1896 / 42 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 17 Feb 1896 18:00:01 GMT) scan diff

Versammlungen äußerten die Bergleute ihre Unzufriedenheit darüber und verlangten die Errichtung eines Schiedsgerichts. Die Knapp— schaftskassen seien ein ewiger Zankapfel zwischen den Arbeitern und

KHeldwährungelaͤndern gesunken sind, die Landwirthschaft in den ilberländern aber sich ö. sehr guter Lage befindet? Die 8 frage ist doch keine Erfindung der ng lit ö

immer gebildet werde. Daraus wird gefolgert, daß V eines Vereins, selbst wenn sie nur 3. M gehen . luna

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die Doppelwährun demokraten der e en die Doppelwährung, schaft fördern würde. Die Bimetallisten arbeiten der Sozial. demokratie nicht in die Hände, denn diese ist ja die Haupt⸗ ar, ihrer Gegner. Die Freihandelepolitik hat sich längst als verkehrt erwiesen. Die bimetallistischen Experimente, wie sie Amerika gemacht hat, wollen wir nicht nachmaͤchen, dort haben sie zum Krach geführt. Wenn jetzt in Amerika die reine Silberwährungs⸗ partei durchdringt, so bekommen wir eine Valutadifferenz, die nicht nur unsere Landwirthschaft, sondern auch unsere Industrie gefährden würde. Man kann von einem neuen . Minister doch nicht verlangen, daß er in acht Tagen den Bimetallismus macht; Herr von Kardorff als Reichskanzler würde auch mehr Zeit dazu brauchen. Man weist darauf hin, daß die französische Regierung den Bimetallismus nicht ohne England machen wolle, das ist ja jetzt auch unser Pro— ee ma Wenn wir nicht des Sieges des Bimetallismus in England icher 3 hätten wir nicht die Konzession gemacht, auf England zu warten.

Abg. Broemel (fr. Vgg.) berichtigt einen Irrthum dahin, daß nicht Graf Limburg die Bemerkung bezüglich des Cobdenklubs gemacht habe, sondern Herr von Kardorff. ch will ruhig abwarten, was die Freunde des Herrn Arendt in England thun werden. Bigher haben immer die Bimetallisten des einen Landes den Bimetallisten des anderen Landes in Aussicht gestellt, daß ihre Sache nunmehr bald in ihrem Lande den Sieg davontragen werde. Die Prophezeiung des Grafen Mirbach im Jahre 1891, daß durch das Vorgehen Amerika die Frage gelöst und der Silberpreis befestigt werden würde, ist durch die Erfahrung gänzlich vernichtet, und denselben Werth haben 6. die Prophezeiungen des Herrn Arendt über den Sieg seiner a

e.

Abg. Arendt: Diese Voraussagung des Grafen Mirbach war nur veranlaßt durch die falsche Nachricht aus Amerika, daß die Sherman. Bill die Freigabe der Silberprägung herbeigeführt habe.

ö. von Bockelberg (kons.) hefe cht die Lage der Salz— bergwerke und bittet die Regierung um rechtzeitige Vorkehrungen, damit bei Ablauf des jetzigen Kalisyndikats die fiskalischen Kaliwerke unter Umständen den Bedarf allein decken können, damit die Privat— werke die. Preise nicht erhöhen. Im Interesse der Landwirthschaft müsen wir die, Preise der künstlichen Düngemittel niedrig halten. Auch in den östlichen Landestheilen follte man mehr Kali fördern.

Minister für Handel und Gewerbe Freiherr von Berlepsch: Meine Herren! Im allgemeinen bewegen sich ja die Absichten der Bergverwaltung in der Richtung, die der Herr Abg. von Bockelberg als im Interesse der deutschen Landwirthschaft liegend bezeichnet. Ich habe schon Gelegenheit gehabt, bei der vorjährigen Etatsberathung in dieser Beziehung mich auszusprechen. Ich will heute nur noch hinzufügen: so weit wird man nicht zu gehen brauchen, daß die fis— kalischen Werke sich alsbald in die Lage setzen, allein den Gesammt—⸗ bedarf der deutschen Landwirthschaft zu decken. Es würde vermuthlich auch sobald nicht möglich sein. Es kommt wesentlich nur darauf an, daß wir in der Lage sind, einen bestimmenden Einfluß auf die Preisgestaltung zu gewinnen, und dieser Einfluß soll, wie dies bereits von mir ausgesprochen ist, in der Richtung geltend gemacht werden, daß für den Konsum der heimischen Landwirthschaft die Preise für Dungsalze so billig gestellt werden, wie es irgend möglich ist, daß bei der Verwerthung dieser Produkte weniger die fiskalischen Rück—⸗ sichten gelten sollen als der Nutzen, den man der Entwicklung der Landwirthschaft in unserm Vaterlande dadurch zu theil werden läßt. Um uns nun in den Besitz der nöthigen Mittel, um diesen Einfluß auszuüben, zu setzen, wird ja allerdings eine Ver— mehrung der fiskalischen Betriebe anzustreben sein. Eine solche ist bereits in Angriff genommen dadurch, daß wir in der Staßfurter Gegend einen Schacht abteufen, der in etwa zwei bis drei Jahren fertig gestellt wird, und daß wir außerdem versucht haben, in den östlichen Landestheilen, wo man bisher der Frage der Findung von Kalisalzen hoffnungslos gegenüberstand, doch noch Kalisalze zu finden. Ueber die Resultate dieser Untersuchungen bin ich nicht in der Lage, Aufschlüsse zu geben. Ich kann aber aussprechen, daß, wenn es uns gelingen sollte, in den östlichen Provinzen abbauwürdige Kalisalze zu finden, wir ganz gewiß keinen Augenblick zögern würden und ich bin nicht zweifelhaft, daß der Herr Finanz⸗Minister die nöthigen Mittel uns zur Verfügung stellen wird —, mit der Gewinnung so schnell wie möglich vorzugehen, um, wie der Herr Abg. von Bockel— berg richtig erwähnt hat, die außerordentlich hohen Frachtsätze, die heute auf dem Konsum der Kalisalze im Osten liegen, nach Möglich keit herunterzusetzen.

Abg. Gothein (fr. Vg.) empfie ĩ ĩ neuen Er d, gf a, enn . . . die . richtig sei, daß in Kalkberge Rüdersdorf Kali gefunden sei.

