geliefert, wie es in gleichem Umfang sonst in Deutschland kaum vor⸗ . sein dürfte. Neben diesen an n. werden auch noch , untersucht. so ist jetzt u. a. besonders die Untersuchung über den Einfluß des Blauwerdens des Holzes auf defsen Güte zu K. welche durch den großen Windbruch von 1894 veranlaßt worden ist.
Die Ausstellung der Neu⸗Erwerbungen des König— lichen Kunstgewerbe⸗Museums ist neuerdings um sehr wichtige Stücke vermehrt worden. In dem „Schlüterzimmer' im ersten Stockwerk (hinter dem Goldsaah wird jetzt eine ganze Wand von älteren französischen Möbeln ersten Ranges eingenommen. Die Fauteuils, Stühle und ein Kaminschirm, von edelster Schnitzarbeit, vergoldet und mit den alten gestickten Bezügen versehen, haben einen bemerkenswerthen Ursprung. Sie stammen, wie die alten, ihnen noch anhaftenden Inventarienzettel ergeben, aus dem Boudoir der Königin Marie Antoinette in Versailles und sind von dem berühmten Hoftischler G. Jacob um 1780 gefertigt. Nach der Revolution wurden sie nach Pyrmont verkauft, wo für den Bade⸗ Aufenthalt des Königs Friedrich Wilhelm II. im Jahre 1797 Zimmer möbliert werden mußten. Im Jahre 1806 dienten sie der Königin Luise. Sie blieben dann im Besitz der Familie des damaligen Dekonomen und sind jetzt durch gütige Vermittelung des Herrn Pro—⸗ fessors Dr. Haupt in Hannover durch Kauf an das Museum gelangt. Die wenigen Aenderungen, welche das Polster erfahren hatte, konnten leicht beseitigt werden. Nur der Divan war so weit zerstört, daß lediglich der Bezug übrig geblieben ist. Neben diesen ganz einzigen Stücken — in Paris ist nichts Gleiches erhalten — ist zugleich eine Kommode mit farbigen Holzeinlagen und Bronzen ausgestellt, ein Meisterstück des berühmten Ebenisten Riesener in aris aus der Zeit um 1770; ferner eine Standuhr und ein Konsolssich von Lütticher Ärbeit (um 1720), auf der Auktion Higguet in Lüttich erworben. — Unter den neuen Er⸗ werbungen der Kunsttöpferei befinden sich große Prachtstücke der Fayence⸗Werkstätten von Rouen und Moustlers; ferner eine in porzellanartiger Masse ausgeführte Figur eines Violinspielers, wahr⸗ scheinlich italienische Arbeit, von meisterhafter Modellierung (Geschenk des Dr. P. von Liebermann). Die bisher hier ausgestellt gewesenen Porzellane und Fayencen sind bereits in die betreffenden Abtheilungen des Museums einrangiert. — In dem Schrank für Metallarbeiten sieht man zwei prächtige Kannen und Gußbecken von vergoldetem Silber, Pariser Arbeit, eine goldene Stockkrücke, Berliner Arbeit des XVIII. Jahrhunderts, nebst einigen erlesenen italienischen Bronzen des XVI. Jahrhunderts.
— Seine Königliche Hoheit der Großherzog von Olden⸗ burg hat, wie, W. T. B. aus Geestemünde meldet, dem Marschen⸗ Dichter Hermann Allmers bei Gelegenheit des 75. Geburtstags desselben die goldene Medaille für Kunst und Wissenschaft verliehen. t . /
— In der gestrigen Sitzung der Royal Academv of Arts“ wurde Adolf Menzel laut Telegramm aus London zum aus wärtigen Ehrenmitgliede ernannt.
Theater und Musik.
Berliner Theater.
Henrik Ibsen's Schauspiel Nora oder ein Puppenheim“ gelangte gestern Abend unter der neuen Direktion zur ersten Aufführung. Eine einheitliche Wirkung kann von diesem Ibsen'schen Werk kaum ausgehen. Im Publikum finden sich neben
der großen Zahl von Verehrern des nordischen Dichters stets auch viele Widerstrebende, welche die n, nn, des Seelenleben der Helden nicht mit des Dichters Augen zu betrachten vermögen, und die das, was man für tiefe Gedanken auszugeben pflegt, kaum als unterhaltende Einfälle anerkennen wollen. Auch gestern lag eine leicht schwankende Stimmung über den Zuhörern, die allerdings zum theil dadurch verschuldet wurde, daß der Dialog wegen zu intimer Ton⸗ gebung zuweilen unverstanden verhallte. Die scheuen Seelenregungen, welche in diesem Familiengemälde die handelnden Personen nur andeutungsweise zum Ausdruck bringen, gelangen so bei der Weite und Größe des Theaterraums nicht immer voll zur Wirkung. Die Gestalt der Nora, wie sie Frau Prasch⸗Grevenberg verkörperte, übte aus diesem Grunde besonders im letzten Akt nicht die ergreifende Wirkung aus, die ihr eigentlich innewohnt. Die Künstlerin verfügt über ein starkes Charakterisierungs vermögen, und sie bewährte dies auch in den beiden ersten Akten: den leichten fröhlichen Sinn und die steigende Herzensangft Nora's drückte die Darstellerin überzeugend aus. Fräulein Bruckmüller aus Meiningen spielte die Rolle der Frau Linden, deren Leben ein einziger Arbeitstag ist; die Künstlerin faßte die Gestalt ernst und klar auf; dem Organ haftet aber noch eine, wohl zum theil durch dialektische Eigenart bedingte, Schwere an. Herr Kraußneck trug als Robert Helmer im letzten Akt die , zu stark auf, sodaß kaum noch etwas von des Advokaten ausgeprägtem Schönheitsgefühl erkennbar blieb. Die Rolle des kranken Hausfreunds Rank wurde von Herrn Bassermann mit Virtuosität durchgeführt. Die Gestalt Günther's, der mit allen Mitteln ver— zweiflungsvoll für seine Wiederaufnahme in die ehrbare Gesellschaft kämpft, gab Herr Dr. Pohl ergreifend wieder. Nach allen drei Akt⸗ schlüssen wurden die Darsteller durch den Beifall wiederholt vor den Vorhang gerufen. Konzerte.
