ea ,
*
jahre von der vom Staate veranlagten Grund ⸗ und Gewerbesteuer 4800 und 985 ½ Gemeindeeinkommensteuer (gegen 96 0 im laufenden Etatssahre) erhoben werden.
Ueber den in Nr. 37 d. Bl. telegraphisch gemeldeten Meteor⸗ fall in Madrid wird der „Frankfurter Ztg. von dort unter dem 10. Februar geschrieben: Heute Vormittag, genau um 94 Uhr, bei prachtvollem sonnigen Wetter, entstand hier am Himmelsgewölbe ein bläulicher Glanz von solcher Stärke, daß selbst das Sonnenlicht davon überstrahlt und viele Menschen auf der Straße geblendet wurden. Anderthalb Minuten darguf wurde ein donnerndes Krachen, als würden tausend schwere Kanonen zu . Zeit abgefeuert, ver⸗ nommen, sodann folgte eine ganze Reihe von immer schwächer werdenden Explosionen, die Erde erbebte in ihren Grundfesten, viele Gebäude bekamen Risse, Möbel wurden umgestürzt, Millionen von Fensterscheiben zersprangen klirrend. Eine furchtbare Panik bemächtigte sich der Ginwohneischaft Madrids. Im ersten Augenblick hörte man allenthalben Jammern und Angstgeschrei „Terremoto! terremoto!“ (Erdbeben) klang es hier, dinamita! dinamita!“ klang es dort; viele wieder glaubten, die Revolution sei ausgebrochen und irgend ein roßes Gebäude sei vermittels einer ungeheueren Menge von Spreng⸗ toff in die Luft gesprengt worden. Menschenhand hatte jedoch mit der Erschütterung nichts zu schaffen; es war einfach ein riesiger Meteorstein über der Stadt geplatzt. — Die Madrider Stern⸗ warte hat die Erscheinung ziemlich genau beobachtet. Genanntes
Institut verzeichnet, daß um die oben angegebene Stunde am sonst
wolkenlosen Himmel von Südwesten her ein langer, schmaler Rauch— streifen herangezogen kam und sich in ostnordöstlicher Richtung be—⸗ wegte. Der Rauchstreifen, der ungefähr die . einer gestreckten Ellipse besaß, war an den Rändern blendend weiß, zeigte n, in seinem Mittelpunkt eine dunklere, röthliche Fär⸗ ung. Als die Wolke beinahe am Zenith stand, er— folgte die Explosion derselben, und ein Steinregen fiel über Madrid und Umgegend. Nimmt man als Grundlage die Zeit (18 Minute), die zwischen dem Aufstrahlen und der Detonation ver⸗ lief, so kann man berechnen, daß die Explosion in einer Höhe von etwa 30 km stattfand. Die Hauptmasse unseres Meteorits wurde in Staub und Gas verwandelt und von den obersten Luftströmungen ostwärts getrieben. Erst vier Stunden nach Eintreten des Phä⸗ nomens sah man am ostnordöstlichen Horizont die Wolke ent⸗ schwinden. Was den Umfang des in Frage stehenden Himmelskörpers anbelangt, so ist es, ehe genauere Daten eintreffen, sehr schwierig, sich darüber ein Urtheil zu bilden. Vorläufig ist die Beobachtung zu vermerken, daß infolge der Auflösung des Meteorits in Gas ein Druck auf die umgebenden Luftschichten ausgeübt wurde, der die Quecksilbersäule des Barometers um 1 mm. und sechs Zehntel mit einem Ruck in die Höhe trieb. Firn sank die Säule um 7 Zehntel unter ihr früheres Niveau, sodaß die Schwankungen im Ganzen 2mm und 3 Zehntel umfaßten. — Der nach der Explosion des Meteorits er⸗ folgte Steinregen scheint in der Gemarkung der nahen Ortschaft Vicäloaro, sodann in Vallecas und um den hiesigen Hippodrom am dichtesten gefallen zu sein. Die Herren Cos und Aguilar, Ange⸗ stellte der Sternwarte, lasen am Kilometer 6 der Straße, die nach Castellon führt, ein kleines Bruchstück des Meteorits auf, das an—
roßen Orange hat und etwa 500 5 wiegt. Es ist eine ö harte, schlackige , . Der Besißer des Gartens hat
errn Cänovas del Castillo den Himmelsstein verehrt. Ein Herr
amens Soravilla spazierte, ein Zeitungs blatt lesend, auf der Castellana. Da schwirrte vom Himmel, dicht vor ihm eine feurige Kugel herab, durchlöcherte, Brandspuren zurücklassend, das Blatt, rollie etwa 40 m über den Boden dahin und blieb dann ruhig liegen. Herr Soravilla nahm den Stein, nach Erkalten desselben, an sich, und trug ihn sammt dem durchbohrten Blatt in die Redaktion des „ Imparclal“. Der Stein wiegt ca. 150 g, gleicht einem Stück Schwefeleisen und ist von sehr unregelmäßiger Form. . dürften noch weitere Bruchtheile des Meteorits auftauchen. — Die Auf zählung der Unglücks fälle, die sich infolge der Erscheinung in Madrid ereignet haben. würde ganze Spalten füllen. Die Wirkung, die das un ⸗ gehcure Aufleuchten, das Getöse und die Erschütterung auf die Be⸗ völkerung im allgemeinen ausübte, war eine unbeschreibliche. Viele, die auf Plätzen und Straßen sich befanden, flüchteten sich in die nächsten Läden und Hauseingänge. Die Leute dagegen, die sich inner⸗ halb der i und zum theil noch im Bett befanden, glaubten an ein Erdbeben und stürzten in wilder Flucht auf die Straße. Es entwickelte sich dabei manch absonderliches Straßenbild. In der Calle Goya wurde ein kleiner Knabe, den seine Mutter zur Schule führte, vollständig geblendet. In der Calle Mayor sprang eine Dame aus einem Tramwagen und brach ein Bein. In der Ronda de Valencia stürzte ein vom Schreck wahnsinnig ge— wordener Greis vom zweiten Stockwerk auf die Straße, fiel aber in das Gezweig eines Baums