Minister für Handel und Gewerbe Freiherr von Berlepsch:

Meine Herren! Ich bin bereit, auf die Frage dahin zu antworten, daß allerdings Spuren von Kali bei den Bohrungen in der Nähe von Rüdersdorf gefunden worden sind. Ob das zu dem Resultat führen wird, dort einen Betrieb zu eröffnen, das steht heute noch nicht fest, und selbst wenn es etwas fester stände, als es feststeht, würde ich darüber die Auskunft verweigern. (Heiterkeit Denn, meine Herren, Sie wissen alle, die das Leben und Treiben in der Kaliindustrie beobachtet haben, wie außerordentlich bereit die Privatindustrie ist, sich sofort an diejenige Stelle zu setzen, wo irgendwie eine Hoffnung ist, etwas zu finden, was ich ihr nebenbei garnicht verargen will. Gerade von dem Gesichtspunkt aus, den auch der Abg. Gothein für richtig hält, daß man vermeiden muß, zuviel Schächte auf Kalisalze in die Erde zu bringen, gerade von dem Gesichtspunkt aus halte ich es für richtig, daß man keine näheren Nachrichten über die Resultate unserer Bohrungen giebt. Sowie wir, wie gesagt, soweit sind, daß wir glauben, etwas Abbauwürdiges gefunden zu haben, wird man es sehr bald deutlich merken.

Die Einnahmen werden bewilligt.

Bei den dauernden Ausgaben wünscht

Abg. Bartmer (nl) die Gleichstellung der Werksbeamten mit gleicher Beschäftigung auf allen Werken.

Geheimer Bergrath. von Amm on erwidert, daß diese Beamten in verschiedene Klassen eingetheilt werden müßten, weil die Art der Beschäftigung und die Gefahr derselben verschieden seien; indessen sollen die Gehälter derselben noch einer Prüfung unterzogen werden.

Abg. Engels (fr. kons.) häli es nicht fur angemessen, die Be⸗ amten eines bestimmten Werks besonders zu bevorzugen, und empfiehlt die Besserstellung der Schichtmeister, Sekretäre und errcrn; im Wege einer anderen Olganisgtion.

Geheimer. Ober ⸗Finanz⸗Rath Lehnert erklärt, daß nach ein— gehenden Erwägungen dem Wunsche des Vorredners nicht Rechnung 2. 3. i tr) beklagt es, daß die V

g. el Gentr) beklagt es, daß die Vorstände der Knapp— schaftskassen über das Vorhandensein der Invalidität der Ber a .

nütze der Landwirthschaft nicht, und die Sozial⸗ weil sie die Landwirth⸗

Arbeitgebern.

trifft diest Behauptung nicht zu. Knappschaftsvereine giebt es die Beschwerde an das Ober-Bergamt. . '. iedsgerichte würden die Unzufriedenheit auch nicht aus der e affen. 99 96 etocha (Zentr!) schließt sich den Wünschen des Abg. el an. Bei den Ausgaben für Badeanstalten beschwert sich Abg. Dr. Virchow über das Verhalten der Badeverwaltung von Deynhausen gegen den dort praktizierenden Sanitäts- Rath Lehmann. Dieser habe wegen einer plötzlichen Abkühlung des Wassers Temperatur⸗ messungen vornehmen wollen und sei dabei zufällig in den Damen— flügel . Die Badeverwaltung habe ihm darauf geschrieben, er möchte die Temperaturmessung in Zukunft der Badeverwaltung über⸗ lassen, st⸗ werde ihm jede ö Auskunft ertheilen. Der Arzt fühlte sich durch dieses Mißtrauen in sittlicher Beziehung schwer ge— kränkt, hat die Sache aber vergeblich durch alle Instanzen verfolgt. Es sollten Bestimmungen erlassen werden, nach denen sich die Bade⸗ verwaltung zu richten habe.

Minister für Handel und Gewerbe Freiherr von Berlepsch:

Der Fall ist mir in seinen Einzelheiten nicht im Gedächtniß. Ich war nicht darauf vorbereitet, daß er heute hier vorgebracht werden würde. Für so wichtig kann ich ihn aber doch nicht ansehen (sehr richtig!), daß man daraus ableitet, es sei nun nothwendig, einen Kodex zu verfassen für das Verhalten der Badeverwaltung gegenüber den Badeärzten. Ich weiß ja nicht, ob das Schreiben berechtigt gewesen ist. Ich war, wie gesagt, auf die Sache nicht vorbereitet. Es können da auch noch andere Momente vorgelegen haben, die es der Badeverwaltung als wünschenswerth erscheinen ließen, das Betreten der Badezelle durch den Arzt zu gewissen Zeiten zu untersagen. Das möchte ich aber unter allen Umständen hervor— heben: davon kann gar keine Rede sein, daß in dem Schreiben ein Vorwurf gegen den betreffenden Arzt in sittlicher Beziehung gelegen hat. Hat er das herausgefunden, so leidet er an übertriebener Reiz⸗ barkeit, und für einen Badearzt empfiehlt sich das in keiner Weise. Heiterkeit.) Abg. Virchow bleibt dabei, Form hatte. Bei den Ausgaben für die Ober-Bergämter empfehle noch die Abgg. V (nl.) und . i ö höhung des Maximalgehalts der Bergrevierbeamten. Der Rest des Berg-Etats wird ohne Debgtte bewilligt.

Schluß nach 4 Uhr. Nächste Sitzung Montag 11 Uhr. (Etat der Bauverwaltung.) ö ö. ; .

daß das Schreiben eine unzulässige

Entscheidungen des Reichsgerichts.

