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Dann hat der Herr Abg. Bebel, allerdings nur unter der Hand, eine Denunziation an mich gelangen lassen, die er wegen ihres mal⸗ properen Inhalts aus Schicklichkeitsgründen Anstand genommen hat, im Plenum vorzubringen. Ich habe mich bemüht, die erforderlichen Recherchen eintreten zu lassen. Die haben ergeben, daß die Angaben — die Denunziation ist anonyn, und der Herr Abg. Bebel legt ihr wohl auch keine große Bedeutung bei — unrichtig sind. Es ist eine ältere Sache; sie stammt aus dem Jahre 1893. Aber es ist in der Truppe doch noch eine Anzahl von Leuten, die damals beim Regiment gedient haben, vorhanden. Diese sind vernommen und haben aus⸗ gesagt, daß die Sache, wie sie die Denunziation angiebt, nicht richtig ist, und sie sind auch bereit, ihre Aussagen zu beschwören. Da ist besonders eine Aussage von Interesse, die will ich verlesen; sie lautet:
Im Herbst 1853 wurden wir zur Reserve entlassen. Da sagte mir der Garde du Corps Bräunig, der mit mir auf einer Stube lag, es hätten damals verschiedene Leute, darunter auch er, sich an der unreinlichen Sache betheiligen müssen, und er würde dafür sorgen, daß diese Geschichte zur Sprache käme.
Es wird also vielleicht der Bräunig sein, der diese
Denunziation geschrieben hat. Bräunig war mit mir zusammen eingetreten und war unter uns als ein unzuverlässiger Mensch bekannt, dem Keiner etwas glaubte. Auch hatte er auf der Stube öfters ausgesprochen, daß er Sozialdemokrat wäre.
Wenn sich die Herren vielleicht für den Gegenstand interessieren, will ich gern nach dem Schluß der Sitzung und nachdem die Tribünen geräumt sind, das Erforderliche mittheilen. Es werden dabei ganz interessante Dinge zur Ihrer Kenntniß kommen.
Präsident Freiherr von Buol: Während der Rede des Herrn Kriegs-Ministers hat der Abg. Frohme den Zwischenruf gethan: dann bleiben Sie überhaupt, fort!‘ Diese Aeußerung ist unter den gegebenen Verhältnissen eine in hohem Grade ordnungswidrige, und ich rufe deshalb den Abg. Frohme zur Ordnung.
„ Abg. Bebel: Ich weiß nicht, ob die Antwort des Kriegs⸗ Ministers, daß er nicht verpflichtet sei, jedem sozialdemokratischen Abgeordneten zu antworten, der Verfassung entspricht. Ob ein sozialdemokratischer oder konservativer Abgeordneter etwas vorbringt, ist vor der Geschäftsordnung des Reichstags vollständig gleichgültig. Solche deplacierten Redensarten machen auf mich, im Hause und auch im Lande keinen Eindruck oder sie machen einen vom Kriegs-Minister wohl nicht erwarteten Eindruck. Was ist denn heute richtig gestellt? Er meint, in Königsberg wäre das staatliche Interesse geschädigt worden, wenn nicht Soldaten zur Verfügung gestellt worden wären. Der Kriegs. Minister hat nichts weiter zu thun, als auf die Erfüllung des Kontrakts zu dringen, und der Baumeister muß, wenn das nicht geschieht, feine kontraktmäßigen Strafen erleiden, Deswegen braucht sich die Militärverwaltung nicht in die Lohnstreitigkeiten zu mischen; ber Arbeltgeber muß sehen, wie er mit seinen Arbeitern fertig wird. Es sind hier nur zwei Fälle vorgetragen worden, aber es sind noch viel mehr vorgekommen. Wir wollen dadurch, daß wir die Dinge hier vorbringen, nur bewirken, daß sie für die Zukunft verhütet werden. Im Falle des Lieutenants Voigt II. scheint man den Offizier schnell in eine Nervenheilanstalt geschickt zu haben, um den Skandal zu vermeiden. Besser wäre es, wenn man zugestände, dieses oder jenes hat sich wirklich ereignet, und wenn man es rügte. Bezüglich der Arbeiterabtheilung macht sich der Kriegs ⸗Minister die Sache leicht; er meinte, der oberste Kriegsherr habe die Disziplinar⸗ vorschriften zu erlassen. Es ist aber eben die Frage, ob es sich hier lediglich um Disziplinarvorschriften handelt. Die Militär⸗ verwaltung hat kein Recht, einen Soldaten, der während seiner Militärzeit nichts begangen hat, mit einer Strafe zu belegen, die einer Gefängnißstrafe gleichkommt; sonst könnte ja das ganze Militärstrafverfahren und das ganze Miitär⸗ gesetz durch Kabinetsordre umgestaltet werden. Bezüglich des Schöler empfehle ich Ihnen die Anschaffung der von ihm geschriebenen Broschüre; der Mann ist bei klarem Verstande und hat seine Schrift mit Humor geschrieben. Ein geistiger Defekt ist an dem Mann nicht zu erkennen. Seine Ausführungen haben nach meinem Eindruck feine Vorgesetzten gehörig auf den Sand gesetzt. Der Kriegs⸗Minister hat den Mann herabzusetzen versucht, indem er ihn als Brandstifter bezeichnete. Der Mann ist als Knabe mit anderen Knaben aufs Feld gekommen, wo eine alte Bude stand, die sie an. gezündet haben, ohne daß ein erheblicher Schaden entstand. Das ist der Brandstifter! Lesen Sie einmal, was der Schöler schreibt über die Arbeiterabtheilungen; da wird man den Eindruck haben, daß der eistige Defekt eher bei dem Hauptmann als bei dem Schöler sich ndef. Endfich ist der Kriegs Minister noch auf den Fall bei der 3. Eskadron der Gardes du Corps gekommen, den ich nur ange⸗ deutet habe. Wenn man etwa gerecht prüfen will, dann muß man nicht bloß die aktiven Betheiligten, sondern auch den leidenden Theil befragen. Das ist nicht geschehen; denn die Mannschaften sind entlassen worden. Ich habe leinen Grund, etwas zurückzunehmen.
Kriegs⸗-Minister Bronsart von Schellendorff:
Meine Herren! Ich protestiere dagegen, daß der Abg. Bebel mir hier in meiner Eigenschaft als Bevollmächtigter zum Bundesrath unterstellt, daß ich in den amtlichen Angaben, die ich hier mache, Beschönigungen und Bemäntelungen und Verschleierung der Wahr⸗ heit mir zu Schulden kommen ließe. Ich weise diese Unterstellun g mit aller Entschiedenheit zurück. (Bravo! rechts.)
