1896 / 32 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 05 Feb 1896 18:00:01 GMT) scan diff

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vor mehr als Jahren gegeben hat., sondern um den Abschluß einer mehr als tausendjährigen Entwickelung. Das deutsche Volk hat bisber nie ein emeinsames Bürgerliches Gesetzbuch gehabt. Im deutschen Volks. arakter sind zwei Elemente verbunden: ein . nationaler Geist. und ein noch stärker ausgeprägter Individualismus und . Wo sie im richtigen Gleichgewicht standen, haben e Zeiten der Blüthe hervorgerufen, wenn nicht, Zeiten des Verfalls. Geist ist nicht stark genug gewesen, ein e nnn, bürgerliches Recht zu geben. Das älteste echt zerfiel in kerritoriale Rechte. Als sich im Mittelalter das Bedürfniß nach einem gemeinschaftlichen Recht geltend machte, konnte an ein solches nicht gedacht werden, da mußte ein fremdes Recht helfen, das römische. Das deutsche Recht hat unter der Rezeption schwer gelitten, aber auch manchen Vortheik gehabt. In den Einzelstaaten hat sich Preußen durch Schaffung seines Allgemeinen Landrechts ein unsterbliches Verdienst erworben. Rach den Frei⸗ heitskriegen war der Ruf nach einem gemeinsamen Recht ein all. gemeiner. Es fehlte indessen zweierlei: die Ausbildung der Rechts- wissenschaft, die Versöhnung zwischen Germanismus und Romanismus, und die gemeinsame politische Einheit. Diese beiden Faktoren sind ht erreicht; jetzt ist es Zeit, das Verlangen nach einem gemeinsamen Recht zu befriedigen. Nächst der gemeinsamen Sprache, ist das gemein⸗ same Recht die edelste und köstlichste Frucht des nationalen Geistes, das stärfste und festeste Band der nationalen Einheit. Jetzt ist die kostbare Frucht reif an Ihnen ist es jetzt, sie zu pflücken, das eherne Band der deutschen Einheit zu schmieden. Geben Sie dem Deutschen sein gutes und einheitliches Recht, und das deutsche Volk wird Ihnen diese That danken in aller Zeit!!

Abg. Stadthagen (Soz.): Von allen Klassen des deutschen Volks haben wohl am meisten die Arbeiter das Verlangen . einem einheitlichen Recht, aber nicht nach einem Scheinrecht, na einer Kodifikation des Unrechts der Ausbeuter. Wir wollen mitarbeiten und dafür sorgen, daß dieser Charakter, der dem Entwurf anhaftet, beseitigt wird. Freilich können wir nicht allzuviel erwarten. Der Staatssekretär hat gestern ausdrücklich anerkannt, daß ein Klassen gesetz geschaffen werden soll, indem er anführte, daß man Vertrauens männer aller Stände und Parteien herangezogen habe. Die 98 Prozent des arbeitenden Volks, des Proletariats und des Mittelstandes sind nicht herangezogen worden. Großgrundbesitzer, Kapitalisten und Grohßindustrielle sind herangezogen worden. Die Sprache ist trotäz mancher Verbesserungen ein juristisches Kauderwelsch ge— blieben. Aber der Inhalt ist die Hauptsache, und da muß ich sagen, es ist kein einheitliches Recht geschaffen, denn es sind veraltete Rechtssatzungen aufrecht erhalten worden, den Landesgesetzgebungen überlassen. Mindestens sollte man Einzelstaaten verbieten, die Fidei⸗ koinmisse, das Anerbenrecht, die Rentengüter ꝛc. noch weiter auszu⸗ bilden. Ebenso geht es mit dem Jagd- und Fischereirecht, mit dem Wildschaden, der Haftung der Beamten für von ihnen an⸗ gerichteten Schaden ꝛc. Ein direktes Unrecht gegen die Arbeiter findet sich in den Bestimmungen über das Bergrecht und über das Gesinderecht, welches letztere noch der alten Gewalt— berrschaft entstammt. Warum soll das Gesinderecht nicht einheit⸗ lich geordnet werden, hat man doch noch ganz andere Dinge ein⸗ heitlich geordnet! Daß die Großgrundbesitzer fich ihr Prügelrecht nicht nehmen lassen wollen, ist begreiflich. Der Code civil hat des—⸗ halb eine so große Wirkung gehabt, weil er mit einem Federstrich gewisse politische Forderungen erfüllte. Si duo faciunt idem, non est idem, das sollte nicht der Grundsatz des Richters sein; es ist aber der Grundsatz des Entwurfs, denn derselbe kennt keine Arbeit, keinen Arbeitsvertrag, sondern nur den Dienstvertrag, das Herrschafts— verhältniß. Bei diesen Dingen werden sich die Richter mit ihrem freien Ermessen natürlich stets auf die Seite der Unternehmer stellen. Man kann für alle noch nicht konsolidierten wirthschaft⸗ lichen Verhältnisse nicht schon jetzt eine rechtliche Normierung ver⸗ langen; aber in einzelnen Fallen ist die Entwicklung schon weit genug vorgeschritten, daß eine Regelung erfolgen kann. Die polittische und wirthschaftliche Selbständigkeit der Arbeiter sollte unantastbar sein. Die Selbsthilfe ist aber derart ausgestaltet, daß ein Arbeit⸗ geber die strikenden Arbeiter einfach einsperren kann, um sie zum Arbeiten zu zwingen. Für den Arbeiter aber giebt es keine Selbst— hilfe; ein Arbeiter, der 20 S weniger 73 3 zu fordern hatte und ein 20. Markstück nahm, um es zu wechseln, wurde mit Gefängniß wegen Diebstahls bestraft; er müßte auch nach dem Entwurf bestraft werden. Lebenslängliche Verträge gelten bis jetzt als ungültig, sie werden jetzt als zulässig betrachtet. Kein Gesetzbuch eines Kulturstaates kennt eine solche Bestimmung, ja, der Kongostaat hat, um die Sklaverei zu bekämpfen, solche Verträge als ungültig erklärt. Mit solchen Be— stimmungen werden die Arbeiter geradezu verhöhnt. Das Selbst— hilferecht der Grund. und Hausbesitzer ist gestärtt. Im Mieth recht soll das Pfandrecht beschraͤnkt werden; wie kommt aber der Hauß— besitzer überhaupt zu diesem Selbsthilferecht? In Altdeutschland waren Vasall und Lehnsmann selbst mit ihrer Person der Herr— schaft unterworfen; aber seitdem dieses Herrschaftsverhältniß auf— gehört hat, hat das Retentionsrecht keinen Grund mehr. Eigentlich sollte der 5 715 der Zivilprozeßordnung das Retentionsrecht aus⸗ schließen, denn es ist der schlimmste Wucher. In Preußen ist das Retentiontzrecht der Hausbesitzer erst vor wenigen Jahren beschränkt worden, aber für die Verpächter besteht es noch. Diese Bestimmung über das Retentionsrecht ist kein besonderes sozialpolitisches Ver— dienst. Bezüglich des Miethsrechts sollten mehr Vorschriften zwingender Natur hineinkommen. Daß ungesunde Wohnungen geräumt werden können, ist dankbar anzuerkennen, obgleich es nach allgemeinen Rechtsregeln selbstverständlich sein sollte. Ber Vermiether sollte ge— troffen werden, der einen Mangel verschweigt, nicht bloß der— jenige, der ihn rr ft gn verschweigt. Während allgemein die nachherige Zahlung der iethe als richtig anerkannt wird, ver langen die Berliner Hausbesitzer die vorherige Zahlung und bei einmaliger Nichtzahlung erfolgt die Exmission mit Haftung für die ganze Miethsdauer. Es müßte eine kassatorische Bestim— mung angenommen werden, welche solche Verabredungen aus— schließt. Den Arbeitsvertrag kennt der Entwurf nicht; es wird nicht einmal der Versuch einer Definition gemacht; der Traͤger der Arbeitskraft wird ebenso behandelt wie jede Waare; dem Kapi⸗ talismus ist dadurch Thür und Thor geöffnet. Ein einheitliches Arbeiterrecht fehlt, denn alle besonderen Gesetze werden aufrecht er⸗ halten. Wäre man an diese Regelung herangegangen, dann hätte man sozialpolitisch vorgeben müssen, um die Stellung des Arbeiters als des Schwächeren zu sichern. Was als Gesinde betrachtet werden soll, soll dem Partikularrecht überlassen bleiben; danach kann also ein Einzelstaat ganze Klassen von Arbeitern als Gesinde bezeichnen; das war auch wohl die Absicht. Dem Arbeiter ist das Recht auf vollen Schadenersatz im Falle der Verunglückung bei der Arbeit durch 5 96 des Unfall versicherungsgesetzez genommen, es sollte ihm hier wieder⸗ . werden. Bedauerlich ist, daß der Zins für die öffentlichen ihanstalten unbeschränkt ist, bei kleinen Beträgen werden 6, 12 das gleiche Recht

