1896 / 42 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 17 Feb 1896 18:00:01 GMT) scan diff

w

83

ehen auf dem Boden der Verfassung, welche die drelsährige Dienstzeit vor⸗ chreibt. Herr Bebel hat auch über das Duell gesprochen. Wir alten das Duell für ein nothwendiges Uebel. In einem solchen Falle, wo die Ehre höher steht als das Leben, kann es nicht ver- mieden werden. Gott wird das richten, aber der einzelne Mensch hat damit nichts zu thun. Daran kann nichts geändert werden, wenn nicht alle Menschen Engel werden oder wenn nicht, Ehrenstrafen für ih Beleidigungen eingeführt werden. Die Sittlichkeit der Armee at Herr Bebel angegriffen. Sittliche Schäden sind auch unter den Soldaten. Aber wenn 500 00 Sozialdemokraten in rothen Röcken aufgestellt werden, so werden sittliche Mängel auch darunter vor= handen sein. Die Schmußereien, die auf den Tisch des Hauses niedergelegt sind, können die Armee nicht treffen; das sind Krieger⸗ vereine, ehemalige Soldaten. Ich weiß nicht, wie weit sie das in der Armee gelernt haben. Ich möchte mit der Bitte e n Lassen Sie sich doch von den von jener Seite alle Jahre zum Ueber druß vorgetragenen Anklagen nicht irre machen an dem guten Zustande in der Armee, an der Sorgfalt, welche alle Vorgesetzten haben, um die Armee auf dem Standpunkte zu erhalten, auf dem sie sich Jahr⸗ hunderte und besonders in den letzten Jahrzehnten gehalten hat!

Abg. Dr. Lieber (Sentr.): Der Kriegs⸗Minister glaubt aus . auf die Parteien des Hauses nicht eingehen zu sollen auf die einzelnen von Bebel angeführten Punkte. Im Namen meiner polttischen Freunde kann ich erklären, daß wir es lieber gesehen hätten, wenn er die einzelnen 1 amtlich behandelt hätte oder es für die Zukunft wenigstens in Aussicht gestellt hätte. Die Sache ist außer- ordentlich ernst; ich habe manches Mal hart mit Bebel gestritten, aber ich kann seine , niemals anders als völlig ernst nehmen. Sind die Beschuldigungen begründet, so hat der . Minister gegenüber dem Vertrauen des Reichstags außerordentlich leicht zu erklären, daß er Abhilfe habe eintreten lassen oder ein⸗ treten lassen würde. Niemand würde an einer solchen Erklärung auch nur den allergeringsten Zweifel gehabt haben. Wir müssen aber auch im Interesse unseres Heeres wünschen, daß wir eine solche Beruhi⸗ gung erhalten. Wenn die Anklagen nicht begründet sind, muß das vor Reichstag und Reich dargelegt und nachgewiesen werden. Herr Bebel hat sich etwas darauf zu gute gethan, daß er und seine Partei allein schwere Mißstände öffentlich zur Sprache gebracht haben. Warum hat er es so eilig mit diesem Berühmen gehabt? Gestern ist niemand von uns zum Wort gekommen; wir haben gerade mit Rück⸗

cht auf die Lage, in welche Bebel gesetzt war, die Verhandlung auf

eute vertagt; er ist zuerst zum Wort gekommen und hätte abwarten sollen, ob wir nicht heute uns über diese Dinge äußern würden. Wir haben uns über sämmtliche Kapitelüberschriften, unter welche er die einzelnen Fälle rangiert hat, so ausführlich geäußert, daß wir ohne Kenntniß der einzelnen Fälle uns nicht gezwungen sehen, uns wieder über die allgemeinen Fragen zu äußern. Ich halte meine Aeußerung über das Duell vollständig aufrecht; Herr Bebel wird doch nicht glauben, daß wir seitdem eine andere Stellung eingenommen haben. Ich bin durchaus nicht geneigt, heute den Sekundanten des Grafen Roon zu machen zu seiner unbegreiflichen Entschuldigung des Duells, ebenso wenig wie ich das Herrn Schall gegenüber gethan habe. Für uns giebt es keine Entschuldigung; das Duell ist mit dem Christenthum unvereinbar. Wir verurtheilen jede einzelne Soldaten⸗ mißhandlung; aber unsere Erfahrungen müssen uns abhalten, die einzelnen

älle ohne weiteres als wahr hinzunehmen oder daraus allgemeinere

chlüsse zu ziehen. Die Mißhandlungen erinnern an alte Zeiten, an die Zeiten des Werbe⸗ und Söldnerwesens, sie ragen aber in die Zeit des Volksheeres als ein Anachronismus hinein. Wir freuen uns, daß der Minister wiederholt versichert hat, daß alles, was in seinen Kräften steht, aufgeboten wird, um den Mißhandlungen ein Ende zu machen, Herr Bebel hat auch wieder den Hamburger Fall vorgeführt, in Bezug auf welchen der Kriegs⸗Minister mehr geistvoll als für ung befriedigend von einem Denkzettel gesprochen hat. Der Offizier sollte nicht vergessen, daß ihm die Waffe zur Vertheidigung des Vaterlandes anvertraut ist, nicht zur Selbsthilfe, am aller wenigsten wehrlosen Bürgern gegenüber. Die überwiegende Mehrzahl der Offiziere wird diese Auffassung theilen. Ich bin gewiß, daß solche Ausschreitungen auch der Kriegs⸗Minister in seines Herzens Kämmerlein nicht gut heißt, wenn er auch für den Untergebenen hier eine Klinge schwingt. Das sind wir von den Chefs aller Ver⸗ waltungen gewohnt. Wenn aber eine Sache nicht tadelsfrei ist, dann, muß sie ,,, geahndet werden. In welcher Form die Ordensverleihung, erfolgt, ist mir als Mitglied der Volksvertretung vollständig gleichgültiß. Wenn aber Bebel an eine Erscheinung der jüngsten Tage den allgemeinen Tadel hat knüpfen wollen, daß in bürgerlichen Kreisen immer mehr die Unsitte um sich greift, daß man sich auf den militärischen Rang mehr ein— bildet als auf einen bürgerlichen Stand, so kann ich, dem nur beitreten. Der Kaiserliche oder Königliche Beamte ist eben so viel werth wie der Reserve⸗Offizier. In Bezug auf die Strikebrecher hat Herr Bebel wohl nicht das richtige Wort gefunden. Die Soldaten sind nicht kommandiert, sie haben nicht die Fortführung des Unter⸗ nehmens gemacht, sondern nur das im Betriebe angelegte Kapital ge⸗ rettet. as ist ein wesentlicher Unterschied. Was Herr Bebel zum Beweis für die Unsittlichkeit in der Armee auf den Tisch des Hauses niedergelegt hat, ist so haarsträubend, daß kein Wort der Verurthei⸗ lung parlamentarisch oder unparlamentarisch scharf genug ist, aber es beweist nichts für die Armee. Wat können die jetzt dienenden jungen Leute dafür, daß ihre früheren Regimentskollegen, wer weiß unter welchem Einflusse, so tief im bürgerlichen Leben gesunken sind! Solche . können nicht ernst genug genommen werden; es steht die Ehre unserer Armee und unseres Landes guf dem Spiele. Wenn ein englisches Blatt die Tapferkeit unserer Armee bezweifelt hat, so müssen wir dafür sorgen, daß ihr Ehrenschild blank erhalten wird.