Am Dienstag erschien in der Sing Aka dem ie der Großherzoglich mecklenburgische Kammersänger Herr Karl Mayer in einem Lieder abend zum ersten Mal vor dem hiesigen Publikum. Das nachträglich theilweise abgeänderte Programm bot Gesänge von Löwe, Beethoven, Schumann, Schubert, Jensen, Bruch und Anderen, in denen der Künstler seine ausgiebige und gut geschulte. Baritonstimme aufs, wirkungsvollste verwendete, auch war die Vortragsweise sowohl der Lieder ernsten wie heiteren Inhalts zu loben. Besonders gelangen ihm Der Einsame“ und Wohin von Schubert, in denen das piano sehr schön klang, Löwe's Ballade Archi⸗ bald Douglas“, die der Sänger mit dramatischer Lebendigkeit wieder⸗ gab, und Beethoven's Gottes Ehre aus der Natur“. ie Reinheit der Intonation und die Deutlichkeit der Aussprache ließen ebenfalls nichts zu wünschen. Nach dem lebhaften Applaus des zahlreich erschienenen Publikums gewährte der Künstler noch einige Zugaben.
Der schottische Klaviervirtuose Herr Frederie Lam ond, der vor einigen Jahren bereits hier konzertierte, gab gestern im Saal Bechstein einen Klavierabend, den er mit den Variationen Lon Brahms. über ein Thema von Paganini eröffnete. In der Ausführung dieses Werkes wie in der schwierigen Sonate op. 110 von Beethoven und in mehreren neueren. Piscen von Schubert, Liszt, Field. Chopin, Schumann und Rubinsteln be— kundete derselbe eine große Sicherheit im Technischen und Tiefe der Auffassung. Seine eminente Kraft des Anschlags kam besonders in Schubert⸗Liszt's Erlkönig? und in Schumann's -dur-Phantasie zur Geltung. Reicher und wohlverdienter Beifall folgte allen Vorträgen dieses Abends.
Im Königlichen Opernhause findet mor zer si r ie öffentliche Hauptprobe. Ka ̃ . 264 ö ö. . rten zu 2 und 1 m nig en auspielhause wird Skowronnek's vieraktiges Lustspiel „Die . *. r n, D. 2. Schramm, Poppe, von Mayburg, Hausner und den Herren Velen Molenar, Hartmann und Heine in den Hauptrollen gegeben. 3
Ambroise Thomas, weit bekannt als Komponist Mignon“, der bedeutendste Vertreter der älteren fan g ist gestern Abend in Paris gestorben. Er war am 5. August 166 zu Metz als Sohn eines Musiklehrers geboren. ne mustkalische Ausbildung genoß er am Konservatorium zu
aris, erhielt 1832, den großen. Rompreis und. ging cz
tivendiatz der Regierung nach Italien und Wien. 19836 kehrte er nach Paris zuruck und begann zu komponieren. den Opern „Mignon“, „Hamlet“, „Fran goise de Rimini“ ꝛc. schuf er auch ein Requiem und andere Kirchenmusik, viele ein. und meht⸗/ stimmige Gesänge, ein Streichquartett, ein Klaviertrio und mehrere Stücke für Klavier allein. Er war längere Zeit Dozent der Kom— vositionelehre am Konservatorium zu Pariꝛ und wurde nach Auber gz Tode 1871 zum Direktor dieses Instituts erhoben.
Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen.
Konst antinopel, 12. Februar. (W. T. B.) Die Pforte war noch vor der Abreise des bulgarischen Minister⸗Präsidenten Stoilow verständigt worden, daß seitens der russischen Re— gierung gegen die Anerkennung des Prinzen Ferdinand keine Einwendung vorliege. Nach dem gestrigen Ministerrath erging an die türkischen Vertreter bei den Großmächten der ß Schritte bezüglich, der Zu— stimmung der Mächte zu der Anerkennung des Prinzen Fer— dinand zu thun. Der zur Feier des Uebertritts des Prinzen Borsz nach Sofia entsandte Divisions⸗General Muzafer Pascha üher= bringt dem Prinzen Ferdinand ein auf die Anerkennung be— en de Handschreiben des Sultans. — Die Au fstän— dischen von Zeitun haben dem Sultan für die ihnen ge— machten Zugestaͤndnisse und den Mächten für ihre Vermittelung
edankt. Der Dank an den Sultan wurde gestern durch die Botschafter der Pforte mitgetheilt.
Sofia, 13. Februar. (W. T. B.) Der russische General Graf Golenistschew-Kutusow ist heute 1116 Uhr Vor— mittags hier eingetroffen und von dem Prinzen Ferdinand, den Spitzen der Behörden und hohen Offi. ieren am Bahnhof empfangen worden. Bei der Fahrt durch die prachtvoll geschmücklen Straßen der Stadt nach dem Prinzlichen Palais saß Graf Golenistschew-Kutusom zur Rechten des Prinzen.
(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten Beilage.)
vom 13. Februar, spiel
Morgens.
Wetter
cd S — Q M —— 1 —
Gelsius 50 C. — 4 R.
in 0 G
Stationen. Wind. Wetter.
ment B.
Bar. auf 0 Gr. . Temperatur
u. d. Meeressp. red. in Millim.
bedeckt wolkig Schnee rin. wolkenlos wolkenlos heiter
bedeckt
774 Anfang 79 Uhr. 775 768 768 761 748
747
Belmullet .. Aberdeen. Christiansund Kopenhagen. Stockholm. , ;
oskau ... Cork, Queens⸗
775 Cherbourg. 73
, 1 770 778 765 759 76h 772 768 770 779 769 766 765 764 760
774 766 766 still bedeckt
1) Gestern Regen. 3) Nachts Sturm. Schnee. ) Nachts Regen.
Regen. Nebersicht der Witterung.
