte der Partikularrechte an den Füßen hängen. Des wegen schließe ich mit dem Wunsche, daß auf dem Schutt der Jahr⸗ taufende ein großer und stolzer Bau entstehen möge, den unsere Nachfolger wohnlicher ausgestalten mögen, als es uns jetzt möglich ist.
Geheimer Justiz⸗Rath, Professor Dr. Planck: Es handelte sich nicht darum, ein neues Recht zu schaffen, das wäre ein vermessenes Unter— nehmen; es handelte sich darum, das bestehende Recht festzulegen. Es war das gemeinsame, dem gesammten Bewußtsein der deutschen Nation am meisten entsprechende Recht herauszufinden und auch das werdende Recht zu berücksichtigen und, soweit es bereits reif, zum Abschluß zu bringen. Endlich mußten die wirklichen praktischen Bedürfnisse im Leben, nicht theoretische Wünsche, berücksichtigt werden, und diese Aufgaben hat der Entwurf erfüllt. Man hat ihm den Vorwurf gemacht, daß er vieles dem richterlichen Ermessen überlasse. Mit Unrecht. Der Entwurf bemüht sich aufs äußerste, nicht bloß allgemeine Rechtsgedanken hinzustellen, sondern klare, bestimmte, präzise Rechtssätze aufjustellen und zu einem geschlossenen System ju verbinden, so daß für jeden Fall des Lebens auch die Entscheidung aus dem Gesetzbuch zu entnehmen ist. Für einzelne Rechtsfälle giebt es allerdings keine allgemein zutreffenden Rechtsregeln und in diesen Fällen muß man das richterliche Ermessen entscheiden lassen, wenn man nicht in unbillige Härten verfallen will. Dies gilt in erster Linie vom Obligationenrecht und von den Schadensersatzansprüchen. Es wäre unmöglich, für diefe Fälle allgemeine Regeln zu geben, Be⸗ sondere Einwendungen sind erhoben worden gegen die Vorschriften des Entwurfs über die politischen, religiösen und sozialpolitischen Vereine. Ich hätte auch gewünscht, daß diese Bestimmungen im Entwurf nicht nöthig gewesen wären; aber sie sind nun einmal nicht zu entbehren. Man stellt es gewöhnlich als ein natürliches und menschliches Recht hin, daß, wenn mehrere sich zu einem Vereine zusammenthun, und dann beschließen, daß sie eine juristische Person bilden wollen, dieser Beschluß ohne weiteres maßgebend sein soll. Selbstverständlich ist nur, daß mehrere sich zu einem gemeinschaft⸗ lichen Zweck vereinigen können, nicht aber, daß dieser Zweck Personi= fiziert werden kann. Dieser personifizierte Zweck wird künstlich zu einer Rechtsgestaltung gemacht. Ueber die Frage, wie weit eine solche juristische ersönlichkeit anzuerkennen ist, haben bisher fo große Meinungsverschiedenheiten geherrscht, daß es in der That wünschenßwerth war, im Gesetzbuch dar⸗
über Klarheit zu verschaffen. Wenn man aber solchen Vereinen die juristische Persönlichkeit und dadurch einen außerordentlichen Machtzuwachs einräumte, so war man auch verpflichtet, dafür zu sorgen, daß diese Gestaltung nicht Dritten schädlich würde. Dieser Zweck wird durch die Vorschriften über das Statut, das jeder solche Verein baben muß, und über die Nothwendigkeit der Eintragung gewährleistet. Auch das öffentliche Interesss mußte berücksichtigt werden, und zu diesem Zweck wurde die Rechtsbestimmung über das Einspruchsrecht der Verwaltungsbehörden in den Entwurf aufgenommen. Vielleicht wäre es nicht nothwendig gewesen, diese Bestimmungen, die ja nicht wünschenswerth sind, aufzunehmen, wenn wir ein allgemeines Reichsgesetz über das öffentliche Vereinsrecht hätten: ein Gesetz, welches uns die Möglichkeit böte, gegen gemein- schädliche und gefährliche Vereine vorzugeben. Dazu bieten aber nicht einmal alle Einzelstaaten eine genügende Handhabe. Es ist also nur eine Konsequenz