und erlitt keinen Schaden. In der Calle Carretas sprang ebenfalls ein junger Mann vom ersten Stock zum Fenster hinaus, fiel auf eine Straßenlaterne, die in tausend Stücke brach, kam aber wunderbarer Weise ohne ö davon. In Kirchen, Schulen und anderen Lokalen wo Menschenansamm⸗ lungen waren, entstand eine unsägliche Verwirrung: Lehrer und Schulkinder, Professoren und Studenten, Priester und Gläubige suchten in aller Eile das Freie zu gewinnen. Dabei gab es un— zähliche Quetschungen, Verrenkungen, Rippenbrüche und dergleichen. Aus den Spitälern rannten die Insassen wie toll auf die Straßen, und ö. aller Vorstellungen der Wärter wollten sie die Gebäude nicht mehr betreten. In dem Weibergefängniß kam es zu einem wirklichen Aufruhr. Wären die Thore dort nicht eiligst verrammelt worden, so wären die Gefangenen, vor Angst außer sich gerathen, alle⸗ sammt entflohen. Wenigstens 5000 Personen wurden in Madrid in folge des Phänomens mehr oder weniger schwer verletzt. Besonders tragisch gestalteten sich die Dinge in der Tabackfabrik, wo bis 6000 Arbeiterinnen beschäftigt siud. Als die Exvlosion erfolgte, bemächtigte sich der Frauen ein wahnsinniger Schreck; alle stürzten nach den Ausgängen. Das Gedränge auf der Treppe im zweiten Stockwerk war so groß, daß das Geländer brach und die Arbeiterinnen in Knäueln auf den Fußboden des ersten Stocks hinab⸗ stürzten. Bein und Armbrüche und andere Verletzungen waren die Folge davon. Todesfälle sollen, soweit bislang bekannt, nicht vor⸗ gekommen sein. — Nicht allein in Madrid, sondern auf der ganzen iberischen Halbinsel scheinen heute Meteoriten gefallen zu sein. Aus Valencia, Logroßo, Toledo, Burgos und anderen Städten treffen Telegramme ein, wonach ähnliche Erscheinungen, wie
graphie mit unsichtbaren Strahlen“, und am Donnerttag w Br. Benedict Friedlaender noch einmal seinen Vortrag k u Vulkane“ halten. halide
Im Zirkus Renz geht morgen Nachmittag und am M Abend dag Paradestück Erinnerungen an 1870/71 * wieder in ‚. Morgen Abend nimmt das „Künstlerfest“ den zweiten Theil dez aus.
erlesenen Programms ein. Potsdam, 15. Februar.
In der gestrigen Stadt v erorb.
neten Sitzung gelangte das nachfolgende Allerhöchste Dant schreib en zur Verlesung: . .
Zu Meinem Geburtstage haben Mich der Magistrat und R Stadtverordneten durch, treue Segenswünsche und das Gelsbnizß . freut, daß die Bürgerschaft Meiner Residenzstadt Potsdam jeder et bestrebt sein wird, an ihrem Theil mitzuarbeiten an den auf eine ge deihliche Weiterentwickelung unseres theuren Vaterlandes gerichtelen Werken des Friedens in unerschütterlicher Treue gegen Gott und den König. Ich spreche dem Magistrat und den Stadtverordneten hierfür Meinen wärmsten Dank aus und benutze gern die Gelegenheit, die Stadt Potsdam Meines unveränderten landesväterlichen Wohlwollen;
zu versichern.
Berlin, den 3. Februar 1896.
Bremen,
telegraphiert: Am 14. strandeten deutschen
Wilhelm R.“
14. Februar. Die Rettungsstation Prerow ebruar von der auf dem Varserorter Riff ge. aliot „Heinrich? Kapitän H. Kühl und
vier Personen durch das Rettungsboot ‚Graf Behr Negendank'
gerettet.
Queenstown (Irland), 14. Februar.
Das Kanonenboot
Jas on“ ist heute Abend nahe bei der Einfahrt in die Docks auf⸗ gefahren; das Schiff sitzt fest.
nen,
14. Februar. Nach einer Depesche vom Congo ist
am 6. d. M eine Schaluppe des Dampfers „ Espörance“
gegenüber von Boma gesunken.
Drei Agenten des Congostaatz
kamen dabei ums Leben.
Christiania, 14. Februar. Der schwedisch⸗norwegische Gesandte
in St. Petersburg von Reuterskiöld hat telegraphis Von sachkundiger Seite sei ihm mitgetheilt worden, die
meldet:
hierher ge⸗
ausgedehnten Handelsverbindungen des Großkaufmanns Kouchnarew machten es wahrscheinlich, daß die Nachricht über Nansen durch
Agenten Kouchnarew's geschehen
ö Die russische
kunft über Nansen zu
weiterbefördert worden sei, was eben konnte, als durch eigene Boten Nansen'z, Regierung sei angelegentlich bemüht, Aut erlangen, und habe dem Gouverneur von
Jakutsk dahingehende Anweisungen ertheilt. — Auch hiesige Autoritäten auf geographischem Gebiet halten die Depesche aus Irkutsk über Nansen für nicht unwahrscheinlich, da Kolymsk voraussichtlich seine erste Station in Sibirien sein dürfte, wenn Nansen wirklich auf dem
Heimwege ist.
Cork, Queens⸗
immel herunterzischte.
ö. zahlreicher Personen im Augenblick der Detonation vom
der Stirne leicht verwundet.
Don Pedro Esteban, der Apotheker von zallecas, wurde von einem herabsausenden erbsengroßen Steine an In den Garten eines beim Hippodrom liegenden Landguts fiel ein Bruchstück, das den Umfang einer mittel
die heute hier vorgekommenen, beobachtet worden sind.
In der Urania wird morgen, am Freitag und Sonnabend der dekorative Ausstattungsvortrag Das Antlitz der Erde“ gegeben, am Montag, Dienstag und Mittwoch spricht Herr Spies über „Photo—
(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten
Beilage.)
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Wetterbericht vom 15. Februar,
t 8 Uhr Morgens.