Preußischer General Lieutenant von Spitz: Nach den Aus⸗ führungen des Herrn Abg. Bebel sollte ein Soldat in eine Arbeitsabtheilung nur auf gerichtlichem Wege eingestellt werden. Jedenfalls ist das jetzt nicht der Fall, denn die Einsiellung in eine Ärbeiterabtheilung ist eine Disziplinarmaßregel. Es ist also be⸗ stehendes Recht und zwar das Verfügungsrecht Seiner Majestät nach dem 8 3 des Militärgesetzes, der verlesen worden ist. Be— darf diefe Disziplinarmaßregel einer Erweiterung oder Beschränkung, so ist gar keine Frage, daß nach dem bestehenden Recht Seine Majestät allein in der Lage ist, dieselbe zu beschränken oder auszudehnen. Seine Majestät hat diese Disziplinarmaßregel nun durch FKabinets⸗ ordre von 1887 ausgedehnt. In der Truppe ist man darüber einig, daß sich diese Erweiterung auf sehr woblthätige Weise bemerkbar ge⸗ macht hat, weil dadurch Elemente von den anderen Soldaten entfernt werden, die durchaus verderblich auf dieselben einwirkten, deren weitere Verbleiben in Kompagnie und Eskadron auch eine Menge Be⸗ strafungen anderer noch unverdorbener, oder besser gearteter Sol⸗ daten zur Folge hahen würde, und es daher besser ist, wenn die ihnen gefährlichen Elemente von ihnen abgesondert werden. Was die pon dem Herrn Abgeordneten angeführten zwei Fälle Wendtland und Buhr anbetrifft, so sind die uns auch im Kriegs. Ministerium einmal durch die Hände gegangen; aber wie ist es möglich, noch genau über die Sache in jedem Augenblick unterrichtet zu sein! In Bezug auf Buhr aber erinnere ich mich noch genau, daß die Sache so, wie der Herr Abg. Bebel sie darstellt, sich nicht verhalten hat. Der Auf— enthalt in Berlin war nicht ein so harmloser, wie genau festgestellt worden ist, natürlich unter Zuhilfenahme der Behörden. Einem Soldaten ist streng untersagt, so lange er den Soldatenrock trägt, irgendwie an politischen Versammlungen, seien es welche es wollen, theilzunehmen. Ich müßte mich außerordentlich irren; Buhr hat, trotz‚ dem er vorher Versprechungen gegeben hatte und man ihn auf diese Ver= sprechungen hin beurlaubte, sich doch darauf eingelassen. Ob er da mitgewirkt hat, will ich nicht sagen; jedenfalls hat er dieser Ver= sammlung aber beigewohnt. Was den 3 Schöler betrifft, den der Herr Abgeordnete auch erwähnte, so habe ich zufällig eine Hidce, welche bon ihm handelt, hier in den Akten. Es ist dies der Mann mit dem ganz feinen Rechtsgefübl, der so harmlos ohne Verschulden
in die Arbeiterabtheilung gekommen seil Da muß ich doch sagen, ö das Gesammtbild, welches man aus den Akten, die uns in
nden waren, von dem Herrn bekommen hat, doch das war. daß er ein fehr gefährlicher Mann für die Truppe gewesen ist, und das ist vielleicht ein Grund, weshalb er die besonderen Sympathien des Herrn Bebel gefunden hat. Wir haben aus den Akten ersehen fönnen, daß der Herr früher einmal wegen versuchter Brand⸗ stistung bestraft worden war, — wohl möglich, daß die Sache sich fo verhält, wie der Herr Abg. Bebel gesagt hat; wir wissen daß nicht. Es steht nur in den Akten: wegen versuchter Brand⸗ stiftung; ob er noch ein Junge war, n dort nicht, vermerkt. Dann sst er auch vorbestraft wegen Widerstandes gegen die Staatg⸗ gewalt, und dann ist er auch noch außer dieser Beschwerdesache mit einer ganzen Reihe Strafen während seiner Militärdienstzeit belegt worden. Dieser Herr, der neben seiner schriftstellerischen Thätigkeit auch eine Art politischer Wanderprediger ist, hat dann in einer Ver⸗ fammlung in Dresden — es sollen 3900 Personen zugegen gewesen sein — sich in einer Art und Weise ausgelassen, daß es schein bar sich offen⸗ barte, daß die in der Versammlung anwesenden Herren wohl Parteigenossen, aber durchaus nicht Gesinnungsgenossen det Redners waren; denn es hat sich ein solcher Lärm und solche Pfuirufe = zweimal ist das in die Erscheinung getreten — erhoben, daß die Versfammlung aufgelöst werden mußte. Der Herr ist nun zunächst in Sachsen in Anklage versetzt worden und . Beleidigung der sächfischen Armee — ich glaube, so war der Wortlaut mit zwei Monaten Gefängniß bestraft worden, und in dem Erkenntniß heißt es unter anderm, wo die Absicht der Beleidigung ausgeführt wird: „Die Absicht der Beleidigung ergiebt sich weiter noch aus der überaus gehässigen und verletzenden Tendenz, von welcher seine von ihm ausdrücklich in der Rede angezogenen beiden Broschüren Zwei Jahre Infanterie und Ein Jahr Arbeitssoldat“, was aus den beiden zum Vortrag gebrachten Stellen hervorgeht, getragen sind. So urteilt das Gericht über diese Broschüren, von denen Herr Bebel meint, daß es eigentlich Ihre Pflicht sei, sich dieselben anzuschaffen; das Gericht scheint doch anderer Ansicht über deren Werth gewesen zu sein. Nun sagte Herr Bebel ferner: wenn die Broschüren nicht auf Wahrheit beruhten, dann würde der Mann für das, was er gegen das preußische Kriegs. Ministerium und gegen die Behörden gefagt hat, verurtheilt und bestraft sein. Der Prozeß schwebt, und ich hoffe, daß der Mann auch verurtheilt werden wird. Der Prozeß hat sich aber in die Länge ziehen müssen, weil noch Zeugen zu ver—⸗ nehmen sind, die früher in der Arbeiterabtbeilung waren, inzwischen entlassen sind und deren man, soviel ich weiß, bisher noch nicht habhaft geworden ist. Die Sache liegt also noch den Gerichten vor, und des⸗ wegen kann jetzt darüber hier keine Auskunft gegeben werden.
