bei einer weiteren Aus⸗ me auf die provinziellen obwohl sie
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nicht um eine agrarische gelte nicht für die jetzige Generation, enerationen.
Justiz⸗Minister Schönstedt:
Meine Herren! Nachdem der Herr Graf von Klinckowstroem die Erklärung abgegeben hat, daß er mit dem Entwurf, so wie er aus den Berathungen der Kommission hervorgegangen ist, im all⸗ gemeinen einverstanden sei, wird es nicht nothwendig sein, von dieser Stelle auf die Frage einzugehen, die gleichfalls vom Grafen von Klinckowstroem gestreift ist, ob die Staatsregierung nicht bei ihrer Vorlage noch hätte weiter gehen können, ob es nicht angezeigt gewesen wäre, eine weiter gehende Beschränkung für die Testierfreiheit einzuführen. Die Frage der Aus⸗ dehnung der heute zur Vechandlung stehenden Vorlage auf weitere Gebiete ist mehrfach gestreift worden und aus dem Munde des Herrn Finanz⸗Ministers haben Sie gehört, daß die Auffassung und Absicht der Königlichen Staatsregierung dahin geht, allmählich den Gedanken, der zum ersten Mal in diesem Entwurf eine greifbare Gestalt gewonnen hat, weiter zu verfolgen, und da, wo die Ver— hältnisse danach angethan sind, das Gebiet der Anerbengüter zu erweitern unter Festhaltung derjenigen Auffassungen, die diesem Gesetz zu Grunde gelegt sind.
An mich hat Herr Graf Klinckowstroem die Frage gerichtet, ob nicht das Reichsrecht in dieser Beziehung der Landesgesetzgebung eine unzulässige Beschränkung auferlegen werde. Ich glaube, den Herrn Grafen Klinckowstroem hierüber vollständig beruhigen zu können. Der schon von dem Herrn Grafen Klinckowstroem erwähnte Art. 62 des Einführungègesetzes bestimmt in seinem zweiten Satze:
„Die Landesgesetze können das Recht des Erblassers, über das dem Anerbenrecht unterliegende Grundstück von Todes wegen zu verfügen, nicht beschrän ken.“
Wird der Kreis der Anerbengüter in Zukunft erweitert, so bezieht sich auf die zukünftigen Anerbengüter selbstverständlich auch diese Be⸗ stimmung im zweiten Satz des Art. 62. Es wird aber die Landes gesetzgebung, wenn sie dazu übergehen will, die Singular⸗Intestats uccession für Anerbengüter im weiteren Umfang einzuführen, in der Reichsgesetz⸗ gebung, falls der 5 62, wie er im Entwurf lautet, zur Annahme gelangt, kein Hinderniß finden. Ebenso steht es mit der Frage der Einführung einer Verschuldungsgrenze. Die Frage steht materiell nicht zur Dis⸗ kussion; sie wird einmal Gegenstand der Erörterung für die gesetz gebenden Faktoren werden, und im Hinblick hierauf bestimmt der Art. 116 des Entwurfs zum Einführungögesetz des Bürgerlichen Gesetzbuchs:
„Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorischriften, welche die Belastungen über eine bestimmte Werthgrenze hinaus unter⸗ sagen.
Nach dem Sprachgebrauch des Bürgerlichen Gesetzbuchs sind aber unter den landesgesetzlichen Vorschriften nicht bloß diejenigen verstanden, die beim Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs in Geltung sind, sondern auch diejenigen, welche durch die zukünftige Landesgesetzgebung eingeführt werden. Ich glaube also, daß die Besorgniß des Herrn Grafen von Klinckowstroem nach den beiden pon ihm angedeuteten Richtungen hin der thatsächlichen Grundlage entbehrt.
von Helldorf spricht sich gleichfalls für die Vorlage aus, weil ein naturgemäßes Erbrecht für den gesammten Grundbesitz geschaffen werden müsse, ein Landgütererbrecht. Bei einer Ausdehnung der Vorlage für die ganze Monarchie müßten aber die prinzipiellen Ver- schiedenheiten berücksichtigt werden.
Graf von Mirbach steht auf dem Boden der Kommissions⸗ beschlüsse. Es handle sich darum, den subversiven Tendenzen der So sialdemokratie gegenüber den konservativen Charakter des Bauern⸗ thums zu stärken.
Graf von der i n n n , glaubt, daß die Berücksichtigung der provinziellen Verschieden eit durch die Resolution nicht verbindert werde. Er sei von Hause aus ein Gegner des Hundert ⸗Millionengesetzes und des Rentengütergesetzes gewesen; diese fleinen Güter hätten ihren kulturellen Zweck verfehlt; sie wider ⸗ sprächen auch der historischen Entwicklung unserer bäuerlichen Besitz⸗ perhältnisse. Nachdem aber einmal die Regierung in bester Absicht Geld in die Bildung der Rentengüter habe stecken wollen, so bleibe nichts übrig, als ihr die Erhaltung dieses Besitzes zu erleichtern durch dieses Gesetz Nothwendig sei eine baldige durchgreifende Aenderung unserer Agrargesetzgebung.
Minister für Landwirthschaft ꝛc. Freiherr von Hammer⸗ tein:
Meine Herren! Der Herr Graf Mirbach hat aus einer im Jahre 1894 erschienenen Broschüre des Regierungs⸗Raths Paul Wald⸗ hecker einige Sätze vorgelesen. Es ist richtig, daß dieser Herr Wald- hecker Mitglied der General⸗Kommission in Bromberg ist; aber nicht als Mitglied der General⸗Kommission hat er diese Schrift verfaßt, sondern nach dem ihm durch die preußische Verfassung zustehenden Rechte, das jeder Preuße hat, seine Ansicht in Form einer Broschüre niederzulegen. Ich bitte also, nicht anzunehmen, daß diese Aeußerung des Herrn Waldhecker eine Aeußerung der General⸗Kommission in Bromberg ist. (Heiterkeit)
Meine Herren, interessant ist aber auch Folgendes: Der Herr Waldhecker ist nachher über das vorliegende Anerbengesetz gehört und hat sich dazu zustimmend geäußert. (Heiterkeit. Ich kann ferner mittheilen, daß ein Mitglied der General⸗Kommission Mitglied der im Jahr 1894 berufenen Agrarkonferenz war und daß der Vertreter der General⸗Kommission in Bromberg zu den Anschauungen, die in der Agrarkonferenz ju Tage ge⸗ treten sind, seine volle Zustimmung ausgesprochen hat. — Das zur Beleuchtung der hier durch den Herrn Grafen Mirbach vor⸗ geführten Sätze aus der Broschũre.