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480 R.
eeressp.
red. in Millim peratur
Wind. Wetter.
Stationen.
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bedeckt bedeckt 3 wolkenlos 3 wolkig wolkenlos wolkenlos wolkig bedeckt
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wolkig bedeckt Nebel bedeckt wolkig!) halb bed. bedeckt?) heiter halb bed. Regen?) bedeckt bedeckt
mburg .. winemünde Neufahrwasser
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6 . 3 NNO ünster ... SW Karlsruhe .. NO Wiesbaden. NW München. NO Schnee ) Chemnitz .. NW Schnee Berlin . ... O 2 melkig?) . N 1 Schnee Breslau ... MIN W 1 wolkenlos
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Ile diMlix .. NO 5 bedeckt . ONO z bedeckt
i) Gestern und Nachts Regen und Schnee. 9 Nachts Schnee. ) Nachts Schnee. ) Nachts Schnee. 5) Nachts Schnee.
Nebersicht der Witterung.
Ein Hochdruckgebiet, über Irland und der Gegend des Skagerrak 775 mm übersteigend, überdeckt ganz West⸗Europa, während die Depression im Osten
ch verflacht hat. Eine flache Depression von etwa
68 im liegt über dem nordwestlichen Deutschland, in ihrem Bereich trübe Witterung mit Regen und Schneefällen bedingend. Nur an der westdeutschen Küste ist das Wetter vorwiegend heiter. Die Tem peratur ist in Deutschland weiter herabgegangen und liegt jetzt unter dem Mittelwerthe, in Breslau um 5, in Memel um 8 Grad; allenthalben, außer an der westdeutschen Grenze, herrscht in Deutsch⸗ land Frostwetter; auch im Innern Frankreichs liegen die Morgentemperaturen etwas unter dem Gefrier⸗
punkt. Deutsche Seewarte.
Theater.
Königliche Schauspiele. Sonntag: Opern— haus. 41. Vorstellung. Mara. Oper in 1 Akt von Ferdinand Hummel. Text von Axel Delmar. In Scene gesetzt vom Ober-⸗Regisseur Tetzlaff. Dirigent: Kapellmeister Dr. Muck. — Bajazzi. Oper in 2 Akten und einem Prolog. Mussk und Dichtung von R. Leoncavallo, deutsch von Ludwig . In Scene gesetzt vom Ober ⸗Regisseur
etzlaff. Dirigent: Kapellmeister Sucher. — Phan
tasien im Bremer Rathskeller. Phantastisches Tanzbild, frei nach Wilhelm Hauff, von Emil Graeb. Musik von Adolf Steinmann. Dirigent: Musikdirektor Steinmann. Anfang 7 Uhr.
Schauspielhaus. 47. Vorstellung. Die kranke Zeit. Lustspiel in 4 Aufzügen von Richard Skowronnek. In Seene gesetzt vom Ober⸗Regisseur MaxJIGrube. Anfang 77 Ubr.
Sonntag, Nachmittags 35 Uhr: In Kroll's Theater: Der Trompeter von Säkkingen. Oper in 4 Akten nebst einem Vorspiel von Victor E. Neßler. Text mit autorisierter theilweiser Benutzung der Idee und einiger Original⸗Lieder aus J. Victor von Scheffel's Dichtung von Rudolf Bunge. Ballet von Charles Guillemin. Dirigent: Musikdirektor Wegener. — Abends 75 Uhr: Uriel Acosta. Trauerspiel in 5 Aufzügen von Karl Gutzkow.
Montag: Opernbauß. 42. Vorstellung. Die Meistersinger von Nürnberg. Große Oper in 3 Akten von Richard Wagner. Anfang 61 Uhr.
Schauspielhaus. 48 Vorstellung. Die Quitzows.
Vaterländisches Drama in 4 Aufzügen von Ernst k Regie: Herr Plaschke. Anfang f r.
Opernhaus. Dienstag: Der Barbier von Sevilla. Phantasien im Bremer Rathekeller. Mittwoch: Cavalleria rusticana. Bajazzi. Donnerstag: Mignon. Freitag: Fidelio. Sonn⸗ abend: Der Evangelimann. Phantasien im Bremer Rathskeller. Sonntag: Ivanhoe. (Kroll's Theater.) Nachmittags 35 Uhr: Zar und Zimmermann.
Schauspielbaus. Dienstag: König Richard II. Mittwoch: Cin Sommernachtstraum. Donners⸗ tag: Die kranke Zeit. Freitag: Wallenstein' s Lager. Die Piecolomini. Sonnabend: Wallen⸗ stein'? Tod. Sonntag: Die kranke Zeit. (Kroll's Theater). Abends 76 Uhr: Vasantasena.
Nentsches Theater. Sonntag, Nachmittagt 21 Uhr: Die Jüdin von Toledo. — Abends 7 Uhr: Liebelei. — Vorher: Der zerbrochene
ug.
Montag: Die Weber.
Dienstag: Liebelei. — brochene Krug.
Vorher: Der zer⸗
Ferliner Theater. Sonntag, Nachmittags 24 Uhr: Der Pfarrer von Kirchfeld. — Abends 75 Ubr: König Heinrich.
Montag: Des Meeres und der Liebe Wellen.
Dienstag: König Heinrich.
Lessing Theater. Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Zu volksthümlichen Preisen: Heimath. — Abends 71 Uhr: Comtesse Guckerl.
Montag: Comtesse Guckerl.
Dienstag: Zweites Gastspiel von Hedwig Nie— mann. Madame Sans⸗Géne.
Residenz Theater. Direktion: Sigmund Lautenburg. Sonntag: Hotel zum Freihafen. ¶ L HGtel du Libre Echanke.) Schwank in 3 Atten von Georges Feydegu, übersetzt und bearbeitet von Benno Jacobson. Anfang 71 Uhr. h n und folgende Tage: Hotel zum Frei⸗ afen.
Friedrich Wilhelmltädtisches Thenter. Cbausseestraße 25 - 26.