Der Irrthum eines vermeintlich Eingesperrten darüber, daß wirklich ein dem freien Ausgange entgegenstehendes Hinderniß vorliegt, während thatsächlich ein solches Hinderniß nicht vorhanden ist, hebt, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, J. Strafsenat, vom 7: Oktober 1895, den Begriff des Eingesperrtseins nicht auf, wenn die gegebene Sachlage die Auffindung des Beseitigungsmittels ver⸗ hindert oder wenigstens nur durch Aufwendung einer außergewöhnlichen Aufmerksamkeit ermöglichen kann. In diesem Fall ist die Ein⸗ sperrung, wenn sie vorsätzlich und widerrechtlich geschieht, aus Sz 239 Stwafgesetzbuchs zu bestrafen. Ein Gendarm begab sich an einem Abend in Verfolgung einiger jugendlicher Burschen, die ver— botswidrig ein Wirthshaus besucht hatten, und die aus dem Tanzsaal die mit einer Thür versehene Speichertreppe hinauf geflüchtet waren, auf diese Treppe. Als er sich dort auf der 5. Stufe vor einem voll- ständig dunkelen Raum sah, wurde die Treppenthür von H., einem Wirthshautsgast, zugeschlagen. Der Gendarm tastete im Dunkeln ver= geblich nach einem Schloß an der Thür oder nach einer Vorrichtung, dasselbe zu öffnen, herum und rannte sodann die Thür mit Gewalt ein, um sich zu befreien. H. war inzwischen in den Tanzsaal zurückgegangen und erzählte dort, daß er den Gendarm eingesperrt habe. H. wurde wegen vorsätzlicher und widerrechtlicher Einsperrung aus § 239 Str. G. B. angeklagt. Dem Einwande des Angeklagten, daß die in Rede stehende Trepven—⸗ thür durch einen leichten Druck gegen einen an dem Schlosse befind— lichen Zapfen auch von innen hatte geöffnet werden können, hat die Strafkammer keine Beachtung geschenkt, vielmehr vorsätzliche Ein⸗ sperrung im Sinne des 139 angenommen, da es unter den gegebenen Umständen und für den Betreffenden bei der herrschenden Dunkelheit und der Unbekanntschaft des Gendarmen mit der Einrichtung des Thürschlosses unmöglich gewesen sel, sich zu befreien. Die Revision des Angeklagten wurde vom Reichsgericht verworfen, indem es begründend ausführte: . Rechtlich kann in Frage kommen, inwie⸗ weit ein Irrthum des Eingesperrten darüber, ob wirklich ein dem freien , entgegenstehendes Hinderniß vorliegt, den Begriff des Ein⸗ gesperrtseins aufhebt. In dieser Richtung ist entscheidend, ob, wenn das Hinderniß nur, ein scheinbares war, der vermeintlich Eingesperrte, dem die Möglichkeit der Beseitigung des Hindernisses unbekannt war, mit Rücksicht auf die obwaltenden Umstände, seine eigene Perfönlich- keit und die Beschaffenheit des Mittels zur Beseitigung bei gewöhn— licher Aufmerksamkeit, die Wegräumung des Hindernisses haͤtte be— werkstelligen können, oder ob die gegebene Sachlage die Auffindung des Beseitigungsmittels verhinderte oder wenigstens nur durch Auf— wendung einer außergewöhnlichen Aufmerksamkeit ermöglichen konnte. Im ersten Falle wird es am objektiven Thatbestande der erfolgten Einsperrung fehlen; im zweiten Falle stellt sich die Aufhebung der freien Bewegung nicht bloß als eine scheinbare, sondern als eine folche dar, die für den Betreffenden, ohne daß er sie beseitigen konnte, wirklich vorhanden war.“ (29738 / 95.)

Entscheidungen des Ober⸗Verwaltungsgerichts.

Dem Vorstand des „Arbeiter⸗-Sängerbundes für Berlin und Umgebung“ war vom Polizei⸗Präsidenten aufgegeben worden, ein Perzeichniß des Vorstands und der Mitglieder des Bundes fowie ein Fremplar der Statuten einzureichen. Auf die Beschwerde des Vorstands, der diese Verfügung als weder durch das Vereinsgesetz noch durch die allgemeinen Befugnisse ,. erechtfertigt bezeichnete, entschied der Ober Präsident, daß der Arbeiter⸗Sängerbund nach seinem bisherigen Verhalten als ein Verein angesehen werden müffe, der eine Einwirkung guf öffentliche Angelegenheiten bezwecke, und daß die Ver— fügung des Polizei⸗Präsidenten daher aufrecht zu erhalten sei. Die gegen diesen Bescheid vom Vorstande des Arbeiter. Sängerbundes er⸗ hobene re ist vom Ersten Senat des Königlichen Ober⸗Verwaltungs⸗ r en kostenpflichtig abgewiesen worden. Aus den Gründen der

ber · Verwaltungs gerichts . Entscheidun ist Folgendes hervorzuheben: Verfehlt ist die Ausführung des Klägers, daß der Bund wegen seiner Organisatien ein Verein nicht sei. Wenn 566 auf ein Urtheil des Ober⸗Verwaltungsgerichts beruft, fo beruht dies auf einer Verwechselung der Begriffe des Vereins und der geschlof= senen Gesellschaft. In dem angezogenen Urtheil ist freilich ausge⸗ führt, daß durch die Zugehörigkeit zu einem Verein ein engerer, ver. möge des inneren Bandes, wechselseitiger persönlicher Beziehungen in

ntscheiden haben, ohne daß es einen Rekurs dagegen gebe. In allen

Geheimer Ober ⸗Bergrath Hr. Fürst: In dieser Allgemeinheit Gegen die Entscheidungen der