Kriegs⸗Minister Bronsart von Schellendorff:

Der Herr Vorredner hat die Art bemängelt, in der ich den An griffen, die mir von sozialdemokratischer Seite zu theil werden, begegne. Zu meiner Befriedigung wird seine Auffassung nicht von allen Mitgliedern seiner Fraktion getheilt. Was im übrigen die Bemer⸗ kung anbetrifft, daß ich Fälle, die hier vorgebracht werden, zu prüfen und demnächst darüber Auskunft zu ertheilen hätte, so kann ich sagen, daß ich es in gewisser Hinsicht als eine Pflicht erachte, daß, wenn bestimmte Vorgänge zu meiner Kenntniß kommen, die mir bisher nicht mitgetheilt waren, ich sie prüfe und, wenn es möglich ist, dann auch im Reichstag darüber Auskunft gebe. Ich werde danach auch ferner handeln. Ich habe es auch gestern gethan der Herr Abg. Lieber ist vielleicht hier nicht anwesead gewesen (Wider spruch) indem ich über verschiedene Fälle amtlich vortrug, was stattgefunden hat und was wahr ist. Ueber Fälle, von denen ich nichts wußte, habe ich natürlich auch keine amtliche Auskunft geben können.

Abg. ö (sũdd. . Ich muß im Namen meiner politischen Freunde und zugleich im Namen der freisinnigen Volks— Partei erklären, daß ich es richtiger finden würde, wenn der Kriegs⸗ Minister nichts entschuldigen, wenn er zugeben würde, daß hier und da Schattenseiten vorhanden sind. Ich möchte hinsichtlich des Duells gleichfalls glauben, daß es ein unberechtigter Vorwurf Bebel's ist, daß andere Parteien schweigen, wenn sie endgültig ihren Standpunkt festgelegt haben. Herr Bebel sollte einmal Anträge oder Resolutionen zur Probe einbringen; das wäre beinahe nothwendig, weil heute von konserpativer Seit? das Duell als nothwendige Staatsinstitution dar⸗ gestellt ist. Die Mitgliedschaft des Grafen Roon beim christlichen Verein steht im , seiner Vertheidigung des Duells, welches er sogar als eine Sünde betrachtet hat, denn er meinte: Gott wird darüber richten. Wenn das aber der Fall ist, dann ist er

ein schlechter Lehrmeister für den christlichen Verein junger Männer. Für die Ordensverleihungen sind auch die Staats⸗Minister ver⸗

6 müssen, mit welcher wir die Franzosen geschlagen . Wir

schauung, daß ich dabei nicht länger verweilen will. In die Lohnkämpfe fen sich die Armee nicht einmischen. Wenn der angeführte Fall auch eine innere Entschuldigung hatte, so muß ich doch die Verletzung dieses Prinzips bedauern. Was die Frage der Unfittlichkeit betrifft, so bedaure ich, daß sie in dieser Form vor gebracht ist, obgleich ich Herrn Bebel nicht das Recht bestreite, so zu antworten, nachdem die Sozialdemokratie angegriffen ist. Die Kon⸗ serpativen sollten darin eine Aufforderung sehen, daß sie vorsichtig sind mit dem Vorwurf der mangelhaften Moral bei den unteren Klassen. Sonst ist es nicht wunderbar, daß die unteren in mn einseitig urthellen über die Moral der oberen Stände. Die einzelnen Stände haben sich gegenseitig wirklich nichts vorzuwerfen. Die bei⸗ gebrachten Beispiele sind nicht vereinzelte Fälle, sondern sie sind höchst unerwünschte Belege für einen in weiteren Kreisen herrschenden ganz unrichtigen Geist. Herr Bebel ist zu sanguinisch gewesen, wenn er von einer Abnahme der Mißhandlungen gesprochen hat. Vorüber⸗ gehende Erlasse helfen nichts, so lange nicht der nöthige Rechtsschutz vorhanden ist. Ich habe mich gien ng überzeugen müssen, daß noch nicht überall derjenige Schutz für Leben, Leib und Gefühl der Soldaten vorhanden ist, der wünschengwerth ist. Rohe Mißhandlungen der Sol daten haben zu Geisteskrankheiten geführt; es giebt Kompagnien, die komplottmäßig dazu angehalten werden, dem Vorgesetzten nicht die Wahrheit zu sagen, 3. bloß bezüglich der Behandlung, sondern auch wegen der Kleidungsstücke, welche Garnitur getragen wird u. s. w. Es gehört der ganze Mannesmuth eines Soldaten dazu, um sich dagegen aufzulehnen. Gewiß ist der Spiegel nicht ungetrübt, der hier der Armee vorgehalten wird; aber der Spiegel, der in den Berichten zu finden ist, ist auch nicht ganz ungetrübt, weil die Offiziere diejenigen Beamten sind, die ihre Wahrnehmungen nicht in der Oeffentlichkeit verwerthen können. Wer etwas rügt der fliegt! Die Volksvertretung muß versuchen, einen Theil dessen nachzuholen, was hier versäumt wird. Ich will die einzelnen Fälle nicht vor⸗ führen, weil die früheren Anführungen schon genügt haben, das Be— dürfniß der Reform anzuerkennen. Da das Bedürfniß anerkannt worden ist, so brauchen wir nicht mehr einzelne Fälle anzuführen. Ich möchte den Kriegsminister nicht interpellieren. Ich möchte die Meinung vertreten, daß die Thatsache, daß er den Etat hier vor uns vertritt, der Beweis dafür ist, daß die Meldung, die Reform sei auf dem todten Geleise angekommen, eine irrige ist. Ich will hoffen, daß der Kriegsminister bis zur dritten Lesung, jeden falls aber in der nächsten Session, in der Lage sein wird, die Erwartungen, die wir an seinen Eintritt in das Amt knüpften, zu erfüllen. Ein weiterer Punkt wird aber auch der sein, in den Formen und Grundsätzen der Pensionierung der Offiziere eine Aenderung eintreten zu lassen. Wir werden darüber bei den Ausgaben für die Pensionen verhandeln. Wir haben nur die Resolutionen angenommen, welche im bayerischen Landtag National- liberale und Zentrum angenommen haben. Wir hoffen, daß die

erren in Berlin ihren Parteigenossen folgen werden. Die große nsicherheit der Stellung der Offiziere steht im Zusammenhang mit der Ueberanstrengung und der Mißhandlung der Soldaten. Wenn über die Hälfte der Offiziere nicht im stande ist, zu wissen, ob sie übers Jahr noch im Amt ist, wenn der Offizier nur durch Ueberanstrengung der Truppen das Scheitern zu vermeiden glaubt, so wirkt das selbst—⸗ verständlich nach unten. Die Behandlung wird roher werden und schließlich den Charakter annehmen, welcher dem Unteroffizierstand⸗ punkt entspricht. Auch die Militärärzte nehmen nicht die richtige Stellung in der Organisation der Armee ein. Sie können ihre Aufgabe der gesundheitlichen Kontrole nicht genügend ausüben. Sie werden abgestumpft und sehen leicht die Kränklichkeit eines Soldaten als Simulation an. Es muß dafür gesorgt werden, daß hier all⸗ gemein eine Besserung eintritt.