Ein 770 mm übersteigendes Hochdruckgebiet liegt über Westeuropa gegenüber einer umfangreichen Depression im Osten, deren Kern unter 746 mm über dem nördlichen Rußland lagerte. In Süd⸗ standinavien ist seit dem Abend das Barometer außer⸗ ordentlich stark gestiegen, um 17 mm zu Kopen⸗ bagen. Der Luftdruckvertheilung entsprechend, wehen im Nord, und Ostseegebiet nördliche Winde, unter deren Einfluß die Temperatur erheblich herab⸗ gegangen ist. Bei durchschnittlich frischen nördlichen bis westlichen Winden ist das Wetter in Deutsch⸗ land trübe, im Osten kälter, im Westen, außer an der Küste, wärmer; an der ostpreußischen Küste wehen stürmische nordweftliche Winde. In Nord—⸗ und Mittel deutschland sind allenthalben Niederschläͤge . Kälteres, theilweise heiteres Wetter wahr
cheinlich. Deutsche Seewarte. ö n Theater. d
Königliche Schanspiele. Freitag: Opern— haus. 7. Symphonie⸗Abend der stöniglichen Kayelle. Dirigent: Herr Felix Weingartner. Ge⸗ dächtnißfeier für Richard Wagner. Programm: h Orpheus“, symphonische Dichtung von Liszt. 25 Ouvertüre „Der fliegende Holländer! von Wagner. 3) Ouvertüre „Tannhäuser' von Wagner. 4) Vor⸗
—— — 2 0—
Anfang 74 Uhr.
heiter wolkenlos wolkenlos wolkig heiter!) halb bed. bedeckt?) bedeckt?) bedeckt
bedeckt 9) bedeckt
Anfang 73 Uhr.
Sonntag,
— —— — .
Heinrich.
Cessing
seiner Väter.
D K do — do R e O . r m.
3) Nachts
s) Abends und Nachts mann.
lichen Preisen:
¶ LHGtel du
hafen.
reitag: Kostümen, Hungerleider.
Freitag:
err Direktor ustspiel in 3 Fabrice Carrs.
Lohengrin! A-dur von Beethoven. Mittags 12 Uhr: Oeffentliche Hauptprobe.
8. Symphonie⸗Abend am 8. März 1896. „Faust's Verdammniß“ von Berlioz.
Schauspielhaus. 45. Vorstellung. Sonder . Abonne⸗ 7. Vorstellung. Lustspiel in 4 Aufzügen von Richard Skowronnek. In Scene gesetzt vom Ober ⸗Regisseur Max Grube.
Sonnabend: Opernhaus. 40. Vorstellung. Lohen Romantische Oper in 3 Akten von Richard gner. (Lohengrin; Hr. Emil Götze, Königlicher Kammersänger, als Gast.) Anfang 7 Uhr. Schauspielhaus. 46. Vorstellung. E812. Schau⸗ spiel in 5 Aufzügen von Otto von der Pfordten.
Dentsches Thealer.
Sonnabend: Weh dem, der lügt! Nachmittags 25 Uhr: von Toledo. — Abends 74 Uhr: Vorher: Der zerbrochene Krug.
Berliner Theater. Freltag (22. Abonnements ˖ Vorstellung) Nora. Sonnabend: König Heinrich.
Sonntag, Nachmittags 23 Uhr: von Kirchfeld.
Theater. Anfang 748 Uhr.
Sonnabend: Erstes Gastspiel von Hedwig Nie⸗ Madame Sans⸗Géne. Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Heimath. —
Comtesse Guckerl.
Residenz · Theater. Lautenburg. Freitag:
in 3 Akten von Georges Feydeau, übersetzt und bearbeitet von Benno Jacobson. Sonnabend und folgende Tage: Hotel zum Frei⸗
Friedrich · Wilhelmstädtisches Theater. e u fleet en. 25 — 26. Dekorationen und Requisiten: Der
und Ballet in 10 Bildern von Julius Keller und Louis Herrmann, mit theilweiser Benutzung einer Idee des Mark Twain. Musik von Louis Roth. Scene gesetzt von Julius rr Kapellmeister Winns. Anfang 74 Uhr. Sonnabend: Der Hungerleiber.
Nenes Theater. Gastspiel des rrn anz Temele vom K. u. K. priv. . 9 Hie Der
Scene gesetzt — Vorher: Feuern.
von Wagner. 5) Symphonie In Anfang 75 Uhr.
Die kranke Zeit.
Feuern.
Liebe.
Julius Fritzsche.
Freitag: Petterson ⸗ Norrie.
Die
Offenbach. Dirigent: mann. — Hierauf: Großes Ballabile, J. Reisinger.
Freitag: Hamlet.
Anfang 73 Uhr.
Die Indin Liebelei. —
Norrie.
vom Balletmeister J. Reisinger. Sonntag, Nachmittags 3
von F. Zell und R. Gense. Anfang 75 Uhr.
Der Pfarrer — Abends 75 Uhr: König
. Norrie. ierauf: Musikalische Scherze.
Saison.
reitag: Der 3 ö Thron ley's Tante.
Brandon.
u volksthüm⸗ Vorher: Die Bajazzi,
Abends 76 Uhr: Benno Jacobson.
73 Uhr.
Direktion: Sigmund Hotel zum Freihafen. Libre Echange.) Schwank
Freitag: Nacht. Tanz Julius Freund.
Anfang 73 Uhr.
lach. Anfang 77 Uhr. großartiger Ausst
von Sigmund Lautenburg. Ein Zündhölzchen zwischen zwei Schwank in 1 Aufzug nach dem F ichen des H. Honvie von Georg Hiltl. Anfang 5 r
Sonnabend und Sonntag: Der Herr Direktor. — Vorher: Ein Zündhölzchen zwischen zwei
Sonntag, Nachmittags 24 Uhr:
Theater Unter den Linden. Direktion: Gastspiel der Fran schöng, am Komische Operette in 3 Akten von Meilhbac und
Halsvy, deutsch von J. Hopp. Musik von Jacques Derr Kapellmeister Feder⸗ Mnsikalische atrangiert vom Balletmeister
Sonnabend: Gastspiel der Frau Petterson⸗ Die schöne Helena. Musikalische Scherze. Großes Ballabile, arrangiert
Uhr: Preisen: Der Bettelstudent. Operette in 3 Akten Musik von Carl Millöcker. — Abends 75 Uhr: Gastspiel der Frau Die schöne Helena. —
Dienstag. den 18. Februar: Letzter Ball in dieser roßer Fastnachts Maskenball.