prechens, das dere Bundesrath und .

Der nationale

ja. 240/90 genommen. Für die Frauen mu wie für die Männer hergestellt werden. Sozialpolitische Rück. sichten haben die Herren nicht geleitet, die uns zumutheten, den Entwurf ohne weiteres anzunehmen; namentlich müssen noch einige . geändert werden. Besenders in Bezug auf die unehelichen nder. Ich habe nur einige Punkte angeregt, welche dringend der Aenderung a sind. Wenn die Reglerung immer an uns appelliert, so appelllere ich jetzt an die Regierung und fordere sie auf, a diesen Aenderungen ihre Zustimmung zu geben; denn wenn wir mmer nur der Regierung nachgeben müssen, dann brauchen wir keine parlamentarische . Eine eingehende Erörterung wird noth— wendig sein; damit ist nicht gesagt, daß sie lang zu sein braucht, damit nicht neue Ausnahmerechte für die Arbeiter in den Entwurf bineinkommen. Ich verlange nichts besonders Soßialdemokratisches, ondern nur das, was nothwendig ist im Interesse der Hilflosen und chwachen. Ich bitte, für diese Bestrebungen mehr Nachglebigkeit zu zeigen als gestern der Staatssekretär, Um 5 Uhr wird die weitere Berathung bis Mittwoch

1 Uhr vertagt. Außerdem ist die Interpellation wegen der

Transitläger auf die Tagesordnung gestellt. Der sonst übliche ö soll nach Erledigung dieser Gegenstände statt⸗ nden.

Preufrischer Landtag. Haus der Abgeordneten.

12. Sitzung vom 4. Februar 1896.

Ueber den Beginn der Sitzung ist gestern berichtet worden.

Die zweite Berathung des Staats haushalts⸗Etats für 1896/97, und zwar des Etats der landwirthschaft⸗ lichen Verwaltung, wird fortgesetzt. .

Bei den Ausgaben für das Veterinärwesen bespricht

Abg. Graf von Hoensbroech (Zentr.), wie schon gestern mit- getheilt worden ist, die obligatorische Trichinenschau. Sie sei auf dem Lande unnöthig. Um den Konsumenten vor einer ganz geringen Ge— fahr zu schützen, ziehe man den Bauern das Geld aus der Tasche. stei Minister für Landwirthschaft 2c. Freiherr von Hammer—⸗