Sonntag: Mit großartiger Ausstattung an Kostümen, Dekorationen und Reauisiten: Der Hungerleider. Ausstattungs⸗ Komödie mit Gesang und Ballet in 10 Bildern von Julius Keller und Louis Herrmann, mit theilweiser Benutzung einer Idee des Mark Twain. Musik von Louis Roth. In Scene gesetzt von Julius Fritzsche. Dirigent: Herr Kapellmeister Winns. Anfang 73 Uhr.
Montag: Der Hungerleider.
Neunes Theater. Schiffbauerdamm 442. / 6.
Sonntag: Gastspiel des Herrn Franz Tewele vom K. u. K. priv. Carl Theater in Wien. Der Herr Direktor (Honsienr le Directeur). Lustspiel in 3 Akten von Alexandre Bisson und Fabrice Carrs. Deutsch von Ferdinand Groß. In Scene gesetzt von Sigmund Lautenburg. — Vorher: Ein Zündhölzchen zwischen zwei Feuern. Schwank in 1 Aufzug nach dem Fran⸗ . des H. Honors von Georg Hiltl. Anfang
r
2 *
Sonntag, Nachmittags 25 Uhr: Zu halben Preisen: Kabale und Liebe.
Montag (21. Abonnements ⸗Vorstellung): Ter Herr Direktor. — Vorher: Ein Zündhölzchen zwischen zwei Fenern.
Dienstag: Der Herr Direktor. — Vorher: Ein Zündhölzchen zwischen zwei Feuern.
Theater Unter den Linden. Direktion: Inlius Fritzsche. Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Bei halben Preisen- Der Bettelstudent. Operette in 3 Akten von F. Zell und R. Gene. Musik von Carl Millöcker. — Abends 7 Uhr: Gastspiel der Fran Petterson⸗Norrie. Die schöune Helena. Komische Operette in 3 Akten von Meilhae und Dalévy, deutsch von J. Hopp. Musik von Jacques Offenbach. Dirigent: Herr Kapellmeister Feder⸗ mann. — Hierauf: Musikalische Scherze. Großes Ballabile, arrangiert vom Balletmeister
J. Reisinger.
Montag: Gastspiel der Frau Petterson⸗ Norrie. Die schöne Helena. — Hierauf: Musifalische Scherze.
Dienstag, den 18. Februar: Letzter Ball in dieser
Saison. Großer Fastnachts Maskenball.
Adolph Ernst . Theater. Sonntag: Char⸗ ley's Tante. Schwank in 3 Akten von Thomas Brandon. Repertoirestück des Globe ⸗Theaters in London. In Scene gesetzt von Adolph Ernst. — Vorher: Die Bajazzi. Parodistische Posse mit Gesang und Tanz in 1 Akt von Ed. Jacobson und r Jacobson. Musik von F. Roth. Anfang
3. Montag: Dieselbe Vorstellung.
Bentral - Theater. Alte Jakobstraße Nr. z0
Sonntag: Emil Thomas 4. G. Eine tolle Nacht. Große Ausstattungsposse mit Gesang und Tanz in 5 Bildern von Wilh. Mannstädt und Julius Freund. Musik von Julius Einödshofer. In Scene gesetzt vom Direktor Richard Schultz. Die Tanz⸗Arrangementt vom Balletmeister Gund⸗ lach. Anfang 74 Uhr.
Montag: Eine tolle Nacht.
Konzerte.
Konzert ⸗qJaus. Karl Meyder, stonzert Sonntag Anfang 6 Uhr. Montag Anfang 7 Uht. Symphonie⸗Konzert.
Dienstag, den 18. Februar: Fastnachts⸗Sub— skriptions⸗ Ball. Karten à 3 M im Bureau de Hauses.
Sing⸗Ahademie. Montag, Anfang 8 Uhr Lieder Abend von Elisab. Gerasch (Alt).
Philharmonie. Sonntag, Mittags 12 Uhr. Oeffentliche Hauptprobe zum VIII. Philharm. Konzert.
Montag, Anfang 73 Uhr: VIII. Philharmo⸗ nisches Konzert. Dir.: Arthur Nikisch. Sol. Erika Wedekind, K. Hof⸗Opernsäng.,, Freö, Lamond, Klaviervirt.
Saal Bechstein. Linkstraße 42. Sonntgg Anfang 77 Uhr: VII. Amalie Joachim. Schöne Magellone. Verbind. Text: Frl. IM, Joachim.
Montag, Anfang 8 Uhr: Humoristisch⸗drama⸗ tischer Fritz Neuter⸗Abend von Aug. Junler⸗ mann, Königlicher Hof⸗Schauspieler.
Zirkus Renz. Karlstrahe. Sonntag: Zwei Vorstellungen: Nachmittags 4 Uhr: Große Vorstellung mit humoristischen Entrées und Intermezzi. Auf vielseitiges Verlangen: 8 70/1. Ermäßigte Preise und 1 Kind unter 10 Jahren fte. Abends 71 Uhr: Außerordentliche Vorstellung, Großartiger Erfolg! Ein Künstlerfest. Auf daß Glänzendste insceniert vom Direktor Fr. Rem, Außerdem in beiden Vorstellungen: Auftreten von nur Künstler ⸗ Spezialitäten allerersten Ranges. Vor / führen und Reiten der bestdressierten Freiheitz, Spring und Schulpferde. ;
Montag: Aufführung des großen milltäͤrischern Ausstattungsstücks 1870/71.
Seit 5 Monaten befindet sich in Einstudierun⸗ und scenischer Vorbereitung: Lustige Blätter!
Familien⸗Nachrichten.
Verlobt: Frl. Else Scalla mit Hrn. Lieut. von Quednow ¶ Stettin). — Frl. Olga von Puttkamer mit Hrn. Lieut. von Koenigsegg (Bednarken).
Geboren: Ein Sohn: Hrn. Lieut. Adolf von Petersdorff (Stargardzi. Bomm. ). — Hrn. Amtk richter Lattmann (Freiburg a. E). Eine Tocht er: Hrn. Major Weisbrodt (Straßbutß
i. E.).