Abg. Dr. Lieber (3entr.): Dem Abg. Bebel wird nicht entgangen sein, daß die Situation, in die er die Armercverwaltung und das Haus gebracht hat, eine wesentlich andere ist, als sie in der Regel von Mitgliedern des Hauses geschaffen wird. Wenn wir hier Einzel fälle vorzutragen genöthigt sind, ist es gutes Herkommen, die be— treffende Verwaltung vorher von der Absicht zu verständigen. Sie sist dann in den Stand gesetzt, wenn der Gegenstand zur Verhandlung kommt, fofort mit dem nöthigen Material Stellung zu nehmen und Aufklärung zu geben. reilich entbehrt dann auch der be⸗ treffende Abgeordnete des wohlfeilen Triumphes, als Sieger aus der Debatte hervorzugehen. Ich möchte Herrn Bebel bitten, dieses parlamentarische Herkommen auch seinerseits anzuwenden, dann werden wir weiter kommen, als auf die seither von ihm beliebte Weise. Auf den Fall Schöler will ich nach Lesung der Broschüre eingehen. Be⸗ züglich des Strikebruches bin ich geneigt, anzuerkennen, daß, wenn militärische Interessen an die Fertigstellung eines Baues geknüpft sind, die Militärbehörde das Recht hat, ihr Interesse nach allen Kräften selbst zu wahren. Die Einstellung in die Arbeiterabtheilung ist nach den bestehenden Vorschriften eine Diseiplinarsache, die den Kommandierenden zusteht. Wenn Herr Bebel sich jetzt an die Juristen wendet, warum hat er die schwierige Frage nicht in der Budget- kommifsion aufgeworfen? Jetzt auf die Rechtsfrage einzugehen, lehne ich ab; ich behalte es mir für das nächste Jahr vor,
Abg. Lenzmann fr. Volksp.): Es entspricht nicht meinem Geschmack, die Armee anzugreifen; aber diesmal muß ich, dem Abg. Bebel durchaus zustimmen. Ich kann dem Kriegs. Minister nicht Recht geben, wenn er den sozialdemokratischen Rednern nicht antworten will; sie stehen allen Rednern anderer Parteien voll⸗ ständig gleich. Ein nervenkranker Offizier sollte nicht zum Agitations mittel mißbraucht werden, aber es wäre doch erst festzustellen, ob sich die Nervenkrankheit schon vorher hei dem betreffenden Offizier gezeigt hat. Die Frage der Arbeiterabtheilungen ist keine so schwierige, fie ist eine sehr einfache. Seine Majestät hat allerdings die Dieciplinar⸗ gewalt in der Armee, aber sie ist nicht schrankenlos. Sollen die in die Arbeiterabtheilungen verwiesenen Soldaten nur abgesondert werden, so muß man sich auf die Absonderung beschränken, aber nicht eine Behandlung eintreten lassen, die der der Gefangenen gleichkommt. Es widerspricht dem Rechtsgrundsatz: ne bis in idem, wenn man zu einer zivilrechtlichen Strafe noch eine Disciplinarstrafe fügt, obgleich der Mann als Soldat nichts begangen hat. Wenn man mit dem Vorwande des Interesses der Armee alle rechtlichen Verhältnisse umstürzen will, dann hätte man uns mit der Umsturzvorlage verschonen sollen. Ein Beweis der Schuld sei nicht erforderlich, meinte der Kriegs⸗Minister. Das ist falsch; ein Unschuldiger darf nicht bestraft werden. Ein Vorgesetzter, der sich nicht von der Schuld bollständig überzeugt hat und dennoch eine Bestrafung ein eintreten läßt, verletzt groͤblich seine Pflicht. Den Herrn Schöler kenne ich persönlich. Was Herr Bebel vorgetragen hat, ist vollständig richtig. Der Mann ist bestraft wegen einer im Alter von 14 Jahren begangenen Brandstiftung. Ehe man einen solchen Mann in die Arbeiterabkheilung schickte, hätte man danach fragen können. Er ist einmal bestraft worden wegen Widerstands gegen die Staats gewalt. Das ist bei einem aufbrausenden jungen Mann kein gefährliches Vergehen. Herr Schöler hat ein ausgesprochenes Rechtsgefühl; ob er sich dabei immer von dem richtigen Gedanken hat lelten lassen, weiß ich nicht. Er hat auch den Muth ge⸗ habt, mit seinem Rechtsgefühl sich an die vorgesetzte Bebörde zu wenden. Diese beiden Eigenschaften sind nicht die eines die Mannes⸗ zucht stö3renden Menschen. Ich habe mich des Schöler angenommen, aber ich habe nicht den geringsten geistigen Defekt an ihm entdeckt. Er muß etwas an der Kandare gehalten werden. Der Mann ist trotz der Behandlung in der Arbeiterabtheilung nicht Sozialdemokrat ge⸗ worden, sondern ist zu uns gekommen. Wir haben ihn in der Presse angestellt, und er füllt seine Stellung vollkommen aus. Er ist wegen Beleidigung der sächsischen Armee verurtheilt worden vom Landgericht, aber das Erkenntniß ist meines Wissens noch nicht rechts⸗ kräftig. Es fällt mir nicht ein, dem Minister den Vorwurf zu machen, daß er die Sache beschönigen will. Ich bitte ihn aber, die Sachen, auch wenn sie von dieser Seite (von den Sozialdemokraten) vorgebracht werden, genau zu untersuchen und Remedur zu schaffen, dadurch würde er sich ein größeres Verdienst erwerben, als durch die Abweisung solcher Beschwerden. .
Preußischer General. Lieutenant von Spitz: Wenn der Herr Vorredner bemerkt, daß das Kriegs⸗Ministerium aus der Zeit der Bestrafung des Herrn Schöler wohl hätte ausrechnen können, wie alt er gewesen sei, als er die Brandstiftung beging, so wäre das wohl möglich gewesen, wenn wir vorher avpertiert gewesen wären, daß die Sache hier vorkäme; dann hätten wir uns genaue Notizen machen können und nicht bloß uns auf den il verlassen müssen. Mir war zufällig in den Akten eine Bemerkung aufgefallen: wegen verfuchter Brandstiftung verurtheilt, und zwar war diefe Bemerkung mit einem Signum des verantwortlichen Beamten unterzeichnet. Wenn ferner der Herr Abgeordnete Lenzmann vermuthet, daß das Urtheil noch nicht rechtskräftig gemerden ist, so um ich sagen: das ist eh wir wissen es noch nicht; denn ich sehe, daß es ein Urtheil aus erster Instanz war. . Abg. Werner (Reform- P.). Die Frage der Arbeiterabtheilung kann ich nicht ohne weiteres entscheiden. Es wäre besser gewesen, wenn 7 Behel die Sache in der Kommission vorgebracht hätte. Herr Schöler ist mir auch bekannt. Die Verurtheilungen, welche
egen Herrn Schöler ergangen sind, zeigen doch wohl, daß es . e , . ö g. Bebel: Ich bin lange eg im Parlament, um zu
wissen, wie ich mich k benehmen habe. Ich habe auch nicht ge— funden, daß die Art, wie ich die Dinge bier vorgebracht habe, nach- sheilig für mich gewesen ist. Bei mislitärischen Bauten und bei einem e fdr hält der Kriegs⸗Minister die Stellung von Soldaten als Arbeiter für berechtigt und Herr Lieber vertheidigt dieses Verhalten des Kriegs ⸗Ministers. Bezüglich der Arbeiterabtheilungen wird si herausstellen, daß die Frage doch einfacher ist, als sie erscheinen u Daß die Behandlung eines Soldaten als Sträfling nicht als eine Digciplinarstrafe angesehen werden kann, wird doch allgemein zu⸗ gegeben werden müssen. Die ganz unbestimmten Vorschriften von 1857 können es dahin bringen, daß ein Mann, der sich mißliebig gemacht hat, in die Arbelterabtheilung kommt. Ich habe von meiner Absicht, diese Vorfälle verzubringen, keine Mittheilung gemacht, weil alle Fälle der Verwaltung bekannt waren und der Kriegs Minister selbst im Besitz der darüber geschriebenen Broschüren war, die er mir ja am Freitag hat anbieten lassen. Wendtland hat nicht Versammlungen besucht; seine Parteigenossen haben ihn nur in großer Zahl auf den Bahnhof . Detwegen wurde er in die Ärbeiterabtheilung gesteckt. Kann das gesetzlich zugelassen werden? Ich werde Veranlassung nehmen, im nächsten Jahr darauf zurück⸗ zukommen, da die Frage heute doch nicht ausgetragen werden kann.