ein

Meine Herren! Wir verhandeln hier über Veterinärwesen, nicht aber über die Sanitätspolizei. Meine Herren, es ist ja bekannt, daß die Sanitätspolizei nicht zum landwirthschaftlichen Ressort gehört, sondern zum Ressort des Kultus-Ministeriums. Ich bin daher nicht in der Lage, Versicherungen darüber abzugeben, ob der Herr Kultus— Minister bereit sein wird, in die Erwägung der angeregten Frage ein⸗ zutreten. Eins gestatte ich mir aber zu bemerken. Während früher man die Ursachen von zahlreichen Krankheiten nicht kannte, ist durch die mikroskopischen Untersuchungen festgestellt, daß als Krankheits⸗ erreger meistens Parasiten der verschiedensten Art wirken. Daß die Gesundheitspolizei präventiv vorgeht und bestrebt ist, diese Krankheits⸗ erreger in ihrem Ursprung zu beseitigen, das halte ich für eine durch⸗ aus zweckmäßige Maßnahme und glaube, wenn man erwägt, wie viele Kosten durch diese Präventivmaßnahmen erwachsen und wie viele Kosten andererseits dadurch verhütet werden, daß man Krank⸗ heiten eines Familienernährers verhütet, daß man dafür sorgt, daß Arzt und Apotheker in umfangreicher Weise in Anspruch genommen werden, daß der Arbeitsverdienst von vielen Familien aufhört, so muß ich glauben, daß das grundsätzlich durchaus richtige und zweckmäßige Maßnahmen sind, um derartige Krankheits- erreger schon in ihrem Ursprung zu vernichten. Auch möchte ich kaum glauben, daß der Umfang der dadurch erwachsenen Kosten ein so großer ist, wie Graf Hoensbroich das zu schildern sucht, und meine auch, daß nicht der kleinere Mann vorwiegend besonders schwer getroffen wird. Soviel ich mich aus meiner landräthlichen Thätigkeit erinnere, kostet die Untersuchung eines jeden Schweins 5 Groschen (Zuruf: 1ẽ 9469 bei uns nicht; und auch selbst bei einer Mark der kleine Mann schlachtet vielleicht zwei bis drei Schweine, die untersucht werden müssen da hat der kleine Mann im schlimmsten Falle eine Ausgabe von 2 bis 3 M zu tragen. Ich will übrigens nicht bestreiten, daß es zu erwägen sein mag, ob diese Last auf andere Weise zu vertheilen ist. Während meiner sechsjährigen Thätigkeit als Landrath sind in einzelnen Bezirken doch öfters Trichinen gefunden. Im übrigen ist die Gefahr da, wo das Schweinefleisch gekocht und geräuchert verzehrt wird, nicht so groß wie in Mitteldeutschland, wo man die Gewohnheit hat, rohes Fleisch zu essen. Da sind oft bedenk⸗ liche Erscheinungen hervorgetreten, ganze Dörfer sind an Trichinose aufs schwerste erkrankt, und das scheint doch jetzt verhütet zu werden. Ich erinnere mich wenigstens nicht, daß in letzter Zeit so ausgebreitete Trichinosen aufgetreten sind, wie das vor Jahren in Sachsen und Thüringen fast alljährlich vorkam.

Ich möchte aber bitten, die Frage nicht hier zu behandeln, sondern entsprechende Anträge an den zuständigen Herrn Kultus-Minister zu richten, da dieser für sanitätepolizeiliche Maßregeln zuständig ist.

Abg. Graf bon Hoensbroech bleibt bei seiner Ansicht bestehen; manche Regierungsbezirke, z. B. Trier und Aachen, hätten die obligatorische Trichinenschau nicht, ohne daß Uebelstände bemerkbar seien; es herrsche auch dort keine Trichinose und kein Bandwurm.

. Abg. Damink (kons.) empfiehlt, die Aufbringung der Kosten für die Trichinenschau der freien Vereinbarung zu überlassen.

Abg. Ring (kons.) befürwortet, die Kosten der Trichinenschau auf den Staat zu übernehmen, weil diese der Allgemeinheit wegen erfolge.

Abg. Lamprecht (kons) hält die Last der Trichinenschau sür die Bauern nicht für so bedeutend. In Bezug auf das amerikanische Schweinefleisch gebe er aber dem Grafen Hoenstbroech vollkommen Recht; es müsse dafür eine scharfe Kontrole geübt werden. Auch die Wildschweine wimmelten häufig von Trichinen.

Abg. Szmu lg (Zentr. bittet den Minister, die Gebühr der Fleischschau gleichmäßig im ganzen Staat zu machen.

. den Ausgaben für die Förderung der Viehzucht ersucht

Abg. Lam precht (kons.) um eine Erhöhung des Fonds zu Prämien für die Zucht von Hengsten und Stuten, damit die Zucht eines schweren Pferdeschlages in der Provinz Brandenburg gefördert werden könne,

Abg. Ring (kons.) befürwortet gleichfalls das Kören schwerer Pferde in der Mark Brandenburg; zu diesem Zwecke müssen die , , Bestimmungen der Körordnung der Provinz gemildert werden.

Ober- Landstallmeister Graf von Lehndorff erwidert, daß

die Körordnung von der Provinz und nicht von der Regierung er lassen sei. Auf die Zucht eines schweren Pferdeschlags habe schon Minister von Heyden Einfluß geübt durch einen Erlaß, aber es . auch auf die Zucht von Remontepferden Rücksicht genommen werden.

Abg. v on Werdeck (kons. theilt mit, daß die Pferdezuchtgenossen⸗ schaft des Kreises Luckau ein Kammergerichtserkenntniß erzielt habe, wonach die Hengste einer Zunftgenossenschaft der Körordnung nicht unterliegen. Redner empfiehlt die Einrichtung von Fahrschulen, welche auch einen guten Einfluß auf die Pferdezucht ausüben würden. Frankreich habe bereits solche Schulen. Er möchte die Regierung fragen, nach welchen Grundsätzen unsere Vollbluthengste zur Deckung verwendet werden; er habe gehört, daß auch österreichische Stuten benutzt würden.

Ober- Landstallmeister Graf von Lehndorff erwidert, daß bei 3 auch ausländische Stuten zum doppelten Deckgelde zugelassen würden.

Abg. Freiherr von Eynatten (Zentr.) spricht si ür eine Förderung der Bienenzucht aus. ch 3. t

Bei den Ausgaben zur Förderung der Fischerei legt

Abg. Szmula (Sentr.) eingehend die Fortschritte auf dem Ge— biete des Fischereiweseng dar und empfiehlt die Ginstellung höherer Ju⸗ schüsse für die Binnenfischerei in den Etat.

Geheimer Regierungs ⸗Rath Wesener: Den Anregungen des Vorredners wird Folge gegeben werden. Ich bemerke jedoch, daß für die Hebung der Bir f erl. bereits erhöhte Mittel in diesen Etat gegenüber dem vorjährigen eingestellt sind.

Die Pofition wird bewilligt. ;

Bei den Ausgaben für Lan des meliorationen 2c. spricht

Abg. Ring (kons) seine Freude über die neuliche Erklärung

des Ministers aus, daß ein Wassergesetz eingebracht werd

Der Wassergenossenschaft zur Entwässerung des gtolteg eme . ber 20 Jahren vom Staat Beihilfen gegeben worden, die Genoffen! schaft petitioniere um Stundung der Zinsen und des Amorktifationg. betrages für einige Jahre, er bitte den Minister um eine wobl wollende in dieser Petition. Der Bau des Oder Spree, Kanal der bei Fürstenberg münde, habe die Fürstenberger geschädigt; die

Bauverwaltung habe einen großen Damm angelegt und die Kosten dafür den Anliegern aufgebürdet. Der Fürstenberger Deichverband sei bei den jetzigen schwierigen Verhältnissen nicht in der dage, diese Aufgabe zu erfüllen. Redner befürwortet ferner die Regullerun der Spree von Leipsch bis Fürstenwalde. Seit dem Bau des der⸗ Spree ⸗Kanals scheine die Bauverwaltung für diese Strecke das Interesse völlig verloren zu haben.