Kriegs⸗Minister Bronsart von Schellendorff:

Meine Herren! Ich habe bei der ersten Berathung des Etats Auskunft ertheilt über den Stand der Militär⸗Strafprozeßordnung. Ich habe dem nichts hinzuzufügen und habe auch nichts davon fort— zunehmen. Ich bin also auch nicht in der Lage, heute dem Herrn Abg. Haußmann weitere Mittheilungen darüber machen zu können.

Der Herr Abgeordnete hat, das will ich bei dieser Gelegenheit gleich mit erledigen, Zweifel ausgesprochen, ob die militärischen Be—⸗ richte, die von Offizieren an Vorgesetzte erstaͤttet werden, immer der Wahrheit entsprächen. Ich weise diese Annahme als eine völlig un— berechtigte zurück. Die Erstattung eines falschen militärischen Be—⸗ richts gehört zu den schwersten militärischen Vergehen, die wir kennen, und speziell im Offizierkorps; aber auch selbst bei den unteren Chargen wird es als eine Ehrensache betrachtet, die Wahrheit zu berichten.

Sodann hat der Herr Abgeordnete auch noch die Befähigung der Militärärzte in Frage gestellt, ob sie im stande seien, richtig zu erkennen, ob ein Mann krank ist oder simuliert, und dann weiter behauptet, viele Militärärzte wären schon so abgestumpft, daß sie nichts mehr leisten könnten. Durch zahlreiche Beweise der Anerken⸗ nung, die gerade die deutschen Militärärzte nicht nur im eigenen Vaterland, sondern auch im Ausland erhalten haben, ist ihre Tüch⸗ tigkeit, der hohe Grad ihrer Wissenschaftlichkeit, ihre große Leistungs⸗ fähigkeit auf allen Gebieten festgestellt worden. Auch dieser Vor⸗ wurf ist gänzlich hinfällig. ;

Abg. Spahn (Sentr): Als jetziger Vorsitzender der Fraktion kann ich dem Kriegs- Minister erklären, daß alle anwesenden Mit⸗ glieder derselben mit Herrn Lieber einverstanden sind; sie sind sogar der Ueberzeugung, daß er den Kriegs⸗Minister viel zu wohlwollend behandelt hat.

Kriegs-Minister Bronsart von Schellendorff:

Wenn ich aus der Erklärung des Herrn Abg. Spahn erkennen muß, daß meine Annahme, ein Theil der Fraktionsgenossen des Herrn Abg. Dr. Lieber theilte dessen Anschauungen nicht, eine irrige ist, so erkenne ich sehr bereitwillig an, daß ich mich geirrt habe. Sie werden daraus ersehen, daß ich auch garnicht eigensinnig auf meinem Irrthum beharre. (Heiterkeit.)

Abg. Dr. Schönlank (Soz.): Ich wollte nur eine Nachricht mittheilen, die durch die Berliner Blätter geht. Danach hat Graf Hoensbroech, der ehemalige Jesuitenpater, im christlichen Verein junger Männer einen Vortrag gehalten, in welchem er die Verderblichkeit des Ultramontanismus nachzuweisen sich bemühte. (Redner verliest einige Stellen des Vortrages unter großer Unruhe der Rechten und wiederholten Rufen: Zur Sache!) Der christliche Verein soll jungen Männern aller Konfessionen zugänglich sein. Was soll es bedeuten, daß die Soldaten sektionsweise in den Verein geführt werden, um eine solche Kulturkampfpauke anzuhören!

Abg. Dr. von Bennigsen: Ich möchte zunächst im Namen meiner Freunde dem Wunsch Ausdruck geben, daß die Reform des Militärprozesses, welche nicht bloß der jetzige Kriegs⸗Minister, sondern auch sein Vorgänger für nothwendig erklärte, bald zur Aus⸗ führung gebracht werden möchte. Die Reform wird dazu beitragen, manche Beschwerden und Angriffe, die wir jährlich hören, wenn nicht 6 verschwinden, so doch in erheblichem Maße sich verringern zu assen. Was die Duelle betrifft, so verdenke ich es dem Zentrum nicht, daß es von seinem kirchlich⸗religiösen Standpunkt aus, und der linken Seite nicht, daß sie von ihrem radikalen Standpunkt aus auf diesen offenbaren Schaden in unseren öffentlich rechtlichen Zu⸗ ständen hinweisen. Es ist ein peinlicher Zustand, wenn gesetzliche Vor⸗ schriften nicht vollständig zur Durchführung gebracht werden, wenn in Militär und Zivil diese Gesetze mit der Sitte und Auffassung über die Ehre sich zur Zeit noch in einem Widerspruch befinden. Ich und manche

antwortlich, aber ich habe darüber auch eine solche An—⸗

meiner Freunde hen ich, sind aber der Meinung, daß in einzelnen Fällen das Duell einahe zur Nothwendigkeit wird. Zu allen Zeiten waren

Fben in vielen Dingen Sitte und Brauch, stärker als die ehrwürdigst Vorschriften und Bestimmungen der Gesetze. Die Zahl der 3 in Deutschland hat aber gegen früher ganz außerordentlich ab ⸗‚. nommen, und wenn in England seit vielen Jahren ein Duest 2. aus politischen, noch aus anderen Gründen vorgekommen ist f dürfen wir hoffen, daß mit der Zeit auch bei uns dieser bedauern werthe. Widerspruch jwischen Sitte und Gesetz aufhören wi Dazu kann jeder einzelne das Seinige beitragen, und dieß ist ja auh schon in sehr schwierigen Fällen gelungen. Man kann es Herrn Bebe nicht verargen, wenn er jede helene her benutzt, um die militãrischen Einrichtungen anzugreifen. Ist doch das deutsche Heer in sesner ganzen Verfassung eine so feste Grundlage unserer heutigen Zustaͤnde daß, so lange dieser mächtigste Faktor der Erhaltung in unserem öffentlichen Leben nicht unterminiert und bis zu einem gewissen Grade zerstört ist, die Ziele der Sozialdemokratie niemalz erreicht werden können. Herr Bebel bemüht sich, die Zuftände in der Armee möglichst herunterzuziehen. Weshalb, hat er ung w n , ung im Reichstag irgend eine Zustimmung finden könnte nein, i Illusionen giebt sich ein so kluger Herr nicht hin —, sondern er ah für die Tausende und Millionen da draußen durch diese