Abg. Gröber (Jentr.): Dann hätte aber auch Herr Bebel die Vorwürfe gegen uns nicht erheben sollen. Es ist doch nicht so einfach, eine kaiserliche Verordnung als ungesetzlich zu bezeichnen; wir nehmen es auch nicht so leicht wie Herr Lenzmann. Der Staatsrechtslebrer Laband spricht sich über die ganze Sache mit keinem Wort aus, also siegt die Sache doch nicht sehr klar. Der Begriff Disciplin ist, aus ihrer ganzen geschichtlichen Entwickelung zu erklären. Die Diseiplinar⸗ ordnung ist der Militärstrafprozeßorbnung gegenübergestellt, und Laband findet darin eine Anerkennung der ö Disciplinarordnung, die besteht, so lange, wie das preußische Heer besteht. Heute zum ersten Mal tritt man im Reichstag an diese Frage heran. Wir thun gut, unsere Stellungnahme dazu uns vorzubehalten.
Beim Kapitel „Artillerie⸗ und Waffenwesen“ be—⸗ mängelt der
Abg. Bebel, daß für Pulver die Preise sehr hoch gestellt seien, sodaß viele Millionen mehr gezahlt würden, als nöthig sei. Die Milltärverwaltung, fährt Redner fort, ist hier einem Pulverring in die Hände gefallen, von welchem sie den Bedarf deckt, den sie in eigenen Fabriken nicht herstellen kann. Die Pulverfabriken haben 1884 ein Kartell geschlossen, um sich den Prosit und den Verlust zu theilen. Von einem Verlust ist überhaupt keine Rede. Während früher die Kölner Fabrik den größten Vortheil hatte, hat jetzt die Rottweiler Fabrik den größten Gewinn, weil sie ein Pulver fabriziert, welches die Militärverwaltung sehr gut gebrauchen kann. Um die hohen Verdienste zu verhüllen, erhöbte man mehrfach das Betriebs. kapital. 1889 wurde das Kartellverhältniß aufgehoben, und es trat eine vollständige Fusion an die Stelle desselben, es wurden die Aktien wieder verwässert, und die bisher außerhalb des Kartells stehenden Fabriken wurden mit herangezogen; auch die Dynamitfabriken vormals Nobel u. Co. traten dem Kartell bei. Die Berichte der vereinigten Pulverfabriken stimmen darin überein, daß die Hauptprofite nicht vom Privatgeschäft, fondern von dem militärischen Geschäfte herrühren, weil bei dem Privatgeschäft die Konkurrenz eine zu große sei. Obgleich die Militärverwaltung der Hauptkunde und der beste Zahler ist, wird sie keineswegs in Bezug auf die Preise entsprechend behandelt, wie dies doch fonft kaufmäͤnnischer Grundsatz ist; da gerade Gegentheil ist der il die Militärverwaltung hat weit höhere Preise zu bezahlen ge— habt, als die Privatkonsumenten. Die Firma Friedrich Krupp hat billiger das Pulver bezogen als die Militärverwaltung; wo Krupp 1,25 6 bezahlte, mußte die Militärverwaltung 1,ů80 M, ja 2.10 , bezahlen. Auch bei dem rauchschwachen Pulver verdienten die ver⸗ einigten Pulverfabriken 1000/‚0 der Herstellungskosten, bei dem Ge⸗ schützrulver sogar 159000 Die Militärverwaltung hat über z Millionen Mark mehr bezahlen müssen als die Pi batk dschoft Neben dem großen Gewinn der Aktiengesellschaften laufen noch befonders hohe Profite für die Direktoren und Aufsichtsraths mitglieder u. s. w. her und die Extravergütungen, welche große Abnehmer, wie z. B. Krupp, erhalten haben. Die hohen Divi⸗ denden werden mit einer verhältnißmäßig geringen Zahl von Arbeitern gewonnen, der ganze Pulverring beschäftigte nur etwa 1000 Ärbeiter. Ich habe mir sagen müssen, daß man sehr klar sieht, woher der Eifer kommt, mit welchem sich gewisse Theile der Parteien und der Preffe für die Vermehrung des Heeres oder der Marine interefsteren. Da wird mir vieles klar, was wir in den leßten Jahren erlebt haben. Und dabei handelt es sich nur um einen einzigen Artikel. Ziehen Sie in Betracht, was die Stahl und Eisenfabrikanten, die Tuch. und Lederlieferanten u. s. w für Geschäfte mit der Militãrver⸗ walkung machen, dann werden Sie erkennen, daß ein großer Theil unferer bürgerlichen Klassen direkt an der Vermehrung des Heeres und der Marine persönlich betheiligt ist. Wir müssen aber die Interessen der Steuerzahler wahrnehmen und von der Militärverwaltung ver= langen, daß sie möglichst billig und gut einkauft, Hier stebt die Miktitärverwaltung vor einem Ring von Kapitalisten, den sie nicht durchbrechen kann. Ich stelle daher die Frage: Wie hoch ist die Summe, welche für die Beschaffung von Pulver durchschnittlich aus. gegeben wird? Wie hoch ist die Fabrikation des Reichs an Pulver? Wie hoch stellt sich der Preis der einzelnen Pulversorten?