Adolph Ernst Theater. Freitag: Char⸗ Schwank in 3 Akten von Thomas Repertoirestück des Globe ⸗Theaters in London. In Seene gesetzt von Adolph Ernst. — Parodistische Posse mit Gesang und Tanz in j Akt von Ed. Jacobson und Musik von F. Roth.
Sonnabend: Dieselbe Vorstellung.
Bentral- Theater. Alte Jalobstraße Rr. 30
Emil Thomas a. G. Eine tolle
Große Ausstattungsposse mit Gesang und in 5 Bildern von Wilh. Mannstädt und Muslk von Julius Einödshofer. n Scene gesetzt vom Direktor Richard Schultz. ie Tanz-Arrangementö vom Balletmeister Gund.«
Sonnabend: Eine tolle Nacht.
Zirhus Renz. Karlstraße. Freitag, Abende 7 Uhr: Wiederholnng der am Mittwoch stattgehabten Komiker⸗Vorstellung zum Benefiz für den beliebten Clomn und Drigiugl. MAngust Mr. Lavater Lee. Mehrmaliges Auftreten des Mr. Lavater Lee in seinen wirkungsvollsten Entréet und Intermezzi. Außerdem: Auftreten von nur Künstler⸗ Spezialitäten allerersten Ranges. Vor- führung der berühmten Original⸗Dressuren des Direktors Fr. Renz. Großartiger Erfolg! Ein Künstlerfest. Auf das Glänzendste insceniert vom Direktor Fr. Renz. Mr. Lavater Lee stellt eine Flasche mit Geld im Schaufenster der Zigarren— handlung des Herrn Louis Krafft, Friedrichstraße 116, Oranienburger Ther, aus. Der Inhalt der Flasche wird demjenigen Besucher der Vorstellung überliefert werden, welcher den Werth des Geldek am genauesten erräth. Es wird gebeten, die ge— schätzte Summe auf einem Zettel verzeichnet, mit Namensunterschrift und Wohnungsangabe bei Von zeigung des Billets abzugeben. —
Sonnabend: Auf vielseitiges Verlangen: Auf führung des großen militärischen Ausstattungsstitt 1870/71.
Sonntag: Zwei Vorstellungen: Nachmithz 4 Uhr lermäßigte Preise und 1 Kind unter 10 Jahmm 3 1870/71. Abends 73 Uhr: Ein Künstler⸗ e *
Familien⸗Nachrichten.
Verlobt: Louise Freiin von Rotenban mit Km. Prem -Lieut. Erich von Warburg (Buchwald i. R). Frl. Martha Kuegler mit Hrn. Thierarn August Jaeckel (Waldau — Goldberg). Verehelcht: Hr. Oberst⸗Lieut. Gebhard von Al= vensleben mit Beate verw. Eger, geb. Pfeiffer (Berlin). — Hr. Regierungs- Baumesster Richter mit Frl. Johanna Beyer (Leipzig — Chemnitz) Geboren: Ein Sohn: Hrn. Landrath von Schwerin (Sensburg). — Eine Tochter: Htr Prem. Lieu. Günther Frhrn. von Berlepsch (Dresden). — Zwei Töchter: Hrn. Oberlehrer Victor Petzoldt (Breslau). ; Gestorben: Frl. Dora von Mauritius (Rühn i. M.). — Fr. Hauptmann Therese von Gagern, geb. Gräfin von Brühl (Liegnitz). — Hr. Lieut. der Schutztruppe Henry Graf von Perponcher (Tabora, Afrika). — Hr. Geheimer Ober. Finan⸗ Rath a. D. Wolfgang von Koenen (Berlin). — Fr. Major Rudolphlne von Busse, geb; bon Witowski, verw. gew. Rittergutsbesitzer Methner uf Simmelwiß (Reife . Rittmeister a. D. Friedrich Ehrenreich von Muschwitz (Coburg) Pr. Oberst. Lieut. a. D. Oldwig von Natzmer
ran⸗
Kabale und
elena.
Scherze.
— Hierauf:
Bei halben
Anfang
Ausstattungs ⸗ Komödie mit Gesang Konzerte
Konzert · Haus. ,, , . Dienstag, den 18. skriptions · Ball. Hauses.
Schiffbauerdamm 4 a4. / 65.
Konzert der Violinvirtuosin unter güt 9 Mitwirkung der
Monsienr le Directeur). Martha Hornig
kten von Alexandre Bisson unde Deutsch von Ferdinand Groß.
Freitag: Gedächtnißfeier für Richard Wagner. ebruar: Fastnachts⸗Sub⸗ Karten à 3 S im Bureau des
Sing ⸗Akademie. Freitag, Anfang 8 Uhr:
Marie Burnitz, Pianistin Fräulein
Charlottenburg) — Verw. Fr. Hauptmann Ottilie Hentke, geb. Priebus (Breslau. — D. Major z. D. Hermann Rogalla von Bieberstein
— )
Karl. Mender - Kouzert. Sec deihgitz chm. dt. Hauptmann . D. Dane
eyer (Krotoschin).
Verantwortlicher Redakteur: Si emenr oth in Berlin. Verlag der Expedition (Scholz) in Berlin.
Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Ver lagk⸗ inet Berlin S., Wilhelmstraße Nr. X.
Sieben Beilagen leinschlleßlich Börsen⸗ Beilage).
Erste Beilage
zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.
Berlin, Donnerstag, den 13. Februar
M 39.
R ———
Deutscher Reichstag. 38. Sitzung vom 12. Februar, 1 Uhr.