ngriffe etwas erreichen zu können. Das hat er ganz offenkundt ausgesprochen. Wenn nun jemand diese Institutlon so darstelft als wenn sie von Rohheit und Unsittlichkeit und Gewaltthätigken vollständig erfüllt sei, als wenn die Behandlung der Leute durch sbre Vorgesetzten, Unteroffiziere und Offiziere, ein furchtbares Maß der Rohheit und Gewaltthätigkeit enthielte, als wenn das Verhalten dez Militärs, insbesondere der Offiziere, zu den bürgerlichen Klassen von dem Geiste der Ausschließlichkeit, der Selbstüberhebung, dez spezifisch militärischen Geistes getragen würde, so ist es doch merk. würdig, daß derselbe Abgeordnete heute der deutschen Armee ein günstiges Zeugniß ausgestellt hat. Vielleicht ist ihm ein Lapfuß passiert. Also war es aus Gerechtigkeitsgefühl, daß er sagte, er wisse, daß es in unserer Armee immer noch besser sei, in anderen. Unsere Armee als Institution und der Gesst der in ihr herrscht, hat eine allgemeine Anerkennung gefunden, auch bei anderen Völkern, wie wir es von unserem deutsch-nationalen Standpunkt gar nicht besser wünschen können. Fremde Beurtheller haben wiederholt auf den großen. Werth, die Tüchtigkeit und Vorssg, lichkeit und den ehrenwerthen Geist unserer Armee aufmerksam gemacht. Wäre unsere Armee wirklich so roh und gewaltthätig, wie Herr Bebel es darstellt einzelne Rohheiten sind ja stets vorgekommen —, wie hätte dies in dem letzten französischen Krieg zum Durchbruch kommen müssen! . berufe ich mich in Bezug auf die Haltung und Führun der deutschen Armee nicht etwa bloß auf deutsche Zeugnisse, nein, au auf die Zeugnisse der Engländer, ja allmählich auch der Franzosen selbst. So human ist noch niemals ein Krieg geführt worden, so gerecht und billig denkend ist noch niemals in einem blutigen Krieg vom obersten Heerführer herab bis zum letzten Wehrmann gehandell worden wie im französischen Krieg! Und wenn das möglich war, so gestattet es einen Rückschluß auf den zwar männlichen und kräftigen, aber auch edlen Geist, der jetzt in unserer Armee herrscht. Seitdem ist es nicht schlechter, sondern besser geworden. Ist Herr Bebel wirklich berechtigt, aus einzelnen Rohheiten und Verbrechen und Schändlichkeiten, wenn sie wirklich vorgekommen sind, einen Schluß zu ziehen auf das Ganze? Wem von uns würde eh denn einfallen, eine einzelne Partei, ich spreche gar nicht ausschließ— lich von der sozialdemokratischen Partei, verantwortlich zu machen für jede Betrügerei und jeden Unterschleif (Zuruf Bebel's: Bonn geoisie ich sagte, nicht bloß bei Ihnen, Herr Bebel —, de in ihrem Vereins⸗ und Kassenwesen vorkommt, worüber sich eine ganze Liste aufstellen ließe! So können wirklich öffentliche Dinge ernsthaft eigentlich kaum behandelt werden. Herr Bebel hat u kommen das Recht, einzelne Uebelstände in der Armee hie zur Sprache zu bringen; das kann unter Umständen sogar ganz ver. dienstlich sein. Einzelne der Fälle sind ja als zutreffend anerkannt und die Schuldigen sind bestraft worden. Herr Bebel hat ja aut für das nächste Jahr neue Angriffe angekündigt. Aber der Ueber zeugung muß ich Ausdruck geben: die Wirkung werden diese Angriff nie haben, daß man in Deutschland oder gar außerhalb Deutschland den Glauben hätte: hier ist etwas im Großen und Ganzen faul in Heereswesen. Nein, wir werden uns durch solche Angriffe niemal die Freude und den Stolz austreiben lassen an dieser herrlichn Institution, die wir an unserer Armee haben!

Abg. Graf von Bernstorff (Rp.) Ich protestiere dagegen, daß de christliche Verein junger Männer Politik treibe. Der Vortrag de Grafen Hoensbroech hatte mit dem Verein garnichts zu thun. Du Saal wird mitunter vermiethet. Es bestanden in der Vereinsleitum große Bedenken, ob der Saal zu diesem Zweck vermiethet werden sollte. Die christliche Arbeit als solche werden die Herren drüben doch wohl nicht als politische Arbeit ansehen. Die Herren bezeichna die Religion als Privatsache, aber für den positiven christlichn Glauben dürfte im sozialdemokratischen Zukunftsstaat keine Freihet vorhanden sein. Das Bekenntniß wird beachtet, und die Sch daten, welche an die Erfüllung christlicher kirchlicher Pflichta erinnert sind, sind nicht aus der Landeskirche ausgetreten. Vw einem Gewissenszwang kann nicht die Rede sein. Als ein Ko sistorial Rath sich an einem Duell betheiligt hatte, ging ein Sch der Entrüstung durch die kirchlichen Blätter; der Konsistorial⸗Ra ist aus der kirchlichen Verwaltung ausgeschieden. Ich hoffe, di das Duell auch in der Armee verschwinden wird. Ich halte das Du für ein Uebel, aber nicht für ein nothwendiges. Hier muß R öffentliche Meinung mehr thun als alle Gesetze. Der Kriepk— Minister würde sich ein monumentum aers perennius setzn, wenn er Ehrengerichte schaffen würde, welche eine genügende autoritatkbe Stellung haben, um das Duell unterdrücken zu können.

Abg. Werner (Ref.-P.): Die Herren von der Soꝛzih demokratie, welche heute gesprochen haben, waren nicht Soldaten; ih war Soldat und weiß, daß die Klagen geprüft und untersucht werden. Die Sozialdemokraten wollen Unzufriedenheit erzeugen auch unter den Soldaten. Alle Widerlegungen des Kriegs⸗Ministers werden gegen die Anklagen nicht helfen. Wir haben alle Veranlassung, als Deutjche stolz auf unsere Armee zu sein. Die Versuche, sozialdemokratische Schriften einzuschmuggeln, werden scheitern an dem deutschen Geiste, der in der Armee herrscht. Die Armee wird jeder Zeit zu Thron und Altar stehen. Beim Militär müßte die öffentliche Gerichtspflege eingeführt werden; dann werden die Vorwürfe sich als unberechtigt beweisen lassen.