Geheimer Regierungs⸗ Rath Wesener sagt eine nochmalige Prüfung der n, . der Notte⸗Wassergenossenschaft zu und empfiehlt dem Vorredner, den Fürstenberger Deichverband zu ent] sprechenden Anträgen an die Regierung zu veranlassen. Die Frage der , n. der genannten Spreestrecke solle gleichfalls geprüf werden.

Abge von Pappenheim (kons): Solche Wünsche, wie sie Herr Ring hatte, bestehen überall im Lande. Unsere Melioration techniker müssen vermehrt und auch besser vorgebildet werden, damit manche * ler, die vorgekommen sind, in Zukunft vermieden werden.

enn Staats mittel für Meliorationen à fonds perdu gegeben werden muß auch die richtige Verwendung kontroltert werden; besser waͤre die alleinige Gewährung von Darlehen. sie Minister für Lanbwirthschaft 2c. Freiherr von Hammer⸗

ein:

Meine Herren! Ich mache zunächst darauf aufmerksam, daß der Geldbetrag in den Positionen 1 und 2 des Kap. 106, Landesmeliora⸗; tionen, in diesem Jahre um 15130 gesteigert ist. Ich erwähne zugleich Folgendegz: Aus dem Kap. 106, Tit. 2, des Etats geht hervor, namentlich wenn Sie dieselben mit den vorjährigen Etats⸗ positionen vergleichen, daß die landwirthschaftliche Verwaltung in dem letzten Jahre bemüht gewesen ist, die höheren Meliorationsbeamten bei der landwirthschaftlichen Verwaltung, die Meliorations-Bau— beamten, die Meliorations⸗Bauinspektoren, die Hilfsarbeiter dafür, die Wiesen⸗Baumeister und die diätarisch beschäftigten Wiesen · Baumeister zu vermehren, daß wir überall in den wenigen Jahren, seitdem der Meliorationsdienst bei der landwirthschaftlichen Verwaltung eingeführt ist, allmählich doch schon zu einer recht erheblichen technischen Ver⸗ waltung auf diesem Gebiete gelangt sind.

Nun sind es zwei Umstände, weshalb man nicht rascher in der Sache vorgehen kann. Einmal und ich muß darin dem Herrn Finanz-Minister zustimmen sagt dieser: wegen der ungůnstigen Finanzlage müssen sämmtliche Verwaltungen sich nach der Decke strecken, die Finanzlage muß Einschränkungen eintreten lassen, also auch für die landwirthschaftliche Verwaltung. Aber das ist nicht der einzige Grund.

Meine Herren, der meliorationstechnische Dienst ist ein vollständig neuer. Wir müssen aus den Beamten, die im Staatsdienst als Regierungs Baumeister ausgebildet sind, die bekanntlich sowohl den Hochbau wie den Wasserbau, den Straßenbau u. s. w. kennen sollen, an die also ganz andere Anforderungen gestellt werden, erst als Melio- rationsbaubeamte ausbilden, und das geschieht, indem wir sie unter Leitung tüchtiger Meliorationsbeamten praktisch für den Meliorations⸗ dienst ausbilden; sie müssen erst die noch fehlenden Kenntnisse und Erfahrungen, die sie im Staatsdienst noch nicht erworben haben, erlernen, und das geht nicht so rasch. Jedenfalls treten schon jetzt trotz der langsamen Vermehrung dieser Dienststellen allerlei Schwierig⸗ keiten bei der Besetzung neuer Stellen ein. Uebrigens besteht auch ein gewisser Antagonismus zwischen dem Arbeits⸗Ministerium und der lan dwirthschaftlichen Verwaltung. Ich nehme es dem Arbeits⸗ Minister nicht übel; er legt Werth darauf, die in dem Ressort ein⸗ greifenden Meliorationssachen zu behalten oder möglichst an sich heran⸗ zuziehen, während ich als landwirthschaftlicher Minister bemüht bin, diese ausschließlih meinem Ministerium zu unterstellen. Die se Meinungsverschiedenheiten werden solange bestehen, bis die Verhand⸗ lungen zum Abschluß gelangt sind, welche ich vor kurzem erwähnt habe. Sowohl im Wege der Gesetzgebung, wie auch im Wege der Organisation der Wasserbauverwaltung wird ein klares Grenzgebiet zwischen beiden Ressorts gezogen werden müssen.

Der Herr Vorredner hat ferner gesagt, daß die mancherlei Miß⸗ stände, die bei der Ausführung größerer Meliorationen im Gebiete der ganzen Monarchie bisher hervorgetreten seien, doch sehr bedenklicher Natur seien. Meine Herren, es ist zweifel— los richtig, es sind verschiedene Mißstände vorhanden. Erstens sind die größeren Projekte vielfach nicht zutreffend aufgestellt worden. (Sehr richtig) Aber, meine Herren, ich muß die Herren Hydrotechniker deshalb in Schutz nehmen, weil ihnen sichere Unter— lagen fehlten (sehr richtig), beispielsweise über die Niederschlags⸗ verhältnisse, über die Verhältnisse der einzelnen Stromgebiete u. s. w. Sie finden im gegenwärtigen landwirthschaftlichen Etat wir kommen zu der Position noch später die Mittel für allgemein hydrotechnische Untersuchungen eingestellt. Dieselben haben im Osten begonnen, wir sind jetzt schon über Berlin hinaus in nicht zu langer Zeit werden diese Untersuchungen abgeschlossen werden können, und damit erhalten wir sichere Unterlagen für Aufstellung größerer Meliorationsprojekte. Der Herr Finanz Minister hat in diesem Jahre 10 000 A mehr für diesen Zweck zur Verfügung gestellt wie im vorigen Jahre. Damit wird auszureichen sein, aber auch für diese Arbeiten fehlt es mitunter an geeigneten technischen Kräften.