unter Umständen als öffentliche angesehen werden können? ö. in aber nicht gesagt noch auch angedeutet, daß das Bestehen ö. i Beziehungen zwischen den Mitgliedern das wesentliche Merkmal 6 Verein ist; vielmehr ist im ese en der Gedanke ile gebracht, daß Vereine als solche bestehen können, ob artiges Band zwischen den Mitgliedern nicht vorha minder ist es verfehlt, wenn Kläger hervorhebt, daß h deshalb als ein Verein nicht angesehen werden könne, well er udn einzelne Personen, sondern nur Vereine als Glieder in und nur den Vereinen, nicht den einzelnen Personen Mit eln pflichten auferlege und Mitgliedsrechte einraͤume; denn ö heißt nichts Anderes, als daß die Aufnghme der einzelnen PFersoꝛ an, die Bedingung der vorhergehenden Vereinigung zu Gruppen n knüpft und gemeinschaftliche Ausübung der Vereinsrechte und uch. zur Pflicht gemacht wird, und kann daher an dem rechtlichen ln. des Bundes als einer Vereinigung physischer Personen zu genre schaftlichen Zwecken nichts ändern. Hiernach ist der Bund alg en Verein im Sinne des Vereinsgesetzes vom 11. Marz 18560 9 zusehen; daß er aber guch eine Einwirkung auf öffentliche An. gelegenheiten bezweckt, ergiebt sich aus den in der Deffentlichlet verbreiteten und niemals berichtigten Mittheilungen in ihrer Sr sammtheit, daß der Bund regelmäßig Feste an Tagen gefeiert hat die notorisch als Gedenktage von der sozialdemokratischen Partei be⸗ trachtet werden, daß der Festsaal mit Emblemen dieser Partei, ing besondere mit rothen Fahnen und den Büsten verstorbener Führer und Gründer der sozialdemokratischen Partei geschmückt worden ist, und daß hervorragende Mitglieder dieser Partei zu den Festen eingeladen waren, auch auf Veranlassung der deitung des Bundes als Festredner aufgetreten sind. Schon hierdurch win der Verdacht begründet, daß der Bund nicht lediglich das Kunstinteress fördern, sondern zugleich die politischen Bestrebungen der Sozialdemo⸗ kratie unterstützen will. Zur Gewißheit wird aber diese Vermuthun durch den Inhalt einer Festzeitung des Bundes vom 2. Dezember 1893 in der es u. 4. heißt: Und so wollen wir weiter vorwärts streben, stets eingedenk, daß auch wir die Aufgabe haben, mit unseren Lieder immer mehr neue Rekruten zu werben für den Klassenkampf der Arbeiter Wir wissen, daß die Bourgeoisie und die gesammte bürgerliche Gesel. schaft uns mit ihrem Haß verfolgt und stets bedacht ist, uns zu schaden 5 wir uns von falschen Freunden fern; unser Bund gehört den rbeitern, unsere Lieder dem kämpfenden, nach Freiheit ringenden Pro⸗ letariat. Ist nun auch in diesen Worten die Sozialdemokratie nicht aus, drücklich genannt, so läßt doch die Gegenüberstellung des kämpfenden nach Freiheit ringenden Proletariats gegen die Bourgeoisie und di bürgerliche Gesellschast keinen Zweifel daran übrig daß der Klassen kampf der Arbeiter, für welchen durch die Lieder des Bundes neue Rekruten geworben werden sollen, nichts Anderes ist, als der Anschluß an di Bestrebungen der Sozialdemokratie. Die gleiche Tendenz lasen andere Stellen derselben Festschrift erkennen, welche mit Wissen un Zustimmung der Leitung des Vereins verbreitet worden ist. Hiernach unterliegt die Annahme der Polizeibehörde, daß der Arbeiter. Sänger, bund die Unterstützung der sozialdemokratischen Partei durch Werbung neuer Anhänger und Befestigung gewonnener zu seinen Aufgaben zählt und in so weit eine Einwirkung auf öffentliche An— gelegenheiten bezweckt, keinem Bedenken. Ob sich seine Auf, Fi. in, diesem Bestreben erschöpft oder ob er daneben noch andere iele, wie die Verbreitung der Gesangskunst unter den Arbeitern, ver, folgt, und welche der n, Zwecke Haupt. oder Nebenaufgabe sind, kann dahingestellt bleiben. Denn unter 5 2 des Vereinsgesetze fallen nicht nur solche Vereine, deren Zweck die Einwirkung af öffentliche Angelegenheiten ausschließlich zum Gegenstande hat, sonden e. ihr welche dieses Ziel neben der Erfüllung anderer Aufgaben ezwecken.

Handel und Gewerbe.

Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien.

An der Ruhr sind am 15. d. M. gestellt 11 344, nicht rechtzeith

gestellt keine Wagen.

In Oberschlesien sind am 14. d. M. gestellt 4350, nicht recht

zeitig gestellt keine Wagen.

. Vom obersch lesischen Eisen und Zinkmarkt berichte die Schl. Ztg.“ Die Lage des oberschlesischen Eisen marktes wöiet auch in der verflossenen Woche keine wesentliche Veränderung auf In Roheisen bleibt das Geschäft lebhaft, doch zeigen sich die Pm duzenten hinsichtlich neuer Abschlüsse für das zweite Semester zurüt, haltend, da eine weitere Erhöhung der Preise zu erwarten ist. Fir Gießereiroheisen steigt die Nachfrage bei stetiger Besserung der Notte rungen, zumal auch von Oesterreich Bestellungen von erheblichem Umfam einlaufen. Auf dem Walzeisenmarkt ist die Preistendenz andauern recht fest. Die Werke haben in den letzten Tagen wieder größere H stellungen auf die vorliegenden Abschlüsse erbalten, sodaß der KR schäftigungsgrad im allgemeinen größer ist. Da die Markikonjunku in Rußland eine weitere Besserung aufweist, so haben die oben schlesischen Werke auch für dieses Absatzgebiet erneut eine Erhöhnm der Preignotierungen eintreten lassen, derzufolge sich daselbst var. läufig wenigstens keine besonders rege Kauflust für schlesisches fen bemerkbar macht. Nach Oesterreich, wo endlich auch eine allgemenne Preiserhöhung für Handelseisen stattgefunden hat, unterbleiben mit Rücksicht auf die ausreichende Beschäftigung Angebote der ober = schlesischen Werke. Die Blechwalzwerke befinden sich durchweg in günstiger Lage, da ihr Arbeitsquantum eine erhebliche Steige— rung erfahren hat, und auch die Schienen, und Trägerwerke sind gegenwärtig mit Aufträgen ausreichend versehen. Gut beschäftigt sind ferner die Maschinenfabriken, Gießereien und Rohr— walzwerke, die neuerdings eine Preiserhöhung für Siederöhren bekannt ae haben. Weitere Preiserhöhungen stehen auch bei den stark beschäftigten Drahtwerken in Aussicht. Auf dem Zinkmarkt waren die Umsätze auch, in verflossener Woche recht lebhaft; die Preise haben demzufolge weiter angezogen; immerhin sind sie aber von einem zufriedenstellenden Niveau noch ziemlich weit entfernt, Das Zinkblechgeschäft macht gute Fortschritte. Zink staub steht in besserer Nachfrage, wogegen für Zinkweiß nennenz— werther Begehr nicht vorhanden ist. Für Blei und Bleifabrikate ist eine Aenderung der Preise nicht eingetreten. Der Aufsichtsrath der Frankfurter Bank in Frankfurt 5 ö. beschloß die Vertheilung einer Dividende von 75 wie im orjahre. . In Bonn ist auf Betreiben der dortigen Handelskammer eine kaufmännische FortbilLdungsschule ins Leben getreten, welche sich eines regen Besuchs erfreut. Der Aufsichtsrath der Sächfischen Bank in Dresden hat beschlossen, der am 23. März stattfindenden Generalversammlung die Vertheilung einer Dividende von 44 vorzuschlagen; für 1854 wurde gleichfalls t M0. Gewinn vertheilt. Die Bilanz der Leipziger Bank weist einer Meldung del W. T. B.“ zufolge nach Abschreibungen in Höhe von 50 060 , einen Nettogewinn für 1895 von W354 441 M ober 662 826 S mehr als 1894 auf gleich gosigosg des Aktienkapitalz. Der Äufsichtsrath beschloß, auf das 24 Milllonen Mark betragende Aktienkapttal eine Dividende von 78 00 gegen 6oο in 1894 zu vertheilen, 190 . dem Spezialreservefonds zu überweisen, 100 000 6 dem neu errichteten Baureserbefonds zuzuführen, 75 000 M für den Beamtenpenstonzfonds und zu Beamtengratifikationen zu verwenden und 90 000 AM auf neue

Rechnung vorzutragen.