Gestorben: Fr. Geheime Finanz. Rath Margarethe Strutz, geb. Wünsche (Charlottenburg). 9. Gymnasial. Dberlehrer a. D. Georg Friedrich Ne ö (Breslau). — Verw. Fr. Cora von Slegroth geb. von Paczinski (Kreuzburg O.⸗S.).
m
Verantwortlicher Redakteur: Siemenroth in Berlin. Verlag der Expedition (Scholz) in Berlin.
Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagk⸗ Anstalt Berlin sw., Wilheimstraße Nr. 32.
Sieben Beilagen leinschließlich Börsen⸗Beilage).
Erste Beilage
zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preufischen Staats⸗Anzeiger.
Berlin, Sonnabend, den 15. Fehruar
1896.
M 41. — Deutscher Reichstag.
40. Sitzung vom 14. Februar, 1 Uhr. Die zweite Berathung des Reichshaushalts⸗Etats,
Lund zwar des Etats des Auswärtigen Amts, wird fort⸗
sehtze dem Titel „Gesandtschaften“, und zwar bei der gesandtschaft in Athen, spricht ;
Abg. Schmidt. Warburg (Zentr.) seine Freude darüber aus, naß bereits in der Budgetkommission die Ansprüche der griechischen Gläubiger zur Sprache gekommen seien, und fährt fort: Der Staatsz⸗ scretär hat sein energisches Eintreten zugesagt. Unter den ge— chadigten Personen befinden sich solche, welche das Mißleid voll⸗ kindig verdienen. Die identische Note Frankreich, Englands und Desterreichs hat keine Wirkung gehabt; Lie griechischen Gläubiger perden behandelt, wie man sonst die Gläubiger nicht behandelt. Hriechenland liefert Manches aus, aber Geld giebt es nicht her. Es werden jetzt neue Verhandlungen geführt, aber man wird wohl weiter zchts hören als faule Ausreden.
Staatssekretär des Auswärtigen Amts, Staats⸗-Minister Freiherr Marschall von Bieberstein:
Auf die Bemerkung des Herrn Vorredners bin ich sehr gern bereit, meine in der Budgetkommission gegebenen Erklärungen hier zu wieder holen, um denselben eine etwas größere Wirkung nach außen hin zu yerschaffen.
Die Grundsätze, von denen das Auswärtige Amt in derartigen Fragen ausgeht, sind von mir wiederholt hier dargelegt worden. Wir sberlassen zunächst den Gläubigern die Initiative, in Verhandlungen nit den betreffenden Regierungen einzutreten, und leihen ihnen, wie iedem, der sein Recht im Auslande sucht, thatkräftige Unterstützung. Der Nachdruck, mit dem dies zu geschehen hat, wird um so größer sein missen, je stärker die Rechtsverletzung war und je intensiver der miterlellen Schade ist, der dadurch deutschen Staatsangehörigen zugefügt maden ist, und ich nehme keinen Anstand, zu erklären, daß nn diesem Gesichtspunkt aus allerdings die deutschen Gläubiger Griechenlands einen wohl begründeten Anspruch haben auf kräftiges Gisschreiten seitens der deutschen Regierung zu ihren Gunsten. Brabo) Seitdem in Griechenland ein definitives Ministerium a Ruder gekommen ist, hat sich auch eine gewisse Besserung in so weit vollzogen, als das neue Ministerium im Prinzip das von den Gläubigern verlangte System angenommen hat, daß nämlich die GCinkünfte aus den verpfändeten Staatseinnahmen zwischen der Regierung und den Gläubigern getheilt werden sollen nach einem sähLer zu bestimmenden Prozentualsatz, und daß die Quote, die auf di Gläubiger fällt, zu verwenden sei, um ihren reduzierten Zins— geuußß allmählich aufzubessern. Zur Zeit schweben über die Einzel- heten Verhandlungen in Paris, wo die englischen und deutschen Gläubiger als Delegirte mit den französischen vereinigt sind. Es ertsieht sich meiner Kenntniß, welchen Punkt diese Verhandlungen in lisem Augenblick erreicht haben. Ich gebe mich der bestimmten Er⸗ wartung hin, daß die griechische Regierung erkennen wird, wie es nn ihrem eigenen Interesse liegt, mit den Gläubigern zu einem billigen Iblommen zu gelangen; und ich gebe die Zusage, daß unsererseits nichtĩ versäumt werden wird, daß dieses Ziel erreicht werde. Gravo ])
Bei dem Posten für die Botschaft in St. Petersburg 1 Spahn Gentr.) aus, daß nach einer Meldung der Deutschen Tagetzestung? nach Abschluß des Handelsvertrags Rußland seine Glsenbahntarife herabgesetzt habe; insolge dessen seien nach Art. 19 des Handelsvertrags auch die deutschen Eisenbahnen genöthigt, die Tarife herabzusetzen, sodaß das russische Getreide nach Magdeburg, Köln u. s. w. billiger gefabren werde als das deutsche Getreide.
Staatssekretär des Auswärtigen Amts, Staats⸗-Minister Freiherr Marschall von Bieberstein:
Der Herr Vorredner hat die Güte gehabt, mich vor der Sitzung
; dbon zu verständigen, daß er die Absicht habe, den Artikel der, Deut ⸗ schen Tageszeitung! vom 15. Dezember vorigen Jahres — richtiger
gesagt, ist es ein Eingesandt in die Tageszeitung“ — hier zur Sprache zu bringen. Ich habe deshalb mir diesen Artikel angesehen und will sehr gern die Anfrage des Herrn Vorredners beantworten.