Meine Herren, Herr Graf von der Schulenburg hat einige Dar⸗ legungen über das Rentengutsgesetz und dessen Wirkungen gemacht, die ich zu meinem Bedauern als richtig nicht bezeichnen kann. Leider liegt mir das Material, das ich gestern in der Kommission aus⸗ führlich vorgetragen habe, nicht vor; ich würde sonst, Zahl für Zahl berichtigend, hier mittheilen können, daß der Herr Graf die Darstellung
nicht richtig wiedergegeben hat; namentlich aber hat er einen Punkt hervorgehoben, der, glaube ich, durchaus unzutreffend ist, und der gestern auch in der Kommission besprochen wurde. Aus den fest⸗
stehenden Zahlen — nach meiner Erinnerung war es ein Prozent
der ausgewiesenen Rentengüter, die in Verfall gerathen sind — ist nicht die Schlußfolgerung zu ziehen, die der Herr Graf daraus zieht. Das habe ich mir gestattet gestern schon auszuführen. Die Renten⸗ gutsnehmer sind gerade in den ersten Jahren, wo sie neu bauen müssen, wo sie ihr Inventar zu beschaffen haben, wo sie vielfach deteriorierten Boden zur Bewirthschaftung übernehmen, wo sie Meliorationen ausführen sollen, in der schwierigsten Lage. Daraus, daß nur ein Prozent in dieser schwierigsten Lage in Vermögensverfall gerathen ist, ist jedenfalls der umgekehrte Schluß zu ziehen, als der, welchen den Herr Graf von der Schulenburg gezogen hat.
Dann gestatte ich mir eine kurze Bemerkung zu dem Wunsch, den Herr Graf von Klinckowstroem ausgesprochen hat: es möge die Staatsregierung mit möglichster Beschleunigung die weiteren Konse⸗ quenzen aus diesem Gesetz ziehen. Meine Herren, die Sache ist außerordenlich schwierig. Wenn Sie die Verhandlungen, welche in der Agrarkonferenz gepflogen sind, prüfen, werden Sie daraus die Ueberzeugung gewinnen, daß nicht in kurzer Frist eine so tief ein⸗ schneidende Gesetzgebung auf dem Gebiet des Agrarrechts möglich ist. Zudem sind umfassende statistische Erhebungen erforderlich. Der Herr Finanz ⸗Minister hat ja schon erwähnt, daß seitens der landwirth⸗ schaftlichen Verwaltung mit voller Energie daran gearbeitet wird, das für die Gesetzgebung als Unterlage erforderliche statistische Material zu sammeln und zu sichten. Ich verspreche, soweit es an mir liegt — und ich glaube, ich darf das auch namens meiner beiden hier anwesenden Herren Kollegen versprechen — daß mit voller Energie die Angelegenheit weiter verfolgt werden wird. Aber daß es so schnell gehen wird, wie Herr Graf von Klinckowstroem es wünscht, halte ich für ausgeschlossen.
Ober⸗Bürgermeister Bender erklärt, daß er gegen dieses Experiment nichts eingewendet haben würde, wenn man nicht die Absicht hätte, das Anerbenrecht auch auf andere Landestheile einzuführen. Wollte man die Interessenten fragen, ob sie diefes Gesetz wollen, er sei überzeugt, daß sie es verwerfen würden. Es könne dem Lande nicht zum Segen gereichen, wenn dag Erbrecht nicht nach freier Selbstbestimmung zu Hunsten des Tüchtigsten sondern nach der Schablone geübt werde. Die Bestrebungen auf Beschränkung der Gewerbefreiheit seien auf demselben Boden gewachsen. Die Freiheit des Bauern habe Preußen groß gemacht. Die Bauern nach diesem Gesetz würden als Bauern niederer Ordnung angesehen werden. Das Gesetz werde alfo im höchsten Grade schädlich wirken. Er verkenne gar nicht die Schwierigkeit der Lage der Landwirthe, aber diese werde vielfach sbertrieben. Vielen Landwirthen gehe es ganz gut und am besten den Fideikommißbesitzern. Das Gesetz breche mit den bestehenden Sitten und werde den Landwirihen nicht helfen, sondern schaden.
Finanz⸗Minister Dr. Miquel:
Meine Herren! Ich hatte vorhin — und darauf hat sich der Herr Vorredner bezogen — gesagt: wir üben nicht einen unnatürlichen Zwang durch Oktroyierung eines neuen Anerbenrechts, im Gegentheil, der Zwang sei heute größer. Das findet der Herr Ober · Bürgermeister von Breslau sonderbar. Nun, meine Herren, von welchem Zwang wollte ich da reden? Von dem Zwang des römischen Pflichttheil⸗ rechts. Ist denn das kein Zwang, wenn im römischen Recht und im Landrecht eine ganz bestimmte Verpflichtung des Erblassers, des Vaters enthalten ist, jedem Kinde in einer bestimmten Form nach Maßgabe einer bestimmten Art der Berechnung einen Pflichttheil in bestimmter Größe zu hinterlassen? Und was ist denn das Wesen dieses Gesetzes? Daß wir dies Pflichttheilsrecht zu Gunsten des disponierenden Vaters ermäßigen und ihm eine andere Form geben, eine Form, welche den bäuerlichen, den ländlichen Verhältnissen allein entspricht. (Sehr aut!) Denn, meine Herren, das römische Recht setzt immer den Verkauf poraus und den Verkaufswerth und bestimmt danach den Pflichttheil. Hier wird erstens dem Anerben ein Vorzugsrecht gegeben gegenüber der sonst gleichen Theilung, auch wenn nicht disponiert wird seitens des Erblassers, und zweitens wird der Werth des Grundstücks und der Abfindung nach dem dauernden Ertragswerth berechnet. Darum handelt es sich.