Die Einnahmen der Hessischen Ludwig s-Eisenbahn,

Gesellfchaft betrugen im Januar 1556 J 676 166 (4 165 456)

ch zusammengehaltener und nach außen bestimmt abgegrenzte . , gebildet werden könne, aber nicht . 36 3

M, 42.

Statistik und Volkswirthschaft.

Die deutsche äberseeische Auswanderung siber deutsche Häfen, Antwerpen, Rotterdam und Amster dam stellte sich nach den Ermittelungen des Kaiserlichen Statistischen Amts im Ja⸗ nuar 1896 und im gleichen Zeitraum des Vorjahres folgendermaßen: Es wurden befördert im Januar . 3.

Hamburg 579

deutsche Häfen zusammen ... 1157 Antwerpen 167 Rotterdam 26

überhaupt.. 1097 1350.

Aus deutschen Häfen wurden im Janugr d. J. neben den vor—⸗ enannten 922 deutschen Auswanderern noch 3634 Angehörige remder Staaten Davon gingen über Bremen 2196, hamburg 1488.

efördert.

Haushaltungs Unterricht.“

Mit dem 7. Oktober v. J. t in der Stadt Köln die Einrich⸗ tung eines besonderen Haushaltungsunterrichts, zunächst im Kochen einfacher Speisen, welcher Mädchen der städtischen Volksschulen neben dem Volksschulunterricht im letzten Jahre ihres schulpflichtigen Alters ertheilt wird, verfuchsweise ins Leben getreten. .

Die Veranlassung zu dieser Einrichtung gab die Wahrnehmung, daß ein großer Theil des sozialen Elends der unteren Volkskreise auf die Unfähigkeit vieler Frauen in der Führung des Haushalts zurückzuführen sei; diese aber hat darin ihren Grund, daß viele Mädchen nach dem Verlassen der Volksschule in Fabriken oder in Geschäfte eintreten und sich ihnen bis zu dem oft frühzeitigen Eintritt in die Ehe keine Gelegenheit bietet, ihren Sinn für hauswirthschaft⸗ liche Dinge zu entwickeln und Kenntniß einer billigen und zweckmäßigen Haushaltungsführung zu erlangen. .

Um diesem Uebelstande einigermaßen zu begegnen, soll den ärmeren Mädchen im letzten Jahre ihres schulpflichtigen Alters neben dem vollen 30 Wochenstunden umfassenden Elementarunterricht eine plan⸗ . Belehrung und praktische Anleitung im Ankauf, Herrichten, Kochen und Auftragen einfacher und nahrhafter Speisen, eventuell weiterhin auch im Nähen, Flicken und Stopfen, im Waschen und Bügeln gegeben werden. . .

Für die erste Einrichtung zunächst einer Kochschule hat die städtische Verwaltung einmalig 3400 M und für die laufenden Jahres⸗ ausgaben 1900 M bewilligt.

Die Leitung der Kochschule ist der Wittwe eines Lehrers über—= tragen die früher selbst Volksschullehrerin gewesen ist, und sich durch einen sechswöchigen Kursus in der Haushaltungsschule zu Cassel für diese Leitung weiter besähigt hat. x

Der Unterricht ist für die theilnehmenden Mädchen ganz un—⸗ entgeltlich. Auch wird das Haushaltungsgeld für die Anschaffung der Speisen, à O5 M für je vier eine Familie darstellende Mädchen, von der städtischen Verwaltung bestritten. Die in der Schulküche K Speisen werden von den Mädchen ohne Vergütung Mittags genossen. . ;

Diese Schulküche wird zur Zeit von je 24 der ärmeren Mädchen aus 6 Oberklassen der Kölner Velksschulen in der näheren Umgebung der Schulküche beschickt. Je 24 Mädchen, in 6 Familien zu je 4 Mädchen gruppiert, erhalten das Jahr hindurch an einem bestimmten Tage in der Woche von der Leiterin die Belehrung im Einkaufen, Herrichten und Kochen der Speisen. .

In einer aus zwei nebeneinanderliegenden freien Schulsälen nebst Kleidertaum und Vorrathskammer hergerichteten Küche sind vier einfache Doppelherde, ebenso viele Anrichte⸗ und Arbeitstische, die erforderlichen Schränke und Nebenapparate in sauberster Ordnung aufgestellt. Jeder Herd dient für die Uebung von vier Mädchen, die sich gewissermaßen als eine Familie betrachten. Sobald die be⸗ treffenden Mädchen um 10 Uhr aus ihrem Schulhause ankommen, legen sie Hut und Mantel ab, waschen die Hände, empfangen eine Kächenschürze und begeben sich dann in die Küche auf die für sie bäämmten Plätze an den Tischen. Sie finden an der Schul⸗

hel ein Verjeichniß der Arbeiten, welche an dem Tage borgenommen werden sollen. Jede Schülerin erhält. ihre Jummer und weiß nun, wat sie zu thun hat. Zunächst giebt die Leiterin über die zweckmäßige Art der Ausführung, dieser Arbeit, über

reis, Nährwerth, Verdaulichkeit, natürliches Vorkommen der zu ochenden Speisen Aufschluß und läßt die Schülerinnen den Bedarf und die Kosten für die von ihnen xepräsentierte Familie berechnen und aufschreiben. Dann erhält je ein Kind jeder Familie ein Geldtäschchen mit etwa 75 8 Inhalt und kauft in der Vorrathskammer das Erforderliche ein. Nach der Rückkehr in die Küche wird unter Leitung der Lehrerin zubereitet, Feuer angelegt, gekocht, der Tisch gedeckt, aufgetragen, gemeinschaftlich das Tischgebet gesprochen, gegessen, abgetragen, gespült und Herd und Küche wieder in Ordnung gebracht. Jedes Kind arbeitet dabei nach der für seine Nummer geltenden Anordnung. Die Zwischenzeit wird wieder zu Belehrungen über Gesundheitspflege und uber die Materialien, welche an dem Tage gebraucht worden sind, berwandt. Nachdem die Mädchen noch das Küchenrezept sowie die Ausgaben in ein besonderes Heftchen eingetragen haben, werden sie vor 2 Uhr wieder zu ihrer Elementarschule entlassen. ö

Die Einrichtung einer weiteren Schulküche dieser Art auch für andere Mädchenschulen der Stadt wird im Laufe der Zeit in Aussicht

genommen. ö .

Nach den bisherigen Wahrnehmungen hat die Einrichtung s bewährt. Die Mädchen nehmen . und auch mit dem erforderlichen i nnn und mit Nu in. . nicht selten von den ni erangezogenen Mitschülerinnen beneidet. . .