der bürgerlichen Rechtsordnung, daß sie auch zugleich die Garantien bietet, welche gegen die Gefährdung des öffentlichen Wohls erforderlich sind. Auf die Einzelheiten gehe ich hier nicht ein. Es ift dem Entwurf der Vorwurf gemacht, daß die Schuldverhältnisse kapitalistisch geregelt, daß die Schwachen nicht geschützt sind. Das ist ein Schlag- wort, bei dem man sich alles mögliche Schreckliche denkt. Will man sagen, daß der Schuldner seine Schulden bezahlen muß, so ist der Vorwurf berechtigt. Aber daß der Gläubiger vor dem Schuldner be⸗ vorzugt wird, ist nicht wahr. Der Entwurf ordnet das Verhältniß nach der Gerechtigkeit. Auch beim Miethsvertrag und Dienstvertra
finden sich Abweichungen von der Regel zu Gunsten der wirthschaftli
Schwächeren. Bei der Miethe ist der Grundsatz aufgestellt: Kauf bricht nicht Miethe; das ausgedehnte Pfandrecht an den eingebrachten Sachen des Miethers ist erheblich beschränkt. Nur die Sachen, die dem Miether selbst gehören, nicht die der Ehefrau und Kinder, haften für die Miethe und die unentbehrlichen Sachen haften garnicht. Gesundheitsgefährliche Wohnungen können ohne Kündigung geräumt werden, selbst wenn die Mängel vorher bekannt waren und der Miether darauf verzichtet hat, dieselben geltend zu machen. Beim Dienstvertrag ist dafür gesorgt, daß die persönliche Freiheit nicht allzu sehr beschränkt wird. Der Dienstberechtigte muß bei der Wohnung, die er zu stellen hat, für die Unterhaltung sorgen, und jede Gefahr, welche die Dienstleistung mit sich bringt, muß möglichst ausgeschlossen werden. Diese Bestimmungen können durch Vertrag nicht beseitigt werden. Der Abg. Rintelen hat die Begriffsbestimmung des Eigenthums kritisiert; er meinte: daß der Eigenthümer über die Sache beliebig verfügen dürfe, sei nicht richtig. Das ist kein römischer Grundsatz. Der Entwurf hat einige erhebliche Einschränkungen hinzugefügt. Das Eigenthum darf nicht zur Schädigung Anderer gebraucht werden. Das Eigenthumsrecht muß zurücktreten, wenn der abzuwendende Schaden größer ist, als der Werth des Eigenthums. Zu Gunsten der Nachbarn sind besondere Bestimmungen getroffen. Der Entwurf behandelt das Eigenthum durchaus nicht nach römischen Begriffen. Es ist die Befürchtung ausgesprochen, daß durch die Grundschuld das Grund- eigenthum mobilisiert wird. Das ist nur der Ausbau der Eigen thümerhypotbhek, die aus der inneren Nothwendigkeit der wirthschaft⸗ lichen Verhältnisse heraus entstanden ist. Dadurch bleibt der Personalkredit völlig frei. Die Furcht vor der Mobilisierung durch die Grundschuld hat sich da, wo letztere besteht, z. B. in Mecklenburg, nicht erfüllt. Eher könnte man sagen, daß die Normen der Ver schuldung zu zahlreich sind. Der Staat ordnet nur die rechtliche Seite der Ehe. Die Hauptbedeutung der Ehe liegt auf dem sitt⸗ lichen und religiösen Gebiete; aber diese Seite gehört nicht vor das Forum des bürgerlichen Rechts, welches hier nicht eingreifen kann und darf. Aber die rechtliche Seite hat nur das bürger⸗ liche Recht zu ordnen; deshalb müssen die Voraussetzungen festgestellt werden, unter welchen rechtlichen Umständen die Ehe gültig ist oder unter welchen Formen sie aufgelöst werden kann. Es muß aller— dings dafür gesorgt werden, daß durch die rechtliche Ordnung die sittliche und religiöse Bedeutung der Ehe nicht leidet. Aber darauf ist immer Rücksicht genommen. Die rechtlichen Bestimmungen haben nicht das sittliche Wesen der Ehe getroffen. Sollte eine Bestimmung zu finden sein, die dem Gewissen zu nahe tritt, so würde ich der Erste sein, welcher damit