General Major von Falkenhausen: Die , dr, ift durchaus bereit, auf die Fragen zu antworten. Auf die anderen Aut⸗ führungen des Vorredners, auf die Bildung des y und dessen
Profite brauche ich nicht einzugehen, da der Vorredner selbst anerkannte, daß die Militärverwaltung durchaus gewissenhaft vorgeht. Wenn die Behauptung des Vorredners sich darauf stützte, daß der Pulverring sich hauptsaͤchlich auf die Lieferungen für die Militärverwaltung stützt, so ist das durchaus nicht vollständig richtig. Die Fabriken haben auch mit ausländischen Militärverwaltungen zu thun. Wenn sie Krupp weniger Geld abnehmen, so liegt das daran, daß er zum Ring gehört, und 'unter sich nehmen sie natürlich weniger. Die Pulverfabriken klagen mir gegenüber über zu geringen Verdienst, und es scheint überhaupt, als ob die Behauptungen. des Abg. Bebel um auf frühere Zeiten passen. Die Einführung des rauchschwachen Pulver, bedeutete einen großen Fortschritt. Damals waren die staatlichen Fabriken nicht in der Lage, die erforderlichen Pulvermengen anzufertigen. Wir mi. auf die Privatindustrie zurückgreifen, die daju im stande war. ir mußten in ausgedehntem Maße Verträge eingehen, die immer mehr zu unseren Gunsten ver andert sind. Dann giebt es gewisse Pulversorten, an denen Patent rechte haften, die die Militärverwaltung nicht erwerben konnte, oder wegen der hohen Kosten nicht erwerben wollte, oder für die grohe neue koftspielige Cinrichtungen hätten getroffen werden müssen. Dle Sprengstoffe müssen wir von Privaten beziehen, da wir dafür keine eigenen Fabriken haben. Der Staat muß die Privatindustrie beran⸗ ziehen, weil er sie im Kriegsfall braucht; er muß im Frieden wissen, waz die Privatindustrie leistet, und der Staat muß wissen, was die
rivatindustrie fordert. Aber sie wird nur herangezogen, wie es ge⸗ chehen muß, weil, die Preise bei der Prihgtindustrie größer sein müffen als bei den staatlichen Fabriken. Bie Fabriken müßten große Anlagen schaffen, die sie verzinsen und amortisieren müssen, und zwar in rößeren Beträgen. In den setzten sechs Jahren sind durchschnittlich ö. Preußen 1255 Millonen für Pulver auggegeben worden. e,. entfallen auf folche Stoffe, welche Privat ⸗ und Staats abriken herstellen können, 87 Millionen, solche, die nur Privatfabriken her⸗ stellen können, 3,85 Millionen. Wenn es sich um den Ersatz von Üüebungsmunttion handelt, fo ergiebt sich ein Durchschnitt von 4,2 Millionen, wohon (0,7 Millionen auf solche Stoffe entfallen, die nur von Privatfabriken bre fselt werden önnen. Ver Prozent- fatz, den der Staat produziert, ist ein recht hoher und man ann nicht von einer Ausbeutung des Staat durch den Pulverring reden. Die Selbstlosten der staallichen Fabriten betragen b, b0 A, für die
Privatindustrie betragen die Selbstkosten sßö0 M Ich glaube nicht, daß diese amtlichen 3. so erschrecklich find, um daraus eine Aus⸗ beutung der Militärverwaltung herleiten zu können, und ich glaube, nachgewiesen zu haben, daß für die Folge um so weniger davon die Rede sein kann. .
Darauf wird gegen die Stimmen der Sozialdemokraten
und Freisinnigen die Diskussion geschlossen.
Bei dem Kapitel Technische Institute der Ar⸗ tillerie“ ergreift das Wort der
Abg. Schall (dkons): Wir müssen beinahe um Entschuldigung bitten, wenn außer dem Abg. Bebel noch ein anderer Abgeordneter sprechen will. Ich möchte fragen, wie es mit den Wünschen der Städte Spandau, Ellerbeck, Gaarden und Siegburg steht, welche über die Steuerfreiheit des Militärfiskus sich beklagen. Die genannten Städte sind von Seiner Majestät dem Kaiser dahin beschieden worden, baß die darüber schwebenden Verhandlungen noch nicht ab⸗ ih ee seien. Die Regierung hat aber schon früher erklärt, daß. sie is zur Vereinbarung über diese Frage für die betheiligten Städte einen Ausgleich fur die Belastung derselben mit Schullasten u. s. w. suchen würde. Aber es ist nichts geschehen. Auch in Gaarden ist die Belastung fehr hoch, so daß bis 25 o/o des Eintommens an Steuern zu bejahlen sind. Auf dem Wege des en,, . die Abhilfe nicht schnell geschehen können; aber es ist zweckmäßig, daß die Militär⸗ verwaltung Zuschüsse zu den Schulen leistete; 169 000 M für diese . müßte das Reich doch wohl haben um solchen bedrängten
rten aufzuhelfen. Denn sie haben durch die militärischen Betriebe Direkte Nachtheile gehabt. Ich bitte den Herrn Staatssekretär des Reichs⸗Schatzamts, baldigst die nöthigen Schritte zu thun.
Staattsekretär des Reichs⸗-Schatzamts Dr. Graf von Posadowsky⸗Wehner:
Meine Herren! Ich bemerke zunächst, daß die Bedenken, die dem Erlaß einer Kommunalbesteuerung des Reichsfiskus entgegen stehen, noch nicht erledigt sind. Es wäre auch nicht praktisch erschienen, ein solches Gesetz noch in dieser außerordentlich belasteten Session vorzulegen. Dagegen hat eine eingehende Prüfung der Frage statt⸗ gefunden, in wie weit durch die militärischen Anlagen eine kommunale Neberbürdung der drei genannten Ortschaften veranlaßt ist.
Der Reichsfiskus könnte ja gegenüber den Beschwerden dieser drei Ortschaften einen formalen ablehnenden Standpunkt einnehmen. So⸗ weit es sich um Ueberbürdung mit Armenlasten handelt, könnte man mit einigem Recht den Einwand erheben, daß nach dem preußischen Ausführungsgesetz zum Reichs-Armengesetz Gemeinden, die leistungs— unfähig werden infolge Ueberbürdung mit Armenlasten, die erforder— lichen Beihilfen seitens der Provinzialverbände zu theil werden sollen. Insoweit es sich um Ueberbürdung mit Schullasten handelt, könnte man beanspruchen, daß diesen Gemeinden aus denselben Gesichts— punkten wie anderen Gemeinden von der zuständigen Landes⸗ behörde Beihilfen gewährt werden. Die Reichsregierung ist aber der Ansicht, daß in Rücksicht dessen, daß es sich hier um angebliche neberbürdung aus Anlagen des Reichs handelt, ein nobile officium vorliegt, auch mit Reichsmitteln einzugreifen. (Hört, hörth Die Prüfung der steuerlichen Verhaͤltnisse der drei Ortschaften ist jetzt ziemlich abgeschlossen, und ich glaube, daß es in der allernächsten Zeit möglich sein wird, den Ortschaften, von denen wir die Ueber⸗ zeugung gewonnen haben, daß sie durch militärische Anlagen des Reichs steuerlich überbürdet sind, aus Allerhöchsten Dispsitionsfonds oder aus dem Diszpositionsfonds des Herrn Reichskanzlers eine Beihilfe zuführen zu können.