Zur Hi. ung des Sinnes für hauswirthschaftliche Dinge und Verrichtungen, für Sauberkeit und Ordnung und zur Anleitung in praktischer Selbständigkeit in der Handleistung im Haushalte ist diese

Veranstaltung von Werth.

Wohlfahrts-Einrichtungen.

Der ‚Verein für Volkswohl“ in Köln a. Rh. hat, vor einiger Zeit daz dritte Volktks-Kaffee. und Speiseh aus. *in der Annostraße, im füdlichen Theil der Stadt, inmitten der dichtesten Arbeiterbevölkerung eröffnet. Diese Erweiterung seiner Thätigkeit dankt der Verein vornehmlich dem Entgegenkommen der Firma Gebrürer Stellwerk, welche in einem für ihre Beamten und Arbeiter errichteten Gefellschaftshau se“ die erforderlichen Räumlichkeiten unter den gänstigsten Bedingungen ,,, überließ. Durch die Errichtung des foeben erwähnten Gesellschaftshauses hat die genannte Firma ein nachahmentzwerthes Beispiel praktischer Sozialpolitik ge⸗ geben. Ez ie sich hier neben den für Männer und. Frauen getrennten Speisesälen mehrere y, ein Lesesaal mit ner umfangreschen Bibliothek und in, den unteren Räumen Line Badeanstalt, die von den in der gin. Beschäftigten unentgeltlich, don deren Angehörigen gegen eine Gebühr von 5 . das Bad, Seife und Handtuch benutzt werden kann. Mit der Verwaltung der ganzen Einrichtung ist der Arbeiterausschuß betraut.

Wie aus Blankenrath im Kreise Zell berichtet wird, hat sich der Bürgermesster Jun ge zn daselbst buich Förderung der Stroh⸗

Zmeite Beilage zum Deutschen Reichs⸗A1nzeiger und Köäniglich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

Berlin, Montag, den 17. Februar

hülsen. Industrie in den Gemeinden des Hunsrücks sowie durch

Einrichtung von Lehrkursen in der Bienenzucht wohl verdient gemacht. Die Strohhülsen Industrie bietet Aussicht, den armen Hunsrück— Bewohnern im Winter einen guten Nebenverdienst zu verschaffen. Auch der Bienenzuchtlehrkurfus fand eifrigen Zufpruch, und es hat sich unter dem Vorsitz des Bürgermeisters ein Bienenzuchtverein ge⸗ bildet, welcher gegenwartig J Mitglieder zählt.

Zur Arbeiterbewegung.

In Stettin fand am Sonnabend eine Versammlung der aus⸗ ständigen Schneider und Näher innen statt, in welcher einer Mittheilung der Ostsee⸗Ztg. zufolge eine , angenommen wurde, welche die Lohnkommission beauftragt, die Verhandlungen mit den Konfektionären fortzusetzen. Der Frkf. Ztg.“ wird gemeldet, daß 16 kleine Firmen mit zusammen 509g Arbeitern den Tarif bewilligt haben, während 26 Engros⸗Firmen mit 5500 Arbeitern ihn ablehnten.

Aus Erfurt meldet. W. T. B.“: Der Aus stand der hiesigen Kenfektionsarbeiterinnen ist nach Bewilligung einer 123 9/0 Lohnerhöhung beendet. .

In Pxag fand gestern, wie dem W. T. B.“ gemeldet wird, eine von 8000 Arbeitern besuchte Versammlung statt, welche über die Wahlreform verhandelte. Die Theilnehmer versuchten, in die schmalen Gassen der Altstadt einzudringen, und warfen nach der Sicherheitswache, welche sie zurückdrängen wollte, mit Steinen. Die Polizei machte schließlich von der Waffe Gebrauch und zerstreute die Ruhestörer; 6 Personen wurden verhaftet.

Zur Lohnbewegung der Angestellten schweizerischer Eisenbahnen liegen folgende Meldungen des W. T. B. vor: Die gestern in Aarau abgehaltene Generalversammlung des Ver⸗ bandes der Angestellten der schweizerischen Transport anstalten, welche von etwa 12 006 Personen besucht war, nahm einstimmig eine Entschließung an, welche besagt, es sei, da kein an—= derer Ausweg zur Erreichung des gewünschten Zieles vorhanden sei, im Prinzip der allgemeine Ausstand der schweizerischen Eisenbahn⸗Ange⸗ stellten zu erklären. In der Hoffnung jedoch, daß die Verwaltungen sich in letzter Stunde zu einem Vergleich auf friedlicher Grundlage entschließen würden, und mit dem Wunsche, es möge nicht zum Aeußersten kommen, richte die Versammlung die dringende Bitte an die Direktionen, sie möchten sich bis zum 29. Februar zu einer Kon⸗ ferenz mit dem Zentraleomité des Verbandes der Angestellten der Schweizer Transportanstalten verstehen, damit in gemeinsamer Be⸗ rathung die Angelegenheit gütlich geregelt werden könne. Sollten die Direktionen dem Wunsche nicht entsprechen, oder kein Vergleich erfolgen, so sei das Zentralcomité der Eisenbahnbeamten ermächtigt, die nöthigen Maßnahmen zu treffen, welche für die ge⸗ sammten organisierten Eisenbahnbeamten verbindlich seien. Die Ge⸗ neralversammlung verlief in größter Ruhe. In Olten fand gestern eine Versammlung der Beamten und Arbeiter der Zentral- bahn statt, in welcher das Initigtivcomité Bericht erstattete über die Lohnverhandlungen mit dem Direktorium. Nach lebhafter Dis⸗ kussion wurde beschlossen, das Anerhieten nicht anzunehmen, an den Forderungen festzuhalten und die Weiterführung der Angelegenheit dem Zentralvorstand des schweizerischen Verbandes der Eisenbahn⸗ Angestellten zu übertragen.