Ein zweiter Mißstand ist der, daß die Kosten für unsere Meliorationen meistens unrichtig veranschlagt sind. (Sehr richtigh Aber, meine Herren, auch in dieser Beziehung liegt die Schuld nicht allein bei den technischen Beamten. Erstens ist es ja naturgemäß, daß, weil vielfach die Arbeitslöhne gestiegen sind, dadurch erhebliche Steigerungen der Kosten herbeigeführt werden. Vielfach hat es auch daran gelegen, daß in der Expropriation von den Betheiligten selbst so abnorm hohe Forderungen gestellt wurden, daß dadurch erhebliche Mehrkosten veranlaßt sind. Endlich hat es öfter auch daran gelegen, daß, nachdem die Projekte aufgestellt waren und nun die Genossenschaften selbst die Ausführung in die Hand nahmen, die an die festgestellten Projekte sich nicht kehrten, wie es beispielsweise bei der Lohe⸗Regulierung gewesen ist, daß neben wesentlichen Aenderungen an dem Projekt ohne höhere technische Leitung gearbeitet ist. Als ich die Verwaltung übernahm, habe ich genau ermitteln lassen, in welchem Umfang solche Mißstände hervorgetreten sind. Es ist das bezüglich sämmtlicher in den letzten 20 Jahren bei Meliorationen eingetretenen Kostenüberschreitungen geschehen. Auch die Ursachen habe ich ermitteln lassen. So schlimm, wie man es

=

darstellt ift die Sache nicht. Allerdings sind eine Reihe von Fällen nachweisbar, wo erhebliche Kostenüberschreitungen eintraten. Daß bei den verschiedenen Meliorationen verschiedene Ursachen für die Ueber- shhreitung vorlagen, deutete ich bereits an; aber ich räume ein, daß viel⸗ ech sehr hohe Kostenüberschreitungen eingetreten sind, auch, daß viel⸗

ich in der Ausführung wie in der späteren Aufsich tsführung große Fehler

gemacht sind. Indessen schon der Budgetkommission theilte ich mit, daß unter dem 25. Mat 1885 an die Meliorationsbeamten eine Anweisung heslglich der Bearbeitung und weiteren Behandlung der größeren Neliorationsprojekte ergangen ist. Die Thätigkeit der Meliorations- heamten erstreckt sich erstens auf die Beschaffung der Unterlagen zur Stellung von Anträgen auf Bewilligung von Vorarbeiten aus den der landwirthschaftlichen Verwaltung zur Verfügung stehenden Mitteln, weitens auf die Bearbeitung der Entwürfe für die Meliorationen oder auf die Kontrole dieser Ausarbeitung in allen Fällen, in denen Beihllfen gewährt werden, drittens auf die Mitwirkung bei der Bil⸗ dung, viertens auf die Mitwirkung bei der Ausführung, und fünftens auf die Mitwirkung bei der Führung der Aufsicht. Die beiden letzten Punkte fanden früher gar keine Beachtung; war das Projekt aufgestellt, dann wurde dessen Ausführung der gebildeten Genossenschaft überlassen; was dann weiter geschah, darum kümmerte man sich nicht. Die Ausfsicht der Kreis⸗Ausschüsse war wirkungslos, weil nicht die geeigneten technischen Kräfte zur Verfügung standen und die Kreise nicht gewillt waren, aus Mitteln der Kreise solche besonders für diesen Zweck anzunehmen.

So glaube ich mit Recht behaupten zu dürfen, daß die Ursachen der vorhandenen Mißstäude zutreffend festgestellt sind und von der landwirthschaftlichen Verwaltung richtig erkannt sind, daß dieselbe jetzt auf dem richtigen Wege ist, diese Mißstände zu beseitigen und ihrer Wiederholung vorzubeugen. Wie das bisher der Fall war, so hoffe ich, wird das hohe Haus für diesen Theil der Verwaltung auch fernerhin stets eine offene Hand und ein offenes Ohr haben. (Bravo

Abg. Kirsch (Zentr.) bemängelt das Normalstatut für Bewässe⸗ rungs- und Entwässerungsgenossenschaften, das von den unteren Organen

häufig falsch interpretiert werde und deshalb revidiert werden mässe, namentlich in Bezug auf das aktive und passive Wahlrecht.

Minister für Landwirthschaft ꝛc. Freiherr von Ham mer⸗ stein:

Die Beschwerde liegt vor, sie wird einer sorgfältigen Prüfung unterzogen werden; ich kann natürlich jetzt noch nicht sagen, wie die Entscheidung ausfallen wird.

Abg. Lotz (kons.) befürwortet die Beschleunigung der Entwässe⸗ rungtanlage im Königsmoor im Kreise Leer und der Verhandlungen mit Oldenburg über die Korrektionen der Jumme.

Abg. Mooren (Zentr.) bespricht die Nachtheile, welche den Anwohnern der Niers und des Nordkanals durch Meliorationen erwachsen seien; man habe der Niers Meliorationsgenossenschaft ver⸗ sprochen, daß die Länder an Werth gewinnen würden, dieser Erfolg sei aber nicht eingetroffen. Ebenso übel sei es der Erft⸗Meliorations⸗ genossenschaft ergangen. Die Niers sei zudem früher fischreich gewesen, ibr Wasser sei aber durch industrielle Anlagen völlig verunreinigt worden. Bis jetzt seien die Erwartungen dieser Genossenschaften nicht erfüllt worden, hoffentlich werde sich der Minister jetzt dieser kleinen Bauern annehmen und ihnen die hohen Beiträge zu den Genossenschaften erlassen. Das sei auch ein kleines Mittel gegen die Nothlage der Landwirthschaft. fei Minister für Landwirthschaft ꝛc. Freiherr von Hammer⸗