Ich muß aber auch gleichzeitig bemerken, daß sowohl bei Gaarden, wie bei Ellerbeck die Armenlast, insoweit sie aus dem Werftbetriebe herrührt, eine ganz minimale ist und gar nicht in Frage kommt, da in beiden Orten ausreichende Fürsorge einerseits durch die sozial⸗ politische Gesetzgebung getroffen ist, andererseits Fürsorge getroffen wird durch die Wohlfahrtseinrichtungen der zuständigen Reichs Marinebehörden.
Was ferner Spandau betrifft, so kann eine Belastung von Spandau in dem Umfange, wie sie bei Ellerbeck und Gaarden zu—⸗ gestanden werden möchte, nicht anerkannt werden. Die Herren ent sinnen sich noch, daß zu der Zeit, als von Spandau ein Laboratorium fortgenommen werden sollte, gerade von den Interessenten in Spandau der lebhafteste Widerspruch dagegen erhoben wurde. Es kann auch icht bestritten werden, daß in Spandau die steuerliche Belastung nicht höher ist, als an einer ganzen Anzahl von Orten des Westens und Oberschlesiens. Aber auch, soweit es sich um Spandau handelt, soll, wenn wir bezüglich dieser Ortschaft zu der Anschauung kommen sollten, daß in der That eine kommunale Ueberbürdung infolge der milltärischen Anlagen vorliegt, die Frage der Gewährung einer Bei⸗ hilfe in wohlwollende Erwägung gezogen werden.
Abg. Lingens (Zentr.) spricht seine Befriedigung darüber aus, daß auch für die in seinem Wahlkreise liegende Stadt Siegburg in dieser Weise gesorgt worden sei.
Um 45 Uhr wird ein Vertagungsantrag angenommen. Der Präsident stellt für Donnerstag den Rest des Militär⸗ Etats auf die Tagesordnung.
Abg. von Kardorff (Rp.): Ich bin von verschiedenen Seiten angegangen worden, doch einmal die Frage anzuregen, wann das Zuckersteuergesetz auf die Tagesordnung kom;men wird. Die Land wirthe müssen fich danach einrichten mit ihrer Bestellung; ich möchte also bitten, das Zuckersteuergesetz für morgen auf die Tagesordnung
ju setzen.
. Freiherr von Buol: Ich habe Anordnung getroffen, . die Vertreter aller Parteien morgen zur Besprechung dieser Frage jusammentreten.
Abg. Rich ter (fr. Vg.): Ich glaube, daß doch alle Parteien damit einverftanden waren, daß diese wichtige Frage, welche mindestens vier Tage in Anspruch nehmen wird, da seshst die Parteien in sich noch nicht alle einig darüber geworden sind, nicht so kurz vor der Vertagung noch zur Berathung gestellt wird. Wenn die Herren Landwirthe ihre Dispositionen nach dem Schicksale des Gesetzes treffen müssen, dann * die Herren doch mit dieser Anfrage etwas früher kommen mũssen.
Abg. von Kardorff: Da die Frage noch einmal unter den Vertretern der Parteien erwogen werden soll, so bescheide ich mich vorläufig dabei. ; .
Schluß 5 Uhr. Nächste Sitzung Donnerstag 1 Uhr. Rest des Militär⸗Etats und Petitionen, betreffend die Dienst⸗ altersstufen.
Prenfzischer Landtag. Haus der Abgeordneten.
2. Sitzung vom 19. Februar 1896.
ö . den ersten Theil der Sitzung ist gestern berichtet orden.
Auf der Tagesordnung steht zunächst der Bericht über Petitionen.
Als letzte derselben gelangt die Petition des Verbandes Stadt⸗Hannoverscher Bürgervereine um Aenderung der Städteordnung für die Provinz Hannover zur Be⸗
rathung; sie wird der Regierung als Material überwiesen. Eine auf denselben Gegenstand bezügliche Petition von Böttger und Gen. in Hannover wird durch Uebergang zur Tagesordnung erledigt, nachdem die Abgg. Brüell und Wall⸗ brecht, sowie Geheimer Ober⸗Regierun Rath Dr. Brandt sich gegen die ä , einer den fen der hannoverschen Städteordnung er lärt haben, während Abg. Langerhans die Petitionen, soweit sie sich auf eine Vermehrung der Bürger⸗ vorsteher beziehen, der Berücksichtigun empfiehlt und Abg. Eckels die Herstellung einer einheitlichen Städteordnung fuͤr die ganze Monarchie wünscht.
Darauf g das Haus die zweite Berathung des Staats⸗ haushalts-Etats für 1896/97 im Extraordinarium des Etats der Bauverwaltung fort.
Bei den Ausgaben für die Erweiterung des Schutzhafens zu Hameln wünscht
Abg. Ecke ls (ul.) die Herstellung einer Verbindung der Weser mit dem , ,, . der Eisenbahn in Münden und die Kanali⸗ sation der oberen Weser. Lasse sich dieses letztere große Projekt nicht ausführen, so müsse man wenigstens mit kleineren Mitteln den Absatz der industriellen Produkte fördern, und hierzu gehöre ferner eine Geleiseverbindung in Bodenfelde.
Auf eine Anfrage des Abgeordneten Bandel ow (kons.) theilt ein Regierungskommissar mit, daß eine , der Hafen⸗ gebühren infolge der Erweiterung des Hafens in Aussicht ge⸗ nommen sei. .
. Bei den Ausgaben für die Herstellung einer tiefen Fahrrinne im Frischen Haff von Königsberg nach Pillau wiederholt
Abg. Weib ezahn (nl) seinen früheren Wunsch nach Verbesserung des Fahrwassers im Köhlbrand bei Hamburg und bemängelt ferner die unzulänglichen Verhältnisse an der Fähre über die Süderelbe nach der Infel Wülhelmsburg, welche nur durch den Bau einer festen Brücke gebessert werden könnten. Er vertrete diese Wünsche im Auf⸗ trage seines Wahlkreises. Es sei zu hoffen, daß ein Abkommen be— züglich des Köhlbrands zwischen dem preußischen und dem hamburgischen Staat zu stande komme, und in diesem Fall möge die Regierung die entsprechenden Mittel sich noch in diesem Jahr in einem Nach— trags⸗Etat bewilligen lassen.