Literatur.

ff. Bericht über die vom Deutschen— Reich unter nommene Erforschung des obergerm anisch raetischen Limes. Von Felix Hettner. Trier, Fr. Lintz, 1895. Pr. 80 3. Die Aufgaben, welche die Limesforschung zu lösen hat, sind folgende: die Feststellung der einzelnen Limeslinien, die aus verschiedenen Zeiten stammend die Grenze des roͤmischen Reiches in verschiedenen Epochen bezeichnen, die Auffindung und Untersuchung der Kastelle und die Be—⸗ stimmung der Straßen, welche den Verkehr im Grenzlande selbst und mit dem Barbarenlande vermittelten. Der Limes, in der ersten Anlage aus Thürmen, die streckenweise mit Palissaden verbunden waren, bestehend, war ursprünglich dazu bestimmt, Räuberbanden abzuwehren, die Zollerhebung zu erleichtern und den Fremdenverkehr zu überwachen; erst später, als der Andrang der Germanenstämme immer stärker wurde, stellte er eine wirkliche Grenzbefestigung dar. Er wurde zu diesem Zweck durch einen Erdwall und eine Mauer verstärkt; dahinter liegende Kastelle waren von größeren Truppenmassen besetzt und hatten die Aufgabe, den eingedrungenen Feind solange aufzuhalten, bis gichů die zerstreuten Garnisonen gesammelt hatten. Wir können dem Verfasser nicht in seiner Darstellung folgen, wie die zahlreichen Funde und Ausgrabungen fortwährend neue Hypothesen veranlaßten und wieder beseitigten, welche Probleme die verschiedenen Gräben und Be— sestigungsreste bieten; wir wollen nur hervorheben, daß seine aus— führliche Schilderung einen ausgezeichneten Ueberblick über die Geschichte der Limesforschung giebt ünd jedem empfohlen werden kann, der sich 1e diesen 6 wei der historischen und archäolo⸗ ischen Forschung orientieren will. ; ; ile r , fr . des Vereins für Geschichté und Landeskunde von Osnabrück. 20. Band. Osnabrück, Kisling, 1895. In diesem Heft ist von besonderem Interesse der Aufsatz von 8 Forst über die Theilnahme der Osnabrücker an der Schlacht bei Belle Alliance. Im Feldzuge von 1816 stellte Hannover wie die anderen norddeutschen Kleinstaaten ein Kontingent zum 2 Wellington's; darunter war ein Bataillon Osnabrückscher Land⸗ wehr, also nach damaligem Sprachgebrauch neu ausgehobener Rekruten. Diefes Bataillon kam zwar erst zur Verwendung, als die Niederlage der Franzosen durch das Eingreifen Blücher s bereits entschieden war, aber es fand dennoch zu einer großen militärischen That Gelegenheit; es zersprengte den letzten Rest der alten Napoleonischen Garde, der allein noch eine gefechtsfähige Truppe bildete. Die Schlachtbeschreihung des Verfassers ist anschaulich und belebt durch Mittheilung von Auf zeichnungen einiger Mitkämpfer. Sehr lehrreich ist ferner die Ge⸗ schichte des Osnabrücker Volksschulwesens von E. Böhr. Es geht barau hervor, daß in Osnabrück bereits seit dem frühen Mittelalter Volksschulen unter geistlicher Leitung bestanden, denen e,, Privat schulen an die Seite traten. Diese blühten namentlich zur Refor⸗ mationszeit, als ein Theil der Bürgerschaft sich der neuen Lehre zuwandte und daher die Schulen der katholischen Geist⸗ lichen nicht mehr benutzen wollte. In der Reformationg. zeit ging die Leitung des Voͤlksschulwesens auf den Rath über, behielt aber auch dann, noch seinen e, , . Charakter. Bemerkengwerth ist, daß zeitweilig eine Simultanschule existierte, und daß die Forde⸗ rung des Schulzwanges ausgesprochen, jedoch nur unvollkommen durch · geführt wurde. Der dreißigjährige Krieg zerstörte alle diese Ansäße. = Von wirthschaftsgeschichtlichem Interesse ist endlich die Studie Marsiny's über den Grundbesißz von Corvey, in der er alle Be⸗ fftzungen des altberühmten westfaͤlischen Klosters im sächsischen Nord- lande zusammenstellt und ihre verschiedenen Bewirthschaftungsformen icht. ; 1 Annalen des . 2 ,, und Statistik, herausgegeben von Dr. r

a von ige 29. Jahrgang, Heft 1 und 2. erlag von G. Firth in München und Leipzig. . vierteljährlich 4 M Im ersten Heft des aht ganß⸗ 1596 veröffentlicht Professor Thudichum. in Tübingen eine snteressante und. beachten werthe faatzrechtliche Abhandlung Über die preußische Kabinetsordre vom Jun igbg, eidliche Versprechen evangelischer Offitiere hinsichtlich

1896.

der religiösen Erziehung ihrer Kinder betreffend, die bekanntlich noch ö. verschiedene Auslegungen erfährt. Der Ver fasser weist überzeugend nach, daß . nicht nur die in Vering's „Archiv für katholisches Kirchenrecht! 1894, Juli⸗August⸗ eft S. 126 ff., vertretene Ansicht, nach welcher jene Kabinets⸗Ordre überhaupt . ungültig sei, sondern auch die einschränkende Aus= legung, welche ihr von dem früheren bischöflichen General⸗Vikar der r, g. Trier de Lorenzi und nach ihm von Anderen zu theil geworden Einem Gebiet, welches in der juristifchen Literatur eine systematische Bearbeitung noch nicht gefunden haben dürfte, tritt eine zweite, Abhandlung ven Pr. W. Glässing in Darmstadt näher, nämlich dem Recht der Rückforderung im Gebiet des deutschen öffentlichen Rechts“. Neben einer eingehenden Verwerthung der Ergebnssse unserer gesammten deutschen Gi emu aus der neueren und neuesten Zeit sind in dieser Monographie unter e , unserer positiven Gesetzgebung die Fragen des Nebenanspruchs auf Iinsen, der Bedeutung der Rek ae, , ,. für die Geltendmachung des Rechts auf K einer öffentlich⸗rechtlichen, ohne . lichen Grund bezahlten Abgabe, der Zession des Anspruchs auf. Rück- erstattung, des Rechtsweges und der Erzwingbarkeit des Anspruchs einer befonderen Betrachtung unterworfen worden. Die hier gegebene Klarstellung wird jedem Juristen willkommen sein; denn es ist nicht zu verkennen, daß die abstrahierende Betrachtung dieser speziellen Fragen auch zur Klärung der Hauptfrage nach den Voraussetzungen des Rechts auf Rückforderung einer öffentlich⸗recht.⸗ lichen, ohne gesetzlichen Grund bejahlten Abgabe dienlich erscheint, die sich deshalb heute nicht ohne weiteres beantworten läßt, weil die materiellen Vorausetzungen des Anspruchs nicht eine besondere Rege⸗ lung erfahren haben und weil ein großer Theil unserer Judikatur infolgedessen noch heute die zivilrechtliche Nechtsfigur der gondigtio indebiti für anwendbar erkläͤrt, und hinsichtlich der formellen Vor⸗ aussetzungen des Rechtz noch jetzt erhebliche Zweifel bestehen. = Ein noch allgemeineres Interesse daͤrf die Arbeit von Dr. Reitz über die Geschichte und Reform der preußischen Handelkkammern“ beanspruchen, die sich desen nicht auf die Darstellung der , Einrichtungen beschränkt, sondern einen werthvollen Ueberblick auch über die ge⸗ sammte wirthschaftliche Interessenvertretung der übrigen deutschen Bundesstaaten gewährt. Herborgehoben fe ferner noch die Dar⸗ stellung der Handelsstatistik in Oesterreich⸗ Ungarn, unter vergleichender Ken gig gr, der Vorschriften für die deutsche Handelsstatistik von dem Kaiserlichen Regierungs⸗Rath C. Wiesinger in Berlin, welcher ein Abdruck des Statuts und der Geschäftsordnung der K. K. Permanenzkommission für die Handelswerthe beigefügt ist. An Materialien enthält das zweite Heft den Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Pflichten der Kaufleute bei Aufbewahrung fremder Werthpapiere, nebst Begründung und die preußische Ministerial⸗ Anweifung vom 20. Sepiember 1895 über die Aufnahme und Ent— lassung von Geisteskranken, Idioten und Epileptischen in und aus Prbat⸗Irrenanstalten (6 30 der. Gewerbeordnung), sowie über die Einrichtung, Leitung und Beaufsichtigung solcher Anstalten.