Abg. Haußmann: Der Kriegs. Minister hat mich mißverstanden. Ich habe gegen die Militärärzte keinen Vorwurf erhoben. Ich hahe nur von Ausnahmefällen gesprochen. Wenn der Kriegs. Minmster sich durch die Generalisierung der Sozialdemokraten verletzt fühlte, dann sollte er am allerwenigsten mir gegenüber den Vorwurf erheben, da ich generalifiere. Ich habe nur die Stellung der Militärärzte alb eine nicht ganz felbständige bezeichnet; ich habe geradezu erklärt. daß die Wahrheit oft nicht ergründet werden könne, weil nur eine kleine Zahl der Mißhandlungen den Instanzenzug durchläuft. Weil das militärische Verfahren ein einseitiges ist, kann eine Aenderun nur durch die Reform eintreten. Der Kriegs. Minister würde sich ein großes Verdienst erwerben, wenn er einen Theil feiner energischen Beredsamkeit frei machen wollte, um sie außerhalb zu verwenden, um endlich die Militär⸗Strasprozeßordnung zu reformieren. Wenn wir den Sozialdemokraten allen Boden für ihre Angriffe entziehe wollen, dann lassen Sie diese Reform der Armeeverfassung schleunig herbeiführen.

Kriegs-Minister Bronsart von Schellendorff:

Wenn ich den Herrn Abg. Haußmann vorhin falsch verstanden habe, so gereicht mir das zur ganz besonderen Befriedigung. erkenne auch gern an, daß ich mich möglicherweise verhört habe; der stenographische Bericht wird ja ergeben, wer von uns Beiden si geirrt hat. Sollte er mit der Bemerkung bezüglich der Aer nur haben ausdrücken wollen, daß es vielleicht nur 53 ist in dem Armee ⸗Korps, das er im Auge hat ich glaube, es ii

1

Harnisonpfarrer

sch schließlich fügen

dreizehnte der ihm nicht genügte, dann kann ich sagen: del haben Armee ⸗Kerpg, in denen vielleicht 2 Aerite unbrauchbar . Die werden dann verabschiedet, und dann ist die Sache er— 6 Der Herr Abgeordnete würde mir aber, wenn er mir wirklich en guten Dienst leisten will, nützlich sein können, wenn er mir ail falle mittheilen wollte. Solche einzelnen Fälle scheinen mir der That nicht geeignet zu sein, um darüber im Plenum zu ver—

In. lar w ne bezieht sich auf die Berichte, von denen er abfällig

mach. Wenn er jetzt nur von einzelnen Berichten spricht, die einmal urthümlich unrichtig oder unvollständig abgefaßt seien, das kann ubglich sein. Absichtlich werden solche unrichtigen Berichte aber nicht gefaßt, und das habe ich vorhin nur erklären wollen, und dabei

lebe ich auch stehen.

Abg. Schall (d. kons) erklärt, die Debatte habe ergeben,

na, die, Herren links ein Theil der Kraft wären, die das öse will und das Gute schafft. Die sozialdemokratische Presse, siht. Redner, fort, wird mich trotz alles Widerspruch, immer uz den Duellpfaffen hinstellen. Herrn Lieber gegenüber stelle ich et, daß niemand so scharf das Duell verurtheilt wie ich, auch ir Lieber nicht. Die Ansicht des Grafen Roon theile ich nicht. Herr rommel soll behauptet haben, die Armee sei eine Unzucht. Die Behauptung ist schon einmal im Reichstag Als es geschehen war, bekam ich einen Brief von ern Frommel, in welchem er fragte, ob denn kein Mensch im eichßstage vorhanden sei, der ihn vertheidigen könne. In den Friegervereinen mögen jg einzelne Anstößigkeiten vorgekommen sein, aber die Thätigkeit der Kriegervereine muß doch anerkannt werden. Diese Vereine sind allerdings den Sozialdemokraten ein Dorn im Juge, weil sie die vaterlandslesen Sozialisten von sich fern halten. Penn in der Armee noch nicht Alles so ist, wie gewünscht wird, so sest das nicht an der Thätigkeit der Geistlichen, sondern es wird manches in die Armee hineingetragen.

Abg. ,,, . (Soj.) bringt einen Fall aus Königs⸗ betg vor, wo Soldaten den Unternehmern bei einem Arbeiterausstand ut Verfügung gestellt worden seien, ohne daß ein Nothfall vorlag vie in Frankfurt a. O

Abg. Bebel (Soz.): Ueber den Verlauf der Verhandlungen hin ich erfreut, weil ich den Erfolg gehabt habe, die Vertreter der hirgerlichen Parteien zum Sprechen zu bringen, ja selbst den schweig⸗ samen Herrn von Bennigsen aus seiner Höhle herauszulocken, aus desen Rede der fanatische Haß gegen die Sozialdemgkratie spricht., Ich hatte das Gefühl, daß nicht mit der nöthigen Entschiedenheit und snergie von seiten der bürgerlichen Parteien gegen die Mißstände vor⸗ sehangen ist. Ich habe nicht die Armee als Institution angegriffen; 6 habe es ehrlich aus eigener Ueberzeugung anerkannt, daß die deutsche smee höher stehe als die anderen. Wie heute die Dinge liegen, die Armee eine Nothwendigkeit. Herr Rickert muß ein unschuldiges sndlein sein, wenn er sich wundert, daß wir die Militärforderungen ab⸗ schnen. Wir lehnen sie ab, weil die Armee auf einer uns nicht gefallenden Grundlage aufgebaut ist, weil die Mittel dafür in nicht richtiger Weise nfgebracht werden und weil von höchster Stelle aus die Armee als Vaffe gegen den inneren Feind, als den man uns bei passender und mpassender Gelegenheit zu brandmarken bestrebt ist, genannt ist. Vom Duell habe ich gesprochen, weil die Duelle in der Zunahme begriffen find, erst gestern ist wieder ein junges Leben dem Duell zum Opfer gefallen. Sogar die bürgerlichen Kreise werden von diesem Unfug er— srffen. Dem gegenüber sollte man sich nicht mit platonischen Er— ungen begnügen, man sollte so lange drängen, bis die Regierung muß. Ebenso bezüglich der Mißhandlung. Sind denn die Zeiten besser geworden gegen früher? Die Mißhand— ngen haben nicht abgenommen trotz aller Verbote und Erlasse nschiedener Fürsten und Generale. Früher sprachen sich die Erlasse icht bloß gegen körperliche Mißhandlungen aus, sondern auch gegen Schimpfen. Nedner verliest Erlasse der Generale von Möllendorff, Fneisenau, von Manteuffel u. s. w., welche den Offizieren verbieten, n Soldaten mit Schimpfworten, wie Kanaille, Hunde u. s. w. traktieren, und fährt fort: Beweisen diese zahlreichen Er⸗ he, daß die Militärmißhandlungen so selten sind? Wir hanchen gar nicht schwarz zu färben; wäre das nöthig, dann wäre 6 um uns geschehen. Wir können ganz bei der Wahrheit bleiben, md was wir da vortragen, ist noch schwarz genug, um die Entrüstung iler fühlenden Menschen zu erregen. Ich würde es viel lieber gesehen haben, wenn die bürgerlichen Parteien diese Dinge vorgetragen hätten, ze doch schlimm genug sind. Was ist uns denn widerlegt worden? Frellich, man glaubt ja nichts, was wir fern aber Alles, was gegen mi gefagt wird. Was als unrichtig erwiesen ist, ist so unbedeutend wie das Tüpfelchen auf dem J. Ueber die Unsittlichkeit in der Armee