Wie kann der Herr Vorredner unter diesen Umständen noch von einer vollständigen Vernichtung des freien Eigenthümers sprechen, der nach wie vor unter Lebenden und von Todeswegen frei disponieren kann! Viel eher kann man zweifeln, ob das Gesetz seinen Zweck poll erreicht. Aber daß hier nicht die Rede davon ist, gewissermaßen Land ⸗Sklaven zu machen, darüber kann kein Zweifel sein. Ich lade den Herrn Bürgermeister ein, mal nach Hannover zu kommen und sich die hannoverschen Bauern anzusehen, ob sie wohl wie unfreie Menschen aussehen. (Große Heiterkeit) Da wird er sich überzeugen, daß alle seine Voraussetzungen unrichtig sind.
Andererseits wird er sehen, daß, wenn er die Summe der Ver⸗ schuldung auf den Höfen, wo das Anerbenrecht noch strenge Sitte und Gewohnheit ist, vergleicht mit der Verschuldung auf denjenigen Höfen, wo das entgegengesetzte Erbrecht gilt, die Zahlen sehr zu Gunsten des ersteren ausfallen. Und wenn er sich die Landeskultur ansieht — die Entwickelung der Landwirthschaft auf diesen Höfen —, so werden sie in vollem Maß den Vergleich aushalten mit den Höfen, wo er allein das freie Recht des freien Mannes findet. (Lebhafter Beifall.)
Graf von Klinckowstroem bemerkt, daß es den Fidei⸗ kommißbesitzern allerdings am besten gehe, daß sie aber gerade darum auch dem Kleinbesitz mit diesem Gesetz helfen wollten.
§ 1 wird darauf mit großer Mehrheit angenommen. Die Fs§ Tbis 5 werden ohne Debatte erledigt.
Nach 8 6 kann der Eigen . eines Anerbengutes ohne die Genehmigung der General⸗ ommission weder durch Ver⸗ fügung unter Lebenden noch von Todeswegen rechtswirksam bie Zertheilung des Anerbengutes oder die Abäußerung von Theilen desselben vornehmen. Das Gleiche soll für die Ver⸗ außerung im Ganzen durch Verfügung unter Lebenden gelten. In diesem Fall darf die Genehmigung nur versagt werden, wenn Thatsachen vorliegen, welche die Annahme recht⸗ fertigen, daß die wirt schaftliche Selbständigkeit des Anerben⸗ gutes durch Vereinigung mit einem größeren Gute auf⸗ gehoben wird.
Ober ⸗Bürgermeister Struckm ann will die beiden letzten Sätze streichen, weil die hier vorgesehenen Weitlãäufigkeiten abschreckend für bie Rentengutsbildung wirken könnten. stei Minister für Landwirthschaft 2c. Freiherr von Hammer⸗
ein? ;
Meine Herren! Einige wenige kurze Worte. Daß in den nieder⸗ sächsischen Landen die agrarische Vertheidigung des Grundbesitzes eine sehr günstige ist, ist im wesentlichen dem dort geltenden Agrarrecht
auch die Vorschrift, daß mehrere selbstãndige Höfe nur mit Genehm
gung der Regiminalbehörden zusammengelegt werden dürfen. Diese Bestimmung galt in den niedersächsischen Landen überall da, wo dag sogenannte Meierrecht in Gültigkeit stand. Ich selbst bin eine Reihe von Jahren Beamter in solchen Gebieten gewesen und habe vielfach Gelegenheit gehabt, diese Besätimmung anwenden zu müssen. Die An= wendung war eine sehr einfache und klare, eine lange Instruktion war fast niemals nöthig. Es handelte sich ja nur darum, ob der betreffende Hof verschwinden und zur Bildung eines Latifundiums dienen sollte oder nicht. War Ersteres der Fall, so wurde die Genehmigung versagt. Wenn aber zwei Höfe in der Hand eines Grund besitzers zusammengelegt wurden, wo beispielsweise zwei Söhne vorhanden waren, wo also zu erwarten war, daß schon bei der nächsten Erbfolge die betreffenden Höfe wieder in verschiedene Hände gelangten, dann wurde die Genehmigung anstandslos ertheilt. Kurzum, Schwierigkeiten sind aus der Handhabung der Vorschrift nicht ent⸗ standen, und ich muß ini Gegensatz zu Herrn Ober⸗Bürgermeister Struckmann glauben, daß diese Bestimmung, welche im Jahre 1874 wohlthätig gewirkt hat, aufgehoben ist — daß dieselbe daher, meines Erachtens, hätte bestehen bleiben können. Darum handelt es sich aber im konkreten Fall nicht. Der Zweck der Rentenguts— und Ansiedlungs. gesetzgebung ist doch der: da, wo mittlerer Grundbesitz nicht besteht, einen solchen zu schaffen und dauernd zu erhalten, theils aus politischen Gründen, wie bei der Ansiedlungskommission, theils aut wirthschaftlichen Gründen. Nun will Herr Ober⸗Bürgermeister Struckmann diese Bestimmung, die gerade verhüten soll, daß die mit Hilfe des Staats gebildeten Renten— und Ansiedlungsgüter wieder von Latifundienbesitzern aufgesogen werden, beseitigen. Das steht nach meiner Auffassung mit dem Zweck des Ge— setzes in Widerspruch. So lange die Rentengutsbesitzer Renten zahlen, ist ja allerdings das jeßt schon bestehende Recht ausreichend; wenn aber die Rente aufgehört hat, ist der Renten—⸗ gutsbesitzer freier Disponent, und da kann er sein Rentengut, das als mittlerer Grundbesitz gebildet ist, jederzeit auch an einen Latifundien⸗ besitzer verkaufen und damit den Zweck der Errichtung vereiteln.
Die formellen Schwierigkeiten und Weitlaufigkeiten des Verfahrens, welche Herr Ober⸗Bürgermeister Struckmann als Grund für Beseitigung der Vorschrift anführt, kann ich als bestehend nicht anerkennen. Es ist eine so einfache Frage, die Bestimmungen sind so klar, nach welchen die General⸗Kommission zu entscheiden hat, und Kosten werden auch nicht daraus erwachsen, die Handhabung ist daher sehr einfach. Ich bitte das hohe Haus, sich dem Beschluß seiner Kommissien anzuschließen, welcher empfiehlt, den S 6 unverändert anzunehmen.