Tagesordnung: Interpellation der Abgg. Freiherr von Heyl (nl. und Gen ossen: . Im Verfolg des Beschlusses des Reichstags vom 11. Mai
18865 sind dem Reichstag am 29. April 1887 die Ergebnisse der von den Bundegreglerungen angestellten Grmittelungen über die zohnverhältnisse der Arbeiterinnen der Waschefabritation und der gonfektions branche sowie über den Verkauf oder die Lieferung von Arbeitsmaterial (Nähfaden 2e) seitens der Arbeitgeber an die Irbeiterinnen und über die Höhe der dabei berechneten Preise zuge⸗ ungen. Nachdem sich die Lage dieser Arbeiterinnen seit jener Zeit . ungünstiger gestaltet hat, richten die Unterzeichneten die An⸗ frage an die verbündeten Regierungen, welche gesetzgeberischen Maß⸗ nahmen dieselben zum Schutz für Gesundheit und Sittlichkeit und gegen Ausbeutung dieser Arbeiterinnen durch das Trucksystem zu
ergreifen beabsichtigen?“
Abg. Freiherr von Heyl (al:. Wenn meine politischen Freunde ihre gn f err auf die Verhältnisse einer besonderen Kategorie . Haus industriellen lenken, so sind wir uns wohl bewußt, daß das hohe Haus in allen seinen Parteien einstimmig beschlossen hat, deß die Arbeiterschutzgesetze in einem gewissen Maße auf die Hausindu⸗ striellen ausgedehnt werden möchten. Wenn wir uns gestatten, heute uf den wundesten Punkt in der hausindustriellen Arbeit hinzuweisen, ö. beabfichtigen wir nicht, eine Einschränkung in der Fürsorge für die Fabrikarbeiter dadurch herbeizuführen. Wir sind bereit. die Verbesserung der Versicherungsgesetze zu untersti ten, auch die Ver⸗ scherung gegen Arbeitslosigkeit in absehbarer Zeit in Aussicht zu nehmen. Nachdem die Knappschaftsverbände der. Ausgangspunkt der Versicherung gewesen sind, müssen wir auf diesen Aus gangẽpunlt urückkommen für die weitere Organisation der Versicherungs⸗ derbände. Obligatorische Beruftvereine müßten für die In- dustrle in. Aussicht gengmmen werden, weil wir meinen, . der englische Weg sich nicht bewährt hat,. da dur die Entwickelung der Trade-unians sich die Arbeiterverhände so stark entwickelt haben, daß die Arbeitnehmer unterliegen müssen. Da die Versicherung in Deutschland gesetzlich geregelt ist, würden die Fnions in Deutschland schließlich nur Strikeverbände bilden. In Deutschland hat man Vieles für die Arbeiter gethan und manchen gefãhrlichen Weg vermieden. Nicht nur in Deutschland sondern darfiber hinaus wird die Thätigkeit des Beamtenthumßs bi der Vor⸗ berathung und Durchführung der Gesetze in hohem Maß, Anerkennung sinden. In der Schweiz, wo die Grütli⸗Vereine die Arbziterschutz. bestrebungen fördern, ist fast nichts geschehen durch das . der Ärbester geschaffene Arbeitersekretarigt, sondern alles ist gelei te durch die Beamten, namentlich durch den Fabrikinspektor Schuler. Wir hätten manchmal ein schnelleres Tempo gewünscht, namentlich deni lich der Handwerker; es wird sich fragen, ob das Reichsamt ö. Innern kraͤftig genug ist, um die Aufgaben zu lösen, die an dasselbe Ferantreten. In England hat man ein Arbeitsamt geschaffen; ein solches könnte auch bei uns errichtet werden, in welchem auch die Aufgaben der sozialen Gesetzgebung bearbeitet werden könnten. Die deutsche Industrie hat mit einer gewissen Freudigkeit die großen Lasten der soziaspolitischen Gesetze, wie sie in keinem anderen Staate Europas erlassen sind, auf sich genommen; sie wird auch bereit sein, weitere Lasten auf sich zu nehmen, wenn die anderen Staaten in entsprechender Veise unserem Beispiele gefolgt sind. In der deutschen Industrie war eine große Anzahl von Pionieren thätig, welche die Gesetze praktisch borgearbeitet haben. Die Engländer, welche Deutschland bereist haben, um die Eisenindustrie kennen zu lernen, haben erkannt, daß die Lzhne der deutschen Arbeiter höher sind als die der englischen; daß auch das Verhalten der Arbeitgeber ein ausgezeichnetes ist. In der Wäschebranche sind solche Pioniere nicht aufgetreten. das Swat ng. spflem dient nicht zum Vortheil der Arbeiter. Wir haben die An⸗ frage nicht aufgegriffen, wegen der jetzt auftretenden Bewegung unter den Arbeitern, fondern wir knüpfen an eine frühere Enquète an. Wir sind der Meinung, daß die Arbeiterinnen nicht siegen werden, weil sie im fiessten Elend leben. Der Strike richtet sich nicht gegen die Arbeitgeber, sondern gegen die Sweater, welche die Arbeiter ausbeuten; sie sind ein Krebsschaden des wirthschaftlichen Eebens., Diese Sweater sind nicht Sachverständige, sondern Leute aller Art: Droschken⸗ kutscher, Apotheker, Gärtner u. s. w., welche das Elend auszubeuten suchen. Es ist natürlich, daß die deutschen Frauen Sympathien haben mit dem Elend der Arbeiterinnen; dieses Mitleid wird allfeitig getheilt. Die Enguste, welche dem Reichstag vorgelegt wurde, bestätigt, daß das Elend in großem Maße vorhanden, ist. Die Arbeiterinnen verlangen Uhren vollen Lohn, sie perlangen Betriebe werkstätten bei den Arbeitgebern, wöchentlich zahlbaren Lohn und eine schnellere Abfertigung. Diese Forderungen haben eine volle Berechtigung. Das Fabrikmädchen steht unter dem Arbeiterschutz⸗ gesetz, genießt die Wohlfahrtzeinrichtungen, an die bei den Näherinnen ar nicht zu denken ist. Die Näherinnen müssen Werkstätte und Ir l nl bosten Garn, Knöpfe ꝛc. selbst bezahlen, und der Sweater nimmt noch einen Antheil an dem Lohn der Näherinnen an sich. Aus den Berichten der Fabrikinspektoren geht hervor, daß die Arbeiter⸗ schutzgesetze und Versicherungsgesetze e fen e Arbeitgeber veranlaßt haben, ihre Arbeiterinnen in die Hausindustrie zu drängen, sodaß die Schußgesetze für diese Arbeiterinnen zum Verderben geworden sind. Die Laften, welche den Näherinnen aufgebürdet werden für Miethe, Be⸗ seuchtung, Arbeitsgeräth u. f. w. beziffern sich auf z6 o des kärg. sichen Löhnes. Alle gesundheitlichen Vorschriften fehlen hier; das