Bei den Ausgaben für den Schutz der Halligen an der schleswigschen Westküste dankt
Abg. Jürgensen (nl) der Regierung für die Einstellung dieses Titels. Bie Halligen seien ein natürlicher Schutz für die dahinter liegende Küste und bedürften der sorgsamsten Pflege. Die Regierung müsse noch weiter gehen und auch den kleinen e gen ihren Schutz zuwenden, sie werde sich damit den Dank der Bevölkerung verdienen. ; Bei den Ausgaben für Wegebauten und Brücken
ittet
Abg. Ring (kons) im Namen des abwesenden Abg. Sch all die Regierung um den Bau einer Brücke über die Havel bei Sakrow behufs besserer Verbindung mit Berlin.
Abg. Ban del ow ten bittet um den Bau einer Brücke über die Oder zwischen Glogau und Steinau, da diese lange Strecke noch gar keine Brücke habe.
Ein Regierungskommissar erwidert, daß diese Anregung bisher noch nicht an die Regierung herangetreten sei.
Ober⸗Baudirektor Wie be bemerkt, daß der Wunsch wegen der Brücke bei Sakrow von der Regierung wohlwollend aufgenommen werde, daß aber die Erfüllung desselben noch an der Finanzlage scheitere, zumal der Kreis sich zu einer Beihilfe nicht bereit erklärt
abe.
Berichterstatter Abg. von Tie demann⸗Bomst theilt mit, daß das neue Geschäftsgebäude für das Abgeordnetenhaus am 1. Oktober 1897 vollständig fertiggestellt sein werde, so daß nach diesem Termin ein Nebeneinanderarbeiten zwischen dem Hause und der Baukommission, wie es beim Reichstag zu beklagen sei, vermieden werden würde. Redner macht noch einige Mittheilungen über die innere Einrichtung des Baues.
Der Rest des Extraordinariums wird ohne Debatte be⸗ willigt.
Bei Berathung der Denkschrift über die Re⸗ gulierung von Wasserstraßen empfiehlt
Abg. Jäckel (fr. Vp.) eine gründliche Nachregulierung der Warthe, die der Reg ierungskom missar aber noch nicht für er⸗ forderlich hält angesichts des geringen Verkehrs
Abg. von Czarlinski Pole) schließt sich dem Wunsche des Abg. Jäckel an, welch letzterer dem Kommissar erwidert, daß der Verkehr sich erst bei besseren . heben könne.
Die Denkschrift wird für erledigt erklärt.
Schluß 4 / Uhr. Nächste Sitzung Donnerstag 11 Uhr. (Etat der Verwaltung für Handel und Gewerbe.)
Parlamentarische Nachrichten.
Dem 86 der Abgeordneten ist eine Denkschrift über die Ausführung des Gesetzes vom 26. April 1886, betreffend die Beförderung deutscher Ansiedelungen in den Provinzen Westpreußen und Posen, für das Jahr 1895 zugegangen, aus der wir Folgendes hervor⸗
heben: . Ankaufsgeschäft. Im Jahre 1896 sind der Königlichen Ansiedelungskommission zum freihaͤndigen Ankauf angeboten worden: 163 Güter und 30 bäuerliche Grundstücke, davon aus polnischer Hand: 49 Güter und 12 bäuerliche Grundstücke, aus deutscher Hand: 114 Güter und 18 bäuerliche Grundstücke. .
Als für Ansiedelungszwecke geeignet sind im Berichtsjahr 11 größere Güter (Haupthöfe, mit oder ohne ausgebaute Vorwerke und theil— weise mit zugeschriebenen, früher angekauften bäuerlichen Grundstücken), und zwar 5 im Wege des freihändigen Ankaufs, , nämlich Goniczki im Kreise Wreschen und Miedzylesie im Kreise Obornik, gelegentlich der Zwangsversteigerung erworben worden. Außerdem wurde eine mit einem früher erworbenen Ansiedelungsgut grenzende Bauerwirth⸗ schaft angekauft.
Von den erworbenen Gütern entfallen:
A. Auf den Regierungsbezirk Marienwerder: das Rittergut Groß -Konojad, Kreis Strasburg, und das Rittergut Wonsin, Kreis Strasburg, mit einem Gesammt; Flächeninhalt von 2551,53 ha zu einem Gesammt⸗Kaufpreis von 1 736 000 4A B. Auf den Regierungsbezirk Posen: . das Rittergut Budziszewo, Kreis Obornik, das Landgut Miedꝛvlesie, Kreis Sbornik, und das Rittergut Goniezki, Kreis Wreschen, mit einem Gefammtflächeninhait von 2 156.24 ha zu einem Gesammt= kauspreise von 1 083 000M, sowie ein bäuerliches a . bestehend aus den Grundbuchnummern Tarnowo Nr. 3, 7, 8, 9. 73, mit einem Flächeninhalt von 41,29 ha zu einem Kaufpreise von Il G00 , also mit einem Gesammtflächeninhalt von 2207,53 ha zu einem Gesammt⸗ kaufpreise von 1114 000 4K . G. Auf den Regierungsbezirk Bromberg:
das Rittergut Rzegnowo, Kreis Gnesen, das Vogteigut Kobyletz, das Rittergut Sarbia' und das Gut Sienno, Krels Wongromitz, das Rüttergut Bielawy und das Gut Wiesensee, Kreis Znin, mit einem Ger nl ffn akk pon 2507,24 ha zu einem Gesammtkaufpreise von 1471 140 4
Zufammen 7h66, 40 ha zum Kaufpreise von 4320 140
Unter Hinzurechnung der r,. aus den 9 Vorjahren umfaßt daher der Gefammterwerb der Ansiedelungskommission am Schlusse des Jahres 1895:
a. an Gutzgareal b. an bäuerlichem Areal 139271. 941 510,25.
zusammen .. 39 204,43 ha 53 876 d F 4p.
Der Flächeninhalt dieser Erwerbungen des Jahres 1896 mit 7h66, 40 he bedeutet gegen das Vorjahr, das einen Grunderwerb von im Ganzen 6264,f8 ha aufgewiesen hatte, ein Mehr von 1302,22 ha. Der durchschnittlich für den Grunderwerb im Jahre 1895 ge⸗ zahlte Erwerbtzpreis stellt sich auf rund 571 für 1 ha, während er fich im Jahre 1894 auf 573 ½ für 1 ha belaufen hat. ; Die angelegten Preise schwanken zwischen dem 4 fachen und dem sI fachen Grundsteuer⸗Reinertrage und stellen im Durchschnitt den 64 fachen Grundsteuer⸗Reinertrag dar. Der Gesammtdurchschnittspreis für sämmtliche bisher von der — 1 erworbenen Liegenschaften beträgt 604 4 ür a.