Fs 6 wird unter Ablehnung des Antrages Struckmann angenommen. .
Eine Debatte erhebt sich erst wieder bei dem 8 16, welcher bestimmt, daß der Verzicht des Anerben auf sein Anerbenrecht rechtswirksam nur gegenüber dem Nachlaßgerichte erklärt werden kann. Giebt der Anerbe binnen einer be⸗ stimmten Frist keine Erklärung ab, so gilt er als nicht ver— zichtend. — .
von Levetzow will diesem Nachsatz die Fassung geben: so gilt er als verzichtend. — ; . ⸗
Justiz⸗Minister Schönstedt erklärt, er halte diesen Vorschlag
für eine praktische Verbesserung.
Ober Bürgermeister Struckmann spricht sich gegen den Antra⸗ aus, der zu unnöthigen Härten führen könne. „15 wird mit dem Antrage Levetzow angenommen,
8 16 ohne Debatte. ; ̃ Um 5i/ Uhr wird die weitere Berathung auf Freitag
11 Uhr vertagt.
Haus der Abgeordneten.
29. Sitzung vom A. Februar 1896.
Ueber den ersten Theil der Sitzung ist gestern berichtet worden. ö .
Auf der Tagesordnung steht die zweite Berathung des Etats des Ministeriums der geistlichen, Unter— richts ⸗ und Medizinal-Angelegenheiten,
Bei den Ausgaben und zwar zu dem Titel „Gehalt des Ministers“ bemerkt
Abg. Lohmann Hagen (ul.): Die Negierung hat das Recht der Gemeinden bezüglich der Lehreranstellungen nicht immer gewahrtz trotz der Erklärung des Ministers wird in rücksichtsloser Weise gegen die Gemeinden verfahren. In den Regierungsbezirken Münster und Minden werden die Schulen ohne Anhörung der Gemeinden besetzt; nders liegt es im Bezirk Arnsberg, wo die Anhörung der Patrone und der Gemeinden erfolgt. In der Stadt Hagen ist eine Schul— deputation eingesetzt, welche, die Schullehrer vorzuschlagen hat. Trotzdem ist 1838 eine Stelle von der Regierung besetzt worden; eine Beschwerde an das Ministerium hatte keinen Erfolg; das Ver. fahren der Regierung wurde gebilligt. Eine zweite Dal bier blieb im Ministerium liegen. Die Schulordnung ist seitdem beobachtet worden bis 1893; da wurde die Gemeindeverwaltung mit Strafen be⸗ droht, wenn sie ohne Genehmigung der Regierung Vorschläge einreiche. Dieser Verfügung gemäß ist seitdem in der schroffsten Weise verfahren worden Auf eine damals eingereichte Beschwerde ist heute noch kein Bescheid ertheilt. Die Verfügung soll aufgehoben sein, aber davon ist nichts bekannt geworden. Dieselben Klagen wie in Hagen bestehen in vielen anderen Städten und in Landgemeinden; in einem Falle befindet sich trotz des Widerspruchs der Gemeinde der berufene zehrer schon mehrere Fahre im Amt. Wenn die Regierung ein solche Recht sich aneignet, dann muß sie auch dafür sorgen, 1 die Fehler wieder gut gemacht werden, die sie begeht. .
Mnisterial⸗Direktor Dr. Kügler: Die Regierung hat darüber keinen Zweifel gelassen, daß sie die Betheiligung der Gemeinden an der Schulverwaltung wünscht. Der Fall. den der Vorredner aus einer Stadt anführte, war folgender: Die Stadt hat Lehrkräfte lange Jahre beschältigt und nachher die Lehrer angemeldet. Die Regierung hat der Stadt die sofortige Anzeige auferlegt und aus dem erregten Schristwechsel ist dann die Verfügung hervorgegangen daß die Gemeinde erst anfragen sollte, ob sie Vorschläge machen dürfte. Bei einer Konferenz der Regierung mit dem Ober⸗Bürger⸗ meister sollte die Sache friedlich zum Austrag gebracht werden Wir dachten, diese friedliche Einigung sei erfolgt, weil keinerlei Beschwerde hierher kam. Vie Theil nahme Schulverwaltung ist schwer durchzusetzen. t herrscht, kann darin nicht eingegriffen werden. sind mächtiger als die Unterrichtsverwaltung, welche ni ist, überall gleichmäßig zu verfahren. J.
Abg. Br. Friedberg (nl): Gegenüber den Ausführungen der ersten hi ele rs sann ich mich auf elne Verwahrung beschrãnken. Der Falk'sche 94 hat eine so vorsichtige Fassung, daß man beim Erlaß eines ul letze über den Religiontunterricht kann etwas Anderes thun könnte, als den Falk 'schen Erlaß . schreiben. Besonders entgegenkommend ist die 8 w des Erla . bezüglich des Religionsunterrichts. Wenn dem Geistlichen die
zu verdanken. In den Bestimmungen dieses Agrarrechts befand sich
theilung des Religionsunterrichts gestattet wird, muß er sih natürlich in den 6
ulplan eingliedern. Wo ein Lehrer den Religion ·
*
unterricht ertheilt, da verlangt dag Zentrum die missio cangnica, während es jede Garantie, die der Staat beim Geistlichen verlangt, als eine Beleidigung betrachtet. Wo haben wir denn die Herrschaft über die Schule Unsere Anschauungen haben sehr wenig Einfluß auf den Kultus-Minister, der allerdings die wichtigsten Prinzipienfragen verzögert; ob er aber dadurch Siege erringen wird, wie Fabius Gunctator, das lassen wir dahingestellt. Einer staatlichen Qmnipotenz auf dem Gebiete des Schulwesens huldigen wir nicht. Der Abg. von Heereman hat in einer Debatte im Januar den Falk'⸗ schen Erlaß vorgelesen, aber dabei eine Stelle geändert, wahrscheinlich inolge eines Versehens. Er hat vorgelesen, daß der Religionzunter⸗ richt von staatlichen Organen ertheilt wird. Es heißt aber in dem Erlaß, daß der Religiontunterricht auch von kirchlichen Organen, die der Staat zuläßt, ertheilt werden kaun. Herr Bachem hat uns eine Aufstellung der Leistungen des Staats für die Katholischen und sür die Changelischen zugehen lassen; sie enthält vielfach Falsches. Aber ich will heute nicht darauf eingehen, da Herr Bachem nicht hier ist; ich hoffe, daß er demnächst die Aufstellung erläutern wird.