Ich muß an diesem ganzen Artikel bewundern die große Ge— schicklichkeit, mit der man es verstanden hat, auf einem verhältniß mäßig kleinen Raum eine so große Anzahl vollkommen unrichtiger Behauptungen unterzubringen. (Heiterkeit)
Es wird zunächst die Behauptung aufgestellt, daß seit der Ginführung des russischen Handelsvertrages die russische Regierung die sogenannten Durchgangstarife nach unseren Ostseehäfen herabgesetzt bat ungefähr auf den Werth der verbrannten Kohlen. Die Wahr⸗ beit ist, daß eine solche Herahsetzung überhaupt nicht stattgefunden hat und daß die Durchgangstarife heute genau dieselben sind, wie dor Inkrafttreten des russischen Handelsvertrags. (Hört! hörth Ez wird weiter darin gesagt, daß solche Durchgangstarife auf Grund der russischen Sätze auch an anderen Stellen ein—⸗ geführt worden seien, insbesondere über Sliernowice, und daß es dadurch möglich sei, große Quantitäten ven russischem Getreide ju einem sehr billigen Frachtsatz nach Magdeburg, nach Thüringen, selbst bis nach Köln zu führen. Die Wahrheit ist, daß slche Durchgangstarife nur nach Königsberg, Danzig und Memel be— slchen, sonst nirgends, und meines Wissens kann daher nussischeg Getreide auf dem Wege der Bahn nach Köln nicht wohl gelangen; denn das russische Getreide zahlt bei un den normalen Frachtsatz und nicht weniger. Es ist deshalb auch nicht richtig, wenn in diesem Artikel dargelegt wird, daß, wenn einem Bäcker oder Müller in Magdeburg oder Köln angeboten werde deutsches Getreide, welches 10 Meilen von der russischen Grenze diesseits gewachsen sei, und gleichzeitig russisches Getreide,
wat gewachsen sei 10 Meilen jenseits von der Grenze, kraft dieser
Durchgangbtarife das russische Getreide billiger zu stehen komme.
ist nicht richtig, auch nicht auf den Strecken, wo die Durch— hangätarife nach den Ostseehäfen bestehen; denn diese russischen Durch. e,, nach unseren Ostseehäfen sind Staffeltarife mit rasch ab⸗ alllnder Scala, und erst in einer Entfernung von etwa 180 km
jenseits der Grenze an werden die russischen Tarise billiger als die unsrigen. Das russische Getreide also, was innerhalb dieser Grenzzonen wäãchst und nach Deutschland transportiert wiro, hat zunächst den höheren russischen Tarifsatz zu bezahlen und außerdem noch den deutschen Tarifsatz. Es ist also nicht wahr, daß unter diesen Verhältnissen das russische Getreide billiger gefahren werde als das deutsche.
Da der Artikel eine weitere Behauptung nicht enthält, bin ich auch mit meiner Widerlegung zu Ende. (Bravo Auf eine Anfrage . Weiß (fr. Volksp.) bezüglich einer Hopfenexportprämie in Rußland erklärt der
Staatssekretär des Auswärtigen Amts, Staats⸗-Minister Freiherr Marschall von Bieberstein: . Mir ist von den angeblichen Ausfuhrprämien, welche Rußland für dopfen bezahlt, nur soviel bekannt, daß vor einiger Zeit ein⸗ mal, ich glaube in St. Petersburg, eine Versammlung stattgefunden hat von russischen Hopfenbauern und da von einer Seite das Be⸗ gehren gestellt wurde, man solle an die russische Regierung mit dem Verlangen herantreten, solche Ausfuhrprämien zu gewähren, daß aber die Versammlung das abgelehnt hatte, nachdem dargelegt wurde, daß ein solches Verlangen vollkommen aussichtslos sei.
Abg. von Jazdzewski (Pole) bittet um eine Erleichterung des preußisch ⸗russischen Grenzverkehrß.
Direktor im Auswärtigen Amt,. Wirklicher Geheimer Rath Hellwig: Meine ö. Ich habe auf diese Anfrage zu erwidern, daß das Aus⸗ wärtige Amt der Angelegenheit seine volle Aufmerksamkeit widmet, und daß noch ganz vor kurzem der Botschafter in St. Petersburg angewiesen worden ist, auf die Sache bei der russischen Regierung zurückzukommen. Wir haben die Hoffnung, daß, wenn auch nicht alle Wünsche erfüllt werden, doch gewisse Erleichterungen mit der russischen Regierung werden vereinbart werden.
Bei der Forderung für die Botschaft in Wien be⸗ hauptet der
Abg. Bebel, daß die Gehälter von 1683 000 M für diesen Posten sehr hoch seien; dafür könnte man verlangen, daß der Botschafter auf seinem Platze sei, namentlich, wenn in dem Staate wichtige Ereignisse vorkämen. Wenn, fährt Redner fort, ich mir vergegenwärtige, was im vorigen Jahre am Wiener Hofe in einer ereignißreichen Zeit geschehen, so weiß ich nicht, ob die Vertretung eine genügende war. Im vorigen Jahre wurde Stambulow ermordet, was große Folgen haben konnte, zumal der Metropolit Clement in St. Petersburg weilte. In einem solchen Augenblick hätte der deutsche Botschafter in Wien anwesend sein und seine Pflichten erfüllen müssen; da haben wir gehört, und auch die bürgerlichen Blätter haben sich lebhaft darüber aufgehalten, daß in dieser Zeit der Bot⸗ schafter seinen Posten verlassen hat. Schwere Krankheit würde das verständlich machen. Der Herr hat während der Zeit Spazierfahrten in der Nordsee gemacht. Das steht im Widerspruch mit den Pflichten, welche ihm auferlegt sind. Ich möchte Sie bitten, die Forderung für Wien abzulehnen, da sie mir überflüssig erscheint.
Staatssekretär des Auswärtigen Amts, Staats⸗-Minister Freiherr Marschall von Bieberstein:
Meine Herren! Darüber, wann und wie lange ein Botschafter auf seinem Posten zu sein hat und wann er anderwärts dienstlich zu verwenden ist, hat ausschließlich Seine Majestät der Kaiser und der Herr Reichskanzler zu befinden. (Sehr richtig! rechts.)
Es kann dem Herrn Vorredner nicht unbekannt sein, daß, so oft ein Botschafter von seinem Posten abwesend ist, für eine ordnungs⸗ gemäße Vertretung gesorgt wird. Ich muß daher die Kritik des Herrn Vorredners als eine vollkommen unberechtigte mit aller Ent- schiedenheit zurückweisen. (Bravo! rechts.)