einverstanden wäre, die Bestimmung zu ent⸗ fernen. Aber ich zweifle, daß dieser Nachweis geführt werden kann. Der Entwurf hält sich bezuͤglich der Eheschließung lediglich an das bestehende Recht, welches im Zivilstandsgesetz enthalten ist. Einzelne Zweifel und Lücken sind beseitigt. Bezüglich der Ehescheidung ist theils eine Erleichterung derselben durch den Entwurf, theils eine Er— schwerung behauptet worden; da wird also wohl der Entwurf die richtige Mitte halten. Bezüglich der Ehe giebt es zwei Richtungen: die eine meint, daß mit der Liebe die Ehe aufhören müsse; die andere, daß die Liebe nicht stirbt und die Ehe un⸗ zerreißlich sein muß. Beide Auffassungen können nicht die Grund⸗ lage für das bürgerliche Recht geben. Der Entwurf trägt den sittlichen Forderungen und den praktischen Bedürfnissen Rechnung. Die bemängelte Vorschrift ist erheblich vorzuziehen vor den kasuistischen Bestimmungen des Allgemeinen Landrechts. Die Grenzen der Miß— handlungen, welche zur Ehescheidung führen, können nicht, wie im Strafgesetzbuch, bestimmt werden. Bezüglich der Geisteskrankheit sorechen doch praktische Gesichtspunkte mit. Wenn die Geisteskrankheit jede geistige Gemeinschaft aufhebt, wenn der Blödsinn eingetreten ist, der dem Tode gleich zu achten ist, da muß die Scheidung eintreten, auch aus wirthschaftlichen Gründen, z. B. in den arbeitenden Klassen. Die Auffassung der patria potestas als Herrschaftsrecht liegt dem Entwurfe nicht zu Grunde; er faßt die väterliche Gewalt auf als den Schutz der Familie im Interesse des Kindes. Daraus folgt, daß, wenn das Kind nicht mehr schutzbedürfeig ist, die väterliche Gewalt fortfallen muß. Was dann noch übrig bleibt: die Hausgemeinschaft zwischen Vater und Kind, das ist ein sittliches Verhältniß, in welches der Entwurf nicht eingreifen kann. Für den Fall des Todes des Vaters tritt die mütterliche Gewalt ohne weiteres ein, nicht durch die Bestimmung des Vormundschaftsgerichts. Das ist ein Fortschritt gegen über den größtentheils in Deutschland bestehenden Rechten. Andere Einzelheiten werden wohl am besten für die Kommission aufgespart. Gewiß mag der Entwurf Mängel haben; wenn man warten wollte, bis ein Entwurf ohne Mängel zu stande kommt, dann würde gewiß niemals ein Bürgerliches Gesetzbuch zu stande kommen. Es ist zu meiner großen Freude von den verschiedensten Seiten die Absicht ausgesprochen, zu resignieren auf die Einwendungen, die nicht von entscheidender Bedeutung sind. Das ist auch das einzige Mittel, durch welches der Entwurf zu stande kommen kann, und — der Entwurf ist es werth, mit solcher Resignation behandelt zu werden! Er bietet nicht nur die unentbehrliche Grundlage, von der aus allein jede weitere reformatorische Umgestaltung des Rechts ausgehen kann, sondern er ist auch ein ungeheurer Fortschritt: er giebt dem deutschen Volk ein gutes, ein deutsches und auch im besten Sinne soziales Recht. Ein deutsches Recht — freilich nicht in dem Sinne, daß er antiquierte Rechtsgewohnheiten wieder aufgenommen hätte; und sozial — freilich nicht sozialdemokratisch, im Gegentheil; indem er die Grundlagen unserer Gesellschaftsordnung: Familie, Ehe, Erbrecht, auf die reine und feste Basis eines gemeinen Rechts stellt, hilft er uns mehr, sie zu sichern, als es durch sonsft ein Mittel ge—⸗ schehen könnte; sozial auch, insofern er auf der Grundlage der ies gen Gesellschaftsordnung den wirthschaftlich Schwachen helfen kann. Lassen Sie mich zum Schluß noch auf die nationale Bedeutung kommen. Es handelt sich nicht nur um die Einlösung eines Ver⸗