Abg. von Eynern (ul.: Ich hatte erwartet, daß Herr Bachem heute seine Imparitäteéklagen wieder vorbringen . ich 6 den Herren vom Zentrum meinen Platz in der Rednerliste angeboten, aber sie haben dieses Anerbieten abgelehnt. Ich hoffe, sie werden nachher zum Worte kommen. Durch die Mittheilungen des Grafen Paul Hoensbroech, namentlich über eine Aeußerung von Windthorst in Köln, sind wir doch wieder zu der Einsicht gekommen, daß der Papst in Rom hin und wieder einen Einfluß auf das Zentrum ausübt. Ich möchte den Minister bitten, durch den Gesandten in Rom den Papst aufmerksam zu machen auf die ultramontanen Publikationen schreiendster Art. Vielleicht wirkt der Papst dahin, daß die Angriffe gröbster Art gegen den Protestantismus eingestellt werden. Die, Zentrumspresse ist, bekanntlich eine außerordentlich schlechte, das ist von Zentrumsblättern selbst ausgesprochen; 1887 sst unter dem Vorsitz des Herrn von Los auf einer Katholiken versamm— , worden, daß die katholischen eine Protestantenhetze treiben sollen. Der ö n Deutschlands wird in höchst bedenklicher Weise gefährdet. Nach dem Zeugniß des Grafen Paul Hoeng⸗ broech denkt die evangelische Geistlichkeit nicht daran, ihr Amn zur Katholikenhetze zu mißbrauchen. Die periodische Presse des Zentrums erlaubt sich alles Mögliche. Wir haben uns ja neulich über Herrn Pastor Thümmel unterhalten. In Schlesien erscheint zur Schlesischen Volkszeitung; ein Sonntagsblatt, welches in ganz ent fetzlicher Weise den evangelischen Glauben angreift. Die Artikel scheinen hauptsächlich von Herrn Majunke geschrieben zu sein, der ja hier keine Hieden mehr halten kann. Eg heißt darin, daß die Katholik trotz ihrer Betheiligung an den Kämpfen vor 25. Jahren zu Bürgern zweiter Klasse gestempelt, worden sind; Luther wird in geradezu entseßlicher Weise verurtheilt und den Eoangelischen wird gesagt, sie könnten sich für alle Unsittlichkeiten auf, die Grundsätze ihres Religionsstifterß berufen. Wenn aus dieser Hetze kein Religionskrieg bervorgeht, so ist das nur durch die maßvolle Haltung der evangelischen Bevölkerung zu erklären. Das Schlimmste sind Publikationen, die hier in Verlag der Germania; erscheinen, „Katholische Flugblätter zu Wehr und Lehr‘, die massenhaft durch Kolportage verbreitet werden. Sie beschäftigen sich fast ausschließlich mit den wildesten Angriffen auf die Cvangelischen und ihre Lehren. Die Re— formatoren werden als Leute bezeichnet, die den Strang ver⸗ dienten. Ein Heft beschäftigt sich mit dem Schulgesetz; die Konserpativen, welche auch ein Schulgesetz wollen, können daraus sehen, was das Zentrum eigentlich will. Katholische Grundsätze sollen in Naturwissenschaft und Kunst, in Erdbeschreibung u. s. w. ein⸗ geführt werden. Das Zentrum hat sogar früher die Jesuitenaktion zurückgestellt, um die Schulaktion nicht zu stören. Die Flugblätter sind geschrieben, als das Schulgesetz noch nicht zurückgezogen war. Sie meinen, die Rückkehr ins Vaterhaus sei nun nicht mehr fern; alle Hoffnung beruht auf dem Kaifer, für den man recht fleißig beten müsse. Das lte n r war die erste auf dem Wege der gött⸗ lichen Vorsehung herbeigeführte Etappe zur Wiedervereinigung im latholischen Glauben. Die Schonung des Glaubens Anderer wird als übel angebracht bezeichnet. Es wird eine Hoffnung bei der katholischen Bevölkerung hervorgerufen, daß die 2 sich bekehren; man entblödet sich nicht, die Person Seiner Majestät des Kaisers hinein⸗ zuzieken, als wenn Er den ersten Schritt dazu gethan hätte. Es ist eine Pflicht, da den meisten diese Art und Weise der ultramontanen Proraganda fremd geblieben ist, darauf aufmerksam zu machen. Solche Sachen schwimmen nicht an der Oberfläche; es wird alles gethan, um diese Dinge in das Volk hineinzutragen. Wir massen be⸗ kennen, daß wir eine Richtung in Deutschland haben, die alles zerstört wissen will, was wir an geistiger Kraft aufgebaut haben. Ich weiß nicht, ob eine Vorstellung unserer Gesandtschaft beim Papste Erfolg haben wird. Früher sind solche Einwirkungen nicht ohne Erfolg ge⸗ wesen. Beim früheren Papft hatten sie keinen Erfolg; er war der streitende Papst. Wie der jetzige ist, weiß ich nicht. Er wird vielleicht durch seine Umgebung sehr stark beeinflußt, das zeigen wenigstens die Veröffentlichungen, welche aus seiner Umgebung hervor⸗ treten, z. B. die über den Segen der Inquisition, die als eine In⸗ stitution der Kirche hingestellt wurde und mit dem Ausruf schloß: O seid gesegnet, ihr flammenden Scheiterbaufen, durch die einige wenige verschmitzte Subjekte gerettet werden! Sollen wir eine Ge— sandischaft bei einer so feindlichen Macht unterhalten! Demgegenüber muß man sich wundern, daß Herr Porsch sich so entrüstet ausgesprochen bat über einige Aeußerungen des Pastors Thümmel. Selten ist die Redefreiheit des Hauses so ausgenutzt worden wie von Herrn Porsch in diesem Falle; er sprach von einem schamlosen Ausdruck bezüglich des Meßopfers, von miß⸗ achtender, pöbelhafter, gräßlicher Weise, von einer Tiefe der Roh— heit u. f. w. Schwerere Vorwürfe kann man wohl kaum erheben, troßdem Herr Porsch selbst nicht ganz unterrichtet war. Er zitierte nach der Germania“ und nicht nach der Schrift des Pastors Thümmel; sonst hätte er gefunden, daß Herr Thümmel nur Aus— sprüche von Geistlichen der römischen Kirche selbst wiedergegeben hat. Ich würde solche Angriffe wie Herr Thümmel nicht machen; Herr Thümmel ist nur durch maßlose Angriffe dazu getrieben worden. (Redner zitiert Stellen aus katholischen Blättern, wo von der Ver— zauberung gesprochen wird und dabon, daß der Priester aus einem Stück Brot einen Gott macht. Die „Schlesische Volkszeitung ver— langte damals, als Herr Thümmel in Breslau gesprochen hatte, die Aus ließung Thümmel's aus dem Evangelischen Bunde. Herr Konsistorlal- Rath Leuschner bat aber dem gegenüber erklärt: Thümmel's Sache ist unsere Sache! Ich wollte nur zeigen, wie die katholischen Geistlichen das Verhältniß zwischen den Mitbürgern der verschiedenen Konfessionen auffassen.