6h

Meine Herren! Nach der mir vorliegenden Uebersicht ift zur Erftmelioration ein Staatsdarlehen von 150 000 S und von 20 000 4 gegeben worden, also im Ganzen 170 000 S Diese Darlehen sind in den Jahren 1859 bis 18564, und die 20000 S im Jahre 1877 gewährt. Die Darlehen sind verzinst und abgetragen bis auf den Betrag von 67 985 MS; außerdem schuldet diese Meliorationsgenossen⸗ schaft noch anscheinend 800 000 M für 4 prozentig ausgegebene Obliga⸗ tionen. Gestundet sind für eine Reihe von Jahren die Zinsen und Amortisationsbeträge dieser Darlehen des Staats. Dasselbe ist der Fall bei der Niersflußregulierung, wo der Genossenschaft 98 459 und 14500 Æ, also im Ganzen 112 000 Æ Staate darleben gewährt sind. Dieser Genossenschaft sind Zinsen und Amortisationsbeträge bis 1898 und bis zum 1. Juli 1897 gestundet. Soviel die Akten ergeben, ist ein An⸗ trag auf Erlaß dieser Darlehen an die Staatsregierung noch nicht gerichtet, es sind nur Anträge auf Stundung der Verzinsung und Amortisation gestellt. Wenn die Anträge auf ganzen oder theilweisen Erlaß gestellt werden, lasse ich die Verhältnisse klar stellen auch nach der Richtung hin, wie sie von Herrn Mooren hier dargelegt sind. Ich möchte aber schon jetzt glauben, daß doch vielleicht diese oder jene Uebertreibung vorliegt. Manches wird sich nicht mehr vollständig klarstellen lassen. In den bo er Jahren sind die Meliorationen ausgeführt. Wie damals der Zustand des meliorierten Terrains war, muß man wissen, wenn man festftellen will, ob wirklich keine Erfolge der Melioration ein⸗ getreten sind. Das wird schwer halten. Die Betheiligten vergessen oft, welchen Nutzen sie gehabt haben. Wenn die Betheiligten durch Verunreinigung der Flüsse benachtheiligt sind, so erübrigt nur, daß sie gegen die Industrie⸗Etablissements, die eine solche Verunreinigung vor⸗ genommen haben, im Wege der Zivilklage oder durch Anrufung der Staatsbehörden ibr Recht und Schutz suchen.

Ich kann dem Herrn Abg. Mooren nur anheimgeben, statt hier solche eingehenden Vorträge zu halten, deren Widerlegung wozu ich allerdings im stande bin uns 15 bis 2 Stunden beschäftigen würde, die beiden Genossenschaften zu veranlassen, ihre Beschwerde gegen die Regierung in Düsseldorf beziehungsweise ihre Anträge an die Staats regierung, ohne daß sie hier im Landtag vorher erörtert werden, an den Landwirthschafts⸗Minister zu bringen; dann würden wir die kost⸗ bare Zeit, die wir auf diese Sache hier verwenden müssen, erspart haben. Wenn die Betheiligten mit der endgültigen Entscheidung der Staatsregierung sich nicht beruhigen wollen, erübrigt dann noch immer, im Wege der Petition das hohe Haus anzugehen.

Dann hat Herr Mooren aber auch einen Vorwurf gegen die Düsseldorfer Regierung gerichtet. Ich bedaure, daß ich einstweilen, da ich nicht übersehe, ob die Angaben richtig sind, diesen Vorwurf als unberechtigt zurückweisen und die Regierung in Schutz nehmen muß. Einstweilen halte ich den Vorwurf gegen die Regierung für nicht be—⸗ rechtigt. Ich bitte die Herren, die Diskussion über diese Angelegen⸗ heit zu schließen, und den Betheiligten zu überlassen, daß sie sich an die zuständige Instanz wenden. Wenn sie dort nicht Gehör finden, dann ist es Zeit, sich im Wege der Petition an das Abgeordnetenhaus zu wenden. Ich verspreche übrigens, daß die Angelegenheit wohl⸗ wollend erwogen werden soll, wenn sie an mich gelangt.

Abg. Heye (nl,) schildert die trostlose Lage der. Melioration ey rde ec r r die besonders dadurch veranlaßt sei, daß

die Entwässerung auf dem flachgründigen Boden, der im Meliorations⸗

gebiete vorherrsche, viel zu stark, die Bewässerung aut der Weser

dagegen viel zu schwach ausgefallen sel. Eine Aenderung sel nur

e durch die Errichtung eines Wehres unterhalb der Einlaß⸗ euse.

stei Minister für Landwirihschaft 2c. Freiherr von Hammer— ein:

Meine Herren! Ich kann dem Herrn Vorredner nur erwidern, ich habe das auch bereits Herrn Mooren erwidert: ich habe kein Ver— ständniß dafür, weshalb diese Angelegenheit hier im Abgeordneten hause zur Sprache gebracht wird. Im vorliegenden Falle hat bereits die Staatsregierung die geeigneten Maßnahmen getroffen, um die bei der Melioration gemachten Fehler zu beseitigen; bei der Weser— korrektion soll auch Bedacht darauf genommen werden, der Genossen⸗ schaft mehr Weserwasser zuzuführen. (Bravo

Abg. von Brockhausen (kons.) bezeichnet den Fonds von 00 000 ƽ zur Förderung genossenschaftlicher und e, ,. Flußregulierungen als viel zu niedrig. Die Provinzialverbände müůssen ebenfalls mit n Mitteln für Meliorationen eintreten. Fehler bei den Meliorationen werden sich hoffentlich in Zukunft dank der neuen Anweisungen des Ministers vermeiden lassen. Hoffentlich trete auch bald der Nutzen der Meliorationen hervor.

stei Minister für Landwirthschaft 2c. Freiherr von Hammer— ein:

Meine Herren! Bekanntlich ist die Sache so geordnet, daß für Landesmeliorationen, deren Bedeutung über den Rahmen der Provinz geht, auch gegenwärtig der Staat, wie früher, die Unterstützung aus öffentlichen Mitteln gewährt, daß dagegen an die Meliorationen, deren Bedeutung nicht über den Rahmen der Provinz hinausgeht, die Provinzen verpflichtet sind Beihilfen zu gewähren. Den Provinzial— verbänden sind diejenigen Mittel dafür überwiesen, welche für solche Zwecke bisher der Staat gewährte. Das ist bei allen Provinzen der Fall, die nach dem Dotationsgesetz von 1875 behandelt sind, während die Provinzen Hannover und Hessen, die vorher schon Dotationsfonds erhielten, in den allgemeinen Dotationen dieselbe Verpflichtung über⸗ kommen haben. Wollte man nun dem Wunsche Folge leisten, den der Herr Vorredner hier vorgetragen hat, so kann das selbstverständlich nur geschehen, wenn man die Dotationsgesetzgebung entsprechend ändert. Das würde aber außerordentliche Schwierigkeiten machen, weil die Provinzialverbände, die in sden siebziger Jahren die Dotation bekommen haben, eine spezielle Summe für diesen Zweck erhalten haben, während die anderen Verbände das nicht bekommen haben. Ich möchte aber glauben, daß, nach dem die Sache sich einmal thatsächlich eingelebt hat, und nachdem infolge der Verhandlungen mit den Provinzen eine Geneigtheit bei den Provinzialverbänden besteht, soweit, wie irgend ihre Kräfte reichen, dieser Verpflichtung nachzukommen, kein Grund vorliegt, eine Aenderung herbeizuführen. Es läßt sich auch nicht leugnen, daß ein gewisser Nutzen darin liegt, daß die Provinzial verwaltungen bei diesen Meliorationen betheiligt sind, weil die Ein⸗ gesessenen der Provinz, die gleichzeitig auch Mitglieder der Provinzial⸗ verwaltung sind und in den Ausschüssen in den Provinzial Landtagen mitwirken, doch immerhin eine klarere und zuver⸗ lässigere Einsicht in die Bedürfnisse, in die Nothwendigkeit und Dringlichkeit der Meliorationen haben, als das die bureaukratische Staatsverwaltung haben kann; die gegenwärtige Einrichtung hat also auch ihre Vorzüge. Ich möchte bitten, es bei dem bewenden zu lassen, wie es gegenwärtig besteht. Die Staatsregierung ist be—⸗ müht, dahin zu wirken, daß die Provinzialverbände ihren Verpflich- tungen nachkommen; und ich kann nur versichern, daß bei den meisten eine solche Bereitwilligkeit bereits vorhanden ist. Es liegt also kein Grund vor, in diese Verhältnisse neu einzugreifen.

Was den Wunsch des Herrn Vorredners anbetrifft, den Fluß⸗ regulierungsfonds zu verstärken, so besteht der Wunsch auch bei mir; und wenn die Finanzlage sich bessert, so zweifle ich keinen Augenblick, daß der Herr Finanz⸗Minister auch dem berechtigten Wunsche der landwirthschaftlichen Verwaltung, für diese Zwecke Mittel herzugeben, Rechnung tragen wird.

Bei den Ausgaben zur Förderung des Obst- und

Wein baues befürwortet

Abg. Ring (kons.) die Anstellung eines besonderen Dezernenten für Gartenbau im Landwirthschafts-Ministerium; die Härtner wissen nicht, wohin sie sich mit ihren Wünschen wenden sollten: ob an das Landwirthschafts⸗Ministerium oder an das Gewerbe⸗ Ministerium. . .

Der Rest der dauern den Ausgaben wird bewilligt.

Schluß nach 4 Uhr. Nächste Sißzung: Mittwoch 11 Uhr. (Gesetzentwurf, betreffend die Ermäßigung der Registergebühren für Binnenschiffe; Anträge aus dem Hause.)

Die Thätigkeit der preußischen Staats⸗Archive im Jahre 1895.

(Bericht für 1894 in Nr. 25 vom 28. Januar 1895.)

Während der Jahres 1895 haben in den preußischen Staats-Archiven 758 amtliche und 1880 außeramtliche Be⸗ nutzungen stattgefunden. Letztere setzen sich zusammen aus 609 Benutzungen, welche durch die Benutzer persönlich an Ort und Stelle erfolgt sind, und 1271, welche durch die Archiv⸗ beamten auf schriftlichem Wege durch Uebersendung von Be⸗ scheiden und Berichten ihre Erledigung gefunden haben. Im Ganzen benutzten die Archive 1598 Privatpersonen. Die Gesammtzahl der Arbeitstage aller persönlichen Benutzer betrug 7905.

Hi entsprechenden Zahlen des Vorjahres 1894 waren S887 amtliche, 1900 außeramtliche, 681 . . und 1219 schriftliche Berichte und Bescheide, 1657 Privat⸗ personen und 8883 Arbeitstage.

Die auf Veranlassung und mit Unterstützung der Archiy⸗ verwaltung im Verlage von S. Hirzel in Leipzig erscheinenden Publikationen aus den preußischen Staats⸗Archiven“ sind im Jahre 1895 um 3 Bände weitergeführt worden.

Es sind erschienen:

Band 61. Joachim: „Die Politik des letzten Hochmeisters in Preußen, Albrecht von Brandenburg“. 3. Theil, 1521 bis 1525. Schluß. ;

Band 62. Keller: „Die Gegenreformation in Westfalen und am Niederrhein“. 3. Theil, 1609 1623.

Band 63. Koecher: „Geschichte von Hannover und Braun⸗ schweig“. 1648 1714. 2. Theil, 1668-1634.

on dem durch das Königlich preußische historische In⸗ stitut in Rom und die 6 preußische k herausgegebenen (Verlag von A. Bath, Mohrenstraße 19 in Berlin Werke ,, aus Deutschland nebst ergänzenden

Aktenstücken“ ist ebenfalls eine Fortsetzung erschienen, nämlich der Band 1 der 4. Abtheilung, bearbeitet von Kiewning und enthaltend „Nuntiatur des Palotto 1628 1630. Erster Band, 1628“. Andere Arbeiten von Archivbeamten sind: Ausfeld: „Der Königszug von Mainz nach Koblenz am 17. und 18. März 842“, in der Westdeutschen Zeitschrift für Geschichte und Kunst. Bär: Lupold von Wedel's Beschreibung seiner Reisen und Kriegserlebnisse 1561 1606. Nach der Handschrift heraus⸗ gegeben. Stettin. Bailleu: „König Friedrich Wilhelm II. und die Genesis des Baseler Friedens“ in der historischen Zeitschrift, Band 75. „Der Ursprung des siebenjährigen Krieges“ in der Deutschen Rundschau, Februar. „Heinrich von Sybel“ ebendaselbst, Oktober. „Aus einem Album der Königin Luise“ in den 1 zur brandenburgischen und preußischen Geschichte, and 8.