habe ich mich auf meine Gegner als Gewährsmänner gestützt, in diesem Fale auf die Schrift eines evangelischen Geistlichen; ihn mögen Sie mhhgen, wenn es Ihnen nicht gefällt. Wir werden uns schön hüten, klhe Dinge von der Armee ju schreiben, denn wir würden wegen Heledigung der Armee angeklagt und schwer bestraft werden, Ueber de Aeußerungen des Garnisonpredigers Frommel berichtet ein Berichterstatter, der selbst die Rede gehört hat. Herr Frommel möchte ätzt gern die Aeußerungen verleugnen. Die Herren von den Sitt⸗ Ichkeltzvereinen sollten ja eine Eingabe an den Kaiser machen, um die Untersuchung zu beantragen. Seitdem ich die Herren als Kron⸗ kugen in Anspruch genommen habe, werden sie das unterlassen. Jede Kritik ist erlaubt, wenn die Herren unter sich sind, aber Die berfluchten Sozialdemokraten dürfen davon nichts erfahren. Ich bin auf die Frage nur eingegangen, weil Herr Schall die Armee gehen uns ins Feld führte. Dabei habe ich auch die Kriegervereine erwähnt und die Programme der Herrenabende, die nicht etwa außer⸗ halb der Vereine entstanden sind, wie angedeutet worden ist. Die Sachen sind veröffentlicht worden und kein Kriegerverein hat dagegen Widerspruch erhoben. Herr von Bennigsen meinte, wir wollten die Armee, dag feststehende Bollwerk gegen die Sozialdemokratie, unter⸗ gaben. Ich könnte fagen: Er unterstellt mir diese Dinge, um mich ingreifen zu können. Ich habe nicht verdächtigen wollen, ich habe das fachliche Material borgebracht. Ich habe nicht einmal wie siüher die Schlußfolgerung daraus gezogen, daß eine Reform der Militär. Strafprozeßordnung nothwendig ist, weil mir gesagt wurde, daß wäre dem Kriegs. Minister augenblicklich unbequem. Die Miß⸗ handlungen habe ich als Beweis für die Nothwendigkeit der Reform der Militär⸗Strasprozeßordnung angeführt, wie das die anderen Karteien auch früher, gethan haben. Sie werden ihre Gründe gafür haben. Aber wir wollen eine Besserung so schnell wie möglich erbeiführen. Es kommt noch etwas hinzu. Durch die Vermehrung der Armee ist der Adel unter den Offifieren in den Hinter— Rund getreten. Die bürgerlichen Parteien haben jetzt ihre ne in der Armee als. Dffiziere. Mit jeder Verinehrung

der Armee kommen so viel Arbeiter in die Armee hinein. Nachher aben wir das selbstverständliche Verlangen nach Schutz diesen Arbeiter gegen Mißhandlung. Als ehemals liberaler Mann verurtheilt err von Bennigfen das Duell, aber er meint doch, daß es manchen Fällen naheju zur Nothwendigkeit würde. In England silt es TFeinem Manne, auch keinem Iffizier ein, für die Vertheidigung seiner Ehre zur Waffe zu greifen. In Holland nd Amerika ist es ebenso. Die Liberalen vertreten heute ihren früheren tandpunkt so schwächlich, daß sie einer Regierung, die einigermaßen nergie hat, nicht mehr imponieren. Herr von Bennigsen glorifizierte die mee und behauptete namentlich, daß niemals weniger Rohheit borgekommen fei, als im Kriege von 1870. Solche Ausführungen machen auf dem Papiere fehr gut. Die Rede war ja auch nach einer bestimmten 6. gerichtet, nicht für die Mitglieder 8. Hauses bestimmt. Außer. 1 des 3. giebt es auch eine Menge von Leuten, die sich durch che patriotischen Phrasen berauschen lassen. Wir müssen ung fetzt gitegegen Vorwürfe vertheidigen, die in unseren Ausführungen keinen nhalt hahen. Ich habe niemals so objeitiv gesprochen, wie dies mal. enn es ist nicht angenehm, wenn nachher vom Regierungstisch erklärt

Schule der nulgesprochen.

wird: die Anführungen waren nicht richtig. Ich prüfe das, was i vorbringe. Es kann manchmal ö. ige ö. sein, ö. passiert den Ministern und der Militärverwaltung auch. Daß die Berichte der Vorgesetzten über Mißhandlungen nicht immer den That⸗ sachen entsprechen, Fafür haben wir Beweise in solchen Verhand- lungen, wo die YItißhandlungen vom bürgerlichen Gericht nachträglich geprüft werden konnten. Ich glaube also, daz gethan zu haben, was meine Enn, und Schuldigkeit war; durch nichts habe ich mich um einen Strohhalm von dem Wege abdrängen lassen, den ich für richtig halte. Nehmen Sie Veranlassung, dafür zu sorgen, daß unsere Klagen sich nicht wiederholen, dann werden wir gern zufrieden sein.

Damit schließt die Diskussion.

Das Gehalt des Ministers wird bewilligt.

Schluß 6i / Uhr. Nächste Sitzung Monkag 1 Uhr. (Fort— setzung der Berathung des Militär⸗-Etats.)

Preusischer Landtag. Haus der Abgeordneten.

20. Sitzung vom 15. Februar 1896. Ueber den Beginn der Sitzung ist vorgestern berichtet worden. Das Haus setzt die zweite Berathung des Staats h aus⸗ halts-Etats für 1896ñ'97 bei dem Etat der Berg⸗, Hütten- und Salinenverwaltung fort.

Auf die zu dem Titel „Einnahmen aus den Produkten

der Bergwerke, Hütten und Salzwerke“ gemachten Bemerkungen

des Abg. Schultz⸗Bochum (nl) erwidert der

Minister für Handel und Gewerbe Freiherr von Berlepsch:

Meine Herren! Der Herr Vorredner hat eine Reihe von Punkten berührt, die für das Bergrecht von recht erheblicher Bedeutung sind, und ich kann ihm zunächst nur bemerken, daß ich gern bereit bin, seinen Ausführungen folgend, in Erwägung zu nehmen, inwieweit seinen Vorschlägen stattgegeben werden kann resp. von der Staatsregierung eine Initiative zur Aenderung der bestehenden gesetzlichen Bestimmungen genommen werden kann. Eins möchte ich allerdings auch hierbei erwähnen, daß ich doch im allgemeinen auf dem Standpunkt stehe, an den Bestimmungen des Berggesetzes nur dann zu rütteln, wenn sich eine absolute Noth⸗ wendigkeit dafür ergiebt. Es sind ja manche Bestimmungen des be⸗ stehenden Berggesetzes angefochten, und zwar, wie die Herren wissen werden, nicht nur aus den Kreisen der Berginteressenten heraus, sondern auch von Persönlichkeiten, deren Interessen durch den Bergbau verletzt werden. Ich habe immer die Besorgniß, daß, wenn man an eine Aenderung des Berggesetzes in verschiedenen wesentlichen Bestimmungen geht, dann ein Haltmachen nicht ganz leicht ist, und eine Reihe von Fragen aufgeworfen werden, die nach meiner Auffassung, solange eben nicht eingehende und weitgreifende Beschwerden vorliegen, besser bestehen bleiben. Bezüglich der von ihm berührten Punkte will ich nur erwähnen, daß meines Erachtens die Frage der Größe der Felder wenigstens für den Steinkohlenbergbau keine erhebliche Bedeutung hat, und zwar aus dem Grunde, weil im Großen und Ganzen der Himmel bereits vertheilt ist. Es ist nicht mehr sehr viel übrig, wo bei Er⸗ werbung neuer Felder eine Beschwerde darüber entstehen könnte, daß das etwa erliehene Feld zu klein sei.