Abg. Motty (Pole) führt aus, daß die Schule in den polnischen Lan destheilen ihre Aufgaben nicht erfülle; sie diene nicht der allge⸗ meinen Erziehung, sondern sie solle aus den polnischen Kindern Deutsche machen; das könne sie aber nicht erreichen, denn ohne Unterricht in der Muttersprache wäre die Schule nur eine Abrichtungsanstalt. Wie könne der Minister ein solches Schulsystem mit seinem Gewissen vereinbaren? Der Kultus Minister sei nicht bloß Staatsmann, son— dern auch Dichter. In einem schönen Gedicht zu Neujahr sage er sebr richtig: O Tenke dran bei jedem Schritt, was du gethan, das geht mit hinüber, hinüber!“ „Völker Europas, wahret Sure heiligsten Göteri⸗ habe der Kaiser auf ein Bild geschrieben. Diese heiligsten Güter seien Religion und Sitte.
Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten Dr. Bosse:
Meine Herren! In einem Punkte stimme ich mit den Ausfüh— rungen des Abg. Motty überein, nämlich darin, daß es heißt Eulen nach Athen tragen, die polnischen Klagen über die angeblich preußische Bedrückung hier immer und immer wieder zur Sprache zu bringen. Es existierten solche Bedrückungen nicht (sehr richtig! bei den Nationalliberalen) und es ist hier seit vielen vielen Jahren jedes Jahr immer wieder ausgeführt, daß die polnischen
lung zu Würzburg beschlossen Journalisten nicht Friede innerhalb
Klagen unbegründet sind und es bleibt mir nichts übrig als das eben⸗ falls heute wieder auszuführen. Ich würde dabei nicht geneigt sein, auf die Einzelheiten, die Herr Abg. Motty angeführt hat, näher ein⸗ zugehen; er hat mir aber vier Fragen vorgelegt und diese Fragen will ich allerdings beantworten, weil sie eine Illustration bilden für die Klagen, die er hier vorgebracht hat.
Er sagt erstens: Ist dem Minister eine Verfügung der König⸗ lichen Regierung zu Posen bekannt, wonach den polnischen Kindern, welche einmal den Religionsunterricht in deutscher Sprache gehabt haben, in keiner anderen Schule gestattet wird, die Religion in polnischer Sprache zu lernen? Darauf antworte ich: Nein, eine solche Verfügung ist mir nicht belannt; ich nehme auch an, daß sie nicht existiert.
Zweitens: weshalb wird die Entscheidung der Frage, ob einem Kinde der Religionsunterricht in polnischer oder in deutscher Sprache gewährt werden soll, nicht den geistlichen Inspektoren des katholischen Religionsunterrichts überlassen? Darauf erwidere ich: deshalb nicht, weil es nach den bisherigen Erfahrungen an jeder Gewähr dafür fehlt, daß dabei in den polnischen Landestheilen die deutsch⸗katholischen Kinder auch wirklich der deutschen Religionsabtheilung zugewiesen werden (hört! hört!); daran haben wir aber ein erhebliches Interesse, wie ich nachher noch näher dar⸗ legen werde. (Bravo! bei den Nationalliberalen und rechts.) Drittens: mit welchem Recht verzeichnen die Rektoren auf den soge⸗ nannten Schulkarten ein polnisches Kind in der Rubrik Konfession durch die Buchstaben K. D. — d. h. katholisch⸗deutsch — Darauf erwidere ich: bei polnischen Kindern geschieht das nicht.
Viertens: weshalb werden polnische Kinder, welche im Religions unterricht zu Unrecht der deutschen Abtheilung zugewiesen sind, des Rechts beraubt, an dem polnischen Sprachunterricht theilzunehmen? Darauf erwidere ich: es werden niemals Kinder zu Unrecht der deutschen Religionsabtheilung zugewiesen; das kommt absolut nicht vor! Ich habe auch keine einzige Beschwerde in dieser Beziehung be— kommen.
Nun, meine Herren, ich will aber zum Beweis dafür, welche polnischen Einflüsse sich auf die deutschen Familien in der Provinz Posen geltend machen, und wie vorsichtig wir sein müssen in Bezug auf die Gestattung des polnischen Religionsunterrichts an Kinder, die uns als polnische bezeichnet werden, die es aber nicht sind, hier einen ganz bestimmten Fall mittheilen.
Ein landwirthschaftlicher Beamter mit ausgeprägt deutschem Namen, der, wie ich annehme, stark unter wirthschaftlichem polnischen Einfluß steht, richtete an uns eine Bitte um Wiederzulassung seiner Kinder zum Religionsunterricht in der polnischen Sprache. Er führte an, daß die Muttersprache der Kinder die polnische sei und daß die Kinder ihr Gebet zu Hause trotz des deutschen Namens der Familie nur in polnischer Sprache verrichteten; den Kindern wäre auch eine Zeit lang der Religionsunterricht in polnischer Sprache ertheilt worden. Auf Verfügung des Kreis-Schulinspektors sei dies aber seitdem nicht mehr der Fall gewesen. Die Sache frappierte mich allerdings, und ich habe Bericht darüber eingefordert und habe nun Folgendes über die Sache erfahren.