Abg. Richter (fr. Volksp.): Ich kann die Kritit nicht als un⸗ berechtigt bezeichnen. Ich weiß nicht, warum die Person des Kaisers in die Debatte gezogen wird. Der Staatssekretär und der Reichs⸗ kanzler sind parlamentarisch verantwortlich, und daher äst jede Kritik eines Abgeordneten berechtigt. Wenn ein Botschafter so lange abwesend ist und wenn irgend ein anderer Beamter ihn vertreten kann, so kennzeichnet das die Stellung des Botschafters als eine lediglich repräsentative. Wenn wir auch den Posten nicht ganz absetzen können, so sind solche Vorkommnisse doch geeignet, die Freigebigkeit des Reichs⸗ tags für die Dotation solcher Posten zu vermindern.
Staatssekretär des Auswärtigen Amts, Staats⸗Minister Freiherr Marschall von Bieberste in:
Ich habe die Person Seiner Majestät des-Kaisers nicht deshalb hier erwähnt, um den Herrn Reichskanzler oder mich zu entlasten. Der Herr Reichskanzler und ich übernehmen stets die volle Verant— wortung für unsere Handlungen. Ich habe darauf hingewiesen und wiederhole das, es handelt sich hier lediglich um eine Frage des internen Dienstes, und bezüglich dieser besteht dem Reichstag gegenüber keine Verantwortlichkeit.
Abg. Freiherr von Stumm (Rp.): Der Abg. Richter scheint be strebt zu sein, die Herabsetzung der Leiter der auswärtigen Politik, die er gestern angefangen hat, heute fortzusetzen. Nicht der Staats⸗ sekretär hat die Person des Kaisers hineingezogen, sondern Herr Bebel, indem er die Fahrten in der Nordsee erwähnte. Der Bot schafter war damals in der Umgebung des Kaisers viel nothwendiger als in Wien, denn er konnte seine früher eingezogenen Informationen dem Kaiser vortragen. . *
Abg. Bebel (Soz.): Eine Kritisierung der auswärtigen Politik, wenn sie uns nicht ganz und gar verboten sein soll, ist unser Recht und unsere Pflicht, darin werden wir uns weder durch 8 von Stumm, noch durch jemand Anders beeinflussen lassen. n welcher Art dienstlichen Auftrags war denn der Botschafter auf der Spazier= fahrt in der Nordsee? Ich habe die Sache so aufgefaßt, wie sie auch in bürgerlichen Preßorganen aufgefaßt ist. Schon damals hätten die Herren die Verpflichtung gehabt, der falschen Auffassung , zutreten. Das englische Parlament läßt sich niemals das Recht der schaͤrfsten Kritik nehmen. In England und Frankreich werden durch die parlamentarische Kritik Minister gestürzt, bei uns im Reiche der Gottesfurcht und frommen Sitte kennt man so etwas nicht.
Staatssekretär des Auswärtigen Amts, Staats⸗Minister Freiherr Marschall von Bieberstein:
Darüber, in welcher Weise die Beamten des auswärtigen Dienstes dienstlich zu verwenden sind, steht die Entscheidung ausschließlich Seiner Majestät und den Vorgesetzten dieser Beamten zu. Ich lehne es deshalb formell ab, in die Sache selbst einzugehen und dem Herrn Abgeordneten Bebel in dieser Beziehung Rede zu stehen.
Darauf wird der Titel bewilligt. Bei 3 Ausgaben für das General-Konsulat in
Amsterdam weist
Abg. Jebsen (nl.) darauf hin, daß die deutschen Rhedereien sich in ziemlich schlechter Lage befänden; die Dividenden seien erheblich gefallen. Nur durch Energie und die größtmögliche Sparsamkeit können, führt Redner aus, die Schiffe laufen. Die Konkurrenz mit den Engländern haben wir aushalten können, trotzdem wir die sozialpolitischen Ausgaben haben, die andere Länder nicht haben. Aber die Konsulatsgebühren der anderen Länder sind niedriger, als die unsrigen. Eines der Schiffe meiner eigenen Rhederei hat in einem Monat allein 300 M4 Konsulatsgebühren bezahlen müssen für die einfache Anmeldung, Abgabe und Abhebung der Papiere. Redner empfiehlt eine Ermäßigung der Konsulatsgebühren.
Direktor im Auswärtigen Amt, Wirklicher Geheimer Rath Reichardt: Meine Herren! Die Frage, die der Herr Vorredner erörtert hat, bildet den Gegenstand mancher Anträge, die seit Jahren an das Aus⸗ wärtige Amt herangetreten sind. Wir haben zunächst eine umfassende Enguste in der Frage eingeleitet: eine Enquste, erstlich um die Gesetzgebung aller übrigen seefahrenden Länder kennen zu lernen, und zweitens, um gutachtliche Aeußerungen unserer an Seeplätzen resi⸗ dierenden Berufskonsuln über die Frage einzuholen. Nach⸗ dem das Material eingegangen, sind die Vorbereitungen für eine Revision des Konsular⸗ Gebührentarifs eingeleitet. Es ist eine umfangreiche und sehr mühebolle Arbeit, und der Zeitpunkt, bis wann die Revision ihrer Vollendung wird entgegen gehen können, läßt sich im Augenblick nicht bestimmen. Die Ver run können wir aber jetzt schon abgeben, daß die Revision ange⸗ tellt wird gerade unter den Gesichtspunkten, die der Herr Vorredner hervorgehoben hat; er wird also in der Lage sein, den Rhedereikreisen die Hoffnung auf eine baldige Revision der Vorschriften über Schiffs. gebühr zu eröffnen, eine Revision im abmindernden Sinne. Nur würde ich ihn bitten, die Hoffnung nicht insoweit zu erwecken, als sie das Niveau betreffen, das in manchen Rhedereikreisen als erstrebenswerth angesehen wird. Die Herren mögen sich des Grundsatzes erinnern „leben und leben lassen', und das Lebenlassen werden Sie den 700 kaufmännischen Konsuln gönnen, die unter anderem namentlich dazu bestimmt sind, die Interessen der Rheder im Auslande wahrzunehmen.