In einer anderen Beziehung stehe ich seinen Ausführungen ziemlich nahe, das ist bezüglich des jetzt zulässigen Verfahrens der Einlegung und des Fallenlassens der Muthungen, eines Verfahrens, das mir an sich nicht sympathisch ist. Aber hervorheben will ich doch, daß, wenn der Herr Vorredner behauptet hat, daß ein solches Verfahren dem Geist und dem Willen des Gesetzes nicht entsprechend sei, jetzt in drei verschiedenen Fällen das bestehende Verfahren als dem Gesetz entsprechend vom Reichs- gericht anerkannt worden ist.

Ich wiederhole, daß ich bereit bin, die Anregungen, die der Herr Vorredner gegeben hat, in Erwägung ju ziehen und, soweit ich zu der Ueberzeugung komme, daß es wünschenswerth ist, das Gesetz zu ändern, mit den Interessentenkreisen in eine eingehende Erörterung zu treten. Meines Erachtens würde das unerläßlich nothwendig sein, umsomehr als Beschwerden oder ein Drängen aus Interessentenkreisen in der von ihm bezeichneten Richtung an das Ministerium fast gar nicht hervorgetreten sind. Namentlich in Betreff der Frage der Vertheilung der Bruchkure bei Konsolidationen es sind hier nur die Gewerkschaften neueren Rechts in Frage ist, soweit mir bekannt, eine Beschwerde an das Ministerium über die dabei entstehenden Schwierigkeiten nicht gelangt. Aber, wie gesagt, ich kann ihm zusagen, ich bin bereit, in eine Er⸗ wägung einzutreten, inwieweit seinen Anregungen Folge gegeben werden kann.

Nach der gleichfalls schon mitgetheilten Rede des Abg. von Kardorff (fr. kons.) über die Währungsfrage erklärt der

Minister für Handel und Gewerbe Freiherr von Berlepsch:

Meine Herren, ich habe nicht die Absicht, mich an der Wãährungs⸗ debatte zu betheiligen. Der Standpunkt der preußischen Staats⸗ regierung ist durch die Erklärung des Herrn Reichskanzlers im Reichstag festgelegt, und ich würde nicht in der Lage sein, Erklärungen namens der Staatsregierung, über diese Frage abzugeben, die einen anderen Inhalt hätten, wie das, was der Herr Reichskanzler aus⸗ gesprochen hat.

Den Herren ist bekannt, daß die preußische Staatsregierung den lebhaften Wunsch hat, daß der Silberpreis gehoben wird. Es ist das hier ausgesprochen worden von dem Herrn Landwirthschafts⸗Minister, es ist von mir ausgesprochen aus den Interessen unserer Ressorts heraus; an diesem Standpunkt halten wir natürlich auch heute fest. Im übrigen aber, wie gesagt, halte ich eine Aussprache der König⸗ lich preußischen Staatsregierung in dieser Frage für ausgeschlossen.

Mich veranlaßt zu einigen Bemerkungen nur eine Aeußerung des Herrn von Kardorff, der ich entgegentreten muß. Er hat bemerkt, daß die Regierung in der Währungsfrage sich auf Parteien stützt, auf die sie sonst nicht rechnen kann, sich stützt auf die Sozialdemokratie und die freisinnige Partei ich glaube, er hat auch andere Parteien genannt (Abg. Rickert: Welfen und Polen! Widerspruch des Abg. von Kardorff. Glocke des Präsidenten) jedenfalls sich stůtzt auf Parteien, auf die sie sonst nicht rechnen kann. In dieser Frage stützt sic die Regierung lediglich auf ihre Ueberzeugung (sehr gut! links) wie immer. Es kann gar keine Rede davon sein, daß hier eine Stütze auch nur gesucht wird bei irgend einer politischen Partei. Eine Regierung. die in einer solchen Frage nicht ihrer Ueberzeugung folgte, würde über haupt nach meiner Auffassung unmöglich sein. (Zustimmung links.)

Nun möchte ich die Gelegenbeit benutzen, um noch einige Worte

über einen ganz nebensächlichen Gegenstand zu sagen. Vom Herrn Abg. Arendt ist der Name des jetzt vielgenannten Bergrath Schmeißer erwähnt, der, wie Sie wissen, von mir zunächst nach Trans vaal ge⸗ schickt wurde, um die dortigen Goldlagerungsverhältnisse eingehend zu untersuchen. Späterhin, nachdem das geschehen war, kam an den Bergrath Schmeißer die Anfrage von einem englischen Kon⸗ sortium, ob er geneigt sei, in ihrem Auftrag nach Australlen zu gehen, um die Goldverhältnisse in einigen Gegenden von Australlen zu untersuchen. Selbstverständlich hat er meine Genehmigung dazu nachgesucht, und ich habe sie ihm ertheilt, weil ich der Meinung war, daß sich hier für die preußische Regierung eine besonders günstige Gelegenheit böte, auch über die australischen Goldverhältnisse eingehend informiert zu werden. Ich habe deshalb meiner Genehmigung die Bedingung hinzugefügt, daß der Bergrath Schmeißer über alles, was er in Australien findet, mir zu berichten in der Lage ist, und daß seine Auftraggeber ihm in dieser Beziehung keine Hindernisse bereiten können. Auf diese Bedingung ist man ein—⸗ gegangen, und infolgedessen sind mir auch von Herrn Bergrath Schmeißer bereits einige Berichte über das zugegangen, was er in dem australischen Bezirk gefunden hat. Gelegentlich dieser Berichte hat er auch erwähnt, in wie ihn bedrückender Weise seine Berichte zum Gegenstand der Spekulation gemacht würden; er hat dabei die Versicherung ausgesprochen und der ist ganz ohne weiteres Glauben zu schenken —, daß er in seinen Aeußerungen über das, was er in Australien gefunden hat, außerordentlich vorsichtig sei, daß er unbetheiligten Personen überhaupt keine Mittheilung mache und auch in den Berichten, die er an seine Auftraggeber abgebe, sich lediglich an die Thatsachen hält, die er bei der Untersuchung der dortigen Lagerungsverhältnisse vorgefunden hat. Nun geht in der ausländischen Fachpresse eine sehr lebhafte Bewegung für die Gold⸗ minen nicht nur in Afrika, sondern auch in Australien um, und die Person des Bergraths Schmeißer wird bei dieser Gelegenheit weidlich benutzt, um Reklame für Unternehmungen zu machen, deren Sicherheit heutzutage ja ganz zweifellos noch nicht feststeht.