Vierteljahrsschr ift für Staats- und Volkswirth⸗ schaft, für Literatur und Geschichte der Staatswissen⸗ schaften aller Länder, herausgegeben von Dr, Kuno Franken⸗ stein. Leipzig, Verlag von C. L. Hirschfeld. Das vierte Heft des JV. Bandes bringt drei größere Abhandlungen: von C. als, Inspektor der Königlich i Eisenbahnen in Budapest, über das Verkehrswesen (Eisenbahnen, 6 und Seeschiffahrt) in ö

ist, eine irrthümliche sei.

im Jahre 18942, Dr. H. Crüger in Berlin über die Kreditgenossen⸗ schaften im Jahre 1894 und Professor Dr. G. Fiamingo in Rom über den sozialen Kausaljusammenhang“. Den Abhand- lungen reihen sich Kritiken und Referate über hervorragende neuere Werke der deutschen, französischen, englischen und ungarischen staats⸗ wissenschaftlichen Literatur sowie eine reichhaltige, 42 Seiten um- ier Bibliograyhie der Staatswissenschaften aller Länder an. Die vom Bibliographischen Institut in Leipzig und Wien veranstaltete neue, kritisch durchgesehene und erläuterte Ausgabe der Werke Schiller's ist um zwei neue Bände, den 4 und den 8., vermehrt worden. Der erstere enthält den Wallenstein“, die um⸗ fangreichste dichterische Schöpfung Schillerß. Der Herausgeber Ludwig Bellermann giebt in einer Einleitung dazu die Ge— schichte der Entstehung des dreitheiligen Dramas und läßt dann eine geistvolle, treffende Analyse des Inhalts sowie des Helden und der anderen hervorragenderen Charaktere folgen. Am Schluß werden dann noch weitere ausführliche erläuternde Anmerkungen zu den einzelnen Aufzügen, sowie eine Uebersicht der verschiedenen Lesarten gegeben. Der 5. Band enthält die philosophischen Schriften Schiller's und ist von Paul Kaiser bearbeitet. Einleitend voran⸗ geschickt ist eine Darlegung der philosophischen Weltanschauung des Dichters, deren Ren fn; nicht nur zum Verständniß dieser prosaischen Schriften, sondern eigentlich auch seiner Poesien nothwendig ist. Die philosophischen Abhandlungen selbst sind nach der e la ihres Erscheinens abgedruckt; sie beginnen mit der Schrift Ueber den Grund des Vergnügens an tragischen Gegenständen“ und schließen mit den Gedanken über den Gebrauch des Gemeinen und Niedrigen in der Kunst“. In einer Reihe von Anmerkungen am Schluß wird alles Wesentliche über die Entstehung der einzelnen Schriften mitgetheilt, und wo nöthig, werden dunkle Stellen erläutert. Am ö folgt eine Ueberficht und Zusammenstellung der anders lautenben Lezarten. Bei musterhafter typographischer Ausstattung und gediegenem Einbande kosten auch diese beiden Bände der ar. fältig' revidierten und kommentierten Meyer'schen Klassikerausgabe nur je 2 S 9. Ein von edlem vaterländischem Gefühl getragenes Fest⸗Vor⸗

spiel von Martin Frehfee ist unter dem Titel Michael im Verlage von Max Schildberger in Berlin erschienen. Die dichterische Phantasie läßt dem Bauernsohn Michel, in welchem Deutschlands männliche Jugend verkörpert ist, im Traume Freya, das ist die durch die Trauer um ihre Töchter Elsaß und Lothringen gebeugte und ge⸗ alterte Germania, erscheinen. Die Göttliche unterrichtet den gz. lofen Jüngling über den Verlust der Schwestern, der durch die Ab= wendung seiner Vorfahren von dem tugendhaften und anspruchslosen Leben verschuldet wurde, weist ihn auf seine verjüngte Kraft hin und begeistert ihn zur Wiedergewinnung der Schwestern. Diese harrten nach göttlicher Bestimmung des Helden, der zur rechten Zeit das rechte Wort finden und „mit dem Schwerte seines guten Glaubens“ die Dornenhecke zertheilen werde, welche die verwaisten Töchter vom . zweihundert Jahre fernhalten sollte. Der erwachende Michel wird dann zum Michael“, zum starken Helden, der nach Kampf und Sieg die Töchter Elsaß und Lothringen in die Arme Germania's zurückführt, welche nun auch wieder in Jugendfrische ersteht. Die in ien Versen e m. Dichtung schließt mit einem Ausblick auf die

ufgaben der Zukunft und klingt in der Mahnung aus:; Völker Europas, wahret eure heiligsten Güter!“ Das Festspiel wird sich als Einleitung bei vaterländischen Festen gewiß . wirksam 5 8 der Stimmung erweisen, darf aber auch als n

ektüre einpfohlen werden. Das gefällig ausgestattete Büchlein ist mit einer Reproduktion des bekannten wa,, Gemäldes von Profesfor Knackfuß geschmückt, dem die obigen Kaiserlichen Worte ein- rf nd. Der Ertrag der Dichtung fließt dem Baufonds der

aiser Wilhelm⸗Gedächtnißkirche zu. ar Hehe,

Landwirth tliche Buchführung wirmhsd mti? i, . vom Bund der Land wirthe