Der Mann ist ein Sohn deutscher evangelischer Eltern (hört! hört! bei den Nationalliberalen und rechts), im späteren Lebensalter zur römisch-katholischen Kirche übergetreten; seine Frau ist noch evangelisch und ebenfalls eine Deutsche. Beide verstehen zwar etwas polnisch, beherrschen aber die Sprache in keiner Weise. Danach ist die Muttersprache der Kinder thatsächlich die deutsche, und diese allein ist ihnen auch nach dem Maße ihrer geistigen Entwickelung geläufig. Aut dem Umgange mit polnisch sprechenden Altersgenossen hätten die Kinder zwar etwas polnisch gelernt; sie verständen indessen Fragen in der polnischen Sprache nicht ohne Nachhilfe zu beantworten. Nun, meine Herren, diese Kinder wurden mir vorgeführt als solche, gegen die es eine Grausamkeit wäre, ihnen das polnische Gebet zu versagen und die polnische Muttersprache im Religionsunterricht! Nein, meine Herren, so liegt die Sache nicht. Hier ist ein Deutscher, der unter polonisierendem Einfluß schwach und thöricht genug gewesen ist, um keinen schlimmeren Ausdruck zu gebrauchen, sein Deutschthum zu ver—⸗ leugnen und sich hinzugeben an polnische Einflüsse! Solchen Dingen und Versuchen gegenüber müssen wir pflichtmäßig mit aller Energie ent⸗ gegentreten. (Bravo! bei den Nationalliberalen und rechts. Daraus, meine Herren, können Sie entnehmen, daß wir gar nicht andert können, als daß wir in den polnischen Landestheilen auf unserer Hut sind, und das werde ich Ihnen auch sonst noch ausführen. Ich hoffe, daß ich damit diese immerwährend wiederkehrenden Polendebatten, wenigstens in ihren Hauptpunkten, soweit sie mich angehen, erledige, vielleicht ab⸗ schneide. Ich sage dem Herrn Abg. Motty gegenüber: wir haben die Pflicht, das Deutschthum zu schützen. (Bravo! bei den National⸗ liberalen und rechts) Wir müssen allen Agitationen und Aspirationen national -polnischer Tendenz mit aller Entschiedenheit entgegentreten. (Bravo! bei den Nationalliberalen und rechts.) Denn, meine Herren, diese Agitationen und Aspirationen die in den letzten beiden Jahren erschreckend gewachsen sind und jwar infolge zum großen Theil ausländischen Einflusses — diese Aspirationen richten sich im tiefsten Grunde gegen den Bestand und gegen die In⸗ teressen unseres Vaterlandes. (Sehr richtig! bei den National; liberalen und rechts) Meine Herren, wir sind ein nationaler Staat; Preußen ist nach seiner Entstehung, nach seiner Entwickelung ein deutscher Staat, kein Föderativstaat, der sich aus einzelnen deutschen, polnischen, dänischen Elementen oder Nationalitäten zusammensetzt, sondern wir sind ein deutscher Staat, nnd zwar ein deutscher nationaler Staat. Der Geist, der unser ganzes Staatsleben gebildet hat, ist ein deutscher Geist; dieser Geist findet seinen Ausdruck in der deutschen Sprache, in der deutschen Armee, in der deutschen Schule, in deutschen Gesetzen, in deutschen Behörden, auch in einer unzweifelhaft deutschen Regierung. Nun, meine Herren, kein nationaler Staat kann sich eine antinationale Bevölkerung selbst heranziehen; er würde ja damit den feindlichen Elementen selbst die Waffe gegen sich in die Hand geben. Das alles habe ich hier wiederholt ausgeführt; ich habe gar nichts dagegen, meine Herren, wenn ich veranlaßt werde, das noch einmal sagen zu müssen: es ist gut und nothwendig, daß Polen und Deutsche in Preußen genau wissen, was sie von der Re⸗ gierung in dieser Beziehung zu erwarten haben, und ich werde darüber keinen Zweifel lassen. Dagegen protestiere ich, was hier früher und in den polnischen Zeitungen vielfach gesagt worden ist, und was auch durch die Rede des Herrn Abg. Motty durchklang, wenn es auch nicht mit diesen Worten gesagt ist, dagegen, daß die Regierung die Polen als Preußen
zweiter Klasse behandle; das ist nicht wahr. Die Regierung behandelt
die Polen in allen privatrechtlichen Verhältnissen ge fassung als vollkommen gleichberechtigte Staatsbürger mit Gerechtigkeit, demselben Wohlwollen, derselben Sachlich eit
nicht erfüllen, die mittelbar oder unmittelbar das öffentliche Interesse des Staats gefährden; das können wir nicht thun. Die Regierung befindet sich den polnischen Bestrebungen und der national · polnischen Agitation gegenüber im Stande der Nothwehr, (Lachen bei den Polen) in der Vertheidigung, und die Regierung wird auf diesem Gebiete mit unerschütterlicher Festigkeit ihre thun, darauf können Sie sich verlassen. (Bravo! rechts.)
wimmelt, keine Beleidigung, keine Beschimpfung, aber auch kein sanftes Schmeicheln und Locken wird die Regierung darin irre machen. Die Regierung muß in dieser Beziehung nach den von uns gemachten Erfahrungen überaus wachsam sein. Meine Herren, die Polen sind ein liebenzwürdiges und impulsives Volk (Heiterkeit), das erkenne ich in vollstem Maße an; aber wenn man ihnen den kleinen Finger reicht, springen sie sofort zu und nehmen nicht bloß eine ganze Hand, sondern alle beide. (Große Heiterkeit, Dann wollen sie uns fest⸗ halten, und das wollen wir nicht. Wir haben die Polen festzuhalten, aber die Polen nicht uns. (Bravo! rechts.)
Meine Herren, es hat hiernach eigentlich gar keinen rechten Zweck,
oder angeführt haben, noch eingehe. Meine Herren, da wir an der Ostmark dem aggressiven Polenthum gegenüber auf Voꝛposten stehen, so müssen wir auch pflichtgemäß die gebotene Vorsicht üben und können nicht alle Wünsche der Polen erfüllen, oft auch dann nicht, wenn sie auf den ersten Blick harmlos erscheinen. Das habe ich an dem Bei⸗ spiel von diesem deutschen Inspektor gezeigt.