Vorbereitungen des Besiedelungsgeschäfts. Im Laufe des Jahres 1895 sind ausgearbeitet worten 10 Be⸗ siedelungspläne, gegen 4 des Vorjahres. Dieselben umfassen eine Fläche von 5822,72 ha.
Der planmäßigen Auftheilung sind bisher unterworfen worden:
im Jahre 1886, 87 1888
zu einem Kauspreise von
87 81172 ha 52 935 076, H A
. b8 85h ha Rechnet man die Grundstücke hinzu, die ohne beson⸗ deren Besiedelungsplan, wie die erworbenen Bauerngüter, an Ansiedler bereits begeben sind, nämlich.. ferner 9 neue Besiedelungepläne der Güter Waldau, Loßburg, Gwiazdowo, Latalice, Tarnowo, Stanislawowo, Wonsin, Janowitz, Bukowitz, Rest, die im Frühjahr 1896 zur Auslegung kommen, mik. 759204 so wird die zur Auslegung gestellte Fläche am 1. April 1893 uma li oder 75, 8 o/o der Gesammterwerbungen der Ansiedelungskommission Demnach verbleiben in der Vorbereitungsperiode vor dem Be⸗ siedelungsvorgang 24,1 0/0 des ganzen Grunderwerb der Ansiedelungs⸗
kommission. Hochbauten.
Aus den Nachweisungen über die Thätigkeit des Hochbaubureaus der Ansiedelungskommission ist zu ersehen, daß fertiggestellt beziehungs⸗ weise im Ausbau begriffen sind:
6 Kirchen, und zwar 5 evangelische, eine katholische,
3 Bethäuser, evangelisch, 3
6 Pfarreigebäude, bezw. Gehöfte,
1ẽProbsteihof,
8 Schulen mit angebauten Betsälen, oder Apsiden,
58 Schulen,
25 Armenhäuser, davon 4 in Verbindung mit Spritzenhäusern.
Die aufgewendeten Kosten betragen bis zum Schlusse des Berichts- jahres 1 465 176 6
Die Hauptarbeit im Jahre 1896 konzentrierte sich auf die Kirchen⸗ bauten, und zwar:
I) auf die Rechenschaftslegung über die Einzelheiten der Bau ausführung und die Abrechnung der Baukosten für die drei fertig⸗ gestellten Kirchen in Libau, Zerniki und Deutsch⸗ Wilke,
2) auf die Bauaufsicht über den 1894 eingeleiteten und im No- vember 1895 seiner Bestimmung übergebenen Kirchenbau in Griewen⸗ hof, Kreises Strasburg in Westpreußen,
3) auf die Ausführung der Kirchen⸗ und Pfarrbauten in Strzydzew, Kreises Pleschen, und Bukowitz, Kreises Schwetz.
Beide Kirchen sind im Rohbau vgllendet.
Für Libau und Zerniki ist der Revistonskostennachweis erbracht. Für die erstere Kirche mit 400 Sitzplätzen ist die Schlußsumme auf e g „S, für die andere mit 450 Sitzplätzen auf 39 234,79 4 estgestellt.
Weitere Kirchenbauproiekte für die Ansiedelungen: Orchowo, Kreises Mogilno, 3 Bromberg, und Rynsk, Kreises Briesen, Gryzlin, Kreises Löbau, sowie Loßburg, Kreises Flatow, sammtlich im Regierungsbezirk Marienwerder, sind in Vorbereitung.
Zur Darlegung, wie sich die Anstedelungskommission in Kirchen- bausachen ihrer re szak? entledigt, ist der Plan, Kostenanschlag und Revisionekostennachweis von dem Kirchenbau in Zern Kreises Inin, angefertigt und kann auf Verlangen vorgelegt werden.
Neben dieser Hauptaufgabe ist als Pensum des Jahres 1895 zu erwähnen:
I) Die Beendigung des Bethausbaueg mit 150 Sitzplätzen in Groß- Salesche, Krelses Koschmin, zum Kostenbetrage von 7600
Das Gebäude ist am 17. Oktober 1896 seiner Bestimmung über⸗
geben worden. Y Die Fertigstellung von neun Schulgebäuden und die Neu⸗ einleitung von vier solchen Bauten. Die Einschränkung dieser Bau⸗ thätigkeit begreift sich einmal aus dem erheblichen Vorrath solcher Anlagen in 66 Ansiedelungen und aus der Erwägung, daß die Zentral Aufsichtsinstanz eine Abänderung der baulichen Normativbestimmungen , auf dem Lande geplant hat, die abgewartet werden mußte.
Auch von dem in der letzten Zeit am häufigsten zur Ausführung gebrachten Schulgehöft mit elner Klasse für 89 Kinder und mit der 2 für einen verheiratheten Lehrer ist ein Bauplan nebst Kostenanschlag gefertigt und kann auf Verlangen vorgelegt werden.
3) Von Armenhaäͤusern sind elf Stück im Berichtsiahre fertig geworden, davon vier mit Spritzenschuppen.
Ferner ist den Nachwelsungen zu entnehmen, daß die im vorigen Jahre begonnenen fünf Krugbauten beendet sind, und daß neue Gehöftsbauten für Ansiedler mit
2 solchen Bauten in der Ansiedelung Kikowo⸗Nojewo, 3 desgleichen in Laskowo,
. ‚ Sendschau,
; s Siedleczko,
2 ö Tonowo,
3 6 Waliszewo,
9 . Rynsk,
7 insgesammt ausgeführt sind.
Hierzu kommen zwei neue Kruggehöftbauten und zwar in Slowi⸗ kowo und Zurawinier.
Ein Bauplan nebst Kostenanschlag von einem Ansiedlerhof ist gefertigt und kann auf Verlangen vorgelegt werden.
Die Baukostensumme der Nachweisung B beläuft sich auf
208 870 S Das , ,,
Der Verkehr mit err, . en im Berichtsjahr hat sich etwa auf der Höhe der beiden 2 ehalten. . wird an⸗ nehmen können, daß rund die Hälfte der Anfragen und Anträge in e lung e, aus den Ländern westlich der Änsiedelungsprobinzen eingehen. Ueber die bisberige Betheiligung des Westens Deutschlands an der Stellung von W feder! besagt die Anlage XII in den , e e, Ansiedlerpunktationen ist im Jahre 1866 mit
as Ge n Ansiedlerpunktationen m Jahre m 255 um ein Geringes höher gewesen als in den f Vorjahren,
1045,
aber die Zahl der durch diesseitige Zuschlaggertheilun ekt ge⸗ wordenen ö. lũsse , e . t worden
durch Rücktritte von Ansiedlern und durch Nichtein g ihrer