amilienleben wird gestört, die Wohnung wird beeinträchti t, sodaß ch die Schwindfucht in diesen Familien entwickelt. Die Industrie arbeitet immer auf Lager; der Konfektionär läßt saisonmäßig im Galopp arbeiten. Das Modegeschäft und die Konfektion erfordert eine gewiffe Intelligenz; die franzöfische Mode muß für die anderen Länder umgewandelt werden, und der Deutsche hat die besondere Aufgabe, diefe Umwandlung borjunehmen. Ich will zugeben, daß die Lage diefer Industrie eine fcwierigere geworden ist, wei! die Meist⸗⸗ begünstigungsländer ihre . fo wesentlich erhöht haben, daß der Export zurückgeht, nach Argentinien z. B. um 91 *g nach den Vereinigten , sind 1891 für 12 Millionen, 1894 nur für 2 Millionen Mark Konfektionswagren exportiert worden. Aber trotz dieser Verschlechterung der Lage kann man doch annehmen bei der Ausstattung der Geschäfte und bei der f, Reklame, daß die Lage noch immerhin so sst, daß die Unternehmer selbst das . empfinden müssen, diesem Sweaterthum entgegenzutreten. Der Kampf gegen das Swentingföstem ist in allen Kulturstaaten aufgenommen; es soll überall ausgerottet werden. In England hat die Gesetzgebung sich dieser Aufgabe gewidmet; die Fürsorge der Aufsicht wird auf die Haus- industrie ausgedehnt. Von sachverständiger Seite wird mir versichert, daß eine wirkfame Ginschränkung des Sweaterthums herbeigeführt ist.
le Interpellanten haben einen Antrag, von meiner gesammten Fraktion unterstützt, eingebracht, welcher die verbündeten Regierungen frsucht, ihre . auf, die jugendlichen und weiblichen Ar eiter auszudehnen z auch die sanitären Einrichtungen des ö 120 a und die re g ig follen auf die Haugindustrie ausgedehnt werden, und für diese Arbeiter soll eine Fabrikinspektion mit weiblichen
ehilfen . eingerichtet werden. Ich bedauere, daß der preußische
ndels. Minister ein Gegner der weißlichen Inspektoren ist. ir
ben in Heffen die Anstellung solcher weiblichen Inspektoren be⸗
schlossen. Die Zaghaftigkeit gegen eine solche Maßregel ist nicht recht erklärlich nach den Erfahrungen, die man in England gemacht hat; auch die Schweiz ist mit einem solchen Gesetz vorgegangen für die Ladnerinnen und Kellnerinnen, für deren Interessen wir auch noch thätig sein müssen. Für die weiblichen Arbeiter der Tabacksindustrie hat die Reichsgesetzgebung das Sweaterthum ausdrücklich verboten. In der w n e fen wird nach der Enquste von den Direktricen Garn, Nadeln, Oel u. s. w. verkauft mit einem Aufschlage von 10—129½; das Garn, welches die Arbeiterinnen liefern müssen, macht 10 6 9 des Lohns aus. In Berlin wurden gezahlt für einen Herrenüberzieher 125 — 2,00 M Am schlimmsten sind die Berliner Mäntelnäherinnen daran; sie verdienen 4— h, bei besserer Leistungs⸗ fähigkeit 8 9 M wöchentlich; aber sie sind — 8 Monate unbeschäftigt. Bei der Knabenkonfektion werden für drei Anzüge nur 50 — 50 3 bezahlt. Wenn die Arbeiterinnen dennoch einigermaßen verdienen, so ist das die gong davon, daß sie Lehrmädchen unentgeltlich beschäftigen. Gegen solche Mißstände muß energisch vorgegangen werden. Sollten die Sozialdemokraten behaupten, daß zu dieser Reform Umwälzungen der Gesellschaftsordnung nöthig sind, so möchte ich darauf hinweisen. daß in den soxzialistischen Betrleben sich dieselben Mißstände gezeigt haben. Die Mehrheit des Kongresses bezeichnete diese Mißstände als Bestandtheile der jetzigen Gesellschaftserdnung. Wenn man einen solchen Zukunftsstaat schaffen will, dann müßten die Sozialdemokraten auf, diesem Gebiet der bürgerlichen Gesellschaft mit einem besseren Beispiel vorangehen. In Bern ist man auf einem Sozialistenkongreß zu der Meinung gekommen, daß die Verstaatlichung der Produktions mittel undurchführbar sei. Meine politischen Freunde gestatten sich an die verbündeten Regierungen die Anfrage, ob sie geneigt sind, die Gesetzgebung in der Richtung, welche wir hier angedeutet haben, zu ordnen. Sollte die Frage mit einem Ja beantwortet werden, so kann ich erklären, daß wir die verbündeten Regierungen eifrigst unterstützen werden.
Staatssekretär des Innern, Staats⸗Minister Dr. von Boetticher:
Meine Herren! Der Herr Interpellant hat seiner Begründung einen sehr viel weiteren Rahmen gegeben, als wie es durch den In— halt der Interpellation geboten ist. Ich glaube aber nicht, daß er von mir erwartet, daß ich auf alle die Einzelheiten, die er vorgebracht hat, eingehe, und daß ich namentlich diejenigen Punkte, die er außerhalb des eigentlichen Themas der Interpellation besprochen hat, auch meinerseits einer Erörterung unterziehe. Ich werde mich vielmehr in dem Rahmen der Interpellation halten. Eins aber kann ich mir jedoch nicht versagen, besonders zu betonen, weil es auf mich einen angenehmen Eindruck gemacht hat, das ist das, daß der Herr Interpellant die Thätigkeit unseres Beamtenthums in Gesetzgebung und Verwaltung auf dem Gebiet des Arbeiterschutzes dankbar aner— kannt und dabei auch insbesondere dem Reichsamt des Innern diese Anerkennung nicht vorenthalten hat. Wenn er dabei darauf hinge⸗ wiesen hat, daß es vielleicht den Vorzug verdiene, neben dem Reichs⸗ amt des Innern noch ein besonderes Arbeitsamt, wie ein solches in England besteht, zu errichten (Zuruf links), — im Reichs amt des Innern? Der Wunsch ist ja viel bescheidener, er ist sogar bereits erfüllt, denn die 2. Abtheilung des Reichsamts des Innern ist als ein Arbeitsamt anzusehen.