Meine Herren, das gilt insbesondere von zwei Gebieten: von dem Gebiete der Schule und von dem geistlichen, kirchlichen Gebiete und dem Ordensleben. Wir können dort nicht in dem Maße konnivent sein, wie wir es in anderen Landestheilen können; auf dem Gebiete der Schule nicht, weil wir darüber wachen müssen, daß die deutsche Sprache die herrschende Sprache in der Schule bleibt. Wir haben eine Ausnahme gemacht: im Interesse der Gewissensfreiheit der Polen haben wir dafür gesorgt, daß die Kinder so weit polnischen Schreib- und Lese- Unterricht bekommen, damit der Religione⸗ unterricht, den sie haben müssen und der ihnen polnisch ertheilt wird, fruchtbar für diese Kinder werde. Das ist eine Maßregel, womit wir dem polnischen Gewissen gerecht geworden sind. Diese Maßregel — das habe ich von Anfang an hier im Hause gesagt, schon zu der Zeit, als diese Maßregel hier einem außerordentlichen Mißtrauen begegnete — muß striktissime interpretiert werden, und ich kann nicht zugeben, daß man jetzt, wie die Polen thun, alle diese Maßregeln benutzt, um nun Kinder zweifelhafter Nationalität, Kinder aus Mischehen ꝛc. in die polnische Abtheilung hinein- zubringen. Ich habe deshalb mit aller Energie darauf gehalten, daß sie beschränkt bleibt auf Kinder unzweifelhaft polnischer Nationa⸗ lität. Zu meiner großen Genugthuung höre ich von allen Behörden, daß die Maßregel sich bewährt hat, und daß sie einen guten Einfluß gehabt hat auf die Lehrer, die früher noch unter dem Einfluß des polnischen Agitationscomités standen, welches ihnen den polnischen Privatunterricht bezahlte und dadurch die Lehrer uns aus der Hand nahm. Kurz, ich habe keinen Anlaß, irgendwie ein böses Ge⸗ wissen in dieser Beziebung zu haben. Das möchte ich doch dem Abg. Motty gegenüber bemerken.
Es ist ja wahr, ich habe vor einer Reihe von Jahren ein paar sehr mäßige Verse verbrochen; aber so schwer ist doch meine Schuld wirklich nicht, daß ich hier im Abgeordnetenhause zur Strafe darauf angenagelt werden muß. (Große Heiterkeit.)
Was das kirchliche Gebiet betrifft, so ist in der Provinz Posen von kirchlicher Seite als Uebelstand angesehen worden, daß wir in
kann uns auch niemand verübeln. Die Polen wissen ganz genau, daß wir polnische Männerorden dort nicht zulassen können; denn diese würden im Volk als eine starke Erregung und Anregung des polnischen Geistes wirken müssen, und sie würden uns auch gar keine Garantie bieten, daß sie nicht wirklich polnische Bestrebungen fördern. Wir müssen deshalb in dieser Beziehung hart sein und sind auch hart. Es ist kein polnischer Männerorden dort bis jetzt zugelassen, und es wird auch voraussichtlich ein solcher nicht zugelassen werden. Wenn wir einen recht zuverlässigen deutschen Männerorden hätten, der dahin gehen will und dort willkommen ist, so ließe sich über die Sache sprechen. Solche Anträge sind aber bis jetzt noch nicht an uns herangetreten.
Ich gebe aber zu, wir müssen auch den polnischen Frauenorden gegenüber mit einer gewissen Vorsicht verfahren; denn wir haben die Erfahrung gemacht, daß auch die polnischen Damen in den Orden uns in Bezug auf das Deutschthum nicht diejenige Gewähr geboten haben, die wir von ihnen verlangen müssen. Deshalb halten wir darauf, daß wir wesentlich national ⸗deutsche Elemente auch in den Frauenorden für den Dienst der Liebe an den Erkrankten u. s. w. haben. Wir erkennen in vollstem Maße den Dienst dieser Schwestern an, aber wir sind nicht in der Lage, auf die Firma dieses Dienstes . polnischen Gefahr gegenüber irgendwelche Konzessionen zu machen.
Nun, meine Herren, das ist im wesentlichen unsere gebotene, unsere ehrliche, unsere gerechte Politik. Diese Polenpolitik ist weder
sie mögen wollen oder nicht! Mögen die Polen die national -polnische Agitation und die Gemeinschaft mit dieser Agitation von sich abthun! Das ist der einzige Weg, auf dem sie sich helfen können und auf dem ihnen überhaupt geholfen werden kann! (Wiederholter lebhafter Beifall rechts und bei den Nationalliberalen. Zischen bei den Polen und im Zentrum.)
dem Minister unseren Dank für die Worte aussprechen
gesagt hat. Wir waren in der letzten Zeit . r. ö Befriedigung kundzugeben. Wir haben von Anfang an dieselbe Haltung in der polnischen Frage eingenommen, und wo die ie rung davon abwich, haben wir daraus kein Hehl gemacht.
der Minister sagt, daß die Konzession des pol S unterrichts nicht geschadet hat, so soll uns das freuen. Wir haben aber damals gesagt: wenn der kleine Finger geboten wird, so nehmen die Polen die beiden Hände. Wir haben Recht behalten und werden den Minister unterstützen. Wir erkennen die tüchtigen Eigenschaften der Polen an; aber wir können es nicht als ö t . e ih ibre nationalen Tendenjen einen volltischen A suchen. enn es sich nur um die fremde Sprache han
anderen Bürger des Staate. Aber die Wünsche der Polen kann ich
Pflicht
Keine Angriffe der national -polnischen Presse, von denen es doch
daß ich auf einzelne Beschwerdefälle, die Sie auf dem Herzen haben
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Bezug auf die Männerorden außerordentlich zurückhaltend sind. Das
unklar, noch schwankend; damit müssen die Polen sich abfinden,
Abg. Graf zu Limburg-⸗Stirum (kons.):; Ich muß formell
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würden wir mit uns reden lassen. Aber die Sache ist e. .
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