Bei dem Konsulat zu Madrid fragt Abg. Richter, ob sich in Bezug auf die handelspolitischen Beziehungen mit
Spanien irgend etwas geändert habe.
Staatssekretär des Auswärtigen Amts, Staats⸗Minister Freiherr Marschall von Bieberstein: Die betreffenden Verhältnisse haben sich bis jetzt nicht geändert.
Beim Konsulat von Rio de Ja neiro verlangt
Abg. Dr. von Marquardsen (nl) eine Vermehrung der Berufs⸗Konsuln in Brasilien; der Konsul in Rio sei der einzige in dem großen Reiche; die Wahl Konsuln seien zum theil nicht einmal Angehörige des Deutschen Reichs. Was wäre geschehen, wenn in Pretoria nicht ein Berufs⸗-Konsul, sondern ein Wahl Konsul vor⸗ handen gewesen wäre, der mit seinen Interessen mitten in den dortigen Verhältnissen gestanden hätte! Redner bittet, in den nächsten Etat eine Forderung fuͤr ein Berufs-Konsulat in Bahia einzusetzen. Direktor im Auswärtigen Amt, Wirklicher Geheimer Rath Reichardt: Meine Herren, als vor einigen Jahren der damalige kauf⸗ männische Konsul in Bahia starb, war die deutsche Regierung genöthigt, die Verwaltung des e, einem Nichtdeutschen zu übertragen, weil es nicht gelang, in der sehr zahlreichen und sehr ansehnlichen, nament- lich durch hervorragende deutsche Handelsfirmen ausgezeichneten Kolonie eine Persönlichkeit zu finden, die bereit war, das Ehrenamt zu über⸗ nehmen. Anregungen wie diejenige, zu deren Dolmetsch sich der Herr Vorredner gemacht, sind an das Auswärtige Amt neuerdings wiederholt und 83 in den letzten Tagen in der Form einer Massenyetition der Deutschen aus Bahia herangetreten. Das Auswärtige Amt hat sich bisher in der Sache zuwartend verhalten, nicht aus Mangel an Interesse für die dortigen Deutschen, sondern weil wir ungeachtet der dankeng⸗ werthen Bereitwilligkeit, die wir stets in diesem hohen Hause gefunden, wenn es sich darum handelte, Berufs- Konsulate zu schaffen, doch mit Rücksicht auf die Finanzlage des Reichs ein gewisses Maßhalten für angezeigt erachtet hatten, und deshalb unser Augenmerk zunächst auf diejenigen Plätze richteten, wo das Bedürfniß besonders dringend war. Eine besondere Dringlichkeit schien uns bisher in Bahia nicht hervorgetreten zu sein. Die Lücke, von der der Herr Vorredner sprach, und die Gründe, die für Ausfüllung der Lücke mit Recht geltend gemacht wurden, treffen auf sehr viele wichtige Plätze im Auslande zu. Den Vergleich mit Pretoria wollte der Herr Vorredner schließlich selbst nicht mehr gelten lassen. Aber es waren noch andere Gründe, die die Sache in unseren Augen als nicht so dringend erscheinen ließen. Der bisherige Ver walter des Konsulats hat seines Amtes, obgleich er Nicht- deutscher ist, mit voller Treue gewaltet; Reklamationen, Be⸗ schwerden über seine Thätigkeit sind niemals an uns heran⸗ r, der Handel zwischen Bahia und Deutschland steht in der öchsten Blüthe, und was die Hauptsache ist: im Augenblick haben wir die Hoffnung noch nicht aufgegeben, im Wege einer geuen Kom- bination eine geeignete kaufmännische Kraft für den Konsulatsposten in Bahia zu gewinnen. Sollte sich diese Hoffnung nicht erfüllen, so wird das Auswärtige Amt gewiß gern den Weg beschreiten, auf welchen die Anträge des Herrn Vorredners gerichtet sind.
Die Ausgaben für Botschaften, Gesandtschaften und Konsulate werden bewilligt einschließlich der Mehrforderungen für einen Vize⸗Konsul in Kapstadt, ein General⸗Konsulat in St. Petersburg, zwei Konsulate in Fiume und Marokko und ein Vize⸗Konsulat in Jaffa. .
Es folgt die Berathung des Etats der Militär⸗ verwaltung. . ö 2
Beim Titel „Gehalt des Kriegs⸗Ministers“ bittet
Abg. Dr. Bür klin (nl) um eine bessere Ordnung der Rang ⸗ und Gehaltsverhältaisse, sowie der Versorgung der Dinterbliebenen der Militãär⸗Kapellmeister; sie wünschen, daß man ihnen eine Stellung, entsprechend den Zahlmeistern, zwischen den Unteroffizieren und Offijleren anweise. Die Pension betrüge nach dreißigjähriger Dienstzeit höchstens 700 M, und die Hinterbliebenen bekämen gar nichts.
Kriega⸗Minister Bronsart von Schellendorff:
Meine Herren! Die Militärverwaltung erkennt an, daß es wünschenswerth ist, die Dienstoerhältnisse der Militär⸗Musikmeister zu modifizieren, und zwar im Sinne einer Verbesserung ihrer Stellung. Es haben auch im Laufe des Jahres eingehende Verbandlungen darüber stattgefunden; es sind aber gegenwärtig noch verschiedene Erwägungen anzustellen, bevor ein Abschluß nach dieser Richtung erfolgen kann. Im wesentlichen steht augenblicklich ein Bedenken dem entgegen, welches in der finanziellen Lage liegt. Diese gestattet es jetzt nicht, an Gehalts—= erhöhungen heranzutreten, besonders an die Gehaltserhöhung nur einer Kategorie, wie die der Musikmeister. In späterer Zeit aber, hoffe ich, daß die Verhältnisse etwa in dem Sinne sich werden arrangieren lassen, wie es von dem Herrn Vorredner in Anregung gebracht ist.
Abg. Weiß (fr. Volksp.): Der Kriegs. Minister gab im vorigen Jahre die k ab, daß die von den , abgehenden
Tehrer das Recht des einjährig-⸗freiwilligen Dienstes erhalten sollen.