Wenn ich nun zum Gegenstand der Interpellation komme, meine Herren, so stehe ich ganz und voll auf dem Boden, auf den sich der Herr Interpellant gestellt hat; ich halte dafür, daß er den Finger in eine der schlimmsten Wunden unseres wirthschaftlichen Lebens gelegt hat (Bravo! und sehr richtig! links und rechts), und ich halte ferner dafür, daß es nicht allein Aufgabe der Regierungen und der Volks⸗ vertretungen, sondern vielmehr aller Vaterlandsfreunde ist, dahin zu streben, daß der Krebsschaden, der auf diesem Gebiet besteht, aus der Welt geschafft wird. (Sehr richtig! links und rechts) Und, meine Herren, in dieser Beziehung sind auch die verbündeten Regierungen nicht unthätig gewesen. Wenn ich auch auf die Frage des Herrn Interpellanten nicht sagen kann, daß die verbündeten Regierungen auf diesem Gebiet bereits eine bestimmte Absicht, die sich gesetzgeberisch schon konzentriert hätte, verfolgen, oder eine solche Absicht ausge⸗ sprochen haben, so mache ich ihn doch einmal darauf aufmerksam, daß schon der bisherige Gang der Gesetzgebung erkennen läßt, daß man seit der dem Hause im Jahre 1887 vorgelegten Enquéte nicht abgelassen hat, auf eine Verbesserung der Zustände hinzuwirken. (Widerspruch bei den Sozialdemokraten Der Herr Vorredner selbst hat dies anerkannt. Ich mache ihn aber auch darauf aufmerksam, daß es sich bei jener Enquéte in der Hauptsache darum handelte, das Trucksystem zu beseitigen, unter dem die Arbeiterinnen in der Konfektions. und Wäschebranche zu leiden hatten. Die Frucht der Erwägungen, die damals auf Grund der Erhebungen angestellt worden sind, ist die veränderte Fassung des FS 115 der Gewerbeordnungẽnovelle vom Jahre 18991 gewesen. Was die Regelung der Arbeitszeit für die Arbeiterinnen anlangt, so hat der 5137 der Novelle eine Vorsorge getroffen, die freilich auf dem uns jetzt beschäftigenden Gebiet nicht sehr fruchtbar geworden ist (sehr richtig), weil auf diesem Gebiet für den größeren Theil der hier in Frage kommenden Betriebe die Bestimmung des 5§ 137 noch nicht anwendbar ist.
Weiter ist in den S5 1202 fg. eine Erweiterung der Verpflich⸗ tungen der Arbeitgeber zum Schutze der Arbeiter gegen Gefahren für Leben, Gesundheit und Sittlichkeit vorgesehen, aber dieser Para · graph stößt leider bezüglich seiner Anwendung auf gewisse Schwierig⸗ keiten, die gerade in der Entwickelung der Arbeits verhältnisse auf dem Gebiet der Konfektions⸗ und Waschebranche bestehen. Endlich ist S 154 zu erwähnen, der die Befugniß vorsieht, die Bestimmungen der §S§ 135 —139 b über den Bezirk der eigentlichen Fabrik hinaus auf die Werkstätten auszudehnen.
Die Entwickelung der Arbeitsverhältnisse in der Konfektions⸗ und Wäschebranche hat der Herr Vorredner in der dauptsache richtig geschildert. Wir haben es hier bezüglich der Thätigteit der Ar⸗ beiterinnen mit drei verschiedenen Formen des Geschäftsbetriebes zu thun. Wir haben Geschäfte, in denen die Arbeiterinnen in Fabriken beschäftigt werden. Wo solche Fabriken bestehen, genleßen die Arbeiterinnen den Schutz der eben eiwähnten Bestimmungen, auch rücksichtlich der Arbeitszeit, der Beschaffenheit der Arbeit rãume, und auch rücksichtlich der Lohnverhäͤltnisse sind sie verhältnißmäßig
am günstigsten gestellt. Die zweite Form, in der die Beschäftigung
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der Arbeiterinnen in den bezeichneten Branchen vor sich geht, ist die der Beschäftigung in Werkstätten — diese Werkstätten, die in der Regel von den Zwischenmeistern geleitet werden, die zwischen dem
eigentlichen Arbeitgeber und der Arbeiterin stehen. Diese Form der Thätigkeit hat nur zu häufig alle die Uebelstände im Gefolge, die der Herr Vorredner hervorgehoben hat: Druck auf die Arbeiterinnen, auf Löhne und Arbeitszeit, und mangelnden Schutz der Gesetzgebung da, wo ihn die Fabrikarbeiterin bereits genießt.
Daß ist aber noch nicht die schlimmste Form der Thätigkeit. Die Form der Thätigkeit, welche die meisten Bedenken gegen sich hat, ist vielmehr die, wenn die Arbeit sich darstellt als reine Heimarbeit, wo sie gleichzeitig durch den Zwischenmeister vermittelt wird, und wo die Thätigkeit der Arbeiterinnen und die Bedingungen, unter denen sie beschäftigt sind, sich der Konrole entzieht.
Eine große Schwierigkeit, namentlich auch bezüglich einer besseren Gestaltung der häufig so überaus traurigen Lohnverhältnisse, besteht nun aber darin, daß gerade in dieser Branche ein außerordentlicher Andrang von Arbeitskräften hervortritt, und jwar insbesondere auch von ssolchen Arbeitskräften, welche lediglich zum Zweck eines Neben. erwerbs in die Thätigkeit dieser Branchen treten.