Doebner: „Briefe des Justiz-Raths H. A. Lüntzel aus dem Frankfurter Parlamente“ und „Hildesheims alte Straßen⸗ namen“ in dem Unterhaltungsblatt der Hildesheim'schen All⸗ gemeinen Zeitung. Ferner „Zwei Relationen Bischof Friedrich Wilhelm's von Hildesheim an den Papst über den Zustand der Diözese“, „Visitationsbericht Bischof Henning's von Hil⸗ desheim über das Benediktiner⸗Nonnenkloster Neuwerk zu Goslar von 1475“ in der Zeitschrift des historischen Vereins für Niedersachsen. Endlich „Sabbatordnung Bischof Dietrichs IV. von Brandenburg 1471“, in den Forschungen zur brandenbur⸗ gischen und preußischen Geschichte, Band 8.

Ehrenberg: „Italienische Beiträge zur Geschichte der Provinz Ostpreußen“, Königsberg i. Pr. Ferdinand Bayer s Buchhandlung.

Forst; „Aufhehung des Klosters der Regulirherrn zu Neuß 18623 und „Schreiben der evangelischen Geistlichen der Stadt Wesel an ihre aus der Ober⸗Pfalz vertriebenen Amts⸗ brüder 1630“ in dem Jahrbuch des Duͤsseldorfer Geschichts⸗ vereins. Ferner „Der türkische Gesandte in Prag 1620 und der Briefwechsel des Winter⸗Königs mit Sultan Osman II. in den Mittheilungen des Instituts für österreichische Geschichts⸗ forschung, Band 12. Endlich „Die Osnabrücker bei Waterloo“ in den Mittheilungen des Vereins für Geschichte und Landes kunde zu Osnabrück.

Friedlaender: „Aktenstücke zur Geschichte der Universität Frankfurt a. O.“ in den Forschungen zur brandenburgischen und preußischen Geschichte, . 8.

Granier: „Die Kronprinzlichen Schulden Friedrich s des Großen“ in den Forschungen zur brandenburgisch⸗preußischen Geschichte, Gand 8. „Heinrich von Sybel“ und „Straßburg“ in der Täglichen Rundschau, Unterhaltungsbeilage.

Grünhagen: „Die katholische Kirche in Schlesien am Ausgange des vorigen Jahrhunderts“ und „Die Breslauer Kaufmannschaft im Kampf gegen das Merkantilfystem 1786/87“ in der Zeitschrift für Geschichte und Alterthum Schlesiens, Band 29. Ferner im Verein mit

Wachter: „Alten des Kriegsgerichts von 1758 wegen der Kapitulation von Breslau 24. November 1757“, Script. rer. Siles. I5.

Harleß: „Die Fürstengruft zu Altenburg“ und „Das Memorienregister der Abtei Altenberg“ in der Zeitschrift des Bergischen Geschichtsvereins, Band 31.

Hoogeweg: Herausgabe der „Schriften des Kölner Dom— scholasters, späteren Bischofs von Paderborn und Kardinal⸗ bischofs von St. Sabina Oliverus“ in der Bibliothek des Literarischen Vereins in Stuttgart, Band 202. „Beitrag zur Bestimmung der Archidiakonate des vormaligen Bisthums Minden“ in der Heitschrift des Vereins für Geschichte und Alterthumskunde Westfalens, Band 52.

Ilgen: Die Chroniken der westfälischen und nieder⸗ rheinischen Städte, 3. Band. Soest und Duisburg.“ Band 24 der von der historischen Kommission zu München herausgegebenen Chroniken der deutschen Städte.

Joachim im Verein mit van Niessen: „Repertorium der im Königlichen Staats⸗Archive zu Königsberg i. Pr. befindlichen Urkunden zur Geschichte der Neumark“, Heft 2 der Schriften des Vereins für Geschichte der Neumark.

Karge: „Die Reise der russischen Konzilsgesandten durch die Ordenslande 1438“ in der Altpreußischen Monatsschrift, Band 32.

Keller: „Comenius und die Akademie der Naturphilo⸗ sophen des 17. Jahrhunderts.“ Münster, Joh. Bredt u. Co.

Kiewning: Seidenbau und Seidenindustrie im Netze⸗ distrikt von 1773-1815“ und „Verhandlungen wegen der Flucht des Seidenwirkers Pierre Lagrange 1784“ in der Zeit⸗ schrift der historischen Gesellschaft für die Provinz Posen, Band 10.

Krusch: „Zum martyrologium Hieronymianum“ und „Reimser Remigius Fälschungen“ im Neuen Archiv.

Küch: „Die älteren Düsseldorfer Schöffensiegel“ und „Zur Wirthschaftsgeschichte Düsseldorfs“ in den Beiträgen zur Ge⸗ schichte des Niederrheins, Band 9.

Liebe (gedruckt im Jahre 1894): „Die Anfänge der Lom⸗ bardischen Wechsler“, „Bahrrecht und Fürbitte in deutschen Städten“ in der Zeitschrift für Kulturgeschichte, Band 1. „Zur Geschichte der Uniform in Deutschland“ ebenda, Band 2. „Eine Reiserechnung aus dem Jahre 16518“ in den Neuen Mittheilungen des thüringisch⸗historischen Vereins, Band 18. (gedruckt im Jahre 18955: „Sittungen und Einrichtungen der Universität Greifswald vom 15. bis 17. Jahrhundert“ in der Zeitschrift für Kulturgeschichte 2. „Der Hofhalt des Bischofs Heinrich Julius von Halberstadt, Herzogs von Braunschweig und Lüneburg“ in der Zeitschrift des Harz— vereins, W. .

Meinecke: Das Leben des General⸗Feldmarschalls H. von Boyen.“ Stuttgart, Cotta. „Heinrich von Sybel“ in der Historischen zen h Band 75. .

Merx: „Zur Geschichte des Klosterlebens im Anfange der Reformationszeit“ in Brieger's Zeitschrift für Kirchen⸗ geschichte.

von Mülverstedt: „Noch einmal die von Scheidingen. Auch die von Kloß und Valentin König“, ferner „Die Haype von Habsburg“ im Deutschen Herold.

von Petersdorff: „Wie das deutsche Volk geworden ist. Ein Gedenkbuch, dem deutschen Volke dargebracht ar 25 jährigen Gedenkfeier der Gründung des Reichs.“ Berlin, W. Pauli's Nachfolger (H. Jerosch).

von Pflugk⸗Harttung: Herausgegeben und theilweise be⸗ arbeitet Krieg und Sieg“. Berlin, Schall u. Grund.

Pfotenhauer: „Schlesier auf der Universität Bologna 1453 1500“ in der Zeitschrift für Geschichte und Alterthum

Schlesiens, Band X.