Ich habe es deshalb für meine Pflicht gehalten, hier auszusprechen, daß ich überzeugt bin, daß alle Reklamen, die mit Aeußerungen des Herrn Bergraths Schmeißer über seine Funde in Australien ge⸗ macht werden, die er in Australien selbst machte, ohne jede Basis sind, daß ich nur den dringenden Wunsch aussprechen kann, daß deutsche Kapitalisten an Unternehmungen sich nicht betheiligen, die lediglich auf diese Reklamen gefußt sind. (Lebhaftes Bravo h

Abg. Bueck (nl): Herr Arendt hat seine Ansichten über die Goldvorräthe geändert, und einer seiner besten Freunde, Professor Sueß in Wien, hat kein Ruhmesblatt zu verzeichnen, als er uns in der Währungskommission prophezeite, daß alles auf, der Erde vor⸗ handene Gold gefunden sei. Die Erklärung des Reichskanzlers hat unsere Befürchtungen, soweit sie noch bestehen könnten, beseitigt; ich wünsche aber auch, daß die Regierung offen erklärte, daß sie die Goldwährung aufrecht erhalten wolle. Dann könnten wir uns manche Debatte ersparen. Ein Goldagio haben nur Länder die sich in wirthschaftlich und finanziell unzulänglichen Verhältnissen befinden, und daz kann Herr von Kardorff von Amerika nicht behaupten. Wir haben also nichts zu befürchten, wenn Amerika wirklich zur Gold⸗ währung überginge. Eine Hebung der landwirthschaftlichen 3 erreichen Sie mit dieser Frage nicht, denn sie hängen vom Welt⸗ markt und von der Ernte ab, die zunehmende Konkurrenz anderer Länder, z. B. Japans, können Sie durch die Währung auch nicht ausschließen, das können Sie uns nicht weis machen. Von der Währungsfrage verstehen noch sehr viele Kreise nichts, Herr von Kardorff hätte der Industrie daraus keinen besonderen Vorwurf machen sollen. Cin Beschluß zu Gunsten des Bimetallismus ist in den Parlamenten wohl möglich, schon oft haben begeisterte einflußreiche Männer nicht nur Parlamente, sondern . Völker hingerissen; aber darüber steht noch die , . welche die Sache mit anderen Augen ansieht und hoffentlich keine Beschlüsse fassen wird, welche nur die Sozialdemokratie fördern würden.

Abg. Rickert: Das Wort bezahlte Agenten“ hat Herr von Kardorff zwar zurückgenommen, aber die Verdächtigung hinzugefügt, daß es doch Agenten hier giebt, welche, wenn au unbewußt, die Interessen Englands vertreten. Was soll man dazu sagen? Im Fobdenklub herrscht ein viel größeres Verständniß für diese Fragen, Ich bin Ehrenmitglied des Cobdenklubs. Will Herr von Kardorff Fehaupten, daß Herr von Keudell, der frühere Präsident des Inwa— lidenfonds Dr. Michaelis oder der frühere Staats, Minister Delbrück bezahlte Agenten Englands sind? Das sind auch alles Ehrenmitglieder des Cobdenklubs. Herr von Kardorff mag seinen Fähigkeiten sehr viel zutrauen, aber in der Kenntniß des wirthschaftlichen Lebens wird er sich mit Herrn Delbrück nicht messen wollen nun ja, ich könnte ihm diesen Muth wohl auch zutrauen. Worin be⸗ steht das ganze Agententhum? Es sind etwa 20 Ehrenmitglieder des Cobdenklubs in Deutschland, ich kann Herrn von Kardorff das Verzeichniß derselben geben, damit er sieht, wer zu den bezahlten Ägenten gehört. Wir zahlen als Chrenmitglieder keine Beitrge, bekommen einmal im Jahre den Jahresbericht, franko allerdinge, und von den Schriften des Klubs je ein . franko. Was hat es also für eine Bedeutung, wenn ein Mann wie Herr von Kardorff folche Verdächtigungen autzspricht? Sie mögen uns für so dumm und thöricht halten, wie Sie wollen, aber solche Dummheit und Thorheit foͤllen Sie uns doch nicht zutrauen. Das übersteigt doch das Maß deffen, was erlaubt ist. Daß Herr von Kardorff nach seinen privaten Mittheilungen noch die amtliche te, . des Reichskanzlers bezweifelt, ist für einen solchen Volksvertreter chara teristisch!

Abg. von Eynern: Ich bin kein Mitglied des Cobdenklubs, stehe also unverdächtig da. Die Hebung der Getreidepreise ist ja von wirthschaftlichem glu Sie erreichen das Ziel aber nicht mit diesen Mitteln; daß die Landwirthschaft infolge der Goldwährung

underie von Millionen Herr von Kardorff hätte mit demselben Rr auch 665 Millionen sagen können verloren habe, ist durch nichls zu beweifen. Gewiß ist Japans Industrie im Aufgange be⸗ griffen, aber es ist doch eine übertriebene Besorgniß, daß dies nach europäischen Begriffen noch ye, Volk unsere Industrie verdrängen könnte. Die Silberwährung hat mit dieser Frage garnichts

thun. Auch mit solchen Behauptungen, daß die Goldwährungsblätter . haute finance bezahlt werden, wird die Sache nicht ge⸗

ordert. Es ist direkt falsch, daß die Großkapitalisten Goldwährungs⸗ . sind. ö. von Kardorff hat selbst ,, zu Groß⸗ kapitalisten, und, er weiß ganz genau, daß sie und die Börse großen theils Bimetallisten sind. Herr von Kardorff sollte die Verhältnisse der Banken und der Industrie etwas eingehender studiren, dann würde er nicht solche Reden halten, wie wir sie hier und im Reichstag zu hören bekommen. . .

Abg. Arendt: Weder der Bund der Landwirthe noch die Bim. sistẽn agitieren so wüst und so wenig strupulss wie die Goldwährungsmänner. So spricht man von einer Verschlechterung des Geldes und davon, . die Landwirthe ihre Schulden mit minder werthigem Geld zurückzahlen wollen der reine Unsinn. Wir vertreten nicht allein agrarische Interessen, sondern allgemeine Interessen. Thäten . if ö t, . 4 a sch⸗ . nen n,,

eutschland verlangen. Nach den Ansichten des Herrn von

8 man meinen, die Schwankungen der Valuta seien ein lück

r die Industrie. Sehr interessant ist die Behauptung 6. 1 Unser Ziel ist die Beseitigung der Valutaschwanfungen,. .

des ran Eynern, daß die Börse zum größten ö imetallistis kommt es, daß die Preife der landwirthschaftlichen Produkte nur in