Meine Herren, in den großen Städten, vorab in Berlin, zählen die weiblichen Personen, die als Frauen oder Töchter von kleinen Beamten, von Handwerkern, von kleinen Kaufleuten u. s. w. in der Konfektions⸗ und Wäschebranche beschäftigt werden, nach Tau⸗ senden. (Sehr richtig! und hört, hört! bei den Sozialdemokraten.) Und, meine Herren, die Neigung, solche Beschäftigung zu übernehmen, geht weit hinaus über die Kreise, die ich soeben bezeichnet habe, sie geht auch in die höheren Schichten der Gesellschaft hinein (sehr richtig! bei den Sozialdemokraten), indem auch hier und da ein, wenn auch nur geringer Nebenerwerb willkommen ist, und da ist es außerordentlich schwer, gegenüber diesem Andrängen, gegen⸗ über dieser Konkurrenz so Vieler, welche nicht ausschließlich auf den Verdienst angewiesen sind, denen er vielmehr nur ein Zuschuß zu sonstigen Einnahmen, zur Verbesserung der Lebenshaltung sein soll, ein einigermaßen menschenwürdiges Preisniveau zu halten.
Aber, meine Herren, so groß die Schwierigkeiten sein mögen, sie müssen überwunden werden, und ich freue mich, sowohl berichten zu können, daß die Verwaltung gegenüber der jetzigen Bewegung, namentlich in Preußen unter der Leitung des Herrn Handels -⸗Minifiers, mit Eifer bestrebt ist, bessere Verhältnisse herbeizuführen, als auch, daß die Reichsverwaltung beschlossen hat, die Sache in Angriff zu nehmen und zunächst die Kommission für Arbeiterstatistik mit einer Unter⸗ suchung und Erwägung über die Mißstände und über die Mittel zur Abhilfe zu beauftragen, und zwar wird dieser Auftrag vorab zur Erledigung kommen, vor der Erledigung der Aufgaben, die sonst noch der Kommission ertheilt sind.
In welcher Weise ich mir etwa denke, daß die Kommission für Arbeiterstatistik die Sache in Angriff nehmen soll, werde ich mir er—⸗ lauben, den Herren vorzutragen. Der erste Punkt, auf den das Augen⸗ merk gerichtet werden muß, wird sich auf die Frage des Trucksystems beziehen. Wenn auch der § 115 in dieser Beziehung schon wesentlich günstig gewirkt hat, so übersehen wir doch nicht, ob die Wirkung eine vollständige ist, und ob nicht auf dem Gebiet der Ueberlassung und Anrechnung von Arbeitsmaterial (Zuruf bei den Sozialdemokraten) — wir kommen ja immer erst später zur Erkenntniß, wie Sie (sehr gut! — Heiterkeit) — ob nicht auf diesem Gebiet noch andere Be stimmungen zu erlassen sein möchten, die einen noch wirksameren Schutz gewähren, als es der 5 115 thut.
Ein zweiter Punkt wird die Frage sein, ob die Klagen über die Ausbeutung des Abhängigkeitsverhältnisses der Arbeiterinnen zu unsittlichen Zwecken begründet sind. Das ist ein recht bedenklicher Punkt. (Sehr wahr! rechts) Die Enquste von 1887 gab über diesen Punkt keinen vollständigen Aufschluß, obwohl sich aus derselben bereits Andeutungen entnehmen lassen, daß die Dinge nicht überall in Ordnung sind, und daß thatsächlich das Abhängigkeitsverhältniß, in dem die Arbeiterinnen zu ihren Auftraggebern stehen, hier und da zu nicht sauberen Zwecken ausgebeutet worden ist. (Hört, hört! bei den Sozialdemokraten.) Hierüber wird man versuchen müssen, größere Flarheit zu schaffen, und es muß dann an der Hand des Ergebnisses untersucht werden, ob nicht auch dagegen ein wirksamer Schutz gefunden werden kann. Ich komme auf diese Frage nachher noch zurück.
Dann kommt als dritter Punkt die Frage nach der Arbeitszeit in den Werkstätten und bei den Heimarbeitern. In dieser Beziehung giebt zwar schon die Enquste von 1887 einige Aufschlüsse, es wird aber zweckmäßig sein, diese Aufschlüsse zu einem vollständigeren Bild zu gestalten.
Eine sehr wichtige Frage, die, wenn sie bejaht werden könnte, die Zustände radikal verbessern würde, ist die Frage, ob die bisherige Produktionsweise auf dem Gebiet der Konfektionsbranche geändert werden kann, ob es etwa möglich wäre, die Thätigkeit der Haus⸗ industrie auf diesem Gebiet völlig auszuschließen und die Vor⸗ nahme der Arbeiten ausschließlich in Werkstätten vorzusehen. Ich halte es vorläufig nicht wohl für möglich; ich glaube kaum, daß man so weit wird gehen können, aber jedenfalls muß die Frage eingehend erörtert werden, und wenn man nicht so weit gehen kann, wird es geboten sein, darüber nachzudenken, ob nicht andere Mittel und Wege gefunden werden können, die Uebelstände zu beseitigen, die in der Beschäftigung der Arbeiter in dieser Branche zu Tage getreten sind. In dieser Hinsicht wäre u. a. zu prüfen, ob man nicht eine gesetzliche Ermächtigung für den Bundesrath vorsehen soll, wonach der Abschluß der Arbeitsverträge für gewisse Industrie;weige, und zu solchen Industriezweigen würde ich die Konfektionsbranche vorzugt weise rechnen, schriftlich erfolgen muß: eine Vorschrift, die, wenn sie er⸗ lassen wird, den Arbeitgeber verpflichtet, ganz genau das Maß der ge⸗ forderten Arbeitsleistung und das Maß des Entgelts schriftlich zu fixieren und namentlich, was für die in Frage kommende Branche außer- ordentlich wichtig ist, auch zu fixieren, zu welchen Preisen die Materialien, die dem Arbeiter übergeben werden, ihm anzurechnen sind. Eine zweite gesetzliche Vorschrift, die zu prüfen wäre, betrifft den Schutz gegen